mandeur des 12. Inf. Regts, Hönig, Major und Bats. Comman- deur des 14. Inf. Regtg. v. Reitz, Günther, Albert, Hauptl. j. D.,, Frhr. v. Schrotten berg, Rittm. z. D., der Ab⸗ schied mit Pens. und mit der Erlaubniß zum Tragen der Unif. be
willigt. Herrmann, Oberst Lt. 4. D., der Charakter als Qberst, Dörmühl, Abel, Schmitt, Frhr. Ebener v. Eschenbach,
Endres, Merkel, Hauptl. a. D, Poliezka, Rittm. a. D., der Charakter als Major, verliehen. Henle, Major a. D., zum Oberst ⸗ Lt., Frhr. v. Leoprechting, Hauptm. a. D., zum Major, befördert.
Herzoglich Braunschweigisches Kontingent.
4. November. Frhr. v. Girsewald, Pr. Lt. im Hus. Regt. Nr. I7, unter Verleih. des Charakters als Rittm., behufs anderweitiger Anstellung im Hofstaatsdienste, aus dem Milit. Dienst ausgeschieden.
Aichtamtliches. Dentsches Reick.
Preußen. Berlin, 10. No—rember. Se. Majestät der Kaiser und König nahmen gestern Nachmittag 2 Uhr das Dejeuner bei Ihrer Königlichen Hoheit der Herzogin Wilhelm von Mecklenburg⸗Schwerin in Schloß Marly ein, kehrten gegen 4 Uhr mittelst Extrazuges von Potsdam hierher zurück und empfingen demnächst den Gesandten von Radowitz.
Heute Vormittag hörten Se. Majestät den Vortrag des Chefs des Eivilkabinets, Wirklichen Geheimen Raths von Wilmowski, und empfingen zur Abstattung persönlicher Meldungen den hier eingetroffenen General der Infanterie z. D. Grafen Kirchbach, Allerhöchstihren Flügel⸗Adjutanten Oberst-Lieutenant Grafen Arnim, welcher zum Commandeur des Garde⸗Kürassier⸗ Regiments ernannt ist, sowie den zu Allerhöchstihrem Flügel⸗ Adsutanten ernannten Major von Broesigke.
— Der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Hauses der Abgeordneten befindet sich in der Ersten Beilage.
— In der heutigen (6.) Sitzung des Hauses der Ab⸗ geordneten, welcher die Staats-Minister Graf zu Eulen⸗ burg und Maybach mit mehreren Kommissarien beiwohnten, theilte der Präsident zunächst mit, daß von dem Minister der öffentlichen Arbeiten und von dem Finanz-Minister ein Bericht über die Verwendung des Erlöses für eine verkaufte Berliner Stadtbahn⸗Parzelle eingegangen sei.
Ohne Debatte genehmigte das Haus in zweiter Lesung den Gesetzentwurf, betreffend Abänderungen des Ge— setzes über die Erweiterung der Staatseisen⸗ bahnen und die Betheiligung des Staates bei mehreren Privateisenbahn⸗Unternehmungen, vom 9. März 1880; der⸗ selbe hat folgenden Wortlaut:
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen ze.
verordnen, unter Zustimmung beider Häuser des Landtages der Monarchie, was folgt:
Die Staatsregierung wird ermächtigt:
a) von der im 5. 1 unter Litt. A. des Gesetzes vom 9. März 1880, betreffend die Erweiterung der Staatseisenbahnen und die Betheiligung des Staates bei mehreren Privateisenbahnunterneh⸗ mungen (Gesetz Samml. S. 169), den Interessenten auferlegten unentgeltlichen Hergabe des zum Bau einer Eisenbahn von Ma— rienburg über Marienwerder und Graudenz nach Thorn nebst Ab⸗ zweigung nach Culm erforderlichen Terrains abzusehen,
b. zum Bau der ebengenannten Eisenbahn außer der im §. 1 unter Nr. 3 des vorgedachten Gesetzes vom 9. März 1880 (Gesetz⸗ Samml. S. 169) für denselben bewilligten Summe von 9 250 000 . noch die Summe von Jö 3 zu verwenden.
Der im §. 3 des Gesetzes vom 9. März 1880 (Gesetz⸗Samml. S. 169) bewilligte Kredit von 51 708 3650 S wird in Gemäßheit des 5. 1 des gegenwärtigen Gesetzes auf die Summe von 52 838 350 S½è erhöht. Im NUebrigen bleiben die Bestimmungen des Gesetzes vom 9. März 1880 (Gesetz⸗Samml. S. 169) unver⸗ ändert in Kraft.
.
Dieses Gesetz tritt mit dem Tage seiner Verkündigung in Kraft.
Ferner genehmigte das Haus ohne Debatte folgenden Antrag des Abg. von Turno: .
Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen: Die Königliche Staatsregierung aufzufordern, das Strafverfahren gegen den Abg. von Eygkowski wegen Preßvergehen, in welchem gegen die freisprechende Entscheidung der Strafkammer des Königlichen Landgerichts zu Thorn von der Königlichen Staats auwaltschaft die Revision eingeleitet worden ist, auf die Dauer der gegenwär— tigen Sitzung periode aufzuheben. .
Den nächsten Gegenstand der Tagesordnung bildete die erste Berathnng der Kreis⸗ und Provinzialordnung für die Provinz Schleswig-Holstein. (Schluß des Blattes.)
— Veranlaßt Jemand einen Hypothekengläubiger, bei der Subhastation des von ihm beliehenen Grundstückes von der Mitbietung Abstand zu nehmen, indem er ihm die vollständige Bezahlung des Ausfalls seiner Hypothek bei der Subhastation zusichert, e hat er nach einem Erkenntniß des Reichsgerichts, J. Hülfssenats, vom 24. September d. J., für diesen Ausfall aufzu kommen, auch wenn er mit der gedachten Zusicherung es nicht ernstlich gemeint, sondern die⸗ selbe nur als Vorwand benutzt hatte, um den Gläubiger von der Mitbietung abzuhalten.
— Als Aerzte n sich niedergelassen: die Herren DDr. Gerlach, Pape, Vocke und Reely in Berlin, Schramm in Ober⸗Glogau.
FBessen. Darmstadt, 6. November. Gestern wurden in der Zweiten Kammer zwei Interpellationen ein⸗ gebracht. Die erste derselben richtet an das Großherzogliche Ministerium des Innern und der Justiz die Anfrage, ob das⸗ selbe nicht die Absicht habe, dem überhaupt, besonders aber in der Nähe der Landesgrenze zunehmenden Bettler⸗ und Landstreicherwesen (Vagantenthum) in besonderer Weise entgegenzutreten, auch, mit dem Hinweis an alle zuständigen Behörden, in solchen Fällen unter Anwendung des 5. 362 des Reichsstrafgesetzbuchs Arbeitszwang eintreten zu lassen? Die zweite weist auf die sich mehrende Erscheinung hin, daß Kinder nicht blos wegen leichter polizeilicher Uebertretungen, sondern sogar wegen schwerer Vergehen straffällig werden und fragt: ob die Großherzogliche Regierung, wie sie für den besonderen gesetzlichen Schutz der in fremde Ver⸗ pflegung gegebenen kleinen Kinder fast zuerst in Deutschland Sorge trug, nicht auch für die Errichtung von Erziehungs⸗ und Besserungsanstalten für verwahrloste Kinder Schritte zu
die Theilnahme des
thun beabsichtige, etwa durch Vorlage von Vorschlägen für Errichtung einer solchen Anstalt bei diesem oder dem nächsten Landtage?
Waldeck. Arol sen, 4. November. In der heutigen Sitzung des Landtags theilte der Vorsitzende zunächst mit, daß das Präsidium dem in voriger Sitzung erhaltenen Auf⸗ trage gemäß Sr. Durchlaucht dem Fürsten zur Verlobung Ihrer Durchlaucht der Prinzessin Pauline mit dem Erbprinzen Alexis zu Bentheim⸗Bentheim⸗-Steinfurt die Glückwünsche des Landes überbracht und daß Se. Durchlaucht das Präsidium beauftragt habe, dem Landtage seinen Dank für Landes an diesem erfreulichen Familienereignisse auszudrücken. Dann wurde 1) die Gesetzes vorlage, betreffend Abänderung des Dachein⸗ deckungsgesetzes vom 13. 3 1875 angenommen. 2) Desgleichen das Gesetz, betreffend das Grundbuchwesen, je⸗ doch mit einigen Aenderungen, und 3) das Gesetz über die Einführung des preußischen Gesetzes vom 12. März 1869, betreffend die Ausstellung gerichtlicher Erbbescheinigungen. 4) Desgleichen ein Antrag, die Dienstbotenordnung von 18566 dahin abzuändern, daß für das Fürsten⸗ thum Pyrmont die Antritts- und Abzugstage der Dienst— boten auf den 1. April und 1. Oktober festgesetzt werden. 5) Eine Petition der Stadt Pyrmont, um Revision des Ge— sctzes von 1863 wegen Vornahme von Erdarbeiten in der Nähe der Pyrmonter Stahlquellen, glaubt die Regierung nach den stattgehabten Erörterungen ablehnen zu müssen, da nach den eingeholten Gutachten eine Abänderung des Gesetzes im Sinne der Petition ohne ernste Bedenken hinsichtlich der Erhaltung der fraglichen Quellen nicht ausführbar sei. 6) Der Etat der Immobiliar-Feuerversicherungs—⸗ Anstalt der Fürstenthümer pro 1881, 82 und 83 fand unver— änderte Annahme. 7) Desgl. ein Gesetzentwurf, nach welchem die Wanderlager pro Woche 30 S und die Wanderauktionen pro Tag 30 b Steuer an die betreffende Gemeindekasse zu zahlen haben. 8) Von der Nachweisung Fürstlicher Domänenkammer über die pro 1879 zur Hebung des Bades Pyrmont verwendeten 12000 S6 wurde unter Vorbehalt der Rechte des Landtags Kenntniß genom— men. 9) Desgl. von der Uebersicht über das Domanial— Stammvermögen pro 1879. 10) Die Gesetzesvorlage, betreffend den Waffengebrauch der Forst⸗ und Jagdbeamten fand die Zustimmung des Landtags. Nach diesem Gesetz erhalten die Forst⸗ und Jagdbeamten die Befugniß, in ihrem Dienste zum Schutze der Forsten und Jagden gegen Holz- und Wilddiebe, gegen Forst- und Jagdkontravenienten von ihren Waffen Gebrauch zu machen: 1) wenn ein Angriff auf ihre Person erfolgt, oder wenn sie mit einem solchen Angriffe bedroht werden; 2) wenn Diejenigen, welche bei einem Holz— oder Wilddiebstahl, bei einer Forst- oder Jagdkontravention auf der That betroffen oder als der Verübung oder der Ab⸗ sicht zur Verübung eines solchen Vergehens verdächtig in dem Forste oder dem Jagdreviere gefunden werden, sich der An⸗— haltung, Pfändung oder Abführung zu der Forst- oder Polizei⸗ behörde oder der Ergreifung bei versuchter Flucht thätlich oder durch gefährliche Drohungen widersetzen. 11) Wurde beschlossen: den Landesdirektor zu ersuchen, eine Gesetzesvorlage zu machen dahin, daß das Veräußerungsverbot rücksichtlich der fixirten Brennholzberechtigungen aufgehoben und Art. 10 der Forstordnung von 1853 dementsprechend abgeändert werde. 12) Die Staatskassenrechnung vom Jahr 1878 wurde geprüft und Nachverwilligung der Etatsüberschreitungen beschlossen.
Elsaß ⸗ Lothringen. Straßburg, 8. November. (Els.-Lothr. Ztg.) Gestern starb in Colmar, in Folge eines Schlaganfalls, der Präsident des Kaiserlichen Landgerichts zu Straßburg, Gustav Neuerburg, welcher dem Justiz— dienste in Elsaß⸗»Lothringen seit nunmehr 9 Jahren angehört und an der Reorganisation des Gerichtswesens unseres Lan— des einen bleibenden und verdienstvollen Antheil hat.
Die Kreistage in Elsaß⸗-Lothringen sind heute zu einer zweiten Sitzungsperiode zusammen getreten.
Oesterreich⸗angarn. Wien, 9. November. (W. T. B.) Die „Polit. Corresp.“ meldet die Ernennung Vannutelli's zum päpstlichen Nuntius in Wien.
Pest, 9. November. Die österreichische Delega⸗ tion erledigte das Ordinarium des Budgets für die Kriegsmarine und die Extraordinarien der Budgets für die Kriegsmarine und das Heer. Zur Beschaffung von Küstengeschützen für Pola wurden anstatt der von dem Aus⸗ schusse beantragten 320 000 Fl. auf den Antrag des Dele⸗ girten Engerths 640 000 Fl. bewilligt, nachdem der Minister des Auswärtigen, Baron Haymerle, erklärt hatte, daß die Re⸗ gierung bei der Feststellung ihrer Forderung die finanzielle Lage ebenso rigorss im Auge gehabt habe, wie nur irgend ein Volksvertreter dies thun könne. Die Post für den Aus— bau der Lagerfestung Krakau, welche von dem Ausschusse ge⸗ strichen worden war, wurde auf den Antrag Engerths mit 700 000 Fl. wieder eingestellt.
Niederlande. Haag, 9. November. (W. T. B.) Die Zweite Kammer hat das neue Strafgesetzbuch mit 58 gegen 10 Stimmen angenommen.
Belgien. Brüssel, 9. November. (W. T. B.) Die Thronrede, mit welcher der König heute die Kammer eröffnete, gedenkt der glänzenden Feste, mit denen die 50jährige Jubelfeier des Königreichs begangen worden, und sagt dem Lande Dank für alle bei diesem Anlaß erfolg— ten patriotischen Kundgebungen. Die Verbindung der Prinzessin Stephanie mit dem Kronprinzen Rudolf von Desterreich erfülle die von allen Seiten gehegten Wünsche. Die belgische Regierung empfange fortgesetzt von allen Mächten Beweise der Freundschaft und der Sympathie. Ursachen, die den Kammern bekannt seien, hätten zu einem Bruch mit dem Vatikan geführt. Mehrere Staaten im Osten Europas hätten eine Neugestallung erfahren, und die belgische Regierung habe diplomatische Beziehungen mit den⸗ selben angeknüpft. Der Ertrag der diesjährigen Ernte habe denjenigen der vorhergehenden Jahre überschritten, die Lage des Staatsschatzes habe 3 gebessert, und es sei die Hoffnung be⸗ rechtigt, daß das Budget von 1880 equilibrire. Die Verwendung der vermehrten Einnahmen werde gestatten, dem öffentlichen Unterricht lebhafte Förderung angedeihen zu . Es sei wün⸗ schenswerth, daß man sich unausgesetzt bemühe, die moralische und intellektuelle Lage der Bevölkerung zu heben. Die Re⸗ gierung werde keine Maßregel vernachlässigen, die dazu die⸗ nen könne, dieses Resultat zu erreichen, und werde dazu mit⸗
wirken, indem sie fortfahre, im Einklang mit den bestehenden konstitutionellen Prinzipien, den öffentlichen Unterricht in allen Graden zu stärken und weiter zu entwickeln. Die Thron⸗ rede erwähnt ferner die beabsichtigte Errichtung mehrerer neuer Konsulatsposten und kündigt die Vorlegung eines Gesetzentwurfs über die Flußfischerei und eine Gesetzvorlage über landwirthschaftliche Verhältnisse an.
Großbritannien und Irland. London, 10. No⸗ vember, früh. (W. T. B.) Bei dem gestrigen Lordmayors⸗ banket beantwortete der erste Lord der Admiralität, Lord Northbrook, den Toast auf die Flotte und hob dabei her⸗ vor: Der Befehlshaber des österreichischen Geschwaders habe dem Botschafter Elliot seine große Befriedigung über die Ein⸗ tracht und den guten Geist unter den Offizieren der alliirten Flotte während ihres Aufenthalts in den österreichischen Ge⸗ wässern ausgesprochen. Der französische Botschafter, Chall e⸗ mel⸗Lacour, beantwortete den Toast auf die auswärtigen Botschafter und bemerkte dabei: Alle Staaten hätten schwierige innere Fragen zu lösen, aber alle civilisirten Völker hätten eine gemeinsame Aufgabe, nämlich diejenige, welche den Frieden in Europa im Allgemeinen betreffe. Der Premier Gladstone beantwortete den Toast auf die Minister und bezeichnete die irischen Angelegenheiten als die hauptsächlichste Sorge seit dem Schlusse der Session. Es sei ein segensreicher Um⸗ stand, daß eine reichliche Ernte stattgefunden habe; trotzdem sei leider Unordnung entstanden. So sehr auch eine Reform und Verbesserung des Gesetzes nothwendig sein möge, so hätte eine Pflicht noch höher stehen müssen, nämlich die Aufrecht⸗ erhaltung der Ordnung. Er werde, falls es nöthig sein sollte — was er jedoch nicht hoffe — nicht zögern, um die Ver⸗ leihung größerer Gewalten nachzusuchen. Ferner äußerte der Premier: In Afghanistan haben wir die Aufgabe, die Unabhängigkeit des Volkes zu sichern und freundliche Bezie⸗ hungen wieder herzustellen. Dieser Wunsch ist noch nicht voll⸗ ständig erfüllt, aber wenigstens in einem Theile des Landes sind die Zustände ermuthigende; es muß uns ein allmäliger regelmäßiger Fortschritt genügen; unsere dort verwendeten Streitkräfte sind bereits um 30 006 Mann vermindert worden. Was die Orientfrage anbetrifft, so konnten wir die Erklä⸗ rungen und das Werk unserer Vorgänger adoptiren. Lord Bea⸗ consfield erklärte mit Recht vor zwei Jahren, daß der Berli⸗ ner Vertrag, wenn er ausgeführt sei, Europa große Segnun⸗ gen verheiße, und daß England wenigstens vor keiner Ver— pflichtung in Bezug auf dessen Ausführung zurück— schrecken werde. Lord Beaconsfield hatte die zuver— sichtliche Hoffnung, daß die Bestimmungen der Ver— träge binnen kurzer Frist ausgeführt sein würden. Wir aber fanden viele wichtige Bestimmungen unerfüllt und erklärten unser Bestreben, die Ausführung zu sichern. Wir glauben, daß zwei Dinge für den Bestand der Türkei nothwendig sind, nämlich erstens die Erfüllung der internationalen Pflichten zweitens aber ist erforderlich, daß der Zustand der Völker unter türkischer Herrschaft durch gleiche Gesetze ein erträglicher werde. Wir wünschen nur die möglichst kleinste Veränderung, die zur Erreichung des Zweckes nothwendig ist. Der Berliner Vertrag nahm eine Gebietsberichtigung in einer türkischen Provinz in Aussicht, die noch nicht erfolgt ist, ferner ein Arrangement betreffend Griechenland, das bisher noch keine Fortschritte gemacht hat, endlich die Abstellung großer Mißbräuche in Armenien und anderen Theilen der Türkei, wozu bisher noch kein praktischer Schritt geschehen. Redner glaubt nicht, daß England allein die Verpflichtungen übernehmen solle, welche Europa zukommen. Alles, was England thun könne, sei, durch freundschaftliche und achtungs⸗ volle Mittel die Bildung des europäischen Konzerts und dessen Anwendung für segensreiche Zwecke zu unterstützen, zu empfehlen und zu fördern. Dieses Konzert empfehle sich da⸗ durch, daß durch dasselbe allein alle gegenseitigen Eifer⸗ süchteleien beseitigt werden können. Allerdings sei es nicht leicht zu handhaben, weil jene Freiheit der Anschauung und jene vollkommene Unabhängigkeit, die unter den Mächten herrschen müsse, es im Gegentheil sehr mühevoll mache, mittelst seiner Anwendung Fortschritte zu machen. „Dennoch verzweifele ich nicht gänzlich, mittelst des europäischen Konzerts mindestens etwas zu crreichen.“ Innerhalb der letzten zwölf Stunden seien der Regierung auf besonderen Befehl des Sultans abgesandte Telegramme zuge—⸗ gangen, des Inhalts, daß der Sultan gute Hoffnung habe, daß heute oder morgen höchst befriedigende Nachrichten von Dulcigno eingehen würden und in den letzten zwei Stunden sei ein weiteres Telegramm gefolgt, welches kon⸗ statire, daß der Sultan glaube, die Nachricht werde darin be⸗ stehen, daß die Uebergabe Dulcignos durchgeführt worden sei.
— 10. November, Vormittags. (W. T. B) Alle Mor⸗ genblätter, ohne Unterschied der Parteistellung, sprechen ihre Befriedigung über Gladstone's gestrige Banket⸗ rede und über den Entschluß der Regierung aus, in Irland dem Gesetze Achtung zu verschaffen. Der „Standard“ meint, aus Gladstone's Rede müsse gefolgert werden, daß derselbe sowohl hinsichtlich Irlands, wie hinsichtlich der Orientfrage die Zweckmäßigkeit eingesehen habe, die öffentliche Meinung nicht zu ignoriren. Der „Daily Telegraph“ ist überzeugt, daß die ,. fortan in Irland eine feste und im Osten Europas eine friedliche Politik einschlagen werde.
Frankreich. Paris, 9. November. (W. T. B) Die ministerielle Erklärung, welche heute in der Depu⸗ tirtenkammer verlesen wurde, lautet: ;
Die Veränderung im Ministerium, welche sich während Ihrer Abwesenheit volljogen hat, ist keine von denjenigen, welche die allge⸗ meine Richtung der offentlichen Angelegenheiten verändern. Dle Politik, welche wir Ihnen darlegen, ist für Sie nicht neu. Sie selbst haben Sie angegeben. Wir sind der Verhaltungelinie treu ge⸗ blieben, welche sich deutlich aus den Debatten beider Kammern wahrend der letzten Session ergeben hat. Wir haben es nicht für möglich erachtet, die Thätigkeit der Gesetze wegen der Schwierigkeiten und des Widerstandes, welche ihre Anwendung hervorrief, einzustellen. Wir haben es auch nicht für nothwendig gehalten, vom Par— lament eine Veränderung der Gesetzgebung zu verlangen. Die Gesetze, welche in Frankreich die Lage der religißsen Kongregationen regeln, sind nicht Gesetze des Zufall und der Gewalt, sondern Ge—⸗ setze der Weitheit, der Nothwendigkeit und der Tradition, sie bilden einen Theil jenes Bündels (faisccan) von Garantien, welche durch die Vorgänger zum Schutze der bürgerlichen Gesellschaft und der Rechte des Staates errichtet worden sind, Garantien, welcher eine republikanische Regierung ebensowenig, als irgend eine andere ent⸗ rathen kann und welche gering zu schätzen oder zu schwächen sehr unklug sein würde. Diese Gesetze sind grundlegende, man findet sie wieder zu jeder Zeit und in jedem Lande. Sie berühren weder das Dogma, noch das Gewissen; sie leugnen, heißt den Staat leugnen, wie er ist. Indeß hat eine Anzahl irregulär hergestellter Kongrega⸗ tionen, getrieben mehr von politischen als von religiösen Leidenschaften, und mit deutlicher Mitwirkung von Parteien,
welche das Land zurückgewiesen hat, mit großem Lärm eine Auflehnung gegen die Gesetze organisirt. Man mußte durch allgemeine Maßregeln einer Sitration, die für den öffentlichen Frieden bedrohlich war, ein Ende machen. 261 nichtautorisirte Ordensniederlassungen sind aufgehoben worden. Die Auflösung hat sich auf alle Kongregationen mit männlichen QOrdens⸗ angehörigen erstreckt, die eines legalen Titels entbehrten; sie ist aus⸗ geführt worden auf dem Administrativwege, wie dies das bekannte Recht der Regierung ist, überall da, wo die Wege der Ausführung wirksam oder anwendbar find. Da die Regierung nicht die Absicht hat, dieselben den Kongregationen mit weiblichen Angehörigen gegen⸗ über zur Anwendung zu bringen, so wird sich deren Lage durch andere Arten des Vorgehens regeln. Sie können die Sorge dafür der Re⸗ gierung lassen, welche Ihr Vertrauen empfangen haben wird und Sie werden mit Ruhe Ihre parlamentarischen Arbeiten beginnen können. Wir steben, meine Herren, an einem entscheidenden Augenblicke. Die am 14. Oktober 1877 gewählte Legislative tritt in das letzte Jahr ihrer Thätigkeit, sie darf der Nation sich nicht vorstellen mit blos obenhin entworfenen Arbeiten, deren Mannigfaltigkeit und große Zahl nur von Ihrem guten Willen Zeugniß ablegt, sondern mit fertig abgeschlossenen legislativen Werken, und wären derselben auch noch so wenig, und müssen dabei in erster Linie diejenigen Gesetz⸗ entwürfe erledigt werden, welche vor allen anderen die Genehmigung beider Kammern erhalten können und erhalten müssen. Sie werden zu diesen sicher diejenigen zählen, welche sich auf den Unterricht be⸗ ziehen. In dieser Reihe von Ideen hat die gegenwärtige Legislatur ihren Willen und ihre Absichten am stärksten besont. Sie haben nicht nur mit unvergleichlicher Freigebigkeit den öffentlichen Unterricht in allen seinen Graden ausgestattet, Sie haben es sogar in entschlossener Weise unternommen — und Sie haben sich dadurch Ansprüche auf die Anerkennung der Geschichte erworben — dem republikanischen Staate seine Rechte, sowie seine so wesentliche Verantwortlichkeit auf dem Gebiete des Erziehungswesens wieder zu gewinnen. Dank Ihnen steigen wir den Abhang wieder hinauf, den man in so unkluger Weise seit 30 Jahren hinabgestiegen ist. Die Gesetze über die Ver—⸗ leihung der akademischen Grade, sowie über die Unterrichtsräthe sind bereits von beiden Kammern votirt; die Gesetze über die Obedienz⸗ briefe und über den sekundären Unterricht von Mädchen werden dem nächst die Zustimmung des Senats erkalten. Vorgelegt werden ferner: Gesetze, welche die religiöse Neutralität der öffentlichen Volke⸗ schule sowie den Schulzwang und die Unentgeltlichkeit des Unterrichts sichern; wir haben endlich noch einen Gesetzentwurf vorbereitet, welcher rasch erledigt werden kann und den Zweck verfolgt, für die nichtstaatlichen höheren Unterrichtsanstalten ernste Garantien für die Anstellung geeigneter Persönlichkeiten zu fordern und das Ueberwachungsrecht des Staates zu stärken. Alle diese Maß— regeln sind eng mit einander verbunden und verkettet, sie werden von der öffentlichen Meinung erwartet, welche sich in der elfrigsten Weise um Alles bemüht, was Bezug hat auf die Wiederaufrichtung der Geister und auf die moralische Einheit des Vaterlandes. Neben den Unterrichts zesetzen hat die letzte Session uns einen Gesetzentaurf, betreffend den Richterstand, hinterlassen. Zwischen dem Kabinet, an dessen Stelle wir getreten sind, und der Kommission, welche mit der Prüfung dieser Frage beauftragt war, war ein Einverständniß über die prinzipiellen Punkte erzielt worden. Wir haben die Absicht, dieses Einverständniß aufrecht zu erhalten. Die Verfassung des Richterpersonals ist eine Lebensfrage für jede Regierung, welche sich gründet. Direkt oder indirekt haben alle neuen Gewalten seit einem Jahrhunderte in ditser Beziehung sich ihre Garantien verschafft. Die Republik kann sich dem allgemeinen Gesetz nicht entziehen. Man kann nur dahin wirken, daß Maßregeln dieser Art nicht an hocherhabenen Dingen rühren. Indeß, wenn diese Maßregeln temporäre, gemäßigte und billige sind, wenn sie einer verwirrten Lage, welche weder für die Justiz, noch für die voll—⸗ ziehende Gewalt zuträglich ist, ein Ende machen können, dann thut man ein Weik der Weisheit, wenn man sie annimmt. Auch andere Gesetzentwürfe können keinen Auf— schub erleiden. Zwei fundamentale liberale Gesetze liegen den Kammern vor: das Vereinsgesetz und das neue Gesetz Über die Presse. Sie werden es für eine Ehrensache halten, dieselben zu gutem Ende zu bringen. Ein anderes Gesetz schulden Sie der Freiheit, wir for— dern es ron Ihnen im Namen der Staatsgewalt, wir handhaben alte Gesetze im weitesten Sinne, aber wir werden niemals unter der Republik ein Interregnum des Gesetzes zulaffen. So lange das Re— gime der vorläufigen Autorisation kestihen wird, so lange wird es für die Regierung Verantnortlichkeiten geben, vor welchen wir nicht zurückweichen werden. Im Uebrigen sind wir nicht der Ansicht, daß das Parlament mehr als wir sich einem System akkemodirt, welches die Staatsgewalt entwaffnet oder indifferent hinstellen würde gegen— über der Aufreizung zum Verbrechen und dem Aufruf zum Bürger— kriege. Unsere öffentliche Moral empört sich gegen solche paradoxe Straflosigkeit, und die öffentliche Meinung wendet sich leicht ab von Regierungen, welche sich nicht vertheidigen. Wenn man auf das Yron ramm des folgenden Jahres ein allgemeines Gesetz über die Assoziationen gesetzt hat, so glauben wir, daß weder die Zeit, welche unß bleibt, nock die geistige Stimmung es gestatten wird, in beiden Kammern die Lösung eines so schweren und verwickelten Problems mit einiger Aussicht auf Erfolg zu versuchen. Wir haben daher von diesem Problem ein Kapitel abgelöst, über welches eine Einigung leicht erscheint. Ein Gesetzentwurf über die Assoziationen oder professionellen Syndikate wird einfach einen thatsächlichen schon alten Zustand legalisiren und in die Hände der arbeitenden Demo kratie ein Instrument freier Initiative und sozialen Fortschritts von großer Wichtigkeit legen. Wir haben nicht nöthig, Sie, meine Herren, daran zu erinnern, daß das allgemeine Gesetz der Zolltarife nur noch die Prüfung und das Votum des Senats erwartet, und, was für die öffentliche Wohlfahrt von höchster Wichtigkeit ist, daß die ökonomische Lage Frankreichs gegen— über seinen Nachbarn vor dem Ende der gegenwärtigen Legislaturperiode geregelt worden ist. Was die öffentlichen Arbeiten anbetrifft, so sind alle bezüglichen großen Gesetze zum Abschluß ge— bracht und der vortreffliche Plan Freycinets nimmt entschlossen seinen Gang. Wir werden denselben vervollständigen durch wichtige Gesetz⸗ entwürfe, welche betreffen eines Theils die Wiederherstellung nationa⸗ ler Wege, anderen Theils große, die Landwirthschaft angehende Ver⸗ besserungen, darunter namentlich einen Gesetzentwurf zur Beschleuni⸗ gung der Ausführung des Kanals für die Rhonegewässer, der von dem Süden Frankreichs so lebhaft gewünscht wird, und der so noth⸗ wendig ist fur die am schwersten heimgesuchten Gegenden unseres Landes. Endlich wird unsere militärische Organisation vervollständigt durch ein Gesetz über die so lange schon im Parlament berathene Admini⸗ stration und durch ein Gesetz über die Beförderung der Land und Ste— offiziere, welche von der Armee ungeduldig erwartet wird. Der Kriegs ⸗ Minister und der Marine ⸗Minister werden demselben neue Bestimmungen hinzufügen, die sich auf das Wiederkapituliten der Unteroffiziere be⸗ ziehen. Diese Bestimmungen entsprechen den gebieterischen Bedürf⸗ nissen und tragen, wie das Gesetz über die Beförderung der Offiziere, einen hoch dringlichen Charakter. Endlich ist eine Unifizirung der Soldtarife vorberathen worden, um wesentliche Verbesserungen in der Lage der hommes de troupe und der Cadres der Unteroffiziere herbei⸗ zuführen. — Die Regierung wird dem Parlamente die diplomatischen Dokumente mittheilen, welche sich auf die Verhandlungen beziehen, die der Unterzeichnung des Berliner Vertrages gefolgt sind, und namentlich diejenigen, welche Bezug haben auf die neuesten Zwischen⸗ fälle in den orientalischen Angelegenheiten. Sie werden in diesen Schriftstücken die Beweise finden von unseren guten Beziehungen zu allen Mächten, von dem friedlichen Geiste, der sie alle beseelt und von den beständigen Bemühungen des europäischen Einvernehmens, um neuen Kollisionen in der montenegrinischen Frage vorzubeugen. Trotz aller Langsamkeiten uud Zögerungen hegen wir die Ueber- zeugung, daß der Wille der Großmaͤchte schließlich die Oberhand be⸗ halten wird. Die Aufrechterhaltung gemeinsamer Berathungen ist die sicherste Garantie für die Ruhe Europas. Die Regierung der Republik hat nicht aufgehört, zu denselben einen Geist der Uneigen— nützigkeit und des Friedens mitzubringen, an welchem auswärts Nie⸗
mand zweifelt und welcher dem republikanischen Frankreich die Achtung und das Vertrauen der Welt verschafft. Meine Herren, wir haben Ihnen gesagt, wie wir die Aufgabe dieses letzten Jahres aufgefaßt haben. Dieses Programm gleicht ohne Zweifel nicht den ehrgeizigen und laut fönenden Manifesten, welche an Alles rübren, ohne etwas zu beschließen, und in welchen die Ver⸗ lästerer der wirklichen Majorität gern ihre Ohnmacht ver— hüllen; aber wir haben als Richter über uns eine gloir⸗ reiche und weise Nation, die seit i9 Jabren am Werke sieht die Politik der Realitäten, und welche nicht gewillt ist, der⸗ selben abtrünnig zu werden. Um so viel nützliche Werke zum Guten zu führen, sind, meine Herren, zwei Dinge nothwendig — die Me— thode und der Geist der Dauer. — Die Methode, um die allgemeine Ordnung Ihrer Arbeiten zu vertheidigen gegen die Vielfältigkeit der individuellen Vorschläge und den Angriff unzuträglicher Debatten, der Geist der Dauer, um der parlamentarischen Situation die Ste— tigkeit zu geben, ohne welche es weder dauerbafte Arbeit, noch eine sruchtbringende Session giebt. Es ist nothwendig, daß das Mini—⸗ sterium, welches Sie acceptiren werden, Ihr ganzes Vertrauen ge⸗ nießt, und daß das Einverständniß zwischen der Majorität und dem Kabinet, welches bei deren Arbeiten präsidirt, vollständig ist. Wir würden uns nicht mit einem scheinbaren Vertrauen und einer un—⸗ sicheren Billigung zufrieden geben. Sie wissen, wer wir sind und wohin wir gehen. Wir wollen nicht, daß die Majorität uns dulde oder ertrage, wir Alle verlangen von ihr, daß sie uns ihre Mitwir⸗ kung entschieden gebe oder verweigere.
— 9. November, Nachmittags. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der Deputirkenkammer bracht? De— lafosse eine Interpellation über die auswärtige Politik ein. Auf Verlangen der Regierung ward dieselbe bis nach Vorlegung der diplomatischen Schriftstücke vertagt. Die Deputirten Corentin und Guyho beantragten die Ernennung einer Untersuchungskommission für die Affaire Cissey. Der Minister-Bräsidenk stimmte einem Antrage auf Dringlichkeit der Berathung zu, machte aber gleichzeitig dar— auf aufmarksam, daß es zu Ünzuträglichkeiten führen würde, die parlamentarische Prozedur zu beschleunigen, während die Angelegenheit noch bei den Gerichten schwebe. Laisant warnte vor jeder Vermischung der parlamentarischen Pflicht und des gerichtlichen Verfahrens. Nach einer weiteren Bemerkung des Kriegs-Ministers Farre wurde die Dringlichkeit mit 263 gegen 108 Stimmen beschlossen. Bei der hierauf folgenden Fest⸗ setzung der Tagesordnung verlangte der Minister⸗-Präsident Ferry, dieselbe in der Weise festzustellen, daß zuerst die Un⸗ terrichtsgesetze, dann das Gesetz, betreffend die Reform des Richterstandes, und hierauf das Preßgesetz berathen werde. Ballue verlangte, die Berathung des Gesetzentwurfes, be⸗ treffend die Reform des Richterstandes, zuerst vorzunehmen, um . schweren Unzuträglichkeiten ein Ende zu machen. Nach lebhaften Protesten Seitens der Rechten wurde schließlich die Prioritäät der Berathung der Unterrichtsgesetz? mit 206 gegen 166 Stimmen abgelehnt. Die Priorität der Berathung des Gesetzes über die Resorm des Richterstandes wurde mit 281 gegen 106 Stimmen genehmigt. Baudry d'Asson sprach die Hoffnung aus, daß er während der gegenwärtigen kurzen Session den Todeskampf, der Republik erleben werde. Der Präsident forderte den Redner auf, nicht fortzufahren. Baudry d'Asson beantragte, die Kammer solle morgen eine Sitzung halten, um von der Regierung der „Crocheteurs“ Rechenschaft über ihr Verhalten zu verlangen. (Unterbrechungen.) Baudry Dd'Asson erklärte, er sei der Dolmetscher des Unwillens des Landes. Der Präsident verhängte gegen Baudry d'Asson die Censur mit temporärer Ausschließung aus der Kammer und forderte denselhen auf, sich zurückzuziehen. Baudry d'Asson nahm seinen Sitz wieder ein. Die Sitzung wurde darauf auf— gehoben und die nächste Sitzung auf nächsten Donnerstag anberaumt.
Nach der Sitzung gab das Kabinet in Folge der Wei⸗ gerung der Kammer, das Unterrichtsgesetz an die Spitze der Tagesordnung zu stellen, die Absicht kund, seine Entlassung zu geben. Zahlreiche Mitglieder der Kammer, welche gegen das Ministerium gestimmt hatten, versicherten die Minister, daß ihre Abstimmung kein Mißtrauensvotum gegen sie ent— hielte. — Trotz dieser Vorstellung traten die Minister und die Unter-Staats⸗-Sekretäre zur Berathung zusammen und be—⸗ schlossen, ihre Kollektivdemission zu geben. Nach der Be⸗ rathung begab sich Ferry in das Elysee, um den Präsidenten Gréry von diesem Entschluß zu unterrichten. Der Minister⸗ Rath wird um 9 Uhr zusammentreten. Brisson, Floquet, Spuller, Proust und Varambon verhandeln miteinander. Man spricht von einem Ministerium Brisson.
— 9. November, Abends. (W. T. B.) Im Senat folgte nach Verlesung der ministeriellen Erklärung, welche zu heftigen Scenen Veranlassung gab, die Verloosung der Mitglie⸗ der in die Abtheilungen. Hierauf kündigte der Präsident eine Interpellation Frésneaus über die Verletzungen des Unter⸗ richtsgesetzes vom Jahre 1850 an. Der Tag für die Inter⸗ pellation soll in der nächsten Sitzung festgesetzt werden.
— 9. November, Nachmittags. (W. T. B.) Auf die Nachricht von der Austreibung der Maristen in Tourcoing sammelte sich vor dem Ordenshause derselben eine Volksmenge von nahezu 5000 Personen, zu welchen sich Mitglieder katho⸗ lischer Vereine gesellten. Es kam zu ernsthaften Zusammen⸗ stößen, da auch zahlreiche Anhänger der Dekrete unter der Menge waren. Der , nnn, und ein Präfekturrath suchten vergeblich die Menge zu beschwichtigen. Die Fenster des Klosters wurden durch Steinwürfe zertrümmert; einige 60 Personen sind verwundet, darunter mehrere schwer. Erst in Folge mehrerer von der Gensd'armerie gemachten Angriffe gelang es, die Menge zu zerstreuen.
— 9. November, Abends. (W. T. B.) Die heute er⸗ solgte Ankunft der am Kommuneaufstand betheiligt gewesenen und amnestirten Louise Michel hatte eine große Menschenmenge nach den Eingängen des Bahnhofes von Saint Lazare geführt. Louis Blanc, Cl6mencrau, Rochefort, Pain, Cypriani v. A. empfingen Louise Michel am Bahnhofe. Beim
eraustreten aus dem Bahnhofse wurde dieselbe von allen Seiten umdrängt; die Menge rief: Es lebe Louise Michel! Es lebe die Kommune! Cypriani wurde wegen eines Wort⸗ wechsels mit einem Polizeiagenten nach dem Polizeiposten
geführt.
— 19. November. (W. T. B.) Die Minister und die Unter-Staatssekretäre waren gestern im Elysée ver⸗ sammelt, um ihre Demission zu geben. Der Präsident Grévy ersuchte dieselben, ihren Entschluß bis heute zu vertagen.
Die hauptsächlichsten der republikanischen Jour⸗ nale, darunter „Sis cle“, „Journal des Dobats“ und „Re⸗ publique frangaise“ sind der Ansicht, daß bei den gestrigen Debatten in der Kammer ein beklagenswerthes Miß⸗ verständniß vorgekommen sei, und hoffen das Ministerium heute wieder auf seinem Posten zu sehen. Die Journale der radikalen Partei verlangen entweder ein neues Kabinet oder die Auflösung der Kammer. Die konservativen Journale mei⸗
nen, das Kabinet müsse fallen, weil es demselben an Konsi⸗ stenz gebreche. — In Tourcoing ist die Ruhe wieder her⸗ gestellt, doch fürchtet man neue Ruhestörungen.
Danemark. Kopenhagen, 9. November. (W. T. B.) Das Fol kething ist heute eröffnet worden. Das dem⸗ selben vorgelegte Budget balancirt in den Einnahmen und Ausgaben mit 50 Millionen Kronen. Im Vergleich zu dem Budget des vergangenen Jahres weisen die Einnahmen eine Zunahme von 2 Millionen und die Ausgaben eine solche von 51/ Millionen auf. Die Mehrausgaben sind veranlaßt durch die in der letzten Session des Reichstages angenommenen Gesetze über den Ankauf der Eisenbahnen auf Seeland und durch das Wehrgesetz. Von Seiten des Kultus-Ministers wird die Bildung eines Bureaus für den internationalen literarischen Verkehr beantragt.
Nr. 21 des Armee⸗Verordnungs⸗Blatts hat fol⸗ genden Inhalt: Uebertritt der Festung Thorn aus dem Befebls⸗ und Verwaltungsbereiche des J. in denjenigen des II. Armee⸗Corpt. — Dislokation des 1. und Füsilier⸗Bataillons Grenadier⸗Regiments Prinz Carl von Preußen (2. Brandenburgischen) Nr. 12. — Nachrichten für diejenigen Freiwilligen, welche in die Unteroffizier schulen zu Potsdam, Jülich, Biebrich, Weißenfels, Marienwerder und Ettlingen eingestellt zu werden wünschen. — Grundsätze für die Aufnahme von Knaben in das Militär⸗Knaben ˖Erziehungsinstitut zu Annaburg. — Verlegung des Wohnsitzes des Garnison⸗Bau⸗ beamten von Tilsit nach Insterburg. — Eröffnung neuer Eisenhahn. — Neuschäften von Infanterie⸗Gewehren N / 71. — — Ergänzung der Vorschrift für die Instandhaltung der Waffen bei den Truppen. — Verfahren bei Verminderung der Konto⸗ bestände an Bekleidungs- und Ausrüstungsstücken.
. Land⸗ und Forstwirthschaft. Hildesheim, 8. November. Im Land- und Forstwirthschaft ⸗ lichen Hauptverein Hildesheim wird die Idee verfolgt, im Laufe des Jahres eine Dampfpflug-Konkurrenz in Verbindung mit einer begrenzten Gespannpflug-Konkurrenz ins Leben zu rufen. Durch eine sorgfältige und genaue Prüfung der verschiedenen etwa an der Kon— kurrenz theilnehmenden neben einander arbeitenden Systeme und nachherige gründliche Berichterstattung Seitens tüchtiger Sachver—⸗ ständiger will man dem Einzelnen für die Beurtheilung und die von ihm zu treffende Wahl Anhaltspunkte geben und die Anschauungen über die Verwendbarkeit des Dampfpfluged im Allgemeinen wesentlich klären helfen. Von dem Kreisverein Gronau, de nach, den früheren gleich verdienstvollen, aber weniger alücklichen Versuchen anderer Vereine — neuer⸗ dings gewissermaßen das Eis für Einführung des Dampfpfluges bei uns gebrochen hat, ist für das geplante bedeutungsvolle Unternehmen die Initigtive ausgegangen, und sind von dessen Vorsitzenden, Gutk— pächter Wagener Barfelde, in Verbindung mit dem Vorstande des Kreisvereins Nordstemmen und im Einverständniß mit dem Haupt— vereins Präsiden ten. Landes ⸗Oekonomie⸗Rath Hoppenstedt⸗Schladen, die erforderlichen Schritte zu den Einleitungsarbeiten gethan. In entgegenkommendster Weise hat schon jetzt Graf von Bennigsen in der Feldmark des Gutes Banteln günstig gelegene und geeignet er⸗ scheinende Breiten — gegen 59 Hektar groß — zur event. Anstellung und für Ausführung der Arbeiten in sichere Aussicht gegeben. Gewerbe nnd Gandel.
Der Aufsichtsrath der Berliner Maschinenbau— Aktien: Gesellschaft, vormals L. Schwartzkopff, hat die von der Wirektien vorgeschlagene Vertheilung einer Dividende von 31 0so nach Revision der Geschäftsbücher und der Bilanz genehmigt. Die Auszablung dieser Tividende erfolgt vom 6. Dezember er. ab bei den Gebrüdern Schickler und bei der Berliner Handels⸗Gesellschaft.
— (Allg. Corr.) Nach den Ausweisen des britifchen Handelsamtes pro Oktober beträgt der Ausfuhrwerth des Monats 18 685 060 Pfd. Sterl. gegen 17 699 432 Pfd. Sterl. im Oktober 1879 und 17255 459 Pfd. Sterl. im Oktober 1878. Während der abgelaufenen 19 Monate bezifferte sich der Gesammtausfuhrwerth auf 185731037 Pfd. Sterl. gegen 1657 875 597 Pfd. Sterl. resp. 162 111 636 Pfd. Sterl. in den ent⸗ sprechenden Zeiträumen von 1879 und 1878 Der Einfuhrwerth des Monats beläuft sich auf 27 436 060 Pfd. Sterl. gegen 23 316565 Pfd. Sterl. im Oktober 1879 und 29 582 303 Pfd. Sterl. im Oktober 1878, und die Gesammteinfuhr in den ersten 19 Monaten 337 343 822 Pfd. Sterl. gegen 292 462797 Pfd. Sterl. in 1879 und 313 298 375 Pfd. Sterl. in 1378. Die Einfuhr an Edelmetallen während des Monats Oktober betrug 1973 767 Pfd. Sterl. gegen 1 001 040 Pfd. Sterl. in 1879 und 5 026 836 Pfd. Sterl. in 1878. Die Gesammt⸗ einfuhr an Edelmetallen in den ersten 10 Monaten beziffert sich auf 12597 659 Pfd. Sterl. gegen 21 520 564 Pfd. Sterl. in 1879 und 26 234 811 Psd. Sterl. in 1878. Die Ausfuhr während des abge⸗ laufenen Monats betrug 1278 864 Pfd. Sterl. gegen 4 017 413 Pfd. Sterl. in 1879 und 1591 217 Pfd. Sterl. in 1878, und die Ge⸗ sammtausfuhr in den ersten 10 Monaten des Jahres 12 708732 Pfd. Sterl. gegen 20 658 641 Pfd. Sterl. in 1579 und 22 832049 Pfd. Sterl. in 1878.
Glasgow, 9. November. (W. T. B.) Die Verschiffungen von Rohelsen während der letzten Woche betrugen 12430 gegen 10128 Tons in derselben Woche des vorigen Jahres.
New⸗JYo rk, 8. November. (W. T. B. Weizen verschiffungen der letzten Woche von den atlantischen Häfen der Vereinigten Staaten nach England 115000, do. nach dem Kontinent 130 000, do. von Kalifornien und Oregon nach England 100 000 Qrtrs. Visible Supply an Weizen 19187 000 Bushel, do. do. an Mais 19375000 Busphel.
Verkehrs⸗Anstalten.
Mit dem 15. d. Mts. wird die Personenbeförderung zwischen Dresdener Bahnhof und Halensee (Hundekehle) eingestellt.
Berlin, 10. November 1880.
Preußische Klassenlotterie. (Ohne Gewähr.)
Bei der heute fortgesetzten Ziehung der 2. Klasse 163. Königlich preußischer Klassenlotterie fielen:
2 Gewinne von 6000 S auf Nr. 40 219. 91 968.
1 Gewinn von 1800 S6 auf Nꝛ: 18737.
3 Gewinne von 600 S6 auf Nr. 11 892. 64 454. 93 212.
6 Gewinne von 300 MS auf Nr. 3770. 5106. 14611. 37 758. 75 154. 78 239.
Der Generalarzt der Armee, Geheime Ober⸗Medizinal⸗Rath Professor Dr. Bernhard von Langenbeck, beging gestern sein siebenzigstes Geburtstagsfest. Das Musik⸗Corps des 3. Garde⸗Regi⸗ ments z. F. brachte dem Jubilar schon am frühen Morgen ein Ständchen, und von allen Seiten, von Nah und Fern, gingen Glück⸗ wünsche, Telegramme und Briefe ein. Abends brachten die Studiren den der Universität dem Jubilar einen glänzenden Fackelzug, an welchen sich ein Kommers in den Reichshallen anschloß. Derselbe vereinigte etwa 500 jetzige und ebemalige Schüler des Gefeierten in dem mit den Fahnen der Fakultät und des Königlichen Friedrich⸗ Wilhelmèé⸗Instituts geschmückten Festsaale. Der Jubilar selbst war nicht erschienen, dagegen waren der Sohn, Major von Langenbeck, so⸗