1880 / 287 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 06 Dec 1880 18:00:01 GMT) scan diff

Aichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 6. Dezember.

burg, Höchstwelcher auf der Durchreise nach St. Petersburg hier anwesend, mit Ihren Majestäten um 5 Uhr im Palais dinirte.

Gestern wohnten Se. Majestät dem Gottesdienst im Dome bei, nahmen militärische Meldungen entgegen und empfin— gen den Geheimen Kommerzien⸗Rath Conrad, der die Orden seines verstorbenen Oheims zu überreichen die Ehre hatte.

Heute empfingen Se. Majestät Se. Kaiserliche Hoheit den Kronprinzen und nahmen demnächst die Meldung des General— Lieutenants von Wright, Commandeurs der Kavallerię⸗ Division des XV. Armee⸗-Corps, sowie den Vortrag des Wirk⸗ lichen Geheimen Raths von Wilmowski entgegen.

Ihre Majestät die Kaiserin und Königin empfing vorgestern den Besuch Sr. Königlichen Hoheit des Großherzogs von Oldenburg und besuchte die Kaiserin-Augusta— Stiftung in Chartottenburg sowie das Augusta⸗Hospital.

Gestern wohnte Ihre Majestät dem Gottesdienste im Dom bei. Das Familiendiner fand im Königlichen Palais statt.

Den Kammerherrndienst haben übernommen die König⸗ lichen Kammerherren von Klinkowström und Graf Vitzthum.

Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz ist heute Nacht um 121½ Uhr, von Coburg kom— mend, hier eingetroffen und begab Sich heute früh 101½ Uhr in das Palais zu Ihren Majestäten.

Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für das Landheer und die Festungen, für Zoll- und Steuerwesen und für Rechnungswesen traten heute zu einer Sitzung zu—⸗ sammen.

In der heutigen (21.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Minister des Innern Graf zu Eulenburg mit mehreren Kommissarien beiwohnte, theilte der Präsident mit, daß von der Staatsregierung, und zwar von dem Finanz⸗Minister der Entwurf eines Gesetzes eingegangen sei, betreffend die Zahlung der Beamtengehälter und Bestimmungen über das Gnaden quartal. Ferner wurde mitgetheilt, daß die Kommission zur Vorberathung des Schlachthausgesetzes und die Kommission für den Gesetzentwurf, betreffend die Eisen⸗ bahn räthe, sich konstituirt haben. Das Haus setzte die zweite Berathung des Staatshaushalts-Etats pro 1881,82 beim Etat des Ministeriums des Innern fort. Bei Kap. 85 (Meteorologisches Institut) empfahl der Abg. von Wedell⸗Malchow eine Reorganisation des Meteorologischen Instituts und machte auf die große Bedeutung der praklischen Wetterkunde für Landwirthschaft, Handel und Schiff⸗ fahrt aufmerksam; er ersuchte den Finanz⸗Minister, die Mittel zur Verfügung zu stellen, die nothwendig sein würden, damit das Meteorologische Institut Stationen in der ganzen Mon⸗ archie errichten und praktische Witterungsanzeigen veröffentlichen könne. Der Regierungskommissar Geh. Ober-Regierungs⸗Rath Herrfurth erkannte die Berechtigung der vom Vorredner ge—⸗ äußerten Wünsche an; der Plan zu einer Reorganisation des Meteorologischen Instituts sei völlig ausgearbeitet, und es handele sich nur noch um die Mittel zur Durchführung der— selben. Bei der jetzigen Finanzlage sei es nicht möglich ge⸗ wesen, die Mittel, die ungefähr 1 Million betragen würden, in den Etat einzustellen; die Regierung hoffe, daß das im nächsten Jahre möglich sein werde.

Auch der Abg. Schmidt (Stettin) sprach für eine Reor⸗ ganisation des Meteorologischen Instituts. Der Abg. Dr. Virchow wollte wissen, wie das reorganisirte Institut sich zu der Deutschen Seewarte in Hamburg stellen würde und wünschte, daß die beiden Institute sich in gleicher Richtung entwickelten und nicht etwa in eine gewisse Konkurrenz träten. Der Re— gierungskommissar führte aus, daß der Reorganisations— plan unter Mitwirkung des Direktors der Seewarte ausgearbeitet sei, und eine Kooperation beider Institute er⸗ möglichen werde. Der Abg. Frhr. von Schorlemer-Alst er— klärte sich auch für eine Vermehrung der meteorologischen Beobachtungsstationen im Interesse der Landwirthschaft. Der Abg. Dr. Virchow warnte davor, das wissenschaftliche meteo⸗ rologische Institut speziell den Bedürfnissen der Landwirth⸗ schaft anzupassen. Dieses Institut habe viel höhere und allgemeinere Aufgaben, die man nicht aus den Augen verlieren dürfe. Der Abg. Frhr. von Schorlemer-AUlst erwiderte, daß es keineswegs seine Absicht gewesen sei, dem meteorologischen Institut seinen allgemein wissenschaftlichen Charakter abzunehmen. Zu dem Kapitel 86 (Ober-Verwaltungs⸗ gericht 2c.) sprach der Abg. Dr. Wehr (Konitz) den Wunsch aus, die Regierung möchte baldmöglichst auf eine Erhöhung der Gehälter und Dienstaufwandsentschädigungen der Landräthe Bedacht nehmen. Der Regierungskommissar erkannte das Bedürfniß einer Gehaltserhöhung für die Landräthe als vorhanden an, bestritt aber die Nothwendigkeit einer gleich zeitigen Erhöhung der Dienstaufwandsentschädigungen In letzterer Beziehung sei erst in neuerer Zeit eine erhebliche Aufbesserung ersolgt, und überdies sei durch die neue Verwaltungsorgani⸗ sation eine erhebliche Entlastung des Dienstaufwands der Landräthe herbeigeführt worden. Der Abg. Dr. Windthorst schloß sich dem Wunsche einer Gehaltsaufbesserung gleichfalls an, wenn man einmal was er lebhaft bedauere von dem Grundsatz abgehen wolle, die Landräthe lediglich aus den im Kreise angesessenen Gutsbesitzern zu entnehmen. Die Abgg. Frhr. von Minnigerode und von Rauchhaupt theilten die Ansicht des Vorr dners und hofften, daß es mit Hülfe des Centrums möglich sein werde, die Landrath⸗

frage im Sinne des zuletzt ausgesprochenen Wunsches zu regeln. Der Abg. Dr. von Heydebrand und Lasa befürwortete eine völlige Gleichstellung der Kreissekretäre mit den Regierungs⸗ sekretären. Der Regierungskommissar hielt diese Gleich⸗ stellung aus inneren Gründen nicht für begründet, erklärte aber, daß die Regierung sehr gern bereit sein werde, sobald die Finanzlage es gestatte, das Minimalgehalt der Kreissekretäre zu erhöhen. Der Abg. Dr. Köhler (Göttingen) empfahl eine Aufbesserung der Gehälter der auf dem Aussterbeetat stehenden Amtsvoigte der Provinz Hannover. Der Regierungs⸗ kommissar Geheime Regierungs⸗Rath Haase, glaubte auch diese Beamtenkategorie auf eine günstigere Gestaltung der

allgemeinen s ͤ Kapitel 93 (Polizei⸗Distrikts⸗Kommissarien in der Provinz Posen) beschwerte sich der Abg. Dr. von Jazdzewski über das

Se. Majestät der Kaiser und König nahmen vorgestern den Vortrag des General⸗Adjutanten von Albedyll entgegen und empfingen

demnächst Se. Königliche Hoheit den Großherzog von Olden⸗ der Verhaftung

Finanzlage vertrösten zu müssen. Bei dem

Auftreten der Polizei⸗Distrikts„Kommissarien namentlich auf dem Gebiete des Kulturkampfes. Ein Beispiel liefere der Vorgang in Wilatowo, wo man hei eines Geistlichen Militär requirirt und sowohl den Verhafteten wie die Bevölkerung brutal be— handelt habe. Der Minister des Innern Graf zu Eulenburg bedauerte lebhaft die Exzesse, die bei dem genannten Falle vor⸗ gekommen seien. Provozirt seien dieselben durch den Wider⸗ stand, den die Bevölkerung der Verhaftung entgegengesetzt habe. Die Untersuchung gegen die Exzedenten sei eingeleitet. Beim Schluß des Blattes dauerte die Berathung fort.

Der heutigen Nummer des „Reichs- und Staats⸗ Anzeigers“ ist eine „Besondere Beilage“ 66 enthaltend Entscheidungen des Reichsgerichts, beigefügt.

Mittelst Verfügung des Justiz-Ministers vom 22. Juli 1840 sind die für das Subhastationsverfahren zuständigen Gerichte angewiesen worden, in den Fällen, in welchen eine Bezirksregierung als Vertreterin der Staats kasse zu den Subhastationsinteressenten gehört, bei der damals im §. 4 der Verordnung vom 4. März 1834 vorge⸗ schriebenen Bekanntmachung des Abschätzungstermins die Post, in Betreff deren die Benachrichtigung erfolgt, zu bezeichnen und sodann in der der Regierung zu übersendenden Abschrift des Subhastationspatents auf jene Bekanntmachung Bezug zu nehmen. Die Subhastationsordnung vom 15. März 1869 hat den Abschätzungstermin beseitigt. Mit Rücksicht hierauf ist, nach einer Bestimmung des Justiz-Ministers, vom; 27. v. M., die Verfügung vom 22. Juli 1840 nunmehr dahin zu befolgen, daß in der der Regierung gemäß §. 18 Absatz 1 der Subhastationsordnung zuzustellenden Abschrift des Patents durch einen zusätzlich in dieselbe aufzunehmenden Vermerk die dingliche Last, die Hypothek oder die Grundschuld, wegen deren die Zuziehung der Staatskasse zu dem Verfahren zu geschehen hat, unter Zugrundelegung des Inhalts der Eintragung im Grundbuch kurz zu bezeichnen ist.

In der Untersuchung wider den aus Berlin ausge— wiesenen Agitator H. wegen unbefugter Rückkehr nach Berlin hat das Reichsgericht, II. Strafsenat, durch Urtheil vom 19. Oktober d. J. auf die Revision des Staatsanwalts das freisprechende Urtheil der Sirafkammer bei dem Land— gericht J. Berlin aufgehoben und die Sache zu erneuter Ver— handlung an die Strafkammer zurückverwiesen. H. war am 29. November 1879, am Morgen, mit dem Hamburger Zuge nach Berlin zurückgekehrt, da das Jahr, sür welches das Aufenthaltsverbot Geltung hatte, mit dem 28. November Abends abgelaufen war. Als er am 29. früh in Berlin an— langte, wurde er von Polizeibeamten in Empfang genommen, und er erfuhr erst jetzt, daß am Abend vorher im „Reichs⸗ Anzeiger“ und zwei anderen amtlichen Organen die Pro— longation des kleinen Belagerungszustandes für Berlin auf ein weiteres Jihr, sowie eine Verfügung des Polizei⸗Präsidiums, wonach denjenigen Personen, welchen der Aufenthalt in Berlin bisher versagt gewesen, derselbe auch fernerweit untersagt sei, bekannt gemacht worden sei. Wegen Uebertretung des Aufenthaltsverbots vor die Strafkammer gestellt, wurde H. freigesprochen, weil derselbe der fraglichen Verfügung weder vorsätzlich noch fahrlässig zuwidergehandelt habe, vielmehr demselben bei seinem Eintreffen in Berlin, am 29. November vorigen Jahres, die am Abend zuvor erst ver⸗ öffentlichte, die Aufenthaltsversagung verlängernde Verfügung nicht habe bekannt sein können. Auf die Revision des Staats anwalts hob das Reichsgericht das vorinstanzliche Urtheil auf, indem es aussprach, daß die Uebertretung des Aufenthalts⸗ verbots auch dann strafbar sei, wenn dem Contravenienten auch eine Fahrlässigkeit in Betreff; der Nichtkenntniß jenes Verbots nicht nachgewiesen ist.

Bayern. München, 4. Dezember. (Allg. Ztg.) Nach der gestern veröffentlichten amtlichen Publikation ist die Er— hebung des Staats⸗Ministers Dr. von Lutz in den erblichen Adelsstand des Königreichs „als Merkmal Allerhöchsten Wohlwollens und in huldvoller Anerkennung seiner Verdienste“ erfolgt. Nach einem gestern Vormittag aus St. Petersburg im Staats-Ministerium des Aeußern hier eingetroffenen Telegramm ist im Befinden des Kgl. Gesandten Herrn von Rudhart langsame Besserung eingetreten.

Der Stadtmagistrat stellte heute in A stündiger Be⸗ rathung den Gemeinde⸗Etat pro 1881 mit folgenden Hauptzfffern fest: Ausgaben 8036 840 66 49 8, Einnahmen 5 887 775 ½ 53 und 2149 064 ½ Defizit, welches durch eine 100prozentige Gemeinde⸗Umlage, die 2 280 000 SP ein⸗ zutragen hat, zu decken ist. Die Ausgaben für Erziehung und Bildung beziffern sich auf 1202150 ; für Straßen- und Pflasterbau sind 781 145 6 etatisirt, für Schuldentilgung 1428992 S6. Bürgermeister Dr. von Erhardt bemerkte, daß von dem bereits bewilligten Anlehen für Wasserversorgung und Kanalisirung im kommenden Jahre etwa 4 Millionen Mark zur Verausgabung kommen sollen. Der Reservefonds ist mit 148 000 M vorgesehen.

Sachsen⸗Meiningen⸗Hildburghausen. Meinin⸗ gen, 3. Dezember. (Allg. Ztg.) Nach Erledigung der Ge—⸗ schäfte ist der Landtag durch die Regierung auf unbestimmte Zeit vertagt worden. In der letzten Sitzung erklärte der Re⸗ gierungskommissar in Beantwortung einer Interpellation: daß die Regierung der Subventionirung von Schmalspurbah⸗ nen nicht entgegen sei, daß sie aber zuvor die finanziellen Erfordernisse der Fortsetzung der Gera-Eichicht Eisenbahn von Eichicht nach Stockheim, über welche gegenwärtig verhandelt wird, müsse übersehen können. Nach einer amtlichen Zu— sammenstellung haben die sämmtlichen Gemeinden des Her— zogthums Sachsen⸗Meiningen zu Ende 1878 ein Kapitalver—⸗ mögen von 3042 812 , dagegen einen Schuldenstand von 4299163 66. Da hierbei der Grundbesitz der Gemeinden nicht mit zu den Aktivbeständen gerechnet ist, so ist der Vermögens⸗ stand ein sehr günstiger.

Sachsen Coburg Gotha. Coburg, 5. Dezemver. (W. T. B.) Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz, Höchstwelcher gestern zu einem kurzen Be⸗ ,, hier eingetroffen war, ist heute von hier wieder ab⸗ gereist.

Elsaß ⸗⸗Lothringen.

Straßburg, 4. Dezember. (W. T. B.) Das hiesige Kriegsgericht hat den Feuer⸗ versicherungsagenten und französischen Referve⸗-Offizier Hypo⸗ lite Tissot wegen Landesverraths, begangen dadurch,

daß er Pläne der Festung Diedenhofen, die Stärke der Forts und deren Ausdehnung, sowie die Anlagen der Kasematten ꝛc. zur Kenntniß der französischen Regierung gebracht hat, auf Grund des 5§. 3 des Gesetzes für Elsaß⸗Lothringen vom 12. Juli 1873 zu einer Festungsstrafe von 3 Jahren verurtheilt.

Oesterreich⸗Ungarn.

Wien, 4. Dezember. (W. 7 3In her

heutigen Sitzung des Abgeord— netenhauses wurde der Antrag des Grafen Wurm— brand, betreffend die Feststellung der deutschen Sprache als Staats sprache einem Ausschusse zur Vor— berathung überwiesen, nachdem Graf Hohenwart erklärt hatte, daß die Rechte, obwohl sie sich keinen praktischen Erfolg davon verspreche, aus parlamentarischer Courtoisie für die Ueberweisung des Antrages an einen Ausschuß stimmen werde. Der Antrag Herbsts auf Einsetzung eines Ausschusses zur Pirüfung der Sprachenverordnung wurde nach einer längeren Begründung durch den Antragsteller gleichfalls an einen Ausschuß verwiesen. Der Abg. Lienbacher hatte erklärt, daß die Rechte für die Ueberweisung dieses An⸗ trages an einen Ausschuß stimme, weil sie glaube, durch eine ruhige objektive Besprechung den Sprachenstreit ganz beseitigen zu können. Der Abg. Ruß richtete eine Interpellation wegen der Konfiskation von Zeitungen an die Regierung.

Pest, 4. Dezember. Das Unterhaus nahm das Finanzgesetz pro 1381 an. Beide Fraktionen der Oppo— sition hatten gegen die Annahme gestimmt.

Schweiz. Bern, 2. Dezember. (Allg. Ztg.) Nachdem der Ständerath in seiner letzten Sitzung noch das eid— genössische Budget für 1881, mit Feststelung der Ausgaben im Betrage von 45 828 869 Fr. gegen 45 741 500 Fr. Ein⸗ nahmen, unwesentlich verändert nach den Anträgen der Kom— mission und des Bundesraths erledigt, zog er heute den von der letzteren Behörde vorgelegten Gesetzentwurf, betreffend Ein— richtungen und Maßnahmen zur Verhütung und Bekämpfung gemeingefährlicher Epidemien, in Berathung. Die Kommission, welche dieses Gesetz eben so nothwendig als ein allgemeines schweizerisches Obligationen⸗ und Handelsrecht bezeichnete, da in der Schweiz wohl gesetzliche Vorschriften zum Schutze der Hausthiere vor Seuchen beständen, zum Schutze der Menschen aber vor Epidemien nur sehr mangelhafte und ungenügende Bestimmungen vorhanden seien, empfahl der Versammlung auf das dringendste, sofort in dasselbe einzutreten. Der Nation alrath hat die Berathung des Gesetzentwurfs, be⸗— treffend das Obligationen- und Handelsrecht, begonnen. Nach längerer Debatte wurde mit 79 gegen 9 Stimmen nach dem Antrage der Kommission die sofortige artikel- und abschnitt— weise Berathung beschlossen.

Großbritannien und Irland. London, 3. De⸗ zember. (Allg. Corr.) Aus Irland werden neue Unthaten gemeldet: Auf einen Pächter in Doonleg, Grafschaft Clare, der jüngst den vollen Pachtzins entrichtet, wurde durch das Fenster geschossen, während er mit seiner Familie am Kamin saß. Er blieb unversehrt, aber seine Frau und Kinder wur— den verletzt. Der Prozeß des „Baycotting“ wird jetzt gegen alle Pächter angewendet, die ihren Pachtzins voll entrichten, sowie gegen alle Personen, die nicht der Landliga beitreten wollen. Ein Pächter, Namens Ma— hamy wurde in einem Graben unweit Tralen ermordet vor—⸗ gefunden. Eine Anzahl bewaffneter und maskirter Männer besuchte am Mittwoch Abend den Distrikt Castle Island und bemächtigte sich aller Waffen, die sie vorfinden konnten. Die Pächter wurden gewarnt, den Umstand den Behörden zu ver— schweigen. Es wurde eine Militärabtheilung nach der Stadt geschickt. Die 600 Mann starke Abtheilung Marine—⸗ Infanterie, die Marschbefehl nach Irland erhalten, ist, wie heute gemeldet wird, nur zur Ablösung anderer Truppentheile bestimmt.

Dem „Standard“ wird aus Kandahar gemeldet:

In Herat erstreckt sich das Regiment Ayubs nur auf den Umkreis von zwölf Meilen ron der Stadt. Derselbe hat einen Theil der Bevölkerung ausgewiesen, um für die Eingeborenen der Provinzen von Kandahar Platz zu gewinnen, die sich bei seinem Vormarsch an— geschlossen hatten und ihm auf seinem Rückzune nach Herat gefolgt waren. Er hat über 1000 Hinterladergewehre gesammelt, welche bei Maiwand erbeutet wurden, und drei Kanonen in Hinterlader umge— wandelt. Man glaubt, daß Sartrip und Abubukir mit tausend Reitern sich auf dem Wege nach Zémindawar befinden und die Stämme zur Belästigung derjenigen britischen Truppenabtheilung auf— fordern sollen, welche etwa über Kandahar hinausgehen sollten.

Aus der Kapstadt wird dem Reuterschen Bureau unterm 29. v. M. gemeldet:

Ein Trankport von Vorräthen wurde auf seinem Wege nach Mafeteng unweit Kalabani angegriffen, doch gelang es den zur Hülfe gesandten Verstärkungen, den Aagriff abzuschlagen. Da andere seind⸗ liche Massen in der Umgegend gesehen wurden, die das Lager be— drohten, so eröffneten die Kolonialtruppen ein Kartätschenfeuer auf die—⸗ selben und zerstreuten sie. Die Kolonne, welche vor einer Woche aus⸗ rückte, um in Tambuland und Ost-Griqualand zu patrouilliren, ist erfolgreich gewesen und hat von den Eingeborenen eine Menge Vieh erbeutet. Wie verlautet, haben die Tambukies den Beistand der Pondos nachgesucht. Vie Boers in Potchefstroom befinden sich in aufgeregtem Zustande.

Ein Telegramm des Premiers der Kapkolonie an das Kolonial-Amt meldet unterm 29. v. M.: „Die Lage im Basutolande ist unverändert. Verstärkungen sind jetzt auf dem Marsche durch den Freistaat. In Transkei sind große Verstärkungen angekommen und haben die Rebellen in meh⸗ reren Treffen geschlagen. Neue Erhebungen sind nicht gemel— det worden. Die Kolonie ist völlig entschlossen, die Rebellion mit Kolonialstreitkräften niederzuwerfen.“

4. Dezember. (Allg. Corr.) Ein am Donnerstag in Dublin abgehaltenes Meeting der irischen Land⸗ Kommission nahm einige Resolutionen an, welche die An— sicht aussprechen, daß die Agitation, welche Irland derzeit er⸗ schüttere, durch gewerbsmäßige Agitatoren künstlich herbei⸗ geführt wurde; daß die Agitation an Leidenschaftlichkeit seit der Aufhebung des Friedenserhaltungsakts zugenommen habe und die Regierung den im Lande bestehenden gesetzlosen und unsicheren Zuständen ihre volle Beachtung schenken müsse. Die Kommission faßte den Beschluß, die Resolutionen der Regie⸗ rung zu unterbreiten und allgemein bekannt zu machen. Der erste Racheakt in Verbindung mit der Boycott-Expedi⸗ tion wurde am Mittwoch Abend in Claremorris begangen. Ein Polizeisergeant, der sich besonders angestrengt hatte, für die Orangisten Fuhrwerke aufzutreiben, wurde außerhalb der Stadt von einem Haufen Leute überfallen und schmählich mißhandelt.

Aus Bombay wird unterm 4. d. gemeldet: Der Empfang

des Vizekönigs in Pung war ein enthusiastischer und herz

licher. In Folge eines Fieberanfalls, der ihn betraf, mußte die auf heute anberaumt gewesene Abreise nach Kalkutta ver⸗ schoben werden.

6. Dezember. (W. T. B.) Nach einer Meldung des

Reuterschen Bureaus aus Bom bay ist in dem Befinden des Vizekönigs eine erhebliche Besserung eingetreten, so daß

derselbe am Abend des 4 die Rückreise nach Kalkutta an⸗ (W. T. B) Ein heute veröffen lichter Kaif er licher u kas

an den Senat verordnet die Aufhebung der Salzaccise

treten konnte.

Dublin, 4. Dezember. (W. T. B.) Der Gerichts—⸗ hof hat den Antrag von Parnell und Genossen, den Be—⸗ ginn des gegen sie eingeleiteten Staatsprozesses auf den 25. Januar k. J. zu vertagen, abgelehnt.

Frankreich. Paris, 4. Dezember. (W. T. B) Die Deputirtenkammer berieth heute den Gesetzentwurf, be⸗ treffend den Laienunterricht und die Verpflichtung zum Primär— unterricht.

6. Regierung hat, wie die „Agence Havas“ erfährt, beschlossen, in der Deputirtenkammer einen Antrag einzubrin⸗ gen, nach welchem die Kronjuwelen, welche keinen histori— schen Werth hätten, verkauft werden sollen. Der auf 5. Mil— lionen Franks geschätzte Erlös soll den Nationalmuseen zuge— wendet werden.

Griechenland. Athen, 5. Dezember. (W. T. B.) Bei der Berathung über den Kredit von 44 Millionen für außerordentliche Heeresausgaben veranlaßte der Abg. Tricupis

eine politische Debatte, weil die Kamm er das politische Pro—

gramm des Ministeriums kennen und wissen müsse, zu welchen Zwecken das Geld verwendet werden sollte. Der Minister⸗Präsident Kum unduros erwiderte: Im gegen— wärtigen Augenblicke, wo es gelte zu handeln und nicht zu reden, müsse er es als einen Fehler der Oppositionsführer bezeichnen, eine politische Diskussion anzuregen. Der De— putirte Tricupis habe keinen Grund eine Auseinandersetzung des politischen Programms der Regierung zu verlangen; das— selbe sei längst bekannt. Griechenlands Politik sei die der That. Die Regierung bereite sich darauf vor, die Beschlüsse Europas auszuführen und bestrebe sich hierfür auch die Mit— wirkung Europas zu gewinnen. Nichts deute darauf hin, daß die Mächte ihre Hülfe zur Ausführung der Berliner Be— schlüsse versagen würden; bei alledem aber müsse Griechenland seine eigenen Gesichtspunkte im Auge behalten. Selbst wenn Griechenland bei der Ausführung der Berliner Beschlüsse ein weniger großes Interesse hätte, so erheische seine Ehre dennoch jedes Opfer zur Erreichung dieses Zieles zu bringen. Er (Kumunduros) wende sich deshalb an den Patriotismus der Kammer und speziell an den Patriotismus der Oppo— sition. Er bitte um den Beistand der Kammer ohne jede Re— serve; die Regierung bedürfe unter den gegenwärtigen Um— ständen der ungetheilten Unterstützung der ganzen Nation, um im Augenblicke der Aktion mit der erforderlichen Autorität auftreten zu können. Im weiteren Verlaufe der Sitzung wurde vom Finanz-Minister Sotiropulos das Budget für das Jahr 1881 vorgelegt, dessen Einnahmen sich auf 51

sillionen gegen 114 Millionen Ausgaben beziffern. Der Mi— nister erklärte hierbei, daß die Regierung die reguläre Armee auf einem Fuße von 80 9000 Mann erhalten und wahrschein— lich auch die Nationalgarde einberufen würde.

Türkei. Konstantinopel, 4. Dezember. (W. T. B.) Die Pforte hat ihren Delegirten bei der Dona ukom— mission angewiesen, gegen die Zulassung des bulgari— schen Delegirten einfach zu protestiren und an den Be— rathungen der Kommission theilzunehmen.

6. Dezember. e h nt m Studium von Maßregeln zur Erhöhung der Einnahmen beschäftigt, insbesondere ist eine Erhöhung der Zollge— bühren und ein neuer Zoll auf die Ausfuhr von Tabak ins Auge gefaßt. Die Pforte hat der persischen Re— gierung den Rath ertheilt, die zahlreichen nach Kurdistan geflüchteten persischen Familien zu amnestiren. Das türkische Neujahr ist am 4. d. im Palais des Sul— tans festlich begangen worden.

Die „Daily News“ vom 6. sind zu der Mittheilung ermächtigt, daß, nachdem alle Mächte dem Vorschlag Englands beigetreten seien, daß die bei Cattaro vereinigten Ge— schwader nach gegenseitiger Mittheilung ihrer Bestimmungs⸗ orte auseinander zu gehen hätten, Lord Seymour den Befehl erhalten habe, das Signal zum Aufbruch der verschie⸗ denen Geschwader zu geben. Die „Times“ sagt, die Flottendemonst ration sei auf einen förmlichen Vorschlag der englischen Regierung zum Abschluß gebracht, in dem Wunsche Europas, die Orientfrage vollständig gelöst zu sehen, werde England nicht zurückstehen, England werde sich aber nur dann rühren, wenn Seitens anderer Mächte vorgegangen werde, England verfolge keine Sonderinteressen im FSrient.

Aus Wien, 6. Dezember, meldet „W. T. B.“: Die für gestern angekündigte Abfahrt der vereinigten Flotte hat, Nachrichten aus Castelnuovo zufolge, stattgefunden; die österreichischen Schiffe begleiteten die fremden Schiffe einige Seemeilen weit.

Castelnuovo, 4. Dezember. Der „Pol. C.“ berichtet man von hier: Gestern herrschte unter dem Offiziercorps der eurxopäischen Flotte in Folge der Bekanntgabe der Auf— lösung der letzteren eine lebhafte Bewegung. Man fuhr hin und wieder, sich von einander zu verabschieden. Vize⸗Admiral Seymour lud sämmtliche Escadrekommandanten für heute Vormittags zu einem Abschiedsbanket ein und stattete gestern Nachmittags bereits den Contre-Admiralen La— font, Fincati und Kremer die offizielle Abschieds⸗ visite ab. Letztere erwiderten diesen Befuch und waren überhaupt den gestrigen Tag über vollauf mit Abschieds— besuchen beschästigt, die sie wechselseitig machten und empfingen. Ueber die nächste Bestim mung der einzelnen Esca— dres verlautet, daß sich die italienische Panzerfregatte „Noma“ mit dem Contreadmiral Fincati nach Brindisi, die italienische Panzerfregatte, Maria Pia“ aber nach dem Piräus begeben wird. Ebendahin erhielt auch die russische Escadre Ordre, abzugehen. für die deutsche Korvette „Victoria“ lief aus Berlin die

eisung ein, sie möge sich morgen (Sonntag) nach Malta begeben. Der „Prinz Eugen“ wird nach Gravosa dirigirt, die „Custozza“ dampft zur Abrüstung nach Pola.

Rumänien. Galatz, 4. Dezember. (W. T. B.) Heute hat die erste Sitzung der Don aukommission stattgefunden. Nach der Erledigung der Formalitäten wurde einstimmig be⸗ schlossen, über die der Kommission vorliegenden Arbeiten in einen Gedankenaustausch einzugehen. Die nächste Sitzung wurde auf Dienstag, den 7. d. anberaumt.

Montenegro. Cettinje, 3. Dezemher. (Pol. C.)

Fürst Nikolaus hat eine allgemeine Amnestie erlassen, in Folge welcher auch die in Podgorttza verhafteten Mahome⸗ daner in Freiheit gesetzt wurden. Tusi haben ihren Verkehr mit den Montenegrinern von Podgoritza wieder aufgenommen und finden sich am letzt⸗

Die Albanesen von

genannten Platze wieder ein. Rußland und Polen. St. Petersburg, 5. Dezember.

vom 1. Januar 1881 ab, sowie die Herabsetzung der Zoll—

gebühren für den Import von Salz.

Die „Agence Russe“ bestätigt ebenfalls die Zurück— berufung der vereinigten Flotte und hebt hervor, daß die⸗ selbe keineswegs eine Auflösung des europäischen Konzerts in— volvire; übrigens sei es zu bezweifeln, daß das russische Ge— schwader nach dem Piräus gehen werde.

Der „Agence Russe“ zufolge würde sich das russische Geschwader bei der vereinigten Flotte nach Neapel begeben, um dort zur Verfügung der Großfürsten 9 und Paul zu verbleiben, welche zur Zeit in Italien reisen.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 30. No⸗ vember. (H. C.) Der Heeres-Gesetzentwurf des General— stabschefs Obersten Frhrn. von Raab ist von der diesseitigen Militärkommission verworfen worden. Man wird jetzt wie⸗ der auf den Gesetzentwurf von 1878 zurückgreifen.

Amerika. Washington, 2. Dezember. (Allg. Corr.) Die zur Regelung der französisch-amerikanischen An— sprüche niedergesetzte Kommission wird ihre erste ordentliche Sitzung am 22. d. halten.

14. Dezember, ( d Naiãgd n m richte des Münzdirektors sind in den Unionsstaaten während des letzten Finanzjahres 36 Mill. Dollars in Gold und 38 Mill. Dollars in Silber ausgeprägt worden. Die Münze erhielt während dieses Zeitraums für 99 Mill. Goldbarren, mithin für 30 Mill. mehr als in jedem der vor— hergehenden Jahre. Hierunter befanden sich 62 Mill. in aus— ländischen Münzen und Barren, demnach 60 Mill. mehr als in dem vorhergehenden Jahre. Außerdem flossen der Münze 34 Mill. in Silberbarren zu.

5. Dezember. Der Schatz sekretär Sherman macht bekannt, daß die am 31. 8. M. fälligen Zinsen der sechsprozen— tigen Bonds gleichzeitig mit den zur Rückzahlung präsentirten Bonds bezahlt werden sollen. Nach einer Journglmeldung aus Panama ist die in Ecuador ausgebrochene Revolution

k

unterdrückt worden. . ö Ga, e, ö ö Südamerika. Chile. Valparaiso, 6. November.

(Allg. Corr. Die Regierung hat zwei Dampfer gekauft und 38 andere Schiffe für den Transport von Truppen gemiethet. 25 000 Mann sind in Arica und Tacna ver—⸗ sammelt. Die Expedition unter Kommodore Lynch befindet sich noch immer in Quilca.

Argentinien. Buenos Ayres, 8. November. (Allg. Corr.) Die National-Regierung macht Anstrengungen, um eine britische Kolonie am Rio Negro zu gründen, und der Präsident Roca erbietet sich, 50 0065 irischen Ein— wanderern Ländereien frei zu überlassen. Der Belage⸗ . ist in der ganzen Republik aufgehoben worden.

Asien. Persien. (B. T. B) Dem Reuterschen Bureau wird aus Teheran, von heute, gemeldet: Der Kurden häuptling Scheikh Obeidullah griff die Perser bei Urumiah an und schlug dieselben. Die Perser verloren 3 Geschütze und viele Todte. Die Kurden zogen sich darauf in die Berge bei Seer zurück und bedrohen andauernd Urumiah.

Afrika. Egypten. Alexan drien, 2. Dezember. (W. Pr.) Der Khedive wird im Januar in Gesellschaft Lesseps den Suezkanal befahren, um dessen Schiffbarkeit zu prüfen. Der Großscherif von Mekka hat beim Empfange der bosnischen Pilger dieselben aufgefordert, aus ihrer Heimat nicht auszuwandern.

Nr. 36 des Deutschen Handel s⸗Archivs, Wochenschrift für Handel und Gewerbe, herausgegeben in Reichsamt des Innern, enthält: Gesetzgebung: Deuisches Reich: Be stimmung weiterer Orte für gemichte Privat-Transitlager für Getreide. Frankreich: Zeitweillge zollfreie Zulassung von chlorsaurem Kali. Beschränkung der Einfuhr verschiedener vegetabilischer Erzeugnisse Portugals auf gewisse Seezollämter. Rußland: Herabsetzung des Einfubrzolles auf Karbolsäure in Finnland. Spanien: Tarifirung von Draht. Chile: Erhöhung des Austfuhrzolles auf Salpeter und Ausfuhrzoll auf Jod. Berichte: Großbritannien: Produktion und Handel der Kolonie Queensland, speziell im Jahre 15878. Handelsbericht aus Penang für 1879. Italien: Handelsbericht aus Ancong für 1879. Fumänien: Handeksbericht aus Galatz für 1879 und Verkehr in den unteren Donauhäfen. Türkel: Canea (Wein und Olivenernte auf Kreta). Brasilien: Handelsbericht aus Pernambuco für 1879. Hayti: Handelsbericht aus Port au Prince und Aux Capes für 1876. Japan: Handel. bericht aus Niigata für 1879. Venezuela: Caräcas.

Landtags⸗Angelegenheiten.

Dem Hause der Abgeordneten ist folgender Entwurf eines /

Gesetzes, betreffend die Zahlung der Beamtengehälter und Bestimmungen über das Gnadenguartal, vorgelegt worden:

Wir Wislhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen ꝛe. verordnen, mit Zustimmung belder Häuser des Landtages der Monarchie, was folgt:

.

Die unmittelbaren Staatsbeamten, welche eine etatsmäßige Stelle bekleiden, erhalten ihre Besoldung aus der Sta atskasse vierteljährlich im Voraus. .

Die Hinterbliebenen der nicht in kollegialischen Verhältnissen stehenden etatsmäßig angestellten Beamten erhalten für das auf den Ste, bemonat folgende Vierteljahr noch die volle Besoldung des Verstorbenen (Gnadenquartal) nach Maßgabe der Kabinets⸗Ordre vom 15. November 1819 , . 1820, S. 45).

Die Gewährung des Gnaded quartals kann auch dann erfolgen, wenn der Nachlaß nicht ausreicht, um die Kosten der letzten Krank heit und der Beerdigung des verstorbenen Beamten zu decken.

5. 4. Dies Gesetz tritt mit dem j. April 1881 in Kraft.

Urkundlich ze.

bliebenen verschieden gestellt. welche zu einem Kollegium gehören oder bei einem solchen arbeiten,

lich empfangen,

Motive. Die aus der Staatekasse besoldeten Beamten sind bezüglich des Empfangs des Gehalts und der Gnadenkompetenjen für ihre Hinter— Während nämlich diejenigen Beamten,

nach der Allerhöchsten Kabinetsordre vom 10. Mai 1828 (abgedruckt in v. Kamptz Annalen pro 1828, S. 965), das Gehalt viertel jähr— b erhalten die nicht in kollegialischen Verhäl⸗ nissen stehenden Beamten dasselbe raonatlich im Voraus ge⸗ zahlt. Die Hinterbliebenen der, der erstgedachten Kategorie an— gehörenden Beamten erhalten gemäß der Allerhöchsten Kabinets⸗ ordre vom 27. April 1816 außer dem Sterbemonat noch die volle Besoldung für das auf den letztern folgende Vierteljahr (das Gnaden-= quartal), während die Hinterbliebenen der einzeln stehenden Beamten nur auf die Besoldung für einen Monat (den Gnadenmonat) AÄn= spruch haben. Ausnahmsweise, wenn nämlich die Uebertragung der Stelle des Verstorbenen ohne besonderen Kostenaufwand für die Staatskasse erfolgen kann, darf nach der angeführten Allerhöchsten Ordre vom 27. Arril 1816 auch die Befoldung für 2 oder 3 Monate gewährt werden.

Diese Berschredenartigkeit des Gehaltsbezugs und des Empfangs der Gnadenkompetenzen hat seit längerer Zeit in den Kreisen der einzeln stehenden Beamten den Wunsch nach Gleichstellung mit den einem Kollegium zugewiesenen Beamten wach gerufen und haben diese Wünsche auch bei verschiedenen Gelegenheiten im Landtage Ausdruck gefunden. Es ist namentlich darauf verwiesen, daß es den Beamten bei Empfang ihres Diensteinkommens in monatlichen Bezügen schwer falle, oft geradezu unmöglich sei, die Kosten für die meistens 4nartaliter fälligen größern Wirthschaftsauszaben, z. B. die Wohnung‘ miethe zurückzulegen; ebenso sind die wirthschaft⸗ lichen Nachthäile geltend gemacht, welche daraus erwachsen, daß die Beamten außer Stande seien, die hauptsächlichsten Gegen⸗ stände des täglichen Wirthschaftsbedarfs im Großen und dez. halb billiger einzukaufen. Hinsichtlich der Gnadenbezüge ist an— gefübrt, daß ein innerer Unterschied zwischen den in kollegialischen Verhältnissen und den einzeln stehenden Beamten nicht anzuerkennen sei und daß die Hinterbliebenen der letztern bei dem Todesfalle des Ernährers oft in die drückendste Lage versetzt würden, da die Gnaden monatsrate meistens schon durch die Begräbnißkosten absorbirt würde.

Die Staatsregierung hat sich dem Zutreffenden dieser Erwägun⸗ gen nicht verschlossen und beahsichtigt durch die gegenwärtige Gesetzes⸗ vorlage den empfundenen Uebelständen Abhülfe zu verschaffen. Sie hält eine Abänderung des bestehenden Zustandes um so mehr für eine Forde⸗ rungder Billigkeit, als die erwähnte Verschiedenartigkeit bei den Beamten der Justizverwaltung niemals bestanden hat und als es auch nach der Justizorganisation fär zulässig erachtet worden ist, die bei den Amts—= gerichten und den Staatsanwaltschaften angestellten Beamten wie in kollegialischen Verhältnissen stehende Beamte zu behandeln. Die Beamten der übrigen Ressorts von den vierteljährlichen Bezügen auszuschließen, würde unbillig sein.

In finanzieller Beziehung kann die intendirte Maßregel, soweit sie den gleichmäßigen vierteljährlichen Gehaltsbezug betrifft, Bedenken nicht begegnen. Denn eine Mehrbelastung ist mit derselben fär die Staatskasse nicht verbunden, und die Erwägung, welche zur ver- schiedenartigen Behandlung beider Beamtenkategorien nach Maßgabe der Eingangs erwähnten Allerhöchsten Kabinetsordre vom 10. Mai 1828 geführt hat: daß nämlich die an kleineren Orten befindlichen Königlichen Kassen in der Regel nicht mit hinreichenden Beständen zur Zahlung der vierteljährlichen Gehälter versehen sein würden, kann nach den heutigen Kasseneinrichtungen nicht mehr als zutreffend angesehen werden.

Anders liegt dagegen die Sache bezüglich der vierteljäbrlichen Gnadenkompetenzen. Grundsätzlich werden die Gnadenkompetenzen gus dem Gehalte der vakanten Stelle gewährt. Es handelt sich des—« halb bei gleichmäßiger Gewährung des Gnadenquartals um den Mehraufwand, welcher durch die länger nothwendig werdende kom— missarische Verwaltung der Stelle erwächst. Nur wenn ausnahms— weise die Besetzung der Stelle sogleich nach dem Tode des Beamten im dienstlichen Interesse nothwendig erscheint, entsteht eine weitere direkte Mehrbelastung der Staatskasse, und umgekehrt, wenn sich die Besetzung der Stelle über den Gnadenmonat hinauszieht, entsteht für die Staatskasse ein Verlust durch den Wegfall der über die Stellvertretungskosten hinaus erzielten Besoldan serspar i5. Beides dem Betrage nach zu ermitteln und in Zahlen auszudrücken, erscheint nach der Natur der Sache nicht möglich; immerhin wird der Mehr— aufwand bel Erwägung des finanziellen Punktes nicht außer Betracht bleiben dürfen.

Was die Stellvertretungskosten betrifft, so sind darüber Ermltte⸗ lungen veranlaßt, welche Beträge für die kommissarische Verwaltung der während des Gnadenmonats, bezw. der ausnahme weise für 2 und 3 Monate gewährten Gnadenkompetenzen vakant gewesenen Stellen von einzeln stehenden Beamten während des 10jährigen Zeitraums vom 1. Januar 18709 bis zum 31. Dezember 1879 in sämmtlichen Ressorts wirklich gezahlt sind, und welche Kosten für die kommissarische Verwaltung bei gleichmäßiger Gewährung des Gnadenquartals an die Hinterbliebenen der einzeln stehenden Beamten während desselben Zeitraums hätten aufgewendet werden müssen.

Danach sind thatsächlich gezahlt.... und es würden bei Gewährung des Gnadenquar⸗

tals zu zahlen gewesen sein . ö Der Mehrbedarf für den 16jährigen Zeitraum

herrn gte 617 794 M 47 3 und im Durchschnitt auf ein Jahr rund. 61 779 Sp 3

Diese Berechnung ist jedoch nur ein approximative. Die während des gedachten 10 jährigen Zeitraums eingetretenen Veränderungen im Bestande des Beamtenpersonals konnten nicht berücksichtigt werden. Es läßt sich annehmen, daß selbst bei Berücksichtigung der Erspar— nisse, welche bei den hinsichtlich der Hinterbliebenen einzeln stehender Beamten erheblich in Anspruch genommenen Unterstützungsfonds ein⸗ treten werden, sich der wirkliche Mehrbedarf höher stellen wird, da es bei Gewährung des Gnadenquartals nicht in gleicher Weise an— gängig sein wird, vakante Stellen, wie es vielfach vorgekommen ist, kostenlos übertragen zu lassen. Endlich ist dasjenige zu berück⸗ sichtigen, was oben über die durch sofortige Wiederbesetzung von Stellen entstebenden Mehrausgaben angeführt ist. Hiernach dürfte für die Staatskasse eine auf etwa 80 000 bis 100 000 M zu veran= schlagende Mehrausgabe erwachsen, wenn den Hinterbliebenen der einzeln stehenden Beamten das Gnadenquartal gewährt würde.

Die Staatsregierung hat geglaubt, gegenüber der als Nothwen⸗ digkeit anzuerkennen den Aenderung des gegenwärtigen Zustandes nicht aus finanziellen Erwägungen die in Rede stehende Maßregel länger aufschieben zu dürfen.

Was die budgetmäßige Behandlung der erwähnten Mehraus— gaben betrifft, so erschien es nicht angängig, die in den einzelnen Verwaltungen bestehenden Fonds zu Stellvertretungskosten in dem Staats haus halts ⸗Etat pro 1381/82 entsprechend zu erhöhen, ez werden vielmehr die Mehrkosten bei den betreffenden Fonds soweit erfor— derlich über den Etat zu verrechnen und demnächst diese Fonds nach dem Durchschnitt bei der Neuveranschlagung des Bedarfs zu er— höhen sein.

5 dem vorliegenden Gesetzentwurf wird im Allgemeinen be merkt:

Die dadurch bezweckten Maßnahmen beschränken sich auf die etatsmäßig angestellten Staatsbeamten. Für die außeretatsmäßigen

267 281 16 545 3 85 O76 M 03 3

Beamten besteht der Grundsatz, daß die ihnen zustehenden Dläten in monatlichen Raten pränumerando gezahlt werden. In Ansehung der Gnadenkompetenzen ist durch Allerhöchste Kabinetgordre früberhin angeordnet worden, daß die gedachten Beamten im Wesentlichen mit den etatsmäßigen gleich zu behandeln sind. Es ist in Frage ge⸗ kommen, ob nicht in Uebereinstimmung mit den dieserhalb neuer

dings durch die Reichegesetzgebung angenommenen Grundsätzen (85.7

und 8 des Reichsgesetzes vom 31. Marz 1873, Reichsgesetzbl. S 61) bei einer durchgreifenden Regelung der vorliegenden Angelegenheit

diese Begünstigung der nicht etatsmäßigen Beamten in Wegfall zu