1880 / 295 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 15 Dec 1880 18:00:01 GMT) scan diff

§. 24. Soweit nach den Bestimmungen dieses Statuts eine estftellung des Werths von Grundstöcken nothwendig ist, wird der⸗ lbe in der Regel durch die Annahme des 30 fachen Betrage des nach dem Gesetze vom 21. Mai 1861, weitige Regelung der Grundsteuer ermittelten

Die Direktion ist indessen befugt und auf Antrag des Darlehnz⸗ suchers, wenn derselbe ein, jwei Drittheil des nach vorstehenden Grundsätzen festjustellenden Werths übersteigendes Darlehn nachsucht, verpflichtet, die Ermittelung des Werths der zum Pfande offerirten Grundstücke auf Grund einer Abschätzung derfelben an Ort und Stelle auf Kosten des Darlebnssuchers zu bewirken.

Die für die Abschätzung in Anwen dung ju bringenden Taxgrund⸗ sätze sind vom Verwaltungsrathe festzuflelen und bedürfen der ministeriellen Genehmigung. f

Der nach Maßgabe dieser Taxgrundsätze festgesetzte Werth der Pfandobjekte darf bei Bemessung des Darlebnsbetrages nicht über den 365 fachen Betrag des Grundsteuer ⸗Reinertrages (Alinea 1) hinaus berücksichtigt werden. . 6. .

Der Verwaltungsrath entscheidet entgültig über die Werthz—⸗ hestimmung eines Grundstücks innerhalb der vorstehend angegebenen

betreffend die ander⸗ Reinertrages gefunden.

F. 31.. Eine Abänderung des Statuts kann nur zufolge eines ordnungsmäßigen Beschlusses einer Generalversammlung, in welcher mindestens die Hälfte des noch verzinslichen Pfandbriefskapitals vertreten ist, mit landes herrlicher Genehmigung erfolgen.

Ist in ihr das Pfandbriefskapital in der vorgeschriebenen Höhe nicht vertreten, so muß eine jweite, innerhalb sech! Wochen abzubal⸗ tende, außerordentliche Generalversammlung einberufen werden, welche ohne Rücksicht auf die Höhe des von ihr vertretenen Pfandbrief kapitals beschlußfähig ist. Bei der zweiten Einberufung muß auf diese Bestimmung ausdrücklich hingewiesen werden.

Formular A. Pfandbrief Nr. . .

landschaftlichen Kreditverbandes Sachsen über ...

Der landschaftliche Kreditverband der Provinz Sachsen schuldet dem Inhaber dieses Pfandbriefs die Summe von .. ) Summe wird in Gemäßheit des Statuts des landschaftlichen Kredit⸗ Verbandes der Provinz Sachsen mit vier Projent verzinst und nach vorgängiger 6 (sechs⸗) monatlicher, nur dem Verbande zustehenden Die Zahlung der Zinsen erfolgt nur gegen Beibringung des besonders n men, en Zins ⸗Coupons.

(Trockenes Siegel.) Der Vorsitzende des Verwaltungsrathes.

Die Direktion des landschaftlichen Kreditve rbandes der Provinz

Kündigung zurückgezahlt.

2. Mitglied der tragen in ö. Lagerbuch

1. Mitglied und Vor⸗ 3. Mitglied der Direk⸗

sitzender der Direktion.

Buchhalter.

Formular B. Zins- Coupon Nr. des Pfandbriefs Nr. . . . . des landschaftlichen Kreditverbandes der Provinz

über (geschrieben)

Inhaber dieses empfängt am jährigen Zinsen des oben bezeichne

D des landschafilichen Kreditverbandes der Provinz Sachsen. (Trockenes Siegel.) Zinscoupon verjährt in vier Jahren, vom 31. Dezember des Jahres an gerechnet, in welches der Zahlungẽtag fällt.

Formular C. Talon zu dem Pfandbrief Nr ( Kreditverbandes ö Mark.

weitere Prüfung den vorstehend bezeichneten Pfandbrief ons für zehn Jahre, vom

landschaftlichen

Der Vorzjeiger dieses Talons empfängt ohne seiner Legitimatio die für neu autzufertigenden Zinscoup

18

. Die Direktion

des landschaftlichen Kreditverbandes der Provinz Sachsen. (Trockenes Siegel.)

Auf den Bericht vom 30. November cer. will Ich dem zurückfolgenden, von der Landschaft der Herzogthümer Bremen und Verden am 4. November Nachtrage zur revidirten Breme kasse⸗ Ordnung de conf. 18. August Genehmigung ertheilen.

Berlin, den 6. Dezember 1880.

Wilhelm.

An den Minister des Innern.

Erster Nachtrag zur revidirten Bremen und V nung vom 18. August 1875 von 1875, Stück 47 che Brandkasse⸗

d. Is. beschlossenen Ersten und Verdenschen Brand⸗ 1875, hierdurch Meine

Graf Eulenburg.

schen Brandkasfse⸗Ord (Amtsblatt für Hannover Die revidirte Bremen⸗ und Verdenf erhält am Schlusse des dritten Abf

Seite 369.) Ordnung vom

18. August 1875 chnitts folgende

Mittel des Betriebs⸗ Deckung der Ausgaben der Brandtasse nicht der Deckung des Mehrbedarfg, sowie Behbu der von der Brandkasse gemachten Anleih außerordentliche Beiträge erhoben werden.

Der landschaftliche Ausschuß hat nach Verhältniß der Bedarfssumme zu lichen Beitrags für 1000 46 fe Bestimmung zu treffen. außerordentlichen Beitrag de des, in dem betreffenden Ja trags desselben zu berechnen. Bruchpfennige, so sind diese zu voll in

Für die Hebung außerordentlicher bis incl. 48 der revidirten Brandkasse⸗O vom 7. September 1879, betreffend das Verw g von Geldbeträgen (Hesetz. Sammi. S. 591), so⸗ 8 5. 43 der Verwaltungsvorschriften für die Bremen⸗ 75 (Amtsblatt für

und Reservefonds aus, so können Behufs fs der Wiederabtragung 8, Abf. 89) chen Beiträge

Reichen die

en (vergl. 8 nach Verhältniß der ordentli

den außerordentlichen Beitrag einem Bruchtheile des ordent⸗ stzustellen und über die Zeit der Hebung ie Brandkasse⸗Direktion hat darnach den einzelnen Pflichtigen nach Maßgabe hre zu entrichtenden ordentlichen Bei⸗ ch bei solcher Berechnung nsatz zu bringen.

Beiträge finden dle §5. 42 g und die Verordnung altungszwanggverfahren wegen Beitreibun wie die Nr. 3 de und Verdensche Brandkasse vom 18. Septemter is Hannover von 1875 Stück 473 S. 374) Anwendun

s der außerordentlichen Beiträge fließt §. 8 Abs. 4.

Gin etwaiger Ueberschu dem Reservefonds zu (vergl.

Finanz⸗Ministerium.

Die Kataster⸗Controleure Ristow zu Schrimm, Hert⸗ manni zu St. Wendel, . zu Andernach, Hosp zu Meisenheim, Clouth zu Neuwied und Bernkopf zu Neu⸗— markt sind zu Steuer⸗Inspektoren ernannt worden.

Ministerium der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten.

Dem Oberlehrer Dr. Tappe an der Königstädtischen Realschule zu Berlin ist das Prädikat Professor beigelegt worden.

Der praktische Arzt Dr. med. Rother zu Falkenberg ist zum Kreis-Wundarzt des Kreises Falkenberg ernannt worden.

Die Nr. 36 der Gesetz'Sammlung, welche von heute ab zur Versendung gelangt, enthält unter Nr. S742 die Verfugung des Justiz-Ministers, betreffend die Anlegung des Grundbuchs für den Bezirk des Amts— gerichts Blumenthal und einen Theil des Bezirks des Amts— gerichts Iburg. Vom 16. November 1880. Berlin, den 15. Dezember 1880. Königliches GJ Didden.

Bekanntmachungen, betreffend Verbote und Beschränkungen der Ein— fuhr über die Reichsgrenze.

Landespolizeiliche Verordnung.

Mit Rücksicht darauf, daß die Rinderpest in einigen be— nachbarten Gebietstheilen des russischen Reiches, insbesondere in dem Kreise Bialystock, Gouvernements Grodno, und in verschiedenen Kreisen des Gouvernements Lomza zum Aus— bruche gekommen ist und sich der diesseitigen Landesgrenze bis auf eine Entfernung von etwa 60 km genähert hat, verordnen wir hierdurch für den Umfang der Kreise Johannisburg, Lyck und Oletzko auf Grund des Reichsgesetzes vom 7. April 1869, Maßregeln gegen die Rinderpest betressend (Bundesgesetz ? latt für 1869, S. 105 folgd.) und des §. 6 der zu diefem Gesetze ergangenen revidirten Instruktion vom 9. Juni 1873 (Reichs⸗ e wn für 1873, Seite 147 fg.) unter Aufhebung unserer andespolizeilichen Verordnung vom 28. Mai 1879 (Amts⸗ blatt für 1879, Seite 1483) was folgt:

s. 1. Verboten ist die Ein- und Durchfuhr aller Arten von Vieh mit Ausnahme der Pferde, Maulthiere und Esel, ferner die Ein⸗ und Durchfuhr aller von Wiederkäuern stam⸗ menden thierischen Theile in frischem oder trockenem Zustande, mit Ausnahme von Butter, Milch und Käse und endlich die Ein- und Durchfuhr von Dünger, Rauchfutter, Stroh und anderen Streumaterialien, gebrauchten Stallgeräthen, Ge— schirren, Lederzeugen, unbearbeiteter, namentlich keiner Fabrik⸗ wäsche unterworfener Wolle, Haaren und Borsten, gebrauchten Kleidungsstücken für den Handel und Lumpen.

Heu und Stroh, sofern es lediglich als Verpackungsmittel verwendet ist, unterliegt dem Einfuhrverbote nicht, ist jedoch am Bestimmungsorte zu vernichten.

§. 2. Ausnahmen von dem im §. 1 enthaltenen Verbote sind zulässig: .

a. bezüglich der Schweine, und

b. bezüglich der Lumpen, und zwar mit der Maßgabe, daß

die Einfuhr, derselben vermittelst der Eisenbahn über Prostken, die der Schweine in Etagewagen, die der Lumpen in geschlossenen Wagen erfolgen darf und durch amtliche Begleitscheine glaubhaft nachgewiesen wird, daß die Schweine und Lumpen aus völlig seuchen⸗ freien Gegenden stammen;

„bezüglich des Heues, sofern glaubhaft nachgewiesen wird, daß dasselbe aus einer mit den diesseitigen Lan⸗ destheilen grenzenden Gegend des russischen Reiches, in a g, die Rinderpest nicht herrscht, eingeführt wer⸗ en soll.

„Anträge auf die Gestattung der Einfuhr von Heu sind bei den betreffenden Landräthen zu stellen, welche sie zu prü⸗ fen, die Antragsteller event. mit einer, die Einfuhr⸗Genehmi⸗ gung enthaltenden Legitimation zu versehen und die Steuer— behörde davon, daß und wo die Einfuhr erfolgen wird, in Kenntniß zu setzen, im Uebrigen aber die Befolgung der Be⸗— dingungen, unter welchen die Einfuhr stattfinden darf, zu kontroliren haben.

S8. 3. Wolle, Haare und Borsten, welche bearbeitet, bezw. einer Fabrikwäsche unterworfen sind, dürfen ebenfalls nur vermittelst der Eisenbahn über Prostken in geschlossenen Wagen eingeführt werden.

8. 4. Die Prüfung der Einfuhrfähigkeit von Schweinen,

Lumpen, bearbeiteter, namentlich einer Fabrikwäsche unter⸗ worfener Wolle, Haaren und Borsten, erfolgt auf russischem Gebiete (auf der russischen Station Grajewo) durch den Grenz⸗ thierarzt in Prostken, im Falle dessen Behinderung durch den dort stationirten Grenzkommissarius. Diejenigen, welche die Einfuhr bewirken wollen, haben sich mit ihren Anträgen an den Grenzthierarzt, event. den Grenzkommissarius direkt zu wenden und die durch deren Zu⸗ ziehung etwa entstehenden Kosten zu tragen.

§8. 5. Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften dieser Verordnung unterliegen, abgesehen von der Tödtung der verbotswidrig eingeführten Thiere und Vernichtung der verbotswidrig eingeführten Gegenstände, den Strafbestimmun⸗ gen des Reichsgesetzes vom 21. Mai 1878 (Reichs⸗Gesetzblatt für 1878, Seite g5 / 96) und des §. 328 des Reichs⸗Straf⸗ gesetzbuchetz.

8. 6. Diese Verordnung, welche in der Gültigkeit unserer landespolizeilichen Verordnung vom 28. Mai 1879 für die übrigen Kreise unsers Bezirks nichts ändert, tritt mit dem Zeitpunkte ihrer Verkündigung in Kraft.

Gumhinnen, den 12. Dezember 1880.

Königliche Regierung. Abtheilung des Innern.

Aichtamtliches Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 15. Dezember. Beide Kaiser⸗ liche Majestäten empfingen heute den General⸗-Adjutanten Sr, Majestät des Königs von Württemberg, General der Infanterie Freiherrn von Spitzemberg, um demselben Aller⸗ höchstihre Theilnahme an dem Hinscheiden des Königlich , Gesanbten, Freiherrn von Spitzemberg, aus⸗ zusprechen.

Se. Majestät der Kaiser und König nahmen

heute Vormittag die Meldung des kommandirenden Generals des VIII. Armee⸗-Corps, General-Lieutenants von Thile, sowie die des Majors Freiherrn von Wilczek, Commanders des Garde⸗Jäger⸗Bataillons, entgegen und hörten den Vortrag des 8 9 Civilkabinets, Wirklichen Geheimen Raths von Wil⸗ mowski.

Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der

Kronprinz begab Sich gestern Mittag 12, Uhr nach Potsdam und Bornstedt und kehrte von dort um 4 Uhr hierher zurück.

Ihre Königlichen Hoheiten die Prinzessinnen Victoria,

Sophie und Margarethe wurden im Laufe des Nachmittags von Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin empfangen.

Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für

Zoll⸗ und Steuerwefen und für Handel und Verkehr traten heute zu einer Sitzung zusammen.

In der heutigen (4) Sitzung des Herrenhauses, welcher die Staats⸗Minister Maybach und Pr. Friedberg sowie mahrere Regierungskommissare beiwohnten, und welche der Prästdent, Herzog von Ratibor, um 12 Uhr 20 Minuten eröffnete, krat das Haus nach einigen geschäftlichen Mit— theilungen sofort in die Tagesordnung ein. Pr. Baumstark berich⸗ tete über die von dem Minister der öffentlichen Arbeiten vorgelegte Uebersicht über die Verwaltung der fiskalischen Bergwerke, Hütten und Salinen im preußischen Staate während des Etatsjahres 1879/80 und bemerkte, er könne im Allgemeinen eine Entwickelung zum Besseren kon— statiren. Er beantragte, durch die Kenntnißnahme die An— . für erledigt zu erachten. Das Haus beschloß dem- gemaͤß.

Es folgte der Bericht der Kommission für Eisenbahn⸗

angelegenheiten über den Gesetzentwurf, betreffend die Erweiterung des Unternehmens der Westholsteini⸗ schen Eisenbahngesellschaft durch den käuflichen Er— werb der Eisenbahn von Wesselburen nach Heide und die Kontrahirung einer Anleihe von 700 000 J zu Lasten der genannten Gesellschaft. Der Berichterstatter Graf zur Lippe empfahl unveränderte Annahme der Vorlage, und bas Haus beschloß demgemäß ohne Debatte.

Weiter folgte der mündliche Bericht der Kommission für

Eisenbahnangelegenheiten über den Gesetzentwurf betreffend Abänderungen des Gesetzes über die Erw eiterung der Staatseisenbahnen und die Betheiligung des Staates bei mehreren Privat-⸗-Eisenbahnunter⸗ nehmungen vom 9. März 1880. Der Verichterstatter, Fürst von Hatzseld-⸗Trachenberg, beantragte Namens der Kommission, dem Gesetzentwurfe in Üülebereinstimmung mit dem Hause der Abgeordneten unverändert die verfassungsmäßige Zustimmung zu ertheilen. Das Haus nahm den Antrag ohne Debatte an'

Den vierten Gegenstand der Tagesordnung bildete der

mündliche Bericht derselben Kommission über den Bericht betreffend die Bauausführungen der Eisenbahnver⸗ waltung während des Zeitraums vom 1. Oktober 1879 bis dahin 1880. Der Berichterstatter Herr von Simpson⸗Georgen⸗ burg beantragte, den Bericht durch Kenntnißnahme für er⸗ ledigt zu erachten.

Fürst zu Putbus interpellirte die Staatsregierung darüber,

ob die für den Bau der Berliner Nordbahn ausgeworfenen Baugelder bereits sämmtlich verausgaht seien, obgleich noch viele Arbeiten, für welche bestimmte Baugelder bewilligt seien, wie 3. B. für den Bahnhof in Berlin, nicht in Angriff genommen seien. Der Regierungskommissar erklärte, daß er zwar nicht in der Lage sei, sofort mit ziffermäßigen Angaben zu dienen, daß jedoch die bewilligten Summen ausgegeben seien, da viele Voranschläge sich als zu gering erwiesen hätten.

Zur Erwiderung nahm der Minister der öffentlichen Ar—

beiten, Maybach, das Wort. (Schluß des Blattes.)

Die Schlußberichte über die gestrigen Sitzungen

des Herrenhauses und des Hau ses der Abgeordneten befinden sich in der Ersten Beilage.

In der heutigen (28.) Sitzung des Hauses der

Abgeordneten, welcher der Staats⸗Minister von Puttkamer mit mehreren Kommissarien beiwohnte, wurde die zweite Be⸗ rathung des Staa tshaushalts-Etats pro 1881/82 mit dem Etat des Ministeriums der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten bei Kap. 121 der dauernden Aus⸗ gaben (Elementarschulen) fortgesetzt. Der Abg. Stein⸗ busch beschwerte sich darüber, daß die Leitung und Er— theilung des Religionsunterrichts den römischkatholischen Geistlichen fast gänzlich entzogen worden sei, und daß in den Fällen, wo unter dem jetzigen Minister Geistliche wieder zu⸗ gelassen worden seien, in den einzelnen Provinzen und Be⸗ zirken nach ganz verschiedenen Prinzipien verfahren würde. Der Staats⸗-Minister von Puttkamer erklärte, daß er bei seinem Amtsantritt die Angelegenheit des Religionsunter⸗ richts allerdings in einer Lage vorgefunden habe, welche ihm die Frage einer Aenderung sehr nahe gelegt habe. Die Maßregel, durch welche im Ganzen 2148 katholische Geist⸗ liche von der Leitung des Religionsunterrichts entfernt worden seien, lasse sich erklären durch die damalige Kampfeserregung auf beiden Seiten. Nachdem jetzt eine größere Beruhigung

etreten sei, habe er es für seine Pflicht gehalten, den ah der gegenüber dem Artikel 24 der Verfassung be⸗

denklich sei, zu prüfen. Die Ausschließung der Geist⸗ lichen dürfe nicht nur wegen ihrer Parteistellung erfolgen, ndern nur nach Prüfung des Verhaltens der einzelnen Personen. Daher habe er die Verfügung erlassen, daß die Provinzialbehörden nach individueller Prüfung jedes einzelnen Falles den katholischen Geistlichen die Leitung des Religions⸗ unterrichts wieder übertragen könnten. In Folge dessen seien bereits Iiztz katholische Geistliche wieder zun R

zugelassen worden, und erkenne er mit Dank an, daß die be⸗ treffenden Herren ihren prinzipiellen Standpunkt der Pflicht zum Opfer gebracht hätten, der Schule die helfende Hand der Kirche zu leihen. Die Prüfung der einzelen Fälle der Wieder⸗ zulassung von Geistlichen müsse naturgemäß Sache der Provinzial⸗ behörden sein, welche auch allein die Verantwortung dafür trügen. Daher komme es, daß in einzelnen Bezirken verschieden vorge⸗ gangen werde, und so hätten namentlich die Behörden in Posen es nicht mit ihrer Pflicht für vereinbar gehalten, in irgend wie erheblicher Zahl den Geist⸗ lichen wieder die Leitung des Religionsunterrichts zu gestaiten. Hierauf ging der Minister auf einige Punkte der gestrigen Debatte ein: Die Auswahl des

eligionsunterricht

Lesebuchs der Volksschulen sei von der höchsten Bedeutung für visten für bestimmt w

unser ganzes Volksleben. Erkenne man den konfessionellen

Charakter der Volksschule an, so müsse man auch ein kon-

fessionell gestaltetes Lesebuch für richtig halten, und er betrachte es für seine Pflicht, diesem Postulat Gel⸗ tung zu schaffen. Die Herstellung eines zweckmäßigen Lesebuchs sei technisch sehr schwierig, und müsse im Allgemeinen von wissenschaftlich gebildeten Männern be— werkstelligt werden. Aus diesem Grunde müsse man auch

davon absehen, für kleinere Bezirke besondere Lesebücher zu

schaffen, am Besten erscheine es noch für jeden Seminarbezirk ein Lesebuch einzuführen. Im Weiteren widerlegte der Mi— nister die gestrigen Ausführungen des Abg. Dr. Virchow und kritisirte den Vorschlag desselben, einen Unterrichtsrath zu schaffen, als verfehlt und praktisch nicht durchführbar. Dem Abg. von Stablewski gegenüber bemerkte der Minister, daß die Bemühung der Unterrichtsbehörden keineswegs dahin gingen, die polnische Sprache zu unterdrücken, sondern nur die Kenntniß der deutschen Sprache zu fördern, ohne velche die Staatsangehörigen, polnischer Abstammung an dem

Kulturleben der Nation keinen Aniheil nehmen könn—

ten. Der Abg. Dr. Windthorst betonte, daß seine Partei lediglich an dem Prinzip festhalte, daß die Ertheilung des Religionsunterrichts Sache der Kirche sei. Ohne diesen prinzipiellen Standpunkt aufzugeben, wolle das Centrum dem anerkennenswerthen Bestreben des Ministers, die Sache nach und nach zu ordnen, nicht hindernd entgegen— treten. Darin könne er dem Minister nicht bei— stimmen, daß die Veranwortung für die Wiederzulassung der Geistlichen zum Religionsunterricht bei den Unterbehörden ruhe; er hoffe vielmehr, daß der Minister dafür sorgen werde, daß seine Intentionen nicht durch die kulturkämpferischen Nei⸗ gungen der Provinzialbehörden vereitelt würden. Ein konsessionell eingerichtetes Lesebuch halte er für das einzig richtige. Von einem Untexrichtsgesetz, wel— ches das innere Schulwesen regele, werde man wohl ganz absehen müssen, denn dasselbe würde nur zu einer Unterdrückung der konfessionellen Minderheiten führen. So lange es noch Konfessionen gebe, würde ein allgemein gül⸗ tiges Unterrichtsgesetz nur zu Ungerechtigkeiten führen. Die⸗ selben Gesichtspunkte gälten auch für den vom Abg. Virchow vorgeschlagenen Unterrichtsrath. Es bleibe nur eine Lösung übrig, nämlich das Zurückgehen auf die Verhältnisse vor der Aera Falk. Der Schulzwang werde so lange unerträglich wirken, bis man durch Einführung der wirklichen Unterrichtsfreiheit ein Korrektiv gegen die Staatsschule schaffe. Mit der allgemeinen Haltung des Ministers gegen die Simultanschulen könne er sich einverstanden erklären; nur wünsche er, daß derselbe dieser seiner Gesinnung in den ein—⸗ zelnen zu seiner Entscheidung gelangenden Fällen einen prak— tischen Ausdruck gebe. Die Unterdrückung der polnischen Sprache könne er nicht billigen; er wünsche, daß in dieser Beziehung so schonend wie möglich vorgegangen werde, denn mit Härte werde man die Polen am Wenigsten gewinnen. Der Abg. Strosser bat den Minister, die Wünsche der Polen hinsichtlich ihrer Sprache etwas mehr zu herücksichtigen, verlangte aber von den Polen, daß sie sich dann auch voll und ganz als Bürger des Deutschen Reiches bekennen müßten. In der Lesebuchfrage trat Redner der An⸗ sicht des Abg. Stöcker bei und versuchte einzelne Ausführungen in der gestrigen Rede des Abg. Dr. Virchow zu widerlegen. Er erklärte in Bezug auf diese Frage sowie bezüglich der Simultanschulen sein Einverständniß mit dem Minister. Auch der Unterrichtsrath und das Unterrichtsgesetz habe nicht seine Sympathie; das letztere sei nicht möglich, weil die Materie nicht auf einmal erledigt werden könnte; man sollte es in seine Theile zerlegen und die Gesetze über die Dotation, das Elementarschulwesen, das höhere Unterrichtswesen, die Universitäten einzeln berathen. Hierauf wurde die Diskussion geschlossen und Tit. I genehmigt.

Zu Tit.7 nahm der Abg. Schmidt (Stettin) das Wort, um anzufragen, welches Resultat die Kommission erzielt habe, die nach Dänemark und Schweden . worden sei, um die dortige Hausindustrie nach dem System des Rittmeisters Clauson⸗ Kaas kennen zu lernen. Der Regierungskommissar, Geheime Ober⸗Regierungs⸗Rath Dr. Schneider theilte mit, daß in Dänemark diese Hausindustrie erst in den Anfängen und noch nicht mit den Volksschulen in Verbindung gebracht sei. Die Kommission habe sich dort in ihren Erwar— tungen getäuscht gesehen. Ganz anders liege die Sache in Schweden, wo in Verbindung mit der Volksschule einige Handwerke mit Erfolg gelehrt und betrieben würden, so daß die Kinder eine technische Vorbildung empfingen, die sie bereits beim Verlassen der Schule erwerbsfähig mache. Zu einer obligatorischen Einführung in die preußische Volksschule eigne sich das System aber nicht. 2

Hierauf wurde der Tit. 7 bewilligt.

Bei Schluß des Blattes nahm der Abg. Platen das Wort.

Die Kommission zur Prüfung des Entwurfs von Vorschriften zum Schutze gewerblicher Ar— beiter gegen Gefahren für Leben und Gesundheit ist gestern zusammengetreten. Vorsitzender derselben ist der Unter⸗Staatssekretär Dr. Jacobi, Stellvertreter des Vorsitzenden der Geh. Ober⸗Regierungs⸗Rath Loh⸗ mann. Mitglieder sind die Herren Ernst Behrens, Ingenieur und Fabrikbesitzer, Berlin, Bücklers, Kommerzien⸗ Rath, Düren, Aug. Dolfuß, Präfident der industriellen Ge— sellschaft, Muülhausen i / ., Theodor Haßler, Direktor der Spinnerei am Stadtbach, Augsburg, Isambert, Ober⸗ Ingenieur, Mannheim, Rudolph Koepp, Fabrikbefitzer, Wies⸗ baden, Körner, Direktor der Allgemeinen Unfall⸗Versiche— rungs⸗Gesellschast, Leipzig, Anton Kopf, Fabrikinspeltor, Nürnberg, Heinrich G. Krug, Ober⸗-Ingenieur der sächsischen Maschinenfahrik, Chemnitz, Eugen Langen, Kommerzien⸗ Rath und Fabrikbesitzer, C5ln, Lingner, Fabrikbesitzer, Szymborze hei Inowrazlaw, Benjamin Lismann, Fabri⸗ kant, München, Pr. C. A. Martins, Fabrikdirektor, Berlin, Karl Mehler, Maschinenfabrikant, Aachen, Wilhelm Merck, Theilhaber der chemischen Fabrik von Emanuel Merck, Darmstadt, Morgenstern, Fabrikeninspektor, Leipzig, Albert Pütsch, Civil Ingenieur, Berlin, Schimmelbusch, General⸗Direktor, ochdahl, Schim mel⸗ pfennig, Vorsitzender des Oberschlesischen Berg- und Hütten⸗ männischen Vereins, Hauptmann a. D., Königshütte, E. P. Schlief sen., Fabrikbesitzer und Vorsitzender bes Vereins der deutschen Wollwaaren⸗-Fabrikanten, Guben, Pr. Wolff, Ge⸗ werbe⸗Rath, Duüsseldor E. Zech, Papierzeugfabrikant, Heil⸗ bronn. Als Protokollführer fungiren die Regierunge⸗ Assessoren Caspar und br. Hopf.

In Bezug auf die Uebungen der Ersatzreser⸗ das Etatsjahr 1881/82 ist Folgendes Allerhöchst orden: Die Vorbereitungen für diese Uebungen

sind unter der Voraussetzung zu treffen, baß aus der E reserve J. Klasse einberufen werden: a. bei der Infanteri den Jägern 28 6233 Mann, b. bei der Fuß-Krtillerie 1320 Mann. Die Bestimmung über die weitere Vertheilung hat durch das Kriegs⸗Ministerium zu erfolgen; bei dem Garde⸗ April 1881 neu zu formirenden Truppen⸗ theilen finden derartige Uebungen nicht statt. Die Dauer der gt mit Einschluß des Eintreffetages am Uebungs⸗ ntlassungstages 10 Wochen. Die übenden Ersatz⸗ den in besonderen Compagnien formirt. Als fur, die Infanterie k größere und wildere Dimensionen an. Die Zeitungen bringen Zeit für die ist, durch die zusetzen, und

Corps, sowie bei den im

Uebungen beträ ort und des E reservisten wer Uebungsorte orte dieser Waffe bestimmt. üben bei den betreffenden Bataillo Uebungen aller Waffen ist, soweit es angängig General ⸗Kommandos auf die Herbstmonate fest ß die Uebungen mit der Einsiellung der ; für die Schiffahrt treibenden Mann⸗

im Winterhalbjahr 1881/82 statt. e Nachübung anzusetzen. üben die Ersatzreservisten J. KLlasse ee⸗Corps gemeinsam. Aus Elsaß⸗ sene Mannschaften des XV. Armee⸗

zwar möglichst so, da Rekruten beendet sind schaften finden dieselben Gleichzeitig ist event. ein Hohenzollernschen Landen mit denen des XIV. Arm Lothringen der Ersatzreser üben bei den preußischen Truppentheilen Herzoglich Braunschweigischen Infanterie—

ve J. Klasse überwie

Corps und dem Regiment Nr. 92.

Die Zurückweisung von Zuhörern aus dem öffentlichen Straf wegen Ueber füllung des Rau mes ist, nach kenntniß des Reichsgerichts, III. Strafsenats, vom 260. Sk— tober d. J, zulässig, und die Frage, ob der ist allein von der zustandigen Behörde

Zuhörerraum verhandlung

einem Er⸗ Zuhörerraum für überfüllt zu erachten zu entscheiden.

Der Köni heime Rath Graf

gliche Gesandte in Karlsruhe, Wirkliche Ge⸗ von Flemming, ist in Berlin eingetroff um an den Sitzungen des Herrenhauses Theil zu nehmen.

Ruhestand versetzten Oekonomie⸗ Raths Maaß in Cassel ist die Leitung der ission J. daselbst dem bis dahin im Kollegium der Generalkommission daselbst beschäftigten Regierungs⸗Assessor Homann übertragen worden.

Als Aerzte haben sich niedergelassen die Herren: Dr. Oberüber in Pr. Eylau, Pr. Hildebrand, Dr. Karst und Dr. Kleinschmidt in Berlin, Dr. Prengel in Schlawe, Pr. Schwartz in Glowitz, Dr. Borkowski in Nakel, Matthäi in Alt Kemnitz, Dr. Wehner in Suhl, Dr. Würk in Barchfeld, Dr. Haarmann in Wesel, Pr. in Fischeln.

S. M. S. Victoria“, 10 Geschütze, Kommandant Korvetten⸗Kapitän Valois, ist am 9. Dezember cr. in Malta eingetroffen.

ä Cassel, 14. Dezember. Berlin zwischen den Bevollmächtigten der regierung, Geheimen Rath Rüdorff und Richthofen einerseits

An Stelle des in den Kommissions⸗ Spezialkomm

in Stolp,

(W. T. B.) Gestern ist in reußischen Staats⸗ egations-⸗Rath von und den Bevollmächtigten der Land—⸗ und Prinzen von Hessen⸗Philippsthal— d.; Rechtsanwälten Renner und Laymann anderer— seitz, ein Vertrag über das kurhessische Fideikom⸗ miß nebst einer Anlage und Schlußprotokoll unterzeichnet Die Prinzen verzichten auf ihre Ansprüche an das Fideikommiß und erhalten Jahresrenten und mehrere Schlösser.

München, 13. Dezember. (Allg. Ztg.) Nach ug des Gesetzes vom 8. August i878, die Er⸗ richtung eines Verwaltungsgerichtshofs ꝛe. betreffend, sollen die vom Ministerium de senen Vollzugsvors

Barchfel

Bayern. einer Bestimmu

s Innern zu dem Gesetz erlas⸗ chriften innerhalb eines Jahres nach vor— heriger Erholung des Gutachtens dieses Gerichtshofes revidirt werden; das genannte Staats⸗-Ministerium giebt nun im Ge und Verordnungsblatt bekannt, daß d v. J. erlassenen Vollzugsvorschriften nach gutachtlicher Einver⸗ nahme des Königlichen Verwaltungsgerichtshofs ein unterstellt, hiernach aber im Einverständniß Königlichen Ministerien Aenderungen der erwähnten Vollzugs⸗ vorschriften vorerst nicht für nöthig gefunden wurden, die letzteren daher bis auf weiteres in Kraft bleiben.

Darmstadt, 14. Dezember. Ihre Kaiserliche und Königliche Hoheit die Kronprinzessin besuchte Vormittags die Grabstätte der Großherzogin Alice auf Rosenhöhe und wohnte Nachmittags der Gedächtnißfeier für dieselbe im Alicenhospitale bei.

Mecklenburg Schwerin. Schwerin, 13. Dezember. (Lpz. Ztg.). Heute Abend geht der Großherzog nach Rostock zur Besichtigung der Mannschasten der dort garnisonirenden beiden Bataillone des Füsilier⸗Regiments Nr. 90. wird derselbe morgen einigen Vorlesungen an der Umwersität beiwohnen. Im Landtage beantragte Hr. v. Bülow auf Müsselmow vorgestern die Erlassung eines neuen Jagdgesetzes, da das für Mecklenburg vom 14. Januar 1871 an Mängeln leide. Die Stände beschlossen, dieser Gegenstand solle auf dem nächsten Landtage wieder vorgelegt werden.

ie unterm 1. September

er Prüfung mit den übrigen

(W. T. B.)

Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 14. Dezember. (W. T. B.) Der deuische Bolschafter Graf Hatzfeldt ist hier eingetroffen. Derselbe wird einige Tage hier verweilen und dann die Reise nach Berlin fortsetzen.

In der heutigen Sitzung des Abgeardneten⸗ hau ses wurde der Gesetzentwurf, betreffend die Forterhe⸗ bung der Steuern für das erste Quartal 1881, mit 1sz gegen 146 Stimmen nach längerer Debatte angenommen. Die Reden des Finanz⸗Ministers gegen die Ausführungen der Redner der Linken, welche die Bewilligung ablehnen wollten, wurden mit lebhaftem Beifall aufgenommen.

In der heutigen Sitzung des Gemeinderaths ge— langte ein Schreiben des Minister⸗Präsidenten, Grafen Taaffe, zur Verlesung, in welchem derselbe mittheilte, daß der Kaifer anläßlich der Erörteruͤngen über einen von der Kommune Wien bei der Vermählungsfeier des Kronprinzen im Opernhause zu gebenden Festball denselben ablehnt und ersucht, die Kosten hierfür den Armen Wienz zuzuwenden, welchen er wie der Kronprinz noch je 20 000 Yl. spenden werde. Lönig wird, dem „Pest. tutionen angreif:. Auch lege man den Jölkern zum Schaden

mit der Königin und des Glaubens und des Seelenheils ungerechte Gesetze auf.

Pest, 13. Dezember. L.“ zufolge, am Freitag, 17, früh

dem Kronprinzen zusammen nach Wien reisen. Das Königliche Paar verbringt die Weihnachtsfeiertage in Wien; Kronprinz Rudolf wird bie Weihnachten über in Brüssel zu Gaste sein, während Erzherzogin Marie Valerie in Gödöls

verbleibt. Ihre Majestäten kehren gegen Ende Februar, un—

mittelbar nach der Hochzeit des Kronprinzen, wieder nach Budapest zurück. 14. Dezember. Im Unterhause wurde heute bei der

Berathung der Affaire Seemann der Antrag des Abg. Rom⸗ jathy auf Vorlegung der Akten mit 177 gegen 96 Stimmen

abgelehnt und der Antrag des Ausschusses angenommen. Großbritannien und Irland. London, 13 Dezember

Allg. Corr.) Der soziale Kampf in Irland nimmt immer

täglich ganze Spalten voll von Notizen über die Gewaltakte der

Liguisten, und es darf nunmehr als ausgemacht gelten, daß

das revolutionäre Irland nur durch Waffengewalt wieder zu geordneten Zuständen gebracht werden kann. Die Landliga beherrscht die Situation; wer sich ihren Geboten widersetzt, wird „geboycotted“, d. h. er wird behandelt, wie Kapitän Boycott, dem alle Welt den Dienst verfagte. Derjenige, über welchen der Bann verhängt ist, sieht sich sofort isolirt, und den, welcher sich weigern sollte, an diefer allgemeinen Acht⸗ erklärung theilzunehmen, trifft sofort dasselbe Schickfal.

Ueber den Verlauf des Basutokrieges meldet eine Depesche des Reuterschen Bureaus aus* der Kapstadt vom 9. d. M.:

Nach Berichten aus Mafeteng war die Streifzug kolonne, die, wie zuletzt gemeldet wurde, auf dem Rückzuge begriffen war, da fie sich nicht stark genug fühlte, um die eroberten Stellungen behaupten zu, können, noch nicht dahin zurückgekehrt. Thitsa's Dorf wurde mit geringfügigem Verlust eingenommen. Mafeteng ist wesent⸗ lich verstärkt worden. Eine Fouragirungs⸗ Abtheilung im Distrikt Leribe wurde gezwungen, sich zurückzuziehen, nachdem 13 der ihrigen getödtet worden. Die militärischen Operationen im Transkei sind meist erfolgreich gewesen, und die Streit kraft unter Major Baker bat die Pondomesen besiegt. Der Stand der Ange⸗ legenheiten in Transvaal ist ein fehr ernster. Die Boers schaaren sich massenhaft zusammen und drohen zu Zwangs maßregeln zu schreiten. Es wurde ein Versuch gemacht, die Rädelsführer festzu⸗ nehmen und eine Proklamation erlaffen, welche die Boers vor den Fol zen warnt, die ein Beharren in ihrer gesetzwidrigen Agitation nach sich ziehen dürfte.“

Der Premier der Kapkolonie telegraphirt unterm 9. ds. an das Kolonial-Amt: „Ansehnliche Verstärkungen sind in Basutoland eingerückt, sonst hat sich die Lage nicht verändert. In Ost-Griqualand und Tembuland fanden meh⸗ rere Gefechte statt, in welchen die Kolonialtruppen durchweg erfolgreich waren und mehrere hundert Rebellen getödtet wur⸗ den, während auf britischer Seite der Verlust geringfügig war. Der Flächenraum der Rebellion hat nicht an Aus⸗ dehnung gewonnen.“

Eine in Lahore erscheinende Zeitung meldet:

Abdurrahman beirathete am 27. November die Tochter von Mir Atikullah Khan. Bei dieser Gelegenheit war die Stadt drei Tage lang illuminirt, und die Sirdars wurden festlich bewirthet. GeneralMahomed Khan lebt in Kabul und hat 500 Mann unter seinem Befehl; irgend ein Amt bekleidet er indeß nicht. Der begünstigte Rathgeber des Emirs ist Asmutullah Khan, der Chef von Lughman.

14. Dezember. (W. T. B.) Dem heute Nachmittag 21/0 Uhr stattgehabten Ministerrathe wohnten wiederum sämmtliche Minister bei. Ein Befehl zur Entsendung wei⸗ terer Truppen nach Irland ist noch nicht erlassen worden, indeß würden erforderlichenfalls Verstärkungen von 4000 bis 50900 Mann fast unverzüglich abgesendet werden können. Morgen findet in Windsor ein Kabinetsrath unter dem Vorsitze der Königin statt. Der Ober⸗Sekretär für Irland, Forster, hat heute Vormittag eine lange Unterredung mit . gehabt. Dil ke ist heute nach Frankreich ab⸗ gereist.

Bei der in Reading stattgehabten Wahl eines Parla⸗ mentsmitgliedes ist G. J. Shaw Lefevre (liberal) ohne Oppo⸗ sition wiedergewählt worden.

15. Dezember. (W. T. B.) Der Ministerrath hat sich gestern mit den Einzelheiten der irischen Reform? bill beschäftigt und wird heute die Berathung fortsetzen.

Cork, 14. Dezember. (W. T. B.) Anhänger der Landliga haben sich heute der Weiterbeförderung von 30 Kindern und von Vieh, dessen Eigner unter dem Banne der Landliga stehen, widersetzt und dieselbe verhindert. Das Vieh wird jetzt von 40 bewaffneten Polizeidienern bewacht. Dem Richter Dowse, welcher den Assisen zu Connaught präsidirt, ist ein Drohbrief zugegangen.

Frankreich. Paris, 13. Dezember. (Cöln. Ztg.) Heute wurde die Kapelle der Maristen in Chartres ohne Widerstand geschlossen. Der Minister des Innern erschien heute im Ausschuß der Kammer, der das Gefetz über die Wahlbezirke von Paris zu berathen hat, und nahm seinen Gesetzentwurf zurück. Rochefort erschien gestern zweimal im Palais Bourbon, um von Gambetta Erklärungen über den vom „Voltaire“ veröffentlichten Brief zu verlangen; er wurde jedoch nicht vorgelassen. Rochefort ging heute noch= mals zu Gambetta, der sich indeß weigerte, ihn zu empfangen. Rochefort behauptet, er habe den betreffenden Brief niemals an Gambetta gerichtet, der „Voltaire“ dagegen bleibt dabei, daß Gambetta im Juli 1871 diesen Brief erhalten habe. Das Begräbniß der Frau Thiers findet am Mittwoch statt.

14. Dezember. (W. T. B.) Die Deputirtenkam⸗ mer berieth heute den Antrag des Deputirten Raspail, be⸗ treffend die Veräußerung der Krondiamanten, und setzte die Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend den obligatorischen Primärunterricht fort.

In der Sitzung des Senats wurde von dem Finanz⸗ Minister Magnin das Einnahmebudget vorgelegt.

Rochefort hat an Reinach, welcher seinen im Jahre 1871ñ᷑ an Gambetta gerichteten Brief veröffentlichte, eine Forderung gesandt. Reinach antwortete darauf, daß er nur den von Rochefort geschriebenen und unterzeichneten Brief habe veröffentlichen lassen und Rochefort keine Genugthuung schuldig sei.

Italien. Rom, 14. Dezember. (W. T. B.) In der Allokution, welche der Papst in dem gestrigen Konsi⸗ storium anläßlich der Ernennung des Patriarchen Qaffun zum Kardinal gehalten hat, beklagt der Papst, dem „Dsser⸗ vatore Romano“ zufolge, zunächst die gegenwärtige Lage der Kirche, welche dieselbe nöthige, unaufhörlich für ihre Rechte, ihre Freiheit und ibce Würde gegen die Kühnheit zu kämpfen, mit welcher man die katholische Religion und deren Insti⸗