1880 / 303 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 24 Dec 1880 18:00:01 GMT) scan diff

höhung des Extraordinariums sicher zu stellen. Demnach wäre

darauf Bedacht zu nehmen, daß der erste Akt der Reiche finanzgesetz⸗ or zu Gute kommen, beziehungsweise als produktive Ausgaben für Kultur⸗

jwecke und große Meliorationen ihre Deckung in besonderen Kredit-

gebung für Preußen eine Erleichterung um nindestens 36 bis 10 Millionen Mark ergebe.“

Es geht hieraus hervor, daß die preußische Finanzverwaltung von Anfang an den Erlaß der Klassensteuer für die vier untersten

Stufen in dem ersten Stadium beabsichtigte und darauf 20 bis 21 Millionen verwenden wollte, jwährend gleichzeitig 16 bis 20 Millionen zur Bedeckung der Staatsausgaben disponirt werden sollten, ein Betrag, durch welchen das Defizit noch lange nicht gedeckt werden konnte. In gleicher Weise sollten dann auch auf die ferneren Stufen 3 Zwecke stets pari passu neben und miteinander zur Realssirung gelangen.

Die Denkschrift fährt fort:

Von dem langsameren oder rascheren Steigen der eigenen Ein- nahmen des Reichs wird es dann abhängen, os die Theilung der Grund und Gebäudesteuer in zwei Etappen (erst 25 0/9, dann 56 S) oder auf einmal wird erfolgen können. Jede dieser Steuerübertra⸗ gungen wird sich aber bei dem steten Hervortreten allgemeiner Be⸗ dürfnisse nur ausführen lassen, wenn gleichzeitig eine entsprechende Erhöhung des Hauptextraordinariums im Staatshaushalts - Etat ge—⸗ sichert werden kann.“

Da die Erträge der vom Reichstage im Jahre 1879 bewilligten Zölle und der Tabaksteuer auch nicht annähernd die zur Durchführung des geplanten Reformwerkes erforderliche Summe von 245 Millionen ergeben so wurden dem Reiche tage in seiner vierten Legislaturperiode dritte Session (1880) ein Gesetzentwurf wegen Erhöhung der Brau- steuer und ein Entwurf, betreffend die Erbebung von Reichsstempel⸗ abgaben vorgelegt. Ueber die Absichten, von welchen die verbündeten Regierungen bei Einbringung dieser Vorlagen geleitet wurden, hat sich der Unter⸗Staate sekrefär im Reichsschatzamte in der Sitzung vom 11. März d. J. ausführlich ausgesprochen: ;

Er äußerte mit Bezug auf die gegen die Steuerreform erhobenen Einwendungen unter Anderen:

„Der erstere mildere Einwand, der wesentlich auf eine Ver— tagung der Sache hinauskommt, redet das Wort einer langsamen, stückweisen Durchführung der Steuerreform, während doch ron der⸗ selben Seite früher dafür plädirt worden ist, in möglichst großem Style, möglichst schnell und umfassend das Werk in Angriff zu neh— men und durchzuführen. Das ist auch heute der Standpunkt der verbündeten Regierungen, und ich glaube der richtigere, der von der Mehrheit aller Betheiligten an der Steuerreform ebenfalls eing: nommen wird.

Der andere radikalere Einwand negirt im Wesentlichen die weitere Durchführung der Steuerreform; denn ohne eine weitere Erhöhung der indirekten Steuern ist sie nicht durchführbar; die bloßen Ausgabeersparnisse, wie weit sie auch im Sinne der Herren, die den Einwand erheben, getrieben werden könnten, selbst wenn sie Dasjenige mit erfassen sollten, was als un— entbehrlich anzusehen ist, würden nie die Summe ergeben welche erferderlich waͤre, um das Werk der Reform der direkten Steuern in den einzelnen Staaten durchzuführen. Der Einwand stützt sich auf die schon angedeutete Behauptung, daß die Versprechungen, auf die hin man die Steuererhebungen bewilligt habe, unerfüllt geblieben seien und unerfüllt bleiben würden. Ich habe schon einmal Gelegen— heit genommen, diese Auffasfung als elne irrige zu bezeichnen, und ich muß dies heute wiederholt hervorheben. Wenn wirklich einzelne ge⸗ schriebene oder gesprochene Sätze zu der Auffassung Anlaß bieten, eine solche Wortinterpretation zulassen könnten, herausgelöst aus dem Zusammenhang des Ganzen, so würden eben so viele andere Sätze geltend zu machen sein, die klarer darthun würden, daß es sich um Versprechungen überhaupt und um solche ausschließlichen Versprechun⸗ gen für die Steuerreform nicht gehand:lt hat.“

Es sind dies Worte, welche genau auf die jetzige Situation passen und aus denen deutlich hervorgeht, daß die Steuerreform damals wie jetzt mit Gründen bekämpft worden ist und bekämpft wird, die denjenigen thatsächlichen Grundlagen nicht entsprechen, welche von vorn herein festgehalten worden sind.

In der Sitzung vom 27. April d. J. äußerte derselbe Herr Redner sich folgender Art:

»Allein, meine Herren, der Gesetzentwurf ist ja nur ein Theil des Gesammtplans, der Ihnen im vergangenen Jahr ausführtich dargelegt und begründet worzen ist, dem die Majorität dieses Haufes im vorigen Jahre zugestimmt hat, und in Bezug auf welchen das Bedürfniß im Allgemeinen hiernach also nicht blos als bekannt, son— dern als anerkannt betrachtet werden kann. Selbst nur eine erneute Erinnerung daran mag Manchem überflüssig erscheinen, aber es ist der Entwurf nur ein Glied in der Kette von Maßnahmen, die dazu bestimmt sind, die Einnahmen des Reichs aus seinen eigenen Quellen dergestalt zu vermehren, daß sein eigener Bedarf daraus gedeckt wer— den und daß darüber binaus das Reich den Einzelstaaten die Mittel gewähren kann, die sie bedürfen, um ihre Defizits zu decken und eine die überbürdeten Schultern entlastende Steuerreform durchzuführen.“

Die Gesetzentwürfe, um welche es sich in den bezüglichen Sitzun⸗ gen handelte (Brausteuererhöhung, Stempelsteuer) gelaugten jedoch nicht zur Annahme.

Ueber die Gründe, welche, abgesehen von den Bedenken gegen die Einzelheiten dieser Steuerprojektte die Gegner jener Vorlagen leiteten, sprach sich der Abg. Mendel in der Sitzung des Reichstages vom 11. März er. wie folgt aus:

„Nun, meine Hecren, wenn von unserer Seite schüchtern ab und zu darauf hingedeutet worden ist, daß die Finanzreform doch nicht blos in der Annahme der neuen Steuern bestände, sondern, daß doch auch zugesagt worden ist, daß andere Steuern dafür erlassen werden sollten, dann, meine Herren, haben Sie doch auf dieser Seite des Hauses (rechts) immer erwidert, wir möchten abwarten, bis die be— reits bewilligten Steuern eingegangen wären und dann einen solchen Erlaß ermöglichten: nun, meine Herren, wir möchten Sie jetzt bitten, doch abzawarten, bis erst in einer Beziehung, wenn auch ein kleiner Erlaß in Folge der neuen Steuern möglich gemacht worden ift, und wenn das ,. sein wird, dann kann man ja über die weitere Durchführung der beabsichtigten Finanzreform sprechen, aber die Finanzreform einseitig nur als Einführung neuer Steuern auf— zufassen, damit können wir uns nicht einverstanden erklären.“

In ähnlicher Weise äußerten sich auch andere Abgeordnete von der linken Seite des Hauses.

Um derartigen, die Intentionen der Regierungen in Zweifel ziehenden Bemerkungen die Spitze abzubrechen und der steuerpflich⸗ tigen Bevölkerung die verheißene Erleichterung der direkten Steuer last zu bieten, trafen die Finanz⸗Minister der deutschen Staaten in einer im Laufe dieses Sommers zu Coburg abgehaltenen Konferenz folgende Vereinbarung: .

„daß bei weiterer Ausbildung des Systems der Reichssteuern die zu erwartenden Mehrerträge mindestens von den in der letzten Session des Bundesrathes und Reichstages in Aussicht genommenen Besteuerungegegenständen nicht für den Reichshaushalt zu bean2— Dien sondern den einzelnen Bundesstaaten unverkürzt zu über- weisen;

daß die Regierungen der Bundesstaaten es übereinstimmend als ihre Aufgabe anerkennen, nach Maßgabe ihrer verfassungsmäßigen Befugnisse dahin zu wirken, daß die Üüberwiesenen Beträge zu einer entsprechenden Ermäßigung bestehender Steuern in denjenigen Staaten aber, wo andernfalls eine Erhöhung der letzteren eintreten würde, zur Abwendung beziehungsweise entsprechenden Abminderung der Erhöhung verwendet werden.“

In Autführung dieser Verständigung schlägt der vorliegende Gesetzentwurf vor, die Erträge etwaiger neuer Reichssteuern aue schließlich und unverkürzt zu Ermäßigungen direkter Steuern und e e ler Ueberweisung derselben an die Kommunal verbände zu ver—⸗ wenden.

Es ist bierbei davon abgesehen worden, die Erträge der Reichg—⸗ steuern zur Deckung des Defijite in Preußen heranzuziehen, da ange—⸗ nommen wird, daß die steigenden Staate einnahmen hierzu schon an und für sich die Mittel bieten werden. Abgesehen biervon wird dafür gesorgt werden müssen, daß das jährliche Budget in seinem Extra—⸗

ordinario von denjenigen Ausgaben entlastet werde, die über den Jahresbedarf des Landes hinaus in Zukunft der Nation vorzugsweise

gesetzen zu suchen haben werden. Geschieht dies und gestalten sich die Einnabmen des Landes nicht ungünstiger, als dies zur Zeit den Anschein hat, dann wird es einer Forderung von 44 oder 60 Millionen Mark zur Deckung des De— Fizits nicht bedürfen; dann wird man vielmehr die etwaigen gesammten Ueberschüsse aus dem Reiche zur Steuerreform verwenden können.

Statistische Nachrichten.

Nach Mittheilung des statistischen Bureaus der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Stan desämtern in der Weche vom 12. Dezember bis inkl. 18. Dezember er. zur Anmeldung ge⸗ kommen: 171 Eheschließungen, 832 Lebendgeborene, 48 Todtgeborene und 4650 Sterbefälle.

Bei der Magdeburger Allgemeinen Versicherungs—⸗ Aktiengesellschaft Abtheilung für Unfallversicherung kamen im Monat November 1880 zur Anzeige: 22 Unfälle, welche den Tod der Betroffenen zur Folge gehabt haben; 12 Unfälle, in Folge deren die Beschädigten noch in Lebensgefahr schweben; 34 Unfälle, welche für die Verletzten voraussichtlich lebenslängliche, theils totale, theils partielle Inralidität zur Folge haben werden, 726 Unfälle mit voraussichtlich nur vorübergehender Erwerbsunfäbigkeit: Summa 794 Unfãälle.

Der Magistrat von Dortmund, welcher alljährlich einen Be- richt über den Stand und die Verwaltung der Ge— meindeangelegenheiten der Stadt Dortmund veröͤffent— licht, hat denjenigen für das Jahr 1879 80 erst kürzlich heraus— gegeben, um in demselben noch möglichst genaue Daten über die Re⸗ sultate der Armen“ und Kämmereikassenverwaltung liefern zu können. Nach dem Berichte umfaßte der Gemeindebezirk von Dortmund 2767 ba 31 a L, 9 qm; die Bevölkerungsaufnahme im Herbst 1879 ergab 62011 Einwohner, gegen 59 376 im Vorjahre. Nach den Standetamtsregistern sind in dem Kalenderjahre 1879 angemeldet als lebendzeboren 1601 Knaben, 1612 Mädchen, in Summa 3213 Kinder, darunter 965 uneheliche, als todtgeboren 58 Knaben, 52 Mädchen, in Summa 110 Kinder. Eg starben 816 männliche. 724 weibliche, in Summa 1540 Personen. Aufgebote wurden 570 erlassen, außerdem 223 von anderen Stande gzämtern über⸗ sandte bekannt gemacht, 548 Ehen geschlossen. Gegen das Jahr 1878 sind 226 Kinder mehr geboren, Todtgeburten7 weniger vorgekommen, 257 Personen weniger gestorben, 48 Aufgebote mehr erlassen und 41 Ehen mehr geschlossen. Von den Brautpaaren waren 241 evan— gelischer, 184 katholischer Konfession, 5 jüdischer, 1 dissidentischer Religior, 117 gemischter Konfefsion. Von den Verstorbenen 15460 waren 455 Kinder im ersten Lebensjahre. Als Todesnrsache kamen am Häufigsten vor: Schwindsucht (21), Krämpfe, konvul— sivische Eeclempsie (1410), Lungen und Brustfellentzündung (136) und Erkrankung der Gehirnhäute (115). Nach der Gebäudesteuerrolle pro. 1879,80 waren im Stadtbezirke Dort mund vorhanden: a. zum Wohnen benutzte und deshalb mit 00 des Nutzungswerthes zur Gebäudesteuer veranlagte Gebäude 42832, b. zu gewerblichen Zwecken dienende Gebäude 1456, . steuer⸗ freie Gebäude, worunter enthalten sind die für den öffentlichen Dienst oder für kirchliche, Schul⸗ zc. Zwecke bestimmten und diejenigen un⸗ bewohnbaren Gebäude, welche landwirthschaftlichen Zwecken dienen 1263, zusammen 7001. Konzessionirt wurden in dem Geschäftsjahre 1879,80 an Neubauten: 1) Wohnhäuser 12, 2) Hintergebäude Sz, 3) kleinete Umbauten 92, Summa 187. Davon blieben jedoch unausgeführt ad 2) Hintergebäude 5, ad 3) Umbauten 3, zusammen 8.

In der Umgegend sind die weiten Strecken unbebauten Laades ganz verschwunden und statt derselben gut kultivirte fruchtbare Gartenstücke entstanden, die meist von Arbeiterfamilien gepachtet sind.

Im Gewerbebetrieb hat sich zwar noch keine durchgreifende Besse⸗ rung bemerkbar gemacht, doch hat sich das Vertrauen befestigt. Die Bestrebungen, das Innungswesen neu zu beleben, haben nur die Konstituirung einer Bäcker“ und einer Fleischer⸗ Innung zum Erfolg gehabt. Die Reichs bankhauptstelle hatte 233 063 455 S Einnabmen und 250 576 685 1 Ausgaben, gegen 244 201 339 M bzw. 246 519 735140 in 1878. Das Haupt⸗Steueramt zu Dortmund vereinnahmte 3383273 6, gegen 3 85770 M in 1878— 79. Auf der Post kamen 2634736 (1878 2434 662) Briefe an und gingen 3 002 542 (1878 2877 120) Briefe ab; ferner 39 708 (42 608 Packete mit 34 909 234 0 Werthangabe bezw. 31 374 (364 200) mit 35 995 358 (S (36 659 282 ); in Postanweisungen 8 131 116 S è (7395 121 6) bezw. 5 868 856 (5 599 279 ). Der Verkauf von Wechselstempel marken ergab 41934 , gegen 37937 M in 1878. An TDolegrammen wurden 38948 (1878 32882) in Dortmund aufgegeben, 42 689 (1878 37 857) Telegramme kamen daselbst an. Auf den Eisenbahnen kamen S829 991 Personen an und reisten 802 381 ab; 61 415 11t Güter kamen an, 866 200,8 t gingen ab. Die 10 gewerblichen Unterstützungk⸗ kassen zählten Ende 1879 10101 Mitglieder, welche 176 509 M. Beiträge lieferten, wozu noch 84114 6 Beiträge der Arbeitgeber kamen, die Kassen zahlten im Jahre 1879 191 356 S Kranken 5573 4 Sterbe⸗ und 49 412 M Invaliden⸗ ꝛc. Gelder; ihr Ver⸗ mögen betrug am Jahresschlufse 947 882 6.

Das Kapitalvermögen der Stadt belief sich Ende 1879 80 auf 455 410 M, die Schulden betrugen 5219 271 **, 598 Einkommen steuerpflichtige brachten 197 172 M Curchschnittlich 179 M) Ein= kommensteuer auf; 1878 - 79 waren 637 Steuerpflichtige mit 113 526.466 (durchschnittlich 178 1) vorhanden. Zur Klassensteuer steuerten 15 950 Steuerpflichtige 128 574 S½6 (nJurchschnittlich 8,06 Se), gegen 15 289 Steuerpflichtige und 133 2066 ½ (8,41 S6) im Vorjahre. Vie Grundsteuer ergab 15 556 „66, gegen 15776 M in 1878/9; die Gebäudesteuer 90 304 M, gegen 8i 361 M im Vorjahre; die Gewerbesteuer 61 938 , gegen 64125 S in 1878/79. Diese Staatssteuern brachten im Ganzen 390 143 MS oder 6,29 S pro Kopf der Bevölkerung. .

An Kommunalsteuern wurde erhoben ein Zuschlag von 215 e zur Staateeinkommensteuer und Klassensteuer, i100 0 zur Grund⸗ steuer und 50 06 zur Gebäudesteuer, gegen 230 0.½ Zuschlag zur Staatseinkommensteuer und Klassensteuer, 150 0, zur Grundsteuer und 50 0so zur Gebäudesteuer pro 1878/79. Diese Zuschläge ergaben 565 261 J, 47 534 M weniger als pro 1878/79. Die Hundesteuer ergab 8223 S, gegen 9094 6 im Vorjahre.

An Schulsteuern hat die evangelische Schulgemeinde pro 1879/80 das Schuldefizit durch einen Zuschlag zur Einkommen und Klassen⸗ steuer von 140 (0 im Betrage von 207 487 S gegen 150 ½ν und 214 612 M im Vorjahre, , Die Steuer der katholischen Schulgemeinde betrug pro 1879/80 108 128 MS oder 180 ½ der Ein“ kommen- und Klassensteuer; die des Vorjahres 151 0 mit 104 345 M. Die jüdische Gemeinde bringt ihre Steuer für Kultus und Schul zwecke nach dem sub a. bezeichneten Repartitionsmodus auf. Pro 1879/80 belief sich der Betrag auf 6730 M6 56 υ ; im Vorjahre wurden 6868 S6 57 ½υ aufgebracht.

An Kirchensteuern erhob die Reinoldi⸗ Gemeinde 25 Zuschlag zur Klassen⸗ und Einkommenstener im Betrage von 20 645 S Im Vorjahre wurden nur 16 862 M 20 0j0 bejahlt. Bei der Petri⸗ Nicolai · Gemeinde war der Repartitionsmodus derselbe. Pro 1879/80 wurden erhoben 8619 M 20 060, pio 1878/79 wurden erhoben S914 M. 20 0sp. Die kleine (reformirte) Gemeinde erhob nach demselben Steuermodus pro 1879/89 1255 M 10 ½, pro 1878/79 1309 S669 10 Co; ebenso die Probstei. Pfarrgemeinde, pro 187980 15000 Æ4 25 oo, pro 1878/79 15533 ½.s

25 0so, und die Altkatholische Pfarrgemeinde pro 1879,80 3319 4 80 oo, pro 1878759 4593 M 80 9.

Tie Einnahmen der Stadt beliefen sich auf 1366 685 ½6, die Auggaben auf 1344439 M, so daß ein Bestand von 22 246 . verblieb. Als Reste wurden in Einnahme 55366 4, in Ausgabe 57 264 M auf das neue Etatsjahr übernommen.

unst, Wissen schaft und Literatur.

Die Academy“ meldet den Tod des amerikanischen Astro— nomen James C. Watson. Er war Direktor der Sternwarte in Ann Arbor. Die astronomische Wissenschaft verdankt ihm die Entdeckung von 22 der kleinen Planeten.

Gewerbe und Sandel.

Amtlichen Nachrichten zufolge ist die vor einiger Zeit in der Stadt Plock sowie im Dorfe Kolo, Kreis Warschau, aus— gebrochene Rinderpest *) daselbst, nunmehr e rloschen.

Dagegen ist die Seuche in den Gouvernements Warsch aun) und Plock“) neuerdings noch in folgenden Dörfern aus gebrochen: im erstgenannten Gouvernement in Poplacin, Kreis Gostynin, und Sowia Wola, Kreis Sochaczew; im Gouvernement Plock in Ceksia und Alexandrowska⸗Kolonia, Kreis Plonsk.

Nürnberg, 22. Dezember. (Dopfenmarktbericht von Leopold Held) Das Geschäft nimmt fortwährend einen ruhigen Verlauf, da seit Beginn dieser Woche die Frage wieder eine etwas lebhaftere geworden ist, hat sich die einige Zelt herrschende flaue Stimmung verflüchtigt und ist an ihre Stelle eine ruhige, aber verhältnißmäßig feste Tendenz getreten. Die Eigner zeigen sich im Allgemeinen sehr wenig vachgiebig, welcher Umstand mit zur Festi— gung des Marktes beiträgt. Die Notirungen lauten: Markt⸗ waare prima 115 125 , Hallertauer prima il5 135 M, mittel 80 - 90 , secunda 70 85 S, Aischgründer 85 125 „, Württem— berger prima 130 150 1, mittel 99 100 6, Badische 80 = 136 6, Polnische 90 150 11, Elsässer prima 115— 150. ½, mittel 80— göõ MS, gering 70 —- 75 46. Montag und Dienstag wurden zufammen ca. 690, und auch heute wieder gegen 300 Ballen umgesetzt. .

London, 72. Dezember. (Allg. Corr) Das englische Bauk— baus Hanson u. Co. in Konstantinopel hat seine Zahlungen eingestellt. Die Passiva belaufen sich auf 250 000 Pfd. Skerl.

Verkehrs ⸗Anstalten.

Wien, 23. Dezember. (W. T. B.) Das Handels. Ministerium hat, wie die ‚Pol. Corresp.“ meldet, das Angebot der Firma Ge— coni und Gebr. Lapp, als vereinigte Unternehmung unter Soli⸗ darhaft für den ganzen Arlbergtunnel die Osthälfte desselben mit einem 5prozentigen, die Westhälfte mit einem 2prozentigen Auf⸗ gebot herzustellen, angenommen.

Trie st, 23. Dezember. (W. T. B.) Der Lloyddampfer „Minerva“ ist heute Nachmittag aus Konstantinopel hier ein— getroffen.

Airolo, 21, Dezember. (N. Zürch. Ztg.). Soeben um 7 Uhr Abends passirte die Gotthardpost, von Göschenen kommend, zum ersten Mal den großen Tunnel; es sind 7 Rollwagen, Beiefe und kleineres Gepäck, natürlich ohne Passagiere, aber begleitet von dem Posteonducteur. Die Durchfahrt dauerte 4 Stunden. Der .. ist zugeschneit; so lange der Berg unpassirbar, geht die Post indurch.

New⸗JYork, 23. Dezember. (W. T. B.) Der Hamburger Postdampfer „Frisia“ ist hier eingetroffen.

) conf. Reichs / Anzeiger Nr. 272. 2 287. 298.

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J. 15 .

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Berlin, 24. Dezember 1880.

Cöln, 24. Dezember, 1 Uhr 13 Min. Morgens. (Tel.) Die englische Post vom 23. Dezember Morgens, plan— mäßig in Verviers um 8 Uhr 21 Minuten Abends, ist aus⸗ geblieben. Grund: Eisenbahn⸗Betriebsstörung durch Hochwasser in Belgien.

Das Vic torxig-⸗Theater bescheert uns, der Tradition getreu, auch in diesem Jabre mit einer prächtig ausgestatteten Weihnachts Feerie, Daß diesmal dazu eine Anleihe aus dem Auslande nöthig war, ist zu beklagen, zumal man sich nach so erfolgreichen heimischen Leistungen, wie „Die 7 Raben‘, „Sneewittchen', Rübezahl“ für von jenem emanzipirt halten konnte. Was neuestens vom Victoria⸗ Theater geboten wird, kann sich mit den genannten sinnig⸗anmuthigen Mährchen-Feerien inhaltlich nicht messen, wenn es sie auch an Glanz der Ausstattung bei Weitem übertrifft. Es führt den Titel „Die Schatzgräber“ oder „Der Weihnachtsbaum“, wird noch allabendlich in der Porte St. Martin zu Paris gegeben und hat ein Aufgebot von nicht weniger als drei Schriftstellern erfordert, nämlich Vanloo, Leterrier, Mortier, während Lecocg die scenische und Gesangs«‘ Henri d' lubel die Ballet. Musik komponirken, denen sich bei der Be⸗ arbeitung des Werts für die hiesige Aufführung nech der tüchtige Leiter des Victoria Theater ⸗Orchesters, Hr. Lehnhardt, zugesellte. Was jene Herren zu Stande gebracht haben, ist ein wunderbares Quodlibet von englischer Christmas ⸗Pantomimik, Pariser Boulevard Theater⸗Bous onnerie, komischen Operetten und glänzendsten Ballet Divertissements. Zum Verständniß des Zusammenhanges ist die ge⸗ spannteste Aufmerksamkeit erforderlich, aber natürlich wird auch ohne ein solches dem Unterhaltungsbedürfniß vollauf genügt. Das Ganze theilt sich in nicht weniger als 260 Bilder, reich an den zauberhaftesten Ueberraschungen, welche uns die Weihnachts fee bereitet, an den blendendsten Ensemble⸗ Gruppen, den reizendsten Ballets 2c. Was der Dekorationsmaler und der Kostüm— schneider nur Prächtigstes zu schaffen vermochten, das wird hier in Ueberfülle geboten. Ja, man darf behaupten, daß am Victoria—⸗ Theater etwas gleich Großartiges noch nicht gesehen worden ist, was doch wahrlich etwas heißen will. Das originellste ist entschieden das 6. Bild: „‚Ueberall Notare“, das allerglänzendste aber das 13., mit einem großen Ballet ausgestattete Bild: Lebendes Spielzeug“; doch auch das 14. Bild: „Das Reich der Weihnachtsfee', mit einem mächtigen von Engeln umschwebten Weihnachtsbaum, das 16. »Die reizende Stadt“ und die blendende Schlußapotheose dürfen nicht vergessen werden. Im 4. Bilde fand ein reizender Kinderchor mit Solo und ein Terzett der ebenfalls von Kindern dargestellten heiligen 3 Könige vielen Beifall. Gespielt wurde munter und frisch; vor Allen verdienen Hr. Pauli (Calyptus, ein alter Gelehrter), Hr. Stein (Graf Oskar von Pulna), Hr. Brinkmann (Hotelbesitzer), Frl. Rolla (Fridolin), Frl. Müller (Weihnachsfee), Fr. Wellrabe (Prascovia) Hervorhebung. In dem großen Ballet des 13. Bildes feierte Frl. Clara Qualitz, die Prima⸗ Ballerina, große Triumphe, und in der That kann man sich eine anmuthigere Personifikation eines F.derballs kaum vorstellen. Ihr assistirt gleich unübertrefflich Hr. Aldo Spadalino als Kreisel. Hr. Direktor Hahn wurde nach jedem Akte wiederholt hervorgerufen und mit Beifall überschüttet. Ohne Zweifel wird, wenn erst diejenigen Stellen (besonders einige ziemlich albern- Späße) beseitigt sein werden, welche dem Stück am gestrigen Abend eine übermäßige Länge gaben, die Weihnachtsfeerie des Victoria⸗Theaters namentlich den Kindern, für die sie ja in erster Linie berechnet ist, viele Freude bereiten.

Redacteur: Riedel.

Verlag der Gpyeditton (Kessel). Druck! W. Elsner. Sechs Beilagen (einschließlich Börsen ˖ Beilage).

Berlin:

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs⸗-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

303.

Berlin, Freitag den 24. Dezember

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—— —— —— = ö **

Statistische Nachrichten.

Die Landgemeinden im preußischen Staate mit weniger als 2090 Einwohnern. (Stat. Corr.) Die Größe der Gemeinden nach ihrer Bewohnerzahl ist für viele Verwaltung zwecke von Bedeutung; die Statistik darf daher nicht unterlassen, die Zahl der Gemeinden auch nach Größenklassen festzustellen. Die größeren Landgemeinden, deren Bevölkerung die Zahl 2000 erreicht und übersteigt, werden in der preußischen Statistik namentlich auf⸗ geführt; dagegen macht die Menge der kleineren ihre Einzelauffüh⸗ rung in den gewöhnlichen statistischen Veröffentlichungen unmöglich, und sie werden dort nur in Größengruppen zusammengezogen. In einem Gemeindelexikon erfolgt selbstversftändlich die namentliche Auf— führung jeder, auch der kleinsten Gemeinde unter Hinzufügung, ob dieselbe nur aus einem oder mehreren und welchen Wohnplätzen be⸗ steht. Vergleicht man das Ergebniß der Zählung vom 3. De⸗ zember 1867 mit dem der Zählung vom 1. Dezember 18765, so findet man für den ganzen Staat unter den 38 138 bezw. 37 613 überhaupt vorhanden gewesenen Landgemeinden solche

. im Jahre im Jahre 1875: mit 1867 Zabl Einwohn. durchschn. 1— 50 Einwohnern 2149 1932 65 412 34 51 100 4350 4390 335 986 . 151 200 4119 718 871 175 1 200 15 281 14990 1695941 113

201 - 250 6555 3 504 785 933 224

251 300 . 3041 S353 412 274

301 350 4703 2 SI7 465 325

351 400 2056 770 098 375

401 450 3147 1691 717 141 424

451 500 1360 646 135 475

14 405 2169 1501 11

——

b. 201 - 500 1416, 4570184 322,6

1129 592 0568 524 997 572 4536 574 799 499 586 625 679 457 540 674 560 495 805 724 469 363 155 774 492 404 252 822 369 3224565 874 260 240 444 925

951 - 1000 251 244 683 975

501-1000 30 6 005 4102434 1001 - 1100 449 471095 1101-1200 346 397 473 1201 - 1300 254 317 845 1301 1400 179 240 999 1401 - 1500 ; 180 261 132

1001 - 1500 1 1408 1501-1600 128 1601-1700 ö 97 1701 - 1800 83 1801 —1900 ; 77 1901 —1999 71

IS 1 Ig) 156 784 O47 .

Duminntt , , ,

Während der acht zwischen beiden Zählungen liegenden Jahre haben sich die Landgemeinden merklich vermindert, offenbar durch die Zusammenlegung mancher ganz kleinen Orte zu leistungsfähigen Gemeindeverbänden. Der stärker bevölkerten Ortschaften sind mehr geworden; 1867 enthielten nur 500 Langemeinden und 8 schles wig⸗ holfteinische Guttbezirke, im Jahre 1875 hingegen 619 Landgemein⸗ den und Gutsbezirke mehr als je 2000 Bewohner.

Auf die Propinzen vertheilen sich die Größenklassen der Land— gemeinden zur Zeit der Volkszählung vom 1. Dezember 1875 in sehr verschiedener Weise. Landgemeinden und Gutebezirke mit 2009 und mehr Einwohnern gab es: in Ostpreußen 5, in Westpreußen 9, in Brandenburg 31, in Pommern 2, in Pofen 5, in Schlesien 101, in Sachsen 36, in Schleswig⸗Holstein 19, iu Hannover 26, in West⸗ falen 146, in Hessen⸗Nassau 23 und in Rheinland 222. Landgemein⸗ den mit weniger als 2009 Einwohnern waren vorhanden: . . davon mit je in der Provinz haupt Einwohner 1200 01 501. 100 1501

Einw. 500: 1000: 1500: 1999:

5469 1156790 3448 1541 39 4

2131 706172 855 843 ü 5

3154 1042585 1198 1404 27

2156 602 860 1065 783 5 9

3426 784261 1958 1176 25 l 4

5375 2209121 1716 2101 8 86

JJ . 43

Schlesw. Holst. 1 696 550 367 597 823 25 36

Hannover... 4012 1387473 1553 1624

Westfalen . . . 1363 42 7h54 72 455

Hessen⸗Nassau. 2201 902 846 5727 1003

Rbeinland. .. 2935 1476994 720 1132

Hohenzollern. 119 54 247 30 1

Staat.. 37 026 12 841 1565 7555 Lier Sö5ßß' Fs 456.

Die Hälfte aller Landgemeinden des preußischen Staates bat noch keine 260, in Ostpreußen sogar nicht einmal 150, in Westfalen hingegen 5ß0 Bewohner. Daß bei so verschiedenen Zuständen die Land gemeinden nicht gleichmäßig behandelt werden Fönnen, versteht sich von selbst.

501 - Hö0 551 -= 609 601 - 650 651 700 IOI - 750 751 800 S0l 850 S51 - 900 901 - 950

2 O90 de

2 .

J

198 357 160451 144 853 1412438 137 948

Osspreußen .. Westpreußen . Brandenburg. Pommern ...

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Viebzücktung s und Herdbuchs⸗Vereinigungen in Deutschland. (. Mitth. der D. Viehrn u. Herdb.⸗ Gef.) Immer mehr bricht sich in Deutschland die Ueberzeugung Bahn, daß für die Hebung der Viebzüchtung energische Schritte geschehen müssen. Man sucht unter anderen diesem zu entsprechen durch Bildung von Viehzüchtungsvereinen, Stammzuchtgesellschaften, Stierhaltungs⸗ genossenschaften u. s. w. Es wird für diejenigen, welche die sen Bestrebungen nicht anbaltend gefolgt find, von Interesse sein und anregend wir ken, wenn eine kurze Urbersicht über dieselben, insbesondere in dem genannten Zeitraume, gegeben wird. Die nach stehende Zusammenstellung ist entsprechenden Berichten aus der, Milch- Zeitung“ entnommen, deren Gebiet sich auf diesen Theil der Vieh⸗ zucht erstreckt. Unter den größeren deutschen Staaten scheint Bayern am schnellsten vorgegangen zu sein. Im ee fn r Oberbayern bestanden am Schlusse des Jabres 1875 57 Zuchtstierhaltungs⸗Ge⸗ nossenschaften, und 1876 sind schon 16 Stammzuchtbezirke verzeichnet, von denen 4 Miesbach⸗Simmerthaler⸗, 3 Pinzgau · Pon⸗ gauer., und 3 das einfarbige graubraune Gebirggrieh züchten. Wäh— rend in Niederbayern 1875 erst 3 besondere Viehbzüchtungsvereine und 19 Zuchtstier. Genossenschaften, welchen letzteren sich 1876 noch 3 weitere anschließen, verzeichnet sind, besteben daselbst 1879 schon 5 Stammzuchten, von denen in Griesbach: Miesbach · Simmenthaler· Költzing: Pongau Pinjgauer⸗,, Kellheim: Kellheimer,, Wolfsheim und Abendsberg: graubraunes Gebirgsvieh gezüchtet wird. Schneller

vermehrte sich in diesem Regierungsbezirke die Zahl der Stammzucht— Genossenschaften, denn, wenn 1877 nur erst von 6 derartigen Vereinigun⸗ gen berichtet wird, so war die Zahl der selben 1879 schon auf 45 ge= stiegen, welche alle den Zweck verfolgten, durch planmäßiges, ratio— nelles Züchten und durch Führung von Stammregistern ihre Zuchten immer mehr zu vervollkommnen. Schon im Jahre 1874 wurde von dem. Kreiccomits der Rheinpfalz der Beschluß gefaßt, 2 Haupt⸗ Rindvieh⸗Stammzuchtbezirke zu gründen, für dle Do ners⸗ berger und für die Glanrasse; außerdem kestanden aber da—⸗ mals schon Stammzucht⸗ und. StierhaltungsGenossenschaften, welche sich seit jener Zeit fortschreitend vermehrt haben. Auch in dem Regierungsbezirk Oberpfalz und Regensburg wurde in demselben Jahre, außer den verschiedenen bestehenden kleineren Stammzuchten und Stierhaltungsgesellschaften, ein besonderer Stamm⸗ zuchtbezirk für Voigtländer Vieh geschaffen. Während aus Sber— franken im Jahre 1875 berichtet wird, daß der dort bestehende Stammzuchtbezirk für das Sechsämtervieh sich zugleich mit einer größeren Anzahl kleinerer Stammzuchtbezirke zuschends entwickelte, wird 1878 die Zahl der dort in sechszehn Bezirken bestehenden Zucht⸗ stierhaltung genossenschaften auf 81 angegeben! In demselben Jahre wurde auch in Bamberg beschlossen, im Kreise eine Musterzucht⸗ station für die Scheinfelderrasse zu errichten, in welcher diese Rasse. durch Inzucht und Kreuzung mit Simmenthaler Zuchtstieren verbessert werden sollte. Dieselbe ist im darauf solgenden Jahre in Burgwindheim ins Leben getreten. In Mittel⸗ franken gelang es 1874, die ersten 4 Zuchtbullenstatio en auf ge⸗ nossenschaftlichem Wege zu bilden; 1875 wurden daselbst ? Stamm⸗ zuchtbezirke für den Ellinger⸗ und Scheinfelder⸗Schlag gegründet und 1877 finden sich im Regierungsbezirk schon 5 Stammzucht⸗ vereine. Unterfranken hatte 1874 erst einen Stammzuchtverein für Scheinfelder⸗Rasse, 1875 jedoch schon 3 Musterstationen und 3 Stammherden reine Simmenthaler, und am Schluß des Jahres 1877 bestanden schon 12 Musterzuchtstationen im Krelse. Obgleich im Jahre 1874 im landwirthschajtlichen Verein für Schwaßen' und Neuburg erklärt wurde, daß zur Hebung der Rindviehzucht im Kreise ein allgemeines Prämiirungssyftem in Verbindung mit Bezirks⸗ thierschauen den Vorzug vor der Bildung von sogenannten Stamm— zuchtbezirken verdienen, finden wir daselbft 1873 schon 3 genau, begrenzte Stammuchtbezirke eingerichtet, in denen die Stammzuchtvereine Kleinerdlingen, Frauenriedhausen und OSher— günzburg bestanden, denen sich im darauf folgenden Jahre Sonthofen urd Reimlingen anreiheten. 1877 wurde von patriotischen Land⸗ wirthen Bayerns die Anregung gegeben, Stammzuchtregifter allent— halben zu führen und im darauf folgenden Jahre urden für die auf Inzucht begründeten Stammzuchtbezirke Stammregister angelegt; auch fanden schon viele Eintragungen in dieselben statt. Endlich wurde am 29. Juni 1880 auf der zu Wunsiedel tagenden Kreis ver⸗ sammlung für Oberfranken die Frage der Herstellung eines Herd⸗ buches für die bayerischen Viehrassen in Anregung gebracht und be— schlossen, für die Förderung eines derartigen Unternehmens die nöthi— gen Sch itte einzuleiten.

Aber auch in anderen Theilen Deutschlands ist man bestrebt ge⸗ wesen, die Hebung der Viehzucht durch die Gründung derarti er Vereinigungen anzuregen. JInsbesondere sind hier als die ältesten die Einrichtungen zu erwähnen, welche im Großher— zogthum Oldenburg für die Hebung der Viehzüchtung getroffen wurden. In diesem Lande, wo bekanntlich die Stierköhrung schon seit 1363 gesetzlich durchgeführt ist, wurde im Jahre 1875 ein Rind— vieh-Herdbuch für die Jeverländer⸗Marsch und 1880 ein solches für die Butjadinger Marsch errich'et. Es wurde vor Kurzem von dort mitgetheilt, daß sich das Interesse für die eingerichteten Herdbůcher in erfreulicher Welse steigere und daß in diesem Jahre sschon 293 Stück Rindvieh fär Butjadingen eingetragen seien. Außerdem hat sich auf der Geest eine größere Anzahl Viehzüchtungsvereine ge— unt, welche alle die Züchtung nach einem bestimmten Ziele an—

reben.

Die verschiedenen Previnzen Preußens haben sich ziemlich ver schiedenartig an diesen Bestrebungen betheiliat: In SchlesUwig⸗ Holstein, zu Ahrensburg, wurde schon 1873 ein Viehzüchtungs— verein gegründet, dessen Zweck darin bestehen sollte, durch rationelle Züchtung die höchste Milchergiebigkeit, verbunden mit einer den dor— Ligen Bodenverhältnissen angemessenen Körperform zu erzielen. Die Mitglieder verpflichteten sich Buch zu führen über die Milcergiebig⸗ keit ihrer Kühe und die Resultate dem Vereinssekretär mitzutheilen. Zugleich sollte jedes der den Vereinsmitgliedern gehörenden Thiere durch Verein tgroren lesichtigt werden, wonach dann zu eatscheiden war, ob dasselbe in die Vereins-Stammrolle eingetragen werden durfte oder nicht. Nur die in die Vereins. Stammro!e eingetragenen Thiere sollten als Vereinsthlere angesehen werden. In der Wüster— Marsch wurde 1876 die Einrichtung eines Herdbuches für die dort heimische Rindviehrasse durchgeführt, um dieselbe möglichst rein zu erhalten und deren Nutzungseigenschaften und Schönheit böchstmöglich zu steigern. Der Verein rer— öff entlichte i879 einen Bericht über das dreijährige Bestehen der Herdbuché⸗Einrichtung. Der im Jahre 1877 gegründete Verein zu Bordesholm in Holstein hat sich zum Ziel gemacht, durch rat baelle Züchtung nach Leistangsfäbigkeit und mit Anschluß an die bestehen— den Viehrassen eine möglichst hohe Verwerthung der gezüchteten Thiere, soweit dieselben nicht innerhalb des Vereins zur Weiter⸗ zucht nothwendig, zu erstreben. Zwecks Nachweisung der Kon— stanz und der Leistungsfähigkeit sollte ein Herdbuch errichtet werden und waren die Mitglieder verpflichtet, nur geköhrte Stiere zum Decken zu benutzen. In Flensburg faßte man am 9. November 1878 den Beschluß, ein gemeinschaftliches Herdbuch für Anglervieh zu gründen, dem 1879 die Konstitulrung eines Central— Viebzüchtungs vereins und Errichtung eines Herdbuches für diese Viehrasse folgte; auch trat zu Neumüunster in Holstein ein Viehzüch⸗ tungeverein für Anglervieh ins Leben. Desgleichen bildete sich 1879 zu Eckernförde in Schleswig ein Verein für die Züchtung des soge⸗ nannten veredelten oder schweren Angler“ Viehes, welcher seine Ziele durch Köhrung und Eintragung der Thiere in von den Fezw. Ortsvorständen zu führenden Stammzuchtsregistern und der Ver— einigung dieser letzteren in einem Herrbuch zu erreichen strebte. Auch in Breitenburg in Holstein konstituirte sich in diesem Jahre ein Viebzüchtungs verein, um durch Einführung e ner Stierköhrung und Errichtung eines Herdbuches die rationelle üchtung des Breiten burger Viehes zu fördern.

Die Rheinprovinz, welche 1880 97 Stierhaltungsgenossenschaften aufßuweisen hatte, sah ein Jahr früher 3 Viebjüchtungzoereine ins Leben treten, deren Einrichtungen insofern von einander abweichen, als in Merzig und Wadern beschlossen wurde, ein Herdbuch auzu⸗ leger, um in die Lage zu kommen, das nöthige Zuchtmarerial nach und nach selbst züchten zu können; während in Wesel der IJ. Gau der Provinz ein Herdbuch einrichtete von prämisrten Thieren, oder der Nachzucht von Thieren, welche 3 Generationen nach (inander prä— miirt waren. Diesen schloß sich 1880 der Verein für Veredelung der Westerwälder Rindviehrasse“ der Rheinprovinz an, welcher durch Ankauf von Zuchtthieren und rationelle Züchtung des eigenen Viehes für die Verbesserung desselben wirksam werden will. In der Pro⸗ vinz Sachsen bildete fich der Rindviebzuchtverein der Jerichéwer Elbniederung, um die Hebung der Rindoiebjucht zu för⸗ dern darch Errichtung von Zuchtstler⸗Genofsenschasten, Einfuüh— rung von edlen Rassethieren und Einrichtung eines Herdbuches.

Proxinz Hannover. Im Jahre 1879 wurde von dem land wirthschaftlichen Centralverein für Sstfries land zu Aurich der Beschluß gefaßt, möglichst allenthalben Stammzuchtregister einzuführen und diese in einem Herdbuche für ostfriesisches Vieh zu vereinigen. Die betreffenden Statuten zeigen, daß bei diesen Eintragungen mit der größten Gewissenhaftigkeit verfahren werden muß. 1577 trat der Verein zu Artlenburg ins Leben. Zweck desselben war, Vie gesammte Viehzucht der dortigen Elbmarschen zu heben und auf größt möglichste Verwerthung der Produkte aus derselben hinzuwlrken. Speziell für die Viehzüchtung sollte dieses Ziel erstrebt werden durch Einführung edler Zuchtstiere, durch Auktionen, Prämienvertheilungen und Anlage eines Herdbuches. Nachdem die Nothwendigkeit der Verbesserung der Rindviehzüchtung im Harz schon 1878 angeregt worden und dieses auch durch eine Kommission konstatirt war, wurde auf einen 1875 gemachten Vorschlag, betreffend die Gründung eines Vereins zur Förderung der Viehzucht am Harz“ und Anlage eines Herdbuches für jenes Gebiet, 1330 der Beschluß gefaßt, einen das ganze Harzgebiet um fassenden Viehzüchtungsverein zu gründen. Es wurden dort die landwirthschaftlichen Vereine Klausthal und Elbingerode gestiftet. Die Königliche Landwirthschaftsgefellschaft in Hannover beschloß auf ihrer letzten Ver sammlung, eine Stierköhrungs⸗Ordnung zu entwerfen und auf die Anlegung von Stammzuchtregistern für Rindpieh hin= zuwirken; auch wurde über die Herausgabe einer Schrist Fber han⸗ noverische Rind eiehrassen berathen. Zagleich wurde das Bedůrfniß 1 ö an der bestehenden Hengstköhrungs-Ordnung fest⸗ gestellt.

In der Mark Brandenburg wurde 1873 zu Ortwig eine Zuchtstier⸗Genossenschaft vorläufig nur auf ein Jahr gegründet, welche den Zweck hatte, Stiere möglichst reiner Holländer⸗ (Original Rasse zum Decken der von den Vereins mitgliedern gezeichneten Kähe zu beschaffen und zu halten. Nach und nach bildeten sich jedoch mehrere solcher Vereinigungen und 1879 sind in der Mark Bran⸗ denburg und der Niederlausitz schon 37 Stierhal tungs⸗Genossen⸗ schaften vorhanden.

Von dem landwirthschaftlichen Centralverein für West⸗Preu⸗ ßen wurde 1876 beschlossen, die vom Staate gegebenen Subsidien zur dauernden Einrichtung von Zuchtbullen⸗Statlonen zu verwenden; uch trat 3 Jahre später in Neuteich ein Verein zur Hebung der Rindviehzucht und Milchwirthschaft zusammen. Im Jahre 1880 wird konstatirt, daß holländisches und ostfriesisches Vieh sich im Kreise immer mehr verbreitet.

Auch in Poasosrsern in der Gegend von Greifswald hat man angefangen, genossenschaftliche Zuchtbullen. Stationen zu gründen, wozu die Bullen aus Holland order Ostfries land bezogen werden follen.

Um. den bäuerlichen Viehzüchtern in der Provinz Posen ein gutes männliches Zuchtmaterial zugänglich zu machen, wurden daselbst im Kreise Kosten-Fraustadt, Kröben feit 1868 4 Zuchtstierstationen errichtet mit periodischem Stationswechsel, deren Kosten zur Hälfte durch die landwirthschaftlichen Vereine und zur Hälfte durch Staats subventionen getragen wurden. 1878 waren jedoch? davon wieder eingegangen.

Im Königreich Sachsen wurden 18890 die Einrichtungen einer Bullen köhrung in Aussicht genommen, nachdem diefelbe auf Antrag des landwirthschaftlichen Vereins im Voigtlande angeregt worden war.

Im Großherzogthum Baden wurde 1878 eine Verordnung zur

Haltung von Gemeindestieren erlassen. Dieselben sollen von einer guten, den örtlichen Verhältnissen entsprechenden Rasse abstammen und soll wenigstens ein Mal im Jahre eine Rewssion sämmilicher Sprungstiere abgehalten werden. Zu Marienburg in Nassau bildete sich schon 1874 ein Verein für die Züchtung und Veredelung der Westerwälder⸗Rindviehrasse, dessen Zweck die Veredelung dieser Rasse ohne fremde Importation sein sollte. 1878 beschloß dieser Verein, eingehendes Material über die Verbreitung dieser Rasse zu sammeln.

In Hessen wurde 1886 zu Darmstadt ein Rindviehzucht⸗Verein gegründet, dessen Ziel es sein soll, durch rationelle Inzucht, Anlage von Stammzuchtregistern und Prämiirungen, den Odenwälder⸗Rind⸗ viehschlag zu verbessern; auch wurde

in Bremen ein Herdbuch der Bremenschen Rindviehzucht ge— schaffen. Durch Köhrung und gewissenhafte Verfolgung eines festen Zuchtzieles soll hier eine Hebung der Rindviehzucht angestrebt werden.

Schließlich muß hier noch einer Zuchtftier⸗Genossenschaft Er— wähnung gethan werden, welche schon 1873 im Klrchspiel Eppe, im Fürstenthum Waldeck ins Leben trat.

Auch auf dem Gebiete der Schafzüchtung hat man angefangen, durch Gründung von dahin gebenden Vereinen einzuwirken, besonders in solchen Gegenden, wo, in Folge der Boden verhältnisse das Merinoschaf nicht die zweckentsprechende Rasse ist. Der im Jahre 1878 gegründete Teutoburger Schafzüchterverein ift bestrebt, sowohl durch einheitliche Zächtungsgrundsäͤtze, als auch durch übereinstimmende Ernährung, besonders der Lammer, eine feste Rasse zu bilden und zu erhalten. Der Lüneburger Schafzüchter⸗ Verein hat es sich zur Aufgabe gemacht, durch Benutzung passender 3 chtböcke, bei der in jenem Landstriche sehr verschleden artigen Boden⸗ beschaffenheit, dem jetzt bestehenden Kreuzungsgemisch ein Ende zu machen und die Thiere mehr den Bodenverhältnissen anzupassen. Auch in Hildesheim hat sich ein solcher Schafjüchterverein gebildet, dessen Zweck es sein soll, die Schafzüchtungen jener Gegend zu heben und zu verbessern.

Zur Verbesserung der Schweinezüchtung existiren bekanntlich fast in allen Gegenden Vereinigungen, welche durch gemeinschaftlichen Ankauf von Zuchtthieren, insbesondere von Ebern darauf hinzuwirken suchen. Theils sind es selbständige Vereine, theils haben die land— wirthschaftlichen Vereine diese Bestrebungen in die Hand genommen. In Baden existirt eine Verordnung über die Haltung von Ebern.

Daß in dem Vorstehenden noch lange nicht alle jene Vereini⸗ gungen angefübrt sind, welche in den letzt'n Jahren zur Hebung der deutschen Viehzucht ins Leben gerufen wurden, ist sicher; aber auch die Zabl der angeführten genügt schon, um darzuthun, wie allseitig dieses Bestreben sich Bahn zu brechen beginnt und, wenn auch einze ne Länder sich sol cem Vorgehen noch nicht angeschlossen haben, so ist doch zu hoffen, daß auch diese bald der allgemeinen Bewegung folgen werden. Diejenigen Vereine für Viehzucht, welche vorstebend nicht angeführt sind, werden ersucht, dem Vorstande der Deutschen Vieh⸗ zucht. und Herdbuch-⸗Gesellschaft in Eutin (Fürstenth. Lübeck) nähere Auskünfte über ihr Bestehen und ihre Bestrebungen zu geben.

Ueber die Erträgnisse der Fischerei in der Ostsee wird den .J. N.“ von der schleswigschen Ostküste unterm 17 d. M. be⸗ richtet; Die Fischerei hat in den letzten Wochen, obgleich durch wieder⸗ bolte Stürme wesentlich beeinträchtigt und geschädigt, doch recht be⸗ friedigende Erträge gebracht. In der Kieler Föhrde warden an He⸗ ringen, Sprotten und Dorsch im November weit mehr gefangen alt im Oktober; im Fleneburger Busen war dagegen der Fang gering und durch massenbaftes Auftreten von Quallen sebr erschwert. In der Flensburger Außenföhrde sind diesen 6. viele Lachse und Meer sorellen von Finger bis Handlänge beobachtet worden, natürlich eine Folge der Besetzung vieler Bäche und Auen, namentlich in Angeln, mit junger Brut dieser Fischarten. An der schwedischen Küste ist seit 8 Tagen der Heringefang sehr ausgiebig, und sollen die Fische ebenso groß sein wie im Winter 18 7—78.