verkennen, als der Abg. von Rauchhaupt
thue. Mit
Zuweisung der Kompetenz erfülle man die Behörden nicht mit
Inhalt, sondern nur, wenn man ihnen den Inhalt gebe, auf den sich dieses Kompetenzgesetz beziehe. Schaffe man erst die Zustände in den neuen Provinzen, dann werde sich die Kom⸗ Petenz finden. Er verstehe die Argumentation des Abg. von Rauchhaupt wahrhaftig nicht. Derselbe habe auch versucht, seiner (des Redners) Partei die Komplizirtheit der Verhält⸗ nisse in die Schuhe zu schieben, weil seine Partei an der Ge— setzgebung von 1872 —76 mitgearbeitet habe. Es sei das alte abgebrauchte Manöver, eine Partei, die dauernd in der Mino— rität gewesen sei, verantwortlich zu machen für die Gesetz— ebung einer konservativen Regierung und einer kon— ervativ⸗nationalliberalen Majorität. Die Verantwortung für das Prinzip der Gesetzgebung, an der seine Partei mitge— arbeitet habe, weise er nicht von sich, wohl aber für die Einzel⸗ heiten derselben. Wie deduzire nun der Abg. von Rauch— haupt? Die Gesetze seien komplizirt, folglich müsse man etwas noch Komplizirteres an die Stelle setzen, damit die neuen Pro— vinzen sähen, was es für ein Vergnügen mit der Selbstver— waltung sei. Das sei doch eine seltsame Logik. Der Abg. von Rauchhaupt frage, warum die Fortschrittspartei nicht in der Lommission Amendements gestellt habe für einzelne heute erwähnte Fälle. Er erwidere dem Abg. v. Rauchhaupt, daß er und viele andere Kommissionsmitglieder heute noch nicht die Tragweite der einzelnen Beschlüsse zu übersehen vermöge, daher fei es ganz wunderhar, zu sagen, warum habe man das nicht in der Kommission gesagt? Das sei ja eben die Argumentation des Abg. Hänel: weil selbst die Gesetzeskundigen im Hause nicht im Stande seien, die Tragweite des Gesetzes zu übersehen, so schlage seine Partei einen anderen modus procedendi vor. Das Schicksal ihrer Anträge sei wohl prädestinirt, deshalb wolle er das Haus nicht länger aufhalten, seine Partei werde nur noch den Versuch machen, einige Verbesserungen in die Sache zu bringen und Anträge in diesem Sinne bei der Spezialdiskussion stellen.
Der Abg. Dr. von Bitter glaubte aus den Anführungen des Abg. Hänel vernommen zu haben, daß man zunächst einen Inhalt schaffen und dann den Rahmen diesem Gehalte an— passen müsse. Aber wenn man an die Geschichte der Selbst— verwaltungsreform denke, werde man sich erinnern, daß man in der Provinzialordnung einen Rahmen ohne Inhalt gehabt habe und daß das Kompetenzgesetz nachher erst mit großer Mühe demselben habe angepaßt werden müssen. Das sei nach seiner Meinung ein Grundfehler des Gesetzgebungswerks und darum sei es der Bevölkerung unverständlich geblieben. Jetzt liege die Thatsache vor, daß man voriges Jahr ein Organisations⸗ gesetz geschaffen und damit die Behörden festgelegt habe, welche als Verwaltungsbeamte fungiren sollten, und er meine entgegen der Ausführung des Abg. Hänel, daß dadurch, daß das Organisationsgesetz die Einführung in die neuen Pro— vinzen suspendirt habe, keine Veränderung eingetreten sei, es sei nur aufgeschoben, aber nicht aufgehoben und er finde daher den Standpunkt der Staatsregierung und der Kom— missionsmajorität korrekt, wenn beide darauf beständen, nun auch die Behörden mit einem sachlichen Inhalte auszustatten. Der Abg. Hänel habe bei seiner Masse von Einwendungen von einer Gesetzgebung auf Lager gesprochen. Darüber könne doch gar kein Zweifel sein, daß die Einführung der Kreis— ordnung nach dem Muster der alten lediglich eine Frage der Zeit sei. Man könne dem Drange der neuen Provinzen nicht widerstehen und selbst in Posen sei bei allen sonstigen Bedenken Einstimmigkeit darüber vorhanden, daß man nicht abseits vom Wege der allgemeinen Staatsverwaltung bleiben könne. Der Hinweis auf die vermehrte Komplikation und die zunehmende Stärke des Buches von H. v. Brauchitsch könne ja berechtigt sein; das hindere aber nicht, daß für jede Provinz ein Brauchitsch in besonderer Ausgabe erscheine. Dann möchte er doch wissen, ob schon überhaupt ein Gesetz berathen und beschlossen sei, dessen Wirkungen man für die Zukunft schon vorher gekannt hätte. Alle Parteien müßten doch ihre Ansichten gegenseitig ergänzen; warum bringe also der Abg. Hänel nicht Amendements zu den einzelnen Paragraphen ein? Das Organisationsgesetz habe zwei Lücken gelassen, einmal bei der Bildung der Behörden und dann bei der Ausfüllung dieser Behörden mit einem sachlichen Inhalt. Der Inhalt könne nun ohne Weiteres zwischen dem Einzelbeamten und dem Selbstverwaltungskörper vertheilt werden. Die einzelnen Mo⸗ difikationen seien im Ganzen unbedeutend. Der Abg. Hänel habe auf die schleswig⸗-holsteinische Städteordnung exemplifi⸗ irt, aber den Nachweis zu führen unterlassen, daß die Be— ie,, . des Kompetenzgesetzentwurfs schädlich seien. Was seine Partei bestimme, die neue Organisation auf die ganze Monarchie zu erstrecken, sei die Ueberzeugung, daß man end— lich einmal mit der Gesetzgebung zum Schlusse kommen müsse, daß man zweitens Vorsorge für ihre einheitliche Ge⸗ staltung treffen müsse. Wohin würde man gerathen, wenn man für jede Provinz, wie der Abg. Hänel wolle, ein eigenes Kompetenzgesetz machen würde! Dann hätte man alle prin⸗ zipiellen Meinungsverschiedenheiten nochmals zum Ausdruck zu bringen, und es wäre ein Rückschlag auf die alten Pro⸗ vinzen unausbleiblich. Hier aber habe man an Gesetzgebung und gesetzgeberischer Vivisektion gerade genug. Im Interesse des Publikums und der Institutionen müsse das Haus bald zum Abschlusse gelangen. Fast Jeder und jede Partei habe dabei etwas abgeben müssen; es komme dabei naturgemäß zu einem Kompromiß von etwas buntscheckiger Gestalt; aber man werde sich unter dem errichteten Dache wohnlich einrichten können. Darum bitte er, den Antrag Hänel abzulehnen.
Der Abg. Rickert bemerkte, die Rede des Abg. von Rauchhaupt habe nur erweisen sollen, wie vorzügliche Gesetzgeber die Kon⸗ servativen seien. Heute nehme der Abg. von Rauchhaupt auch einiges Verdienst für sich an der Kreisordnung in Anspruch;
* —
Auf der linken Seite dieses Hauses seien Männer gewesen,
die bis zuletzt sich mit dem Gesetz nicht hätten befreunden können. Damals hätten noch Vertrauensmänner aller Par— teien in Vorversammlungen diese Gesetze besprochen, die eben leine Parteigesetze sein sollten. In einer 46 Versammlung seien es, soviel er (Redner) sich erinnere, der Abg. Richter und er (Redner) gewesen, die Bedenken gegen das Kompetenz— gesetz geäußert hätten. Die Konservativen seien sür dasselbe eingetreten. Dem Abg. Hänel verdanke man Verbesserungen, welchen damals die Regierung und die Konservativen zugestimmt, hätten. Habe die liberale Partei Klage geführt über die Konservativen, die dem Hause dieses Kompetenzgesetz gebracht hätten? Es sei die Aufgabe der Ab— geordneten, die Verantwortung zu tragen und zu übernehmen für die Gesetze, die sie hier mit beschlossen hätten und nicht nachher die Schuld auf Andere zu werfen. Die Minister, welche die Gesetze vorgelegt hätten, seien aus der rechten Seite dieses Hauses hervorgegangen. Warte man doch ab, bis man einmal eine liberale Regierung habe. Wenn dann Gesetze durchgebracht würden gegen den Willen der Konservativen, die sich nicht bewährten, dann schiebe man die Schuld auf die Liberalen. Heute aber, wo die Regierung aus konservativen Männern bestehe, wo das Herrenhaus fast ganz aus Gesin— nungsgenossen der Konservativen besteye, da sei es doch in der That ein unerhörter Vorwurf, wenn man die Fortschritts— partei und die Liberalen für die neuen Verwaltungsgesetze verantwortlich mache. Auch die Wähler im Lande seien so weit, daß man ihnen mit derartigen Dingen nicht beikommen könne. Die Konservativen schienen solcher Kraftmittel zu bedürfen; ob das ein Beweis für die Stärke ihrer Sache sei, wisse er nicht. Auch er habe anfangs ge⸗ glaubt, man würde diesem Entwurf nach einigen Abände— rungen beitreten können. Die vorgelegten Kreisordnungen, insbesondere die für Hannover, hätten ihn zu einer anderen Meinung gebracht. Auf diesem Wege der Schablonisirung der Selbstverwaltung lediglich im Interesse der Unifikation sei er nicht im Stande einzugehen und er hoffe, die Kreis—⸗ ordnungen würden nicht so zu Stande kommen, insbesondere nicht in dieser Session. Das wäre ein Wendepunkt auf diesem Gebiet. Der Vorredner sage, der Osten habe jetzt gerade genug an dieser Gesetzgebung, derselbe wolle nicht mehr an sich herumexperimentiren lassen. Genau denselben Gedanken habe er gehabt, er theile diesen Wunsch lebhaft. Wenn das aber der Fall, müsse man doch zu ganz anderen Konsequenzen kommen. Sollte die linke Seite dieses Hauses etwa wieder neue Experimente machen und sich nachher von der rechten Seite noch dazu dafür verantwortlich machen lassen? Das dieses Gesetz nicht nothwendig und bedenklich sei, habe der Abg. Hänel bereits nachgewiesen. Von dem Gedanken des Abg. von Bitter aus müsse man sich auf das unbedingt Noth— wendige beschränken. Das in Folge des Organisationsgesetzes Gebotene könne er mitmachen, mehr nicht. Ueber den Rahmen des Geltungsbereiches des alten Kompetenzgesetzes würde er nur dann hinausgehen, wenn er dem materiellen Theil der Vorlage zustimmen könnte. Diese Vorlage sei aber ein Rück— schritt auf politischem Gebiet. Deshalb würden seine Freunde und er für den Antrag Hänel stimmen. Gerade dadurch würde verhütet werden, daß fortgesetzt mit neuen Aenderungen
Experimente gemacht würden, die man auf die Dauer nicht er— tragen könne.
Hierauf ergriff der Minister des Innern Graf zu Eulenburg das Wort:
Meine Herren! Sie werden sich erinnern, daß bei der Berathung des Organisationsgesetzes im vorigen Jahre ein ähnlicher Antrag, wie derjenige, der diesmal von dem Hrn. Abg. Dr. Hänel eingebracht ist, ebenfalls gestellt wurde. Man wollte das Organisationsgesetz auf den Geltungsbereich der Kreisordnung beschränken. Dieser Antrag batte ausgesprochenermaßen den Zweck, einstweilen auf diesen Gel⸗ tungsberesch die Reformgesetzgebung zu beschränken und der Auedeb— nung derselben auf die anderen Provinsen ein Hinderniß entgegen⸗ zustellen. Der He. Abg. Hänel hat heute ausdrücklich erklärt, daß eine solche Absicht seinem Antrage nicht unterliege, und ich bin weit entfernt, die Richtigkeit dieser Erklärung in Zweifel zu ziehen; aber ich bitte den Herrn Antragsteller, sich zu rergegenwärtigen, daß sein Antrag einen dieser Absicht entgegengesetzten Erfolg haben muß. Zu⸗ nächst schon unterliegt es keinem Bedenken, daß bei der Annahme dieses Antrages eine sehr bedeutende Verzögerung in der Berathung dieses Gesetzes eintreten müßte, denn ich glaube keinem Widerspruch zu begegnen, wenn ich auespreche, daß für den Fall der Annahme des Engangeg des Antrages Hänel die Zurückweisung der Sache in die Kommission die nothwendige Folge sein würde, die Erneuerung einer nunmehr durch mehrere Wochen fortgesetzten mühevollen Arbeit und
nachher
entnehmen können. Die Hauptbegründung seiner Gegnerschaft gegen das Gesetz und seines Beitritts zu dem Antrage Hänel beruht dar- auf, daß er die Wege, welche in den nen vorgelegten Kreisordnungen eingeschlessen seien, nicht mitgehen und in feln dessen die Ausdeh⸗ nung der Verwaltungsgesetze auf die neuen Provinzen, wenigstens im gegenwärtigen Stadium — darauf kommt ez ja bei meiner Beweis fübrung an — nicht haben wolle. Von Seiten eines Freundes wird der Abg. Hänel den Beweis nicht zurückweisen können, daß scin An- trag einen vorzögerlichen Charakter in dieser Richtung hat.
Nun, meine Herren, sind noch eine Reihe anderer Bedenken gegen das Kompetenzgesetzʒ erhoben worden, die ich in Erwägung dessen, was bereits gesagt ist, noch mit einigen Worten berühren
muß. Ter Abg. Hänel hat behauptet, da sei eine sach— gemäße Prüfung dieses Kompetenzgesetzes, wie es hier vor—
gelegt sei, faktisch unmöglich, man könne den Stoff nicht beherr⸗ schen, die Zusammtnsetzung der Kommission sei nicht der Art ge— wesen, daß eine genügende Sicherheit für eine gründliche Prüfung gegeben sei. Ich möchte einfach darauf mit der Thatsache erwidern, daß sich die Kommission dieser Aufgabe unterzogen und dieselbe ge— löst hat unter der umfangreichsten dankenswerthen Mitarbeit des Herrn Abgeordneten selbst. Daß bei einem so umfangreichen Gesetz, das ein so großes Gebiet umfaßt, an einer oder der anderen Stelle, eine Postlozität kommt, ist eine Erfahrung, die wir bei allen Gesetzen machen und die doch wahrbaftig ein durchgreifender Grund gegen den vorliegenden Entwurf nicht ist. Es ist dann noch die Behauptung aufgestellt worden, ez sei nicht richtig gewesen, daß die Kommission nicht nach provinziellen Gesichtspunkten zusammengesetzt war. Zu nächst mache ich darauf aufmerksam, daß von den Provinzen, für welche die Kreis⸗ und Provinzialordnung nicht gilt, nur eine in der Kommission nicht vertreten war, außerdem darf doch nicht außer Acht gelassen werden, daß auf die Mitarbeit dieses Hauses bei einem solchen Gesetze ebenso gerechnet werden muß, wie auf die Arbeit der Kommisston, und daß, wenn wirklich Mängel und Lücken in dieser Beziehung übrig geblieben sein sollten, wir ja noch in zwei Lesungen Gelegenheit baben, darauf zurückzukommen. Wesentlicher, wenn er begründet wäre, wäre der demnächst er bobene Einwand, daß die Grundlagen fehlen, um die Tragweite der Bestimmungen des Gesetzes ermessen zu können. Der Hr. Abg. Hänel würde ganz Recht haben, wir dürften das Gesetz nicht machen, wenn dem so wäre, das ist aber in der That nicht der Fall. Was setzt das Gesetz in den neuen Provinzen voraus? dasjenige was ganz kestimmt, mögen nun die Kreis⸗ und Provinzialordnungen eingeführt werden in welcher Weise sie wollen, jedenfallz vorhanden sein wird. Es werden vorhanden sein Gemeinden, Kreise und Bezirke, und im Gebiete der Polizeiverwaltung, Ortspolizeibehörden, Kreispolizeibe⸗ hörden und Bejirkspolizeibehörden, dieses sind die Voraussetzungen, auf denen die Bestimmungen dieses Kompetenzgesetzes beruhen und die sich, Sie mögen organisiren, wie Sie wollen, in allen Provinzen immer wieder finden werden. Und wenn der Hr. Abg. Hänel zum Beweise seines Einwandes gerade auf die Verhält⸗ nisse in Nassau Bezug geommen hat, so muß ich sagen: er konnte kein besseres Material zu seiner Widerlegung liefern als grade dies. Meine Herren, die Organifation in Nassau ist doch in der That nur denkbar nach drei Richtungen: entweder, daß die gegenwärtig vor— handenen Amtsbezirke zu Kreisen gemacht werden; ich glaube, daß dies ein Gesichtspunkt ist, den niemand ins Auge faßt, und es blei—⸗ ben also nur die beiden anderen Wege: entweder, daß innerhalb der bestehenden Kreise die gegenwärtig vorhandenen Amtsbezirke aufge⸗ hoben werden, oder daß sie zu Zwischenrerbänden — um diesen Aus⸗ druck wieder zu gebrauchen — gemacht werden. Werden die gegen wärtigen Amtsbezirke aufgehoben, dann ergiebt sich die Regulirung der Kompetenz ganz von selbst, indem die Befugnisse der Amts bezirksräthe auf die Kreisausschüsse übergthen nach näherer Maßgabe der Bestimmun⸗ gen des Kompetenzgesetzes. Bleiben aber die Amtebezirke in der Provinz Hessen⸗Nassau bestehen, dann treten sie in die Kategorie der Zwischen⸗ verkände, von welcher das Kompetenzgesetz überhaupt nicht handelt, welche es ganz absichtlich außerhalb seines Bereichs gelassen hat, weil es unmöglich ist, hierüber im Voraus Bestimmung zu treffen, 9 iß . Kreisordaungen die nothwendigen Vorschriften ge⸗— geben sind. Und ist denn das ein neuer Weg, den die Gesetzgebung damit eingeschlagen hat? Im Gegentheil. Meine Herren! Ich bitte Sie, die Kreisordnung für die 6 östlichen Provinzen anzusehen, dort finden Sie die Bestimmungen über die Amtsverbände und über die Zwischen— verbände und da gehoöͤren sie auch hin. Also aus diesen Rüclsichten ist ein Einwand gegen die Behand⸗ lung der Sache in diesem Kompetenzgesetze nicht zu begründen und man braucht keineswegs, wie der Hr Abg. Hänel meint, in die — übri- gens nicht vorhandenen — Geheim nisse des Ministeriums des Innern eingeweiht zu sein, um ein Urtheil über die Zuträglichkeit der Bestimmnngen dieses Gesetzes zu gewinnen. Endlich ist über die Fassung und die Anwendbarkeit des Gesetzes nach dieser Richtung hin noch einiges gesagt worden. Meine Herren! Sie wissen, daß der Hr. Abg. Hänel ebenso, wle er jetzt gegen die ganze Technik des vorlie lenden Gesetzes vorgeht und dieselbe für ganz unmöglich erklärt, dasstlbe gemacht hat bei der Vorlegung det Kompetenzgesetzes im Jahre 1875. Auch diests ist ganz und gar umgestaltet und einer Umarbeitung unterzogen worden, so daß man den ursprünglichen Kern kaum wieder zu erkennen ver⸗ mag. Ich beabsichtige nicht, daraus einen Vorwurf zu machen; es
damit der Eintritt des Zweisels, ob auch nun das Gesetz in der gegenwärtigen Session nürde zu Stande kemmen. Weitaus bedeu⸗ tender würden aber die Folgen sein für das Verhältniß dieses Gee setzes zu den Provinzen, in welchen die Kreis- und Provinzialordnung nicht gilt. Ich bitte Sie, sich zu vergegenwärtigen, was etz bedeuten würde, wenn wir bei Uebertragung der Verwaltungsreform auf jene Provinzen nicht allein die Kreisordnung zu berathen, sondern im
Zusammenbang damit die Kompetenzbestimmungen richt blos der Kreisbehörden, sondern der gesammten Staats behörden ciner Erörte⸗ rung zu unterzieben und dieselben festjustellen hätten. Es würde das Fünf. oder Sechsfache der Aibeit sein, welche gegenwärtig werden kann und nach den Wünschen der Regierung erledigt werden soll. Hiermit keantwortet sich zugleich, meine Herren, die weltere Frage, die der Hr. Dr. Hänel, wie mir scheint, sehr mit Unrecht aufgeworfen bat, ob denn die Regierung sich überlegt hätte, welches Maß von
Mühe der Berölkerung mit einem solchen Gesetze auferlegt werden würde. Das Hineinarbeiten in neue Verhältnisse und neue Gesetze ist an sich, wie zugestanden werden muß, eine schwierige Arbeit. Der Unter⸗ schied aber, ob das Gesetz etwas mehr oder weniger Stoff enthält, ist kein großes Gewicht in dieser Wagschale, keines, welchtz mit irgend bedeutender Erheblichkeit dem Gesetze gegenüber geltend ge⸗ macht werden könnte. Und, meine Herren, wie verbält sich denn nun dem gegenüber die Bebauptung, das ein solches Vorgehen im Wider spruch mit dem bisberigen Gange, der in der Selbstverwaltungs⸗ gesetzgebung eingeschlagen ist, steht? Ist nicht im Organisationg— geseß und in dem Gesetze über das Verfahren der Verwaltungè⸗ gerichte ganz ebenso wie es jetzt hier geschehen soll, der Eintritt der
früher habe seine Partei diese immer für eine Ausgeburt der Fortschrittspartei erklärt, während der Minister und viele an⸗ dere gewichtige Stimmen auf die Selbstverwaltungsgesetze stets als auf Resultate des Zusammenwirkens aller Parteien hingewiesen hätten. Der Abg. von Rauchhaupt spreche heute davon, er habe gewarnt, er habe zur Vereinfachung gerathen; wo seien die paragraphirten Beweise dafür? Das einzige Amendement des Abg. von Rauchhaupt für die Veseitigung der Bezirksverwaltungsgerichte habe sich als völlig unausführ⸗ bar erwiesen. Bei der Vereinfachung des Verwaltungtappa⸗ rats durch Beseitigung einiger Regierungs⸗-Praäsidenten habe man die Konservativen nicht zu sinden vermocht. Was das Kompetenzgesetz betreffe, so sei dasselbe von einem konservativen Minister vorgelegt. Der Mann, der es vorzugs⸗ weise ausgearbeitet und hier vertreten habe, sei einer der
Gültigkeit von einem in der Zulunft liegenden Ereigniß abbängig ge⸗ macht? Heißt es dort nicht ebenso wie hier, daß in den Provinzen ohne Kreit⸗ und Provinzialordnung die Bestimmungen erst Geltung erlangen sollten, nachdem die Kreitz, und Provinzialerdnungen einge⸗ führt sind? Wie kommt man denn dazu, dies jert als ein ganz außerordentliche, ungehöriges Vorgeben zu bezeichnen, nachdem das⸗ selbe Haus in seiner vorigen Session sich mit solchen Vorgängen einverstanden erklärt hat? Und, meine Herren, das ist ein Vorgeben
das in der Entwickelung unserer Verwaltungegesetzgebung begründet ist und keinetweags erst jetzt begonnen wurde. Nein, meine Herren, in dem Berwaltungegerichtsgesetz vom 3. Jult 1875 finden Sie zueist ganz dieselbe Bestimmung, die nunmehr in dieem Kom⸗ retenzgesetz ebenfalls eintreten soll, daß nämlich die Geltung des Gesetzes eist mit dem Erlaß von Kreit⸗ und Provinnalordnungen eintritt.
Daß die Annahme des Antrages Hänel die Sache außerordent⸗
Führer der konservativen Partei in diesem Hause gewesen.
lich verzögern würde, daß diese meine Ansicht begründet ist, baben Sie eben aus der Rede des Hrn. Abg. Rickert mit voller Sicherheit
eintreten zu lassen.
setzes aus seinem Sinn und Inbalt erheblich erschwert.
sind er wird eine Ausdednung derselben sie eben geboten ist durch die Erweiterung des Wirkungsbereichs des gegenwartigen Gesetzes.
liegt ader in der Eigenart mancher Männer, die sich mit Gesetz⸗ gebung beschäftigen, daß es ihnen außerordentlich schwer wird, sich in den Gedankengang Anderer, die dergleichen Entwürfe gemacht haben, hineinzudenken und daß sie nur auf ihre Weise die Sache zu Ende bringen wollen. Es scheint mir, als ob der Hr. Abg Hänel
diese Neigung hat. Ich glaube aber richt, meine Herren, aß er nachgewiesen hat, daß diesem Gesetz gegenüber eine Nothwendigkeit vorliegt, eine solche radikale Umgestaltung
Meine Herren, die von ihm oder wesentlich auf seinen Antrag in dem Kompeten gesetz befolzte Maxime, sich ganz wörtlich anzuschließen an die betreffenden Gesetze, die gemeint sind, hat gewisse Vorjüge, die ich gern anerkenne, sie hat aber auch den großen Nachtheil, daß fie die Anwendung des Gesetzes und seine Interpretation außerordentlich einengt und eine Auslegung des Ge- Nun glaube
ich, daß, indem man sich einigermaßen von dieser Art und Weise in
diesem Gesetz entfernt hat, man nicht die Grenzen überschritten hat, welche dabei einzuhalten sind. Hr. Hänel wird einen großen Theil der Bestimmungen nech ebenso wiederfinden, wie sie unter seiner Mitwirkung damals im Kompetenjgesetz von 1875 gemacht worden nur da wahrnehmen, wo
Vaß die Bestimmungen der Klarheit erman⸗ geln, hat Hr. Hänel selbst nicht behauptet, daß ibre Auwendung einigermaßen Schwierigkelten machen wird; diese Schwierigkeit
wird sich aber auch wesentlich erleichtern für alle diejenigen, die aus
dem Standpunkt ibrer Peevinzialgesetze daz Gesetz in die Hand nehmen und dann sicher in dem Gesetz die Antwort auf die Fragen,
die sich ihnen aufwerfen, auch finden.
Nach allem Diesem, meine Herren, kann ich die Einwendungen, die gegen das Gesetz erhoben sind, für begründet nicht anerkennen, und weise nunmehr nur nech hin auf die positiven Gründe, welche es im böchsten Maße empfeblen, auf dem Wege, den die Regierung Ihnen vorschlägt, voran zu geben.
Ich babe bereits darauf hingewiesen, daß die Arbeit, welche den legielativen Faktoren zugemuthet werden würde und welche man sich doch gegenseitig nicht obne Noth erschweren sollte, auf das 4, 5. und 6fache sleigern würde, wenn wir gesonder“ Kompetenzgesetze für die einzelnen Provinzen machen würden. Viel wichtiger aber, meine Herren, ist der weitere Gesichtspunkt, daß es bei diesem Wege der
SGesetzgebung gar nicht zu vermeiden sein würde, Die harmonien her⸗
vorzurufen in Beziehung auf die Kempetenzbestimmungen für die
einzelnen Provinzen und daß ez viel schwieriger sein würde, dafür nachher eine Auegleichung in finden, als etz jetzt der Fall ist, wenn eg sich darum handeln sollte,
eine oder die andere Beslimmung des
J . *
tenigesetzes zu modifiziren, die mit einer künftig einzuführe aden beschlüssen angenommen. Kompetenigeset Adbg. Hänel erledigt.
ordnung nicht vollkommen sich deckt. . ö. Kreigg ge, * aber, meine Herren, kemmt der Gesichtesrunkt in Betracht, auf den ich bereits in der vorigen Session so großes Ge⸗ wicht gelegt habe, und zu meiner Genugthuung unter Zustimmung der Majorität dieses Hauses, daß wir dahin ure hren müůssen, inheitliche Gesetze für die Monarcki: zu macken. Ich glaube, ich bebe nicht nöthig, die Uebelstände näher zu schlldern, die aus dieser jheilweisen , bisber hervorgegangen sind, j der von uns bat sie bei den Verhandlungen in diesem Hause auf eden Schritt zespürt. Ja, meine Herren, nicht eine Täuschung und Fiktion ist es. wen wir für die Einheitlichkeit der Organisgtion des Staates hier eintreten, sondern es ist reale Wahrheit. Tas Organ isationsgesetz und das Gesetz über die Ver assung und das Verfahren der Verwal⸗ sungsgerichte würde gegenstands und inhaltslos bleiben, wern wir sie nicht ergänzten durch dieses Gesetz, daher haben wir es für zuträglich erachtet, in denselben Formen die allgemeinen Besugnisse der Behörden und Verwaltungsgerichte Festzustellen, es würde halbe Arbeit gethan fein, wenn wir diesen Rahmen nicht jetzt aus fũliten mit der Fest⸗ setzung der Zuständigkeiten auf den einzelnen Verwaltungsgtbieten. Ich bitte Sie, den Antrag abzulehnen.
Der Abg. Dr. Brüel erklärte, er sei in der Kommission für den Antrag des Abg. Hänel eingetreten; nachdem die Kommission sich aber einmal auf einen andern Standpunkt gestellt habe, halte er es sür sachgemäßer, sich demselben an⸗ zuschließen. Sowohl der vom Abg. Hänel vorgeschlagene Modus als die Regierungsvorlage ließen sich vertheidigen, die setztere aber empfehle sich durch ihre größere Einfachheit. Die Lücken, welche der Abg. Hänel angeführt habe, könnten jetzt noch ausgefüllt werden. .
Der Abg. von Bennigsen erklärte, er werde mit ein paar Worten auseinandersetzen, warum seine politischen Freunde und er den Antrag Hänel ablehnen würden. Zunãchst ent⸗ halte dieser Antrag Inkonsequenzen zu den BVeschlüssen des Hauses in voriger Session und sogar zu den Meinungen der Parteigenossen des Abg. Hänel. In einem großen Staate müßten die Kompetenzen einheitlich geregelt werden, aber nichtsdestoweniger könnten die unteren Instanzen der Verwal⸗ ung ja nach lokalen Bedürfnissen ihre eigenen Kompetenzen haben. Die Kommission sei nicht immer gleichmäßig besetzt gewesen, deshalb könnten wohl im Plenum noch Aenderungen geschaffen werden. Der Abg. Hänel werde bei seinem Vorschlage auch nicht ganz unbedenklich geworden sein, wenn derselbe sehe, von welcher Seite allein derselbe heute Unterstützung gefunden habe. Der Abg. Rickert, der allein den Antrag Hänel ver— theidigt habe, stehe doch auf einem ganz anderen Standpunkte als Hänel. Mit vollem Recht habe Ersterer darguf hinge— wiesen, daß die Angriffe gegen die Nationalliberalen wegen der Verwaltungsgerichtsbarkeit und wegen der Kompetenz⸗ gesetze Seitens der Konservativen. und ihrer Presse vollkommen unbegründet seien. Mit Recht sei hier hervorgehoben, daß. ein fonservatives Ministerium diese Vorlage gemacht habe und Ma⸗ joritäten, zusammengesetzt aus Konservativen und Liberalen, die Gesetze beschlossen hätten. Aber der Abg. Rickert habe damals zu diesem Kompetenzgesetz noch ganz anders gestanden als der Abg. Hänel und er selbst. Der Abg. Rickert sei bis zum letz⸗ ten' Augenblick Gegner desselben gewesen, und wenn der⸗ selbe dafür gestimmt habe, so sei dies jedenfalls nur wegen bes Zusammenhangs mit seinen politischen Freunden geschehen.
Dies sei ja vollkommen berechtigt und er (Redner) habe sich
diefer Auffassung niemals verschlossen. Diese Kompetenz- 1 gäben ein komplizirtes Bild von der Thãtigkeit der Staatsbeamten und Laien, die da zusammen oder einzeln wirken sollten. Er glaube auch, daß die Zeit nicht so ganz sern sei, wo man doch noch einmal diese ganze Gesetzgehung darauf ansehen müsse, ob sie nicht zu komplizirt, der Zeit⸗ verlust und Geldaufwand zu groß sei und das erfreuliche Zusammenwirken der. Staate beamten und Laien erschwert werde. Er habe im vorigen Jahre einen dahin gehenden Versuch gemacht bei dem Organisations⸗ gesetz, sei aber nicht ausreichend unterstützt worden von seinen eigenen Freunden, und er könne es dem Minister nicht ver⸗ denken, daß deshalb auf diesen Vorschlag der Vereinfachung, deren Werth gar nicht zu verkennen sei, nicht eingegangen sei, weil der Minister damals eine Mehrheit in diesem Hause für denselben nicht geglaubt habe finden zu können. Er glaube aber und hoffe, daß künstig eine solche Vereinfachung eintreten könne und werde es zum Segen der Sache sein, damit den Laien eine solche Thätigkeit nicht verleidet würde und auch die Verwaltungsbeamten, denen die Sache von ihrer Auffassung aus vielleicht noch viel unangenehmer scheine, wieder mit
Freude in dem Beruf mitwirkten, in einer solchen Verbindung mit dem Laienelemente. Aber in diesem Augenblick könne man an den Grundlagen der ganzen Einrichtung nichts mehr ändern, man habe auch kein Recht, worauf doch der Antrag Hänel hinauslaufen würde,
um gewissermaßen zu verlangen, daß die 6 östlichen Vro⸗ vinzen an ihrem Leibe allein dieses Experiment weiter machen solllen. Dazu sei die Gesetzgebung auf, der Grundlage ge⸗ macht worden, wie sie die große Mehrheit im vorigen Jaht beschlossen habe, auf diesem Wege müsse man zu einem Ab⸗ schluß kommen, dazu habe das Haus ich im vorigen Jahre verpflichtet; man könne jetzt keinen Schritt zurückthun und
könne dieses Gesetz, wie der Abg. Nicert sage. weil ihm die Vorlage der Kreisordnung für die Provinz Hannover nicht gefalle, nicht noch weiter auf einzelne
Tandestheile im Osten einschränken Die Ersahrungen, die man
heiten der Stadtgemeinden. vorlage:
Vie Diskussion ging nun über zu: J. Titel. Angelegen—⸗ 8. 1 lautet nach der Regierungs⸗
„Die Aufsicht des Staates über die Verwaltung der städti⸗ schen' Gemeindeangelegenbeiten wird in erster Jnstanz von dem Regierungspräsidenten, in höherer und letzter Instanz von dem Oberpräsidenten geübt, unbeschadet der in den Gesetzen geordneten Mitwirkung des Bezirksrathes und des Prorinzialrathes. Für die Stadt Berlin tritt an die Stelle des Regierungepräsidenten der Sberpräsident, an die Stelle des Oberpräsidenten der Minister des Innern, für die Hohenzollernschen Lande tritt an die Stelle des Bberpräsidenten der Minister des Innern. Beschwerden bei den Aufsichtsbebörden in städtischen Gemein deangelegenheiten sind in assen Instanzen innerhalb zwei Wochen anzubringen.“
Die Kommission hatte den 8. 1 unverändert angenommen.
Der Abg. Dirichlet stellte dazu folgendes Amendement:
In §. JL die Absätze j und 2 wie folgt zu fassen: .
„Die Aufsicht des Staates über die Verwaltung der stãdti⸗
schen Argelegenheiten wird, unbeschadet der folgenden Bestimmun⸗
gen, in erster Jnstanz von dem Bezirksrath, in höherer und letzter Inftanz von dem Piovinzialrath gtübt.“ . .
Der Abg. Kieschke beantragte, im 8. 1 statt der Alinea 1
und 2 folgende Bestimmung anzunehmen: .
„Die Aufssicht des Staates über die Verwaltung der stãdti⸗ schen GSemeindeangelegenheiten wird in erster Qnstanz von dem Bezirksratht, in der Stadt Berlin ven dem Ober Präsiden ten. und in zweiter Instanz von dem Provinzial rathe, in der Stadt Berlin und in Ten Hohenzollernschen Landen von dem Minister des Innern geübt.“ .
Der Abg. Dr. Brüel erklärte sich für den Antrag Dirichlet, weil die alten Bestimmungen über die Aufsicht sich durchaus bewährt hätten. Gegen die Vorlage sei hervorzuheben, daß eine solche Stellung des Einzelbeamten eine vorgängige nähere Begrenzung der einzelnen Befugnisse des Aufsichtsrechts Hor⸗ ausfetze, die sehr wohl möglich, auch in einzelnen der Ver⸗ waltungsgesetze bereits gegeben sei. So lange es aber in der gegenwärtigen Organisation an solchen Grenzbestimmungen fehle, müsse man daran festhalten, daß die Aufsichtsinstanz Über die städtische Verwaltung nur durch kollegialische behörden zu handhaben sei. nisse und möglichsten . der Kommune,
irichletschen Antrag annehmen. ö . ig. Dr. 3 Bitter trat der Anschauung entgegen, daß Die Regierungsvorlage burch den 8. 1 in die Selbst— verwaltung gleichsam durch eine Hinterthür die Verwaltungs—⸗ beamten einschmüggeln wolle. Es widerspreche der ganzen Natur der Selbstverwaltungskollegien, sie mit der Aufsicht über die städtischen Angelegenheiten zu betrauen. Schon der praktische Grund, daß die Mitglieder des Bezirksraths über den ganzen Regierungbezirk zerstreut seien und nicht in jedem Augenblicke zusammenberufen werden könnten, spreche dagegen, demselben die Aufsicht über die laufende städtische Verwaltung zu übertragen. Die angezogene Analogie, daß ja über die Landgemeinden der Kreisausschuß die Aufsicht führe, treffe nicht zu, denn in den Landgemeinden handele es sich um dor= wiegend wirthschaftliche Interessen, bei den Slädten aber hauptsächlich um die Polizeiverwaltung. ; ö. Der Abg. Dirichlet führte aus, wenn er vorschlage, Tie Aufsicht über die Stadtgemeinde dem Bezirksrath zu über⸗ tragen, so proponire er damit die Aufsicht von einer kolle⸗ gialischen Behörde auf eine andere zu übertragen, halte sich also im Rahmen der bisher bestehenden Vorschriften, während nach Aufhebung der Abtheilung des Innern in den Regie⸗ rungen der Regierungspräsident. als Einzelbeamter die Aussicht sühren würde. Nun würde gesagt, ein Nollegium wie der Bezirksrath könne cus praktischen Gründen nicht die „laufende“ . sühren, da derselhe nicht immer versam⸗ melt sei. Nun habe gerade der Abg von Rauchhaupt im vorigen Jahre ben Organisationsgesetz ausgeführt, daß es eine au⸗ sende“ Aufsicht nicht gebe, sondern nur eine laufende Ber⸗ waltung. (Redner verlas die betreffende Stelle) Die An⸗ sichten der Abgg. von Bitter und von Rauchhaupt ständen sich also in diefem Punkte diametral entgegen und er mache sich die des Abg. von Rauchhaupt zu Nutze. Wenn das Haus
so müsse man den
Damit waren alle Anträge des den sei. s kungen des Bezirksrathes gebunden; es blieben, wie der Kom⸗ missionsbericht schon richtig ausführe, im Wesentlichen nur übrig, I . . gegenüber den Kassen der Städte in der : und das Disziplinarrecht; Beides sei aber, entsprechend den Wünschen der linken Seite dieses Hauses unter die Kontrole der Verwaltungsgerichte gestellt,
8
Beschluß⸗ Mitglieder den Landgemeinden ͤ . Wolle man klare Rechtsverhält- einzelnen vorkommenden Angelegenheiten stets
ziplinarrecht vorbehalten habe, so stehe das dieser Frage hier nicht recht in selbe dieses Disziplinarrecht
Die wichtigeren Angelegenheiten seien an die Mitwir⸗
die Regierungs⸗Präsidenten
Zwangsetatisirung
Zwangsbefugnisse des
und wenn jetzt der Abg. daß sich der Minister des Innern ein Dis⸗ eigentlich mit Verbindung insofern, als der⸗ sür sich in Anspruch nehme, möge nun der Regierungs⸗-Präsident die Aussichtsbehörde sein oder der Bezirksrath; das Disziplinarrecht des Ministers würde ja immer nach besonders diskutirt werden müssen. Er könne nach alle dem Namens seiner Freunde nur empfehlen, den 85. 1 des Entwurfs, so wie derselbe vorliege, anzunehmen. Der Abg. Kieschke bemerkte, die Beaufsichtigung der städtischen Angelegenheiten durch einen Einzelbeamten bedeute eine erhebliche Beeinträchtigung der Selbstverwaltung. Man brauche nicht nur an einen Mißbrauch dieses Rechtes dabei zu denken, sondern schon der moralische Eindruck daß der Regierungs-Präsident die Aufsicht führe, wirke beschränkend auf die Entschließungen der Selbstverwaltungsorgane. . Der Abg. Hobrecht motivirte die Abstimmung einer Partei gegen den Antrag Dirichlet. Das vorliegende Gesetz solle wesentlich neue Einrichtungen nicht schaffen; der schon früher vorhandene Aussichtsrath solle beibehaiten werden und durch die neuen Aussichtsorgane syolle die Aussicht nicht er⸗ schwert werden. Der Theil des Aufsichtsrechtes, der in ö. 1 enthalten sei, habe bis jetzt noch nicht bestanden; aber man müsse, um ein richtiges Urtheil zu gewinnen, den ganzen ersten Abschnitt im Auge behalten, besonders die S8. 7, 8 5
Brüel hervorhebe,
Der §8. 1L spreche blos von der allgemeinen Aufsicht. Was * die Aufficht über die. Landgemeinden, he— treffe, so werde ja noch beim 3 daran gesprochen werden; hier möchte er für Die Auf⸗
sicht des Kreisausschusses den Umstand anführen, daß dessen nahe ständen, also über die gut orientirt sein würden. Er wolle sich noch gegen eine Mißdeutung wenden. In der Städteordnung von 1853 sei gesagt, daß die Aufsicht dem Landrath übertragen werden könne; man glaube nun aus 8. 1 folgern zu müssen, daß diese Lan raths uf icht sofort und überall eintreten werde; er spreche seine Ansicht dahin aus, daß diese Schlußfolgerung falsch sei. Bei ber Abstimmung wurden die Anträge der Abgg. Kieschke und Dirichlet abgelehnt und 8. 1 der Kommissions— vorlage mit großer Majorität angenommen, . Hierauf vertagte sich das Haus um 4“ Uhr auf Freitag 1 nr
— Die in der vorgestrigen (34) Sitzung des Hau ses der Abgeordneten bei Gelegenheit der Berathung über die Petition des Kuratus Krahl zu Ratibor vom Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten von Puttkamer gehaltene Rede hatte folgenden Wortlaut: J. ö.
Meine Herren! Ich möchte zunächst meine Befriedigung dan ßer aussprechen, daß der Hr. Vorredner in seinem Vortrage es bzrm eden hat, auf prinzipielle Erörterung über die Zalassung der latholis wen Gesstlichkest zur Leitung und Ertheilung des Religionsunterrichts in
5 * 9 Sie Traa er öffentlichen Velkeschule einzugehen, daß er vielmehr die Fiaze
rein in concreto und i dididuell behandelt hat, wenngleich er in dem Eingange seines Vortrages ausdrücl lic hervor hob, dieser , Fall reiche weit über die lokale Bedeutung hinaus, und gel e . ganzen Petition eine prinzipielle Bedeutung. Es G bießt 2 zu um so größerer Befridigung, als sonst wabrscheinlich die . kajsston wieder Überaus große Dimensionen annehmen und uns in alle die Differenzen wieder hineinführen würde, die über diese Frage 11 zwoischen der Regierung und der vor mir sitzenden Par ei schweßen.
Ich möchte zavörderst daran erinnern, daß ich schon bei diner früheren Gelegenheit in Lieser Session Anlaß gebalt habe, in H darüker auszusprechen, wie richtig es sei, wenn in Fragen von so
ferner nicht wolle, daß der Gegensatz zwischen Stadt und Land nicht auch hier wieder bestätigt werde, so stimme man für seine Anträge.
Der Abg. von man in Konsequenz des
Liebermann betonte haupesächlich, daß Organisationsgesetzes den Einzelbe⸗ amten die Aussicht über die laufende Verwaltung übert agen müsse. Dieser Thatsache trage jetzt auch der Alg. von Naunch⸗ haupt Rechnung und werde er daher trotz seines vorjährigen Standpunktes in dieser Frage gegen den Antrag Dirichlet immen. Gegen die vom iel befi en gf 6 genügende Kautelen im Geseßze enthalten und die Entscheidung in allen wichtigeren Angelegenheiten sei ja an den Bezirksrath gebunden. In der Kommission hätten die Mitglieder von der Linken mit t, daß es verschiedene Aussichtsangelegenheiten gebe, die in' der That zweckmäßiger Weise einem Einzelbe⸗ amten übertragen werden müßten. Er, erinnere daran, daß bei der ersten Lesung die Meinung, die er jetzt vertrete, ja nicht die Mejorität gefunden habe, daß viel⸗ mehr der Bezirksrath als ussichts behörde damals bestimmt sei, daß da aber die dafür Votirenden zugleich sich bereit er⸗
auf diesem Gebiete gemeinsamer Staatseinrichtungen machen wolle, wolle man in allen Provinzen des Landes machen, nach dem die Gesetzgebung diesen Weg beschritten habe, und des⸗ wegen stimme er und seine politischen Freunde gegen den An⸗ trag Hänel und bitte er das Haus, daß es in diesem Jahre 3 der vorliegenden Grundlage für die ganze Monarchie die Kompetenzgesetzgebung zum Abschluß bringen möge, sür die⸗ jenigen Provinzen, wo sie eingeführt werden würde, ne dem Vorbehalt des vorigen Jahres, je nachdem die Kreisordnung und Provinzialordnung erlassen sein werde.
Damit schloß die Debatte. Der Abg. von Meyer (Arn walde) bemerkte persönlich, daß er nicht aus Bosheit fur das Gesetz stimmen werde, sondern er wolle es auf das ganze Land ausdehnen; wenn dann eine Reaktion sich dageßen erhebe, werde er darüber erfreut sein. . .
Der Referent Abg. Dr. Gneist verwies auf den schrift⸗ lichen Vericht; das vorliegende Gesetz sei nur eine Ergänzung des in voriger Session beschlossenen Organisationsgesetzes. Wenn man auch später einige Aenderungen und Verbesserun⸗ gen vornehmen müsse, so sei das kein so großer Uechelstand, als wenn man nach dem Antrage des Abg. Hänel sechs ver⸗ schiedene Kompetenzgesetze machen müßte. .
BVei der Abstimmung wurde der Antrag Hänel abgelehnt. Die Ueberschrist und Einleitung wurde nach den Kommissions⸗
klärt hätten, mit seiner Partei diejenigen Alte zu vereinbaren, welche den Regierungs⸗Präsidenten vorbehalten sein sollten ohne Mitwirkung des Bezirksrathes, und er glaube sich nicht in der Annahme zu irren, daß die sehr wenig annehmbare Form, die der Gesetzentwurf dadurch bekommen hätte, ver⸗ schiedene Mitglieder gerade bewogen habe, in zweiter Lesung seiner Partei beizutreten und den 3. der Negierungs vorlage wieder so zu gestalten, wie derselbe jetzt vorliege. Er ktomme nun noch auf den Einwurf, daß der Kreis⸗ ausschuß ja gut sungirt habe, und daß deshalb der Vezirksrath auch gut fungiren würde, und er trete ka dem bei, was der Abg. Dr. von Bitter erklärt habe. Der⸗ vorheben wolle er nur noch, daß. die rel gau schu ßmit liz er doch meistens über diejenigen Zustände in der Tommune, über
die sie entscheiden sollten, ziemlich genau unterrichtet sein 163 den, und daß darin ein Vortheil liegen möge, der aber doch beim Bezirksrath nicht zutreffe, Da würden die wenigsten Mitglieder darin so informirt sein, wie der Regierungs Prä⸗ sident. Wenn endlich die Besürchlung ausgesprochen worden sel von dem Abg. Brüel, daß eine derartige llebertragung der Aussicht an einzelne Beamte zu einer Prajeltenwirthschast, d. h. zu einem Mißbrauch des Aussichtsrechts führen, könnte, so möchte er doch glauben, daß durch die Kautelen, die seine Partei in dem Gesetze gegeben habe, und war im Ein⸗ verständniß mit der Staatsregierung, dem vorgebeugt wor⸗
Abg. Brüel befürchtete Präfekten ⸗
einer Partei auch anerkannt,
individueller und lokaler Natur, wie die hier vorliegende, der Verwaltungächef zunächst die volle Verantwortung] ür das Geschehene und für die getroffene Verfügunz in l Hände der betreffenden Bezirksaufsichts rehörde legt. Ich will damit keineswegs meine Verpflichtung ablehnen, in n. Falle zu prüfen, ob die angesochtene Verfügung vor der GBerechtig 3 und Billi,keit bestehen könne. Wenn mir aber vorhin entgegen⸗
wehlbedacht erlassene Ve fügungen im
gehalten wurde, ich würde wahrscheinlich anders gehandelt ba en, wie die Regierung in Oppeln, wenn res integra für mich vorlage, ,. ich doch bemerke. daß ich eben auf i, i. , n und erwarte, daß der Mangel an Berechtigung mir nachgewiesen 5 . e g liegt nun die Sache in Ralikor? Der Hr. Abg Pr. Fran; hat in sehr scharfen Ausdrücken — es lam sogar un meinem grolen Bedauern der Lusdruck Lüge“ vor — das gesanmmte Verfahren zer Regierung ia Oppeln einer einschneidenden Krit unt rzozen. Dun scheint mir gerade der Fall in Ratiber zu beweise daß 2 hörde bei den Eatscheidungen, die sie auf dem Gebtete des abe. lischen Religionsunterrichts in den Schulen n treffen hatte. 6 erdenilich sorgfällig nach der Jadivridualität des Falls die 1 geprüft und erwogen hat. Denn von 5 in Ratibo⸗ e n, katholischen Geistlichen sind nur zwei von der Leitung und 9 J ; lung des Religionsunterrichts ausgeschlossen, die drei anderen ha 26 ruhla belassen, ich, der ich zufälig zwei ꝛbs . ng die Ehre gehabt habe, den Verhältnissen näher n 1 . ann. be. zeugen — und Hr. Dr. Franz wird das auch nicht in Abrede e. — daß die dret im Unterricht belassrren Geistlichen von seinen Stand punlt aus vollkommen i
Wäse wa zu den Geistlichen gehören,
und
kirchlich korrekt stehen und in leiner von denen Hr. Dr.
vaieb ia si geanen die An vielleich! annehmen möchte, daß sie zu nachgiebig sich gegen die g 2 schauungen und Wänsche der Königlichen Staatsregierung er vielen
die Regierung ian Orpeln keines
ätten. Daraus geht bervor, daß ,, ,, n. ane hꝛrange ·
wegs f broff und mit Vorelngenommenheit an i . . gangen ist, soadern sir hat sich die einzelnen Geistlicen, i Qualisikasion es sich bandelte, pflichtgemãañ ih tem 24 Ver alten nach angesehen und danach enischleden, daß junächst He. Jempa . und wie ich meine ganz selbstverständlich — von der , m Leitung und Ertheilung dez Religiontunterrichts 9 den . ere. Velkeschulen in Ratibor aus geschlossen ist. Darüber ist aue
r. Dr. Franz in keine rä here Ersrterung ag sa gen, anden t 6 nur gelegentlich der Petition die Thatsa de sonstatirt. Ran g 6 ich, ist es wirklich dußerst mißlich, in eine Frag, die i gewiß ibre n an. polisische Bedeutung bat, die aber doch in Vezu g n . 1 ,. Gestaltung wesentlich von lokaler Färbung der Verhaͤltnisse 82 von außen her urtbeilen zu wollen. Die lokalen und die Ver tt . behörde ! stehen mit ihren Behauptungen aaf der einen Seite, auf der andern Seite steht Or. Dr. Franz und die vgn ibm ver n e Bebaur tungen seines Herrn Klienten. Wenn die Negierung fich ür rerpflichtet gebalten bat, den vrrrn Kuratu⸗ Frabl dur ö. gr fügung von Leitung und Ertbeilunz des Religionsunterrichts aus
* z 1 * 5 1 zuschließen, so glaube ich, bestimmten Grund zur Annahme zu haben,
daß dieser Enischluß in einem raben Zusammenhange steht mit