1881 / 26 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 31 Jan 1881 18:00:01 GMT) scan diff

seitherigen Art und Weise besoldet werden sollen, sind an Za— schüssen zu den Zwangs voll streckungsgebübren 1414 460 M und aufer dem für einen Voll ziehungsbeamten in den Hohenzollernschen Landen ein Zuschuß von 750 S, zusammen 145 210 M erforderlich. Aus demselben Fonds sollen die 42 Vollziehung beamten der Kreissteuer⸗ lassen in den östlichen Provinzen eire Pauschvergütung für Zehrungs«“ Uebernachtungs⸗ und Fuhrkosten mit 12480 S erhalten. Die Gesammtausgabe von 157 6860 M, bleibt daher gegen die bisherige etatsmäßige Soll ⸗Ausgabe von 259 783 S noch um 102093 M zurück. Die Veranlagungekosten der Klassen⸗ steuer ermäßigen sich in Folge des Erlasses der Raten dreier Monate um 15 960 M Die Kosten für Bestreitung der Bureaubedürfnisse erböben sich um 45 200 A6, diejenigen für Diäten u. s. w. um 29 000 S.

Zu einmaligen und außerordentlichen Ausgaben sind 830 231 angesetzt, dazu bestimmt, die dem Großherzog von Oldenburg für seine in Schleswig belegenen Fideikommißaüter ver⸗ tragsmäßig zustehende Grundsteuerfreiheit, dem Antrage des Groß— berzogs entsprechend, abzulösen.

Der Etat der indirekten Steuern weist bei 95 150 100 A Einnahmen (4 1500 000 t) und 25 930 410 M dauernden Ausgaben C 984 800 M) 69 219 700 M6 (4 515 200 ½) auf. Nach Abzug von 70 000 S. ( 30 0090 ½ ) einmaliger und außerordentlicher Aus gaben (zum Ankauf eines Dienstgebäudes für das Steueramt ju Charlottenburg) verbleibt ein Ueberschuß von 69 149 709 . C 545 200 46)

Die Einnahmen sind folgende: A. Reichssteuern: 1) Zölle 116201 380 M6. daven an die Reichskasse abzuführen 109 602 260 , verbleiben als Vergütigung für Erhebungs⸗ und Verwaltungskosten 6 599 180 4664 832 386 1M). 2) Tabaksteuer ( 40 300 629 260 0) 1IIL040 α (4 100 540 966). 3) Rübenzrckersteuer (H5 731 510 53 502 250 υ ) 2229260 υ (4 211220 4A). 4) Salzsteuer E2l Soß 230 21 657 4609 S) 147 770 o (4 i0 660 69. 5) Branntweinsteuer ꝛe. (46 551 510 39 568 780 S) 6 982730 410 6) Brausteuer (4 46 720 6) (12593 400 16704399 ) 1889 0610 56 (— 24 730 ½). 7) Spielfkartenstempel (666 980 6563 560 M) 33 340 ½ (— 1660 e). Zusammen A. 17 992 3390 ( 1171130 AM). B. Einnahmen für alleinige Rechnung Preußens: 8) Entschäbigung für die durch die Statistik des Waarenverkehrs erwachsenden Kosten 14000 M 166 900 4M). 9) Antheil an der deutschen Wechselstempelsteuer 72780 M ( 2600 Mark). 10) Stempelsteuer 17 500 00 M (— 1566000 „). 11) Erbschaftesteuer 5 000 000 MH. (éEnverändert). 12) Brücken 2e. Gelder 2 200 000 S (4 100 000 Æ). 13) Niederlage⸗ ꝛc. Geld 184 000 ½ (unverändert). 14) Kontrolgebühr für Sal; 60 006 . ( 6000 A). 15) Hypothekengebühren im Bezirk Cöln 525 000 S (unverändert). 16 Gerichtliche Kosten und Strafen 50 500 000 (4 1600000 Æ). 17) Wirthschaftsabgabe in den Hohenzollern schen Landen 40 000 M (unverändert). 18) Strafgelder der Steuer— verwaltung 250 000 υνς, ( 6500 AM). 19) Verwaltungékosten⸗ beiträge 125 90) 66 (4 25000 M). 20) Zwangs voll streckungk⸗ gebühren 260 000 S ( 260 000 M6) 21) Miethe 42000 M. (un- verändert). 22) Außerordentliche Einnahmen 84 990 S (— 30 ). Zusammen B. 7! 157 770 ( (4 328 870 νυ).

Bei den Ausgaben hat sich in der Central. Stempelverwaltung (Kap. 7 60 470 nichts geändert. Die Ausgaben für die Pro— vinzial- Steuerverwaltung (Kap. 8 2179 160 M) haben sich um 130281 erhöht. Durch die Vermehrung der Geschäfte in Felge der Kontrole der Gerichtskostenerh bung ist die Neuanstellung von 25 Kalkulatoren ꝛc. und 11 Assistenten nothwendig geworden, außerdem noch die Annahme vermehrter Hülfe beamten, wodurch der Mehraufwand veranlaßt wird. Die Kosten der Zoll. und Steuererhebung und „Kontrolle (Kap. 9 21293 859 Ic) sind um 8365 180 erhöhet. Es sind aus andern Titeln des laufenden Etats sehr bedeutende Posten auf dieses Kapitel übertragen worden. Außerdem hat aber auch wegen der durch die Gerichtskosten vermehr— ten Gesckäfte eine ausreichendere Dotation diesez Kapitels eintreten müssen. Vie allgemeinen Ausgaben (Kap. 10: 2396 980 M) find

um 18 300 Dienstbekleidungkzuschüsse höher, veranlaßt durch die

Vermehrung der Aufseherstellen.

In Betreff der Erhebung und Beitreibung der Gerichtskosten

liegt dem Etat eine besondere Denkschrift bei.

Gewerbe und SGandel

Dem Geschäftsberichte des biesigen Börsenbandelet⸗ vereins entrehmen wir folgende Mitiheilungen: Die Bilanz für

ist eine befriedigende. Der Reingewinn von 534 993 „M bleibt nur

um Wehniges gegen das vorsäbrige Erträgniß 1540 627 MSc) zurück

und gestattet, da der Reservesonds bereits im vorigen Jahre auf die in den Statuten be stimmte Maximalböhe gebracht worden ist, der

Generalve sammlung die Vertheilung einer Dividende von 15 9,

vorjuschlagen. Die se Dividende übertrifft die des Vorjahres um Foo. Wäbrend die Umsätze im ersten Halbjahr sich lebhaft gestal⸗

teten, hat sich in denselben seitdem eine Abschwächung bemerkbar gemacht. Nichte destoweniger ergiebt das Provisiontconto noch einen

Gewinn auf den Antbeil des Vereins von 439 233 S und zeigt gegen das Vorjahr nur einen Rückgang ron ga22 M Dagegen erzielte die Ver⸗ naltung mit Zinsen und Rexorts 190 934 M Gewinn gegen 157 71 in 1879. Der durch den Eourebericht erzielte Gewinn beriffert sich

auf 38918 gegen 35 263 M im Vorjahre. Zur A schreibung auf

dissen Buckwerth wurden, wie im Vorjabre, XW 000 M, verwandt;

es figurirt der Courtbericht jetzt nech mit 325 0900 M unter den

Aktixen. Engagementtz verluste baben die Gesellschast mit 35 466 betreffen, wogegen auf früber abgeschriebene Forderungen 6886 4 eingegangen sind. In gewohnter Weise wird der ganze Rest betrag

mit 28 579 * zur Abschreikbung gebracht. Von dem Reingewinn von

534 993 „M sind nach den Statufen auf das Aktienkapital von 3 (60000 M: 150 000 6 zu zablen. Vom Restbetrag von 354 993 4 abzüglich des Gewinnrortrages ron 4154 M, also von 380 838 M erkalten 1990 der Aufsichtsrath 38 083 , 10 ½ der Vorstand und die Beamten 38 083 4 Es verbleiben demnach 308 Saz-3 M zur Ver— sügung der Generalrersammlung. Die Verwaltung schlägt vor, hier=

von eine Suxperdividende von 10 ½ zu vertheileu und den Saldo

von S825 M aufe Neue vorzutragen. Wien, 31. Januar. (W. T. B.) Die gestern im Reice—⸗

Finan- Ministetium unter dem Voisitze Edmund Zschys abzebaltene

konstituitende Versammlung der Gewerkschaft Bogn a“ nahm die revidirten Statuten an, und beschloß, nach⸗ dem der Voisißende die Zeichnung des präliminirten Gererk.

schaste kapitals konstatirt batte die sofortige rrorisorisch⸗

Konstitusrung der Gewerlschaft und die Wabl eines Gewerkschasts- rathes ron acht Mitgliedern, welcker bis zur definitiden Kon— stituirung der Gewerkschast funktioniren soll. Ferner wurde die so—= sortige Einzahlung des dritten Tbeiles der gezeichneten Beträge bei der österreichischen Kreditanstalt beschlossen. Ein vorläufiges Kavifal von hundert Kuren à 3009 Fl. ist ron ersten Firmen gezeichnet. Die bosnische Verwaltung vartizipirt mit 29 Kuren. Tie Gesellschaft wird junächst die Ausbeutung der tbeilweise aufgeschlossenen reichen Cbrem-Crilager in Angriff nehmen, hat sich aber auch Jen isse Blei⸗ Qued silber · Erzlager gesichert.

Wien, 31. Januar. (WB. T. B.) In der heutigen Ge— neralversammlung der Elisabeth⸗Westbabn beantragte ker Verwaltungtratb, die Generalrersamwfung möre das Pbe— kannte Protokelar - Uebereinfommen betreffs der RBetriebsüber- rabme der Westbabn und die eventuelle Einlösung durch den Staat genebmigen und für den Fall der Ginlöfung die Ligqui= dation der Gesellschaft beschließen. Der Verwaltungsraih solle er= mächtigt werden, den definitiven Vertrag fowie alle nötbigen Doku- mente anzufertigen und für den Fall der Ginlösung alle Schrifte zur

Durchführung der Beendigung der Liquidatien vorzunck mern, Ra.“

dem in der General⸗ und Sxesialdebatte Niemand das Wort er⸗ griffen hatte, wurden die Anträge des Verwaltunger Abstimmung mit 1369 gegen 3 Stimmen angenommen.

Glasgow, 29. Januar. (W. T. B.) Roheisen in den Stores belaufen sich auf 514 409 Tons gegen Zahl der im Betrieb befindlichen

aärhes bei der Die Vorräthe von

434 900 Tons im vorigen Jahre. TCochöfen 122 gegen 108 im vorigen Jahre.

Verkehrs⸗Anstalten.

Der Courierzug der Königlichen Ostbahn traf am 30. Ja nuar er. um 10 Uhr 24 Minrten, anstatt um 6 Uhr 10 Minuten Vormittags hier ein. Grund der Verspätung: Reifenbruch der Ma— schine kei Millewo. Von Bromberg ist ein Vorzug fahrx lanmäͤßig

abgelassen worden.

Berlin, 31. Januar 1881.

Preußische Klafsenlotterie. (Ohne Gewähr.) Bei der heute fortgesetzten

Ziehung der 4. Klasse

1638. Königlich preußischer Klassenlotterie fielen:

1 Gewinn von 120 000 auf Nr. 33781.

1 Gewinn von 15 000 ½ auf Nr. 59 207.

2 Gewinne von 6000 S6 auf Nr. 45 762. 87863.

52 Gewinne 5156. 6671. 9688. 10777. 11194. 12319. 13884.

von I500 S6 auf Nr. 4233. 2633 4573.

6918. 12 818. 14297. 14 992. 15 118. 22 700.

49 Gewinne 6215. 6300. 6673.

87 579. 88 123.

Gewinne von 600 M6 auf Nr. 2299. 9019.

Zur Hebung des deutschen Ausfuhrhandels.

.Wir sind in den Stand gesetzt, den nachstehenden amt—⸗ lichen Bericht aus Tanger mitz Tanger, den 16. Januar 1881.

Personen eingezogenen Erkun— latze die deutschen Exporteure, Kauf— re, zu Klagen Veranlassung:

I) durch mangelhafte Verpackung der Waaren,

2) durch zu ausgedehnte Lieferungsfristen und

3) durch Kleinlichkeit im Allgeme AUnternehmungsgeist.

I. Mangelhafte Verpackung. Bei Spielwaaren insofern, als man den R zunutzen versteht und in Folge desse

fracht bezah

Nach den bei kompetenten digungen geben hier am P leute und Kommissionäre

inen und Mangel an

aum nicht aus⸗ n ganz unnöthige Mehr— lt werden muß, da die Dampfer-Compagnien die Frachten nach dem von der Waare eigenommenen Raum be—

II. Zu ausgedehnte Lieferungsfristen. Die langen Lieferungsfristen bei fast alle

d ' x rn, m 9 s F das mit dem 31. Dezember 1880 abgelaufene neunte Geschäfts jahr für den deutschen E

n Artikeln sind rport hierher um so nachtheiliger, als die direkte Verbindung mit Deutschland noch sehr mangel haft ist, die Importeure deutscher Waare über Hamburg, bei kltaum monatlichen Dampfern, gegenüber den dreimal im Mo— nat von Marseille und wenigstens zweimal von Liverpool eintreffenden französischen und sehr im Nachtheil sind. Eisendraht

Steamern e Besonders unangenehm war dieser

englischen

Importeure Ordres haben annehmen und nach Deutschland übers können, wenn die Verbindung zur See schneller und regel⸗ mäßiger wäre, und für letztere würde wahrscheinlich, wie in der Levante, der ganze Markt für Deutschland erobert worden sein, wenn die deutschen Fabrikanten sich dazu verstehen wollten, in kürzeren Fristen zu liefern. worden, daß die Fabrikanten die an und für sich langen Lieferzeiten nicht eingehalten, sondern mitunter sehr beträcht— überschritten

Bei Tuchen ist speziell gerügt

Monaten)

nachtheilig Thatsache eingeborene Kaufleute vor Kurzem Ordres auf Tuch nach England gegeben haben weil die von Deutschland erwarteten Waaren nicht in der verabredeten Lie— ferungsfrist und nicht mehr rechtzeitig zur Saison ein— getroffen waren.

IIl. Kleinlichkeit im Allgemeinen und Mangel

an Unternehmungsgeist.

Man bemerkt, daß das Maß bei deutschen Tuchen zwar richtig, doch stets so knapp bemessen ist, daß es Die Engländer sind in dieser coulanter, sie geben stets Uebermaß!

Kleinlichkeit und Mangel an Unt sich auch bei dem für Deutschland dem Zucker.

; Versäumnisse angeführt

: „knapper nicht sein kann“. eziehung viel ernehmungsgeist zeigt so wichtigen Exportartikel, d r Zuckerrasfinerien es

sind deren nur zwei versorgen nicht nur Marokko, sondern fast den ganzen Orient mit Zucker (in Broten von 2156, kg rso gegenwärtig den hiesigen Markt in dem Grade, daß sie ihre Preise nicht nach dem Stande der Roh⸗ uckerpreise, sondern ganz willkürlich nach den bei ihnen ein⸗ Unzweifelhaft könnte Deutschland hier mit Vortheil konkurriren, doch scheinen die Fabrikanten nothwendigen

Die großen Marseille und beherrschen

aufenden Ordres stellen.

e verbundenen wenigstens etablirten deutschen Hause, irotz aller Mühe nicht deutsche Raffinerien dazu zu bestimmen, ihren allein gangbare Form kleinerer Hüte zu gebe der Zuckerverbrauch in diesem

gelungen, Broten die hier n, und doch ist Lande ungemein groß, weil die Mauren, wie alle Südländer, Süßigkeiten leidenschaftlich lieben und viel, stets stark gezuckerien Thee trinken.

In Gegenwart Ihrer Majestät der Kaiserin und Könj⸗ gin hielt der Je ru salem Verein gestern. Sonntag ⸗Abend in Dom sein diesjähriges Jahres fest ab. Die Festpredigt hielt an Stelle dez er⸗ krankten General Superintendenten Trautwvetter Konsistorial · Rath Nesl, den Bericht erstattete Hofprediger Dr. Strauß. Die deutsche Gemeinde in Jerusalem hat, wie wir dem Bericht entnehmen, ssch unter Pastor Reineck's Seeliorge erfreulich fortentwickel⸗ Leider war das vergangene Jahr ein Jahr der Dürre und großer Noth. Die englisch ⸗kirchliche Missionsgesellschaft hat in Jerusalem eine erangelische Gemeinde mit Kirch: und Schule. Die Gemeinde der englischen Mission zu Nazareth verfügt über eine Kirche, zwei Schulen und ein Mädchenwaisenhaus, in dem 50 Kinder Aufnahme fanden. Auch in andern Städten der Nachbarschaft wächst das Werk der Mission. Die Londoner Missions gesellschaft wirkt unter den Juden Jerusalems, deren Zahl erbeblich zugenommen und si jetzt auf 12009, die Hälfte der gesammten Einwohnerschaft beläuft. Seit der Zerstörung Jerusalems find die Juden nie wieder so zahlreich im heiligen Lande vertreten gewesen wie grade jetzt. In der Nähe von Gaza legen sie Ackerbaukolonien an. Die Londoner Judenmission besitzt in Jerusalem 1 Hospital, zwei Schulen und ein Handwerkerhaug. Auch die deutsche Gemeinde in Bethlehem unter Missionär Mällers Seelsorge gedeiht. Im Waisenhauß haben 18 Kinder Aufaahme gefunden, die Schule wird ron 55 Knaben und 25 Mädchen besucht. Eine fün wöchige Missione reise Müllers in das Philisterland war von bestem Erfolg begleitet. Die Schule der nenen der tschen Gemeinde in Betschala wird bereits von 65 Kindern be— sucht. Leider bedarf die Gemeinde dringend eines nenen Schulhauses mit Betsaal, ohne daß die Mittel dazu vorhanden sind. Die deutsche Gemeinde in. Beirut unter Pfarrer Paatzs Lei⸗ tung wächst., von Jahr zu Jahr, noch mehr fressich die der amerikanisch pres byterianischen Missionsgesellschaft, die am Liba⸗ non 93 Schulen mit 3761 Knaben und 2281 Mädchen ein Semirar mit 120 Zöglingen und eine Druckerei besitzt. Im Gan en besuchen 5980 Knaben und 2590 Mädchen die proötestantischen Schulen dez Libanon. Auch in Alexandria und Kairo gedeiht die evangtlische Mission. Was nun den Verein selbst anbetrifft, so haben sich im Geschãfte jahr 1880 die Einnahmen wiederum verringert; sie betrugen 17500 M. 4 0 weniger als die Ausgaben, zu deren Deckung der 2000 6. betragende Ueberschuß des Vorjahres angegriffen werden mußte. Wiederum hat sich besonders auch die Frauenthätigkeit be währt. Die Schlußansprache hielt Ober · Hofprediger Dr. Kögel.

. Am Sonnabend ging im Königlichen Schauspielhause eine Nosztät von Otto Franz Gensichen, das J,. a spiel ‚Die Märchentante“ in Setne und erzielte einen von keiner Seite angefochtenen, von Akt zu Akt wachsenden Erfolg. Diesen Erfolg hat der Verfasser dem Umstande zu verdanken, daß er sich wirklich als Dichter bewährte, daß er ein aus dem Leben ge⸗ schöpftes Sujet in die reine Sphäre der Poesie zu erheben wußte. Wo man sonst wohl gewohnt war, ausgeklügelte Pointen und spitz findige Wendungen zu hören, da floß hier der Dialog volltönend hin, dauernd von einem gefunden Humor durchzogen und von poeti— schen Gedanken getragen. Ueber rer Märchentante felber liegt der Zauber eines peetischen Märchens, und wie man sie in Gestalt der Frau Frieb⸗Blumauer vor sich sah, so rührend, so lebenswahr, so tief poetisch, ließ man sich gern von dem Märchenzauber gefangen nehmen. Die Handlung des Lastspiels hat ibren spriagenden Punkt in dem Kampf der materialistischen Weltanschauung mit jenem ge⸗ sunden Idealismus, der den Forderungen des realen Lebens Rechnung trägt; in solchem Kampfe siegt natürlich die idealistische Richtung. Die Darstellung war im Ganzen wie im Einzelnen eine vorteffliche. Außer der erwähnten Fr. Frieb⸗Blumauer haben sich in erster Linie Hr. Berndal Prꝛofessor Kramer), Hr. Müller (Kurt Bertram) und Hr. Vollmer (Giovanni Fredi) durch ihre Leistungen hervorgethan; aber auch Frl. Abich und Frl. Barkany (Hertha und Amalie Bertram), Frl. Conrad (Elise Flemming), Hr. Sberländer (Carl Gottfried Bertram) trugen wesentlich zu dem Erfolge bei. Der Regie ge⸗ bührt reichliches Lob. Der Dichter wurde nach dem driltn und vierten Att wiederholt gerufen.

Im Residenz⸗-Tbeater gelangte am Sonrabend nach langen org fältigen Vorbereitungen die deutsche Bearbeitang von Victorien Sa idouls Divorgor s“ unter dem Titel Cyprienne“ zur ersten Aufführung. Man entsinnt sich nech des Auffehens, welches der Antrag des D yutirten Naquet auf Einführung der Ehescheidung seiner Zeit in Frankreich gemacht hat. Vickorien Sardou, welcher die auch von deutschen Dramatikern befolgte Mode aufgebracht hat, Tagetfragen auf die Bühne zu bringen, und in Daniel Rochat bereit? die Civilehe verwerthet hatte, ließ sich auch dies⸗ mal die günstig Gelegenheit nicht entgehen, und so entstand das Lastspiel Dirorgons.. Indessen so ernst meint er es diesmal kel Westem nigt, wie mit jener Arbeit. Weit davon entfernt die Frag- zu lösen, streift er sie nur ganz oberflächlich und benutzt sie blos als Losungfwort zu einem freien, heiteren Schwank, der natürlich wieder mit jenem technischen Geschick gemackt ist, mit dim Sardou unerreicht dastel t. Es sind eigentlich nur z Personen, das zwiespaltige Ehepaar und der Störer des Haus frieden, welche die Handlung tragen, alle anderen siend Episeden. Der Ehemann ist ebenfo gut., müthig gejeichnet, als die Frau naiv. Lätztere gesteht ihre Unt eue offen ein, motizirt sie mit den oft geböcten Gründen: frühe Heirath und unausgetobte Jugendlust, und nünscht auf Grund eines (falschen) Telegrammè, welches von der Annahme jenes Antrages be⸗ richtet, die Scheidung. Der Mann milligt scheinbar ein, weiß sie aber durch Eifersucht gegen ibre Nachfolgerin und dadurch, daß er ihr den wabren Charakter ihrez Galarsz entbüllt, so umzu stimmen, daß sie selbsi ihren Schritt zuerst wicder zuricknimmt. Der Schluß, der in dem Cabinet apart eines feinen Restauranis spielt, erregte allerdings schon in Paris einigen Anstoß, um so möbr als Sardou kur; rorber bekanntlich einen Sitz in dem ernsten wür digen Kellegium der 49 Uasterblten erbalten und man über⸗ baupt eine so tolle Farce nicht mehr von ihm erwartet hatte. In⸗ dessen hat er ja jener Szene eigentlich damit dag Anstsiae geraubt, daß er sie sich zwischen Ehegatten abspielen läßt, und alle Lacher sck lugen sich daher auf seine Seite. Im Ganjen bat er sich die Sache sehr leicht gema t. Denn wenn eben, wie hier, gar kein rer⸗ nünftiger Grund zur Ebescheidunn vorliegt, falls man den nairen Betbheuerungen der jungen Frau Glauben schenken darf, daun ist (6 wahrlich leicht gegen dieselbe zu plädiren. Die Frau treu, nur emiwas leichsinnig, der Liebhaber ein ungefährlicher Toölrel: man siebt das sind Ingeedienzen für eine Posse, die auch jeden beliebigen anderen Titel führen könnte. Der heitere Lacherfolg blieb trotz alledem natürlich auch hier nicht aus, und dies um fo we— iger als das Stück im Residenz Theater eine gradezu musterhifte Darstellung fand. Fr. Niemann gab die Rolle der Cyptienne, die min freilich ihr mu Eunsten aus der Franzssin à la mode stark ing der tick⸗naive umge⸗ medelt hat, in dem Charakter, den man zurrst als Titel bezeichnung gewählt hatte, sräter aber wieder aufgab: ala Trotz löpschen' in be⸗ wunderungswärdiger Weise. Besonders reijend war sie in der Eifer⸗ suchtsscenz der beiden Gatten. Sr. Ferrler als Herr von Prunelles übertraf sich diesmal an liebenswürdiger Laune sclter, und Hr. Bec⸗ mann spielte die undankbare Rolle des Arb-mar mit geduldiaster Benbemmie. Da? ausverkaufte Haug üderschüttete die Darst. lier mit Beifall und kam den ganzen Abend über aug der Heiter leit gar nicht heraus.

Redacteur: Riedel.

Verlag der Expedition (KesseljJ. Druck W. G19nen* Vier Beilagen (einschlie ß lich Börser · Beilage). (118)

Berlin:

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staals-Auzeiger.

M 2G.

s ——

Nichtamtliches.

Preußen. Berlin, 31. Januar. In der vor— gestrigen (49.) Sitzung setzte das Haus der Abgeord— netzen die zweite Berathung des Entwurfs des Staats— haushalts-Etats für 1881.82 fort und zwar zunächst mit der Berathung des Antrages des Abg. Richter auf Annahme eines Gesetzentwurfs, betreffend einige Abänderungen der Vor— schrifsten für die Veranlagung der Klassensteuer und der klassifizirten Einkommensteuer. Der Abg. Rickert erklärte, der Abg. Richter habe ihm gestern Vorsicht bei seinen Angriffen gegen den Finanz-Minister angerathen, damit die liberale Partei dieses Hauses sich nicht dem Ver⸗ dachte aussetze, in welchem die des Reichstags in Bezug auf den Minister Camphausen gestanden habe. Er fühle sehr wohl die Gefahr einer zu scharfen Haltung in dem Augenblicke, wo wirklich etwas in der Luft liege, und werde sich sehr hüten, in den Ton einzustimmen, den gestern zu seiner großen Verwunderung die Rechte angeschlagen habe. Der Abg. von Rauchhaupt habe von der Regierungsvorlage er— klärt, sie hahe einen eminent agitatorischen Charakter, und der Abg. Stengel, der sonst stets rücksichtsvoll gegen die Regierung gewesen sei, ginge so weit, zu sagen, wenn die Regierung für den dauernden Erlaß stimme, das nicht den allergeringsten Eindruck auf ihn machen würde. Wo seien sie nach dem hin— gekommen, wie seien die Rollen der linken und rechten Seite vertauscht! Es müsse etwas in der Luft liegen, was die Herren besser wüßten als seine Partei; dieselbe sei aber und bleibe unparteiischer Beohachter der Sachen. Er könne aber die führende, die ausschlaggebende Partei nicht in diesem Augenblicke igno— riren, die sich nun auch zu einem selbständigen Finanz— programm gegenüber der Regierung aufgeschwungen habe. Er sei über dasselbe bitter enttäuscht worden, denn die allgemeinen Bemerkungen von der Nothwendigkeit der Entlastung der ärmeren Bevölkerung seien doch gar zu alt. Er habe schon eine gewisse Schadenfreude darüber empfunden, als er von dem großen Programm gehört habe, mit dessen Durchführung man doch blos einen kon servativen Finanz-⸗Minister betrauen könne; es habe in den Zeitungen geheißen, das Programm sei fertig und der Abg. von Rauch⸗ haupt sei mit dem Reichskanzler einig. Gestern aber habe dieser Abgeordnete erklärt, das schwierige Reformprojekt sei noch nicht zum Abschluß gekommen das glaube er sehr gern ferner habe gestern der Finanz-Minister von ekel— haften Gerüchten in der Presse gesprochen, daß derselbe von deren Inhalte noch nichts wisse, sich auch stark genug fühle, das gegenwärtige System in seiner Basis nicht antasten zu lassen. Man könne also einigermaßen beruhigt sein; der Thatendrang der Konservativen sei auf einige starke Hinder— nisse gestoßen. Im Uebrigen wäre es recht hübsch, wenn die Herren das parlamentarische Regime einmal an sich selbst er⸗ probten; möchte doch dieser Versuch recht bald gemacht werden, sei es selbst mit Unterstützung der Klerikalen! Den Ursprung jener ekelhasten Gerüchte werde der Finanz⸗Minister gerecht genug sein, nicht in der liberalen Presse zu suchen. Die Re⸗ daktion der „Kreuz-Zeitung“ werde demselben sagen können, woher sie stammten. Erfreulicher Weise habe der Finanz—

Minister gesagt, er wäre dadurch nicht nerv́s geworden. Das

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sei in der That eins der nothwendigsten Requisite für einen

Minister, auch den anderen Ministern zu empfehlen. Wenn

der Finanz-Minister dem Abg. Richter gerathen habe, sich den⸗

selben Mangel an Nervosität in Bezug auf die „Provinzigl⸗ Korrespondenz“ anzueignen, so müsse er bemerken, daß dieses

halbamtliche Blatt überhaupt gar keine Bedeutung mehr be⸗

anspruchen könne, nachdem der Finanz⸗Minister selbst jede

Verantwortlichkeit für die Artikel desselben abgelehnt habe und thatsächlich konstatirt worden sei, daß der Minister etwas ganz anderes gesagt habe, als die Provinzial⸗Korrespondenz“ von

ihm behauptet hätte. Bei einer früheren Debatte über die „Nord

deutsche Allgemeine Zeitung“ habe der Minister des Innern geäußert, verantwortlich sei die Regierung nur für die „Pro⸗ vinzial-Korrespondenz.“ Es scheine somit, daß eine Verände⸗ rung in diesem Standpunkt eingetreten sei, und er empfehle der Regierung zu erwägen, ob die „Provinzial⸗Korrespondenz“ in dieser Form überhaupt noch einen Werth habe. Ein Blatt, das aus den Steuern aller Bürger bezahlt werde, hätte die vornehmste Verpflichtung, objektiv zu berichten und nur im

Sinne der Wahrheit zu schreiben. Das habe die „Provin⸗ zial-⸗Korrespondenz“ nicht gethan. Jedenfalls möge deshalb

der Minister dafür sorgen, daß nicht wieder vor den Wahlen,

wie bei den letzten Neichstagswahlen massenhaft Artikel aus

diesem Blatt in die Kreisblätter übergingen, die dann von den Landräthen als amtlich bezeichnet und auf Grund deren konservative Kandidaturen empfohlen würden. Die konservative Partei habe freilich nicht viel Glück damit gehabt, denn der Reichstag habe die gute Maxime gehabt, in solchen Fällen die Wahl ohne Weiteres zu kassiren und die Konservativen würden deshalb in Zukunft wohl etwas vor⸗ sichtiger sein. Der Befriedigung des Finanz⸗Ministers dar⸗ über, daß das Haus jetzt den Etat anders ansehe als zur Zeit

der Einbringung, liege wohl eine irrige Voraussetzung zu

Grunde. Von einer Schönfärberei bezüglich der Finanzen sei überhaupt nicht die Rede gewesen, seine Partei habe nur da⸗ mals protestirt und protestire auch heute noch dagegen, die sinanzielle Besserung dem Umschwunge der Wirthschastspolitik zuzuschreiben. Denn das kleine Plus auf dem Bilanzkonto, welches an einzelnen Stellen wirklich durch die neue Wirth

schaftspolitik eingeführt sei, werde weit aufgewogen durch das

Minus, welches sie auf anderen Gebieten hervorgebracht habe. Wenn der Reichstag 139 Millionen neuer Zölle und Steuern bewilligt habe, dann seien natürlich die Kassen mit Gold ge⸗

füllt. Das habe man auch gewußt, und schon im Neichetage hätte er den Regierungsvoranschlag als zu niedrig be⸗ messen bezeichnet. Daher auch die Vorsicht seiner Partei in

der Bewilligung neuer Steuern, und wenn die gestrige Debatte überhaupt ein Resultat gehabt habe, so sei es dies, daß man ohne zwingenden Grund mit keinen neuen Steuer— projekten mehr kommen dürfe. Wenn in einem halben Jahre

oder drei Monaten nach Vorlegung des Etats die Situation

sich so glücklich geändert habe, daß der Finanz⸗Minister mit

Berlin, Montag, den 31. Januar

Abschlüssen kommen könne, wie derselbe sie dem Hause gestern vorgelegt habe, dann sei doch etwas mehr Geduld und etwas weniger Eile rathsam. Lasse man daher die Steuerprojekte des Finanz-Ministers, die 110 Millionen Mark, von denen er noch nicht wisse, wo sie herkommen sollten, einstweilen liegen, und versuche man einmal, was man aus den alten 130 Millio⸗ nen werde herausschlagen können. Er glaube auch, es werde mehr sein, wie die drei Monate Steuererlaß, den man jetzt schon bewil⸗ ligt habe. In der Frage des Steuererlasses selbst müsse er sich im direktesten Gegensatz zum Abg. Stengel bekennen, der unbekümmert um die Stellung der Staatsregierung durchaus bei seiner einmal gefaßten Meinung stehen geblieben sein wolle. Ihn (den Redner) habe, als der Abg. Nichter seinen Antrag gestellt habe, ein gewisses Mißbehagen beherrscht, dem er auch damals offen Ausdruck gegeben habe. Er stecke eben noch so weit in den alten, von der rechten Seite her übernommenen Begriffen, daß er sich gedacht habe, in Steuerfragen, namentlich in so großen, müsse die Staatsregierung die Initiative ergreifen, das Häus könnte das nicht. Mit dem Moment aber, wo die stärkste und maßgebende Partei sich den Gedanken des Abg. Richter so zu eigen gemacht hätte, daß man gar nicht mehr davon htte lassen können, wo der Finanz-Minister sich so schnell und ohne Weiteres für den dauernden Steuererlaß erklärt habe: da habe er sich nicht mehr den Worten des Finanz-Ministers entziehen können, so daß er jetzt unbedingt Anhänger des Antrages Richter-Minnigerode geworden sei, trotz seiner wunderbaren Kombination. Er halte aber dafür, daß in diesem Antrage mehr vom Abg. Richter, als vom Abg. von Minnigerode stecke. Andernfalls werde er noch immer mißtrauisch bleiben. Der Beruf der Volksvertretung könne nicht darin bestehen, der Regierung noch mehr Steuern aufzudrängen, als der Minister für nothwendig halte. Sonst würde er lieber die ganze Volksvertretung abschaffen, und man würde ohne dieselbe ein besseres und sparsameres Regi— ment haben. Wenn die Herren die Verfassung gelesen hätt n, so würden sie die Volksvertretung als ein nothwendiges Glied im preußischen Staatswesen finden. Für ihn sei das ABC aller Konstitution, der Regierung nicht mehr Steuern zu be— willigen, als sie selber haben wolle. Der Abg. Stengel sage, die Regierung könne ja in Verlegenheit kommen. Habe denn aber das Haus die Pflicht, die Verlegenheit aus der Welt zu schaffen? Die Berufung auf die altpreußische Tradition stimme nicht. Wo sei sie denn gewesen bei der Bewilligung der Korn⸗ und Petroleumzölle? Bei der Berathung über die wich⸗ tigsten Zölle hätte man auch keine schriftlichen Berichte gehabt. Man solle doch die Majorität nicht zu einer Auslegung zwingen, die sie abweisen müsse. Mit den neuen Steuern habe der Erlaß nichts zu thun, das hätten alle Parteien in der Kommission erklärt. Nach diesen Vorgängen sei er auf den Steuererlaß eingegangen; für die Haltung der National— liberalen finde er keine Präjudiz. Der Erlaß sei eine einfache Konsequenz der Reichssteuerreform. Redner ging auf dieselbe nochmals näher ein, um an der Hand der „Provinzial⸗-Correspon⸗ denz“ und unter mehrfacher Beziehung auf frühere Reden des Abg. von Zedlitz nachzuweisen, daß der Zweck der Reform nicht die Vermehrung der Gesammtsteuerlast, sondern nur eine Umlegung sein sollte. Man habe Versprechungen gemacht, wie Unterrichtsgesetz, Kanäle, bessere Besoldung der Lehrer ꝛc., wo sei das Alles geblieben? Von allen diesen Dingen hätte man noch nichts, aber die 130 Millionen habe man. Jenes seien Zukunftsaufgaben, aber diese Zukunftsmusik sei dem Hause noch nicht aufgespielt. Die Herren von der Rechten wüßten doch ebensogut wie seine Partei von den zu erwarten⸗ den Militärausgaben, warum habe man denn nur vom neuen Unterrichtsgesetz und der Lehrerwittenversorgung gesprochen. Daß

sei doch gewiß tendenziös! Er weise aber vor Allem auf die

Thronrede hin, mit welcher der Reichstag eröffnet sei, in welcher gesagt sei, die Steuervorschläge hätten nur den Zweck, die Landessteuern zu erleichtern Das sei dem Volk versprochen ih sei. Daß man die Skala der Klassen⸗ und Einkommensteuer

und seine Partei beziehe sich jetzt darauf. Dem Abg. Stengel

sage er, daß es gerade ein Mann seiner Partei gewesen sei, der Abg. von Kardorff, der im Reichstage gesagt habe: „Er . . : Abg. von Rauchhaupt habe eine neue Skala auf⸗

wolle die Regierung unterstützen zur Erleichterung der vier

untersten Klassen und Uebertragung der Gebäudesteuer und . . it als daß die oberen Klassen mehr Steuern zahlen würden.

werde darum für Erhöhung der indirekten Steuern stimmen.“

Warum denn nun verzichten? Oder warum einen einmaligen

Erlaß befürworten, den er in dem Augenblicke, wo eine neue Anlage gemacht werde, für viel eher ablehnbar halte? Er

habe die feste Ueberzeugung, daß man 1882 83 noch mehr werde erlassen können, wenn man sich die gestrigen Zahlen des Finanz⸗Ministers genau ansähe. Dabei habe der Minister noch nicht des Roggenzolles gedacht, der bei guten Ernten in

Rußland beträchtlich mehr abwerfen würde. Der interessanteste

Einwurf des Abg. Stengel sei aber der, daß der Erlaß gegen Regen i rau : 2. besitz mit dem Profit, den derselbe bei der neuen Finanzreform

die Prinzipien des Verwendungsgesetzes verstoße. Er habe sich mit

Vorliebe mit diesem Gesetze beschäftigt und sei mit dem Abg. mache, es Entlastung der breiten Masse der Bevölkerung bitte er aus dem Spiel zu lassen. Jeder arme Mann wisse, daß die

Hobrecht bemüht gewesen, es in den sicheren Hafen zu brin⸗ gen. Der Abg. Stengel könne ja ein einfaches Rechenerempel anstellen. Entweder habe man im nächsten Jahre mehr Ueber⸗

schüsse, dann bekomme man eine größere Summe zur Dis⸗

position oder man habe ebensoviel Ueberschusse, dann habe man denselben Erlaß, oder endlich man habe weniger Ueberschuß, dann müsse man zu neuen Steuern greifen. Ge⸗

rade durch die Annahme der Vorlage bekomme dies Haus

mehr Macht zur Quotisirung der direkten Steuern, die er mit der rechten Seite anstrebe. Dann sage der Abg. Stengel,

man dürfe den Erlaß nicht vor den Reformen eintreten

lassen. Dann werde der arme Steuerzahler lange warten können, bis hier im Hause eine Majorifät, die oft durch die

verschiedensten Komplikationen gebildet werden müsse, die Re⸗ formen beschließe. Was hätten denn die früheren Finanz⸗

Minister für die Entwickelung der Reformen gethan? Der jetzige Minister habe vwenigstens, das gebe er zu, den Embryo etwas weiter entwickelt. Die Behauptung des Abg. Stengel, der Antrag zerstöre das

gegenwärtige Steuersystem, sei ebenso unrichtig wie seine

Übrigen, er würde in solchem Falle mit dem Abg. Stengel stimmen. Nun möchten sich die Herren vergegenwärtigen, was es mit diesem Antrage auf sich habe. Er möchte den Unter⸗ schied einmal hervorheben in der Skala, der sein werde, wenn

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6 6 2 2 6 6 —— —— 4 4 ö . 4 2

dieser Beschluß durchgegangen sei und der bisher gewesen sei. Die Prozentsätze fingen jetzt an nach seiner AÄufstellung von 1874 mit 0,56, und gingen weiter auf 0,77, 1,323, 1,ů33, 141, 1, 68, 1,90, 2, 58, 2, 15, 2,35, 2, 52, sprängen bei der klassifizirten Ein⸗ kommensteuer auf 3 Prozent, um dann wieder herunter zu gehen. Wie werde die Sache jetzt sein, wenn man statt dieser G, 56, O, und in der 5. Stufe statt 140, wie bisher, man jetzt 1 Proz. habe, in der 12. statt 2,52, wie bisher, 2 Pro). u. s. w. In seinem Wege liege nun diese Reforin, wenn sie auch freilich keine organische sei. Wenn der Abg. Richter gestern von dem Zwiegestirn Rauchhaupt-Richter gesprochen habe, so bitte er seinen Namen hinzuzufügen, denn auch er habe das Springen der Skala zu verhindern sich bemüht und 1875, ein Jahr nach der Reform, dem Minister Camphausen unter lebhafter Zustimmung der national-liberalen Zeitungen gesagt, die ganze Reform habe nur dann einen Werth, wenn das Springen der Skala in den Mittelsätzen verhindert würde. Jetzt, wo der Finanz-Minister Bitter das Geld habe und man in einigen Wochen diese Reform machen könnte, sage der Abg. Stengel: „er mache nicht mit, er wolle die beiden untersten Stufen der Klassensteuer duraus weg haben.“ Es könne doch aber nicht jeder in jeder Fraktion seine Steuer durchbringen, sonder

man müsse das nehmen, was man bekommen könne. Es solle also nicht das indirekte Steuersystem zerstört, sondern eine allen sympathische Reform angebahnt werden. Allerdings bleibe dann noch die Frage der kommunalen Zuschläge zu erledigen. Nun würde es den Herren, die auch im Reichstage säßen, eine sehr sichere Grundlage für ihre Operationen geben, wenn man darauf hinweisen könnte, daß die Erhöhung der Matrikularbeiträge deshalb nicht angänglich sei, weil der preußische Finanz-Minister die gegenwärtigen Matrikularbeiträge in den Etat Preußens aufgenommen habe; das gebe ein sicheres Fundament für die Sparsamkeitspolitik, die überflüssige Ausgaben streiche; und das sei ja überhaupt der Grund: je mehr man von den Einnahmen aus dem Bereich der Negie— rung ziehe, desto größer sei die Aufforderung zur Sparsamkeit, und die Konservativen wollten ja rücksichtslos sparen. Alles in Allem genommen, komme er zu dem Resultat, daß der dauernde Steuererlaß absolut anzunehmen sei, da derselbe weder der Reichsreform, noch der preußischen, noch der Frage der Quotisirung oder der Kontingentirung präjudizire. Der Abg. von Rauchhaupt habe nun mit seiner gewohnten kolorirten Lebhaftigkeit die Verantwortung dafür, daß das Land noch nicht in den Besitz der Entlastung gekommen sei, auf die linke Seite des Hauses geschoben, demgegenüber bitte er den Abg. von Rauchhaupt von den Vorgängen im Reichstag Notiz zu nehmen. Was habe der Abg. von Rauchhaupt an dem Finanzprogramm des Ministers Hobrecht gestrichen? Dieser hätte 160 Millionen haben wollen und der Reichstag hätte 130 bewilligt. Gestrichen sei die Wehrsteuer und eine noch höhere Tabakssteuer. Wenn ihn sein Gedächtniß nicht läusche, so seien damals die speziellen Freunde des Abg. von Rauchhaupt ebensowenig von der Biersteuer entzückt gewesen, als seine Partei. Jedenfalls hätten gegen dieselbe hervorragende Männer der freikonservativen Partei nicht nur gestimmt, sondern auch gesprochen. Noch jetzt habe, so viel er wisse, der Abg. Stumm oder der Abg. von

Kardorff vor seinen Wählern erklärt, die Biersteuer unter

keinen Umständen anzunehmen. Er könne dem Abg. von Rauch— haupt auf seinem Wege nicht solgen. Seine Partei übernehme auch sehr gern die Verantwortung dafür. Er wünsche, daß das klar vor dem Lande konstatirt werde, daß der Abg. von Rauch⸗ haupt nicht blos die Kornzölle, den Petroleumzoll, die Zölle auf Speck, Schmalz u. s. w. gewollt habe, sondern daß der⸗ selbe dem Volk auch noch die Biersteuer mit auferlegen wolle und ähnliche Steuern, blos

Verlange denn der Abg von Rauchhaupt so viel Respekt vor seinem Steuerprojekt? Der Abg. von Minnigerode habe davon gesprochen, daß der Antrag Richter nicht ernsthaft zu nehmen

verändern wolle, sei ein kleines Experiment. Man sehe ja, 3 112 m K der Antrag Richter-⸗Minnegerode thue das auch. Der

gestellt, aus der er nichts weiter herausgehört habe,

Oh diese Klassen dafür sehr dankbar sein würden, wisse er nicht. Früher habe man immer von einer Verminderung der Steuern gesprochen. Was der Abg. von Rauchhaupt jetzs wolle, darüber sei derselbe dem Hause die Antwort schuldig geblieben. Wolle derselbe die Grundsteuer und die gegenwärtige Gewerbesteuer aufheben und an ihre Stelle eine Kapitalrentensteuer setzen? Dabei würde der Grundbesitz,

den der Abg. von Rauchhaupt entlasten wolle, vielleicht aus dem

Regen in die Traufe kommen. Ueberhaupt werde der Grund⸗

mache, noch sein blaues Wunder erleben. Auch die

Kornzölle, der Petroleumzoll, Kaffee⸗, Speck und Schmalzzoll und wie die Dinge alle heißen, viel mehr kosteten, als die 3 oder die 3 (6, die man ihm an direlten Steuern er⸗ lassen wolle. Und wo bleibe überdies die große Masse, die gar keine direkte Steuer zahle, und welche jetzt durch die in⸗ direkten Steuern bedrückt werde, ohne in dem Steuererlaß ein Aequivalent zu finden. In der Kommission sei von einem konservativen Abgeordneten ausdrücklich konstatirt, die Be⸗ lastung der Bevölkerung durch die indirekten Steuern sei so groß, daß eine Erleichterung an den direkten Steuern unab⸗ weislich sei, seldst wenn dies nur auf dem Wege einer Anleihe möglich sein sollte. Das sei die beste Kritik in der ganzen Steuerreform, die man gemacht habe. Es sei wunderbar, daß die Freikonservativen, die früher mit dem höchsten Eifer für die Wirthschaste⸗ reform eingetreten seien, jetzt nicht zu haben seien, wo es sich um eine Entlastung des Volkes handele. Seine Partei habe damals gesagt, man solle an eine derartige Reform nicht eher gehen, als bis man ein fertiges Steuerprogramm habe. Jetzt wisse man nicht einmal, wie die Sachen untergebracht werden sollten. Man werde ja bei dem Verwendungsgesetz hören, daß die Herren jetzt in Verlegenheit seien, und der Abg. von Meyer