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Abg. Frhr. von Zedlitz und Neukirch bedauerte, durch rung in Schleswig lasse sich die Beschleunigung des Verfah⸗
habe ganz recht gesagt, die Uebertragung der Grund- und Ge⸗ er ⸗ r ͤ i den Schluß der Debatte überhaupt nicht und, um dem Abg. rens aufs Aeußerste angelegen sein. Es dürfe aber nicht
une] . 5* ̃ 860 Einwande, daß es auffallend sei, daß schon ein Grundsteuer—⸗ bäudesteuer se Es sei sehr viel leichter, große Pro-
gramme für ein rreform zu machen, als sie nachher in speziellen ( twürfen durchzuführen. Er hätte allerdings angenommen, daß, als der Finanz⸗-Minister Hobrechk diese Reform im Reichstag gebracht habe, das Finanzprogramm in Paragraphen ausgearbeitet bereits im Ministerium vorliege und nicht, daß man jetzt nach einem Jahre sich noch den Kopf zerbrechen werde darüber, wie man die Vertheilung der Grund- und Gebäudesteuer vornehmen solle. Das sei die beste Charakteristik für die Ueberstürzung, mit der man diese Projekte ins Leben gerufen habe. Bei dem Verwendungsgesetz würde sich herausstellen, daß der Finanz⸗Minister auf keine Partei in diesem Hause bei der Durchführung zu rechnen habe, weil keine Partei das für einen rationellen Weg halte, die 130 Millionen neuer Einnahmen, die geschaffen worden seien zu vertheilen. Sei das altpreußische Finanz- tradition? Er könne den Finanz⸗Minister nur bitten, die 100 Millionenprojekte, die er für den Reichstag noch in petto habe, einstweilen noch im Portefeuille zu behalten. Er danke bestens dafür, jetzt die 110 Millionen noch hinzuzufügen, die einen neuen schweren Druck auf das Volk ausüben würden. Er werde diesem Steuererlaß mit seinen speziellen Freunden zustimmen, weil es von der Volksvertretung nicht richtig wäre, der Regierung mehr zu geben, als sie haben wolle. Er halte es aber auch für eine Pflicht der Loyalität dem Lande gegen⸗ über, die Ersüllung des Versprechens, daß die 130 Millionen u Steuererlassen gebraucht werden sollten, nicht zu hindern ind erkläre sich deshalb für den Antrag Richter-Minnigerode. Der Abg. Frhr. von Huene erklärte, er habe sich als Gegner zum Wort gemeldet, weil der Antrag Richter zur Debatte gestanden habe, werde aber für den Kommissions— antrag stimmen. Die Stellung des Centrums zu demselben sei eine einfache Konsequenz seiner Haltung in der Steuer— und Wirthschaftspolitik. Er beschränke sich daher darauf, die Stellung feiner Fraktion, die er als eine einheitliche bezeichnen könne, darzulegen, auch sich jeder Liebeserklärung zu enthalten, von der der Äbg. Rickert gesprochen habe. Im Gegentheil, wenn man das Centrum heute auf Seiten der Regierung sehe, so werde man begreifen, daß eine solche Stellung im Hinblick auf die Verhandlungen der letzten Tage seiner Partei recht schwer werden werde. Die letzten Verhandlungen hätten gezeigt, daß das Centrum hinsichtlich der Rechte unter allen anderen Staatsbürgern stehe, während dieses Gesetz seine Partei daran erinnere, daß Lasten und Pflichten das Centrum vollständig so drückten wie die Anderen. Schon bei der ersten Lesung des Etats habe er den Stand⸗ punkt eingenommen, daß er abwarten wollte, oh seine Partei zur Bewilligung des Steuererlasses die Grundlagen in den Mittheilungen finden würde, die dem Hause gegeben werden sollten. In der ersten Lesung habe dem Hause kein Material vorgelegen. Seitdem habe man eine Reihe von Mittheilungen über die Ergebnisse der Betriebsverwaltungen erhalten; auch habe die Regierung wiederholt erklärt, daß sie in der Lage sein werde, einen dauernden Steuererlaß zu befürworten. Er lege auf diese Erklärungen großes Gewicht; denn nur die Regierung könne die Bedeutung der Zahlen richlig ermessen, die dem Hause in dem Nachweise vor— gelegt seien. Er habe sich den Erlaß von Anfang an nur als einen dauernden denken können. Wenn das Centrum nicht die bestimmte Aussicht hätte, ihn im nächsten Jahr wieder bewilligen zu können, so würde seine Partei den⸗ selben auch für dieses Jahr ablehnen. Ein Zwang zur Be— willigung liege für seine Partei darin, daß das Centrum seiner Zeit fur die indirekten Steuern und Zölle im Reiche gestimmt habe. Das Centrum habe das nur gethan im Hin— blick auf die für Preußen vorgesehenen Steuererleichterungen. Wenn seine Partei den Steuererlaß lieber im Wege eines Gesetzes ein für alle Mal bewillige, als im Wege der jedes⸗ maligen Etatberathungen, so thue dieselbe das zunächst, weil die letzteen zu Wahlagitationen gemißbraucht werden könnten. Zweitens werde die Finanzverwaltung mehr zur
4 . ; 8 2 h . Sparsamkeit angeregt, wenn sie sich einem dauernden Ausfall
ihrer Einnahmen gegenüber sähe. Dem Abg.. Richter
von Rauchhaupt im Hause bereits gefunden hätten, halte er die Annahme derselben für gesichert und könne sie auch vom Standpunkte der Kommission aus nur befürworten. Der Abg.
annehmen,
in demselben
Richter werde ihm zugeben müssen, daß die Kommission doch
wolle er nicht das Verdienst streitig machen, den im Kom— missionsantrag enthaltenen Gedanken zuerst zum
sich trotzdem für den Antrag Minnigerode erklären, weil der⸗
lbe formell der korrektere sei und es klar durchblicken lasse,
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daß man in diesem Augenblick noch nicht eine desinitive Aende— rung der preußischen Steuergesetzgebung eintreten lassen wolle. Dem Rauchhauptschen Zusatzantrage werde seine Partei zu⸗ stimmen. In Betreff der „Vinkulationen“ habe er in der Kom⸗ mission einfach erklärt, daß seine Partei sich durch die Annahme dieses Gesetzes zu nichts weiter verpflichte als dazu, dem⸗ selben die nöthigen Konsequenzen in der Ausführung zu ge⸗ währen. Von einer Vinkulation hinsichtlich der Reichssteuern könne nicht die Rede sein. jahre hasire ausdrücklich auf den im Jahre 1879 bewilligten Reichssteuern und Zöllen, die ihrerseits im Hinblick auf das versprochene Verwendungsgesetz erlassen seien. Dem Abg. von Rauchhaupt erwidere er: das Centrum habe der Wirthschafts⸗ politik des Reichskanzlers zugestimmt, nicht im Sinne einer HDeeresfolge, sondern weil damit ihr eigenes Programm er⸗ süllt würde. Seine Partei werde den Kanzler insoweit weiter unterstützen, als dessen Politik sich in den Grenzen ihres Pro⸗ gramms halte. Auch in Bezug auf die preußische Steuer⸗ reform vinkulire das Centrum sich mit diesem Gesetze nicht. Da die indirekten Steuern notorisch die unteren Steuerklassen höher belasteten als die oberen, so müßten beim Erlaß direkter Steuern jene mehr berücksichtigt werden als diese, und kein preußisches Steuerreformgesetz sei möglich, welches diesen Grundsatz nicht acceptire.
Die Debatte wurde geschlossen. Persönlich bemerkte der von Nauchhaupt, der Abg. Rickert sinde die von ihm vor⸗ getragenen Grundzüge der Steuerreform unklar, man könne daraus nichts machen. Im Rahmen einer persönlichen Be⸗ merkung könne er dem Abg. Rickert diese Unklarheit nicht neh⸗ men. Er könne nur konstatiren, was er gesagt habe. Neben der Personalsteuer denke er sich eine Ertragssteuer vom fun⸗ dirten Vermögen und zwar vom Grundbestz, von dem im Ge werbebetriebe angelegten und von dem ZJinsen und Renten tragenden Kapital. Diese Ertragssteuer sei aber nach einem gleichen Prozentsatz zu erheben und die Grund⸗ und Gebäude⸗ steuer diesem Prozentsatz anzupassen. Er überlasse dem Abg. Rickert bis zur Debatte über das Verwendungsgesetz, wo er die Neugierde des Abg. Rickert befriedigen werde, darüber nach⸗ zudenken, ob derselbe das Kapital mit demselben Prozentsatz heranzuziehen gedenke, wie den Grundbesitz. Wolle der Abg. Rickert dies, dann sei er mit demselben einverstanden.
Mi Abg.
Ausdruck gebracht zu haben, er und seine politischen Freunde würden
2 2 ꝛ ö Dieses Gesetz, wie das vom Vor⸗
Rickert gebührend zu antworten, zu Wort gekommen zu sein. Der Referent Abg. Frhr. von Minnigerode erklärte, nach der Beurtheilung, die die beiden Anträge von Huene und
Richter habe gestern wiederholt die Priorität für seinen An⸗ trag in Anspruch genommen. Er könne demgegenüber nicht daß die Ausführungen gegen sein Referat Kommission gerichtet seien; denn er habe hervorgehoben, daß die Anregung zu einem dauernden Erlaß von dem Abgeordneten Richter ausgegangen sei. Letzterer habe aber daneben doch selbst anerkannt, daß sein ursprünglicher Antrag im Wesentlichen nur einen hingeworfenen Gedanken enthalte, und der Abg.
aus der
erst aus seinem Homunkulus einen Menschen gemacht habe, abgesehen davon, daß doch auch die finanzielle Situation bei Einbringung des Antrages wesentlich eine andere gewesen sei, und daß jetzt die gebesserte Lage der Finanzen im Reiche und in Preußen eine andere Beurtheilung des Antrages als da— mals erheische. Darin liege auch eine wesentliche Differenz. Der Abg. Richter habe sodann, obwohl er zur Zeit als Refe⸗ rent in seinen Ausführungen gebunden sei, dennoch mehrfach Aeußerungen von ihm aus der ersten Lesung hier vorgebracht und bekämpft. Als Berichterstatter sei er zur Zeit nicht im Stande zu repliziren und werde sich, auch durch das Vor— gehen des Abg. Richter nicht verführen lassen, aus den Grenzen seiner Verpflichtung als Referent herauszutreten und müsse daher für den Augenblick darauf verzichten, dem Abg. Richter zu antworten. Dem Abg. Hobrecht, der in seinen ein— leitenden Ausführungen eine genügende Hervorhebung des finanziellen Momentes für einen dauernden Steuererlaß ver— misse, bemerke er, daß er ausdrücklich auf eine Besserung der Einnahmen in Preußen und im Reich hingewiesen und ange— deutet habe, daß auch innerhalb der geplanten Reform der direkten Steuern in Preußen ausgleichende Mittel für diese 14 Mill. sich finden würden. Diese drei Momente zusammen— genommen seien in der Kommission bestimmend gewesen, um in Bezug auf die finanziellen Gesichtspunkte des dauernden Erlasses beruhigend zu wirken.
Der Abg. Richter bemerkte, er habe nicht gesagt, wie der Referent jetzt angeführt habe, sein Antrag hätte nur einen hingeworsenen Gedanken gehabt, der dann ausgearbeitet wor— den sei, sondern sein Antrag enthielte den Grundgedanken, also einen vollständigen homo, dem der Abg. von Minnigerode nur einen andern Hut aufgesetzt und ihm den Bart ein wenig zugestutzt habe.
Der Abg. Richter verzichtete auf die Abstimmung über seinen Antrag zu Gunsten des Kommissionsantrages, und wurde zunächst das Amendement von Rauchhaupt zum §. 1 an— genommen.
Ueber §. 1 selbst wurde namentlich abgestimmt und der— selbe mit 243 Stimmen gegen 166 Stimmen angenommen.
Die folgenden Paragraphen wurden mitsammt den An⸗ trägen von Rauchhaupt und von Huene angenommen, so daß nunmehr der Gesetzentwurf folgendermaßen lautet:
§. 1. Drei Monatsraten der Klassensteuer und der fünf untersten Stufen der klassifizirten Einkommensteuer bleiben in Zu⸗ kunft außer Hebung, vorbehaltlich der Reform der Klassen« und klassifizirten Einkommenstener. Welche Monatsraten un⸗ erhoben bleiben, hat der Finanz⸗Minister zu bestimmen. S. 2. Der zu diesem Steuererlasse erforderliche und nach Vorschrist de §. 4 des Gesetzes vom 16. Juli 1880 ju berechnende Betrag kommt auf die nach §. 1 jenes Gesetzes zu Steuererlassen zu ver⸗ wendenden Geldsummen in Anrechnung. 5§. 3. Die Erhebung von Kommunahuschlägen zu den im 5. 1 gedachten Steuern, benehent⸗ lich die Vertheilung an Kommanallasten nach dem Maßstabe der⸗ selben erfolgt unter Zugrundelegung der in den Gesetzen über die Klassen⸗ und klassifizitte Einkommensteuer vorgeschriebenen Steuer⸗ sätzen. Ebenso ist in allen denjenigen Fällen, in welchen die ju entrichtenden Steuern von irgend welchem Einflusse auf die Aus— sibung von aktiven oder passiven Wahlrechten sind, der des fallsigen Berechnung das Veranlagungesoll zu Grunde zu legen. 5. 4. Be⸗— züglich der für die örtliche Erhebung und für die Veranlagung der Klassenstenuer den Gemeinden bewilligten Gebühren bewendet es bei der Bestimmung des §. 6 des Gesetzes vom 16. Juli 1880. 5§. 5. Den hohenzollernschen Landen wird jähr⸗ lich ein Betrag Überwiesen, welcher nach dem Verhältnisse der durch die letzteorangegangene Volkszählung ermittelten Beyöl ke rungt zahl des übrigen Staatsgebieteg zu der der hohenzollernschen Lande einem Erlasse ron 14 Millionen an Klassen⸗ und Einkommen⸗ steuer enispricht. Die Feststellung dieses Betrages erfolgt durch den Staatshauthalts⸗Etat. Der festgesetzte Betrag wird nach dem Verhältnisse der durch die letztoorangegangene Volkszählung er— mittelten Einwohnerzahlen auf die einzelnen Gemeinden vertheilt. Den Vertretern der Letzteren steht die Beschlußfassung über die
Verwendung zu.
Titel 3 und 4 der direkten Steuern (Klassen- und klassi⸗ fizirte Einkommensteuer) wurden hierauf ohne Debatte un⸗ verändert bewilligt.
Zum Titel: Grundsteuer (40 195 000 66) bemerkte der
Abg. Dr. Seelig, in Schleswig⸗Holstein sei die neue Grund⸗ stener bereits seit einigen Jahren zur Erhebung gelangt, das Entschädigungsverfahren fuͤr die Privilegirten sei aber noch durchaus im Rückstande. Es seien nicht nur über die Ent⸗ schädigungsansprüche bisher noch keine Entscheidungen gefällt worden, sondern es sei auch in vielen Kreisen noch nicht einmal die Aufforderung ergangen, die Entschädigungs⸗ ansprüche anzumelden. Die Schwierigkeit, die der Gegen⸗ stand mit sich bringe, verkenne er nicht, allein es scheine ihm doch, als ob die Verschleppung dieser Angelegen⸗ heit in Schleswig⸗Holstein eine nicht durch die Umstände voll⸗ kommen gerechtfertigte sei, namentlich in dem Sinne, daß auch nicht einmal die Ansprüche auf Entschädigung angemeldet werden könnten. Es beruhe das darauf, daß das Aussonde⸗ rungsversahren noch so weit im Rückstande sei, und zwar wesentlich dadurch, daß durch die Regierung eine Anzahl Sachen, die noch streitig gewesen seien, von den ordentlichen Gerichten weggenommen, und vor das Revisionskolleg gebracht worden seien. Die hier schon oft zugesagte Abhülfe sei bis jetzt noch nicht eingetreten; er brauche wohl nicht erst auseinander zu setzen, wie sehr durch eine solche Verschleppung die Grund⸗ besitzer geschädigt würden. Es wäre im höchsten Grade zu wünschen, daß in den Gang dieser Angelegenheit ein beschleu⸗ nigteres Tempo gebracht würde.
Der Regierungekommissar Regierungs⸗Rath Fuisting ent⸗ gegnete, das Grundsteuer⸗Entschädigungsverfahren in Schles⸗ wig⸗Hoistein sei bereits in zehn Kreisen eingeleitet, in den
übrigen noch nicht. Die Fristen zum Entschädigungsverfghren seien in den zehn Kreisen schon abgelaufen, und die Regie⸗
Wunder nehmen, daß die Sache sich so lange hinziehe, denn in den östlichen Provinzen habe dieses Verfahren fünf Jahre in Anspruch genommen, und in Schles⸗ wig komme zu Lerselben Massenhaftigkeit des Materials noch der Umstand, daß die meisten der Ansprüche in ganz unsubstantiirter Weise eingebracht würden. In den Kreisen, in denen das Verfahren noch gar nicht eingeleitet sei, liege der Grund darin, daß die zahlreichen Prozesse, die über die Steuernatur der Gefälle schwebten, noch nicht zum Abschluß gekommen seien. Auf die Beschleunigung dieser Prozesse habe die Regierung keine Einwirkung. Die Regierung zu Schles⸗ wig bemühe sich mit bestem Willen, die Angelegenheit nach Möglichkeit zu fördern, es liege der Regierung selbst daran, das Uebergangsstadium bald zu beendigen.
Der Abg. Hansen betonte, daß die Worte des Regierungs kommissars zeigten, daß die thatsächlichen Verhältnisse aller— dings so lägen, wie der Abg. Seelig ausgeführt habe, und daß für die Bevölkerung von Schleswig⸗Holstein Grund vor⸗ handen sei zu wünschen, daß in dieser Angelegenheit eine etwas raschere Gangart gewählt werden möchte. Von 18 Kreisen sei überhaupt erst in 16 das Verfahren eingeleitet, noch in keinem einzigen erledigt. In den 8 Kreisen, wo das Verfahren noch gar nicht eingeleitet sei, könne davon also gewiß nicht die Rede sein, daß durch die Interessenten selbst irgend wie etwas zu der Verschleppung beigetragen sei. Die Schwierig⸗ keit und den Umfang der Materie verkenne er nicht, und es liege ihm sehr fern, gegen die Regierung in Schleswig den Vorwurf der Bissigkeit zu erheben. Er wünsche aber auch, daß die Regierung, wäre es auch durch Verwendung außer— ordentlicher Arbeitskräfte, das erfüllen möge, was der Regie— rungskommissar in Aussicht gestellt habe.
Die Position wurde genehmigt.
Zur Position (Gebäudesteuer 27 500 000 ) besprach der Abg. Dirichlet die vor längerer Zeit dem Hause zugegangene Denkschrift über die Revision der Gebäudesteuerveranlagung und tadelte den zu einseitig fiskalischen Standpunkt derselben; von einer sehr erheblichen Steigerung des Nutzungswerthes der Gebäude in der letzten 15jährigen Periode könne in vielen Landes!heilen durchaus keine Rede sein. Nur im Regierungs⸗ bezirk Stralsund und in einzelnen Kreisen der Mark Branden⸗ brug habe man der abnehmenden Bevölkerung auch durch ab— nehmende Gebäudesteuer Rechnung getragen. So sei in Greifs— wald eine Verminderung von 2,7, in Rügen von 11,1. Dagegen stehe gegenüber einer Bevölkerungsabnahme (in den Jahren 1864 — 1875) von 0, pCt. im Kreise Gerdauen eine Steuersteigerung von 30 Prozent, von 04 Prozent im Kreise Eylau eine von 20 Prozent, von 3 Prozent im Kreise Pillkallen eine von 22 Prozent, von 2 Prozent im Kreise Darkehmen eine von 37 Prozent; von 2 Prozent für die Jahre 1863 — 1880 im Kreise Angerburg eine von 64 Prozent, desgleichen von 3 Prozent im Kreise Goldapp eine Steuerzunahme von 32 Prozent. Man müsse daher die Veranlagung zur Gebäude⸗ steuer unter diesem Gesichtspunkte einer gewissen Parallelität zwischen Steuer- und Bevölkerungs- resp. Wohlstandsabnahme betrachten. Er habe darum die Regierung ersucht, dem Hause Material zu geben; das Material, das der Einzelne sich schaffen könne, sei nicht so gründlich und umfassend. Die erfolgte Herabsetzung der Einschätzung in den Regierungsbezirken Königsberg und Gumbinnen seit lange nicht erheblich genug gewesen. Diese Resultate der Ein⸗ schätzungskommissionen seien nur dadurch zu erklären, daß in dieser Beziehung Seitens der Veranlagungsbehörden eine ganz unglaubliche Pression ausgeübt sei. Von großem Ein⸗ fluß auf die ganze Höhe der Einschätzung sei die Frage, bei wie viel Grundsteuer-Reinertrag oder überhaupt bei welchen Wirthschaften die Steuerstufe einsetze. Entgegen der Denk— schrift arte nun die Gebäudesteuer einfach sin einen Zuschlag der Grundsteuer aus, und sei erst die 7. Steuerstufe ange⸗ nommen, so gestalte sich die Sache zu einem Rechenexempel nach oben. Nun habe man hier auf Seite 174 eine Dar⸗ legung, welcher Multiplikator für den großen, mittleren und kleineren Grundbesitz anzuwenden sei, um zu dem wirklichen Reinertrage zu kommen, und zwar sei für den kleinen als Maximalmultiplikator 5 angenommen. Das Maxi⸗ mum werde nun wohl nicht viel kleiner gegriffen werden, als in den Intentionen der Veranlagung überhaupt liege. Nach einer Zusammenstellung aus seinem Kreise habe die Veranlagungs⸗ behörde des Regierungsbezirkes Gumbinnen bei 20 Thlr. Grundsteuerreinertrag die Selbständigkeit als erreicht angenom⸗ men. Also käme man hier auf den Multiplikator 7. Das sei doch in der That eine gewagte Berechnung. Ein weiterer, auf die Gebäudesteuer auf dem platten Lande sehr einschneidend wirkender Faktor sei die Einschätzung der Arbeitshäuser, welche gesetzlich nicht über die sechste Steuerstufe hinaus geschätzt werden dürften. Wenn auf demselben Gut ein großes Haus mit 10 Woh⸗ nungen existirte, so müsse der Besitzer für diese 19 Wohnungen die sechste Steuerstufe zahlen, während wenn derselbe nebenbei zwei Häuser habe, die durch eine Brandmauer getrennt seien, von je fünf oder sechs Wohnungen, derselbe für die einzelnen Wohnungen das Doppelte zahle. Eine Reklamation gegen dieses eigenthümliche Verfahren sei bei der Centralinstanz ein⸗ gereicht, von dieser aber mit einem quod non abgewiesen. Er möchte die Regierung bitten, mit Rücksicht auf die von ihm entwickelten Gesichtspunkte, insbesondere auch über das Ver⸗ hältniß der Zu⸗ resp. Abnahme der Steuern zur Zu⸗ resp. Abnahme der Bevölkerung und des daraus sich ergebenden — . eine Zusammenstellung zu machen, die eine ge⸗ naue Prüfung ermögliche. Jedenfalls enthalte das Material, das der Volksvertretung zu Gebote stehe, in dieser Beziehung nichts. Er behalte sich vor, eventuell bei der 3. Lesung sor⸗ melle Anträge zu stellen.
Der Negierungskommissar General-Direktor der di⸗ rekten Steuern Burghart entgegnete, der Regierung sehr erwünscht, wenn die erwähnte Denkschrift ein⸗ gehende Würdigung hier im Hause finde. Auf die speziellen Anführungen des Vorredners aus dessen Kreise könne er natürlich nicht eingehen. Was inzsbesondere die Beschwerden des Vorredners über die Veranlagung von
Arbeiterwohnungen betreffe, so beruhe das von demselben be⸗ mängelte Verfahren ausdrücklich in den allgemeinen Veran⸗ lagungsgrundsätzen und sei keineswegs der Veranlagungs⸗ behörde seines Kreises zur Last zu legen. Man könne ja streiten, ob die Regierung in ihrer Vorschrist das Richtige getroffen habe. Jedenfalls aber habe die Re⸗ die
gierung nicht nöthig, besonderen Verhältnisse jenes Kreises in Betracht zu ziehen, sondern das Haus fi voll⸗ kommen in Besitz jenes Materials, dessen es zu einer Prüfung der vorliegenden Frage bedürfe. Aehnlich sei es mit dem
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er n n,.
reinertrag von 20 Thalern bei solchen Gütern als Kriterium ( . l ländigkeit genüge. Die Grundsätze, nach denen diese wirthschaftliche Selbständigkeit — eine sehr wichtige, freilich auch schwierige Frage — zu beurtheilen sei,
der wirthschaftlichen Selbständigkeit genüge.
finde man gleichfalls vollständig in dem vorliegenden Ma— lerial. Beispiele, wie sie der Vorredner aus seinem Kreise angeführt habe, seien auch aus andern vielfach bekannt. Der Hauptangriff sei aber dahin gegangen,
an der Spitze der Gemeindesteuergesetzgebung stehe. Deduktionen richteten sich aber thatsächlich doch nur dagegen, daß der Gesetzgeber nicht die richtigen Mittel ergriffen habe zur Ausführung seiner Absicht. Derselbe möge darin viel— leicht zum Theil Recht haben, aber dann seien seine Bedenken de lege ferenda in Erwägung zu ziehen. Nimmermehr aber könne man daraus einen Angriff dagegen herleiten, daß die bestehenden gesetzlichen Bestimmungen nicht richtig ausgeführt
seien. Die Regierung werde durch die sehr wichtigen Erfah⸗
zungen, die man bei dieser sehr sorgfältig durchgeführten Ge— zäudesteuerrevision gemacht habe, jedenfalls zu einer Revision des Gebäudesteuergesetzes veranlaßt werden. habe bereits alle betheiligten Organe aufgefordert, sich über ö. Wahrnehmungen und ihre Verbesserungsvorschläge zu äußern. darüber vor, und nichts würde derselben lieber sein, als wenn auch die Verhandlungen der Budgetkommission und dieses Hauses ihr neues Material zu einer wirklichen Verbesserung des Gebäudesteuersystems lieferten. Hierauf wurde die Diskussion geschlossen.
Der Berichterstatter, Abg. Freiherr von Minnigerode konstatirte, daß der Budgetkommission viele darauf bezügliche
Petitionen vorgelegen hätten, daß es ihr aber bei der koloffalen Arbeitslast bisher noch nicht möglich gewesen sei, diese oder die vorjährige Denkschrift in Berathung zu ziehen. Beides solle jedoch noch in dieser Session geschehen und Bericht darüber erstattet werden.
Die Position wurde angenommen, desgleichen die übrigen Titel der Einnahme, ebenso die Ausgaben mit Ausnahme des Titels 20 Kap. 6 „zu Bureaubedurfnissen“, welcher von 182 200 6 auf 160 000 M herabgesetzt wurde. Angenommen wurde ferner das Extraordinarium mit 930 231 e.
Es folgte der Etat der allgemeinen Finanzver— waltung.
Tit. J. setzt den Antheil an dem Ertrage der Zölle und der Tabakssteuer auf 34 123 900 (6 fest.
Der Abg, von Griesheim interpellirte den Finanz⸗Minister wegen der bei der Generaldiskussion des Etats von demselben gethanen Aeußerungen über die Tabakssteuer, welche im Lande eine große Beunruhigung hervorgerufen hätten. Sowohl der Minister als auch mehrere konservative Redner hätten die Möglichkeit einer noch höheren Besteuerung so staͤrk betont, daß die Interessenten, zu denen auch er gehöre, in die größte Unruhe versetzt worden seien. Es sei doch wahrlich nicht an der Zeit, schon wieder von einer Erhöhung der Steuern zu sprechen. Man spreche jetzt immer von der Entlastung der unteren Volksklassen, die Art, wie die Tabakssteuer ge— wirkt hahe, bilde dazu aber eine sehr merkwürdige Illustra— tion. Es herrsche in der Frage der Tabaksbesteuerung die größte Unklarheit; die Kommission des Reichstages hätte die Einnahmen aus dem Tabakszoll und der Steuer für 1880 auf 221 Millionen, für 1881 auf 41 Millionen veranschlagt. Wie hätten sich aber die Erträge gestellt? Im laufenden Etatsjahr seien bis November 78 600 Doppelcentner eingeführt worden, man könne also annehmen, daß im Ganzen 99 000 Doppelcentner eingeführt seien, das mache 7 650 000 6 an Zolleinnahmen, dazu die inländische Tabakssteuer mit 4 - 5 Mil⸗ lionen gerechnet, gebe immer noch gegen den Voranschlag der Kommission ein Minus von 10 Millionen. Er dächte, da wäre es doch wahrlich nicht an der Zeit, auszusprechen, daß der Tabak ein sehr steuerfähiges Obsiekt sei. Der Minister habe diesen Ausspruch zwar gewissermaßen nur wie einen vollswirthschaftlichen Lehrsatz hingestellt, seine Worte hätten aber im Lande die größte Beunruhigung hervorgerufen; bergesse man doch nicht, daß es sich um eine wichtige In— dustrie handele und daß die Tabaksinteressenten doch auch preußische Steuerzahler seien; von allen Seiten spreche man von Entlastung; man spende Wohlwollen überall hin; welche Jefühle sollten da die Hunderttausenbe haben, die in ihrem Erwerb auf die Tabaksindustrie angewiesen seien? Namentlich wenn man sehe, daß aus den Reichsüberschüssen 34 Millionen nn Preußen überwiesen werden könnten, dann hätte man doch
ch Grund, die Tabaksindustrie in Ruhe zu lassen. Die erhältnisse in der Tabaksindustrie seien recht bedenklich. Tie Fabrikation habe um 50 Prozent abgenommen, und die Abnahme des Konsums, die im Reichstage auf 15 Prozent
erg sse
er H f ; in geg n, daß die ganze Einschätzung nicht mit dem Prinzip Üͤbereinstimme, welches Seine
Die Regierung
Es lägen der Regierung bereits zahlreiche Berichte
Meine Herren! Ich will in Bezug auf diejenigen Fragen, die de Herr Vorredner eben wegen der Tabakemanufaktur in Straßburg zur Sprache gebracht hat, doch vor allen Dingen bemerken, daß die preußische Staatsregierung auf den Betrieb dieser Manufaktur nicht die geringste Einwirkang ausüben kann; sie kann nur dann einwirken, wenn die Sache im Bundesrath zur Sprache kommt. Nun sind mir die Mittheilungen, die der Herr Vorredner ge—
macht hat, alle aanz genau bekannkz an mich ist auch ein gleiches
CEirkular ergangen, wie es zur Sprache gebracht ist, ich habe auch gleiche Anerbietungen bekommen und ich habe zu meinem Be⸗—
dauern nur keinen Gebrauch davon machen können, weil ich nicht rauche. Die Frage ist in Folge dieser Cirkulare von rerschiedenen Seiten, nämlich von Seiten einiger Handelskammern und verschiedener Firmen an den Bundesrath gelangt, sie ist dort geprüft worden, vor— läufig nach der formellen Seite hin, und es hat sich gefunden, daß bei allen diesen Beschwerden eine Erledigung im instanzen⸗ mäßigen Zuge mir keineswegs vorliegt; der Bundesrath wird also Veranlafsung haben, dem Herrn Statthalter von Elsaß ; Lothringen diese Beschwerden mitzutheilen und ihm zur weiteren ressortmäßigen Erledigung überlassen. Sie werden das als einen korrekten Weg anerkennen, der hier im Hause in jede oolchen Frage gleichfalls beschritten wird und beschritten werden muß;
keine Petition wird hier angenommen und beurtheilt, wenn sie nicht zuvor bei den instanzmäßigen Behörden ihre Erledigung gefunden hat.
Im Uehrigen handelt es sich in dieser Frage überhaupt nur um den preußischen Antheil an den Zöllen und an der Tabaks stener, die Zahlen, die der Herr Vorredner angeführt hat, kann ich im Augenblick nicht prüfen, ich müßte dazu erst die Einnahmeregister der Zoll verwaltung einsehen, welche mir im Augenblicke nicht vorliegen; ich kann also über die gegehenen Zahlen in dieser Spezialisirung nicht urtheilen.
Wenn mir aber in gewissem Sinne der Vorwurf gemacht ist.
daß ich durch eine Bemerkung bei Einbringung des Etats eine Art von Aufregung bei den Tabaksinteressenten hervorgerufen hätte, so möchte ich doch konstatiren, welche Bemerkung ich damals gemacht habe. Es war davon die Rede, welche steuerfähigen Objekte es über- baupt gäbe, und da habe ich erklärt, daß der Tabak mir ein steuer. fähiges Objekt zu sein scheine. Das, glaube ich, wird von keiner Seite her bestritten werden, und ich glaube auch nicht, daß eine Veranlassung vorliegt und vorltegen kann, aus dieser Bemerkung die Folgerung zu ziehen, daß es der Negie— rung darauf ankomme, wie früher einmal gefagt worden ist — der Tabaksindustrie die Schlinge um den Hals zu werfen, oder sie me— thodisch — wie man sich früber hier ausgedrückt hat — zu Tode zu hetzen. Der Herr Handels⸗Minister, von dem Sie überzeugt sein können, daß er den Schutz der nationalen Arbeit fo boch stellt, wie irgend Einer im Lande und irgend Einer hier im hohen Hause, denkt nicht entfernt daran, in dieser Weise eine vater ländliche Industrie — ich will den Ausdruck noch einmal gebrauchen — „„zu Tode hetzen zu wollen. Es handelt sich im Augenblick, so weit ich übersehen kann, keineswegs um Vorlagen, welche nach dieser Richtung hin dem Reichstage gemacht werden follen. Es handelt sich für jetzt blos um die Erwägung, welche ich, wie oben bemerkt, bei der Etatsrede ausgesprochen habe, ob und in welcher Weise die Bedürfnisse des Landes nach der einen oder anderen Rich—⸗ tung hin durch steuerfähige Objekte befriedigt werden können. Es ist, wie gesagt — ich wiederhole das —, von einem Bestreben, der Tabaks industrie als solcher zu nahe zu treten, zur Zeit, sovie ich weiß, keine Rede; ob man später, wie man behaub:et hat, darauf zurückkommen wird, das weiß ich nicht. Ich glaube, die Beunruhi— gung geht viel von Kreisen aus, welche die Frage licber nicht in agitatorischer Weise betreiben sollten.
Ich bin der Meinung, daß die Frage der höheren Besteuerung des Tabak, wenn sie noch einmal zur Erscheinung kommen sollte, dann ihre schließliche Erledigung wird finden müssen. Im Augen blick, wie gesagt, muß ich bestreiten, daß irgend eine Thatsache vor— liegt, welche zur Beunruhigung dieser Industrie beitragen könnte. Hätte der Reichstag, das dürste ich eigentlich hier nicht sazen, im Jahre 1879 die erhöhten Tabakszölle angenommen, die ron der Reichsregierung in Vorschlag gebracht wurden, dann würde die ganze Frage bereits ihre Erledigung gefunden haben. Das ist nicht geschehen, daraus folgt aber in keiner Weise, daß die Tabaksindustrie zu Tode gebetzt oder in einer schädigenden Weise im Bereich der nationalen Arbeit in eine Stelle versetzt werden soll, in der sie ihre berechtigte Existenz nicht finden könnte.
Ich glaube mich auf diese wenigen Worte
1.
. l n iese wen beschränken zu sollen, zeil ich nicht weiß, was ich sonst noch anderes Sache speechen u
könnte obne damit den Reichsfaktoren, die doch auch ihre Berechtigung dabei haben, vorzugreifen, wobei ich wiederholt erklären muß, daß mir von jetzt bevorstehenden Absichten gegen die Tabaksindustrie nichts bekannt ist.
Der Abg. Richter erklärte, die Aeußerung des Ministers über die Erhöhung der Tabakssteuer sei doch nicht so harmlos, wie derselbe sie jetzt darstelle. Der Minister habe damals bei der Entwickelung seines Finanzprogramms ausgeführt, daß zur Durchführung des Verwendungsgesetzes 410 Millionen Mark neuer Steuern im Reiche nöthig seien; unter den neuen Besteuerungsprojekten — theilweilse lägen ja die Gesetz— entwürfe dem Bundesrath schon vor — habe der Finanz⸗ Minister auch den Tabak genannt. Das sei doch etwas ganz
Hierauf ergriff der Finanz-Minister Bitter das Wort:
zu beruhigen.
agitirt gegen die Gewerbefreiheit u konkurrenz führe. i
Der eigentliche . die Kaiserlich lbar vor der Zollerhöhung noch so viel Tabak angekauft habe, daß sie in . 3 Ea nicht 100 6 dafür hätte auszugeben brauchen. Der Reichskanzler als Leiter der Straßburger Fabrik habe hier gegen den Reichs⸗ kanzler als Finanzbehörde spekulirt; auch Private hãtten derart spekulirt, aber ihren Spekulationen zöge das Kapital und das eigene Ristko Schranken, wäh⸗ rend die Straßburger Manufaktur auf Staatskosten fpekulirè. Was er am meisten bedauere, sei die zudringliche Ärt, wie die Manufaktur mit der Bezeichnung „Kaiserlic“ verfahre. Unerhört sei, daß eine Staatsanstalt in diefer Weise ihre Konkurrenz aue dehne über die Grenzen des Staates, für dessen Nechnung sie betrieben werde. Der Tabaksindustrie würde diese Konkurrenz nicht so schwer sein, wenn sie nicht verbun— den wäre mit der Beunruhigung der Industrie durch die Re— gierung im Uebrigen. Die ungewisse Zukunft mache jede Spekulation unmöglich. Da entlasse man lieber die Arbeiter. Unter der Auswanderung, welche in diesem ersten Jahre der gepriesenen National⸗Wirthschaftspolitik besonders stark sei, seien die Cigarrenarbeiter von Ottensen und Altona besonders zahlreich. Das sei die ehrliche Probe auf die sogenannte na⸗ tionale Wirthschaftspolitik, die täglich mehr das Land ruinire und deren Fiasko immer klarer hervortrete. Die amerikani— schen Arbeiter führten schon Klage über die Massenkonkurrenz, die ihnen durch die Masseneinwanderung deutscher Arbeiter ent? stehe. Die Klagen über den zunehmenden Schmuggel an der holländischen Grenze mehrten sich fortwährend, die Resolution im Reichstage hätte der Industrie Beruhigung geben sollen, aber gerade seitdem habe die Straßburger Konkurrenz in der geschilderten Weise begonnen. Was liege näher als die Ver— muthung, daß man das, was man geradeaus nicht erreichen könne, nun hinterrücks versuche. Daß in der That, wie hier gesagt worden sei, die Industrie zu Tode gehetzt werden solle, die Industriellen selbst sagen sollten, lieber als die Tabaks⸗ industrie langsam hinzuschlachten, nehme man sie auf einmal hin; lieber den raschen Tod durch das Monopol. Wenn die Konservgtiven die Majorität für das Monopol nicht hätten und einsehen müßten, daß das Monopol von diesem Reichs— tage nicht zu haben sei und vom nächsten erst recht nicht, denn bis jetzt habe jede Ersatzwahl zum Reichstage noch einen Freund des Reichskanzlers aus dem Reichstage beseitigt; — dann sollten dieselben selbst als Freunde des Monopols — offen hätten sie diese Freund⸗ caft freilich noch nicht eingestanden, sondern sich um diese Frage sehr diplomatisch herumgedrückt — doch im allgemeinen Interesse des Landes darauf verzichten, als Minorität auf einem so verderblichen Wege das einzuführen, was sie gerade— aus nicht erreichen könnten. Wolle der Finanz-Minister wirk— lich die Industrie beruhigen, so verlange er von dem Minister wenigstens die Erklärung, daß derselbe auf dem Standpunkte seines Vorgängers Hobrecht stehe, und, wie dieser seiner Zeit im Staats-Ministerium gegen die Einführung des Tabaks⸗ monopols gestimmt habe, erkläre, daß, so lange er im Amte sei, er gegen die Einführung des Tabaksmonopols stimmen werde. „Der Abg. Frhr. von Hammerstein bemerkte, wenn vor⸗ aussichtlich weder im nächsten noch im jetzigen Reichstage das Tabaksmonopol bewilligt werde, wozu halte denn der Abg. Richter eine so große Philippika gegen dasselbe. Selbst wenn die Fortschrittspartei gestärkt aus den Wahlen hervorgehen sollte, so entscheide das gar nichts, denn die Entscheidung ruhe nicht in den Händen der Fortschrittspartei. Auf die Spezialia wolle er hier nicht weiter eingehen, weil hier nicht der Ort sei, die Frage zu erledigen Wenn hier ein Beschluß gefaßt werden könnte, so würden er und seine politischen Freunde für das Tabaksmonopol votiren. Der Abg. Rickert bedauerte, daß der Finanz⸗Minister seinerseits nichts dazu beigetragen habe, die Tabaksindustrie Derselbe habe zwar auch heute in Abrede ge⸗ stellt, daß man diese Industrie zu Tode hetzen wolle, aber auch heute wieder die Meinung ausgesprochen, daß der Tabak ein steuerfähiges Objekt sei. Das sei ein wunderbares Rezept zur Beruhigung. Die Freunde des Abg. von Minnigerode seien im Reichstag nicht die Führenden; deshalb könne man mit ziemlicher Gewißheit behaupten, daß die heutige Majorität
Anderes, als wenn etwa ein Professor der Volkswirthschafts—⸗ lehre über den Tabak als steuerfähiges Objekt einen Vortrag halte: Eine andere Auslegung der Rede des Ministers sei nicht möglich, als daß zur Herstellung der Voraussetzung für das vorlsegende Verwendungsgesetz im Ministerium ein Gesetz
geschäßt sei, betrage 309 Prozent. Dann habe man sich uch getäuscht über die Anhänglichkeit des Publikums an eine gewisse Qualität Es würden bereits sehr bedenkliche Surro⸗ ate fabrizirt. Man mache darin sehr schlimme Erfahrungen. Er verlange weiter nichts, als daß die Regierung der Tabaks Udustrie einen Theil des Schutzes der nationalen Arbeit zu heil werden lasse, den sie jetzt immer proklamire und daß sie so große Industrie nicht unausgesetzt beunruhige. Dazu nme noch die Minirarbeit der Straßburger Manufaktur. ie Art, in welcher dieselbe der Privatindustrie Konkurrenz mache, spotte jeder Beschreibung, und das sei eine Konkurrenz, ie mit dem Gelde der Steuerzahler unterhalten werde. Diese anufaktur sende marktschreierische Cirkulare an alle deamten, Konsumvereine ꝛc. Und was liefere sie denn ein. Fabrikat? Nach kaufmännischen Grundsätzen beite sie absolut mit Schaden. Man behaupte zwar, erziele einen Gewinn von 100 000 (6, vergesse aber ibei, daß die Gebäude, die Maschinen u. s. w. nicht in Rech⸗ ng gestellt seien. Bedenke man, daß 7 090 000 6 für die anufaltur geboten worden seien, so stelle sich die Verzinsung um auf ½ Proz. Er habe selbst erlebt, daß er aus Straß— urg das fertige Fabrikat billiger gekauft habe, als der Roh— on zu haben sei, und daß bei einer Bestellung von 12 ( die Manufaktur noch als Rabatt Tabak im Werihe von 1460 3 zugelegt habe. Wäre der Handels⸗Minister hier, dann wurde er denselben bitten, daß derselbe den Reichskanzler an leine Worte vom 22. Januar 1879 erinnere, wo derselbe ge⸗ gt habe, daß er nichi wünsche, die Leute, die man zu ent— Hadigen habe, vorher zu ruiniren und eine Abschlachtung der Undustrie vorzunehmen. Er (Redner) wünsche dringend, es würde eine mit möglichsten Vollmachten ausgestattete Kom- mission nach Straßburg geschickt, sie würde dort Dinge inden, die ganz unglaublich seien.
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geführten Vorräthe sich noch nicht fühlbar machen können.
Volksvertretung
ausgearbeitet werde, um aus dem Tabak eine höhere Einnahm zu erzielen. Der Minister, wenn derselbe wirklich Beruhigung verbreiten wollte, brauche nur seine Uebereinstimmung mit dem Beschluß des Reichstags vom Frühjahr vorigen Jahres zu erklären. Statt dessen habe der Minister gesagt, der Reichstag sei an der Beunruhigung Schuld, weil derselbe 1879 nicht so viel Tabakssteuer bewilligt hätte, wie der Kanzler verlangt habe. Wenn der Finanzminister sich wenigstens für die nächste Reichstagesession gegen jede Aenderung der Tabaks⸗ steuergesetzgebung erklärt hätte! Denn sehr lange werde ja dieses Regierungssystem überhaupt nicht mehr dauern, so daß man jeden Augenblick nutzen müsse, um noch etwas zu be⸗ kommen. Es sei ihm interessant, bestätigt zu hören, daß
die eingetretene Erhöhung, was er damals auch angenommen hätte, eine Verminderung des Verbrauchs um 15— 30 Prozent sich ziehe. Dabei habe bei Cigarren und
feinerem Tabak die Stenererhöhung wegen der ein⸗
nach
Die billigeren Sorten, die von den ärmeren Klassen ver⸗
brauchten Tabake, hätten den Steuerausschlag zunächst erfahren.
Auch da zeige sich wieder, wohin die Spitze dieses Regierungs⸗
systems, welches vorgebe, besonders für den armen Mann zu sorgen, sich kehre. Gewiß, der Steuerausschlag für 1 Psd. Tabak betrage mehr als monatlich an Steuer erlassen werde durch das eben angenommene Gesetz in den unteren Klassen⸗ steuerstufen. Der Finanz⸗Minister spreche von der Sorge des Kanzlers um die nationale Industrie. Er (Redner) hätte gewünscht, daß der Handels-Minister für die preußische ; mindestens ebenso zu sprechen wäre, wie für den preußischen Volkswirthschafterath. Worte der Fürsorge für die nationale Industrie führe man! im Munde, aber die Thaten widersprächen dem. In
diesem Augenblick werde im Namen des Reichskanzlers
Vorschlag
hin zu
Verwaltung dieses Kreises dagegen, daß sie „Pflaumen⸗
des Reichstages das Monopol in der nächsten Session nicht
bewilligen werde, namentlich weil der Abg. Windthorst und
seine Freunde sich gegen dasselbe erklärt hätten.
Der Titel wurde darauf bewilligt. Ebenso die ð
übrig
1 21m 1590 111.
Titel der Einnahme. Bei der Ausgabe, und Kap. 42: „Beiträge zu den Abgaben des Reiches“, wurde a der Budgetkommission e ᷓ ang nommen:
wirken, daß in Deutsche Reich früher Preußen“.
Das Kapitel 43, Apanage, Renten, Zuschüsse u. s. w. ent⸗ hielt im Titel 6, 371, Millionen zur Gewährung von Pro⸗ vinzialfonds für Zwecke der Selbstverwaltung. Diesen Titel benutzte der Abg. Hagen, um einen Angriff des Abg. Richter gegen die Kreise zurückzuweisen, der hauptsächlich gegen den Kreis Nieder⸗Barnim gerichtet gewesen sei. Er verwahre die und Skatchausseen“ baue; die damit bezeichneten Chausseen seien im Interesse des Kreises gebaut und würden stark frequentirt, wie die Einnahmen an Chausseegeld bewiesen.
Der Abg. Richter wies darauf hin, daß der Ausdruck „Pflaumen⸗ und Skatchausseen“ nicht von ihm, sondern von einem konservgtiven Manne des betreffenden Kreises herrühre.
Der Titel wurde bewilligt.
Vei Tit. 8 (Zuschuß für die Verwaltung von Waldeck und Pyrmont 310 090 s6) kam der Abg. von Quast auf die
in Zukunft das Etatsgesetz für das estge stellt werde, als das Etatsgesetz für
vorjährigen Versprechungen der Regierung in Bezug auf die
Veränderung in den staatlichen Beziehungen zwischen Preußen und Waldeck zurück; die Kosten für die Verwaltung würden
immer höher, der Dank geringer; nur an dem Widerspruche
des Fürsten von Waldeck scheiterten die Wünsche der Ein⸗ wohner nach Annexion durch Preußen.
Der Finanz Minister Bitter ging nur auf die Frage der Stellung der waldedkischen Justizbeamten ein, die ein höheres Gehalt verschmäht härten, und lieber Entscheidung darüber hätten, ob sie preußiß e oder waldeckische Veamte wären; vor⸗ läufig betrachteten sie sich noch als Waldecker.