Kern eines ehrenhaften deutschen Bürgerstandes aufrecht zu erhalten.
Der Abg. Dr. Windthorst konstatirte, daß nicht vom Centrum, sondern vom Abg. von Eynern der Kulturkampf in diese Sache gezogen sei; aber dieser Herr habe zu aller Cen⸗ trumsmänner Freude seine wahren Gesinnungen aufgedeckt. Die Regierung sei aber in dem Sinne des Abg. von Eynern vorgegangen: Eine Institution brauche blos unter katholischer Flagge zu erscheinen, um vervehmt zu sein. Der Abg. von Eynern habe seine Vorwürfe nicht bewiesen. Uebrigens frage er den Abg. von Eynern, ob dessen Gesellen und Arbeiter nicht stimmen müßten, wie die Arbeitsgeber verlangten. Den katholischen Gesellenvereinen sei eine Bevormundung bei Wahlen fremd.
Nach Schluß der Debatte erklärte der Abg. Frhr. von
Minnigerode persönlich dem Abg. Richter, daß von einer
„kühlen Vertheidigung“ seinerseits keine Rede sein könne, da
er sich über den Volkswirthschaftsrath überhaupt nicht ge— äußert habe. . .
Der Etat des Ministeriums für Handel und Gewerbe wurde genehmigt.
Beim Etat des Justiz-Ministeriums bemerkte der Abg. Schmidt (Stettin, bei der Berathung des Etats des Ministerlums des Innern, Gefängnißverwaltung, sei nach— gewiesen, daß die Zahl der Civilsträflinge, welchen eine vor⸗ läufige Entlassung aus den Zuchthäusern und Strafanstalten gewährt sei, seit dem Jahre 1873 abgenommen habe. Da bei der Verhandlung weder der Justiz-Minister noch einer seiner Kommissare anwesend gewesen sei, so habe der an— wesende Kommissarius des Ministeriums des Innern er—
widert, er müsse Anstand nehmen auf die Gründe einzugehen, welche für die oberste Justizbehörde bei den vorläufigen Ent, lassungen maßgebend seien und auf Verminderung der Zahl derselben eingewirkt hätten. Es wäre erwünscht, wenn der anwesende Justiz-Minister sich über die Sachlage äußern wollte.
Hierauf ergriff der Justiz-Minister Dr. Friedberg das Wort. ⸗
Meine Herren! Ich bin sehr gern bereit, auf die Aufforderung des Hrn. Abg. Schmidt die Gründe und die Maßnahmen anzugeben, nach welchen die Justizverwaltung bei der Handhabung der S5. 23 ind 24 die vorläufize Entlafsung von Gefangenen zu Werke gegangen i Die Frage bat das hohe Haus schon mehrfach befchäftigt. Im
re 1877 wurde ein Antrag vom Abg. Zimmermann eingebiacht,
dahin ging, die Regierung zu bestimmen, von dem Rechte der orläufigen Entlassung einen ausgiebigen Gebrauch zu machen. iz wurde dieser Antrag in eine besondere Kommission verwiesen und die letztere hat einen sehr ausführlichen Bericht darüber Leiner ist dieser Bericht nicht zur Verhandlung im Plenum es Hauses gekommen und ich kann mich soweit nicht darauf be— sen, aß das Abgeordnetenhaus die Grundsätze gebilligt be, welche damals von dem Kommissar des Justiz: Ministers als die leitenden angegeben worden sind. Weil ir nun ein Votum des Hauses nicht zur Seite steht, alte ich mich um so mehr verpflichtet, hier die Grundsätze, nach enen die Justizverwaltung bei den vorläufigen Entlassungen zu Werke geht, ausführlicher klar zu legen. .
Ich darf daran erinnern, daß das qanze Institut der vorläufigen Entlassung von Strafgefangenen ursprünglich nicht die allgemeine Gunst gefunden hat, die es jetzt zu finden scheint. Ja, es war sogar im Juftiz.Ministerium überhaupt eine große Abneigung, dieses In— stitut in die Gesetzgebung einzuführen. Es ist aber eingeführt wor— den; es kam dlese Satzung in das norddeutsche Strafgesetzbuch, ist von diesem in die deussche Strafgesetzgebung übergegangen und ist nun länger als 10 Jahre in rechtlicher Uebung. Der Pa—⸗— ragraph fagt bekanntlich, daß, wenn Jemand drei Viertheile seiner Strafe, mindestens aber ein Jahr, verbüßt hat, er dann vor— läufig entlafsen werden kanr, wenn er sich in der Strafanstalt, wie es dort heißt, gut geführt hat. Diese Bestimmung hatte allerdings zunächst die Folge, daß die Strafanstalten der Regel nach ein ein— faches Exempel aufstellten und sagten: der Mann ist zu so und so viel verurtheilt, er hat davon drei Viertheile verbüßt, hat sich ent— sprechend geführt, wir bitten ihn zu entlassen. Dieser Auffaossung entspricht die erste Praxis im Justiz⸗Ministerium, die allerdings da⸗ hin ging, daß dort meistens nur ein Vollziehungsbeschluß gefaßt wurde, es wurden die Anträge ausnahmklos bewilligt. Diese Praxis aber dauerte nur etwa ein albes Jabr, denn man kam allmählich zu der Ueberjengung, daß das unmöglich die Absicht des Gesetzgebers gewesen sein könne, denn sonst würde er nicht das Ermessen des Chefs der zustiz noch als wesentlichen Faktor in die Gesetzgebung hineingebracht baben. Fortan kam man zu der Ueberzeugung, es müßten die An— äge der Strafanstaltsbeamten im Justiz-Ministerium einer indivi⸗ dualisirenden Kritik unterworfen werden, und nicht blos ein kaltula— torisches Exempel gemacht werden. Wesentlich wurde nun die Frage, ob auch sonst die Bedingungen vorhanden wären, unter denen man den Mann der Wohlthat des Gesetzes könnte tbeil- baftig werden lassen. Die Frage, ob man mit jenen §§. 23 und 24 eine „Rechisinstitution‘ geschaffen babe, oder ob burch die Paragraphen nur ein beschränktes Begnadigunggrecht babe inten⸗ dirt werden sollen — diese Frage bat ja tbeoretisch einen gewissen Werth, für die Praxis aber ist sie wirklich wenig fruchtbringend; praktisch erschien ez, von folgenden Gesichtspunklen in der Hand habung der Paragraphen auszugehen. Erstenz, der Parapraxh agiebt kein Wecht auf die Entlassung, sendern nur die Möglichkeit, daß dem Verhafteten die Vergünstigung derselben zu Tbeil werde. Diese Vergünstigung ist zuwächst bedingt ron guter Führung in der Anstalt, sie ist aber ferner bedingt davon, daß man eine Gewähr finde, es werde der vorläufig Entlassene auch in Freiheit die Möglichkeit eines ehrlichen Erwerbs finden. Wir gingen im Justiz⸗Ministerium davon aus, daß diese Vorbedingungen erfüllt sein müßten und daß endlich uch auf die Natur der Straftbat zu sehen sei, wegen welcher der
träfling verurtbeilt werden ist. So kam das Justiz⸗Ministerium im Laufe der Zeit zu der Ansicht, es sei bei gewissen Verbrechern mit Fer Vorsicht zu Werke zu gehen. Diese Kategorien von Ver⸗ te namentlich Gewohnbeitediebe; diese entließ man nur großer Vorsich weil eg ja nahe lag, daß die Führung in der Anstalt nicht eine Gewähr da⸗ r ; daß der Entlassene nun nicht zu seinen üblen Fewohnbeiten ron früber zurückkehrt. Man mar ferner sehr sichtig bei einem zweiten Verbrechen, dem Meineid, und bei der welches grade durch den Meineid besonders gefährdet wird, mußten ganz besonders unter⸗ stüßende Gründe vorliegen, um einen Antrag auf vorläufige Ent⸗ lahung eines Menschen, der wegen. Meineids verurtheilt worden war, zu bestätigen. Auch gab es Zeiten, in denen grade gewisse Gesetzes⸗ zerletzungen auf der Tagekordnung waren; dann wurde man wieder nachsichtlger in der Entlassung solcher Verurtbeilten. Ich erinnere beisrielsweise daran, daß, als die Nindeipest viel Grenzdistrikte gefährdete, und mebrere Personen, der halb ver⸗ urtheilt, dennoch zur verläusigen Entlassung empfohlen wurden, der JustiMinister diese Entlassungen verweigerte.
Darf ich nun — und dieses ist ja wobl mit der Zweck der An⸗ frage gewesen — die Zahlen anführen, die sich ergeben baben, so sind es folgende: 1871 gingen Anträge auf Entlassung ein 2141, und davon wurden bewilligt 1708. Ich bitte aber, dieses Jahr nicht als ein maßzeber des anzusehen, denn das war ja das Jahr unmittelbar nach Emanatien der Gesetzetparagrapben 23 und 24, da wurde, wenn ich den Ausdruck gebrauchen darf, der ganze ältere Bestaad mit in den G ereich der Paragraphen hinein⸗
gezogen und dadurch sind diese exorbi tant bohen Zahlen zu ertlären.
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Im Jahre 1872 gingen ein 733 Entlassungsempfeblungen, und davon wurden bewilligt 289; 1673 gingen ein 489, dason wurden bewilligt 179, 1874 dingen ein 421, davon wurden bewilligt 140. 1875 419. davon bewilligt 114, 1876 439, davon bewilligt 105. 1877 445, davon
bewilligt 155, 1878 402, davon bewilligt 154, 1879 496, davon be⸗
willigt 135. 1880 — und das ist das Jabr, das allein in meine Verwaltung fällt — 444, davon bewilligt 166.
Nun würde man glauben, ich thue Unrecht, wenn man aus diesem Verhältniß zwischen den Anträgen der Strafrerwaltung und den Entscheidungen des Justiz⸗Ministers etwa den Rückschluß machtn wollte, daß die Strafanstaltsbeamten mit großer Laxheit vorgingen, oder der Justiz⸗Minister mit zu großer Rigorosität verfahren sei. Ich glaube, man würde durch einen solchen Schuß nach beiden Seiten hin einen Fehlschuß machen. Erwägen Sie die verschiedene Stellung der beiden Instanzen! Der Strafanstaltsbeamte hat in der Em⸗ pfehlung zur vorläufigen Entlassung ein ganz außerordentlich wirksames Mittel, um auf die Disziplin in seiner Anstalt hinzuwirken, und je öfter es ihnen gelingt, durch seine Empfehlung die vorläufige Freilassung zu bewirken, um so mehr darf er erwarten, daß die Sträflinge, die noch abhängig sind von feinen Empfehlungen, in der Strafanstalt sich disziplinarisch führen. Ganz anders aber ist es bei der ohersten Verwaltung dir Justiz, bei der sich alle Anträge sämmtlicher Straf— anstalten konzentriren. Diese kann nun nicht nur allein darauf ihre Entscheidung gründen, ob der einzelne Gefangene vielleicht entlaßen werden könnte, sondern sie muß aus der Gesaumtheit aller Anträge den Schluß ziehen, wie vielen Anträgen sie stattgeben könne im Verhältniß zu der Gesammtbeit Der Herr Abgeordnete hat in der vorlgen Berathung den Ausdruck gebraucht und ich darf ihn darum wohl hier wiederholen, die Anträge müssen durchgesiebt⸗ werden und ein solcher Siebungsprozeß wird allerdings im Justiz; Ministerium nach bestimmten Grundsätzen angenommen. Ich will nicht daran erinnern, daß vielfach Neigung zur Heuchelel durch die Möglichkeit solcher Anträge, mir liegen ganz bestimm!e Anzeichen dafür vor — gefördert wird, und daß man darum auf die soge⸗ nannte gute Führung in den Anstalten nicht allein das entscheidende Gewicht legen kann, aber auch in der Angabe über die Gewähr, daß der Entlassene in der Freiheit sein Unterkommen findet, vielfach gefehlt wird. Ich will, Keine Herren, statt vieler anderer Beispiele ein einziges anführen, weil dasselbe drastisch erläutert, wie leicht man fehlen kann: Ein Mann war verurtheilt zu einer mehrjährigen Zuchthausstrafe wegen Bigamie. Er führte sich ganz vorirefflich und der Strafanstalts⸗ beamte trug darum auf seine Entlassung an. Als nun gefragt wurde, ob der Mann, wenn er in die Freißeit zurückkäme, auch ein Unterkommen finden würde, wird geantwortet: Ja! Auf die weitere Frage, we denn dieses Unterkommen sich für ihn finden würde, kam die Antwort: bei der Frauensperson, mit der er die Bigamie geschlossen hatte. Da wurde denn allerdings der Antrag abgelehnt. — Weiter. In ditsen Tagen ist mir ein Antrag durch die Hände gegangen, wo für die Eantlassung, namentlich die große Reue, die die Veruttheilten zeigten, als Motiv angeführt worden ist, und als ich nun die Akten näher ansehe, finde ich, daß der Mann noch zur heutigen Stunde erklärt, er sei un⸗ schuldig verurtheilt worden. Daß nun die Behauptung der Unschuld mit der Reue nicht zusammenstimmt, das, glaube ich, wird mir Jeder zugeben. Auch dieser Antrag ist abgelehnt worden. Ich will nun weiter Zahlen nach den Kategorien der Verbrechen zusammenstellen, wegen welcher Ablehnungen erfolgt sind. Es sind abgelehnt worden: wegen Meineid 38 Anträge, und ich claube nicht wiederholen zu dürfen, weshalb ich gerade in den lekten Jahren besonders streng bei Personen zu Werke gegangen bin, bei welchen es sich um das Verbrechen des Meineids handelte. Es sind ferner abgelebnt worden 35 Anträge, die fur Personen gestellt waren, die wegen grober Unsittlichkeit mit Kindern verurtheilt waren, namentlich auf Lehrer, und ich meine, daß die Erklärnng der Strafanstaltsbeamten, der Mann habe, sich in der Anstalt gut geführt, gerade bei diesen Verhrechen keine Gewähr giebt, daß, wenn der Schuldige in die Freiheit zurückgekommen, auch geheilt worden sei. Dann sind eine große Anzahl Gewohnheitsverbrecher, überdies 6 Anträge wegen Münzverbrechen und zwar weil die Angeklagten wegen sehr quali- fizirten Münzaerbrechens verurtbeilt waren, abgelehnt, weil ich nicht den Muth gehabt habe dies zu thun, da ich nicht die Genähr hatte, daß sie nicht in ihr dem Gemeinwohl so gefährliches Verbrechen zurückfallen möchten. Manche Provinzen sind, ich darf sagen, be— rüchtiat durch Gewohnheitsschläger, d. h. Leute, die nur zu leicht mit dem Messer umgehen; wo solche Gewohnheitsschläger als zur Eant— lassung mir empfohlen waren, bin ich auch immer sehr streng in der Prufung und frage mich jedesmal sehr, ob die Entlassung räthlich sei. Einen Gedanken habe ich aber — und damit darf ich mich wobl an den Abg. Windthorst wenden — absolut bei meinen Ent— schließungen zurückgewiesen, daß ich nämlich durch meine Genebmi⸗ gung oder Ablehnung irgendwie eine Korrektur des ergangenen Urtheils herbeiführen wollfe. Das liegt mir absolut fern und muß, meine ich, dem Justiz · Minister fern liegen. Denn die Eerichte haben ent⸗ schieden; und bei der Entschließung des Jastiz⸗Ministerk, ob er dat ihm gegebene Mittel, die Vergünstigung der Entlassung zu gewähren oder zu rersagen hat, darf er es nicht unternebmen — er mag das Urtheil für noch so unbegründet halten — dieses seinerseims korri⸗ giren zu wollen. Daju hat er kein Recht und wenn er das häte, würde er gegen den Grundgedanken des Rechts verstoßen; bestätigen muß ich, wat der Abg. Schmidt bier angeführt bat, daß in den an⸗ deren deutschen Staaten, obgleich sie ja dieselbe Gesetzgebung haben, sich das Verhältniß der Anträge ju den Entlasungen allerdings anders gestellt wie in Pieußen. In Württem⸗ berg sind 1879 von eingegangerer Anträgen 89 bewilliat und nur ein einziges zurüdgewiesen, im Jahre 1878 von 128 An— trägen 121 bewilligt, also nur 7T abgelehnt, in Sachsen sind im Jabre 1878 40, im Jahre 1879 49, im Jahre 1880 59 Anträge ge⸗ siellt und alle sind bis auf einen bewilligt worden. Näher der preußischen Auffassung und Handbabung scheint sich Bavern zu stellen. Da wurden 1878 389 Anträge gestellt, davon 336 genehmigt und 53 abgelehnt, im Jahre 1879 wurden 487 Anträge gestellt, da⸗ von 91 abgelehnt und endlich im Jahre 1889 373 Anträge gestellt und 87 abgelebnt. Diese Zahlen srrechen ja für die aufgestellte Be⸗ hauptung, daß die preußische Justiz⸗Ministerialpraxis eine strengere als die in den anderen deutschen Ländern. Aber um diese Bebaur⸗ tung inverlässig zu begründen, müsse der fernere Beweis gefübrt werden, ob denn auch die Strafanstalten in jenen Ländern nicht viel leicht eine strengere Praxis bei der Stellung ihrer Anträge befolgen.
Darüber steben mir die Mittel der Beurtheilung nicht zu Gebote, und es möchte das ja überhaupt schwer sein, nachweisen ju können; jedenfalls aber alaube ich, die bei der Beratbung am 6. Delember v. J. laut gewordene Verurtheilung der rreußischen Justin Ministerial⸗ praxis nicht als eine berechtigte anerkennen zu dürfen. Der Abg. Strosser ist soweit gegangen, zu sagen, das Justiz⸗Ministerium löse die ganze Urlaube frage, den 5. 23 des Strafgesetzbuchs in Null auf. So schlimm ist es denn doch wirklich nicht, es ist doch eine recht erbeb liche Menge von Personen entlassen worden — darauf lege ich das Hauptgewicht — und insofern hat sich die berechtigte strenge Praxig bewäbrt, die Zahl der rückfälligen ist eine geringere gewesen. Db wir dieses letzte Resultat bätten, wenn wir nicht mit dieser Strenge, sondern mit Larbeit im Justij⸗Ministerium zu Werke gingen, das balte ich für sehr jweifelbaft. Nichtsdestoweniger werden die Berathungen, die stattgefunden haben — auch beute wieder stattfinden — mich darauf hinweisen, mich ja nicht einer vielleicht allzustrengen Auffassung binzu⸗ geben, und ich meine, daß, wenn auf der einen Seite darau binge⸗ wirkt werden wird, daß die Strafanftalten mit Vorsicht und Strenge bei ihren Anträgen zu Werke gehen, es dann auch dem Justiz ⸗Minister möglich gemacht werden wird, allmäblich zu einer milderen Prarig zu kommen und so schließlich einen allseitig erwünschten Zustand her⸗ justellen. Daß der Justiz⸗Minister die Anträge, wie sie big ber einge⸗ gangen sind, der Siebung — um den Ausdruck nochmal ju wiederbolen — unterzieben muß, dabei rechne ich, ich darf mich dafür berufen auf das Urtbeil derjenigen Mitglieder des Hauseg, die ia der Lage sind,
über derartige Anträge zu berichten, und ich kann veisichern, daß der
Justiz⸗Minister sich bei seinen Entschließungen, bei Ablehnungen wie bei Zustimmungen. wenigstens im Einklang befindet mit den Justiz⸗ instanzen in der Provinz. Ich glaube, meine Herren, daß ich mit meinen Ausführungen den Anforderungen des Hern Antragstellers, so weit ich es rermochte, genügt habe, und daß Sie nicht etwa ein Votum fassen möchten, welches auf eine Abänderung dieser seit 10 Jahren im Justiz⸗Ministerium beobachteten und von mir nur übernommenen und weiter geführten Praxis der Miaister hindrängen möchte.
Der Abg. von Uechtritz-Seeinkirch erklärte, die Bestim⸗ mung über die vorläufige Strafentlassung sei eine Ausnahme— bestimmung, wie ihre Entstehung beweise. Im preußischen Strafgesetzbuch habe die Bestimmung keine Aufnahme gefun— den, sie sei erst in das Strafgesetzbuch des Norddeutschen Bundes auf Grund einer in Sachsen bestehenden Bestimmung gekommen, die dort als eine auf dem Gnadenrecht beruhende administrative Maßregel eingeführt sei. Die vorläufige Ent— lassung habe die Bedeutung einer Vorbereitung für die völlige Begnadigung. Aus den Verhandlungen des Norddeutschen Reichstages ergebe sich auch, daß sich viele Sachverständige gegen die Aufnahme der Bestimmung ausgesprochen hatten und daß dieselbe nur deshalb zur Annahme gelangt sei, weil die Ent— scheidung über ihre Handhabung in die Hand der obersten Justiz-Aufsichtsbehörde gelegt sei. Die Gesetzgebung habe also nicht entfernt die Absicht gehabt, die Entscheidung über die Anwendung dieser Bestimmung den Gefängniß-Aufssichtsbeam— ten zu überlassen. Die Berichte dieser Beamten könnten nur die Grundlage zur Prüfung der Frage abgeben, ob die Sträf— linge sich gut geführt und der Entlassung würdig gezeigt hätten. Er könne dem Minister nur beistimmen, daß die Dauer der Strafe vom Richter bemessen werde und von der Justiz-Aufsichtsbehörde nicht abgekürzt werden könne. Das Gutachten der Gefängnißbeamten sei keineswegs das einzige Kriterium für die Entscheidung der obersten Justizbehörde. Wie wenig zuverlässig diese Gutachten seien, habe der Minister ja schon ausgeführt, und er könne das nach seinen Erfah— rungen in der Praxis nur bestätigen. Gerade die hart⸗ gesottensten Verbrecher fügten sich der Gefängnißordnung am willigsten, denn sie wüßten, daß es ihnen dann am besten gehe. Durch Heuchelei und Frömmigkeit suchten sie die Gunst der Gefängnißbeamten zu gewinnen. Er verweise in Bezug darauf auf die bekannte Schrift Mittelstädts, den Aus— führungen des Abg. Schmidt könne er sich nicht anschließen.
Der Abg. Dr. Petri bemerkte, die Gerichtsassessoren be⸗ zögen monatlich 180 6 Diäten; wie er vernehme, sollten die Regierungsassessoren 200 und sogar 250 6 Diäten beziehen. Er bitte den Minister, mitzutheilen, ob diese ungleiche Be— handlung bestehe, und eventuell die Ungleichheit zu beseitigen, für die er einen inneren Grund nicht finden könne. Man müßte denn annehmen, daß die Verwaltungsbehörden eine Art Prämie bezahlten, um die besseren Kräfte an sich zu ziehen.
Der Justiz⸗Minister Dr. Friedberg entgegnete, er sei in einer gewissen Verlegenheit, denn er wisse nicht, ob die Diäten der Regierungsassessoren wirklich höher seien, als die der Justizassessoren. Selbst wenn es aber der Fall wäre, könnte er doch nicht zusichern, daß er auf die Beseitigung der Un⸗ gleichheit hinwirken werde. Diese ablehnende Haltung gegen einen so wohlwollenden Antrag könnte auffallen. Er dächte aber, man könnte den Verwaltungsbeamten eine Erhöhung ihrer Bezüge gönnen, zumal da die Justizbeamten erst vor Jahr und Tag ihnen gegenüber sehr begünstigt worden seien. Es würden etwa 200 Assessoren im Justizdienst beschäftigt, als Vertreter von beurlaubten und erkrankten Richtern. Wollte man die Diäten derselben um nur 30 6 erhohen, so wäre das eine Mehrausgabe von 70 000 bis 80 000 (6, und da er schon so wie so die Diätensätze oft überschreiten müsse, möchte er diesen Weg zu weiteren Ueberschreitungen nicht gern ein⸗ schlagen. Für die meist noch jungen Assessoren, die noch un⸗ verheirathet seien, genügten auch 180 6, um schicklich und billig auszukommen. Er habe als Assessor noch für 20 Thlr. monatlich gearbeitet.
Hierauf wurde der Justizetat genehmigt.
Beim Etat des Ministeriums des Innern knüpfte der Abg. Frhr. von Minnigerode an die in zweiter Lesung gefaßte Resolution an, nach welcher nur die Zweckmäßigkeit der Verbreitung als Maßstab für die Zuwendung amtlicher Publikationen gelten solle. In Elbing beständen zwei Zei⸗ tungen, die „Elbinger Zeitung“ mit 7000 Abonnenten und die „Altpreußische Zeitung“ mit, wie man ihm versichere, nur 750 Abonnenten. Die erstere habe also neun Mal mehr Abonnenten als die letztere. Er verweise bezüglich dieses Verhältnisses auf die amtliche Posiliste. Seit der Gerichts⸗ organisation sei nun dem größeren Organ, der „Elbinger Zeitung“, ein Theil der gerichtlichen Inserate entzogen worden. Ein ähnlicher Einfluß solle auch auf die Gerichtsvoll⸗ zieher ausgeübt worden sein; diese hätten aber aus geschäft⸗ lichen Rücksichten ihre Inserate nicht dauernd der „Elbinger Zeitung“ entziehen können. Man verstehe in Elbing dieses Verhältniß nicht; der Gedanke liege nahe, daß vielleicht falsche Notizen über die Verbreitung der beiden Zeitungen die ungerechtfertigte Sachlage erklärten. Alles, was der Abg. Rickert früher uber das Verhältniß der „Posener Zeitung“ zum „Posener Tageblatt“ gesagt habe, treffe noch viel mehr auf die beiden Elbinger Zeitungen zu. Nur daß in diesem Falle das neun Mal mehr verbreitete konservative Organ durch Entziehung der Annoncen geschädigt werde. Er würde auf diesen Zustand nicht zurückgekommen sein, wenn derselbe nicht nach wie vor sortdauerte. Ihm liege hier eine Bekanntmachung vor, welche bestimme, daß eine Reihe gerichtlicher Inserate für das Jahr 1881 nur in der „Danziger Zeitung“, dem „Staate⸗-Anzeiger“ und der „Altpreußischen Zeitung“ veröffentlicht werden sollten. Man müsse sich wirklich wundern, daß die große Lolalzeitung, die „Elbinger Zeitung“, gänzlich übergangen sei, während man die 8 Meilen entfernt erscheinende „Danziger Zeitung berücksichtigt habe, die allerdings auch ein weit verbreitetes Dragan sei. Er wolle nicht, daß man irgend ein Organ un⸗ terstütze, sondern nur, daß man das alte und zweckentsprechende Verhältniß wiederherstelle und die Benachtheiligung der Ge⸗ richtzeingesessenen vermeide, die nothwendig entstehen müsse, wenn man das am weitesten verbreitete Organ bei Zuwendung von Inseraten übergehe. Er werde die Sache so lange zur Sprache bringen, bis Remedur eingetreten sei. .
Der Abg. Rickert erklärte, wenn die Zahlen, die der Abg. von Minnigerode angeführt habe, richtig seien, so müßte er demselben zustimmen, denn die bei der zweiten Lesung ge⸗ saßte Resolution solle in allen Fallen zur Anwendung kom⸗ men. Dag Abonnentenverhältniß sei aber sicher nicht richtig mitgetheilt, leider sei der Abgeordnete aus Elbing durch Krankheit verhindert, hier zu sein, derselbe habe ihm aber Mittheilungen gemacht, die er verwenden solle. Die betreffen⸗
den Gerichtsinserate hätten wesentlich Interesse für die kauf— männischen Kreise und in diesen sei die „Altpreußische Zeitung“ fast allein verbreitet, die „Elbinger Zeitung“ werde hauptsäch— lich nur auf dem Lande gelesen. Dazu komme, daß alle In— serate der „Altpreußischen Zeitung“ auch gratis im „Allgemei⸗ nen Elbinger Anzeiger“ Abdruck fänden, und das möge fuͤr die
Beurtheilung der Verbreitung mit maßgebend sein. Der
Amtsrichter könne aber die erwähnte Bekanntmachung auch
gar nicht erlassen haben; in den Fällen, wo die ländlichen
Kreise ein Interesse an der Publikation hätten, sei ausdrück—
lich verfügt, daß dieselbe auch in der „Elbinger Zeitung“ er—
folgen solle, Es sei auch einmal behauptet worden, daß durch die Ausschließung der „Elbinger Zeitung“ ein Grund— stück in der Subhastation für zehn Mark zugeschlagen worden sei. Der Abgeordnete aus Elbing habe sich die Mühe ge— macht, die Akten zu durchforschen, und habe aller— dings gefunden, daß ein Grundstück für 10 Mark, aber von dem Haupthypothekengläubiger erstanden wor— den sei; aber gerade die diese Subhastation betref— fende Annonce sei zwei Mal in der „Elbinger Ztg.“ publizirt worden. Die beiden Nummern des Blattes lägen ihm vor, er bitte, sie einzusehen. Von einer Tendenz bei Zuwendung der Inserate sei keine Rede. Es heiße ja auch nicht, daß die
Abonnentenzahl, sondern die Zweckmäßigkeit der Verbreitung
für die Vertheilung der Inserate maßgebend sein solle. Er wünsche, daß eine absolut unparteiische Praxis in dieser Hin— sicht geüht werde. Die Klagen aus Posen dauerten noch fort,
das in Aussicht gestellte Reskript des Ministers habe noch nicht die Wirkung gehabt, daß die Behörden der „Posener Zeitung“ die Inserate zuwiesen.
Der Abg. Frhr. von Eckardstein lenkte die Aufmerksam— keit des Hauses auf die Korrigendenanstalt in Straußberg.
Dieselbe sei mit 12 — 1300 schweren Verbrechern belegt und habe bisher ein Militärkommando von 40 Mann als Wache gehabt. Die Militärbehörde wolle dieses Kommando einziehen. Es handele sich aber hier um die Sicherheit der Stadt und der Umgegend, der Minister wolle sich daher für das Ver— bleiben des Kommandos verwenden, zumal sich die Provinz bereit erklärt habe, die Ausgaben dafür zu tragen.
Der Minister des Innern Graf zu Eulenburg versprach seine Bemühungen auf Erhaltung des Kommandos fortzu— setzen, obgleich er die unbedingte Nothwendigkeit nicht aner— kennen könne. ;
Der Abg. Frhr. von Minnigerode bemerkte persönlich,
bezüglich des Elbinger Zeitungsfalls habe sich der Abg. Rickert seinen bestimmten Angaben gegenüber nur in allgemeinen Redewendungen bewegt. Nach seiner (des Redners) persön— sönlichen genntniß werde die „Elbinger Zeitung“ in jedem Hause Elbings gelesen. Wo die berührten kaufmännischen Kreise Elbings wohnen sollten, wenn nicht in irgend einem Hause Elbings, wisse er nicht. Daneben müsse es auffallen, wenn ein Königlicher Gerichtsbeamter aus der Mitte der Fort— schrittspartei durch Notizen, die doch zu seinen Gunsten geltend gemacht würden, seine Sache hier geführt sehe. Wenn übrigens der Abg. Rickert in Bezug auf Posen noch nicht zu— frieden gestellt sei, so möge derselbe sich mit ihm trösten; er sei es in Bezug auf Elbing auch nicht. Der Abg. Rickert fragte, ob der Abg. von Minnigerode ihn denn zur Fortschrittspartei rechne? Er habe gesagt, daß der Abg. Wiedwald aus Elbing die von ihm mitgetheilten Thatsachen ermittelt habe. Wisse der Abg. von Minnigerode denn, woher der Kollege die Thatsachen habe; er habe ja gesagt, der Abg. Wiedwald habe selbst die Akten durchgesehen. Er habe es nur für Pflicht gehalten, einen fälschlich angegriffenen Be— amten in Schutz zu nehmen. Der Abg. Frhr. von Minnigerode bemerkte, die Sache sei doch klar, der Abg. Rickert habe seine Mittzeilungen von 1. Kollegen Wiedwald und der gehöre zur Forischritts— partei.
Der Abg. Rickert erklärte, das Verfahren des Abg. von Minnigerode sei so eigenthümlich, daß es doch beleuchtet wer— en müsse. Nichts berechtige den Abg. von Minnigerode zu der Behauptung, daß der betreffende Beamte seine Sache hier durch die Fortschrittspartei führen lasse. Er bitte den Abg. von Minnigerode in seinem eigenen Interesse, von einem solchen Verfahren Abstand zu nehmen.
Der Titel wurde bewilligt.
Zum Kapitel 96 (Strafanstalten) hatte der Abg. von Ucchtritz-Steinkirch folgende Anträge eingebracht:
Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen, die Königliche Staatsregierung aufzufordern:
I) bei Emanirung des Reichsstrafvollzugsgesetzes ihren Ein— dahin geltend zu machen, daß ückfälligen Dieben und Betrügern,
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3 1 . . bei Landftreichern, Fei M
bei
ei Verbrechen und Vergeben gegen die Sittlichkeit, allen Beschädigungen ron Personen oder Sachen, welche on einem besonderen Grade ron Rohbeit Zeugniß ablegen,
die Gefängnißstrafe wabrend der ersten 14 Tage bei Wasser nd Bret, mit warmer Kost an jedem vierten Tage vollstreckt werde; 2) dafür zu sorgen, daß bis zur Emanirung des Reichgstraf. relliugegesetzes die Beköstigung und Veipflegung der vorgedachten
Gefangenen auf das unbedingt nothwendige Maß beschränkt werde. Der Abg. Dr. Windthorst kam zunächst noch einmal auf die vorläufige Entlassung der Strafgefangenen zurück. Im Justiz⸗Ministerium scheine man dieselbe zu sehr vom Stand⸗ zunkte der Begnadigung zu behandeln. Unter dem jetzigen Minister hätten die Enilassungen wieder zugenommen. Er wünsche eine ausführliche Statistik der Entlassungen und der nach denselben erfolgten Rücksälle, um daran die Nützlichkeit des ganzen Instituts zu prüfen. Der Staats-Minister Dr. Friedberg hielt diese Statistik auch sür sehr nöthig. Die strenge Handhabung der vorläufigen Entlassungen habe den überaus günstigen Erfolg gehabt, daß n den letzten Jahren nur 2 bis 3 Proz. der Entlassenen
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habe ausdrücklich die vorläufige Entlassung als e Geschãft für Sachsen bezeichnet.
Der Abg. Dr. Windthorst bemerkte, die vorläufige lassung sei von äußerster Wichtigkeit, aber Seitens der sichts behörden werde das
nicht beabsichtigt gewesen.
ckkehren hingewies
Der Abg. Strosser wünschte, daß die versprochene Statistik l des Ministers sich auf jedes Jahr besonders beziehe; man ung mit werde dann daraus ersehen, daß, je strenger die Anstalts⸗ e ö direktionen die Gesuche der Gefangenen prüften, und dement- sprechend ihre Befürwortungen auf ein Minimum reduzirten, umsoweniger das Ministerium geneigt sei, denselben st
re fin 2a Die Anstaltsdirektoren
eben Anste seien in Folge des täglich gegen die Heuchelei, Schlauheit und List der Gefangen geführten Kampfes gewiß nicht so gutmüthig, um sich durch ein äußer— lich fehlerfreies Betragen täuschen zu lassen. England und Oldenburg mache man weit mehr Gebrauch. Der Widerspruch in den Statistiken des Ministeriums Tes Innern und des der Justiz rühre daher, daß letzteres die An— stalten, welche unter ersterem ständen, mit berücksichtigt habe.
Der Staats-Minister Dr. Friedberg en . n Jahren des Bestehens der vorläufi Justiz' und Verwaltungsbehörden die habt, dann sei ein Um tige Praxis werde sich dann ergeben, ihr Verfahren mehr in Einklang brächten. Instanz strenger sein werde, dann werde die andere milder ein Besonders bei den Verbrechern gegen die Sitt— lichkeit habe das Justiz-Ministerium geglaubt, viele Anträge gehöre jetzt vielfach zum guten lde der neuen Strafgesetze zu
In Sachsen,
tgegnete, in den gen Entlassung hätten selbe zu milde gehand— schlag zur Strenge erfolgt. wenn beide Behörden
sein können.
zurückweisen zu müssen. Ton, über die übergroße Mi schelten und den Richtern eine zu milde Handhabung derselben Dann, dürfe man nicht verlangen, daß das eriun eine weitere Begünstigung — und eine solche sei die vorläufige Entlassung jedenfalls, möge sie auch nicht zur Begnadigung gehören — diese Milde noch überbiete. Der Abg. von Uechtritz-Steinkirch motivirte seinen An— trag damit, daß die Strafe ein Strafübel und die Zuchthäuser bequemer, wünschenswerther Zufluchtsort der Ver—
brecher sein sollten. Der Abg. Dr. Köhler wandte sich gegen beide An besonders werfe er dem zweiten ÄAntrage, betreffend die; schärfung der Strafvollstreckung, vor, daß die Entscheidung über eine vorliegende besonders Bosheit und über die Zuläf— sigkeit der geschmälerten Kost, hinsichtlich der sanitären Frage, Außerdem gehöre die ganze Sache eigentlich vor den Reichstag, den zu bevormunden kein Grund sei sonders bei der Ueberhäufung des Landtages mit eigenen agte, über den Antrag zur Tagesordnung
vorzuwerfen. Ministerium durch
sehr schwer sei.
Arbeiten. Er bear überzugehen. Der Abg. Dr. Windthorst billigte die Tendenz des An— trages, die beabsichtigte Verschärfung der Strafvollziehung halte er aber in dieser Form für unannehmbar und wünsche deshalb, daß derselbe zurückgezogen werde, damit die Ableh— nung nicht als eine Mißbilligung der Tendenz erscheine. Der Abg. von Uechtritz⸗Steinkirch zog seinen Antrag zu— rück, worauf der Titel bewilligt wurde. Der Abg. von Bockum-Dolffs brachte die beabsichtigte Auflösung des Fräuleinstifts in Soest zur Sprache. Wer diesen Gedanken zuerst gefaßt habe, müsse von wenig Pietät gegen den König Friedrich Wilhelm 1V. erfüllt gewefen sein, der dieses Institut seiner besonderen Fürsorge gewürdigt und 1 t Der König Friedrich Wilhelm IV. habe dafür gesorgt, daß stets Damen von hervorragender Bildung dort versammelt gewesen seien, welche im Stande ge⸗ wesen seien, Töchtern höherer Stände eine gute Erziehung zu geben. Schon Friedrich der Große habe die segensreiche Wirksam⸗ keit dieses Instituts erkannt und habe seine Statuten in einer feierlichen Urkunde von 1781 bestätigt. von ihm in dem reich verzierten Original mitgebrachte Ur— kunde, und gab, darauf eine ausführliche Schicksale des Fräuleinstifts zu Soest, seiner Auflösung unter der französischen Fremdherrschaft und Wiederherstellung unter lhelm IV.) Während man hier in Berlin sorgsam alles sammele, was die Erinnerung an die großen Thaten des Königshauses erhalte, solle in der Provinz diese schöne Stis⸗ tung Friedrich Wilhelms IV. aufgehoben werden. keinen zutreffenden Grund dafür finden und wolle von vorn— herein vorbeugen, daß die Regierung dem Hause nicht mit dem beliebten Vorwand der vollendeten Thatsache komme. Der Staats⸗Minister Graf zu Eulenburg erwiderte, die Frage, ob das Stift zu veräußern, werde im Ministerium sehr sorgfältig erwogen und deshalb seit mehreren Jahren schon mit der Entscheidung zurückgehalten. Instituts solle durch die Veräußerung keineswegs erfolgen, sondern umgekehrt der Zweck desselben entsprechender und um⸗ fangender erreicht werden. Platz für drei Konventualinnen; bei einer vortheilhaften Ver⸗ außerung könnte eine erheblich größere Zahl von Damen aus istitutsmitteln unterstützt werden. Dr. Windthorst betonte, pia causa, die in keinem Falle aufgelöst werden dürse. Wenn man hier Nützlichkeitsregeln walten lasse, so seien alle In⸗ bitte er den Minister dringend, von diesem Versuche abzustehen, und wenn derselbe die Unterstützung von mehr Damen für erforderlich halte, die Mittel dazu anderweit zu beschaffen zu suchen. von Bockum⸗Dolffs habe seine früheren Ansichten wesentlich geändert, da es sich um ein protestantisches Stift handle. Die Pietät gegen Friedrich Wilhelm IV. sei anderweit nicht so
reich ausgestattet habe.
(Redner verlas diese
Darstellung der
Eine Profanation des
enthalte das Gebäude nur
das Stift sei
stitute dieser Art
berücksichtigt.
bätten wieder eingeliefert werden müssen. Er hoffe im nächsten Jahre die gewünschte Statistik vorlegen zu können.
Der Abg. Schmidt (Stettin) hob hervor, daß die Zahlen des Justiz-Ministeriums mit denen des Ministeriums des In⸗ ern in Widerspruch ständen. Vom früheren General⸗Auditeur Fleck seien die meisten Anträge auf vorläufige Entlassung ge⸗ nehmigt worden. Auch aus der Rede des Justiz⸗Ministers 54 line mildere Praxis zu erwarten. Die betreffenden Motive
geringer. Der Abg. Dber⸗Staatganwalt Schwarz aus Sachsen ! Centrum gestimmt.
Derselbe König sei der Schöpfer der kirchlichen Gesetzgebung gewesen, unter welcher Preußen glücklich gewesen sei, und die erklärte Absicht des Kulturkampses sei es, diese glückliche Periode aus dem Gedächtniß zu tilgen, und der Abg. von Bockum⸗Dolffs habe dabei erheblich mitgearbeitet. Die katholischen Stifter habe man aufgelöst, die Damen weg⸗ gejagt und lasse sie in der Fremde verkümmern.
Der Abg. Frhr. von Schorlemer⸗Alst Centrum werde den Abg. von Bockum ⸗Dolffs unterstützen, jum Strafgesetzbuch seien vom Abg. von Uechtritz unvoll⸗ weil es der Grundsatz seiner Partei sei, Gerechtigkeit nach ständig milgetheilt worden. Ein Hauptmotiv sei die Bewäh⸗e allen Seiten zu üben, wiewohl von der linken Seite diese im jung der vorläufigen Entlassung in andern Ländern, nament⸗ Kulturkampf nicht geübt worden sei. iich in Sachsen gewesen. In England, wo die Zahl der vor⸗ von Vockum⸗-Dolffs und seine Freunde bei dem Unrecht ge⸗ läufig Entlassenen weit größer als die derjenigen sei, die ihre wesen, das den Katholiken widerfahren sei. volle Strafzeit vervüßt hätten, wären die Rückfälle bedeutend Abg. von Bockum⸗-Dolffg mit seinen Freunden gegen das
Wo sei denn der Abg.
Da habe der
gutes
Ent⸗ t aber Auf⸗ n n ) Institut mit einer gewissen Ab— neigung behandelt. Bei der Legislation sei dies jedenfalls ĩ ö Die Praxis in den ersten Jahren möge zu milde gewesen sein, der Minister scheine von der zu⸗ letzt geübten Strenge wieder zur richtigen Mitte zur! zu wollen. ;
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Der Minister für Landwirthschaft Dr. Lucius konstatirte, 1
daß zwischen ihm und dem Vorredner keine Differenzen be⸗ züglich der Ansichten über das Separationswesen beständen. Aber er müsse wiederholen, was er schon oft gesagt habe, daß ein falsches Anwenden an sich guter Einrichtungen ein Fehler sei; so müsse man auch in dem Konsolidationswesen eine ge⸗ wisse Schonung walten lassen. Den in Betreff des landwirth⸗ schaftlichen Unterrichts gemachten Bemerkungen müsse er zum Theil beistimmen; diese Fehler lägen zum großen Theil in dem Berechtigungswesen. Man müsse, wenn die landwirth⸗ schaftlichen Mittelschulen sich in ihrer jetzigen Gestalt nicht halten könnten, der Idee näher treten, sie dem Kultus⸗Mini⸗ sterium zu überweisen.
Der landwirthschaftliche und Gestütsetat wurde genehmigt. Trotz der späten Stunde trat das Haus noch in die Be⸗ rathung des Kultusetats; die Einnahmen wurden genehmigt; bei den dauernden Ausgaben vertheidigte sich der Abg. Dr. von Stablewski gegen mehrere ihm in zweiter Lesung gemachte Vorwürfe. Er müsse die Zurücksetzung des Polnischen beim Unterricht beklagen und namentlich für den Neligionsunter⸗ richt die Anwendung der polnischen Sprache fordern.
Hierauf vertagte das Haus die weitere Berathung des Etats um 4½ Uhr auf Donnerstag 10 Uhr.
Nr. 4 des Amtsblatts des Reichet⸗Postamts folgenden Inhalt: Verfügungen: Vom 28. Jannar 1881:
tritt von britischen Kolonien zum Weltpostverein. — Vom 23. J nuar 1881: Verpackung der gewöhnlichen Packete nach dem Auzlande — Vom 20. Januar 1881: Eröffnung der Eisenbahnstrecke H Detmold.
— Nr. ? des Central⸗Blatts der Abgaben⸗, Ge⸗ werbe und Handel gesetzgebung und Verwaltung in den Königlich rreußistoen Staaten bat folgenden Inhalt: Allgemeine Verwaltung gegeristände: Veränderungen in dem Stande und in den Befunnissen der Zoll! und Steuerstellen. — Indirekte Steuern: Tarisirung vor Vogelbälgen. — Entscheidung des Reichsgerichts. Stemprelfsteuer für den Einschuß nicht in baarem Gelre bestehender Einlagen bei Aktiengesellschaften. — Gewerbe und Handelssachen: Gültigkeitsdo uer des Handelgvertragesg mit Italien. — Desgleichen der Freund schafts⸗, Handel. und Schiffahrter ertzäge mit San Salvador und Mexilo. — Personalnachrichten.
Der Abg. von Bockum -Dolffs habe dar⸗