1881 / 29 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 03 Feb 1881 18:00:01 GMT) scan diff

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wurde, daß er Einfluß auf das Oberbars geübt, einsach fragte, ob er der einzige Engländer sein solle, der leine Meinung baben dürfe. Nun, eine Meinung über das, was bei den Wahlen im Interesse res Landes ist, habe ich mir auch gebildet, und die spre be ich hier auꝛs. Das Interesse von Elsaß-Lothringen erfordert seine volle Selbständigkeit und die verfassungsmäßige Gleich berechtigung mit den andern deutschen Staaten. Durch Gefühls⸗ und Rechtsdeklarationen läßt sich dies Ziel nicht erreichen; der einzige Weg, der dahin führt, ist die offene und lovale Anerkennung der Zusammengebörigkeit von Elsaß⸗Lothringen mit Deutschland. Dus Interesse von Elsaß-Lothringen erfordert daher, daß achtbare, unabhängige Männer in den Reichstag gewählt werden, welche sich offen zu dieser Zusammengehörigkeit be— kennen; denn wie die Dinge liegen, und wir können doch nur die fak— tischen Zustände ins Auge fassen, hängt die Entscheidung über die Gewährung weiterer Verfassungsrechte an Elsaß Lothringen einzig und allein von Sr. Majestät dem Kaiser, den deutschen Souveränen und freien Städten und dem Reichstage ab. Ich bitte Sie nun, meine Herren, sich in den Fürstenrath und dle Reich nta gepflichten hineinzuͤden ken Ist da die Möglichkeit vorhanden, daß die Stimmen dahin gehen, Cfsaß Lothringen neue Machtbefugnisse in die Hand zu geben, wenn Anhänger der Partei in den Reichstag gewählt werden, welche die Beruhigung des Landes und die Aussöhnung mit den neuen Verhältniffen nicht will. Ich verdächtige nicht, Facta lo- quuntur. Blätter, die noch heute Protest erheben gegen den durch Friedensschluß sanktionirten politischen Zustand des Lan⸗ des, die immer wieder drucken: Elsaß⸗Lothringen seufze unter der Diktatur; es seien Gesetze in Elsaß Lothringen oktroyirt, die bei der Kindererziehung in die heiligsten Rechte der Familien eingreifen, tragen nicht zur Beruhigung des Landes, nicht zur Aussöhnung mit den' neuen Verhältnissen bei; mit einem Worte, so lange Fürsten und Reichstag glauben, Elsaß Lothringen wolle sich nicht offen und ehr— lich an Deutschland anschließen, fo lange wird es eine Unmöglich— keit, dem Lande volle Selbständigkeit zu gewähren. Müssen sie das nicht glauben, wenn ihnen tagtäglich Artikel, wie „le moment decisif“„, „les lettres d'un sinpie bonurgeéois!“ und das Blatt vor⸗ gelegt werden, das einem geachteten Mitgliede des Landegausschusses es gewissermaßen zum Vorwurf macht, daß sein Sohn in der deut— schen Armee dient. Meine Berichte, daß jene Blätter nicht die wahre Stimmung des Landes repräsentiren, geben allein kein Gegengewicht, ste bedürfen der Unterstützung der patrio⸗ tischen Presse des Landes, und auf der anderen Seite, wel⸗ chen Eiafluß müssen jene Blätter auf die Reichsta swahlen üben, wenn ihnen gegenüber nicht Fahne aufgepflanzt und die Berölkerung über ihre wahren Interessen aufgeklärt wird. Die Gerechtsame, welche dem Lande bis jetzt zugestanden sind, verdankt dasselbe nicht Oppositionsteden im Reichstage, sondern allein der patriotisch ge⸗ mäßigten Haltung des Landesausschusses und den Märnern, welche mit der Regierung in Verbindung getreten sind und welche so ist die Welt jetzt Verdächtitzzungen ausgesetzt sind. Ich kann xer— sichern, daß ich den Herren der Autonomistenpartei, die mir näher bekannt geworden, dankbar verpflichtet bin, denn sie haben mich von Anfang an über ie Bedürfnisse, Gefühlästimmung und Rechts auffassung des Landes aufgeklärt und haben dies mit einer Offenheit und Selbstlosigkeit getban, die ihnen meine volle Achtung erworben hat. Ich denke, es werden sich auch jetzt elsaß⸗lothringische Männer finden, welche den Muth haben, für die wahren Interessen des Landes offen und energisch einzutreten. Es liegt bei den Wahlen ja eine rein elsaß- lothringische Frage vor, die nichts mit den Gefühlen für die Vergangenheit, nichts mit der dankbaren Erinnerung an diese gemein hat; sie betrifft speüfisch elsaß-lothrin gisches Interesse die Gestaltung der nächsten Zukunft des Landes. Sprechen die Wahlen für den Anschluß an Deutschland, so ist der Schritt zur Fortentwickelung unseres Verfassunge lebens gethan, sprechen sie dagegen, so liegen die Folgen auch auf der Hand; so fasse ich die Sachlage auf nach meiner Kenntniß der allgemeinen Verhältnisse und bei meinem warmen Interesse für Elsaß Loihringen, mit dem meine eigene Stellung ja gewissermaßen verbunden ist, und so bitte ich Sie, geehrte Herren, die Bemohner Ihrer Bezirke über die Bedeutung der nächsten Reichstagswahlen aufzuklären, und nun irinke ich aus warmem Herzen auf das Wohl der Mitglieder des Land sausschusses: Sie leben hoch! und hoch! und nochmals hoch!

Großbritannien und Irland. London, 2. Februar. (W. T. B.) Vor dem Schlusse der heute Vormittag zu Ende gegangenen Sitzung des Unterhauses kündigte der Premier eine Resolution gegen die Obstruktion für morgen mit dem Hinzufügen an, daß er die Dringlichkeit für dieselbe beantragen werde.

In der heutigen Nachmittagssitzung des Unterhauses

waren die Tribünen überfüllt. Parnell wollte das Ver—

halten des Sprechers vom heutigen Vormittag in Frage stellen. Der Sprecher erklärte, die Frage seines Verhaltens sei keine Privilegienfrage, Parnell habe daher seinen Antrag vorher anzumelden. Sullivan beantragte die Vertagung des Hauses, damit der Sprecher in den Stand gesetzt werde, nech Präcedenzfällen zur Rechtfertigung seines Verhaltens zu suchen. Im weiteren Verlaufe der sehr animirten Diskussion sprach sich der Premier Gladstone gegen einen Antrag auf Vertagung aus und erklärte, die Zeit sei nunmehr gekommen, wo es sich gezeigt, daß die Tyrannei der Minorität nicht län— ger zu dulden sei. Northeote bekämpfte ebensalls den An⸗ trag auf Vertagung, welcher Antrag von Vielen unterstützt wurde. Die Debatte wurde den ganzen Nachmittag hindurch von den Irländern fortgesetzt und schließlich der Vertagungs⸗ antrag mit 278 gegen 44 Stimmen abgelehnt. Die Sitzung wurde hierauf der für die Mittwochssitzungen bestehenden Ge⸗ schästs ordnung gemäß um 6 Uhr vertagt.

3. Februar. (W. T. B.) Die konservativen Mitglieder des Unterhauses werden heute bei Lord Beaconsfield zu einer Versammlung zusammentreten, um sich in Betreff der von ihnen zu beobachtenden Haltung gegen⸗ über den von Gladstone beantragten Resolutionen schlüssig zu machen. Der Zustand Thomas Carlyle's ist hoffnungslos.

Frankreich. Paris, 1. Februar. (Cöln. Ztg.) Die BVureaus der Deputirtenkammer ernannten heute den Ausschuß sür den Gesetzentwurf über den Kriegsdienst der Geistlichen. Der Ausschuß besteht aus zehn Mit⸗ gliedern der Linken und einem Mitgliede der Rechten. Die Mehrheit des Ausschusses ist der Ansicht, daß die Geistlichen in der zweiten Abtheilung des Kontingents, und nicht, wie der Kriegs Minister wünscht, in den Spitälern dienen soll.

Der neue Oberrath für die Gefängnisse

versammelte sich heute zum ersten Mal. Der Minister des Innern hielt vor der Versammlung eine Ansprache, in welcher er die Mission austeinandersetzte, die der Rath zu erfüllen habe. Die ersten Fragen, welche vor den Rath kommen werden, sind die über die Arbeit in den Gefäng— nissen und die Errichtung von Zellengesängnissen. Sieben

Departements haben bis jetzt verlangt, daß das Zellensystem

bei ihnen eingeführt werde.

2. Februar. (W T. B.) Die Linke der Deputirten⸗ kammer hat einstimmig beschlossen, den Minister des Auswärti⸗ gen, Barthélemy St. Hilaire, bei der für morgen beabsichtig⸗ ten Interpellation zu unterstützen. Die Versammlung erklärte die Interpellation für inopportun und beschloß, eine Tagesordnung anzunehmen, in welcher dem besonderen Ver⸗ ö zu dem Minister des Auswärtigen Ausdruck gegeben wird.

Türkei. Konstantinopel, 2. Februar. (W. T. B.) Der Sultan hat dem Präsidenten der französischen Re⸗ publik, Grévy, den Osmanie-Orden 1. Klasse mit Brillant— Insignien und den französischen Ministern Ferry und Bar⸗ thélemy St. Hilaire den Großkordon des Osmanie-Or⸗ dens verliehen.

Aus Paris, 2. Februar, meldet „W. T. B.; Die Repu blique frangaise“ führt in einem Artikel aus, die von der Berliner Konferenz getroffenen Entscheidungen hatten den Zweck, das Friedenswerk des Kongresses zu konsolidiren. Die Türkei müsse sich vor den Entscheidungen Europas beugen, welches das Land gerettet habe, indem es den Berliner Vertrag an die Stelle des Vertrages von San Stefano gesetzt habe. Die Türkei suchte seit zwei Jahren sich ihren Verpflichtungen in Betreff der griechischen Grenze zu entziehen. Es sei sehr bedauerlich, daß die Türkei ermuthigt worden sei, den weisen Rathschlägen Europas Widerstand zu leisten. Nichts werde das europäͤische Konzert verhindern, in Konstantinopel durch Vermittelung der Bot— fchafter eine friedliche Lösung wieder in die Hand zu nehmen, welche niemals zweifelhaft sei, so lange die Diplomatie der Mächte bei der Kollektivaktion bleibe, welche auf die Berliner Konferenz gefolgt sei. Die Initiative einzelner Mächte dagegen würde nicht zu diesem Resultate beitragen.

Aus St. Petersburg, 2. Februar, meldet das ge— nannte Bureau: Die „Agence Russe“ hebt gegenüber den Auslassungen des „Mémorial diplomatique“ hervor, daß die englische Regierung in ihrer Antwort an die Pforte keine besondere Bedingungen stelle, sondern ebenso wie Ruß— land und die übrigen Mächte die vorgeschlagenen Untex— handlungen als ein Anzeichen dafür ansehe, daß die Pforte über die im Oktober gemachten Propositionen hinausgehen und sich den Beschlüssen der Berliner Konferenz nähern wolle. Die Mächte würden zu prüfen haben, ob ein Kompromiß möglich sei, welcher Griechenland zur An— nahme empfohlen werden könnte. Die Mächte hätten sich die ihren Botschaftern gegebenen Instruktionen gegenseitig mit⸗ getheilt. Wenn auch beträchtliche türkische Streitkräfte nach der Grenze gesandt worden seien, so sei doch zu hoffen, daß weder Griechenland noch die Türkei die Verantwortung für den Beginn von Feindseligkeiten und den Abbruch der Ver— an,. der europäischen Mächte werde auf sich laden wollen.

Rumänien. Bukarest, 3. Februar. (W. T. B.) Das rumänische Budget pro 1881/82 balanzirt mit 119 671 214 Leis. Für das Unterrichts-Ministerium sind 10 850 000 und für das Kriegs-Ministerium 26 835 000 Leis präliminirt.

Bulgarien. Fofig 1. Februar. Der W. Pr.“ wird von hier gemeldet: Der hiesige serbische diplomatische Agent, Oberst S. Gruies, habe die bulgarische Re— gierung über ihre Intentionen in der Eisenbahnfrage interpellirt, Fürst Alexander habe versichert, daß die bul— garische Regierung ihren Standpunkt in dieser Frage wesent lich modifizirt habe und die Nothwendigkeit anerkenne, den bezüglichen Bestimmungen des Berliner Vertrages zu entsprechen. Die hiesige serbische Kolonie hat einen Klub gebildet, welcher es sich zur Aufgabe gemacht hat, die zwisch en beiden Nationen bestehenden politischen Differen zu ebnen.

3. Februar. (W. T. B.) Die Regierung hat ein Rundschreiben an ihre diplomatischen Vertreter in Beireff des Arrangements mit der Rustschuk-Varnaer Eisenbahngesellschaft gerichtet, in welchem es heißt, Bulgarien habe in Anerkennung des Prinzips des Verliner Vertrages und der ihm dadurch auferlegten Lasten den Ab⸗ schluß eines Arrangements gewünscht. Die genannte Gesell⸗ schaft habe indessen die bulgarischen Bedingungen nicht ange⸗ nommen, sondern die Frage zur Kenntniß der Mällte gebracht. Es sei demnach nothwendig, daß Bulgarien den Mächten die vorgeschlagenen Bedingungen mittheile. Unter Hinweis auf die immer größere Entwerthung der Aktien dieser Bahn habe Bulgarien folgende Anträge gestellt: Die Interessen werden während der Dauer der Konzession bei einem Kapital von 50 Millionen auf 2 Proz. festgestellt. Alle seit dem Berliner Vertrage sälligen Annuitäten werden nach der Unterzeichnung der Konvention bezahlt. Die Regierung hoffe, daß diese An⸗ träge gerecht und annehmbar erscheinen würden.

Wußland und Polen. St. Petersburg, 2. Februar. (W. T. B.) Ueber die Erstürmung von Geoktepe am 24. Januar cr. liegt folgender offizielle Bericht des Generals Skobeleff vor:

Die erste Sturmkolonne unter dem Kommando des Oberst Kuropatkin bestand aus 5 Compagnien und einem Bataillon Infanterie, sowie einer halben Compagnie Sapeure, einem Kommando Volontäre, einer Kosalen⸗Sotnie zu Fuß, 2 Pelo⸗ tons Gebirgéartillerie, 2 Seekartätschen, 2 Raketengestellen und einem Heliograph. Die zweite Sturmkolonne unter Oberst Koselkoff umfaßte 2 Bataillone Infanterie, ein Peloton Sapeure, ein Kommando Marinevolontäre, ein Artilleriepeloton, eine Seekartätsche, 2 Raketengestelle und einen Heliograph. Die dritte Sturmkolonne unter Oberst-Lieutenant Gaidaroff be⸗ stand aus einem Bataillon Infanterie, einem Kommando Volontäre, einem Peloton Sapeure, einem Peloton Artillerie, einer Seekartätsche, 5 Naketengestellen und einer halben Ko⸗ saken⸗Sotnie. Die vierte Sturmkolonne, welche in Reserve blieb, wurde gebildet aus 21 Compagnien, darunter 3 Com⸗ pagnien Fußdragoner und Fußkosaken und 24 Geschlttze. Die Kolonne Gaidaroffs griff um 7 Uhr Morgens die vordere feindliche Befestigung auf der südlichen Front an; gleichzeitig be⸗ gannen 36 Geschütze das Feuer, um für die Kolonne Koselkoffs eine Bresche zu legen, welche schon am 8. Januar vorbereitet war und durch die Gplosion einer in das Fundament der Mauer durch unsere Volontäre in der Nacht auf den 12. Januar auf der südlichen Front eingelegten Dynamit⸗ pycoxilin-Mine vollendet wurde. Um 11 Uhr 20 Minuten erstürmte Gaidaroff die feindliche Vesestigung, setzte sich dort sest und befestigte ich in derselben. Um dieselbe Zeit wurde unter den Wällen auf der Ostfrom eine Mine von 125 Pud

Pulver gesprengt, welche mehrere hundert Tekinzen ver⸗

schüttete. Die Explosion der Mine war das Sig⸗ nal für die Kolonnen Kuropatkins und Kosel⸗ koffs zum Beginn der Attake. Beide Explosionspunkte wurden nach 10 Minuten besetzt. Es begann ein blutiges Hand⸗ gemenge. Der Feind hielt sich hartnäckig auf den Mauern, der Kampf auf dem Walle dauerte gegen eine Stunde; von den Reserven wurden 2 Bataillone und 4 Compagnien Infan— terie vorgezogen. Das Samursche Bataillon erstürmte mit⸗ telst Leitern den unzerstörten Theil der feindlichen Mauer zwischen den beiden in Folge der Explosion eingestürzten Stel⸗ len. Alle Vertheidiger auf den Festungswällen wurden nach verzweifeltem Widerstande niedergemacht. Um 116 Uhr Nach⸗ mittags erkletterte die Kolonne Gaidaroffs mittelst der Lei— tern den südwestlichen Theil der Mauer. Der Kampf begann im Innern der Festung. Um 2 Uhr Nachmittags wurde die, die ganze Festung beherrschende Hügelredute Dengiltepe besetzt und wurden wir vollständige Herrscher der Festung. Der Feind flüchtete, ließ das Lager, sowie seine Habe und seine Familien zurück. Zur Verfolgung der Geflüchteten rückten eine Division Dragoner, vier Sotnien Kosaken, sechs Compagnien Infanterie, vier weittragende Geschütze und ein reitendes Gebirgspeloton vor. Der Feind wurde auf eine Strecke von 15 Werst verfolgt und niedergemetzelt. Außer in den Gräben, welche mit Leichen überfüllt waren und den während der Verfolgung durch die Kavallerie Niedergemetzelten wurden im Innern der Festung über 4006 Leichen des Feindes aufgefunden. Die Verluste des Feindes sind, nach den frischen Gräbern zu urtheilen und nach den eingezogenen Erkundigungen wäh— rend der ganzen Belagerungszeit und während der drei Aus— fälle, sehr bedeutend gewesen. Wir erbeuteten eine große An— zahl Gewehre, darunter unsere Berdanflinten, viele Geschütze, Munitionsvorräthe, mehrere Fähnchen, eine bedeutende Anzahl Kibitken, Vorräthe an Mehl und Fourage. Viertausend Fa— milien, darunter drei Imamfamilien, wurden gefangen, außer— dem ca. 700 Perser. Unser Verlust in allen Kämpfen vom 1. Januar bis 24. Januar betrug: todt 16 Offiziere 267 Sol⸗ daten, verwundet 42 Offiziere 647 Solvbaten, kontusionirt 13 Offiziere 123 Soldaten, 143 todte und 121 verwundete

Pferde.

2 JFJeäbrnghz ( n , Die gen ee Mee glaubt, daß demnächst folgende finanzielle Maßnahmen getroffen werden würden: Das für den Handel und für Pri— vate bestehende Verbot, in Gold zahlbare Wechsel auszustellen, solle aufgehoben werden. Die Zuckersteuer solle nicht erhöht werden, aber die Art der Besteuerung solle abgeändert wer⸗ den. Diese soll nicht mehr auf die Produktionsmittel der Fa— hriken, sondern auf die Fabrikate basirt werden. Die Kom⸗ missson für die Einkommensteuer hat ihre Arbeiten beendet. Dieselben werden gegenwärtig einer Revision unter— zogen. Der Ertrag der Steuer wird auf 351 Mill. geschätzt.

2. Februar. (W. T. B.) Gegenüber einem sehr pessimistisch gehaltenen Artikel der „Neuen Zeit“ über eine angebliche Hungersnoth in der Provinz Samara bemerkt die „Agence Russe“, daß in einigen Provinzen Südost— Rußlands im letzten Jahre die Ernte allerdings schlecht ge— wesen sei. Derartiges werde aber in einem Reiche von der Ausdehnung Rußlands immer vorkommen, da es unmöglich sei, daß stets überall gleich gute Ernten erzielt würden. Die Re— gierung Jabe übrigens außer den durch die Lokalverwaltungen vertheilten Vorschüssen unverzüglich für die Provinz Samara allein 5 Millionen Rubel zum Ankauf von Saatkorn und zur Hülfeleistung gesandt, wovon eine Million für öffentliche Ar— beiten bestimmt worden seien. Auch seien von den 7 Distrik— ten der Provinz Samara nur zwei besonders von der schlech— ten Ernte betroffen worden.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 29. Ja⸗ nuar. (Hamb. Corr.) Unter den Regierungsvorlagen, welche dim Reichstage zugegangen sind, befindet sich eine, welcher zufolge die Oeffentlichkeit der Verhandlungen bei den gewöhnlichen Untergerichten und den Polizeigerichten einge— führt werden soll. Unter den verschiedenen Eisenbahnvorlagen ist auch die ron Isvarsson und Genossen eingebrachte, betreffend den Bau einer Westküstenbahn.

Christiania, 29. Januar. Die Militärkommission des Storthings will, dem hiesigen „Dagblad“ zusolge, dem Odelsthing einen Gesetzentwurf, betreffend Abänderung des Wehrpflichtsgesetzes und dem Storthing einen Gesetzent⸗ wurf betreffend die Reorganisation des Militärwesens, in Verbindung mit einem Gesuch an die Regierung über⸗ reichen.

1

Amerika. Washington, 2. Februar. (W. T. B.) Der Präsident Hayes hit an den Kongreß eine Bot⸗ schaft gerichtet, in welcher er ein Schreiben des Sekretärs der Marine mittheilt, das die Bewilligung eines Kredites behufs Errichtung von Marinestationen auf dem Isthmus von Panama emfiehlt.

Die Staatsschuld der Vereinigten Staaten hat im Januar um 7 382 000 Dollars abgenommen. In der Staats⸗ kasse befanden sich Ende Januar 221 670 000 Dollars.

New⸗York, 2. Februar. (W. T. B.) Ein großer Theil des Landes ist von heftigen Schneestürmen und starker Kälte heimgesucht, die Schiffahrt im New⸗NYorker Hafen ist durch das Eis gehindert, und einige Eisenbahnlinien im Westen sinz in Folge des starken Schneesalls außer Betrieb. In Kalifornien dauern die Regengüsse fort und wird die Ernte, wenn das Wasser sich nicht rasch verläuft, schwer ge⸗ schädigt werden.

Statistische Nachrichten.

Die vorläufigen Ergebnisse der Volkgzäblung vom l. Dezember 1880 im preußischen Staate.

Die ‚Statistische Correspendenz“ theilt in Folgendem das Er gebniß der am 1. Dezember 1880 im vreaßischen Staate vorgenom⸗ menen Volkezäblung mit. Dasselbe ist nicht aus der Auszählung der einzelnen Zählkarten, sondern aus den summarischen Angaben in den Zäbler Kentrollisten ermittelt und det balb nur ein vorläufiges, das sich jedoch erfabrungsmäßig von dem definitiven nicht weit ent— fernen wird. Die Zunahme der Bevölkerung seit 1875 beträgt im ganzen Staate 5 895 ½ oder pro Jahr 1,17905/⸗J9. Die genaueren projentberechaungen für den Staat, die Provinzen, Bezirke und Freise weiden wir mit den desinltiven Ergebnissen veröffentlichen. Die vorlärffzen Resultate für die einzelnen Kreise folgen in einigen dei nächsten Nammern der ‚„Stanistischen Cotrespondenz.“

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St o v

Ortganwesende Zunahme

; P. von am 1. Dezember 1655

bis 1880.

* bez. L stei Regierun gs. bez. , n n, nen, um ; Bezirke. 1880 1875

27260331 25 742 408 1517 927,

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A. Staat B. Provinzen: I. Ostpreußen II. Wesspreußen III. Brandenburg IV. Pommern

1930498 1856 421 74 077 1402498 1343957 59 441 3 3535 S566 3 is 372 237 135 1535 454 1461933 76471 V. Posen. 1700 243 1606 281 94 859 VI. Schlesien dd 4003223 3 843 699 159 524 vi Sachen 2 311 857 2186897 143919 VIII. Schleswig ⸗Holstein . 1124558 1903926 50 836 . . 2115 145 20173293 28 352 X. Westfalen . 2040 672 1 905 697 134975 XI. Hessen.· Nassau 1 555 a4 1467 398 35446 VI. Rheinland , 4 653 8sß 3 Shn 381 283 305 XIII. Dohenzollern. 57 579 66466 1113 G. Regierungs- bezw. drostei⸗Bezir ke:

Czntasberg . ; . 101 647 51 043 J J Marienwerder. ... 834 181 809074 34010 Siadt Brlin ;... . . 1122 3853 963 939 153333 k 4 Frankfurt k . 059 392 412 920 8, 737 120 695734 41386 ö,, ö 8h 254 557 524 27 730 n,, . . 216080 208 725 6 . 1b 6 LG 60014 ,, 667 i587 572337 34 845 Breslau. . 1542530 1472 254 70276 k . n 995083 25 656 J . Magdeburg... . . 36 994 87959 h 397 Merseburg .. . 970 434 903 831 66 503 Erfurt / , 18140 Schleswig ; . 1124 862 103926 50 936 Hannover ö 459 825 450 059 29766 Hildesheim .. ; 1 . 18 414 Lüneburg ; . 401 122 386 714 14408

322 00M 308 299 13 795 Os nabrůck ö 289 329 277761 11569 dd 10410 Münster ö 470 3090 443 344 25 56 Minden.. ; ; 504 661 4806512 24049 J , ,, . 33 545 ,,, ö 1901 J 31961 Düsseldorf . 1 609 568 1460376 149192 k J 6696 R 936 51111 36 177 Aachen.. d 21 13 Sigmaringen. J 61 579 66 466 11 Das Königreich Württemberg“) ist in 2 Fabriken⸗In—=

spektionsbezitke getheilt: .

1) Neckarkreit, Jagst⸗ und Donaukreis. Hier hat der Fabriken inspeklor erst ins November 1879 seine Funktionen angetreten. Kinder unter 12 Jahren werden in Fabriken nicht beschäsftigt, jugend liche Arbeiter nur werige. Die meisten gewerblichen Anlagen Würt— tembergs haben einen ständigen Arbeiterstamm, besenders die größeren auf dem Lande, wo die Arbeiter auch einen kleinen Grundbesitz und Vichstand haben. Streitigkeiten zwischen den Arbeitgebern und den Arbeitern kommen hier böchst selten vor. Fabrikordnungen sind meistens eingeführt.

2 Auch im Schwarz waldkreis hat der Fabrikeninspektor sein Amt erst gegen Eade 1879 angetreten; auch er hat aug seinen bisherigen Beobachtungen den überauz angenthmen Eindruck e ines menschlich schönen Einandernahestehens ron Arbeitgebera und Arbeit- nehmern mitgenommen. In der Papieifabrik des Aktienvereins zum Brurerhaus in Dettingen besteht seit dem Jahre 1871 ein Nähschule,

in welcher die Mädchen der Fabrik nach der Reihenfolge ihres Dienst⸗ aiteis im Nähen auegebildet werden; sie erhalten während ibrer Lehrzeit einen ihrem früheren Verdienst entsprechenden Tazgelohn. Im Königreich Württemberg sind 613 Fabriken vorhanden, welche 4374 jugendliche Arbeiter beschästigen, und zwar 1687 mäarn liche und 2363 weibliche, zusammen 4059 im Alter von 14 bis 16 Jahren und 70 männliche und 214 weibliche, zusammen 284 von 12 ßis 14 Jahren. Soviel sich bat ermitteln lassen, sind in 4854 mwürt— tembergijchen Fabriken 21 923 Arbeiter gegen Haftpflicht und in 663 Fabriken 20 043 Arbeiter gegen alle Unfälle veisichert. Von diesen Versicherten sind im Jahr 1879 1357 Unfälle angemeldet worden. Das Großberzogthum Baden bildet nur einen Inspeltione« bezirk, ir welchem der Fabrikeninspektor sein Amt Ende März 1879 argesteten hat. Er hat in den Fabriken E887 jugentliche Arbeiter vorgefunden, und zwar 2356 männliche und 2081 weibliche (2437) im Alter ron 14 big 16 Jahren, 768 männliche und 692 weihliche (i450) im Alter ven 12 14 Jahren. Die Gesammtjahl ist zwar größer als im Jahre 1877 (6693), aber erheblich geringer als im Jahre 1874 (9845); die Verminderung beträgt bei den jugendlichen Arbeitern 22, bei den Kindern 60 (JJ. T6 Y der beschäftigten ju—⸗ gendlichen Arbeiter sind in Textil, Bijouterien . und Eigarren- sabriken. In der Hausindustrie sind außeidem noch piele Kinder selbst schon im Alter ron 7 urd 8 Jahren beschäftigt, Stärungin in dem Verbältniß zwischen Arbeitgebern und Arbeitern sind in Baden noch nicht hervorgetreten. Arbeiterwebnungen sind sast im ganzen Lande in der Anzahl von mindestens 149) vorbanden, in vielen Fabriken auch Küchen und Speisesäle, ebenso Krankenkassen. Sxarkassen finden sich nur in einzelnen Fabriken, Pensione⸗ und In⸗ valsdenkassen noch weniger, Fabriklschulen liegen nicht im Bedürfnißz. Auch das Großberzogthum Hessen bildet nur ein Auf⸗ sichte gebiet, für wel kes der Fabrikeninspekter im Mai 1879 in Funk tion getreten ist. Derselbe fand in den revidirten 211 Fabriken 5146 (73 0,6) männliche und 1884 (27 0,½) weibliche, zusammen 7030 Arbeiter, darunter 1494 (7 00) im Alter von 12 bis 14 Jahren und 668 (9,52 o) von 14 kis 16 Jahren. In drei Fabriken wurden auch Kinder unter 12 Jabren beschäftigt, was sofort verboten wurde. Wohlfahrteeinrichtungen für die Arbeiter finden sich nur sebr verein zelt, weil in den Städten vielfach dergleichen allgemeine Anstalten rorbanden und leicht zugänglich sind. Einzelne größere Fabriken besitzen jedoch dergleichen mustergiltige Gin⸗ richtungen, so namentlich die große Lederfabrik von Correlius Ddeyl in Worms, welche 150 Arbeiter beschäftigt, die mit shren Familien eine Stadt für sich bilden und der Fürserge eines eigenen (privaten) Fabrikeninspektors unterstellt sind. Außer den 566 Arbelterwehnbäusern findet man dort eine Kranken⸗, Medikamen ten-, Sterbe⸗ und Sparkasse, eine Vorschußkasse, eine Stipendien stiftung, Pen siong⸗ und Wittwenkasse, einen Konsumverein mit Me— nage, Küche und Suppenanstalt, einen Gesang⸗ und Instrumental verein, Bibliolbek u. A. Das Vereine leben greift in Hessen sebr fördernd in die Gewerbthätigkeit ein. Die Knaben ˖⸗ Arbeilsanstalt in Daimstadt unttrweist 364 Kinder armer Eltern in leichteren Hand arbeiten. Im Großherjogtbum Mecklenburg Schwerin sind 130 Fabriken vorhanden, in denen 2915 Arbeiter, davon 31 im Alter

2 Anm. Amtliche Mittheilungen aus den Jahresberichten der mit Beaussichtigung der Fabriken betrauten Beamten, Jabrgang 1879, 1II. Band (Berlin, Fr. Kortkamps)

von 12 lis 14 Jahren, 87 von 14 bis 16 Jahren, 368 voa 16 bis

21 Jahren und 2429 von mebr als 21 Jahren, im Ganzen 2692 männliche und 223 weibliche beschäftigt werden. 4 Betriebe baben

mehr als 100 Arbeiter, 5 jwischen 51 und 100, 34 zwischen 21 bis

50, 29 zwischen 11 und 20, 5810 Arbeiter und weniger Centren der

Industrie sind nicht vorhanden.

Im Großberzogthum Sachsen Weimar ⸗Eisenach ist die Aufsicht einem am 1. Februar 1879 in das Amt getretenen Fabrikeninspektor und einem Bergrevierbeamten übertragen Der Erstere hat 203 gewerbliche Etablissements tevidirt, in denen 6334 Arbeiter beschäftigt sind, davon 239 im Alter ron 12 bis 14 Jahren und 611 im Alter von 14 bis 16Jahren. Die größte Arbeiterzabl (2635) hat die Textilindustrie, demnächst die Glasfabrikation (1034). Für die Arbeiter ist in Erkrankungs⸗ sällen im Allgemeinen ausreichend gesorgt, auch Sparkassen sind bei verschiedenen Anlagen vorhanden.

Der Bergrevierbeamte hat nur 10 Werke mit 42 Arbeitern, darunter nur einer im Alter von 14 bis 16 Jabrer, zu beaufsichtigen.

Im Herzogthum Braunschweig unterstehen 634 Fabriken der Inspektion; in 260 derselben sind 116 Arbeiter von 12 bis 14 Jahren und 798 von 14 bis 16 Jahren, auherdem 2436 von 16 bis 71 Jahren, insgesammt 12490 männliche und 2498 weibliche Arbeiter beschäftigt. Von Unfällen sind dem Fabrikeninspektor 21 bekannt geworden, wovon 8 mit tödtlichem Ausgang. In mehreren größeren Fabriken bestehen Unterstützungskassen, in Zuckerfabriken, Brauereien und Ziegeleien auch Arbeiterkasernirungen. Fabrikschulen für jugendliche Arbeiter bestehen nicht.

Das Herzogthum Sachsen Meiningen zerfällt in zwei Fabriken⸗Inspektionebezirke: 1) die Kreise Meiningen und Saalfeld und 2) die Kreise Sonneberg und Hildburgbausen. Im Herzogthum sind 460 Fabriken vorhanden, welche 315 männliche und 258 weib- liche, zusammen 573, jugendliche Arbeiter von 14 bis 16 Jahren und 15 männliche und 18 weibliche im Alter von 12 bis 14 Jabren be⸗ schäftiger. Die beiden letztgenannten Kreise sind wegen ihrer gebir⸗ gigen Natur hauptsächlich auf die Industrie angewiesen, durch welche sich namentlich, wie bekannt. der Kreis Sonneberg auszeichnet.

Das Herzogthum Sachsen⸗Altenburg hat bei 145 844 Einwohnern (1875) 5945 direkt in Fabriken beschättigte Arbeiter d. h. 4, L 00 der Seelenzahl. Von den männlichen Einwohnern sind 4351 oder 6,1 0sp, von den weiblichen 1595 oder nur 210 / in Fa⸗— briken beschäftigt. Den Hauptindustriezweig bildet die Knopf— fabrikation in Schmölln und Gößnitz, demnächst die Cigarrenfabri—⸗ kation. Allein in diesen Fahriken sowie in Porzellanfabriken und in der Cigarrenindustrie werden jugendliche Arbeiter in größerer Merge beschäftigt. Ihre Zahl beträgi 223 m. und 174 w. von . , bis 14 Jabren. Die Gewerbthätigkeit im Herzogthum hat sich im Jahre im 1879 Allgemeinen geboben. Das Krankenkassenwesen steht in hoher Blürbhe; mit einzelnen Kranken— kassen sind auch Sterbtkassen und Invalidenkassen verbunden. Da— gegen besteht nur eine einzige Fabriken⸗Sparkasse in der Cigarren fabrik von Gustav Schmidt in Altenburg.

In den Herzogthümern Sachsen-Coburg und Gotha unterstehen 449 Fabriken mit 5217 Arbeitern der Aufsicht des Fa- brikeninfpektors; die bedeutendste derartige Anlage ist die Nadelfabrik von Wolf und Knippenberg in Ichtershausen mit 411 Arbeitern. Die Zahl der jugendlichen Arbeiter beträgt 77 im Alter von 12 bis 14 und 368 von 14 bis 16 Jahren. An Unglücksfällen sind 13 zur Keuntniß des Fabrikeninspektors gekommen.

Das Herzogthum Anhalt zäht 510 Fabriken mit 13 628 Arbeitern, darunter in 1065 Anlagen 157 männliche und 96 weibliche, zusammen 253 im Alter von 12 bis 14 Jahren und 2865 männliche und 160 weibliche, zusammen 466 im Alter von 14 bis 16 Jahren. Die Cigarren, und die Zündholzfabriken allein rer— wenden 183 oder 26 (0 der jugendlichen Arbeiter. Durch die Polizei⸗ behörde sind 52 Unfälle zur Kenutniß des Fabrikeninspektors gekom⸗ men, davon 9 mit tödtlichem Ausgange. In den 33 Zuckerfabriken des Herzogthums waren im Jahre i879 5244 Arbeiter beschäftigt, die zu den Fabriken gehörigen 5 Familienhäuser waren mit 58 Familien und 28 Ehepaaren belegt, die 28 Kaserren für Fremde mit 14 Familien, 15 Ehepaaren und 2719 Ledigen.

Der Fabrikeninspektor für das Fürstenthum Schwarz⸗— burg ⸗Sondershausen fand in 74 von ihm revidirten Fabriken an jugendlichen Arbeitern von 12 bis 14 Jabren 9, von 14 bit 16 Jahren 191; es werden aber auch viele Kinder in der Haueindustrie, namentlich bei der Herstellung von Phesphorzündbölzern beschäf⸗ tigt. Hülfskassen bestehen fast in allen größeren Fabriken.

Im Fürstent hum Schwarzburg«Rudolstadt kommen auf 77 009 Einwohner 93 Fabrikbetriche mit 3518 Arbeitern (45 Yo), datunter 66 zwischen 12 bis 14 Jahren und 273 wischen 14 bis 16 Jahren, zusammen 359 (10,2 o) jugendliche Arbeiter. Die Ge⸗ schäste verhöltnisse haben sich im Jabre 1879 noch nicht gebessert; am schlechtesten stand (8 mit der Trtilindustrie. Die Holzwaaren⸗ industtie im Thüringer Walde ist in Folge des Steigens der Arbeitslöbne und der Holzpreise vor Jahr zu Jahr zurückgegangen; die Wicheschachtelfabrikation, welche einem Dorfe sonst bis zu 80 00) ½ einbrachte, hat ganz aufgehört. Von ven wichtigsten Industrie weigen des Landen, der Porzellan und der Glasfabrikation, nar nur in letzterer der Geschäftsgang gut, nur befriedigten die Preise noch nicht. In den meisten größeren Fabriken sind Krankenkassen rorhanden, wäbrend die Haftrflichtversicherung nicht überall durch— geführt ist. Das Verhältniß der Arbeiter zu den Fabrikherren ist ein gutes.

Tie Fürstent bůmer Waldeck und P⸗ýñr mont zählten 49 der Aufsicht unterstellten gewerbliche Etablissemenis, in denen nur g6 jugendliche Acbeiter beschäftigt sind.

In dem Fürstenthum Reußä. L. sind 70 Fabriken (davon 52 der Textilindustrie) mit 5256 Arbeitern vorhanden, darunter 29 im Alter von 12 dis 14 und 201 im Alter voa 14 Fis 16 Jahren. 21478 der Arbeiter steuera zu Krankenlassen, 2517 sind gegen alle Unfälle, 768 gegen die Folzen der Haftpflicht oersichert. .

In dem Fürstentbum Reuß j. E. sind in 4 Fabriken, meist Tabakg«, Cigarren. und Harmonikafabrilen, 451 jugendliche Arbeiter beschäftigt, darunter 125 männliche und 31 weibliche von 12 bis 14 Jahren. Dem Fabrikeninspektor ist nur eine einzige Meldung wegen Ünsällen zugegangen. In vielen größeren Fabriken finden sich Krankenkassen; die Versicherung der Arbeiter gegen Unfälle ist zast eine allgemeine. In den 152 Erigruben, den 55 Schleserbrüchen, den * Braunkohlengruben und der Saline, welche eine besondere Jysreltson bisden, werden vur 3 ugendliche Arbeiter verwendet. Uebrigens waren von den Erzaruben nur 10 und von den Schie⸗ ferbrüchen nur 8 im Betrieb. . . .

In Staale Bremen hat der Fabrikenie srekter in 87 Cevi

dirten Fabriken 406 0 männliche und 190 weihliche Arbeiter und in 65 Anlagen 108 jugendliche männliche und 190 weibliche, sowie 6

Kinder von 12 dis s4 Jahren beschäftiat gefunden. Bremen zei hnet sich duich die Arbeite wohnung verbältnisse aus, auch das Kranken

assenwesen ist g gebildet, dagegen feblt es noch an Alterversor⸗ 71 ; ; kasserwesen löl gut aucgsbidet, Fagegen feb . die Totirung des Reseroefondz mit ca. 11535009 6 und die Vertbei⸗

gunge⸗ und Invalidenkassen. l (. ö.

Im Hamburgischen Staatsgebiete waren Ende Dezem— ber rh 5635 Fabriken mit 18369 Arbeitern vorhanden, darunter zö8 jugendliche und jwar 13 männliche und 11 weibliche ron 12 bis 14 Jahren und 283 männlicke und 56 weibliche zwischen 14 bis 16 Jabren.

Kunst Wissenscher?n und iteratur.

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Zu Meyers Konversations-Lexikon ist das Jahrez⸗ Supplement 1880— 1881 (7J. und 8 Hest) am 23. Dezember v. J. für den Preis von 8 S ausgegeben worden. Dasselbe reicht ron Gartenbau“ bis „IndustrieAusstellungen“' und enthält, ebenso wie die voraufgehenden Hefte, viele eingehende und gründliche Artikel. Aus denselben heben wir besonders hervor die Artikel: Geographische Gesellschaften und geographische Literatur, historische Literatur (August 1879 1880), Goethe Literatur (seit dem Aufhören des Privilege), Ge⸗ meindehaushalt, Handel Deutschlands, Handeleverträge (besonders über den deutsch⸗österreichischen Handelsvertrag), Großbritannien. Den vorstehenden 2 Heften sind 2 Tafela Abbildungen beigegeben: „Kunstwerke aus Pergamon J. („Zeus im Kampf mit den Giganten“, Relief aus dem Fries des Altarhauses zu Pergamon), und „Kunst— werke aus Pergamon II.“ (Athena⸗Gruppe aus der Gigantomachie“, ebenfalls Relief aus dem Fries des Altarhauses zu Pergamon).

Das Februarheft der Deutschen Rundschau“ bringt zunächst die Fortsetzung von Gottfried Kellers reizer der Novelle „Daß Sinngedicht.“ Aus dem übrigen Inhalt des Heftes heben wir alsdann einen Aufsatz ven Wilhelm Scherer über „Gotthold Ephraim Lessing“ hervor, dessen hundertjähriger Todestag am 15. Februar Deutschland den An'aß zu Gedenkfeiern giebt. Ein politischer Aufsatz über Gortschakow und Paskiewitsch‘ bietet Enthüllungen zur jüngsten russischen Geschichte. Professor W. Preyer beginnt eine Studie über den Hypnotismus“, welche den Erscheinungen desselben wisser schaftliche Beglaubigung giebt. Der Verfasser glaubt, daß das, was in den Händen von Charlatanen zum Schauspiel für die Menge gemißbraucht ward, berufen zu sein scheint, ein Faktor von noch unberechenbarer Tragweite für die moderne Heilkunde zu werden. Von Professor H. Hüffer erhalten wir eine durch bisher unveröffentlichte Brife und Jugendgedichte bereicherte Charakteristik der westfälischen Dichterin „Annette von Droste⸗Hülshoff!“. In Dr. Jastrows Artikel: „Die Weltgeschichte in ihren neuesten Dar⸗ stellungen“ wird Ranke's neuets Werk gewürdigt wie der Schlußband ron Freytags Ahnen in der literarischen Rundschau, zu welcher außerdem Hermann Grimm einen trefflichen Artikel über Friedrich Rückerts Sohn, Heinrich, weiland Professor in Breslau, beigesteuert hat. In einer Rundschau endlich über Die Berliner Theater“ be⸗ spricht Karl Frenzel die Novitäten der Saison.

Die am 5. Februar erscheinende Nr. 1962 der Illustrir⸗ ten Zeitung (Leipzig, J. J. Weber) enthält folgende Abbildungen: Galerie schöner Frauenköpfe: II. Im Domino. Arnold Ruge, Fam 31. Dezember 1880. Bilder aus St. Petersburg: Trans port einer Riesenkanone über den Liteinaja⸗Prtospekt. Nach einer Zeichnung von G. Broling. Berliner Skizslen: Rückkehr von einer nächtlichen Razzia in der Umgebung Berlins. Originalzeich⸗

1

nung von C. Koch. Unfreiwilliges Konzert. Nach einem Gemälde von Julius Agghäzy. Szenen aus „Geierwally, Schauspiel von Wilhelmine von Hillern. Nach der Aufführung im Theater am Gärtnerplatz zu München gezeichnet von W. Grögler. 3 Atbildungen: 1) Bei den Klötzen von Refin. 2) Auf der Sonnenvlatte an der Ache. 3) Auf dem Hochioch der Murzoll. Cotillontouren. 28 Abbildungen. Moden: Toilette fur ältere Damen. Polytechnische Mittheilungen: Lampenwecker. Aschen⸗ urne in farbig glasiiter Fayence. Verbesserter Fernsprechapparat der International Bell Telephon Company in New York. 2 Figuren. Betteirlage für Kinder. Die neue elektrische Beleuchtung von Siemens u. Halske in Berlin. 2 Abbildungen: 1) Schematische Dar stellung der Differentiallampe. 2) Die Differentiallampe als Latern:. Kuriositäten aus den Gebieten der Heraldik, Sphragistik und Numismatik ꝛc.: Die echten St. Georgsthaler. Vorder und Rück⸗ seite.

Joseh Baer à Co.,, Buchhändler und Antiquar in Frank-⸗ furt a. M. und Paris, der ein in allen Fächern der Literatur und Wissenschaften reich assortirtes Lager besitzt, giebt über dasselbe monat⸗ lich einen antiguarischen Anzeiger und von Zeit zu Zeit Lagerkataloge beraus. So sind jetzt wiederum von Baer & Co. ein anti qua- rischer Anzeiger vom Monat Januar d. J, Nr. 307, und ein II. Supplement zu dem Lagerkatalog 71 erschienen. Der antiqua⸗ rische Anzeiger enthält ein Verzeichniß von 305 Schriften über deutsche Geschichte und Literatur. Der bei weitem größte Theil derselben datirt aus dem 17. Jahrhundert, einige wenige aus dem 18. und 19. Jahrhundert, und beziebt sich in ihrer Mehrzahl auf den 30jährigen Krieg, sowohl im Allgemeinen als auf einzelne Ereignisse desselben, sowie auf Fürsten und Feldherren jener Zeit (Gustav Adolf, Wallenstein u. A.); andere Schristen betreffen geschichtliche Ereignisse nach Beendigung des 30jäbrigen Krieges. Nächstdem ist besonders nach die deutsche Literatur des 17. Jabrhunderts durch eine Menge von Sckriften vertreten; so finden wir u. A die Schriften ron Opitz, Simon Vach, Jak Böhme, Abrabam a S. Clara, Al⸗ bertinus u. a. Aus der Menge der im Kataloge zusammengestellten seltenen, hauptsächlich dem 17. Jahrhundert angehörigen Schriften beschtänken wir uns anzufübren: (Bernbarvie) Reimbibel v. J. 1675, S. v. Birkens hochfürstl. Uysses, Comenji Orbis sensualinm pictus (berühmtetz Schulbuch des 17. Jahrh.), des (Math. Flacius) Aeg⸗ quillus Eygentl. . .. Beschrevbung des beyl. Röm. Reichs Hafen⸗ kãß v. s. w. v. JT. 1617 (äußerst seltenes Schmäbgedicht), der Frucht⸗ bringenden Gesellchaft Nahmen, Vorhaben u. s. w. v. J. 1646, Gott⸗ frieds histor. Chronik u. s. w (Spee's) Cautio eriminalis s. de processibus contra Sagas liber u. A. Das 11. Suppl. zu dem Lazerkataleg 71, Medizin“, enthält ein Verzeichniß von 355 haupt— sächlich seltenen älteren medizinischen Büchern.

Gewerbe und Sandel.

Der Untausch der im Sep'slember v. J. ausgegebenen In⸗ terimsscheinꝛ der 4 ½ unkündbaren Central-Pfandbriess⸗Anleihe von 1380 der Preußiscken Central ⸗Boden kredit ⸗Aktien⸗ gesellschaft aegen definitive Stücke erfolgt vom 8. Februar ab bei der Gesellschaftsfasse in Berlin.

Der Aussichtsratbh der Berliner Immobilien ⸗Aktien⸗ gesellschaft hat die Vioidende für des abgelaufene Geschäftejahr aus 5 Yo festaesetzt; ein gleicher Betrag wurde für die vorangegan⸗

en drei Jahre vertheilt.

Der Ausfsichtsratb der Nordhausener Tapetenfabrik, Aktiengesel schaft, bat dem Vorschlage der Direktion entsptechend die Dividende für das veirflossene Jahr auf 7 „e festgesetzt. Zur Ab— sbreibung und Dotirung des Reserve⸗ und des Amortisations. Contos werden ca. 41 000 S verwendet werden.

Der Aussichtsrath der Vereinsbank in Nürnberg be⸗ schloß, der auf den 4. März einzuberufenden Generalversammlunng

lung eiger Diridende von 7560 21,5 Æ auf die Aktie vor⸗ zuschlagen.

Verkehrs⸗Anstalten.

Das 1. Hest des Jahrganges 1881 von dem im Ministertum der Fffentlichen Arbeiten und in Carl Heymanns Verlage bierselbst erscheinenden Archio fär Eisenbabnwesen“ enhält cinen Aufsatß über „Privatbabnen und Staatsbabnen in Frankreib“, welcher in wortgetreuer Uebersetzung drei Ar— sifel reoroducirt, die in den Nummern der franjösischen Zeitung fa république frangaise vom 27, 23, und 31. Oktober 1389 an leitender Stelle gestanden haben. Die Artikel des genannten fran⸗ ösischen Blatteg sind voll beftiger Anklagen gegen die sechs großen Prioatbahnen Frankreichs; sie heken andeterseitz mit großer Wiirme rie Veidienste hervor, welche sich die Staate babnen Frankreichs seit