1881 / 53 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 03 Mar 1881 18:00:01 GMT) scan diff

Leibliche Kinder und deren Nachkommen gehen Adoptio⸗ kindern und deren Nachkommen, eheliche den unehelichen vor.

Durch nachfolgende Ehe legitimirte Kinder stehen den ehelichen gleich.

Ferner geht vor der ältere Sohn und dessen Nachkommen⸗ schaft beiderlei Geschlechts, in Ermangelung von Söhnen und von Nachkommen derselben die ältere Tochter und deren Nach⸗ kommen beiderlei Geschlechts.

Unter den Nachkommen eines Kindes richtet sich die Be⸗ rufung zum Anerben nach denselben Grundsätzen.

§. 14. .

Bei der Erbtheilung wird der Hofeswerth nach folgenden Vorschriften ermittelt. .

Der Hof nebst Zubehör, jedoch ausschließlich des Hofes— inventars, wird nach dem jährlichen Reinertrage geschätzt, den er durch Benutzung als Ganzes im gegenwärtigen Kultur— zustande und bei ordnungsmäßiger Bewirthschaftung gewährt.

Die vorhandenen Gebäude und Anlagen sind, insoweit sie zur Wohnung und Bewirthschaftung erforderlich, nicht be⸗ sonders zu schätzen, sonst aber nach dem Werthe des Nutzens, welcher durch Vermiethung oder auf andere Weise daraus ge⸗ zogen werden kann, zu veranschlagen. Dies gilt ins besondere von Nebenwohnungen, sowie von zu besonderen Gewerbe⸗ betrieben bestimmten Gebäuden und Anlagen.

Von dem ermittelten jährlichen Ertrage sind alle dauernd auf dem Hofe nebst Zubehör ruhenden Lasten und Abgaben nach ihrem muthmaßlichen jährlichen Betrage abrusetzen. Lasten und Abgaben, auf welche die Ablösungsgesetze Anwen⸗ dung finden, sind dabei nach deren Vorschriften in eine jähr— liche Geldrente umzurechnen.

Wegen der auf dem Hofe ruhenden Hypotheken und Grunbschulden findet eine Absetzung nicht statt.

Der so ermittelte Jahresertrag wird mit dem Zwanzig— fachen zu Kapital gerechnet.

Diesem Kapital wird der nach einem durchschnittlichen , zu berechnende Werth des Hofesinventars hin— zugesetzt.

Auf Verlangen eines Betheiligten sind Höfe, deren Ge— bäude nebst Hofraum einen größeren Verkaufswerth haben, als der sonstige Grundbesitz derselben, nach dem Verkaufs— werthe zu schätzen.

Von dem Gesammtwerthe des Hofes nebst Zubehör werden die vorübergehenden Hofeslasten, z. B. Leibzuchten, 33 . wahrscheinlichen Bauer zu Kapital berechnet, abgesetzt.

Das so ermittelte Kapital bildet den Hofeswerth.

§. 15.

Bei der Erbtheilung tritt der Hofeswerth an die Stelle des dem Anerben zufallenden Hofes nebst Zubehör.

Die Erbschaftsschulden sind , . auf das außer dem Hofe nebst Zubehör vorhandene Vermögen anzurechnen.

insoweit sie durch dieses Vermögen nicht gedeckt werden, sind sie von dem Anerben als Schuldner allein zu übernehmen. In diesem Falle werden sie bei der Erbtheilung von dem Hofeswerth abgesetzt.

Der Anerbe hat nach Abzug eines ihm als Voraus ver— bleibenden Drittels zwei Drittel des Hofeswerths, im Falle des vorstehenden Absatzes zwei Drittel des nach Abzug der vom Anerben übernommenen Schulden vom Hofeswerthe übrig bleibenden Betrags in die Erbschaftsmasse einzuschießen.

Die Theilung der Erbschaftsmasse unter die Miterben, einschließlich des Anerben, erfolgt nach dem allgemeinen Rechte.

Nach diesem Rechte richtet sich auch die Haftung der Erben für Erbschaftsschulden. Der Anerbe haftet den Erb—

schaftsgläubigern auch mit dem Vermögen, welches er als Anerbe erhalten hat. §. 16.

Der Erblasser kann, falls bei seinem Tode ein Anerben— recht eintreten würde, in einem Testament oder in einer ge— richtlich oder notariell beglaubigten oder eigenhändig ge⸗ schriebenen und unterschriebenen Urkunde bestimmen, daß ein Anerbenrecht nicht eintreten, daß die Bevorzugung des Anerben in einer anderen als im zweiten Abschnitt dieses Gesetzes be⸗ zeichneten Weise stattfinden, welche Person unter den zur Erbfolge berufenen Nachkommen Anerbe sein, zu welchem

Betrage der Hofeswerth bei der Erbtheilung angerechnet werden soll.

Für den Pflichttheil des Anerben ist der nach dem allge⸗ meinen Recht, für den Pflichttheil der übrigen Erben der nach den §§8. 14, 15 zu ermittelnde Intestat-Erbtheil maßgebend.

§. 18.

Wegen Verletzung des Pflichttheils können nicht ange⸗ fochten werden:

1) Verfügungen des Erblassers, durch welche dem leiblichen Vater des Anerben lebenslänglich, der leiblichen Mutter bis zur Großjährigkeit des Anerben das Recht beigelegt wird, den

of nebst Zubehör nach dem Tode des Erblassers in eigene

utzung und Verwaltung zu nehmen, unter der Verpflichtung, den Anerben und dessen Miterben, letztere bis zur Auszahlung ihres Erbtheils, angemessen zu erziehen und für den Nothfall auf dem Hofe zu unterhalten;

2) Verfügungen des Erblassers, durch welche die Fällig⸗ keit der Erbtheile der Miterben bis zu deren Großjährigkeit unter der Verpflichtung des Anerben, die Miterben bis zu diesem Zeitpunkte angemessen zu erziehen und für den Noth⸗ fall auf dem Hofe zu unterhalten hinausgesetzt wird.

Die unter Nr. 1 erwähnten , ,. können auch nicht auf Grund der gesetlichen Vorschrlften über die Nach— heile der zweiten Ehe angesochten werden.

5. 19.

Wird ein Erblasser, welcher Eigenthümer mehrerer 6e ist, von mehreren Nachkommen beerbt, so gelten, falls derselbe nicht in einem Testament oder in einer gerichtlich oder nota⸗ riell beglaubigten oder eigenhändig geschriebenen und unter⸗ schriebenen Urkunde ein Anderes verfügt hat, folgende Be⸗ stimmungen.

Die mehreren . fallen dem Anerben zu, wenn sie beim Tode des Erblassers von derselben Hosstelle aus bewirth⸗ schaftet sind.

Andernfalls kann jedes Kind in der Reihenfolge seiner Verusung zum Anerben sich als Anerbe einen Hof wählen.

Nachkommen eines veistorbenen Kindes treten an dessen Stelle und unter diesen hat wiederum derjenige die Wahl, welchem der Vorzug nach §. 13 gebührt. Sind mehr Höfe als Kinder vorhanden, so wird die Wahl in derselben Reihen— solge wiederholt. Die Erbschaftsschulden sind auf die mehre⸗ ren Höse nach dem Verhältniß ihres für die Erbtheilung maß— gebenden Werths zu vertheilen.

8. 20. Die in den §§. 12 bis 19 enthaltenen Bestimmungen finden nicht Anwendung, .

I) wenn der Erblasser bei seinem Tode Miteigenthümer des Hofes war;

2) wenn der Hof beim Tode des Erblassers in Folge von Veränderungen, welche nach der Eintragung stattgefun⸗ den haben, nicht , . war; jedoch ist das Nicht⸗

vorhanden sein eines Wohnhauses zur Zeit des Todes des Erblassers ohne Einfluß, wenn bies ! Zustand alsdann noch nicht zwei Jahre gewährt hn ö.

Für jede Eintragung und jede Löschung in der Höfe⸗ rolle, einschließlich der darüber dem Eigenthümer zu machen⸗ den Anzeige, wird eine Gerichtsgebühr von drei Mark er— hoben. Die Einsicht in die Höferolle erfolgt kostenfrei.

Die Anträge zur Höferolle sind einer Stempelabgabe

nicht unterworfen. Dritter Abschnitt. ö ngen

§. 22. AUnter dem Eigenthümer im Sinne dieses Gesetzes ist im Falle des getheilten Eigenthums der Untereigenthümer zu verstehen. 23

§. 23. Durch dieses Gesetz werden nicht geändert: die Rechte des Gutsherrn oder sonstigen Obereigenthümers, das für Fideikommiß⸗, Lehn, Stamm- und Rittergüter geltende Recht, das Recht, durch Vertrag das Vermögen ganz oder theil— weise unter Lebenden mit Rücksicht auf eine künftige Erbfolge abzutreten. 9

? Dies Gesetz tritt am 1. Juli 1881 in Kraft. Eintragungen in der Höferolle, sowie Löschungen sind vom 1. April 1881 an zulässig; Eintragungen, welche vor dem 1. Juli 1881 beantragt werden, erfolgen kostenfrei.

Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrist und beigedrucktem Königlichen Insiegel.

Gegeben Berlin, den 231. Februar 1881. (L. 8. Wilhelm. Gr. zu Stolberg., v. Kameke. Gr. zu Eulenburg. Maybach. Bitter. v. Puttkamer. Lucius. Friedberg. v. Boetticher.

Finanz⸗Ministerium.

Dem Regierungs-Rath Steinbeck zu Altona ist die Stelle eines Mitgliedes (Stempelfiskals) der Provinzial⸗ Steuerdirektion zu Magdeburg verliehen worden.

Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal⸗-Angelegenheiten. Der Departements⸗Thlerarzt Dr. Steinbach zu Münster

ist zum Veterinär⸗Assessor bei dem Medizinalkollegium der Provinz Westfalen ernannt worden.

]

Abgereist: Se. Excellenz der General der Infanterie von Tresckow, General-Adjutant Sr. Majestät des Kaisers und Königs und kommandirender General des IX. Armee⸗ Corps, nach Altona.

Die Nr. 4 der Gesetz⸗-Sammlung, welche von heute ab zur Versendung gelangt, enthält unter

Nr. 8755 das Gesetz, , die gehälter und Bestimmungen über das 6. Februar 1881; unter

Nr. 8766 das Gesetz, betreffend das Höferecht im Kreise Herzogthum Lauenburg. Vom 21. Februar iss1; und unter

Nr. S767 die Verfügung des Justiz Ministers, betreffend die Anlegung des Grundbuchs für den Bezirk des Amtsgerichts Peine. Vom 14. Februar 1851.

Berlin, den 3. März 1881.

Königliches GesetzSammlungs⸗Amt. Didden.

ahlung der Beamten⸗ nadenquartal. Vom

Aichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 3. März. Ihre Königlichen Hoheiten der Herzog von i,. der Kronprinz von Schweden, die Erbgroßherzogin von Oldenburg und die verwittwete Prin—⸗ zessin Heinrich der Niederlande verabschiedeten Sich heute von den Kgiserlichen Majestäten, Allerhöchstwelche mit Ihren Hoheiten dem Großherzog und der Großherzogin von Baden bei Ihren Durchlauchten dem Prinzen und der Prinzessin Friedrich von Hohenzollern diniren.

Se. Majestät der Kaiser und König hörten heute Vormittag die Vorträge des Kriegs-Ministers, Generals der Insanterie, von Kameke und des Chess des Militär-Kabinets, General⸗Adjutanten von Albedyll.

Im Laufe des Vormittags nahmen Se. Majestät Mel⸗ dungen von Generalen entgegen, welche nach Beendigung der Vermählungsfeierlichkeiten in ihre Garnisonen zurückkehren.

Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz gab gestern Vormittag um 5 Uhr Sr. w Königlichen Hoheit dem Erzherzog Carl Ludwig von Desterreich, Mittags um 1 Uhr den Sächsischen Majestäten, um A Uhr Sr. Königlichen Hoheit dem Herzog von Aosta, den Groß— herzoglich weimarischen Herrschasten ünd Sr. Königlichen Hoheit dem Prinzen Arnulf von Bayern, sowie um 3 Uhr Ihrer geben der X ein Adelheid von Schleswig⸗Holstein bel der

breise das Geleit nach den betreffenden Bahnhöfen. Um 1214 Uhr hatte Se. Kaiserliche Hoheit der Kronprinz einige militärische Meldungen entgegengenommen.

Abends 7 Uhr begaben ** aiserlichen Hoheiten die

zur

Kronprinzlichen Herrschaften S n Diner zu dem englischen Botschafter.

Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin haben dem Magistrat und den Stadtverordneten hierselbst fol⸗ gendes Schreiben zugehen lassen:

Die Bürgerschaft Unserer getreuen Haupt. und

Residenz⸗·

stadt Berlin hat Une durch lange Erfahrung daran gewöhnt,

daß in ihr jedes Ereignlß, welches Unser Haus berührt, einen entsprechenden, Uns jedet mal woblthuenden Widerhall findet. Konnten Wir daher auch der Zuversicht leben, daß sie die Ver—⸗ mählung Unseres geliebten Enkels, des Prinzen Wilhelm König lichen Hoheit mit Ihrer Hoheit der Prinzessin Augusta Victoria zu Schleswig Holstein mit ihren Segenswünschen begleiten werde, so hat Uns doch die Großartigkeit, mit welcher diese Gefühle zum thatsächlichen Ausdrucke gebracht sind, freudig überrascht. Der un—= gewöhnliche Schmuck, welchen die Stadt zur Begrüßung dieser für das ganze Vateiland bedeutsamen Verbindung angelegt hat, die fest⸗ liche Mitwirkung der sämmtlichen Gewerke beim Einzuge der Fürst⸗ lichen Braut, der vieltausendstimmige 3iruf, mit welchem die Prin⸗ zessin freudig empfangen und als Mitbürgerin aufgenommen worden diese und viele sonstige Beweise treuester Anhänglichkeit, deren Bestä⸗ tigung Wir in der Zuschrift des Magistrats und der Stadtrerordneten vom 27. v. M. wiederholt finden, haben Uaser großelterliches Ge⸗ müth tief bewegt. Wir danken Allen auf das wärmste! Den Fe st⸗ wunsch, welchen die Bürgerschaft durch ihre rege, von musterhafter Ordnung begleitete Theilnahme bethätigt hat, haben die Organe der Stadt Unserm Herzen entnommen und ausgesprochen. Möge der Allmächtige allen den Hoffnungen, die sich an die Vermählung Unseres Enkels kaüpfen, die reichste Erfüllung gewähren! Den Mazistrat und die Stadtverordneten veranlassen Wir, Unsern Dank zur öffent⸗˖ lichen Kenntniß zu bringen. Berlin, den 1. März 1881.

Wilhelm. An gn sta.

An den Magistrat und die Stadtverordneten zu Berlin.

FJhre Königlichen Hoheiten der Prinz und die Prinzessin Wilhelm hielten gestern Nachmittag Ihren feierlichen Einzug in Potsdam, wo von dem fest⸗ lich dekorirten Bahnhof bis zum Stadtschloß eine mit Tannen— grün, Wappen, Fahnen und Wimpeln reich geschmückte Fest⸗ straße hergestellt war, auf welcher die Schützengilde, die Ge⸗ werke, die Turner, die Krieger- und andere vaterländische Vereine Spalier bildeten. Ihre Königlichen Hoheiten trafen unter dem jubelnden Hoch des zahlreichen Publikums dem Donner der Geschütze und dem Geläute der Glocken gleich nach 3 Uhr auf dem Bahnhofe in Potsdam ein, wofelbst der Ober⸗Präsident Staats⸗Minister Dr. Achenbach, der Stadt⸗ kommandant, General-⸗Major Bronsart von Schellendorff und der Polizei⸗Präsident von Engelcken Höchstdieselben emp ingen. Hierauf wurde das Prinzliche Paar in einem geschmackvoll drapirten Zelte von den slädtischen Behörden und 36 Ehren- jungfrauen begrüßt. Der Ober-Bürgermeister Boie richtete eine Ansprache an das Hohe Paar. Fräulein von Jacobs sprach ein Begrüßungsgedicht, während ein kostbarer Blumenstrauß und eine Ädresse überreicht wurden. Unter enthusiastischen Hochrufen der bei dem Bahnhofe und auf dem festlich geschmückten Wege , Königlichen Schlosse zu Tausenden angesammelten Bevölkerung begab Sich sodann das Hohe Pagr in einem sechsspännigen Galawagen, welchem zwei Spitzreiter und ein Stallmeister voranritten, nach der Stadt. An die Spitze des Zuges setzten sich die berittenen Mitglieder des Schlächtergewerks. Die Schlüͤtzen⸗ ilde und die übrigen spalierbildenden Gewerke u. f w. 5 dem Zuge, nachdem derselbe bei ihnen vorüber war. Der Zug passirte die Bahnhofsstraße, die Lange Brücke, die . und trat durch das Fortuna-Portal in das

chloß ein. Hier waren zum Empfange sämmtliche Offiziere der Garnison von Potsdam, sowie sämmtliche Räthe der Staatsbehörden anwesend. Nachdem die Hohen Neuver— mählten das Schloß betreten hatten, erfolgte im Lustgarten der Vorbeimarsch der Schützengilde, Gewerke, Kriegervereine und Turner. Das Prinzliche Paar sah demselben von dem offenen Eckfenster des Schlosses aus zu, für die jubelnden guru der Vorüberziehenden huldvoll dankend. Während des Einzuges ertönte von dem Glockenspiele des Thurmes der Gar— nisonkirche der Brautchor aus „Lohengrin“.

Um ? Uhr wurde auf dem Schloßhose von 500 Sängern eine Serenade dargebracht. Um 8 Uhr erschienen die Schüler des Victoria⸗Gymnasiums im Fackelzuge. Von den Sängern wie von den Schülern wurden dem Prinzlichen Paare Adressen überreicht. Um 8 Uhr und um 9 Uhr fand eine vollständige bengalische Beleuchtung der Hafeluser und des dem Königlichen Schlosse gegenüberliegenden Brauhausberges statt. Die in allen Theilen prächtig dekorirte Stadt war reich illuminirt.

Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für Handel und Verkehr und für Justizwesen traten heute zu einer Sitzung zusammen.

Der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Reichstags befindet sich in der Ersten Beilage.

In der heutigen (8.) Sitzung des Reichstags, welcher der Reichskanzler Fürst von Bismarck und ahi Bevollmächtigte und Kommissarien des Bundesraths beiwohn⸗ ten, gelangte zunächst solgendes Schreiben Sr. Kaiserlichen Hoheit des Kronprinzen, datirt vom 1. März, zur Verlesung:

Die Glüdwäünsche, welche der Gesammtvorstand des Deutschen Reichstages Mir und der Kronprinzessin, Meiner Gemahlin, zur Ver⸗ mählung Unseres ältesten Sohnes dargebracht bat, verpflichten Unt ju lebhaftem Danke. Wir dücsen in dieser Kundgebung ein Zeichen der Theilnabme erblicken, welche die erwählten Vertreter des deutschen Volkes dem jungen Paare keieigen, welchem es mit Gottes Hälfe dereinst beschieden sein wird, in der Erfüllung seiner Pflichten gegen das große gemeinsame Vaterland sein eigenes Glück zu begründen.

Berlin, 1. März 18851.

Friedrich Wilbelm, Kronprinz.

An den Gesammtvorstand des Deutschen Reichstags.

Das Haus trat sodann in die dritte Berathung der am 3. November 18890 zu Paris abgeschlossenen Uebereinkunft, be⸗ treffend den Austausch von Postpacketen ohne Werthangabe, ein. Der Staatssekretär Dr. Stephan theilte mit, daß der

Beitritt der Vereinigten Staaten Nordamerikas zu dem Pariser Uebereinkommen in naher Aussicht stehe. Ein rieg⸗ bezüglicher Gesetzentwurf sei bereits vom Senate genehmigt

und werde demnächst wahrscheinlich auch im Repräsentanten⸗ hause zur Annahme gelangen.

Auf eine Anregung des Abg. Forkel ju Artikel 10, welcher das Einlegen von Correspondenzen in Packete verbietet, er⸗ klärte der Staatssekretär Dr. Stephan, daß die preußische Gesetzgebung allerdings das Beisügen von Briefen gesiatte,

und daß die , sehr gerne bereit wäre, die Be⸗ stimmung des Artikels 10 in diesem Sinne zu modifiziren, daß diesem Wunsche jedoch die Gesergebungen der anderen Staaten gegenüberständen. Im Uebrigen sei das Bries⸗ porto nach dem Auslande so billig, daß jener Uebel⸗ stand kaum in Betracht komme. Der Gesetzent— wurf wurde hierauf ohne Debatte angenommen. Das Haus setzte nunmehr die Berathung des Reichshaus⸗ halts⸗-Etats pro 1881/82 beim Etat der Reichs druckerei fort. Der Abg. Rickert fragte, warum, trotz der anderweitigen Ausdehnung der Reichsdruckerei, die Absicht des Staats⸗ sekretärs Dr. Stephan, den Druck des Staats- und Reichs⸗ Anzeigers auf die Reichsdruckerei zu übernehmen, immer noch nicht zur Ausführung gelangt sei. Der Bundes kommissar Ober⸗Postdirektor Sachße erwiderte, daß die Absicht, den Staats⸗ und Reichs-Anzeiger auf die Reichsdruckerei zu über⸗ nehmen, nach wie vor bestehe, daß es aber zur Ausführung dieser Idee zur e noch an den nöthigen Räumlichkeiten fehle. Der betreffende Etat wurde genehmigt. .

Bei dem Etat der Eisenbahnverwaltung bemängelte der Abg. Berger die Kombination der Verwaltung der Reichs⸗ eisenbahnen mit der der preußischen Staatsverwaltung; ein solches Verhältniß könne nicht zum Heile ausschlagen. Na— mentlich litten darunter die Privatbahnen und die Staats⸗ bahnen in Süddeutschland. Der Abg. Sonnemann trat diesen Ausführungen bei und klagte namentlich über die Ablen— kungen des Verkehrs, welche mehrfach Verspätungen der Güter zur Folge gehabt hätten. Der Bevollmächtigte zum Bundesrath Staats⸗Minister Maybach betonte, daß er sich nur von den Interessen des öffentlichen Verkehrs leiten lasse; er könne es aber dem preußischen Steuerzahler gegenüber nicht verant⸗ worten, daß Güter auf Privatbahnen gefahren würden, die auf Staatsbahnen gesahren werden könnten; er habe für die Dividende der Aktioräre nicht zu sorgen. Beim Schluß des Blattes dauerte die Diskussion fort.

Nach §. 93 in Verbindung mit 8. 27, 4e. der Ersatzord⸗ nung steht den Ersatzlommissionen das Recht zu, die Zuxück⸗ stellun, der zum einjährig-freiwilligen Militär⸗ dienst berechtigten Militärpflichtigen bis zum 1. Ok— tober des sechsten Militärpflichtjahres ausnahmsweise zu ver⸗ sügen. Gesuche um Zurückstellung auf längere Dauer können nach §. 27, 7 a. a. O. von der Ministerialinstanz genehmigt werden. Derartige Zurückstellungsgesuche sind in Gemãßheit des 5. 93 zu 4 4. a. O. rechtzeitig bei der Ersatzkommission nachzusuchen, welche die erste Zurückstellung verfügt hat. Er—⸗ fahrungsgemäß werden solche Ausstandsgesuche hin und wieder so spät eingereicht, daß die Entscheidung der Ministerialinstanz Über dieselben bis zum Ablauf der bisherigen Zurückstellunn nicht mehr herbeizuführen ist. Die Militärpflichtigen pflegen dabei von der Ansicht auszugehen, es sei mit der Vorlage ihres Antrages alles Nothwendige gethan, und lassen dem⸗ gemäß den vorgeschriebenen Meldetermin zum Diensteintritt (S. 23, 5. 4. 4. O.) unbeachtet. Auch sind dieselben in solchen Fällen nicht in der Lage, sich bei einem Truppentheile zu mel⸗ den, da der hierzu erforderliche Berechtigungsschein dem Aus⸗ standsgesuche gemäß 8. 94,2 a. 4. O. beizufügen ist. Auf diese Weise entstehen nicht nur für die Militärpflichtigen nachtheilige Folgen (8. 93, 5 a. a. O), sondern es wird auch das militärische Interesse dadurch geschädigt, daß solche Militärpflichtige meistens außerterminlich eingestellt werden müssen. Um diesen Uebel⸗ ständen zu begegnen, haben der Kriegs⸗Minister und der Minister des Innern unterm 1. v. M. Nachstehendes be⸗ stimmt: 1) bei der Vorlegung von Ausstandsgefuchen, welche innerhalb eines Vierteljahres vor Ablauf des Ausstandster⸗ mins (§. 94, 2 a. a. D.) Behufs der ministeriellen Entschei⸗ dung angebracht werden, ist von der Beifügung des Seitens der Militärpflichtigen eingereichten Berechtigungsscheins Ab⸗ stand zu nehmen; 2) an Stelle desselben ist den Ministern ein Auszug vorzulegen, welcher die für sie wissenswerthen Daten: Name, Zeit und Ort der Geburt des Militärpflich⸗ tigen, verfügte Zurückstellungen, event. stattgehabte Wiederver⸗ leihung der Berechtigungung, Meldungen beim Truppentheil, Enischeidungen der Ober⸗-Ersatzkommission ꝛc. zu enthalten hat; 3) den Militärpflichtigen ist alsdann der Verechtigungsschein mit der Weisung wieder auszuhändigen, bei Verluͤst der Be⸗ rechtigung zum einjährig⸗freiwilligen Dienst den Zeitraum der ihnen gewährten Zurüdstellung nicht verstreichen zu lassen, ohne sich zum Dienstantritt bei einem Truppentheile zu mel⸗ den, da Tas eingereichte Gesuch um weiteren Ausstand sie die— ser Verpflichtung nicht entbinde. Den Behörden ist die mög—⸗ lichste beschleunigte und gründliche Erledigung der eingehenden Ausstandsgesuche zur Pflicht gemacht worden, damit nicht durch Verzögerungen berechtig:e Interessen Militärpflichtiger geschä⸗ digt werden. Andererseits soll gegen diejenigen Militärpflich⸗ tigen der erwähnten Kategorie, welche den Zeitraum der ihnen gewährten Zurückstellung überschreiten, ohne sich zum Dienst⸗ antritt zu melden, nach der Strenge des Gesetzes verfahren werden und nach Fesistellung ihrer Tauglichkeit im Wege außer⸗ terminlicher Musterung, deren sosortige H ranziehung zur Ab⸗ leistung der dreijährigen aktiven Hen fc veranlaßt werden.

. Nach einem Cirkularerlaß des Ministers der öffent⸗ lichen Arbeiten vom 12. v. M. sind die Vestimmungen im 5. 30 des Pensionskassen⸗Reglements vom 25. Olto⸗ ber 1874 durch die Organisation der Staais-Eisenbahn⸗ verwaltung vom 24 November 1879 nicht berührt worden, es bewendet daher, so lange dieselben nicht gemäß 8. 31 a. a. O. eine Abänderung erfahren haben, bei der Vorschrist des r n. nach welcher gegen die Entscheidung der Kö⸗ niglichen Eisenbahndirektionen bezw. der an die Stelle der Kommissionen getretenen Betriebsämter unmittelbarder Rekurs an die Ministerialinstanz zulässig ist.

== Der Minister für Landwirthschast hat in einem Spe⸗ zialfalle auf Anfrage einer Regierung entschieden, daß die auf Grund des z. 63 des Viehseuchengeseßes vom 25. Juni 1876 ernannten Schiedsmänner bei Reisen, welche fie Vehuftz iz von Thieren ö Eisenbahnen unter⸗ nehmen, sür den Weg nach dem Bahnhofe und zurück neben der in dem Cirkularerlaß vom 26. März 1876 normirten Vergütung für Zu⸗ und ÄÜbgang keine Reiseiosten zu bean⸗ haben, wenn der Bahnhof nicht mehr als 2 Im von rem Wohnorte entfernt ist. Die Bez 3 xc. sind 36 Cirkularerlaß vom 21. v. M. angewiesen, hiernach bei Festsetzung der Liquidationen der Schiedsmänner zu verfahren.

Se. Hoheit der gers as Paul von Mecklen⸗ burg⸗Schwerin, Ritimesster Ja Suite des Branden burgischen Husaren⸗Regimenig (Zietensche Husaren) Rr. 3 und kommandirt zur Dienstleistung beim General-Kommando

des III. Armee-Corps, hat einen mehrmonatlichen Urlaub angetreten.

Der General⸗Lieutenant Frhr. von Los, General—

Adjutant Sr. Majestät des Kaisers und Königs und Com-

mandeur der 5. Division, hat sich nach seiner Garnison zurück begeben.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Großherzoglich

mecklenburg. schwerinsche Präsident des Staats- Ministeriums, auch dem Kanton St. Gallen ein weiterer Vertreter zukommen.

Graf von Bassewitz, ist in Berlin eingetroffen. . , a

Zur Theilnahme an den in der Zeit vom 10. bis

30. d. M

findenden militärärztlichen Operations- resp. anato— mischen Kursen ist eine größere Anzahl von Ober-Stabs— ärzten und von Assistenzärzten J. Klasse kommandirt worden.

Das „Mar. V. Bl.“ veröffentlicht folgende Benachrichtigungen über Schiffsbewegungen: (Das Datum vor dem Orte bedeutet A kunft daselbst, nach dem Orte Abgang von dort) S. M. S.

„Ariadne“ 31,12. 80. Callao 31/12. 806 Ancon. Letzte Nachricht von dort 5/1. er. (Poststation: Panama.) S. M. Knbt. „Cyelop“ 912. Aden. (Poststation: Gibraltar.) S. M. S. „Freya“ 22,12. 80. Hongkong. Letzte Nachricht von dort 18/1. er. (Poststation: Hongkong. S. M. Av. „Habicht“ LI. Kapstadt. Letzte Nachricht von dort 7/1. (Poststation: Auckland auf Neuseeland) S. M. S. „Hertha“ 1611. Capstadt. Letzte Nachricht von dort 19.1. (Poststation:

Yokohama.) S. M. Knbt. „Hyäne“ 20/10. 809. Auck⸗ land 17/11. 80. nach Apia. (Poststation: Aden.) S. M. Knbt. „Iltis“ 25/11. 80. Shanghai. Letzte

Nachricht von dort 4,‚1. er. (Poststation: Hongkong.) S. M. Av. „Loreley“ 10,11. 80. Konstantinopel. Letzte Nach⸗ richt von dort 142. er. (Poststation:; Konstantinopel.) S. M. Av. „Möve“ 2 1. Capstadt. Letzte Nachricht von dort 61. (Post⸗ station: Auckland auf Neuseeland.) S. M. Knbt. „Nautilus“ 22111. 809. Wellington (Neuseeland). (Poststation: Aden.) S. M. S. „Nymphe“ 31/12. 80. La Guayra 7I. er. 111. Puerto Cabello 15/1. 18/1. Curagao 10/2. nach Ja— maika. (Poststation: bis 12‚3. Bermudas letzte Post Via Southampton vom 13/3. ab Norfolk.) S. M. S. „Victoria“ 112. Madeira 12,2. nach Sierra Leona. (Poststation: Porto Grande Cap Verdische Inseln. w S. M. S. „Vineta“ 25/11. 80. Jokohama. Letzte Nachricht von dort 6/1. er. Poststation: Hongkong.) S. M. Knbt. „Wolf“ 2111. 80. Tientsin. Letzte Nachricht von dort 1112. 80. (Poststation: Hongkong.)

Elsaß⸗Lothringen. Straßburg, 1. März. Die Els.⸗-Lothr. Ztg.“ giebt folgende Uebersicht über die Thätigkeit des Landesausschusses in der 8. Session, vom 6. Dezember 1880 bis 26. Februar 1881. Zur Erledi— gung gelangten J. die folgenden 10 von der Regierung ein⸗ gebrachten Vorlagen: Nr. 1. Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Feststellungdes Landeshaushalts-Etats von Elsaß⸗Lothringen

für das Etats jahr 188182, nebst Anlagen (hierbei: Regelung der wichtigen Fragen der Ortszulagen. Genehmigung einer ersten Ausgabe von Rententiteln

im Betrage von 1300000 66). Nr. 2. Entwurf eines Gesetzes, betreffend Einrichtung der oberen Forst—⸗ behörden. Nr. 3. Die allgemeine Rechnung über den Landes— haushalt von Elsaß-Lothringen für das Jahr 1876 nebst den dazu gehörigen , , , . und den Bemerkungen des Rechnungshofs des Deutschen Reichs. Nr. 4. Uebersicht der Ausgaben und Einnahmen der Landesverwaltung von Elsaß— Lothringen für das Etatsjahr 1879/80, nebst Anlagen. Nr. 5. Entwurf eines Gesetzes, betreffend öffentliche Versteigerungen von Gegenständen des unbeweglichen. Nr. 6. Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Haftbarkeit des Miethers oder Pächters für Brandschäden. Sodann der aus der Initiative der Herren Kleinclaus und Genossen hervorgegan— gene Gesetzentwurf, betreffend die Brandversicherungsgelder. Nr. 8. Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Unterstützung von dienstunfähigen Forstschutzbeamten der Gemeinden und öffentlichen Anstalten, sowie von Hinterbliebenen solcher Be⸗ amten. Nr. 9. Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Auf⸗ hebung des Kriegsgerichts zu Straßburg. Nr. 10. Entwurf eines 237 zur Ausführung des Reichsgesetzes vom 23. Juni 1880, betreffend die Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen. II. Eine Reihe von Initiativanträgen, worunter besonders erwähnenswerth ein Antrag Charpentier, betreffend die Ver— minderung der Weinsteuer, ein Antrag Grad, betreffend die Einrichtung einer meteorologischen Anstalt in Elsaß-Lothrin— gen, ein Antrag Fuchs, betreffend die Besteuerung der Kunst— weine, ein Antrag Klein, betreffend die Verpachtung der Ge⸗ meindesischerei (welcher indessen abgelehnt wurde). III. Eine roße Anzahl von Petitionen, worunter ca. 109 das Licenz⸗ teuergesetz betreffende, welche eine dreitägige lebhafte Debatte hervorriesen, in Verbindung mit dem Antrag Germain, be⸗ treffend die Prüfung des Licenzsteuergesetzes, welcher abge— lehnt wurde.

Oesterreich⸗Ungarn. Pest, 1. März. Aus Kairo, . März, wird dem „Pest. L.“ gemeldet: Kronprinz Rudolf ist vorgestern in Bam-Suef eingetroffen, wo er vom Mudir und der Bevölkerung enthusiastisch begrüßt wurde. Der Kronprinz besuchte das Koptenviertel und die Ziegelpyramide, die auf der Stätte des einstigen Labyrints 77 Die Kopten ließen dem Kronprinzen Blumen und Früchte überreichen. Bei Minnieh beginnen große Jagden.

Niederlande. Haag, 2. März. (W. T. B.) Die Erste Kammer hat das neue Strafgesetzbuch ein— stimmig angenommen.

Schweiz. Bern, 28. Februar. heutigen Sitzung Vorlage an die

(Bund.) In der des Bundesraths wurden *

gesetzgebenden ãthe Ser t: 1) der Entwurf eines Bundesbeschlusses, durch welchen das Ergebniß der nach dem Bundesgesetz vom 3. Fe⸗ bruar 18690 und gemäß der Vollziehungsverordnung vom 3. Juli 1880 ausgeführten Volkszählung vom 1. Dezember

. mit Bezug auf die Zahl der Wohn⸗ und der ortsanwe⸗ enden

Bevölkerung für die Kantone und die Schweiz amtlich

sestgesetzt wird. Danach beträgt die orisan⸗ wesende Bevölkerung der ganzen Schweiz 2846 102 Seelen, die Wohnbevölkerung dagegen 2831787 Seelen. 2 Der Entwurf eines Bundesgesetzes, betreffend die

ertretung im Nationalrath und die Fesistellung der Wahl kreise für letzteren auf Grund des oben unter 1 erwähnten

ts. und vom 4 bis 23. April er. hierselbst statt⸗

Beschlußentwurses. Der Repartition wird, wie 1870, die Wohnbevölkerung zu Grunde gelegt. Der künftige Nationalrath wird daher statt, wie seit 1872, 135, vielmehr 145 Mitglieder zählen. Der Zuwachs von 10 vertheilt sich zu je 2 auf die Kantone Zürich und Bern und zu je 1 auf die Kantone Schwyz, Baselstadt, Appenzell A.⸗Rh., Tessin, Waadt und Genf; falls die ortsanwesende Bevölkerung als Basis angenommen würde, so würde der Zuwachs 11 Mitglieder (146) betragen und

Prinzipielle Abänderungen an der bisherigen Wahlkreiseinthei⸗ lung werden vom Bundesrathe nicht beantragt, da ihm der jetzige Zeitpunkt, wo die Feststellung der Ergebnisse einer eidg. Volkszählung und die Neubestimmung der Wahlkreise zufällig eitlich zusammenfallen, bei der Kürze der zur Verfügung 6 Zeit dafür nicht geeignet scheint.

1. März. (N. Zürch. Ztg. Der Nationalrath hat die Berathung des Banknotengesetzes beendigt. Bei Abstimmung unter Namensaufruf ergaben sich 81 Stimmen für und 23 gegen das Gesetz. Bezüglich des Schutzes der Erfindungen wurde nach Antrag der Kom⸗ missionsmehrheit Partialrevision der Bundesverfassung be— schlossen. Die Behandlung der Volkszählung und der Neugestaltung der Nationalrathswahlkreise wurde auf den 19. April verschoben.

Die bernische Staatswirthschaftskommission hat heute dem Antrage der Regierung, betreffend Uebernahme der Staatsgarantie für die Verzinsung des neuen Konversions— anleihens der Jurabahnen beigestimmt. Der National—

raths⸗Präsident Burckhardt hat die Kandidatur für die Bundesrathswahl abgelehnt.

Großbritannien und Irland. London, 1. März. Allg. Corr) Die Nachricht von einer abermaligen

iederlage der britischen Waffen in Transvaal hat in offiziellen Kreisen einigermaßen beunruhigt, allein die Militärbehörden sprechen mit Zuversicht von einer baldigen Wiederherstellung der englischen Suprematie in Süd⸗AUfrika, umsomehr da Sir Frederick Roberts, der Held des Marsches von Kabul nach Kandahar, zum Nachfolger des unglücklichen Sir G. Colley ernannt worden. Die Regierung wird Sir Evelyn Wood weitere Verstärkungen anbieten, allein es ist fraglich, ob er sie annehmen wird. Der Herzog von Cambridge und Sir Garnet Wolseley konferirten gestern mit dem Kriegs-Minister und den Departementschefs über die Lage der Dinge. Im Kriegs-Ministerium befürchtet man, ohne die Niederlage der Truppen unter Sir G. Colley im Geringsten zu unterschätzen, weit mehr den Eindruck, den die Nachricht auf die im Freistaate, in Natal und den übrigen südafrikanischen Kolonien wohnenden Boern machen dürfte, als irgend eine unmittelbare Gefahr für die Engländer.

Aus Durban wird dem Reuterschen Bureau unterm 28. v. M. telegraphirt:

Sowohl hier wie in Pieterm;:ritzburg herrscht große Aufregung. Die Fahrzeuge im Hafen haben zu Ehren General GCelley's ihre Flaggen auf Halbmast gezogen. Sir Evelyn Wood begab sich gestern Abend von hier nach der Front, um den Befebl über die Truppen zu übernehmen. In dem gestrigen Kampfe fielen Lieutenant Maude vom Genie Corps und Kapitän Morris vom 58 Regiment, Kapitän Singleton vom 92. Regiment wurde schwer verwundet. Die Seconde⸗ Lieutenants Ley und Hill, vom 58. Regiment, und Say () werden als vermißt gemeldet.“

Aus Neweastle vom 26. v. M. meldet eine Depesche der „Daily News“:

Nach Berichten aus Wakkerstroom griffen 60 Soldaten und Civilisten 1997 Vocren in kurzer Entfernung von der Stadt an. Zwei Mann des 58. Regiments wurden getödtet und einer verwundet. Von den Cibilisten wurde Niemand verwundet. Die Kämpfer näherten sich eina der auf einige Ellen. Die Boern warden nach iweistündigem Kampfe zurückg-worfen. Zrei Wagen fuhren ihre Todten und Verwundeten weg. Die Eagländer boren ihnen ärzt⸗ lichen Beistand an, den die Beern mit dem Bemerken ausschluzen, daß keiner Ler ihrigen verwundet worden Das Gefecht wurde da duich rerursacht, daß der Landdrost die Eingeborenen nach ihren Kraalen sandte, um Lebent mittel zu holen, worauf die Boern auf sie seuerten. Es verlautet, daß die Kaffern in dem Kampfe bei Wakkerstro m Beistand leisteten.“

Von dem Spezialcorrespondenten auf dem Kriegsschau⸗ platze im Transvaal (Kapitän Cameron) erhielt der „Standard“ nachstehenden, von Prospekt Hill, 28. Fe⸗ bruar, datirten Bericht über die jüngste Niederlage der bri⸗ tischen Truppen bei Spitz kop, Sonntag, 8 Uhr Abends:

Sorben febre ich ins Lager zurück nachdem ich durch ein Wunder dem Schicksale eines großen Theils unserer Truppen entzangen bin. Die Stärke unserer Kolonne betrug etwa 600 Mann im Ganzen. Die Nacht war dunkel und der Weg auf unbekanntem Terrain bächst keschwerlich. Die eigentlichen Schwierigkeiten begannen mit dem Ei⸗ klimmen des Berzes. Kaum mit Mübe und Gefahr auf einer Höhe angelangt, ging es wieder bergab. Bei Ta zedanbruch naberten wir ung dem Hägel, wel hem unsere Expedition gegolten. Auf einem beberr chenden Punkte desselben stellten wir 20 Mann auf, um unsere Verbindung mit dem Lager aufrecht ju erbalten; dieselben erhielten Befehl, sich sosort zu verschanzen. Bislang war unser Erfolg ein vollsläadiger. Es war klar, d ß unrsere Besetzung des Hägels die Stellunz der Borrn abselut unhaltbar machet, da wir sämmtliche Verschanzungen im Rücken faßten. Das Hauptlager des Feindes lag etwa 2000 m entfernt. Uasere Stellung war unzweifelbaft eine äußerst starke. Auf der Spitze deß Hägels war (in Plateau, so daß die Truppen ebe eg zum Handgem nge kam, sib zu Roden legen und voll⸗ ständia gedeckt schießen konnten. Während einer Stunde rubten dle Trurven; ein Theil half den Matrosen, welche noch nicht im Stande g'wesen waren. die Gatlingkanonen beraufzubringen. Bei Sonnenaufgang zeigte sich Leben in den Linien der Boern; allein erst eine Stunde später trabten einige Vedetten gegen den ODügel beran, obre Zweifel, um sib bier autzustellen. Bei ibrer Anräberrung gaben unsere Vorrosten auf dieselben Feuer, und erst jetzt wurden sie unsere Anwesenbeit gewahr. Der Knall unserer Flinten wurde im bolländischen Lager vernommen, und die ganze Scene änderte sich wie darch Zauberschlaz. Ver größte Theil der Boern rüdte zum Angriff vor, während ein Thell sich damit beschäftigte, die Wagen jurück zu fäbren. Gegen 7 Uhr ersffneten die Boern dag —— und die Kugeln flogen dicht über das Plateau bin. Unsere eute helten sich rubig und betrachteten ihre Stellung als eine uneinnebhmbare. Von 7 big 11 Uhr unterbielten die Boern ein beständigeg Feuer und schossen dabel mit wunderbarer Prä sston. Fast jeder Schuß traf einen Slein, binter welchem einer der Uasrigen lar. Commodore Romilly warde in unmittelbarer Näke von Sir George Colle verwundet. Bis gegen 11 Ubr binten wir wenig Verwundete. Zwanzig Leute rom 92. Regimen? unter Lieutenant Hamilton bielten den am melsten bedrobten Panlt; die Ruhe der Hotlärder war unübertrefflich. Noch immer schien uasere Stellung sicher. Wenn die Boern ung auch von unserem Lager abgeschnstten batten, so besaßen wir Rationen für drei Tage und konnten Entsatz abwarten. Von 11 big 12 Ube dauerte dag Fener des Felndeg mit gleicher Heftigkeit; dann ließ etz nach, und es schien, alg ob dir Boern sich zurück sözer. Diet war jedoch nicht

der Fall; sie batten sib im Gegentbeil ju einem Angriffe verstäckt, und kurz nach 1 Uhr begann ein furchtbareg Feuer von derselben