1881 / 53 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 03 Mar 1881 18:00:01 GMT) scan diff

Seite ber, wo es früber am schlimmsten gewesen. Gleichzeitig machten die Feinde einen furchtbaren Angriff. Unsere erste Linie fiel oder wurde auf unsere. Hauptstellung zurückge⸗ worfen Unsere Leute befanden sich jetzt sämmtlich auf dem Gipfel des Hügels und batten ihte Bajonyette aufgerflanzt. Die Beern stürmten mit Siegesgeschrei heran und mac ten mehrere verzweifelte Angriffe, wurden jedoch stets mit dem Bajennet zurück geworfen. Nach jedem Angriffe begann das Feuer, das während des Handgemenges geschwiegen hatte, mit verdeppelter Macht. Die Truppen tbaten ihre Pflicht und kämpften, von den Offizieren er= muthigt, tretz der schlimmen Umstäude mit eiserner Ruh. Schließ lich griffen die Born den schmwächsten Punkt unserer Stellung an, scklußen sich durch, und unsere Stellung war verloren. Die Haupt linie unserer Vertheidiger, die ihre Flanke umgangen und sich im Rücken bedroht sah versuchte sich zu sammeln, allein vergeblich. Mit wildem Geschrei und üinem Kugelhagel stürmten die Boern heran. Ringe um brachen die Leute zusammen; kein Widerstand mehr, kein Halt, es war eire Flut ums Leben. In diesem Augenblick warde ich nieder⸗ gerannt, mit Füßen getreten, und als ich meine Besinnung wieder erlangt, erblickfle ich über mir die Boern, welche nach dem retirirenden . feuerten. Als ich mich zu erheben versuchte, wurde ich zum

efangenen gemacht und weggeführt. Auf dem Hügel fand ich die Leiche des Generals Colley, der einen Schuß durch den Kopf er— halten. Nach einer Unterhaltung mit dem Boerngereral bewog ich ihn, mir einen Paß zu gewähren, um mich nach dem Lager begeben und Beistand für die Verwundeten requiriren zu können. Die Boern waren sehr köflich, sie nahmen mir zwar einige Gegenstände, die ich bei mir führte, ab, allein, keine Truppen in der Welt hätten sich, im Ganzen genommen, besser als Sieger benehmen können. Im Gespräche mit mir schrieben sie ihre Siege nicht ihren Waffen oder ihrer Tapferkeit zu, sondern der Gerechtigkeit ihrer Sache. Ueber die Vollständiekeit ihres Sieges jann tein Zweifel obwalten. Sie nahmen durch bloßes Kämpfen eine Stellung, die der General für unüherwindlich hielt. Es kann nicht in Abrede gestellt werden, daß die Einnahme des Majukahüsels eine That ist, auf welche jede Truppe in der Welt stolz sein könnte.

2. März. (W. T. B.) Das Oberhaus hat die irische Zwangsbill in dritter Lesung angenommen und die Sitzung hierauf bis Nachmittags 5 Uhr vertagt. .

Das Ünterhaus begann die Debatte über die zweite Lesung der irischen Waffenbill: Mac Carthy beantragte die Ablehnung der Bill. Die Berathung wurde schließlich auf morgen vertagt.

Nach einer Meldung aus der Kapstadt, vom 25. Fe⸗ bruar, war bis zu diesem Tage der Regierung des Kaplandes eine Antwort von Lerothode oder anderen Häuptlingen der Basputos nicht zugegangen. Der Waffenstillstand hat daher sein Ende erreicht. Die Wiederaufnahme der militärischen Dperationen wird indeß noch durch Regenwetter verhindert.

Italien. Rom, 2. März. (W. T. B.) Der Groß⸗ fürst Konstantin von Rußland stattete heute dem Papste und dem Kardinal-Staatssekretär einen Be— such ab. Letzterer empfing auch die Besuche der Großfürsten Sergius und Paul.

(Pest. L.)

Türkei. Konstantinopel, 1. März. —̃ Derwisch Pascha soll das Oberkommando der Truppen im Epirus und in Thessalien übernehmen.

Serbien. Belgrad, 1. März. (W. Presse.) Der Sisenbahnausschuß der Skupschtina wird kaum vor zehn Tagen se ne Berathungen beendet haben. Die Regierung unterbreitet nicht nur alle früheren, sondern auch die in der letzten Zeit eingereichten Offerten, wie die ganze in der Eisen⸗ bahnfrage gesührte Korrespondenz. In der heutigen Skupschtina wurde der Jahresgehalt des Belgrader Metro⸗ politen auf 12500, jener der Bischöfe auf 7500 Frances reduzirt.

Nunußland und Polen. St. Petersburg, 3. März. (W. T. B.) Nach offizieller Mittheilung ist der General⸗ gouverneur West-Sibiriens, General Kasnakoff, seines Postens enthoben und zum Mitgliede des Reichs⸗ . ernannt worden. An seine Stelle tritt General Mestscherinoff. General Obrutscheff ist zum Gehülfen des Chefs des Generalstabes ernannt worden. General Barantzoff ist in den Grafenstand erhoben worden.

Amerika. Washington, 2. März. (W. T. B.)

m Repräsentantenhause wurde die Berathung der

undingbill gestern bis Mitternacht sortgesetzt. Von den re⸗ publikanischen Deputirten wurde eine obstruktionistische Taltik beobachtet. Indeß wurden beinahe sämmtliche vom Senate beschlossene Amendements angenommen. Sodann wurden aber noch weitere Amendements beantragt, welche, wenn sie ange⸗ nommen werden sollten, es nothwendig machen würden, daß die Bill abermals an den Senat geht, wodurch eine Ableh⸗ nung der Bill eintreten könnte. Die Mitglieder der Green⸗ back⸗Partei bemühten sich vergeblich, der Bill ein Amendement hinzufügen zu lassen, welches zur Ausgabe von Greenbacks an Stelle der von den Nationalbanken zurückgezogenen Noten ermächtigt.

2. März. (W. T. B. Später). Das Repräsen⸗ tantenhaus hat die Fundingsbill im Ganzen mit den vom Senate beschlossenen Amendements angenommen. Die Vill wird nunmehr dem Präsidenten zur Sanktion unter⸗ breitet werden.

Statistische Nachrichten.

(Allg. C) Die Verölkerung der Vereinigten Staaten von Nordamerika bestebt nach der neuesten Volkz⸗ zäblung aus 25 520 582 männlichen und 24 632281 welhlichen Per—⸗ sor en. Hiervon waren 43 475 506 Eingeberene und 6 677 369 im Autlande geboren. Die Anzabl der Welßen beträgt 43 401 877, die der Farbigen 6577151; die verbleibenden 170 838 bestehen aus In dianern, die keinen Stammverbindungen angebören und unter der Othat der Regierung steben, sowie aus Chinesen und anderen Asia⸗ ten. Die Gesammtiabl der Chinesen wird auf 195 363 geschaͤtzt. Seit der lüßten Vollsjäblung hat sewobl das Verbältaiß der Far · bigen ju den Wriißen wie das der männlichen Berölkerung gegenüber der weiblichen um ein Geringeß zugenommen, wogegen das Verhält⸗ niß der Ausländer etwas abgenommen hat.

KRunst, Wissenschaft und Literatur.

Aus dem rolitischen Briefwechsel des Deutschen Kalserg mit dem Prin Gemabl von England aus den Jabren 1854 bis 1861. (Verlag von Friedrich Andreas Pertheg in Goiba. 18581. Preis 2 Æ) Der Verfasseß macht in dieser Samm⸗ lung eine Reibe von Brirsen, die in Marti sünfbändigem Leben det Prinjen Alber!“ veröffentlicht sind, den weiteren Krelisen zu⸗ änglich, denen jede urkundliche Aeußerung Sr. Maßestät des Kaiserg echwiklommen ist. Die Briefe des Prinj⸗Gemabls bilden jwar die ütkeim'ege de Mebrheit; da sie sich aber sämmtlich auf preußische und deuische Verkälmisse be ehen, auch, soweit sie Antworten sind, die Ansichten des Fragestellers wiedersriegeln und für die versön⸗ lichen Beziebungen der keiden Hohen Bisefweteler charafteriftisch

sind, so baben sie mit Recht eine Stelle in dieser Sammlung ge⸗ funden. Die Aukstattung ift äußerst elegant in Schwabacher Schrist mit reicher Einfaffung und rothem Rande, auf holländischem Bütten⸗ papier. (

Handboch für Gerichtsvollzie her. Eine Sammlung sämmtlicher das Amt ter Gerichtsvollzieber betreffenden Gesetze des Deutschen Reichs und Preußens mit ergänzenden und erläuternden An= merkungen von Dr. C. W. Bleich, aufsichtführe adem Richter des Königlichen Amtsgerichts II. zu Berlin, Amtsgerichts Rath. Berlin 1881 W. Moefer, Hofbuchhandlung. Das vorliegende Werk, welches diejenigen gesetzlichen und re lementarischen Vorschriften ge⸗ sammelt enthält, welche das Institut der Gericktsvollzieher angeht, be= friedigt ein wirkliches Bedürfniß. Es wird den Anwärter für das Lmt des Gerichte vollziehers in seizem Porbereitungsdienste fördern und dem amtirenden Gerichtsvelliieher ein Hülfemittel seirn, um im Einklange mit den sein Amt betreffenden Voischriften zu handeln und sich vor gegründeten Beschwerden und Regressen zu sdützen. Das Handbrch setzt ferner das rechtsuchende Publikum in den Stand, die Thätigkeit des Gerichtsrollziehers zu überwachen, die Richtigkeit seiner Gebühren sorderung zu prüfen und etwaize Ueber⸗ schreiturgen und Ungehörigkeiten zur Anzeige zu bringeg. Es stebt des halb zu erwarten, daß sich das Buch, welches auch dem Richter einige Erleichterung bei der Ueberwachung der Gerichtsvoll;ie her bieten dürfte, riele Freunde ur ter den betreffenden Beamten er— werben und denselben von Nutzen sein wird.

Von der Goldenen Bibel,“ ; größten Meistern aller Kunstepechen, herausgegeben von Alfred von Wurzbach, Zweiter Theil, Neues Testament, sind die Lieferungen 7III. bis XI. (Stuttgart, Paul Neff) erschienen. Liefe—⸗ rung VIII. enthälf;: Die Verkündigung an die Hirten. Gemalt von Govaert Flinck. Gestochen von Longhi. (Gooaert Flinck, geboren zu Cleve den 25. Januar 1615, gestorben zu Amster⸗ dam den 2. Februar 1660. Schüler des Lambert Jacobsz zu Leeu warden, dann des Rembrandt van Ryn zu Amsterdam. Thätig vor nehmlich zu Amsterdam. Guiseppe Longhi, Zeichner, Kupferstecher und Attzer, einer der vorzüglichslen Künstler unseres Jahrhunderts. Schüler von Vincenz Vangelisti und Julius Travellesi, geboren am 13. Oktober 1766 zu Monja, gestorben am 2. Januar 1851 als Pro- fessor und Direkter der Kupferstecherschule an der Brera in Mailand wo er viele treffliche Künstler heranbildete. Das Original befindet sich im Louvre.)

Die Hochzeit zu Cana. Gemalt von P. Verxonese. Gestochen von Prs vo st. (Zach ée Prévost. Kupferstecher, Arbeiter in Tquatinta und Mezzotinto zu Paris, geboren daselbst 1797, Schüler von Regnault und Bervie. Das berühmte Origiagal, gegenwärtig im Loubre, aurde von Veronese für das Refektorium des hl. Georg zu Venedig gemalt und am 8. Sey tember 1663 vollendet. Nach Paris kam es durch die Napoleonischen Kriege und blieb dort, da die öster⸗ reichische Regierung, die Gefahren des Transports scheuend es gegen ein Bild ron Le Brun eintauschte. Paul Veronese hat darin eine große Anzahl seiner berühmten Zeitgenossen porträtirt. Der Bräutigam links an der Ecke, dem der Neger die Schale reicht, ist Alphons d' Avalos, und neben ihm Eleonora von Oesterreich, die Königin von Frankreich. Neben ihr sitzt Franz J. Neben ibm Maria, Königin von England. Hierauf Sultan Soliman, die Dame neben ihm, welche den Zahnstecher hält, ist Victoria Colonna Marquise von Pescaro, der Mann im Profil, neben ihr, ist Kaiser Karl V. Der die Violine spielende Musiker im Vordergrunde ist Veronese selbst, hinter ihm begleitet ibn Tintöretto mit einem ähnlichen Instrumente. Titian spielt den Baß. Der alte Bassano spielt die Flöte. Der junge Mann im Vordergrunde rechts, der den Becher hält, ist Pauls Bruder,

Benedetto Caliari

Lieferung IX.: Jesus lebrt im Tempel. Gemalt von B. Luini. Gestechen C. Ram poldi. Bernardino Luini, be— rühmter Maler der , Schule, wahrscheinlich zu Luvino am Lago Maggiore um 14790 geboren und arbeitete bis 1530 in Mai—⸗ land, Pavia und Lugano. Er ist ein Schüler des Leonardo da Vinci. Carl Ram roldi (Rampoldi), Kupferstecher zu Florenz, Schüler von Longhi, geboren in Mailand um 1775. Das Original befindet sich in der Marienkirche zu Saronna bei Mailand.)

Jesus erweckt den Sohn der Wittwe von Nain. Gemalt von Agostino Carracci. Gestochen von Giovanni . (Agostino Carracci, geboren 15658 (16557) zu Bologna, ge⸗ korben 1602 (1601) zu Parma, Schüler des Prospero Fontana und seines Obeims Lodovsco Carracci. Giorannt Folo, tüchtiger Kupfer⸗ stecher, Schüler des Volpato, geboren zu Bassano 1764, gestorben zu Rom, wo er lebte, den 7. Juli 1836. Folo düfte das Blatt nach einem in Rom befindlichen Altarbilde gestochen haben.)

Lieferung X: Christi Geburt. Gemalt von Correggio. Gestochen ron M. Sloane. (Michel Sloane Englischer Stecher zu Anfang deses Jahrhunderte. Schüler von Bartolozzi. Das Dri⸗ ginal ist das berühmte Bild Correggio's in der Dresderer Galerie, welches unter dem Namen „Die Nacht' allgemein bekannt ist. Der vorliegende Stich ist die beste Reproduktion und als Funstwerk eine bedeutende Leiftang.)

Elym as erblindet. Gemalt von Raphael. G stochen von Holloway.

Lieferung XI.: Jesus betet am Oel berg. Gemalt von Correggio. Gestechen von S. Cousins. (Samuel Cousins, Kupserstecher zu London, geboren ju Exeter, den 9. Mal 1801. Schüler des S W. Revnold. Arbeltete in Menotinte und ge— mischter Manier. Nach einem Bilde bei G. Fairholae Esq. ron Consin! im Jahre 1832 geschabt.)

Die Dor nenkrönung Gemalt von Tit ian. Gestochen von Massard. (Leorold Massard, Maler und Kupferstecher zu Paritz. Schüler seines Vaters Alexander, geboren zu Crouy sur Durq (Seine et Marne). Berübmtes Bld des Meisters, von Titan aller Wabrscheinlichkeit nach um das Jahre 1553. im Alter von 765 Jabren gemalt. Das Original besindet sich im Louvre. Ter Stich, ine der bedentendsten Arbeiten Massards wurde im Jahre 1866 gestochen.)

Das Magazin für die Literatur des In⸗ und Auslandes“ (50. Jabrgang 1881. Herausgeber Eduard Engel in Berlin, Veilag von Wilbelm Friedrich in Lespsig) enthält in seiner neuesten Nummer: Aus fremden Zungen: . rumänische Dich- tungen. Deuisch von Carmen Sylva (Fürstin Elisabeih ron Ru- mänien) und Mite 1 Teutschland: Heinrich ven Plauen. Historischer Roman von Ernst Wichert (Felix Dabr). Drient:

yche und Eros. Ein milesisches Märchen (Eruard Grisebach).

rankreich: Drel neue Dramen? Jack ron Daudet, Nana“ von Zola und Die Prinsessin von Bagdad von Dumas (M. G. Con- rad). Nomnamerlka: Zwei neue Romane. J. Confidence. Roman von Henry James jse. II. . A Faol's Eirand- by One ef the Fools! (O Heller) Rußland: Dat russische Volkelied III. (4 Feodorom). Literarische Neuigkeiten. Aus Zeiischriften.

Gewerbe und Sande

In der beutigen Gereralversammlung der Berliner Handele Gesellschaft wurde auf Vorlesung des Geschäͤfte⸗ berichtz und der Bilanz verzichtet und Auskunft über die Zusammen— setzung veischledener Conti eitbeilt. Die auescheidend n Mitglieder des Verwaltungsratbes: Geb. Kemmerzten⸗Raib Welff, Geb. Dber⸗ Finar Ratb Geim und Geb. Kommersten⸗ Raith Schwartzkopff wur den wiledergewäblt der Ministerial ⸗Ditektor a. D. Weie haurt neu-

gewählt.

Die New⸗Yorker Hols Ita.“ äußert sich ia ibrem vom 18. v. M. datirten ochen bericht über die allgemeine Ge⸗ schäfte lage folgendermaßen: Wieder baben wir anser Re erat mlt dem Wetter ju beginnen, dessen Tücken es mzuschreiben it, daß di⸗ im vorigen Bericht in Auesicht geslellte allgemeine Belebung des Produktenervortg abermals in die Ferne gerückt int und daß serner die fast erloschene Spekulatien in einigen ünserer bedentendslen Stapelartikeln eiten reren Impuls erbalten bat., Damit noch nicht genug, bat die, wenn auch nur vorübergeh nd weder elngetretene Kälte, die

illustrirt von den

Entwickelung des Frübiahrsgeschästs in einbeimischen und fremden Fabri⸗ katen wesenilich gebemint und wir weiden von Glück sagen dürfen, wenn diese Störungen nicht das Endresultat der Saison berinträch⸗ tigen. Das Geschäft am Waaren⸗ und Prodaktenmarkt hat auch in dieser Woche wieder durch Verkehrestörungen za leiden gehabt und war deshalb auch nicht so lebhaft, wie man jedenfalls zu erwarten berechtigt gewesen wäre. Die hier liegenden ziemlich bedeu⸗ tenden Ordres für Weizen und Mais konnten in Folge höberer Preise nur theilweise zur Ausführung gelangen und wurden daher auch nur 7 Schiffe für volle Ladungen geschlossen. Pe troleum-Fahr⸗ zeuge hatten dagegen zunehmenden Begehr. Baumwolle in die po⸗ nibler Waare fand für Export etwas mehr Beachtung und in Terminen war das Geschäft bei festerer Preishaltung etwas animitter. Der Markt für Rohjucker belebte sich gezen Schluß der Woche etwas, nachdem Preise eine weitere Einbuße erlitten hatten. Für Rio Kaffee blieb die Stimmung matt, und reinschmeckende Sorten fanden nur wenig Beachtung. Der Hopfenmarkt war verhältnißmäßig ruhig. Schmalz hat bei anhaltend lebhafter Spekulationsfrage noch weiter angezogen; für Rindfleisch sowle Speck wurde unter dem Einfluß eines lebhaften Exporibegehrs ein Avanz etablirt, und Schweine fleisch und Talg waren gefragt und fest. Terpentinöl sowie Harz hatten stilles Geschäft. Raff. Petroleum ist 4 Ct. pr. Gall. höher als am Ende der Vorwoche und sehr fest. Ueber fremde Manunfakturwaaren ist nichts besonders Ermuthigendes zu be— richten. Der Iwnport fremder Webstoffe betrug für die heute beendete Woche 39066963 Doll. gegen 2868 726 Doll. in der Parallelwoche des Vorjahres. z

Im Morat Januar 1881 sind im Laboratorium des Lebensmittel ⸗Untersuchungsamts der Stadt Hannover 198 Untersuchungen erledigt worden, welche sich auf folgende Gegeastände vertheilen: Wein 49, Wasser 13, Milch 12, Petroleum 6, Butter 4, Mehl. Brot, Glyzerin und Bier je 3, Gummizeug, Talkum, Woll, Gerbsäure, Pulver, Citronenöl, Cogrge, Oel, Dolomit, Zucker, Wichse und Zobelpelz je 1. Von den Weinen erwiesen sich 5 als grobe Alkohol. Wasserverschnitte, 1 als Kunstprodukt; bei 12 betrug der Gehalt an Kaliumsulfat mehr als 2g im Liter. Fast alle diese Weine wursen von Weinhändlern zur eigenen Sicherung zur Unter— suchung geschickt und sind in Folge der Untersuchung was aut⸗ drücklich betont zu werden verdient dem hiesigen Markt gar nicht zugeführt worden. Eine Milch war mit 20 90, eine andere mit 3)oso Wasser verdünnt. Ein Brot war so sandig, daß es kaum noch als genießbar bezeichnet werden konnte. Die Menge des bei der Analyse ermittelten Sandes betrug trotzdem kaum o/ 9. Ein Brot enthielt gegen 80 / Wasser und war dabei so schwarz und schlüpfig⸗zäh, daß es völlig ungenießbar war. Der Fall beftatet sich in den Händen der Königlichen Polizeidirektion.

Wien, 3. März. (W. T. B.) Der Verwaltungẽrath der Oesterreichischen Kreditanstalt hat in seiner heutigen Sitzung auf den Antrag der Direktion beschlossen, der Generalver—⸗ sammlung vorzuschlagen, für das Jahr 1889 eine Dividende von 18 Fl. per Aktie zur Vertheilung zu bringen, den Reservefond mit 20 0 des Reingewinns, d. h. mit ca. 712000 Fl. zu dotiren und den Rest des Gewinnes im Betrage von ca. 100 900 Fl. auf dem Gewinn und Verlustkonto des laufenden Jahres vorzutragen.

London, 2. März. (W. T. B.) Bei der gestrigen Woll— auktion waren keine Kapwollen angeboten. Stimmung für austra— lische Wollen etwas besser als gestern. Pre se unverändert.

Verkehrs Anstalten.

Southampton, 2. März. (W. T. B.) Der Dampfer des Norddeutschen Lloyd „Neckar“ ist hier eingetroffen.

Berlin, 3. März 1881.

Verein für deutsches Kunstgewer be. In der zwang losen Sitzung am 23 Februar berichtete der Schriftführer Prof. Hildebrandt üher die Thätigkeit der Zeitschriftenkommissien. Die⸗ selbe hat den Beschluß gefaßt, einstweilen nicht ein besonderes kunst⸗ gewerbliches Blatt zu gründen, sondern das bisherige Vereinsorgan durch Beigabe von Illustrationen und durch geeignete Artikel zu ver— arößern. Nachdem die Kooptation der Herren Alb. Meder und Mex Schulz in den Vorstand bestätigt war, sprach Hr. Baumeister Schäfer über die Trachten des Mittelalters. Das Thema ist ein ziemlich weites, da schon in jener Zeit die Moden beinabe so rielfach wechselten als jetzt; dennoch lassen sich drei ziemlich genau abgegrenzte Perioden unterscheiden: die des 13. Jahr⸗ hunderts, die des 15. und die der Renaissar ce. Für erstere schöynfen

wir unsere Kenztniß ars den zahlreich erbaltenen Miniaturen, Bil⸗

derban schristen, Reliefs z. jener Zeit, wobei uns der Umstand zu Statten kommt, daß die mittelalterlichen Meister auch auf Dar stellungen älterer Begebenheiten die Kostüme ihrer Zeit an⸗ brachtn. Man trug damals Gewänder aus Seide, Wolle und Leinen; erstere wurde anfangs noch aus dem Orient importirt. Redner schilderte eingehend die Tracht der Männer aus dem Bürgerstande, der Ritter, Priester und Frauen jener Zit; die Details bier wiederzugeben gestattet der Raum nicht. Ven Hin. F. Schirmer waren verschtedene fertige Möbel ausgeslellt: die Bettstelle und der Toilettentisch von der praͤ⸗ miirten Konkurrenzarbeit aus dem Kun tgewerbemusenm, eine kunstvoll verzierte Staffelei und ein durch sehr zweckmäßige Einrichtung sich ausjeichnender Schrank zur Aufbewahrung von Zeichnungen. Hr. Paul Schirmer gab die Gr lan nern gen dazu, an welche sich eine längere Debatte über Möbelfabrikation knüpfte. Während einerseitz die Befürchtung austgesprochen wurde, dag so schöne stilvolle Möbel ihrer kostspieligen Herstellung wegen nur für Wohlhabende zu erwerben seien, wurde andererseits berrorgeboben, daß auch für gering: Kosten sich eine geschmackoolle Einrichtung her⸗ stellen lase; der tt jum Durchbruch gelangende gute Stil werde allmäblich auch auf die einfachsten Gegenstände Einfluß üben. Eg

komme vor Allem darauf an, die bie her in der Mode gewesenen geschmad

losen Formen ganz ju reidrängen. Hr. O. Hirschwald (Inhaber det Magajine für Berliner Kunstgewerbe, Unter den Linden 41) batte eine Kollekison von Thon⸗ und Majolika⸗Gefäßen, sewobl Dekoratiene ˖ alt Gebrauchs gegenstãnde, ausgestellt, wie sie in Linden bei Hannever fabri⸗ zirt werden; dieselben sind sowohl ihrer geschmackvollen Formen und gut stilisirten Malereien als auch des niedrigen Preiseg wegen empfehlengwerth. Großes Interesse erregten die von Hrn. Vorwald (in Firma Rex u. Co.) auëgestellten alten und neuen japanischen, chinesischen und indischen Kunstgegenstände: alte japanische Stick⸗ blätter, moderne Schmucksach n, emaillirte Schalen, prächtige Sticke⸗ reien, Ledertapeten, Porzellane, Teppiche und vielerlel andere Kost⸗ barkelten. He. Elster zeigte jwel geschnitzte Stühle in eigenartigem sürdentschem Typut aus der Fachschule ju Pa tenkirchen sowie eine in Oberammergau geschritzte kleine Kre nigungegtuppe, Kepie der großen Gruppe ven Prof. Fübrich.

Britisch⸗kontinentaler und allgemeiner Am 9. März, 8 Uhr Abende soll im Ratobause die dritte Ver⸗ sammlung, die öffentliche Sitil chkeit brtresfend, stattfinden Ft. Guillaume Schack, die schon am 14. Mai und 19 Ottober v. J. siber dasselbe Thema gesprochen bat, wird einen längeren Vertrag balten. Die Bildung eines Vereiaz im Anscklast an die Bestrebun⸗ gen des b itisch ⸗kont. u. allg. Bundes ist in UAutsicht genommen.

Redacteur: Riedel.

NVeelag der Eweditlon (Kessel). Drack:! G. GIoↄt Vier Beilagen (elnschlieflich Bõörsen · Beilage).

Gerlin⸗

Bund.

Erste Beilage zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

ü 53.

Berlin, Donnerstag, den 3. März

Aichtamtliches.

Preußen. Berlin, 3. März. Im weiteren Ver— laufe der gestrigen (7.) Sitzung setzle der Reichstag die zweite Berathung des Reichshaushalts-Etats für das Jahr 1881182, und zwar mit dem Etat der Reichs— n e nnn mn (Ausgaben 1 700 852 A6) fort. Beim

itel „Staatssekretär“ fragte der Abg. Oechelhäuser, ob das Aktienreformgesetz, dessen Vorlegung der Staatssekretär im vorigen Jahre zugesagt habe, noch in dieser Session an den Reichstag gelangen werde?

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath Staatssekretär Dr. von Schelling entgegnete, ein formulirter Entwurf des Aktienreformgesetzes sei bereits aufgestellt und werde zunächst dem Bundesrath zugehen.

Der Abg. Witte (Schweidnitz) wünschte Auskunft darüber, ob das bereits in einer früheren Session vorgelegte, aber nicht erledigte Gesetz, betreffend das Faustpfandrecht an Pfand⸗ briefen, jetzt wieder an den Reichstag gelangen werde, er müsse die Einbringung einer derartigen Vorlage befürworten, da es sich nicht empfehle, diese Materie der Landesgesetzgebung zu überlassen.

Der Staatssekretär Dr, von Schelling erwiderte, die Ueber— zeugung von der praktischen Nothwendigkeit des vom Vor⸗ redner angeregten Gesetzes, die allerdings vor einigen Jahren eine sehr lebhafte gewesen sei, habe inzwischen in Folge der veränderten Kreditverhältnisse eine nicht unerhebliche Ab⸗ schwächung erfahren. Es habe daher für die verbündeten Regierungen keine Veranlassung vorliegen können, gerade in der gegenwärtigen Session, in welcher so umfassende ander— weitige Aufgaben des Hauses harrten, nochmals mit jenem Entwurf vor das Haus zu treten.

Der Abg. Kayser erklärte, er könne seine Zustimmung zu dem Gehalt des Staatssekretärs nur geben, wenn den schon in der vorigen Session von ihm zum Ausdruck gebrachten Beschwerden abgeholfen sein werde. Die Klagen über die hohen Gerichtskosten dauerten noch fort, obwohl doch in einer Zeit des Nothstandes, wie der gegenwärtigen, eine billige Rechtspflege eine absolute Nothwendigkeit sei. Ueber das Er— gebniß der von der Reichsregierung auf Grund des vorigen Reichs⸗ tagsbeschlusses veranlaßten Untersuchung über die Gerichtskosten sei bis jetzt ein offizielles Resultat noch nicht in die Oeffentlichkeit gedrungen, obwohl doch sonst, wenn es sich darum handle, neue Etr eg n ins Werk zu setzen, das Reichs⸗-Justizamt immer mit großer Präzision arbeite. Die hohen Gerichtskosten hätten eine Erschwerung des Rechtsweges für den armen Mann im Gefolge, die ihn oft hindere, seine Sache auch in den höheren Instanzen zu verfolgen. Das Bestreben, auf diese Weise eine Verringerung der Prozesse zu erzielen, sei sehr be⸗ denklich. Auch das Arrestverfahren involvire gerade bei Lohn⸗ streitigkeiten für die Arbeiter große Nachtheile. Eine Aenderung des Gerichtsvollzieherwesens sei dringend nothwendig: in Sachsen habe die mit dem Gerichtsverfassungsgesetze nicht zu ver⸗ einbarende Praxis Platz gegisten daß die Gerichtsvollzieher bezirksweise funktionirten. Besondere Aufmerksamkeit verdiene es, daß die sächsische Gesetzgebung mit ihren Ausführungs— verordnungen manche Bestimmungen der Strasprozeßordnung ganz außer Kraft gesetzt habe; so sei der Polizei dort das Recht ertheilt worden, s. g. Zwangsstrafen zu verhängen, die nach den Prinzipien der Reichsgesetzgebung unzulässig seien. Schließlich hätten auch die er, Her,. der n . ordnung über Durchsuchung und Verhaftung, sowie über die Beschlagnahme von Briefen in der Praxis viele bedenkliche Erscheinungen gezeitigt; er erinnere in letzterer Beziehung nur an die Vorgänge in Breslau.

Der Staatssekretär Dr. von Schelling erwiderte, es werde eine Vorlage vorbereitet, die darauf abziele, die Bestimmungen des Gerichtskostengesetzes und der Gebührenordnung für die Gerichtsvollzieher zu reformiren, welche sich in der Praxis als drückend herausgestellt hätten. Wenn die Vorlage, woran er nicht zweifle, noch in dieser Session an den Reichstag gelangen werde, werde er auf die Ausführungen der Vorredner näher einzugehen e, f. haben.

Der Abg. Dr. Lipke erklärte, jeder Abgeordnete habe das Recht beim Etat Schäden zur Sprache zu bringen, welche sich bei der Ausführung eines Gesetzes herausgestellt hätten. Solche Schäden hätten sich auch gezeigt bei der Ausführung des Gerichtskostengesetzes und der Gebührenordnung. Seine Freunde und er hätten die Absicht, einen Antrag zu stellen, den Reichskanzler um die Vorlage eines Gesetzes 3 ersuchen, welches jene Mißstände beseitige. Nach der Erklärung des Staatssekretärs empfehle es sich nicht beim Etat über diesen Gegenstand zu reden, über den ihm sehr umfangreiches Material zu Gebote stehe, sondern die Verhandlungen über das in Aue⸗ sicht gestellte Gesetz abzuwarten.

Der Abg. Dr. Wolffson benutzte die . um mit einem Worte auf die Frage des Gerichtskostengesetzes zurück⸗ zukommen. Die Zeitungen hätten einige Mittheilungen ge⸗ bracht, von denen er nicht wisse, wie weit sie begründet seien. Danach gehe die Intention der Reichsregierung darauf hin⸗ aus, allerdings einige Aenderungen in r n fe, . einzuführen, aber nur solche, welche sich im Wesent⸗ ichen auf das Zustellungsverfahren und auf die Schreib⸗ ren bezögen, die also in i Wirkung vorzugsweise den leineren und den Vollstreckungssachen zugute kämen. Nun gebe er vollkommen zu, daß der Einfluß des Gerichtskostengesetzes und der Gebührenordnung für Gerichtsvollzieher u. s. w. auf die kleineren Sachen der nichtig sei, und daß es die dringendste Aufgabe sei, zunächst den bei die sen vorhandenen Uebelständen abzuhelsen; aber es wäre eine Täuschung, wenn man glauben würde, daß damit Alles erledigt sei. Es handele sich auch um weitere Kreise, um die ganzen ern e er. des Gerichts⸗ kostengesetzes und um ihre Wirkung nicht blos auf die kleine⸗ ren, sondern auch auf die größeren Sachen. Man gehe sehr leicht von der Meinung aus, es komme nicht sehr darauf an, wie bei größeren Prozessen die Gebühren angesetzt würden,

das treffe die wohlhabenden Klassen, die es allenfalls bezah⸗

len könnten. Er halte das für eine außerordentlich unrichtige Ausfassung, namentlich deshalb, weil nicht der, welcher das Glück habe, das Objekt zu erstreiten, die Gerichtskosten zahle,

sondern Derjenige, dem es entgehe, der also neben dem Verlust der Sache noch die Kosten zu tragen habe, die zum Theil in ganz enormer Weise anschwellten. Ihm sei bekannt, daß die Reichsregierung eine Enquete angestellt und Berichte aus dem ganzen Deutschen Reichsgebiete eingefordert habe. Er zweifle nicht, daß derselben von allen Seiten die Ueberzeugung entgegengetragen sein werde, daß der jetzige Zustand ein wahrhaft unerträglicher sei, der zuweilen geradezu an Rechtsverweigerung heranstreife, weil es dem Betreffenden unmöglich sei, die nöthigen Mittel anzuschaffen oder sich der Gefahr auch des Ersatzes der großen Gebühren auszusetzen, so daß sie dadurch genöthigt seien, ihr bestrittenes Recht preiszugeben. Er halte es für einen Gewinn, wenn es wirklich gelinge, frivole Prozesse zu verhindern. Aber dieses Mittel der Verhinderung frivoler Prozesse, treffe auch berechtigte Ansprüche. Auch derjenige, der mit gutem Gewissen sich im Rechte glaube, der aber vielleicht seiner Beweise oder in Bezug auf die Rechtsfrage nicht vollständig sicher sei, sei der Gefahr ausgesetzt, zu dem verlorenen Prozesse noch den Nachtheil des Kostenersatzes zu tragen, und gerade die Geltendmachung solcher zweifelhafter und doch in gutem Glauben erhobener Ansprüche werde durch die Höhe der Gerichtsgebühren im allerhöchsten Grade erschwert, abgesehen davon, daß die Zahlungsfähigkeit des Gegners auch immerhin noch eine zweifelhafte bleibe. Es könne daher der Reichsregierung nicht dringend genug ans Herz gelegt werden, aus diesem Gesichtspunkte das Gerxichtskostengesetz einer Revi⸗ sion zu unterwerfen ohne die vierjährige Frist abzuwarten, von der in der Resolution des Reichstages die Rede sei. Die Nach⸗ theile seien so schreiend und allgemein anerkannt, daß man keine Zeit verlieren sollte, um so bald als möglich an die Revision in der angedeuteten Richtung zu gehen.

Der Abg. Dr. Reichensperger (Crefeld) führte aus, das Hauptübel liege darin, daß als Kriterium für die Höhe des Kostenbetrages die Progression des Werthobjektes angenommen werde. Dies mache sich namentlich bei Arrestschlägen fühlbar, bei denen nach Maßgabe des Betrages desjenigen, was mit Arrest helegt werde, eine sehr große Summe hinterlegt werden müsse. Eine Revision des Gerichtskostenwesens sei aber noch nothwendiger bei den Rechtsanwaltsgebühren. Nie— mand könne lebhafter wünschen als er, daß der Rechtsanwalt ein standesgemäßes Auskommen habe. Er glaube aber, daß den Rechtsanwälten ein unverhältniß⸗ mäßig hoher Gebührensatz eingeräumt werde, wenn das Fort⸗ schreiten des Kostenbetrages nach der ohe des Streitobjektes bemessen werde. Denn erfahrungsmäßig seien die Prozesse mit bedeutendem Werthobjekt mit einer verhältnißmäßig geringen Mühewaltung verbunden, während die geringeren Prozesse meist eine umfassendere Information und darum eine

rößere Mühe erforderten Er glaube also, daß hier bei einer ünftigen Revision des Gesetzes die richtige Grenze gezogen werden müsse.

Der Abg. Dr. von Schwarze bemerkte, der Abg. Kayser verwechsele die Befugnisse der Polizei zu Straffestsetzungen mit den Bestimmungen der Strafprozeßordnung, welche der Polizei eine zwangsweise Vorführung einräume.

Der Abg. Witte (Schweidnitz gab den Regierungen zu er⸗ wägen anheim, ob nicht auch die Bestimmungen über die Schreib⸗ gebühren der Rechtsanwälte einer Revision zu unterziehen wären, umsomehr als s. Z. die zum großen Theile aus Rechtsanwälten bestehende nr, . den Rechtsanwälten diese Emolumente gegen den Willen der Regierungen durch⸗ gesetzt hätte. Der Titel wurde bewilligt.

Bei Kapitel 66, Reichsgericht 1 225 9652 M6, regte der Abg. Dr. Dreyer die Frage an, ob bezügl. der Rangverhältnisse der Reichsbeamten, in specie der Mitglieder des Reichsgerichts schon Bestimmungen getroffen seien.

Der Staats⸗Minister v. Bötticher erwiderte, daß die Ver⸗ handlungen darüber noch nicht zum Abschluß gelangt seien; diese Materie könne nur im Wege des Etats, nicht aber durch eine Kaiserliche Verordnung geregelt werden.

Kap. 66 wurde genehmigt, desgleichen die Einnahmen 223 596 6

Es folgte der Etat des Reichsschatzamtes Kap. 67 der Ausgaben, Besoldungen 484730 6, Kap. 68 allgemeine Fonds Tit. 1 bis 6 wurden ohne Debatte genehmigt.

Bei Titel 7, Ueberweisungen an die Bundesstaaten aus dem 9 der Zölle und der Tabaksteuer 66 657 000 66 er⸗ klärte der Abg. Frhr. von Minnigerode, er könne doch nicht unterlassen, bei dieser Gelegenheit nochmals gerade auf diesem Etattitel hinzuweisen, der ja bekanntlich nicht erst seit vorigem Jahre erscheine und in mancher Beziehung doch in Bezug auf die Ergebnisse der neuen Zoll⸗ und Steuergesetze illustrativ sei. Er müsse dabei zugleich hervorheben, daß es doch nicht häufig genug anerkannt worden sei, wie die Finanzlage auch der Einzelstaaten seither eine in keiner Weise erfreuliche gewesen sei und auch zur Zeit noch sei. Die 7 7 in Preußen ständen durchaus nicht vereinzelt da, auch aus den Südstaaten, aus Würt⸗ temberg, aus Baden und Bayern seien beständig Klagen zu hören, wenn man näher 8. die dortigen K eingehe, Klagen in Bezug auf die bea, . der Finanziirung der einzelnen Etats. Hieraus erhelle ganz klar, daß doch ein nicht unwesentlicher Theil von den Neubewilligungen nicht blos dem Reich zu Gute gekommen sei, sondern in erster Linie auch den nothleidenden Einzelstaaten. Er wisse ja sehr wohl, . die vollen fern. wie sie hier ständen, nicht streng in dem Sinne aufzufassen seien, aber ein nicht unwesentlicher Theil der 36 im vergangenen Jahre 40 / Millionen, in diesem a re 661, Millionen 6 anschlagsmäßig, seien doch den Einzelstaaten finanziell zu Gute zu rechnen, und er möchte dabei zugleich hervorheben, daß der vielfach bemängelte und bekrittelte Antrag von Franckenstein, der seiner Zeit Annahme im Hause gefunden habe, in dieser Beziehung von besonde⸗ rem Werth sei, weil derselbe so in dieser Form ausdrücklich klar stelle, wie ganz besondere Zuwendun⸗ en den Einzelstaaten aus dieser 168

ewilligungen erwüchsen. Nun sei ja darauf hinzuweisen, daß freilich die differ wie sie zur Zeit sich hier darstellten, noch nicht absolut als feststehend zu betrachten seien. Hau habe das Kapitel der Zölle und Verbrauchssteuern der

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Dag

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Budgetkommission zur Vorberathung überwiesen und dort würden zunächst die Voranschläge ihren ziffermäßigen Abschluß finden. Eine Veränderung dieser Ansätze, eine Erhöhung der 6 und Verbrauchssteuern würde ja auch hier im Etat ein

ehr hervortreten lassen. Er sei aber der Meinung, daß das Haus trotzdem in zweiter Lesung zunächst die Bewilligung in der vorliegenden Höhe hier eintreten lasse und es erst der dritten Lesung vorbehalte, auf Grund der Beschlüsse der Bud⸗ getkommission bezüglich der Zölle und Verbrauchssteuern hier eine etwaige Konseguenz zu ziehen. Er habe es aber vor Allem nicht unterlassen können, darauf hinzuweisen, eine Thatsache, die im Hause ja reichlich bekannt sei, die aber im Lande gern übersehen werde —, daß aus den neuen Steuern und Zöllen, die man als so exorbitant hingestellt habe, in erster Linie auch den Bedürfnissen der Einzelstaaten entgegen⸗ gekommen sei, die bereits schreiend geworden seien.

Der Titel wurde bewilligt. .

Beim Titel 8 (Münzwesen) erklärte der Präsident von Goßler auf eine Anfrage des Abg. von Kardorff, betreffend die geschäftliche Behandlung der Denkschrift über die Münz⸗ reform, daß nach den von ihm eingezogenen Informationen, Denkschriften bisher nicht auf eine Tagesordnung gesetzt wor⸗ den seien. Indessen liege kein sachlicher Grund vor, von der bisherigen Praxis nicht abzuweichen; er werde deshalb die Denkschrift auf eine Tagesordnung setzen. Auch die Abgg. Sonnemann und Bamberger erklärten sich mit diesem Arrange— ment vollständig einverstanden.

3 . Titel wurde bewilligt, desgleichen der Rest des ats.

Es folgte der Etat für das Reichs-Eisenbahnamt: Einnahme 4239 S6, Ausgabe 303 150 (6

Der Abg. Sonnemann betonte, daß es ja allgemein be⸗ kannt sei, wie geringe Befugnisse das Reichs-Eisenbahnamt habe, um so mehr müsse das Haus darauf halten, daß die Befugnisse, welche dem Reichs-Eisenbahnamt durch Verfassung und das Gesetz, welches seine Existenz begründet habe, gegeben seien, auch eingehalten würden. Die Reichsverfassung räume dem Reichs⸗-Eisenbahnamt im Art. 42 und 44 die Aufsicht über das gesammte Eisenbahnwesen ein. Es heiße darin, daß das deutsche Eisenbahnnetz wie ein einheitliches Netz verwaltet werden solle, daß dafür gesorgt sei, daß die Expedition im Personen— und Güterverkehr, das Uebergehen von einer Bahn auf die andere gegen die übliche Vergütung berechnet werden solle. Gegen diese Bestimmungen seien nun in den letzten Jahren im Süden so merkwürdige Dinge vorgekommen, daß er sich für verpflichtet halte, sie hier zur Sprache zu bringen. Seit⸗ dem die Rheinische und die Cöln⸗Mindener Bahn im Staats⸗ betriebe sei, sei ein Theil der durchgehenden Tarife der Hessi⸗ schen Ludwigsbahn und den württembergischen und badischen Bahnen gekündigt worden, es sei nun allgemein die Ansicht ver⸗ breitet, der auch nicht wi dersprochen sei, daß die preußischen Staatsbahnen beabsichtigten, mit Umgehung der nächsten Linien die Güter zum großen Theil auf weiten Umwegen nach den Elsaß⸗Lothringenschen Bahnen zu dirigiren, um die süd⸗ deutschen Privat- und Staatsbahnen weniger zu berühren. Die Sache habe natürlich großes Aufsehen erregt, und die betreffenden Verkehrskreise und Eisenbahnver⸗ waltungen seien außerordentlich beunruhigt. Er wolle nur zwei Thatsachen anführen. Unter Anderem sei konstatirt worden, daß die Absicht der preußischen Staatsbahn⸗ verwaltung dahin gegangen sei, die direkte Linie zu verlassen und Umwege von sehr bedeutendem Umfange einzuschlagen. Hier⸗ durch würden die Güter in großem Bogen um die Pfälzischen Bahnen und die Ludwigsbahn förmlich herumgeführt. Son⸗ derbar sei, daß Hessen an der Untergrabung der Ludwigs⸗ bahn mitwirke; denn ohne die Neckarbahn würde es gar nicht gehen. Ein anderer Redner habe vorgebracht, daß durch die Art, wie zur Zeit die Güterbeförderung von dem richtigen Wege abgelenkt würde, Handel und Gewerbe schwer geschädigt würden, es seien ihm Falle aus Mainz bekannt, wo Güter, die sonst nach 1 bis 2 Tagen einträfen, 3, 4 und 5 Tage gebraucht hätten, und sogar trotz der Routenvorschrift über die Sein fg Ludwigsbahn große Spazierfahrten gemacht hätten. Inzwischen heiße es, diese Sachen seien durch Verständigung schon wieder abgeschnitten. Die Regierung könne aber jeden Tag wiederkommen und solche Einrichtungen wieder ins Leben rufen und so die einzelnen Bahnen in den anderen deutschen Staaten geradezu vergewaltigen. Da der Reichstag nur ein⸗ mal in jedem Jahre zusammenkomme, so halte er sich für ver⸗ pflichtet, die Sache hier zur Sprache zu bringen. Er müsse dieses Vorgehen um so mehr bedauern, als er schon mehr als ein Vierteljahrhundert für das Staatsbahnwesen mit Entschie⸗ denheit eintrete. Auch die Staatsbahnen dürsten anderen Bahnen gegenüber nicht in einer solchen Weise vorgehen, und das Reichs⸗Eisenbahnamt werde bei solchen Vorkommnissen auf Grund der Bestimmungen der Reichsverfassung und der Reichsgesetze einschreiten müssen. Auch zwischen Sachsen und den preußischen Bahnen solle ein derartiges Verfahren be⸗ stehen und Sachsen dadurch Repressalien ergreifen, daß es auf seinen Eisenbahnen die Güter zum Beispiel über Hof auf weiteren Strecken nach Bayern führe, statt sie über die Thüringische Bahn gehen zu lassen. Hier würde also der Verlust den r 53 Bahnen zur Last fallen. Natürlich, wenn Preußen damit vorgehe, würden es die anderen Staaten nachmachen und derjenige herrsche, der die Anschlußlinien in der Hand habe. Er ersuche also den Präfidenten des Reichs ⸗Eisenbahnamts, dem Hause Auskunft zu ertheilen, wie weit diese Fälle begründet seien und ob das Reichs⸗Eisenbahnamt bis jetzt Gelegenheit gehabt habe, sich in diese Angelegenheiten einzumischen und welche Schritte es thun würde, wenn derartige Mißstände wiederkehrten. Man könnte leicht ein kleines Gesetz ein⸗ und durchbringen, welches Vorschriften enthielte, wie weit auf Umwegen gefahren werden könne, etwa 19 bis höchstens 20 Proz. ber die direkte Route hinaus. Bei dem furcht⸗ baren Anlauf, den man genommen habe, um in die Staatg⸗ eisenbahnen ae ne nme, sei leider Alles, was im Reicha⸗ Eisenbahnwesen gemacht werde, mit Mißtrauen aufgenommen, und vielleicht dadurch, daß man 8 Alles habe erreichen

wollen, komme man nicht vorwärts.