1881 / 54 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 04 Mar 1881 18:00:01 GMT) scan diff

sich von dem primären nur durch geringere Fahrgeschwindig— keit, die allerdings auch eine geringere Abnutzung des Betriebsmaterials zur Folge habe, gleichzeitig aber verhindere, daß das Personal und das Zugmaterial in vollem Umfange ausgenutzt werde.

Der Abg. Rickert bat bis zur dritten Lesung des Etats eine ziffernmäßige Uebersicht vorzulegen, welche den Unter— schied der Kosten zwischen dem Vollbahn— und dem Sekundär— bahnbetrieb klar lege.

Der Bundeskommissar entgegnete, die Erfüllung dieser Forderung sei sehr schwierig. Aus den vorher bereits ent— wickelten Gründen ergebe sich, daß die durch den sekundären Betrieb erzielten Ersparnisse nur in den Ercneuerungskosten zur Erscheinung kämen. Nun lasse sich allerdings ziffernmäßig angeben, um wie viel die Betriebszuschüsse geringer geworden seien, da aber auch bei dem Vollbahnbetrieb diese Zuschüsse abgenommen hätten, weil der Betrieb sorgsamer und sparsamer eingerichtet worden sei, so lasse sich nicht fefsstellen, einen wie großen Antheil dieser Umstand an den bei dem sekundären Betrieb herbeigeführten Ersparnissen habe.

Der Etat der Eisenbahnverwaltung wurde genehmigt.

Zu dem Etat des Bankwesens (Einnahmen 1506545046) bemerkte der Abg. Sonnemann, das Reich sei in den letzten Tagen um 300 600 46 reicher geworden, da nach den Zeitungen der Ertrag der Reichsbank pro 1880 81 1809 000 MV (statt 1500 000) betragen werde. Er werde deshalb für den nächsten Etat eine Erhöhung des Erträgnisses der Reichsbank nicht be— antragen, da die Reichsbank nicht dazu da sei, um hohe Divi⸗ denden zu bringen, namentlich auf Kosten der Industrie und des Verkehrs. Leider sei das Mehrerträgniß im ablaufenden Jahre nur auf Kosten der legitimen Verkehrsinter— essen erreicht worden und Handel und. Industrie hatten für diese 300 000 6, die das Reich gewinne, vielleicht 39 Millionen bezahlen müssen. Im vorigen Jahre sei hier bei demselben Etat schon die Diskontopolitik der Reichsbank zur Sprache gekommen, und es seien die Unzu⸗ kömmlichkeiten erwähnt worden, die dadurch entständen, daß die Reichsbank außerhalb ihrer Buzeaux am offenen Markt und unter dem von ihr festgesetzten Diskontosatz Wechsel kaufe. Es sei namentlich darauf hingewiesen werden, daß wenn die Bank bei günstigem Geldstande im Frühjahr und Sommer so handele, sie im Herbst, wenn Geldmangel eintrete, gezwungen sein würde, ihren Zinsfuß übermäßig hin— aufzuschrauben. Trotzdem habe sich die Reichsbank nicht abhalten lassen, den ganzen Sommer über Privat— wechsel zu 1 bis 2 und 21 Proz. anzunehmen. Dieser Unkterschied komme etwa nicht den wahren Interessenten, den Landwirthen u. s. w. zu gute, sondern den Zwischenhändlern, den Maklern; denn wer zur Bank gekommen sei, habe immer 4 Prozent Zinsfuß zahlen müssen. Die Bankverwaltung habe die Süuatiön des Geldmarktes schlecht erkannt, da sie noch Anfangs August Wechsel zu 2 und 2 Prozent privatim an⸗ gekauft habe, während sehr bald ein großer Umschwung ein⸗ getreten sei. Im Juni sei durch die Presse gewarnt und auf den Goldbedarf hingewiesen, der in Folge der Einsuhr frem⸗ der Brodfrüchte im Herbst eintreten werde. Die Bank habe

sich nicht irre machen lassen. Da sei plötzlich die Goldausfuhr gekommen, und die Bank habe, wie es geschienen habe, zu ihrer eigenen Ueberraschung, am 18. August den Zinsfuß auf

5 Proz. festsetzen müssen, am 6. September auf 51 Proz.; so sei der Zinsfuß bis zum 6. Oktober geblieben, wo derselbe auf 5 Proz. herabgegangen sei. In Paris und London habe in dieser Zeit der Zinssuß 2e Prez. betragen. Der Nachtheil, den der legitime Handel dadurch erlitten habe, be⸗ ziffere sich auf etwa 10 Millionen pro Monat. Andere Länder wüßten besser wie die Deutschen die Vortheile eines niedrigen Zins⸗ fußes zu würdigen. So habe erst kürzlich ein sehr geachtetes französisches Blatt, der „Temps“, am 14. Februar in einem Artikel ausgeführt, daß die Bank durch einen möglichst nie⸗ drigen Diskonto aufs Wirksamste den Handel in der Be⸗ mühnng unterstütze, die Waarenausfuhr auf die Höhe der Einfuhr zu bringen. In Frankreich passe nicht nur die Vank ihre Bankpolitik möglichst den Interessen des Verkehrs an, sondern auch die Regierung nehme Rücksicht darauf, und helfe sich lieber mühsam durch, ehe sie eine Anleihe auf den Markt bringe, die die Interessen des Verkehrs vorzeitig störe. Die Diskontoerhöhung der Reichsbank sei in erster Linie dadurch veranlaßt worden, daß im Frühjahr die Reichsbank mit Wechseln zu niedrigem Zinsfuße gefüllt gewesen sei, und im Herbst hätte zu Zwangsmaßregeln schreiten mussen. Durch die Miß⸗ ersolge ihrer Tiskontopolitik im vorigen Jahre lasse sich die Bank gegenwärtig nicht abhalten, ihr Verfahren jetzt in der gleichen Weise sortzusetzen. Sie mache aber auch andere Fehler. Als im Herbst die Diekontoerhöhung und die noth⸗ wendige Goldausfuhr eingetreten sei, sei die Bankoerwaltung plötzlich in ein gewisses Schwanken gerathen. Bald habe sie demenliren lassen, daß sie kein Gold abgebe; am nächsten Tage sei dieses Dementi durch ein neues theilweise dementirt. That⸗ sächlich habe die Bank an großen Seeplätzen, wie Hamburg und Bremen, einige Tage lang kein Gold abgegeben. Möge sie auch nach dem Bankgesetz dazu berechtigt sein, da blos bie Sauptbant Gold abzugeben brauche, so sei das doch keine kluge Politik, denn die Sache habe im Auslande Aussehen erregt und Mißtrauen gegen die Vank⸗ und Währungsverhältnisse hervorgerufen. Die Bank thue überhaupt nicht wohl daran, wenn sie der Goldausfuhr, die oft zum Ankauf von Brodfrüchten rasch nothwendig sei, Hindernisse in den Weg lege. Man ersähe das daraus, daß nur der kleinste Theil des cirkulirenden Goldes in den Hän⸗ den der Vank sei, etwa der sechste Theil. Das Gold, das nöthig sei, werde ohne sie ausgeführt und sie verliere durch ihre Politik nur die Kontrole über den ganzen Gold⸗ vorrath. Nach dem Bankgesetz habe die Bank die Verpflich⸗ tung, die bei ihr eingehenden Noten der Privatbanken von Zeit zu Zeit umzutauschen; sie verfahre dabei sehr verschieden: bald tausche sie rasch um, bald in sehr langen Zeitabschnitten. Im vorigen Jahre habe der Bankpräsideni erklart, er habe verfügt, daß die Versendung der Noten sortan von hier aus stattfinde, und jede übermäßige Häufung der Noten ver⸗ mieden werde. Wie sei aber verfahren worden? Im Mai 1879, als die Bank regelmäßig mit den Privatbanken die Noten umgetauscht habe, habe ihr ganzer Vorrath an Privat⸗ banknoten aug vier Millionen bestanden. Als im vorigen Jahre die Goldklemme eingetreten sei, Anfang September, Fabe der Vorrath an Privatbanknoten die früher nie erreichte Summe von 1 Millionen betragen. Es sei auf diesen Punkt Fffentlich aufmerksam gemacht, und binnen einer Woche habe sich der Bestand von 41 auf. 14 Millionen vermindert.

Diese Anhäufung von Privatbanknoten habe auf die

Gesammtlage der Reichsbank ungünstig eingewirkt, denn

sie hätte beim Umtausch natürlich theilweise Gold bekommen. Sie hätte gar nicht anders handeln können, wenn sie sich vorgenommen hätte, einmal einen rest ungünstigen Bankausweis zu publiziren. Ferner glaube er, daß die Bank nicht richtig operire, um bei Goldeinfuhr fremde Goldmünzen anzuziehen und aufzuspeichern, um dann eintretendenfalls sür den Export nach dem Auslande ohne Ummünzung die frem— den Goldmünzen hergeben zu können. Die Maßregeln der niederländischen Bank in dieser Beziehung schienen ihn rich— tiger und mehr geeignet zur Erleichterung des Verkehrs. Früher schon habe er darauf aufmerksam gemacht, daß die Reichs-Bankverwaltung in der Veröffentlichung der Auswejse gegen die von England und Frankreich sehr erheblich zurückbleibe. Wenn wan allen Bankstellen die vollen Ausweise ganz tel e⸗ graphirte, so würde nur eine Ausgabe von 14 000 6 pro Jahr entstehen. Es wäre doch beschämend, wenn die deutsche Reichsbank wegen dieser Summe in der Raschheit ihrer Bank— ausweise gegen England und Frankreich zurückstehen sollte.

ausweisen würde auch dadurch erschwert, daß die Giro-Gut— haben der Privaten nicht von denen der Negierung getrennt würden. In anderen Ländern herrsche in diesem Punkte volle Offenheit, und er würde das auch in Deutschland wünschen, denn sonst sei eine richtige Beurtheilung der Lage der Bank nicht möglich. Jede Bank, auch die Reichsbank, hänge ab vom Vertrauen des Publikums; das erwerbe man sich nur durch Offenheit. Er sage also noch einmal: diese Diskontopolitik, diese Begünstigung der Bankiers gegenüber den Kaufleuten und Industriellen wider⸗ spreche nach seiner Ansicht dem Geiste des Bankgesetzes, und er fürchte, daß die Reichsbank noch einmal in eine schlimme Lage kommen werde, wenn diese Maßregel fortgesetzt werde. Im vorigen Jahre habe Deutschland eine bedeutende Waaren⸗ ausfuhr gehabt, sollte diese, was bei den veränderlichen Ver— hältnissen Amerikas möglich sei, geringer werden, dann könne man in Deutschland im Herbst; wenn im Sommer und im Frühjahr das Geld durch die Reichsbank künstlich billiger ge— macht werde, in große Verlegenheit kommen, Die Verant— worllichkeit hierfür falle dann auf die Reichs-Bankdirektion. Der Bundeskommissar, Präsident des Reichsbank— Direltoriums von Dechend erwiderte, er glaube den Vorredner darüber beruhigen zu können, daß die Reichsbank mit der bisher festgehaltenen Bankpolitik nicht in Verlegenheit gerathen könne. Der Vorredner habe diefe Befürchtung schon früher ausgesprochen, aber die Wirk⸗ lichkeit habe dem nicht entsprochen. Die Reichsbank sei bis jetzt nicht in Sorge gewesen, wie sie dem Lande das Geld und das Geld nicht zu theuer machen könnte, und er hoffe, daß die Reichsbank sich auch in Zukunft immer zurechtfinden werde. Die Reichsbank habe ferner nicht um Geld zu ver— dienen unter dem Diskontosatze Wechsel gekaust, sondern weil die eigentbümlichen Verhältnisse des Landes dazu genöthigt hätten, verschiedene Diskontosaätze einzuhalten. Der Bundesrath habe bereits die von verschiedenen Privatbanken über den Sinn des §. 15 des Bankgesetzes erhobenen Zweifel erledigt und entschieden, daß die Nelchsbank Wechsel auf andere Plätze auch unter dem von ihr veröffentlichten Dis kontosatze kaufen dürfe. Die Behauptung des Vorredners, daß keine andere Bank, namentlich auch nicht die von England unter dem offiziellen Diskontsatz Wechsel diskontire, sei unrichtig. Da der Vorredner dies schon im vorigen Jahre behauptet habe, habe er mit der Bank von England korrespondirt und erfahren, daß dieselbe seit mehreren Jahren Wechsel unter ihrem festge⸗ setzten Dis kontsatz dis kontire. In Deutschland sei hauptsächlich die Verschiedenheit des Zinsfußes im Westen und Südwesten von dem im Ssten und Nordosten maßgebend. Der erstere sei gewöhnlich 3 Proz. oder darunter, sehr selten 4 Proz, im Osten dagegen sei es unerhört, daß Jemand außer der Bank Wechsel der gewöhnlichen Sorte zu 4 Proz. nehme. Was die Bank zu 4 Proz. nehme, nähmen alle übrigen nur zu? und 8 Proz. Ein hoher Zinssatz würde also für den Süden und Westen, ein niedriger für den Nordosten nicht angemessen seien. Aus⸗ nahmen machten blos die unbedingt sicheren Wechsel, d. h.

Bankiers und kie der großen Kreditinstitute auf ihre Kunden. Wenn diese Wechsel unter dem Bankdiskont diskontirt wür⸗ den, so könne damit nur ein für die Interessen der Bankiers ganz besonders besergter Herr unzufrieden sein; Alle, die sich fuͤr die Interessen des Landes und der Bank be⸗ sonders interessirten, seien dafür gewesen. In Folge vieler Interpellationen, die besonders in einem Blatte in Franksurt am Main hervorgetreten seien, habe er alle Theile gehört und erfahren, daß die Maßregel durchaus nicht unerwünscht sei. Weil einige Mitglieder des Reichstags vielleicht anderer Mei⸗ nung seien, könne die Neichsbank ihre Prinzipien nicht ab⸗ ändern. Er glaube, der Reichstag würde nicht geneigt sein, über diese rein technische Frage zu entscheiden. Das seien Gegenstände, die die Verwaltung beträfen, Gegenstände, die von der Instanz der Centralverwaltung an eine höhere Instanz gingen, an den Reichekanzler, und erst dann, sollte er glauben, würde der Reichstag Veranlassung haben, hier den Gegenstand aufzunehmen, wenn derselbe sorgsältig durch Kommissionen und Sachverständige geprüst sei. Er habe deshalb im vorigen Reicherage den Gegen⸗ fland nicht näher erörtert, aber da das Haus ihn zwinge, Farbe zu bekennen, thue er es und hoffe, daß die hohe Ver⸗ fammlung ihn nicht im Stiche lassen werde. Die Reichsbank habe den Diskont im vorigen Jahre nicht deshalb herauf— gesetzt, weil durch die Privatdiskontirung die Mittel ausge⸗ gangen seien, auch nicht aus Furcht vor der Entziehung von Geld, sondern hauptsaächlich um den Behauptungen der Presse, daß die deutsche Valuta in Frage wäre, entgegenzutreten. Es sei damals dieselbe unwahre Behauptung aufgestellt wie hier, daß die Reichsbank Gold verweigert hätte, Umstände mache, Thaler auszahle und dergl. mehr. Er habe an den Vorredner selbst geschrieben und ihn gebeten, diese von seinem eigenen Blatte gebrachten Gerüchte zu widerlegen, er habe die Antwort bekommen, es müsse noch näher unter⸗ fucht werden, die Nachricht sei aus Hamburg gekommen

und damit habe die Sache geendigt. Die Reichsbank habe nun in Wahrheit nicht Gold verweigert, sondern nur von dem Rechte Gebrauch gemacht, Gold nur hier auszugeben, nicht an jedem Bankplatz. Der Vorredner meine, es lage in dem Interesse der Reichsbank, daß die Reichsbank das Gold Jedem, der es erportiren wolle, bis an die Seeplätze ent⸗ Fegenttüge. Diesen Wunsch habe er schon in noch drasti⸗ scherer Weise gehört. Die Reichsbank hätte in Jamburg Gold genug gehabt, aber es habe zum Theil aus einfachen Kronen bestanden; da sei hier beantragt, die Reichsbank möchte siatt

der einfachen doch Doppelkronen schicken, die waren zum Ex⸗

Ein Urtheil über die Lage des Geldmarktes aus den Bank⸗

diejenigen der großen Fabrikanten auf kleinere und auf ite den Neichstag, durch einen Beschluß Remedur gegen eine der

gehöre.

port noch mehr geeignet. Die Reichsbank habe das abgelehnt und er glaube, die Bank habe keine Veranlassung mehr zu thun, als die englische Bank; auch die gebe Gold nur am Centralpunkte. Die Reichsbank kabe alfo, um den falschen Gerüchten entgegenzutreten, den Diskont auf 5 Proz. erhöht. Auch im Jahre 1866 beim Aus⸗ bruch des Krieges seien Bedenken gegen den Stand der deut⸗ schen Valuta laut geworden; man könne seiner Valuta aber nur dann Respekt verschaffen, wenn man sich nicht genire, ordentlich mit dem Diskonto in die Höhe zu gehen; das habe die Reichsbank damals gethan; sie habe den Die kont in einem Tage um 2Proz. erhöht und die Wechselcourse hätten sich sofort so geändert, daß von einem Export von Silber nicht mehr die Jede gewesen sei. Mit den Wechseln sei es im vorigen Jahre gerade fo gewesen; 5 Proz. hätten nicht gereicht, die Bank habe auf Fi, Proz. gehen müssen und die Wechselcourse seien so ge⸗ fallen, daß gar keine Noth mehr für des deutsche Gold ge⸗ wesen sei. Daß die Bank dabei nicht an einen Ge⸗ winn gedacht, könne man, daraus ersehen, daß sie nach wenigen Wochen wieder auf I, 44 s und 4 Proz. heruntergegangen sei. Dem Abg. Sonnemann möge das vielleicht wieder zu früh erschienen sein, aber die Bank habe mit der Herabsetzung keinen Augenblick länger, als höthig, warten wollen. Der Vorredner meine, die Reichsbank habe „eine Erfolge durch ihre schwankende Politik gehabt. Die Reichsbank habe aber durch ihre Politik große Vortheile erzielt. Im August sei es darauf angekommen, gewisse Ope⸗ ralionen, die der Bank das Gold auf Rechnung anderer Staaten entziehen wollten, zu unterbrechen. Das sei in vollem Maße gelungen, das deutsche Gold habe seitdem um mehr als 50 Millisnen zugenommen. Die Bank bemühe sich so viel wie möglich, den Privatbanken das Leben zu erleichtern, nicht zu erschweren, natürlich ohne die Fonds der Bank ge⸗ radezu zu schädigen. Wenn die Bank sich übrigens darauf beschränken wollte, die Noten blos an den Plätzen von S0 G60 Einwohnern einzutauschen, so würden sich die Privatbanken sehr viel schlechter stehen; sie hätten daher auch immer gebeten, es bei dem jetzigen Verfahren zu belassen. Daß die Reichsbank den Notenbestand an einem Tage von 41 auf 14 Millionen reduzirt habe, sei dem Einfluß des Vor⸗ redners zuzuschreiben, der durch sein Blatt, die „Frankfurter Zeitung“, dringend anempfohlen habe, so wenig wie möglich Privatbanknoten bei der Reichsbank zu lassen. Er hätte das sonst nicht gethan. Die Bank hätte die Noten sonst zwar auch ganz regelmäßig präsentiren lassen, aber jene Aufforderung habe sie bewogen sofort einzuschicken, und daher bewege sich ˖ seitdem die Summe der Privatbanknoten nach den öffent⸗ lichen Publikationen ziemlich, in derselben Höhe. Es wäre vielleicht noch besser, die Noten nicht allwöchentlich anzusammeln, sondern alle Tage zu verschicken. Das wäre aber bei der großen Menge zu kostspielig. Auf den Vorschlag, die Goldeinfuhr nach Art der niederländischen Bank zu beför⸗ dern, habe er schon im vorigen Jahre geantwortet, daß der dadurch zu erzielende Zweck ebenso gut zu erreichen sei, wenn die Bank generell die Bedingungen ermäßigte, weil man gerade dann immer wieder an die Grenze komme, wo nichts mehr eingeführt würde, Wenn ferner die englische Bank ihre Bilanzen früher publizire, als die Reichsbank, so liege das daran, daß sie nur neun Filialen habe, die französische Bank aber, mit ihren 90 Filialen gebe die telegraphischen Ausweise nicht nach dem Stande des⸗ selben Tages, sondern nach Aufstellungen, die ihr schon kür⸗ zere oder längere Zeit vorher zugegangen seien. Wenn man eine solche, nicht ganz richtige Bilanz haben wolle, so könne die Reichsbank das eben so gut; auf die Kosten käme es auch nicht an; aber er glaube, daß das große Publikum kein In⸗ teresse daran habe, ob die Zusammenstellung 1 oder 2 Tage früher erscheine. Auch eine Unterscheidung der privaten Be⸗ stände und' der öffentlichen in den Publikationen hätte keinen befonderen Werth, da die Bestände der Regierung meist ganz unbedeutend, höchstens 10 oder. 20 Millionen seien, man also annehmen könne, daß fast alle aufgeführten Bestände pri⸗ vate seien.

Der Abg. Dr. Bamberger erklärte, die Aufforderung an

hier besprochenen Maßregeln zu schaffen, gehöre zur Art der prozessualischen Einreden, die so viel bedeute, als daß jede zier ausgesprochene Meinung auch ohne Effelt an dem Neichs⸗ tag vorübergehe. Denn Niemand werde doch dem Reichstage improvisirter Weise einen Antrag unterbreiten wollen, über diefen oder jenen Punkt der Tiskontopolitik der Reichsbank hier einen Beschluß zu fassen, und der Reichstag werde sich vielleicht auch nach reiflicher Erwägung sür inkompetent er⸗ llären. Vei dem wohlwollenden Meinungsaustausch, der der Zweck der Besprechungen beim Etat sei, müßten die Vertreter der Regierungen wie die Mit⸗ glieder des Reichstages ihre beiderfeitigen Einwendungen nach ihrem sachlichen Werth würdigen und die der letzteren dürf⸗ ten bei aller Energie, mit der die Regierungen ihre Meinung vertreten möchten, nicht alle Einwendungen aus bösem Willen oder Unkenntniß abfertigen. Der Abg. Sonnemann beschäf⸗ tige sich mit der Materie, die derselbe in seiner Rede behan⸗ delt habe, seit langen Jahren ex offieio; derselbe besitze auch ein Preßorgan, welches anerkannt zu den bedeutendsten und bestunterrichteten Organen der Handelswelt in Deutschland Man könne demselben also ohne jeden Mißton ant⸗ worten, was er um so eher aussprechen dürfe, als er im Einzel⸗ nen auf Seiten seiner Gegner stehe. Die Aufforderung des Bank⸗ Präsidenten, einen Beschluß des Reichstages zu extrahiren, klinge so gut wie abweisend und seine Bemerkung, das heute Ge⸗ hörte schon vor einem Jahr gehört zu haben, ohne davon Notiz zu nehmen, weise auf einen andern Weg. Er stimme mit dem Abg. Sonnemann insofern nicht überein, als man nicht nur fur den niedrigsten Zinssuß sein dürfe; man müsse ielmehr das öffentliche Interesse wahrnehmen, und es sei allerdings die Frage, ob der Bankpräsident dies Interesse wahrnehme. Mit Necht habe der Bankpräsident dem Abg. Sonnemann entgegengehalten, daß er durchaus nicht aus Ge⸗ sälligkeit gegen die Bankiers unter den offiziellen Zinsfuß heruntergehe. Denn derselbe thue dies den Bankiers zum Tort, denen die Reichsbank ein sehr unangenehmer RFonkurrent sei. Der VBankpräsident, habe in seinem Ausschusse bei den mächtigsten Mitgliedern der Kiesigen BVankwelt jahraus, jahrein gerade deswegen Opposi⸗ ion zu erleiden, weil verselbe sich das Distz⸗ ontiren zum Privatdiekonto nicht verbieten lassen wolle. An⸗ stait die Bankiers zu begünstigen, schüchtere derselbe vielmehr das Privatkapital ein, sich dem nützlichen Geschäfte des Wech⸗ seldiskontirens hinzugeben, wodurch es unter Umständen ge⸗ radezu trocken gelegt werde. Die Folge davon sei, daß wenn

ian einmal dieses flüchtige Privatkapital brauche, man es nicht habe, da es andere Wege gegangen und entweder irgendwie in Effekten oder in Waaren oder im Aus⸗ lande oder in Hypotheken angelegt sei, so daß die Bank bei einer etwaigen Geldklemme, wo sie einer Hülfe von auswärts bedürfe, auf. solche nicht mehr zählen könne. Das sei der wahre kranke Punkt in der Bank⸗ politik des Vankpräsidenten. Derselbe säge den Ast durch, auf dem er selbst sitze. Der Bankpräsident habe vorhin be— stritten, daß er es des Gewinnstes und der Dividenden wegen thue, wenn er über den offiziellen Banksatz hinaus zu diskon⸗ tiren suchte. Er (Redner) müsse gestehen: die Botschaft höre er wohl, allein ihm fehle der Glaube. Er kenne doch auch diese Dinge. Und noch im vorigen Jahre sei hier das Wort gefallen, daß doch das Kapital, der Aktisnäre nicht absolut brach liegen müsse, während andere Leute Wechsel diskontirten und zum offiziellen Zinsfuß nichts zu haben sei, als, wie man sage, die weniger guten Wechsel, so daß das Porte⸗ feuille der Bank sich nur mit solchen Accepten und Wech— seln anfülle, die einen sekundären Rang einnähmen. Er wolle dem Bankpräsidenten auch in dieser Frage se weit Recht geben, als er es vermöge. Die Stellung desselben sei nicht zu vergleichen mit der der anderen großen europäischen Banken. Wie derselbe selbst bemerkt habe, habe die englische Bank in diesen Dingen zu verschiedenen Zeiten eine verschie⸗ dene Routine beobachtet. Früher hätte sie nur einen Minimal— banksatz gehabt, und sei beliebig zu höheren aufgestiegen, je nach den Umständen und den Accepten, In letzterer Zeit habe sich die Praxis umgedreht, sie habe einen Maximalsatz und gehe von dem wieder herunter. Mit der französischen Bank aber könne sich die Reichsbank am allerwenigsten vergleichen, denn man habe in Deutschland noch eine große Anzahl von anderen offiziellen Staatsbanken. Wäre der Bankpräsident ganz allein Herr, so würde er wegen seiner zwei verschiedenen Zinsfüße mit ihm viel schärfer ins Gericht gehen; aber leider seien ihm die anderen Banken mit schlechten Beispielen voran gegangen und das gereiche demselben zum mildernden Umstand. Die plötzliche Erhöhung des Diskonts auf 6 Proz. im vorigen Dktober' habe ihm ja der Abg. Sonnemann nicht zum Vor⸗ wurf geniacht; es sei eine ganz gesunde Maßregel gewesen. Nur haͤtte der Präsident nicht noch lange Wechsel auf Deutsch⸗ land in London ankaufen sollen, wie man sage, um dadurch bie deutsche Schuld noch vermehren. Die Meinung, daß die Erhöhung geschehen sei, um das deutsche Gold zu schützen, habe der Bankpräsident zurückgewiesen, damit beraube der— selbe sich seiner besten Rechtfertigung, denn es gehöre zum

ABC der Baukunst. Es sei ja in der Presse, und zwar von

den besten Freunden des Bankpräsidenten, das Gerücht immer⸗ fort genährt worden, die Bank habe kein Geld mehr, dem Prästdenten ginge das Wasser an den Hals. Das hätten die Börsenblätter ausgesprengt, nicht aber der Abg. Sonnemann. Man sei damals so weit gegangen, der Außenwelt beibringen zu wollen, die Goldwährung sei in Deutschland aufgegeben und man hätte daran gezweifelt, sie zu eihalten, ja durch die englischen, französischen und amerikanischen Zeitungen sei die Nachricht gegangen, der Bankpräsident sei beschästigt, eine Broschüre zu schreiben, worin die unvermeidliche Nothwendig⸗ keit zur Rückkehr zur Doppelwährung demonstrirt sei. Das könn? er dem Bankpräsidenten durch zahllose Exemplare von Fachzeitschristen und Zeitungen belegen. Aber die Freunde besselben er wolle den Bankpräsidenten nicht durch seine Freunde kompromittiren diese Vertreter der Silber⸗ und der Doppel währung in den hiesigen Börsenorganen, die nach Paris, New⸗York und überallhin telegraphirt hätten, hätten immer geschrieben, dem Bankpräsidenten ginge das Wasser bis an den Hals, und zu seiner Vertheidigung müsse derselbe den Zinsfuß hinaufschrauben. Wenn derselbe das für eine Verleumdung halte, so will er (Redner) ihm den Weg zu ihrer Bekämpfung weisen. Der Abg. Sonnemann habe einen solchen Allarm durchaus nicht gemacht. Wenn nun der Abg. Sonnemann auf die niedrigen Course in Paris und Tondon' hinweise, so sei die Vank in London allerdings keine dicke filberne Unterlage, die nur eine dünne goldene Oberfläche besitze; sie könne mit mehr Sicherheit austreten. Aber die Bank in Paris hätte ganz Unrecht, den Zinsfuß so niedrig zu lassen. Diejenigen in Frankreich, welche dem Lande den Gold⸗ schatz erhalten wollten, verlangten eine Erhöhung des Zins— fußes. Daß man sie nicht höre und Frankreich sein Gold ab⸗ zapfe, und zwar nicht in geringen Dimensionen wie in Deutsch⸗ land, sondern hundertmillionenweise, liege an dem Effekten⸗ spiel und der Agiotage, die ein Interesse an dem niedrigen Zinsfuß hätten. Auch der deutsche Goldexport habe mit diesen Vingen zusammengehangen und die Gefahr sei nicht so sehr von dem Import von Getreide, sondern davon gekommen, daß Deutschland und Holland sich mit amerikanischen Effekten enorm angefüllt hätten. In London sei das enischieden Ausschlag gebende Moment, daß ein unge— heurer Austausch von Papieren zwischen amerikanischen und dentschen Vörsenplätzen bestehe, das gehe so rasch und mit so großen Summen, daß es viel mehr Ein⸗ fluß auf die Bewegung der Edelmetalle, resp. auf die Wechsel⸗ course habe, als die bloße Bewegung in Waaren. Er sei also ganz damit einverstanden, daß man den Zinssuß im vorigen Herbst, als die Sache angefangen habe, bedenklich zu werden, hinaufgesetzt habe. Der Bankpräsident möge aller⸗ dings niemals hartnäckig das Gold verweigert haben; wenn derselbe aber behaupte, daß niemals überhaupt Remonstratio⸗ nen vorgekommen seien, so wolle er nicht aus der Schule schwatzen er sei bereit, die Details dem VBank⸗ prösidenten unter vier Augen mitzutheilen, wo der⸗ selbe von veischiedenen Filialen sich sehr habe bitten und Remonstralionen machen lassen, daß man Gold ver⸗ abfolge; daß man dann Zehnmarkstücke statt der Doppel⸗ kronen gebe, so sei das etwas Erlaubtes, eine erlaubte Sünde, mit der man die Bank vertheidigen könne, wenn sie in Verlegenheit sei, aber eine gute Politit sei es nicht; eine Bank müsse so lange die Valuta in gutem Kredit erhalten, als es möglich sei; sie dürfe sich nichts in den Kopf setzen, daß sie speziell durch Verweigerung von Mitteln berufen sei, den Export zu hindern. Nun habe der Bankpräsident um nur noch dies zu sagen dem Abg. Sonnemann geantwortet: Derselbe habe schon im Vorjahr Besorgnisse geäußert, diese hätten sich unbegründet gezeigt, folglich habe der Abg. Sonne⸗ mann unrecht. Wenn nur das Gesahr wäre, was jeden andern Morgen einträte, wäre es keine Kunst, fortwährend zu warnen, läge Vorsicht auf der Straße. Besorgnisse seien nicht deswegen an und sür sich nöthig, weil sie von heut auf morgen von einem Jahr zum andern eintreten könnten. Er glaube, die Besorg⸗ nisse seien nicht eitel, eine Bankpolitik, die ihr Portefeuille füllen wolle, werde es zu weit treiben, und wenn der Bank⸗

präsident glauben wolle, daß die Stimme, die von hier komme, auch einigermaßen sompetent sei, und nur, um der Sache willen spreche, fo dürfte derselbe sich gemüßigt fühlen, das, was derselbe heut gehört habe, nicht ganz in den Wind zu schlagen.

Der Bankpräsident von Dechend entgegnete, er wisse nicht, wie der Abg. Bamberger dazu komme, ihm Nervosität vorzu⸗ werfen; wenn er nervös wäre, würde er diese Geschäste, die nichts weiter als Arbeit verursachten, nicht machen, die Zunahme der Arbeiten mache ja nur nervöser. Wenn man aber von der Bank verlange, wie dies auch der Vorredner thue, daß sie in schlimmen Zeiten helfen solle, so nehme, man ihr diese Möglichkeit, wenn man sie zwingen wolle, in gewöhnlichen Zeiten von den Geschäften ganz sern zu bleiben. Gerade weil die Bank in schlimmen Zeiten helfen solle, müsse sie immer in den Geschäften bleiben. Dazu komme, daß das Bankgesetz der Bank ausdrücklich jedes andere Geschäft als das Wechsel⸗ und Lombardgeschäft ver⸗ biete, Könne man nun verlangen, daß die Bank das einzige Geschäst, auf welches sie angewiesen sei, nicht kulkiviren solle! Dann müßte sie sich unsolideren Ge⸗ schäften zuwenden und würde damit ihr Portefeuille bedeutend verschlechtern. Dieser Einwand des Vorredners rühre nicht aus allgemeinen Erwägungen her, sondern derselbe vertrete dabei mehr oder weniger den Stand des Bankiers. Der Vox—⸗ redner habe dann angedeutet, daß die Bank irgendwo Gold verweigert habe. Er bitte den Vorredner ausdrücklich, ihm die Fälle zu nennen, und zwar hier. Er könne versichern, daß es mit seinem Wissen nicht geschehen sei. Aber vielleicht meine der Vorredner ganz etwas Anderes, nämlich, daß man nicht an jedem Orte jede beliebige Sorte von Goldstücken und Gold— arten habe. Die Reichsbank habe ja keine Verpflichtung, Jedermann an jedem Orte jede beliebige Sorte von Gold zu geben. Der Vorredner habe dann die ihm etwazs dunkle Bemerkung gemacht, er stünde, gewisser— maßen dem Alarm bei, der in Beziehung auf die im August vorigen Jahres aufgetauchte Frage der Goldzahlung geschlagen sei. Er faffe nicht, wie man ihn identifiziren könne mit Blättern, die alle Tage etwas Wunderbares, vielleicht auch für den Vorredner sehr Störendes enthielten. Man habe ja Blätter hler, die das fkandalöseste Zeug von den höchsten und niedrigsten Beamten enthielten. Er würde dem Vorredner sehr dankbar gewesen sein, wenn derselbe noch in schärferer Weise dieses Treiben charalterisirt hätte. Was aber die an—⸗ gebliche Goldverweigerung betreffe, so liege ihm daran, die Details zu hören. Mit seinem Wissen sei sie nicht geschehen. Sollte sie aber wirklich vorgekommen sein, so werde Alles ge⸗ schehen, um sie zu redressiren.

Der Abg. Sonnemann bemerkte, auf den Hauptpunkt, auf den es angekommen, sei der Bankpräsident trotz seiner zweimaligen Erwiderung nicht eingegangen; das sei der Umstand, daß durch die vorzeitige Herunterdrückung der Zins— fuß im Herbst künstlich hätte heraufgeschraubt werden müsszn. Dagegen habe der Bankpräsident zarte Andeutungen gemacht, er (Redner) hätte im Interesse der Bankiers gesprochen. Er wolle annehmen, daß der Bankpräsident ihm dadurch keine Insinuation habe machen wollen, denn er glaube, daß es demfelben genügend bekannt sei, daß er nach der Seite hin mindestens ebenso unabhängig sei wie der Bankpräsident selbst. Er fönne aber den Beweis e contrario führen, daß der Vorwurf nicht zutreffe. Wer sitze denn im Bankausschuß, welcher die von ihm angegriffene Maßregel angeregt habe und vertrete und der erst gestern einen entgegenstehenden Antrag abgelehnt habe, wie er aus den Zeitungen ersehe? Doch die ersten Bankhäuser Deutschlands, und wenn die Bankiers ihre Interessen bei der Diskontopolitik nicht gewahrt sähen, würden sie dieselbe ge⸗ wiß nicht unterstützen. Daß die Mahßregel auch den Privaten zu gute komme, müsse er bestreiten; diese Geschäste würden nur an der Börse gemacht. Der Bankpräsident habe ihm, der er übrigens nicht als Redakteur einer Zeitung, sondern als Abgeordneter für Frankfurt hier stehe, vorgeworfen, als hätte er früher von ihm in der „Frankf. Zeitung“ Dementis bekommen. Er habe hier in Betreff der Verweigerung von Gold oder, wie man es nenne, der Erschwerung der Goldaus⸗ gabe eine Thatsache vor sich. Einen Brief von einem Ham⸗ burger Vankhause, den er verlesen werde. (Redner las den Brief ror, aus welchem hervorging, daß das Haus, als es L200 000 Noten an der Bank in Hamburg präsentirte, zunächst an die Hauptbank in Berlin verwiesen wurde, und daß ihm dort Schwierigleiten gemacht wurden, die eine Ver⸗ zögerung des Goldtransportes zur Folge gehabt hätten.) Solche Schwierigkeiten würden dann nach außen hin übertrieben und ausgebeutet.) Er habe, wo er habe können, die Reichsbank gegen diese Angriffe in Schutz genommen, wie sich dessen der Vank⸗ praäͤsident erinnern werde. Wenn der Vankpräsident sage, derselbe habe erreicht, daß das Gold nicht exportirt worden fei, so sei das lein Ruhm, man könne leicht den Brand eines kleinen Hauses löschen, wenn man zwölf Dampsspritzen auffahre. Wenn man den Diskento, der in London A, Proz. stehe, auf 5!“ Proz. heraufsetze, dann sei der Zweck erreicht, dafür brauche man kein besonderes Kompliment zu machen. Mitleid brauche man mit der Bank nicht zu haben, sie sönne sehr gut existiren, sie habe noch genug andere Ge⸗ schäfte, die ihr Geld einbrächten, auch wenn sie es mache wie bie Bank von Frankreich, die in ihren Filialen einen verschie⸗ denen Zinsfuß festsetze. Die Bank von England habe, so viel er wisse, einen niedrigen und einen hohen Diskontsatz, daß sie unter den niedrigen Satz jemals heruntergehe, müsse er bestreiten, bis ihm das Gegentheil authentisch nachgewiesen werde. Er glaube die Erfahrungen zeigten, daß die Maß⸗ regel nicht zum Segen des deutschen Geld⸗ und Vank⸗ wesens auegeschlagen sei, und daß sie wieder aufgehoben werden müsse. .

Der Bankpräsident von Dechend erklärte, der vorgelesene Brief sei ihm nicht klar geworden; vielleicht sei derselbe zu undeutlich oder zweideutig geschrieben. Er habe aus dem⸗ selben weiter nichts entnommen, als daß Herr Bräge, der in Hamburg Gold gesucht habe, mit diesem Gesuch nach Berlin gewiesen sei. Das habe er von vornherein gesagt. Es würde ihm in Frankreich und England ebenso gegangen sein. Wenn derselbe in Liverpool Gold hätte verlangen wollen, hätte man ihn nach London verwiesen. Er (Redner) wisse also nicht, was der Brief beweisen solle. Wenn derselbe hätte 7 Stun⸗ den warten müssen, so würde er das im höchsten Grade miß⸗ billigen. Er glaube aber, daß derselbe bei der Reichsbank nicht 7 Stunden auf Gold gewartet hätte. Dazu rauchte derfelbe nicht mehr wie 5 Minuten. Der Vorredner habe dann gesagt, er hatte nicht widerlegt, daß durch die Diskontirung bie Industrie geschädigt würde. Der Vorredner behaupte, es würden nur die Bankiers einen Vortheil davon haben. Er

(Redner) habe aber ausdrücklich hervorgehoben, daß Jeder⸗ mann, namentlich die Industrie, fast ausschließlich von dieser Diskontirung der Reichsbank profitire. Er bemerke hier noch ausdrücklich, daß das Kuratorium sich mit dieser Maßregel ausdrücklich einverstanden erklärt habe. Weiter bemerke er dem Vorredner, daß die Reichsbank in London nie deutsche Wechsel gekauft habe. Der Vorredner habe dann noch be— sonders hervorgehoben, daß derselbe ihn immer in Schuß ge— nommen habe. Damit stimme nicht ein Artikel der Frank— furter Zeitung“, worin der Vorredner seinem Chef den drin— enden Rath gegeben habe, ihn sobald als möglich zu ent⸗ lassen.

. Der Abg. von, Kardorff führte aus, daß die Bank von den ihr gesetzmäßig zustehenden Mitteln Gebrauch gemacht habe, um den Export des deutschen Goldes ins Ausland zu hindern, finde er in hohem Grade anerkennenswerth. Den pädagogischen Vorlesungen der Abgg. Sonnemann und Bam— berger gegenüber wolle er nur darauf aufmerksam machen, daß die Aufgabe der deutschen Reichsbank mit Nücksicht auf die große Zahl von Privatbanken und auf den Umstand, daß bei den deutschen Valutaverhältnissen die Deckung der Noten nicht blos durch Gold, sondern auch durch Silber geschehe, eine viel schwierigere sei, als die der Bank von England und Frankreich. Im Allgemeinen glaube er aussprechen zu dürfen, daß er und seine politischen Freunde mit der Leitung der Reichsbank wohl zufrieden sein dürften.

Der Abg. Dr. Bamberger bemerkte, der Vorredner scheine trotz seiner Verachtung des Pädagogischen doch nicht abgeneigt, von seinen pädagogischen Vorlesungen Gebrauch zu machen, denn daß die Stellung der Reichsbank aus den angeführten Gründen eine andere sei als die der französischen, habe er schon oft gesagt. Der Bankpräsident habe ihn als ein Organ der Bankiers bezeichnet. Am Ende würden auch die Bankiers vädagogisch. Der Bankpräsident habe gesagt, er sei in der Führung der Bank durchaus nicht nervös; in seiner heutigen Rede sei derselbe es sicher gewesen, denn zu jener Insinuation hätte derselbe nicht den geringsten Grund gehabt. Der Bank⸗ präsident wisse, daß er (Redner), wenn er mit Vankiers verkehre, dies guf rein gesellsschaftlichem Fuße thue; es seien dies Bankiers, mit denen auch der Bankpräsident gesellschaftlich, verkehre. Seitdem er in den Reichstag eingetreten sei, sei er den Geschäften so sern wie irgend Jemand, und lebe wie der Jleinste Rentner hier in Berlin leben kann, fern von allen Geschäftsbetrieben ferner vielleicht, als zur kenntnißreichen Versolgung der Ge⸗ schäste es eigentlich nothwendig wäre. Er habe die Aera der Verleumdungen längst kommen sehen und sich vorgenommen, den Geschäften sern zu bleiben. Was die Verweigerung von Gold angehe, so habe er (Redner) nicht gesagt, daß das Gold definitiv verweigert wäre, dann hätte sich die Reichsbank ja für bankerott erklärt. Er sei nicht der Ansicht des Abg. von Kardorff, daß der Bankpräsident Recht thäte, Gold zu verweigern, wenn es ausgeführt werden solle. Wenn derselbe das thue, dann sammele man das Gold im Publikum, indem man Agio zahle, und komme zu einer entwertheten Valutg. Deshalb müsse der Bankpräfident Gold geben, wenn derselbe die Goldvaluta auf⸗ recht erhalten wolle. Der Fall, den er im Auge gehabt habe, betreffe die Scheideanstalt in Frankfurt, welche von der dor⸗ tigen Filiale mehrfach Gold verlangt habe, was ihr verweigert sei. Auf Beschwerde sei gefragt: wenn es zum Export ge⸗ braucht werde, könne es nicht gegeben werden. Die Schei- e⸗ anstalt habe das Gold gebraucht, um die Arbeiter des Silber⸗ zergwerks Mansfeld zu bezahlen. Schon im vorigen Jahre habe er monirt, daß nicht auch bei der Reichsbank der Baar⸗ bestand an Silber und Gold getrennt nachgewiesen werde; er bitte um Aufklärung, warum das in Deutschland unter— blieben sei.

Der Bankpräsident von Dechend entgegne orredner habe behauptet, daß die Reichsbank der icheideanstalt zu Frankfurt a. M. Gold verweigert hätte. Nun habe es sich aber um Millionen gehandelt, die die Bank nach Frankfurt hätte schicken sollen. Das sei doch nicht zu verlangen und es fei keine Goldverweigerung, wenn die Bank jene Forderung abgelehnt habe. Der Vorredner habe sodann die Gründe ver⸗ langt, warum die Reichsdank nicht wie die französische Bank den' Ausweis an Gold und Silber wöchentlich publizire. Aus dem Grunde nicht, weil es der Bankverwaltung bis dahin im Interesse des Landes, nicht der Bank, nicht wünschenswerth erschienen sei. Wenn die französische Bank in dieser Beziehung vorgegangen sei, so würde sie dies noch sehr zu bereuen haben. Mit der Publizität gehe man Verpflichtungen ein, die nicht blos im Interesse der Bank, sondern im allgemeinen Interesse sehr mißlich seien.

Der Abg. Dr. Bamberger konstatirte in einer persönlichen Bemerkung, daß es sich in dem von ihm angesührten Falle keineswegs um eine bedeutende Summe gehandelt hahe.

Der Abg. Sonnemann bemerkte dem Vankpräsidenten, daß seine (des Redners) Behauptung, er habe die jetzige Lei⸗ tung der Bank sitets unterstützt, sich nur auf frühere Zeiten bezogen habe.

Der Etat der Reichebank wurde bewilligt, desgleichen die Einnahmen aus den Zinsen aus belegten Reichsgeldern

ats, welche ledigt. . Es folgte die Berathung des Antrags des Abg. Dr. Mendel, betressend Berichterstattung Seitens der Wahl⸗ prüfungskommission über die am häusigsten vorkommenden Verstöße gegen das Wahlreglement. Dieser Antrag lautet: Der Reichstag wolle keschlicßen: die Wablryrũfungt lommissio

zu beauftragen, dem Reick stage über die am bäusigsten vorko

ken Verte argen das Wablreglement vem 23. M 11879

die mit Räcsicht darauf notbwendig erscheinenden Abänderungen

deg Wahlreglements Bericht zu erstatten.

Der Antragsteller führte zur Vegründung seinez Antrages aus, daß bieher alle Versuche, die Wahlen unter besserer Wah⸗ rung der vorgeschriebenen Formen vornehmen zu lassen, sehl⸗ geschlagen seien, daß auch das Volk sich noch nicht in das Wahlreglement hineingelebt hätte. Deshalb sei es vor den Neuwahlen sehr wichtig, einzelne Vestimmungen des Regle⸗ ments abzuändern, oder demselben Dellarationen zu geben. Von den 18 kassirten Wahlen kämen 15 auf Preußen. Wegen BVeeinflussung durch Behörden seien vernichtet: in der ersten Legislaturperiode 2 Preußen), in der zweiten 2 (Preußen). in der dritten 1 (Baden) und in der setzigen 2 (Preußen) und man sei noch nicht am Ende. Bon den 25 in dieser Session beanstandeten Wahlen, wo die Proteste besonders auf Becinflussung durch Behörden sich