1881 / 75 p. 8 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 29 Mar 1881 18:00:01 GMT) scan diff

An der Berathung der Vorlagen in einer Kommission werde seine Partei sich bereitwillig hetheiligen, ohne hieraus jedoch einen Schluß auf ihre Zustimmung zu den Vorlagen selbst ziehen zu lassen.

Der Abg. Dr. Loewe (Bochum) bemerkte, man sei in Deutschland mit den direkten Steuern noch nicht auf dem Punkt angelangt, daß sie ganz unerträglich wären; aber Jeder⸗ mann sage doch schon, was der Staat verlange, wolle man zahlen; aber wenn der Bürgermeister mit den Schullasten u. s. w. komme, das sei unbequem. Man habe in Deutsch— land das kühne Experiment gemacht, einen monarchischen Föderativstaat zu begründen; man stehe in Deutschland auf dem Boden von Verträgen. Deshalb habe man das große Interesse, das Reich so zu stellen, daß es nicht blos seine Be⸗ dürfnisse selbst decken könne, sondern wie früher der Zollverein, den Einzelstaaten etwas herauszahlen könne. Auch er sei für Entlastung der unteren Stufen der Klassensteuer. Bei der Entlastung der Kommunen, wie sie jetzt beabsichtigt sei, werde man nicht stehen bleiben können. Der Reichskanzler habe ja öfter durchblicken lassen, daß derselbe auch einer Wiedereinführung der Schlacht- und

müsse er

der wirthschaftliche Vortheil der Befreiung vom Militärdienst auf⸗ höre. Die Brausteuer könne nur unter gleichzeitiger Erhöhung der Branntweinsteuer erhöht werden. Wenn er auch die Bier⸗ bummelei nicht für einen Vortheil halte, so müsse er doch sagen, das Bier habe in der Verdrängung des Branntweins erhebliche Dienste geleistet. Merkwürdig sei es, daß dem Reichstag ein Gesetz vorgelegt werde, welches den Branntweingenuß indirekt fördere, und zugleich ein Gesetz gegen die Trunksucht. Wenn ein Gesetz, wie das letztere nothwendig sei, dann sollte man sich doch bedenken, das bessere Getränk, das Bier, theurer zu machen. Eine Bestimmung des Brausteuergesetzes halte er allerdings für empfehlenswerth, und vielleicht lasse sie sich ab— sondern, nämlich das Verbot der Surrogate. Das Gesetz über die Stempelabgaben enthalte, abgesehen vom Quittungs⸗ stempel, nur eine Ausgleichung in der Besteuerung; er könne es deshalb acceptiren. Aber sonst müsse er sagen: es sei kein Moment vorhanden, welches den Reichstag dränge, neue Steuern zu bewilligen; derselbe habe ja noch nicht einmal er— fahren, wie die bereits bewilligten Steuern wirkten.

Der Abg. Wiggers (Parchim) wollte auf die Denkschrift nicht näher eingehen; sie bringe ja nichts Neues; auch die Rede des Reichskanzlers sei nur eine Wiederholung dessen, was derselbe schon oft gesagt habe. Seine (des Redners) theoretischen Ausführungen über direkte und indirekte Steuern würden auch keine Wirkung auf den Reichskanzler ausüben, denn der Respekt des Reichskanzlers vor der Wissenschaft sei ja nicht bedeutend. Seine Partei würde Steuern und Steuer— erhöhungen nicht verweigern, wenn es sich darum handelte, Bedürfnisse des Reiches zu befriedigen. Dieser Nachweis sei nicht erbracht worden, es würde nur stets gesagt, die Einzelstaaten brauchten Geld. Die Staaten müßten innerhalb ihrer eigenen Kompetenz auch die Mittel aufbringen, welche sie brauchten. Viele Einzel⸗ staaten hätten geglaubt, daß man die Ueber— schüsse im Reiche zur Beseitigung der Matrikularbeiträge ver— wenden wollte; diese Hoffnung sei unerfüllt geblieben. Die Pläne des Reichskanzlers seien so umfassend; derselbe beab— sichtige ja auch eine Alters⸗ und Invalidenversorgung; aber die Denkschrift über die Reform der Steuern sei so dürftig, daß man damit nicht zufrieden sein könne. Von einem Steuer— reformplan verlange er, daß man in Ziffern ausdrücke, was man einnehmen und was man davon bestreiten wolle. Welche Steuern sollten denn noch kommen, um Alles zu decken? Das Tabaksmonopol, vielleicht auch das Zuckermonopol. Man sei auf einen schlimmen Weg gerathen, der zum Staatssozialismus führe. Wenn das Reich immer weitere Verpflichtungen auf sich nehme, immer größere Mittel beanspruche und alles in seiner Hand konzentrire, die Eisenbahnen, die Versicherung ꝛc., wenn einmal ein Krieg die Maschine ins Stocken bringe, wenn die Einnahmen ausblieben, was solle dann daraus werden? Wie sollten die Verbindlichkeiten Deckung finden? Dann werde ein Krach kommen, wie man noch niemals einen wirthschaft— lichen Krach erlebt habe. Der Abg. Stumm habe neulich ein Körnchen Wahrheit in dem Satze entdeckt, daß die Prinzipien des Freihandels und der Fortschrittspartei zum Nihilismus und zur Sozialdemokratie führten; es liege aber ein großes Korn Wahrheit darin, wenn man behaupte, daß die Bestrebungen

der Sozialdemokraten und des Reichskanzlers nahe verwandt

seien. Beide ständen auf dem Boden der Staatsindustrie,

nur in Bezug auf die Organisation der Verwaltung seien

sie verschiedener Meinung. Vielleicht erlebe man es noch, daß die Herren, welche das Sozialistengesetz gemacht hätten, selbst unter dasselbe gestellt würden. Eine Erleichterung der

Steuern sei in keinem Einzelstaate eingetreten.

eine Politik der Ueberweisung von Reichsmitteln an die

Einzelstaaten voraus, daß in allen Staaten konstitutionelle Verfassungen seien; das sei aber nicht der Fall. In Mecklen— burg z. B. habe die Bevölkerung keinen Einfluß auf die Fest⸗ stellung des Etats; die vom Reiche kommenden Ueberschüsse flössen in die Großherzogliche Kasse. Er halte es für ein falsches finanzielles System, wenn man die Einzelstaaten auf die ungewissen Summen, welche sie vom Reiche erhalten sollten, hinweise. Wenn man die Einzelstaaten in dieser Beziehung allzusehr vom Reiche abhängig mache, so hebe man den Bundes⸗ staat auf und setze den Einheitsstaat an seine Stelle. Die Stempelabgabe⸗Vorlage habe man mit dem populären Namen „Börsensteuer“ belegt; das sei sie aber nicht, denn die Börse werde diese Abgaben nicht zahlen. Könnte man die Börse treffen, dann würde auch er gegen eine solche Steuer nichts haben. Jetzt müsse er sie verwersen.

Der Präsident zeigte den Eingang eines Antrages des Abg. von Benda an, die Vorlagen mit der Denkschrift einer Kommission von 21 Mitgliedern zu überweisen.

Ein Vertagungsantrag wurde angenommen.

Der Abg. Dr. Lasker bemerkte (persönlich, er habe den Tabak allerdings als ein steuerfähiges Objekt bezeichnet, aber allerdings hinzugesetzt, man hätte ihn in Deutschland jetzt schon genügend besteuert. Er habe auch keine Erhöhung der direkten Steuern empfohlen, sondern gesagt, man brauche in Deutschland augenblicklich gar keine neuen Steuern. Daß er mit der Denkschrift einverstanden sei, aber sie nur deshalb nicht billige, weil sie von einem politischen Gegner ausgegangen sei, sei aus seiner Rede nicht hervorgegangen; einmal treibe er keine solche persönliche Politik; dann habe er aber auch ausdrücklich ge⸗ sagt, daß er auf die Gedanken der Denkschrift nicht neidisch sei. Wenn der Finanz-Minister Bitter hebauptet habe, es be— stände gar kein Plan im Finanz⸗Ministerium, so müsse er bemerken, er habe ihn aus den Zeitungen kennen gelernt und nicht durch irgend welche Indiskcetion. Die Herren meinten, wenn sie etwas verschwiegen und amtlich nicht zugeständen, sei es aus der Welt geschafft. In der Denlschrift des Finanz⸗ Ministers, die an die Beamten herumgeschickt werde, stehe das ß von dem, was in der Denkschrift des Reichskanzlers ehe.

Der Abg. Stumm verwahrte sich gegen die Auffassung seiner (des Redners) Aeußerungen Seitens des Abg. Lasker. Er (Redner) habe nicht gesagt, daß die Vertheuerung der Lebensbedürfnisse des armen Mannes hei der Durchführung der vorliegenden Steuerreform thatsächlich 11 69 betragen werde, sondern er habe nur erwähnt, daß dieser Betrag sich herausstellen würde, falls die Prämissen, die von der linken Seite dieses Hauses geltend gemacht würden, richtig seien.

Hierauf vertagte sich das Haus um 4 Uhr auf Dienstag 11 Uhr.

In fe rate file den Deutschen Reichs 2. Köntel. Preaß. Etaaig⸗Nuzeiger und das Cenzz al- Handels- regifter 1 Immt ant die Köntglicke Expedition dea Bentschrn Reichs Anzeigerg und kdnigltc Urenischen Staatz- Anzeigers: ö Berltu. S. W. Wilhelm ⸗Straße Vir. 62. 58 *

F —— —————

———

E. Vorloos ung, Amortigstion, Zinzraklung n. 8. v. Von dieatlichen Papieren.

1. Ftsekbriefs und Untersuchnagnu-Rαher. 6 z. Sabhastationer, Anigebote, Vorladungn n. dergl. 6 3. Terkünfs, Jarpauchtungen, dabmäinsi te. 7. ILitererinucho Anxeifem. 96 * 1

und Gronghkandol,

8. Theater- Kur siCen. 3. Fanalien Ne rhzichten. s

BDubhastationen, Aufgebnte, Vor⸗ ladungen und dergl. K. Württemb. Amtsgericht Neutlingen.

ls6s0! Dessentliche Zustellung.

Emil Heinrich Ludwig Pfundt, Buchbinder, Adolph Kächele, Rotbgerber, sämmustlich hier, klagen und

nun abwesend mit unbelanntem Aufenthaltsort, wegin Schadentersatz aus einem zum Nachtheil der Kläger begangenen Diebstahl mit dem Antrage auf Verurtheilung der Beklazten zu Bezablung von

25 6 8 an ꝛe. Pfandt,

4 9 . r und

,

secwie zu Erstattung von Kosten eines erwirkten ar . Arrestbefebls und laden die Beklagte zur münd⸗

liche Amtsgericht zu Reutlingen auf Dienstaß, den 8. Mat 1881, Vormittags 9 Uhr.

ser Auszug der Klage bekannt gemacht. Reutlingen, den 26. März 1881.

ohn, Gerichtsschreiber des Königlichen Amtsgerichts, St. V.

18887 Aufgebot eines Sparkassenbuchs.

Der Orstzrorstand der Dorfgemeinde Lobez, Kreit Pleschen, hat das Aufgebot des angeblich verloren gegangenen Quittung buch Nr. 557 der städtischen Sparkasse zu Pleschen über 873 M 30 5 Schul landpactaelder der Gemeinde Loben beantragt.

Der Inhaber dieses Quittunge bucht wird daber aufgefordert, spätestens in dem auf den 7. . 1881, Vormittags 11 Uhr, im hiesigen Gericktegebaude anberaumten Aufgebotg- tetmine seine Rechte bei dem unterzeichneten Gericht

85911

Weber hat das Aufgebot dieses inzwischen ver⸗ loren gegangenen Pfandscheins beantragt. Der unbekannte Inhaber desselben wird auf⸗ gefordert, seine Rechte spätestens in dem auf Dienstag, den 11. Oktober 1881, Morgens 9 Uhr, Gustar Adolph Bübler, Posamentier, und Gustav ,, dabier anzumelden en andschein gegen dir ledige vollfährige Lisette Göbel von bier, solcher für kraftlos erklärt wärde. Den 22. März 1881. Ober · Amterichter

Zur Beglaubigung: Gerichteschreiber Vienz.

. des er ih Wagner, Anna Marie, ö 1 1 . S * 1 * 7 lichen Verbandlung des Rechtsstreits vor das König⸗ . , , gene gan Rübl zu (Hroßrechtenbach das auf ihren Namen und * 1 , n , von 127 S 22 lautende * N * Zum Zwedr Kr eder hans win ue Efe nech, L dnn m, Aufgebot der vorbezeichneten Urkunde beantragt. 3833 (. Demgemäß wird der Inhaber derselben aufgefordert, seine Rechte spätestens in dem auf Freitag, den 14. Sttober 1881, Vorm. 10 Uhr, vor dem unterzeichneten Amtegericht anstebenden Termine an⸗ zumelden und die Urkunde vorzulegen, widrigen salls die Kraftloserklärung derselben erfolgen wird. Wenlar, den 15. März 1851. Königliches Amtegericht.

des Rentieis Peter Wilhelm Mangels zu Odig⸗

egen den Sechttelböfner nn Friedrich Sohl in Mittelstenabe, Beklagten, wegen Forderung,

TNerachie dune Bokanatrauhungan.

lu der Böraen- boilgæ. X *

Irserate nehmen an die Annoncen⸗&ixpedittonen des „Juvalldenbank“, NMudolf Mosse, Haasen ein & Vogler, G. L. Darhe & Co., E. Schlotte, Büttner e Ehinter, sowie alle übeigen größeren Anus cen Gnreans.

303, Kartenblatt 2.

voczulegen, widrigenfalls

obigen Immobilien Eigenthume⸗,

Buob.

dingliche Rechte, ine besondere

Aufgebot. loten gebt.

Osten, den 11. März 1881. Oeltzen.

dorf wohnend,

In Sachen beim, Klägers, Uhr.

Steinhänser.

auninmelden und das Buch vorzulegen. widrigen salli wird Termin zum öffentlichen meistbietenden Ver⸗ IS832

die Kraftloserklärung des Buches erfolgen wird. Pleschen, den 19. März 1881. Königliches Amtegericht.

oe, W,

Jakob Weber, Weber in Bübl, bat am 6. Novbr= 1340 gegen Peter Metzgers Kinder in Reutlingen Laus einen Pfandschein über 235 Fl. ausgestellt welcher am 19. Janrar 1854 auf die r rn der Josef Jobnerg Kinder dabier und am 16. Novbr. 1872 an Ludwig Wendelstein dabier übergegangen ist.

werden.

laufe der dem Schuldner gehörigen 1, Hoöjnerstelle zu Mittelstenabe auf ! ; eg. Donnerstag. 5. Mal d. J. . 3 Uhr Nachmittaag, im Katt'schen Gastbause zu Mittelstenabe an⸗ beraumt, zu welchem Kaufllebdaber damit geladen

Die zu verkanfende Stelle nummer 4 zu Mittelstenabe belegen und bestebt

I) einem aus Fachwerk erbauten und mit Stroh bedeckten Wohnhause, entbaltend: ? Stuben, 2 Kammern,

beerden und landwirthschaftliche Räume,

Geger wärtig: Amte richter Meyer als Richter,

alg Gericht schreiber.

ist unter Haus⸗ In Sachen,

2) 14 , 1 , , rolle von Mitirelstenahe beschriebenen Grund⸗ züglich der an den Anbauer Johann Blank i stücken, Parzellen 20, 21, 135, 136, Karten⸗ 3 * blatt 1. Parjellen 95, 135, 138, 139, 140, Ahrent dorf und der unter Artikel 3 der Grund⸗

Parjelle 54, Karten⸗

blatt 3, Parzelle 4. Kartenblatt 4, von im Ganzen 14 ba 87 a 92 am und einem Katastral Reinertrage von jährlich 27 Thaler. Zugleich werden alle Diejenigen,

rechtliche, fideikommissarisde, Pfand und andere 4. Januar 18581 Servituten und Realberechtigungen zu haben vermeinen, damit ge⸗ laden, solche spätestens im obigen Termine anzu⸗

melden, widrigenfalls für den sich nicht Meldenden niß zum neuen Erwerber der gedachten Grundstücke im Verhältnisse zum neuen Erwerber das Recht ver⸗ wan t

Der Ausschlußbescheid wird nur durch Anschlag an der Gerichtetafel bekannt gemacht werden.

Königliches Amtsgericht J.

378 f n des n,. m ,. Josef Hubert Berger, Helene Friederike, geb. Reuter, ) 3 ser Fes

2 l wf. . Tui: Tegel nac stehende Hölzer aus dem Forstrevier Tezel

agt gegen ibren genannten, in fauft werden.

Konkurt besindiicken Gbemann, Inbaber der Firma n 25, Netz * n, ir ern A. Berger, und gegen den Rechtsanwalt Wirtz u 70 Stangen I., 50 do. Il. Klasse, ca. 63 Ini . 9 1. , g, Aioben, S3 do. Knüppel, 157 do. Stubben, 45 do walter auf Gütertrennung und ladet die Beklagten Reiser J. Klasse. ; g zur mündlichen Verbandlung des Rechte siresis ror r a n Feier, nn , die 1. Civillammer Königl. Landgerichts zu Düssel dorf auf den 285. Mal 1881, Vormittags 9

Der Gerichtsschreiber des Königl. Landgerichte:

Jusli Anwärter Möllenbrink

betreffend dag von der Vormnndschast für die un ebeliche? Kinder der unverebelichten Maria Schröder Termine bekannt gemacht, können aber wie auch

zu Kabstedt. später verelichten Braue in Ostersode, das Versteigerungt. Protokoll 3 Tage vorber schon

und dem Müller Johann Braue in Ostersode in bei mir eingeseben werden. den 26. 2 Feuerfächer mit 2 Feuer⸗ väterlicher Gewalt seiner mil seiner weil. Ehefrau i m, 6 m

Maria, geborene Schröder, gejengten beiden minder

jährigen Kinder beantragte Aufgeboteverfalken be—⸗ Ahrent dorf verkauften Anbauerstelle Nr. 3 in

steuer Mutterrolle aufgeführten Immobilien, erschienen bei Aufruf . ꝛc. xc. Vorgelesen, genehmigt.

welche an ist folgendes Ausschlußurtheil verkündet:

Näͤher⸗, lehn⸗ Alle Diejenigen, welche dem Aufgebet vom zuwider im heutigen Termine Rechte der im Aufgebot bezeichneten Art an den daselbst genannten Grundstücken nicht angemeldet baben, werden hierdurch solcher Rechte im Verhält⸗

für verlrstig erklärt. Beglaubigt: Mener. Möllenbrink. Für den Auszug: Meyer, Amtsrichter.

Ver kn se, Verpachtun gen, Submissionen ꝛe.

Mittwoch, den 6. April er., Vormittags 10 Uhr sollen im Drewitz'schen Kaffeebause ju

unter freler Konkurrenz, öffentlich meistbietend ver⸗

Jagen 6, 8, 13, 42, 44. 45, 50, 51. Kiefern: 3 Stück Baubolj, 393 rm Kloben, 190 Im Knüppel, 296 rm Stubben, 1m Reiser J. Klasse. Birken: 19 Stück Nutzenden, 12 im Kloben, 2 rm Knüppel, 32 im Reijer III. Flasse. Erlen: 2090 rm Rloben, 149 rm Knüprel, 120 Im Reiser III. Rlasse. Aug dem Belauf Herme dorf Jagen 84, S5, S6, 96, 97, 107, 111, 112. Kiefern: 27 Stück Bauholj. Birken: 29 Stück Nußenden. Aus dem Belauf Tegelsee

Deffentliche Sitzung des Königlichen Amtsgerichts Jazen 73 91, 92. Kiefern: 733 Stück Stangen J. Dsterbhol, den 12. März 1881. z 7 *

bis V. Alasse, 16 rm Reiser II. Klasse. Eichen: 20 im Reiser II. Klasse. Birken: 27 Stangen 1. und II. Klasse, 19 Stück Nurenden, 20 im Reiser II. und 32 rim Reiser 11I. Klasse. Erlen: 32 rm III. Klasse und Deichlaubbolj: 32 im Reiier II. Klasse. Die Welauftförster sind angemiesen, Kauflustigen diese Ooljer vor dem Termine im Walde vorzuwelsen. Die Ver kaufebedingungen werden bei Eröffnung des

1881. Der Oberförster Seldel.

Freilich setze

Dritte Beilage

zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

M 75.

Berlin, Dienstag den 29. März

* T

1886 R.

Neichstags⸗ Angelegenheiten.

Der dem Reicht tag vorliegende Entwurf eines Gesetzes, be⸗ treffend die Bestrafung der Trunkenheit, bat folgenden tlaut: R 11 helm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen ꝛc. ; . verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundegraths und des Reichstags, was folgt:

1

it Geldstrafe bis zu einhundert Mark oder mit Haft bis zu zwei Wie. wird bestraft, wer in einem nicht unverschuldeten Zu⸗ stande ärgernißerregender Trunkenheit an öffen tlichen Orten betrof⸗

wird. ;

. Ist der Beschuldigte in den letzten drei Jahren wegen dieser Uebertretung m-hrmals rechtskräftig verurtheilt worden, oder ist der selbe dem Trunke gewohnheitz mäßig ergeben, so tritt Haft ein.

Die der Milltärgerichtzbarkcit unterworfenen Militärpersonen sind in den Fallen des Absatzes 1 und 2 mit Arrest bis zur gesetzlich zulässigen Dauer zu bestrafen. Die Hestrafung kann im Disziplinar wege nach Maßgabe des 8. 3 des Einführungegesetzes zum Militär Strafgesetzhuch für das Beutsche Reich vom 20. Juni 1872 erfolgen.

S. 2.

Wer sich in einen bis zur Ausschließung der freien Willens 66 gesteigerten Zustand von Trunkenheit versetzt und in demfelben eine Handlung begeht, welche, in freier Willen sbestim mung begangen, seine strafrechtliche Verxurtheilung zur Folge haben würde, wird nach ren nachfolgenden Bestimmungen bestraft.

Die Strafe ift nach demjenigen Gesetze feftzusetzen, welches auf die in freier Willensbestimmung begangene Handlung Anwendung finden würde. .

An die Stelle einer hiernach angedrohten Todesstrafe oder lebenslänglichen Freiheittzstrafe tritt Gefängnißstrafe nicht unter einem Jahre. In den übrigen Fällen ist die Strafe zwischen einem Vierthell des Mindestbetrages und der Hälfte des Höchstb etrages der angedrohten Strafe zu bestimmen, wobel an die Stelle einer Zucht⸗ bautzftrafe Gefängnißstrafe von gleicher Dauer tritt. Soweit bei

reiheitestrafen das Viertbeil des Mindestbetrages 6 Monate und 56 die Hälfte . , , 5 Jahre übersteigt, tritt eine

rmäßigung auf die angegebenen Beträge ein. ; ö * Lorshe f tes vorstehenden Äbsatzes findet auf fahrlässig begangene Handlungen, sowie auf Uebertretungen keine Anwendung. Imagleichen bleibt sie außer Anwendung, wenn der Thäter in der auf Begehung der strafbaren Handlung gerichteten Absicht sich in den bezeichneten Zustand versetzt hat.

§. 3.

Die auf Grund des §. 1 Absatz 2 erkannte Haftstraße ist durch

Schmälerung der Kost zu schärfen. In den Fällen des §. 2 kann bei der . 3. de. Gefängniß⸗ oder Haftstrafe auf eine olche Schärfung erkannt werden. . Schmälerung erfolgt in der Weise, daß die Kost auf Wasser und Brod beschränkt wird. Die Schärfung kommt am vierten, achten, zwölften und demnächst an jedem dritten Tage, nach sechs Wochen überhaupt in Wegfall. Sie wird nicht vollstreckt, insoweit der kztperliche Zustand des Verurtheilten die Schmälerung nicht zuläßt.

§. 4.

Aut die vorbezeichnete Strafschärfung kann auch außer den Fällen dieses Gesetzes erkannt werden, wenn der Verurtheilte die That, wegen welcher er ger er wird, in einem nicht un verschuldeten Zustande von Trunkenheit begangen hat.

§. b.

In denjenigen Fällen, in welchen nach den Bestimmungen der §§. 5, 4 eine Sbärfung der Strafe vorgeschrieben oder Esel een ist, kann der Verurtbeilte zu Arbeiten, welche seinen Fähigkeiten und Verhältnissen angemessen sind, innerbalb und außerhalb der Strafanstalt angehalten werden. Auch kann erkannt werden, daß die verurtheilte Person nach verbüßter Strafe der Landes polizeibehörde zu überwelfen sei (Strafgesetzbuch 5. 362). An Stelle der Unter bringung in ein Arbeitgbaus kann in diesen Fällen Unterbringung in eine zur Heilung oder Verwahrung von Trunksüchtigen bestimmte Anstalt eintreten.

5. 6.

Mit Geldstrafe bis zu einhundert Mark oder mit Haft big zu zwei Wochen wird bestraft, wer bei Verrichtungen, welche zur Ver⸗ hätung von Gefabr für Leben oder Gesundheilt Anderer oder von Feuerggefabr besondere Aufmerksamkeit erfordern, sich betrinkt oder betrunken in anderen alt in Nothfällen solche Verrichtungen vor nimmt.

Urkandlich ꝛc.

Gegeben ꝛc.

Begründung.

Allgemeine Begründung.

Gegenwärtiger Rechten stand im Deutschen Reich.

Das Reichestrafrecht erwähnt der Trunkenheit nur in wenigen Vorschriften. x 3 Sermanntzordnung vom 77J. Dejember 1872 8 Si bestraft Trunkenbeit im Schiff adienste. Nach dem Militär . vom 25. Juni 1872 bildet bei strafbaren denn. egen die Pflichten der militärischen Unterordnung sowie bei allen Rug n' bund des Dienstes begangenen strafbaren Haudlungen die selbst · verschuldete fa en e gal, rn n n g 48). Dasselbe Geseg verbängt ferner Strafen wenn sich * aus Feigbest darch absschtiich veranlaßte Trunkenheit vem Gesecht oder vor dem

einde einer foastigen, mit Gefabr für seine erson verbundenen

lenstleistung ju entnieben sucht (8 S5), sewse wenn jemand im FDienst? oder, nachdem er jum Dienste befehligt werden, sich durch Trunkenbeit zur Augfübrung seiner Vienstryer richtung untauglich macht (8. I5l, vergl. auch s. 141). Dag Strafgesetzbuch endlich be⸗ droht in S5. 3561, 362 mit Haft und Ueberwessung an die Lande polsjeibeborde densenigen, der sich dem Spiel, Trunk oder Müßiggang dergestast bingiebi, daß er in einen Zastand geräth, in wel nem 6 seinem Ünterbalt oder jum Unterbalte dersenigen, ä deren Ernãbh⸗ rung er verpflichtet ist, durch m der Behörde fremde

ülse in Anspruc genommen werden muß. . Der f 2 KRreig der im Reichsstrafrecht enthaltenen Re presssomaßtegeln gegen die Trunkenbeit erschopst.

Gs wird spaͤter erörtert werden, ob diese Bestimmungen dem Bedarfalsse genügen. Janächst ist noch einz allgemesne Voꝛrschrift in Betracht zu eben, welche die in einem zewissen Stadium der Trunken. Heli derbe fuhrten Rettgverießzungen mitbetrifft. Nach 8. 51 des Strafgesetzbuchs ist nämlich eine strafbare Handlung nicht vorbanden. wenn der Tbäter jur Jest der Begehung der Handlung sich in einem Zustande von Bewußtlosigkeit oder rankbafter Stsrung der Geistetz · Ränakest besand, durch welchen seine frele Willengbest mmung ant geschlossen war. Dlese in Benlebung auf andere Zustände der Be.

wußtlosigkeit selbstverständliche Bestimmung hat in ihrer Anwendung auf Fälle der Trunkenbeit zu dem vom Gesetzgeber sicherlich nicht ewollten Ergebnisse geführt, daß eine große Zahl der in hochgradiger runkenheit begangenen Verbrechen der strafrechtlichen Ahndung sich voll ständig entzieht.

In einer sehr erheblichen Zahl der Untersuchungen, welche na= mentsich Tödtung, Körperverletzang, tödtlichen Angriff gegen Beamte und fonstige Gewaltthätigkeiten zum Gegenstande haben, wird vom Beschuldigten sinnlose Trunkenheit eingewendet und in nicht seltenen . erfolgt Freisprechung auf Grund der Annahme, daß der Thã ter

ch in einem Zustande , der die ,. aus schließe. Zur Illustration des bestehenden Kechtszustandes möge fol gender Fall aus jüngster Zeit dienen. . .

Ein bereits sieben mal wegen Hausfriedenshruchs beziehungs— weise Widerstandes gegen die Staatsgewalt Bestrafter, welcher einem aus Anlaß einer he( r e. gegen ihn einschreitenden Beamten ein Fingerglied abgebissen hatte, ist vollständig freigesprochen worden, weil nach ärztlichem Gutachten die Folgen des Alkoholismus. dem sein Vafer ergeben gewefen, sich in der Weise auf ihn sortgeerbt bätten, daß er schon bei mäßigem Alkoholgenuß in den Zustand der Ünzurechnungsfähigkeit gerathen sei. Seine Unterbringung in ein . ift abgelehnt worden, weil er sich als geisteegesund er wiet. .

Bei der Betrachtung dieses Falles, welchem ähnliche an die Seite gestellt werden könnten, zeigt sich, daß die strafrechtliche Praxis der Gesellschaft und insbesondere auch dem zum Schutze der Bedrohten einfschreitenden Beamten gegen Betrunkene den Rechtsschutz nicht in gleichem Umfange wie gegen andere Personen gewährt; dazu tritt, daß die Gefetze nicht gestatten, den Menschen, welcher seine Neigung zum Alkohol und die Gefäbrlichkeit seines Rausches thatsächlich be wiesen hat, einzusperren, ihn unter Aufsicht zu stellen oder sonst gegen die von ihm der Rechtssicherheit drohende Gefahr irgend welche Vor: kehrungen zu treffen. Mit Grund hat eine ausländische Zeitung bei Besprechung eines ähnlichen Vorfalles die Frage aufgeworfen, ob es sich rechtferiig', die Trunksucht durch Gewährung von Straffreiheit bei Verbrechen für den trunksüchtigen Verbrecher und seine Nach kommenschaft zu prämiiren und so das Laster zu fördern, Die In⸗ tereffen der öffentlichen Moral wie der allgemeinen Rechtssich erheit erheischen gebieterisch die Beseitigung solchen Mißstandets.

Ursachen dieses Zustandec.

Es bedarf eines näheren Eingehens auf die mannigfaltigen Ur— sachen dieses Zustandes, um denselben erklärlich zu finden.

a. Auslegung des §. 51 des Strafgesetzbuchk.

Zunächst ist der Vorschrift des 8. 51 des Strafgesetzbuchs eine Auslegung gegeben, welche zweifellos vom Gesetzgeber nicht beabsich · ligt war. Die Motive zu §. 49 (itzt §. 51) führen aus, daß der Ausdruck „frankhaste Störung der Geistesthätigkeit. gewäblt worden, um damit die verschiedenen Formen geistiger Krankheit zu umfassen. Dagegen sollten unter, Bewußtlosigkeit diejenigen auf die Willens freiheit störend einwirkenden Zustaände bezeichnet werden, welche ge⸗ wöhnlich nicht als Krankheit aufgefaßt werden. .

Der böchste Grad der Betrunkenbeit ist in dem gewöbnlichen Worffinne keine Krankheit. Betrunkenheit soll daher nur im Falle gänzlicher Bewußtlosigkeit unter die Vorschrift des 8. 51 fallen.

Zum klaren Ausdruck ist diese Absicht nicht gelangt, denn der durch übermäßigen Alkoholgenuß herbeigeführte Zustand wird als Abweichung von dem gesunden Lebensprozesse mit dem Worte krank · haft“ bezeichnet werden können. Hieraus erklärt sich die Anwen ung des 8. 5 auf Falle hochgradiger Exaltation, in welcher der Trunkene des Bewußtseins nicht gänzlich beraubt war.

p. Beurtbeilung des Falles einer in verbrecherischer Absicht be rbeigefübrten Bewußtlosigkeit

ndem der 8 51 die Zurechnung für das Verhalten in einem die ö 6 ausschließenden Zustand aufhebt, läßt er die Berantwortlichkeit bestehen für eine im Zustande der Willens freiheit stattgefundene Thätigkeit, deren Wirkung, im Zustan de der Killengunfresbeit eintritt. Sies gilt für Omissirdelikte sowie für den viel erörterten Fall, daß Jemand sich in den Zustand der Bewußt. lofigkeit mit der auf Herbeiführung der Rechtsverletzung gerichteten Absscht versetzt, indem er sich selbst als Werkzeug eines verbreche⸗ rischen Cntschlusses benutzt. Thatsächlich läßt sich eine in einem der. artigen Falle eingetretene Strafverfolgung nicht nachweisen, Der Grund mag in der Seltenbeit desselben oder in der Schwierigkeit des Bewelses liegen, möglicherweise aber auch in dem Umstande, daß von mebreren Seiten die Möglichkeit des Falles oder seine Straf⸗ barkeit bestritten ist.

; tbeilung der Fälle einer durch innlose Trun ; . fabrläfsig berbeigefübrten Rechtsverletzung.

n nun auch, abaeseben von dem eben besprochenen Falle, nach 6963 en , des 3. 51 des Strafgesetzbuchs eine in sinn · loser Trunkenbelt Fegangent Handlung dem Thäter alÜ eine voꝛrsãtz · liche nicht jugerechnet wird, so ist damit noch nicht die Bestrafung der ** g ann auggeschlossen, welche darin ju finden ist, daß der Thäter in nicht entschuldbarer Weise in jenen Zustand gelangt ist, der den rechtt widrigen egi i n . 62 Mn = rie fast allgemeln anerkannte Saß hat in der Prar = . nicht gefunden. Es erklärt sich diese Erscheinung iedenen Ursachen. . 9 . der Verbrechen und Vergeben, deren fahrlässige Be⸗ ehung strafbar ist, erscheint im Strafgeseßzbuch eng begrenzt. Die pätere Gesetzgebung bat jwar diesen Frei nicht unerdeblich erweitert; dessenungeachtet bleibt bei Handlungen, welche im Falle der vorstzlichen Begehung als Perbrechen oder Vergeben qualifizirt sind, die Strafbarkeit der Fahrlãassiglest eine verbältuißmäßig seltene . tiltt, daß für einen durch fabrlässiges Verhalten ver⸗ ursachten Erfolg der Thäter nur dann verantwortlich gemacht werden sann, wenn er den Erfolg vorbersab oder bei Anwendung der schul digen Aufmerksamkeit batte vorberfeben können. Die aus einer Ver⸗ seßung in sianlose Trunkenheit entsftthenden Folgen liegen aber nach der vorberrschenden Theorie keines wens jimraer innerbalb des Bereiche einer im Justande der Nüchternheit mögllchen Voraussicht oder Be- rechnun er dem subsektlven Moment der Verschuldan bedarf es jur a, . der 83 gar, vollständiger Trunkenbest berbeigefübr⸗ fen Rechtöverletzungen des obsektiven Ersfordernisseg eines ursächlichen Zusammenbangeg jwischen der Versetzuag in jenen Zustand und der eingetretenen hie rn r aten. Fine Rechtsverletzung entstebt nun regelmäßig durch ein usammenwirken e , Greignuisse. Dann ss jedes dieser de . Ursache. Die Doktrin schreckt tbeilwelse vor dieser Ronsequen jurück. Berner J. *. unterscheldet Ursache und Ver anlassung. 3 ron Bar sst ein Mensch als Ursache einer Erschei · nung nür anjuseben, insofern er alt die Bedingung gedacht wird, durch welche der sonst ale regel mäßlg edachte Verlauf der Erschei aungen deß menschlichen Leheng ein anderer wird. Wenn mebrere reaelwidrige Thätigkelten jusammen einen schadenden Erfolg bervor · bringen, soll regelmäßig nur die letzte dieser Thätiakeiten als Ursache eiten. Binding 1dentifüirt = einer Veränderung mit eränderung des Gleichgewichts jwischen den sie abbaltenden und den

ju br binwirkenden Bedingungen zu Gunsten der letzteren. O

Merer will nur diejenigen Bedingungen alg Ursache gelten lassen,

welche den vorhandenen Verhältnissen die Richtung auf den Erfolg gab. Es leuchtet ein, daß solche Ansichten die Ahndung der aus Fahrläfsigkeit hervorgegangenen Rechtoerlttzungen überhaupt, ins besondere aber im Falle vollständiger Trunkenheit des Thäters ein⸗ schränken. Eine Beeinflussung der Rechtsübung durch die Ansichten angesehener Rechtslehrer ist von vornherein anzunehmen und in die- sem Falle auch durch ein näheres Eingehen auf die veröffentlichten Entscheidungen nachweisbar.

d. Mangel eines Antrags auf Strafverfolgung.

In einzelnen Fällen sind schwere Körperverletzungen straffrei ge⸗ blieben, weil, nachdem der Tbäter den Einwand vollständiger Trun⸗ kenheit erwiesen batte, zur Verfolgung der Fahrlässigkeit (auf Grund des 5. 232 des Strafgesetzbuchs) der erforderliche Antrag fehlte und wegen Ablaufs der Frist nicht mehr gestellt werden konnte.

e. Schwierigkeiten des Beweises.

Dazu treten die Schwierigkeiten des Beweises. Das Gese stellt, abweichend vom englischen und dem früher sächsischen Recht, keine Vermuthung für das Vorhandensein des Zustandes freier Willengbestimmung auf. Von einer in dieser Beriehung dem Ange ˖ schuldigten obliegenden Last des Gegenbeweises kann daher nicht die Rede sein; vielmehr steht dem Richter der Thatfrage frei, diese zu verneinen, so oft gegen die Annahme jenes Zustandes auch nur er heb⸗ liche Zweifel obwalten.

In den wichtigeren Fällen werden zu den Verhandlungen ge⸗ wöhnlich ärztliche Sachverständige zugezogen. Vielfach sind nun Klagen darüber laut geworden, daß einzelne Aerzte sich gar zu geneigt zeigen, Zweifel anzuregen und zu . Theilweise beruhen folche Gutachten auf übertriebenen Vorstellungen über die in Huma⸗ nität und Gesittung erzielten Fortschritte; es wird dabei übersehen, daß in zahlreichen Volksschichten die verbrecherischen Triebe durch die Staatsgewalt nur unter Druck gehalten werden und in urwüchsiger Robheit und Wildheit zum Ausbruche gelangen, wenn der Alkohol die Leidenschast entfesselt. . ;

Ueberdem ist die Lage der Gutachter insofern eine schwierige, als sie meistenz nicht auf Grund eigener Wahrnehmungen, sondern nach dem Bilde zu urtheilen haben, welches das mehr oder weniger treue Gedaͤchtniß der nicht immer unbefangenen Zeugen wiedergibt. Vor allem aber 'ist nicht außer Acht zu lassen, daß auch hei vollstãn diger Klarlegung aller der sinnlichen Wahrnehmung erreichbaren That⸗ umstände über die Frage der Zurechnungsfähigkeit des Betrunkenen unlögbare Zweifel bestehen können. Denn es giebt kein sicheres Keanzeichen, nach welchem die Grenze gezogen werden könnte zwischen demjenigen Sta⸗ dium des Rausches, in welchem das Bewußtsein noch erhalten ist, und dem⸗ jenigen, in welchem das Bewußtsein aufgehoben ist. Ein genaues Unterscheidungszeichen für beide Phasen will jwar von Krafft ˖ Ebing im Stande der Rückerinnerung finden, die für den Zustand des An⸗ getrunkenseins eine intakte, mindestens summarische, für den Zustand der bis zur Bewußtlosigkeit gesteigerten Berauschung eine, in Betreff gewisser Zeitabschnitte oder der ganzen Periode, total feblende sei. Wein selbst wenn dieses Merkmal als allgemein zutreffend anerkannt wäre, was nicht der Fall ist, würde dasselbe aut naheliegenden Gründer für das Strafverfahren von geringem Werthe sein.

Autz kem Zusammenwirken aller dieser Ursachen erklärt sich die Erscheinung, daß viele von Betrunkenen begangene Verbrechen, auch wenn die Trunkenbeit nicht jur völligen Bewu ztlosigkeit, selbst nicht einmal jur Trübung des Bewußtseins gesteigert war, ganz straflos bleiben, und daß der Verbrecher für die in der Trunkenheit verübte That um so cher auf Straflosigkeit zu rechnen hat, je schwerer die Rechtsverletzung und z härter die Strafe ist, mit welcher das Gesetz

Verbrechen bedroht.

. Daß 3 Zustand mit seinen schon dargelegten Konsequenjen nicht achuldet werden kann, bedarf keiner Ausführung. Aus den er= zrtertin Ursachen desselben ergiebt sich ferner, daß eine gründliche Heilung der Uebelstände nur auf dem Wege der Gesetz. gebung erzielt werden kann. Behufs Ermittelung und Prüfung der geeigneten Mittel erscheint es jedoch n zunãchst das frühere Recht Deutschlands und die Gesetzgebung des Auslandes in Betracht zu ziehen. Aelteres Recht in Deutschland.

Die Rechtsanschauung, welche zu den dargelegten Ergebnissen ge.

fübrt hat, ist neueren Ursprungs. Weder das rämische, goch das hitere deutsche Recht ließen die absolute Trunkenheit als Strafauf⸗ bebungsarund, sondern unter Umständen höchstens als Strafmilderungs⸗ grund geiten. Das kanonische Recht, nach welchem solche Trunken · beit zwar die Zurechnung fählgkeit autschließt, die Versetzung in Trunkenbeit aber als stralbare Verschuldung angesehen wird, ũbte bier auf die gemeinrechtliche Praxis keinen Ginfluß. Diese erkannte war die obrietas involuntaria als Strafaufbebungsgrund an, berück⸗ sichtigte aber die volnntaria ibenls gar nicht, theils nur als Milderunggrund. . . . 3 Erst fg er sich die philosopbische Spekulation mit den Pre- blemen des Strafrechts besaßie, entwickelt; sich in Deutschland all⸗ maͤblich eine andere Tbeorse über die Bestrafung der in voller Trunkenbeit begangenen Rechtgverletzungen. Indem man auf das Momenf der sabjektiven Verschuldung das entscheidende Gewicht legte, unterschied man, ob die Trunkenheit

1 Ge, m

2) fahrlãssig, ; .

3 . den rechtewidrigen Erfolg im Zustande der Se i fats ee g enn g 2

4) obne solche Ab vor sãtzli w . 63 und ließ im 21 ju 1 Straflosigkeit. im Falle 1 3 die Strafe des dolosen Delikteg, in den übrigen Fällen die Strafe des kulposen Veliktes oder Strafiosigkeit eintreten, je nachdem der eingetretene Erfolg dem Thäser alt verschuldet juzurechnen sei oder nicht. ;

Die Kodifikation des Landes strafrechtt.

neren Kodifikationen deg deutschen Landesstraftechtz stehen m,. weniger unter dem Einflusse dieser Theorie. Eine An⸗ näberung an dieselbe findet sich schon im preußischen Allgemeinen Landrecht, welches die in voller Trunkenbeit verursachten Rechtaver · letzungen bei versäßlich berbeigefũübrter r mit der Sirase des vorsäßlichen Verbrechen g, bei grober Verschuldung deg Zustandes mit geringeren Strafen nach dem Maße der Urschul dung abndete. Dat auf den 1 der Feuerbachschen Strafrechtg⸗ theorie berubende baverische Stra gesegbuch (1513) und dat ibm nach. gebildete oldenburgische (isI4) entbalten schon die Unterscheidun = ber nenen Theorie mit ibren Folgerungen, nun daß für die 9 n unter Rr. T und beeichneten Fälle nicht bestimmt * welche Strafe, ob die dez vorsßlichen oder den fabrlässigen Verbrechene, einzutreten babe, eine Lücke, wel he die Doktrin im Sinne der neuen Theorie ergän te. Bei der großen Inadebnung, ble ju welcher nach diesen Gesegbachern die Fabrlassiakelt unter Strafe gest Ut ist, und bei den ver bällasß mäßig boben Strafsätzen derselben mögen sich in der Prarie Na- träglichkeiten nicht berauszestellt haben. Bedenklicher er chien Fie Rnnabme der neuen Theorie, alt die Gesetzgebung die Richinag ein. schlug, die Strafen durchzängig jn mildern und daß Gebiet der Strasbarkeit fabrlässigen Dandelne ein zuschrün ken. Zanächst jelgt sich daber noh eine gem se Scheu, die verschuldete Trunkenbeit ausdrück- lich als Strafaueschließunge grund anjuerkennen. So beieichnen dag braunschweigische (1240) und dat bann verscke (1840 Strafgesetzbrch