1881 / 97 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 26 Apr 1881 18:00:01 GMT) scan diff

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werde Nachts von stärkeren Patrouillen durchzogen; jeder Araber, der sich nach 9 Uhr Abends noch auf der Straße be⸗ finde, werde verhaftet, auch sei denselben verboten worden, bewaffnet auszugehen. In den aus Algier vorliegenden Nachrichten wird es für nicht unmöglich gehalten, daß ver⸗ einzelte Akte des Fanatismus vorkommen könnten; irgend⸗ welche größere unruhige Bewegung in Algier aber sei nicht zu befürchten. ;

25. April, Abends. Aus Algier wird gemeldet: Es bestätigt sich, daß ein in der Begleitung von 4 Spahis zur Einziehung von Erkundigungen in die Gegend von Gery ville entsendeter Offizier bei Ain⸗Sfisifa von dem Scheikh Ouhdsidi ermordet worden ist. Dieser Angriff wird als eine Folge der Ermordung der Mission des Obersten Flatters ange— sehen. Eine mobile Kolonne aus Infanterie und Kavallerie ist auf dem Marsche von Saida nach Geryville begriffen; andere Kolonnen stehen bereit, um nach der Provinz Oran abzugehen. l

Nach hier vorliegenden Nachrichten hindert die hohe See fortdauernd die Landung von Truppen auf Tabarka. In hie der wolkenbruchartigen Regengüsse dauern die Ueber— chwemmungen an der tunesischen Grenze fort. .

Der Kriegs-Minister und der Marine-Minister erhielten vom Kommandanten der „Surveillante“ eine in La Calle (Provinz Konstantine) heute Mittag 1 Uhr auf⸗ gegebene Depesche, worin es heißt, die Schiffe seien durch den großen Sturm und durch das Hohlgehen der See einem heftigen Schlingern auf dem Ankergrunde ausgesetzt und der Strand sei nicht zugänglich. Seit heute Vormittag sei auf Tabgrka was bisher nicht der Fall gewesen die tunesische Flagge aufgehißt. Der Marine⸗-Minister er⸗ mächtigte den Kommandanten, alle zur Sicherheit der vor Tabarka ankernden Schiffe erforderlichen Maßregeln zu er— greisen, dieselben aber sich nicht allzuweit von Tabarka ent⸗ fernen zu lassen. . .

26. April. (W. . T. B.) Nach hier vorliegenden Nachrichten aus Bona ist die telegraphische Verbin⸗ dung gestern zwischen Tunis. und der algerischen Grenze zerstört worden. Nachrichten aus Tunis werden täglich mittelst eines Avisos nach La Calle gebracht werden.

(Cöln. Ztg.) Die letzten Nachrichten von der Kolonne des Generals Vincendon datiren vom 18. April Morgens und lauten:

Der General befand sich zu dieser Zeit hinter Wed Gregur in der Nähe des Tarf, wo er die Nacht vom 17. auf den 18. verbracht hatte. Seine Truppen litten furchtbar durch die Hitze und am 17. konnten sie nur 18 km zurücklegen. Der Dienst für die Offiziere war sehr beschwerlich, da die noch nicht genug geschulten Unteroffiziere die Leute nicht in der Hand haben und die Offiziere deshalb alles überwachen müssen. Die Hauptleute hatte der General beritten gemacht, um ihren Dienst leichter versehen zu können. Mit Lebensmitteln waren die Truppen bis dahin reichlich versehen. Sie hatten noch immer frisches und gutes Brod, Fleisch und Wein und erhielten dreimal des Tages Kaffee. Der Gesundheitszustand war gut. Vinendon hatte nur drei Kranke. Das Lager von Wed Gregur verließ General Vin⸗ cendon am 18., Morgens um 4 Uhr. Ein heftiger Sirocco wehte, und die Soldaten, denen der Sand in die Augen, in die Ohren und den Mund drang, litten sehr. Ein französischer Correspondent, der mit Panariello, der zugleich tunesischer und italienischer Agent und der einzige Europäer ist, welcher ungehindert zu den Krumirs

gehen kann, eine Unterredung hatte, berichtet nach dessen Angabe E „Die Krumirs haben keinen 6e, . 7

über dieselben wie etz . Ihre größten Duars bestehen aus kaum 200 Feuern. Sie bewohnen Gurten und befinden sich in einer ziemlich elenden Lage. Sie sind in 16 Stämme getheilt, deren von einem Rath umgebene Häuptlinge fast eine unbeschränkte Macht haben. Es sind ganz ausgezeichnete Schützen. Das Schießen ist ihre Hauptleidenschaft, und sie ergreifen jede sich darbietende Gelegenheit, um ihre Geschicklichkeit an den Menschen zu beweisen. Die Zahl der Krumirs soll 350 000 Seelen und die ihrer Gewehre nicht 10000 überschreiten (infolge des Zuzugs, den sie erhalten, sollen sie aber heute 15 00) Gewehre stark sein), Um die Duars herum bebauen sie Land, um das für den Unterhalt ihrer Familie nothwendige Getreide zu erhalten. Die Krumirs ziehen es vor, Vieh zu hüten.“

Spanien. Madrid, 25. April. (W. T. B.) Nach einer amtlichen Depesche aus Manila, von gestern, hat der Sohn und Nachfolger des verstorbenen Sultans des Sulu⸗ archipels die Oberhoheit Spaniens und die bestehenden Ver⸗ träge anerkannt und sich verpflichtet, jede gegen Spanien ge⸗ richtete aufständische Bewegung zu ahnden.

Italien. Rom, 25. April. (W. T. B.) Der Papst empfing den außerordentlichen russischen Botschafter von Oubril und verlieh demselben den Christusorden.

Serbien. Belgrad, 25. April. (W. T. B.) Der serbische Gesandte in Paris, Marinovic, ist auch als Ge⸗ sandter für Belgien beglaubigt worden und begiebt sich dem⸗ nächst nach Brüssel, um dem Könige den Takova⸗Orden zu überbringen.

Nußland. St. Petersburg, 25. April. (W. T. B.) Dem Vernehmen nach wird Großfürst Konstantin das räsidium des Reichsraths niederlegen und sich auch von der zerwaltung der Marine zurückziehen. Das Präsidium des Reichsraths wird Großfürst Michael übernehmen.

Danemark. Kopenhagen, 21. April. (Hamb. Corr.) Das Landsthing hat gestern die erste Lesung des Bud⸗ gets beendet und das Budget einstimmig zur zweiten Lesung verwiesen, die am Montag beginnen wird. Aus der Dis⸗ kussion geht hervor, daß das Landething nicht geneigt ist, das Budget in der Fassung anzunehmen, in der es aus dem Folkething hervorgegangen ist.

Amerika. New⸗York, 24. April. (Allg. Corr.) Im Staate Illinois ist in Folge der Ueberschwemmungen eine ernstliche Störung des Eisenbahnverkehrs eingetreten. Nachrichten aus Utah zufolge haben sich 4 mormonische Missionäre von dort nach Wales auf die Reise gemacht. Milwaukee in Wigconsin steht . unter Wasser und die Gewässer des Missouri sind fortdauernd sehr hoch. Großer Nothstand herrscht unter den Einwohnern und die Verbindung sowie die Uebersendung von Hülfamitteln ist schwierig. Sämmtliche Sioux⸗Indianer, die während der letzten vier Jahre auf lanadischem Gebiet eine Hduflucht gesucht,

ben sich jetzt mit Ausnahme Sitling Bulls und einiger einer Anhänger den Behörden der Vereinigten Staaten unter⸗ worsen. Man glaubt indeß, daß letztere in Kurzem ein Gleiches thun werden. 2

Neichstags⸗ Angelegenheiten.

Im Anschluß an die vom Reichstage in seiner Sitzung vom

Artikels V. Ziffer 1 bis 7 des Gesetzes vom 8. Juli 1872 aus der französischen Krieg skosten⸗Entschädigung zu erxsetz en⸗ den Beträge sind von den betheiligten Verwaltungen fernerweit gleichartige Liquidationen aufgestellt worden.

Nachdem der Bundesrath nach Prüfung dieser ihm vorgelegten Liquidationen beschlossen hat, vorbehaltlich der Erinnerungen, welche sich bei der nach Artikel V. Absatz 4 des vorerwähnten Gesetzes dem Rechnungshofe obliegenden Prüfung ergeben, die als gemeinsame Kriegskosten nach Maßgabe der obigen Bestimmungen für den vor— maligen Norddeutschen Bund. liquidirten Beträge, nämlich 1 die Ausgaben, welche die Militärverwaltung für das Etatsjahr 1879/89 verrechnet hat. auf 241 369,69 M, 2) die von der Eisenbghn⸗ Verwaltung in Elsaß⸗Lothringen für dieselbe Zeit verrechneten Aus⸗ gaben auf 4516,64 S6, zusammen auf 245 886,33 festzustellen, hat der Reichskanzler dem Reichstage die Zusammenstellung der liquidirten Beträge zur Beschlußnahme vorgelegt.

Statistische Nachrichten.

Gemäß den Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheits⸗ am ts find in der 15. Jahreswoche von je 1000 Bewohnern auf den Jahresdurchschnitt berechnet als gestorben gemeldet: in Berlin 23,9, in Breslau 26,9, in Königsberg 32,6æ, in Cöln 28,9, in Frankfurt a. M. 29,5, in Hannover 187, in Cassel 28,5, in Magdeburg 33,8, in Stettin 249, in Altona 26,2, in Straßburg 35,8, in Metz 23, l, in München 32,6, in Nürnberg 35,0, in Augsburg 40, 8æ, in Dres den 31,9, in Leipzig 18,8, in Stuttgart 21,5, in Braunschweig 40,9, in Karlsruhe 17,7, in Hamburg 26,2, in Wien 32,3, in Budapest —, in Prag 40,53, in Triest 34,9, in Krakau 37,2, in Basel 16,?, in Brüssel 26,7, in Amsterdam 23,37. in Paris 31,0, in Kopen— hagen 27,s, in Stockholm 34,8, in Christignig 15,2, in St. Peters⸗ burg —, in Warschau in Odessa 27.33, in Rom 306, in Turin 23,ß, in Bukarest 25,5, in Madrid 260, in London 23,0, in Glasgow 2235, in Liverpool 27,8, in Dublin 2940, in Edinburgh 20, in Alexandria (Egypten) 34,1. Ferner aus früheren Wochen: in New⸗Jork —, in Philadelphia 22,2 in Chicago in St. Louis —, in Cineinnati 17,), in San Franzisko 14,7“, in Kal kutta 34,7“, in Bombay 29,9, in Madras 51, .

Während der Berichtswoche herrschten in ganz Deutschland öst— liche und südöstliche, in den ersten Tagen der Woche in München, in den letzten Tagen in Süddeutschland bis nach Nordost umlaufende Windströmungen. Die Lufttemperatur lag im Allgemeinen über der normalen, nur in Ost⸗ und Norddeutschland wurde das monatliche Durchschnittsmittel nicht erreicht. Während in Nord- Ost⸗ und Central⸗Deutschland heiteres, meist wolkenloses Wetter herrschte, er⸗ folgten in suͤd⸗ und westdeutschen Stationen nicht selten ergiebige Niederschläge. Der schon beim Beginn, der Woche hohe Druck der Luft zeigte während derselhen nur geringe Schwankungen, konnte 9 seinen hohen Standpunkt bis zum Schlusse der Woche nicht ganz behaupten.

. In der Berichtswoche haben sich die Sterblichkeitsverhältnisse der meisten größeren europäischen, hesonders der deutschen Städte nicht be— sonders günstiger gestaltet. Für die deutschen Städte stieg die all⸗ gemeine Sterblichkeitsverhältnißzahl auf 2, von 26,3 (auf 1000 Bewohner und aufs Jahr berechnet). Die Theilnahme des Säug— lingsalters an der Sterblichkeit war nur wenig gegen die vorher— gangene Woche verändert. Von 10000 Lebenden starben aufs Jahr berechnet, 82 Kinder unter 1 Jahr gegen 83 der Vorwoche (in Ber⸗ lin 71 gegen 72). Dagegen war die Sterblichkeit der höheren Alters⸗ klassen (besonders über 60 Jahre) eine gesteigerte.

Unter den Todesursachen zeigten sich von den Infektionskrank⸗ heiten Diphtherie, typhöse Fieber und, selbst in deutschen Städten, Pocken haufiger, Flecktyßhen und Darmkatarrhe der Kinder seltener. & Masern wurden; in München. Braunschweig, Prag, London häu⸗ iger. Scharlachfleher, oft in Verbindung mit Diphterze guftretend, veranlaßten in Breslau, Aschersleben, Cöln, Düsseldorf, Mannheim mehrfache 5 in Berlin läßt die Zahl der letzteren etwas nach. Diphtherie gewann in vielen Orten größere Verbreitung, namentlich in Berlin, München, Königsberg, Würzburg, aber auch in Augsburg, Stettin, Magdeburg, Potsdam, Danzig, Düsseldorf, Hamburg, Straßburg, Dresden, Wien, Paris ist die Zahl der

. noch immer eine größere, wenn auch in den letzteren Orten eine kleinere als in den Vorwochen. Todesfälle an Unterleibstyphus waren in Hamburg, Mannheim und Basel vermehrt, in Paris vermindert. Todesfälle an Flecktpphus wurden aus deutschen Städten 8 (aus Thorn 3, aus Königsberg und Tilsit je 2, aus Greifswald 1) gemeldet, ferner aus Amsterdam 1, aus London 3. Der Keuchhusten forderte in Berlin mehr Opfer. Pockentodesfälle wurden aus deutschen Städten 20 gemeldet, davon entfallen auf Aachen 6, auf Königsberg 5, auf Berlin 4, auf Mün⸗ chen 2, auf Beuthen O. S., Leipzig, Lübeck je . In Wien, Paris und namentlich in London herrscht die Epidemie noch in hohem Grade. Auch in Prag und Krakau nahm die Zahl der Pocken wieder zu. Einzelne Pockentodesfälle werden auch aus Alexandria, Bukarest, Triest, Barcelona, Valencia, Malaga und Saragossa gemeldet. Dem gelben Fieber erlagen in Rio de Janeiro in der zweiten Fe⸗ bruarhälfte 16 Personen. Die Nachrichten über die Pest in Me⸗ sopotamien geben gegründete Hoffnung, daß es durch die angeord—⸗ neten strengen Maßregeln gelingen werde, die Seuche auf ihren Aus⸗ bruchdistrikt beschränkt zu erhalten.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Von dem Gesetze, betreffend die Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen vom 23. Juni 1880 nebst der vom Bundesrath erlassenen Instruktion zur Ausführung der §8. 19 bis 29 des Gesetzes und dem Ausführungsgesetze vom 12. Mär; 1881 ist jetzt in Carl Heymanns Verlag hierselbst ein besonderer Abdruck aus dem „Deutschen Reichs⸗ und Königlich Preußischen Staats ⸗Anzei⸗ ger“ erschienen. Der Brochüre, welche sich durch sauberen Druck und gutes Papier, wie durch eine begueme Form auszeichnet, ist ein Sach- register beigegeben, welches das Auffinden der einzelnen Bestimmungen in dem Gesetze und seinen Annexen für den praktischen Gebrauch we⸗ sentlich erleichtert. Der Preis der 99 Oktavseiten umfassenden Schrift betrãgt 80 .

Die Rechtskraft nach der Reichs⸗Civilprozeß⸗ ordnung und ihre Wirkungen auf die subjektiven Rechte von Carl Gustar Freudenstein. Hannover 1881. Helwingsche Verlage buchhandlung. Preis 6 R Der Verfasser, welcher sich bereits durch sein in demselben Verlage erschienenes ‚System des Rechts der Ehrenkränkungen“ vortheilhaft bekannt gemacht bat, stellt in dem vorliegenden Werke eine gründliche Theorie der Rechtskraft für das reformirte Civilprozeßrecht auf. Bis zur Geltung der Reichs ⸗Civil⸗ prozeßordnung hat in Deutschland bezüglich der Lehre von der Rechtskraft weder in Theorie noch Praris Uebereinstimmung geherrscht. Erst durch dieses Gesetz ist ein gemeinsames Recht ge⸗ wonnen, nach welchem der Umfang der materiellen Rechtskraft zu beurtheilen ist. Und diese Einheit mußte gewonnen werden, weil das formell rechtskräftige Urtheil eines deutschen Gerichts eine gleich⸗ werthige exeeptio rei judieatae für das ganze Gebiet des Reiches begründen sollte, während vor Geltung der Civilprozeßordnung Doktrin und Rechtsprechung bezüglich der Ausdehnung der materiellen Rechte kraft in den verschiedenen Gebieten weit auseinander gingen. Die enn Mehrzabl der obersten deutschen Gerichts höfe und auch das Reiche

bber⸗Handelegericht folgten der von Savigny im sechsten Band seines Sy⸗ stems des römischen Rechts begründeten Doktrin, wäbrend das preußische Ober Tribunal, dem die Praxis sich anschloß, seit vielen Jabren eine von Savignv's Lehre abweichende Auffassung namentlich betreffs des Umfanges der Rechtskraft zum Ausdruck gebracht hat, welche später dann auch das für die gemeinrechtlichen Gebietstheile eingerichtete Ober ⸗Appellationegericht Berlin seᷣ zu eigen machte. Die Reiche⸗ Civilrvrojeßordnung konnte sich selbstverständlich nicht mit Aufstellung einer Theorie der Rinn aht befassen, sondern mußte dies der Wissen⸗

die letztere, unter Zuhülfenahme und Modifizirung der vorhan⸗

denen wissenschaftlichen Errungenschaften der Vergangenheit, eine

Theorie der Rechtskraft, man kann nicht sagen neu zu entwickeln,

sondern festzustellen hat. Dies hat nun der Verfasser versucht und

ist dabei im Wesentlichen zu den Anschauungen und Resultaten der

Praxis der früheren höchsten preußischen Gerichtshöfe er. Man J

ist auch wohl im Ganzen und Großen darüber einverstanden, daß in Beziehung auf die Rechtskraft die Reichs⸗Civilprozeßordnung diese Praxis nachgegangen sei. Der Verfasser hat dann weiter die gefundene Theorie an dem materiellen Rechte, namentlich der wichtigsten Aktionen erprobt und auch die bezüglichen Pandektenentscheidungen vom Gesichts⸗ 1 der Rechtskraftslehre der Reichs⸗Civilprozeßordnung aus einer

evision unterzogen. Für den gemeinrechtlichen Juristen ist ein solcher Ausbau der Theorie der Rechtskraft von um so höherem Interesse, da eine ganze Reihe von Digestennormen und Präjudikaten, welche bisher konstant in Uebung waren, nicht mehr geltendes Recht bleiben können, und namentlich wird sich der Pandektentitel de exceptione rei judi- catae 44, 2 und das materielle Recht im Uebrigen erheblich lichten müssen. Der Verfasser hat es sich angelegen sein lassen, ohne die neuerliche Literatur darüber zu vernachlässigen, die Schätze der Ver⸗ gangenheit, welche unsere großen Rechtslehrer geborgen haben, ihrer Zeit zu Nutz und Frommen, kommenden Geschlechtern zu frucht— bringender Verwendung und weisem Gebrauche bei ĩ, des Rechtsstandes nicht ungehoben zu lassen, sondern ist bestrebt gewesen, die von hier aus erfahrenen Anregungen für die Entwickelung des Rechtes der Reichs-Civilprozeßordnung zu verwerthen.

Neues Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde zur Beförderung einer Gesammtausgabe der Quellenschriften deutscher Geschichten des Mittelalters. VI. Band, 3. Heft. Mit 2 Siegeltafeln. Hannover, Hahnsche Buchhandlung, 1881. In diesem kürzlich erschienenen Schlußheft des VI. Bandes der Zeitschrift veröffentlicht G. Waitz ein Verzeichniß von Pariser Handschriften, welche früher unter dem Titel „Supplément latin“ geführt wurden. Beigefügt sind Nachrichten über ein Paar Hand— schriften der älteren Sammlung und über einige Codices der Biblio⸗ thek Mazarine. Dann folgt die Fortsetzung des von Karl Gillert verfaßten Berichts über lateinische Handschriften in St Petersburg, und eine Mittheilung aus der Gräflich Raczinski'schen Bibliothek zu Posen, von Joseph Schwarzer aus Laubnitz, unter dem Titel Vitae und Miracula aus Kloster Ebrach. Diese Mittheilung bezieht sich auf eine Pergamenthandschrift des beginnenden 13. Jahrh., welche Be⸗ trachtungen und Gebete, größtentheils an das Leben Christi anknüpfend, Wundererzählungen oder solche, welche mönchische Tugenden preisen, ent⸗ hält. Die Erzählung „De virgine inventa in ordine nostro et defuncta“, welche sich bei näherer Untersuchung als eine Vita S. Hildegundis (K 1188) erwies, wird außer anderen Stücken der Handschrift wort⸗ getreu reproduzirt. Schwarzer hält den Verfasser der Vita Mathildis, Engelhard, für den Autor auch dieser Vita. Dieser ältesten prosaischen Le⸗ bensbeschreibung läßt W. Wattenbach eine völlig übereinstimmende metrische Bearbeitung der vita Hildegundis folgen, welche derselben Zeit angehört und sich in einer Zwetteler sowie in einer Münchener Hanh scheit findet. Aus derselben werden noch verschiedene andere

erse sovie am Schluß ein lateinisches „Gedicht des Magister Petrus gegen die Simonie“ mitgetheilt. Daran schließt sich eine sphragistische Arbeit über die Siegel der Deutschen Könige und Kaiser aus der salischen Periode, 1024— 1125, von H. Breßlau, welche sich an die von Karl Foltz im 3. Bande des N. Archivs veröffent⸗ lichte Zusammenstellung der Königs- und Kaisersiegel aus der sächsischen ect anschließt und durch die von dem Verfasser über⸗ nommene Bearbeitung der salischen Periode der von v. Sybel und Sickel begonnenen Publikation der Kaiserurkunden in Abbildungen“ veranlaßt ist. Der Arbeit sind in Lichtdruck die Abbildungen zweier Siegel, des Kaisers Konrad II. und Heinrichs III., ersteres den Herrscher auf dem Thronsessel zeigend, letzteres Brustbild, beigegeben. Unter den Miscellen finden wir Beiträge über das lateinische Lobgedicht des afrikanischen Grammatikers Corippus auf den Kaiser Justinus minor, von Paul Ewald; zur Chronologie einiger Briefe Paschal's II. und Calixt's II., von S. Löwenfeld; über Isingrim, den Freund Otto's von Freising, von F. L. Bau⸗ mann; über das Exordium magnum ordinis eistereiensis des Klosters Eberbach im Rheingau, von Fr. Otto in Wiesbaden; über die Hand⸗ schrift der Denkwürdigkeiten des Minoriten Jordanus de Giano, von M. Perlbach und über neuerdings wieder aufgefundene Originale päpstlicher Bullen für Nienburg a. d. Saale, von Wilhelm Schum. Endlich theilt Julius von Pflugk⸗Harttung mehrere interessante Briefe aus den Jahren 1947—1146 mit, darunter ein Schreiben vom Anfang Oktober 1947, in welchem Papst Clemens II. dem Kaiser Heinrich III. mittheilt, er liege im Sterben und sehe seinem Ende gefaßt entgegen; der Kaiser möge für seine Begleiter sorgen und den ihm übermachten Ring zu seinem Andenken tragen. In den „Nachrichten wird des am 28. Januar d. J. in Münster erfolgten Hinscheidens des langjährigen Mitarbeiters an den Monumenta Ger- manige, Geh. Gerichtsraths R. Wilmans gedacht.

Im Selbstverlage des Verfassers, K. Schmeißer in Quer⸗ furt erschien soeben ein Büchlein: Die Analysis für Jünger und Freunde der Mathematik“, welches durch seinen reichen Inhalt wie durch seinen bescheidenen Preis (geb. 2») sich gleichmäßig empfiehlt. Dem Verfasser, der sein Büchlein selbst als für das Selbststudien bestimmt“ bezeichnet, haben offenbar solche Jünger der mathematischen Wissenschaft vorgeschwebt, welche, dem schul mäßigen Unterricht entwachsen, entweder in ihrem Berufe stetig der Hülfe mathematischer Formeln aus den verschiedenen Gebieten der Wissen⸗ schaft bedürfen, und die nun hier solche Formeln sachgemäß entwickelt finden, oder solche, die aus Liebe zu ernster Beschäftigung neben an⸗ derer Berufsthätigkeit sich der Mathematik zuwenden. Beide Kate⸗ gorien können durch dieses Buch tüchtige Förderung finden, da die gesammte Materie leicht faßlich dargestellt ist und alle Sätze durch Beispiele erläutert werden. 2

Im Verlage von Heinrich Schmidt und Carl Gün⸗ ther zu Leipzig erscheint jetzt ein reich illustrirtes Prachtwerk unter dem Titel: Rom in Wort und Bild, eine Schilderung der ewigen Stadt und der Campagna, von Dr. phil. Rud. Kleinpaul, mit 368 Illustrationen, in ca. 36 Lieferungen 1 6 Nach der vorlie⸗ genden 1. Lieferung verspricht das Werk ein dem Gegenstande durch⸗ aus würdiges zu werden. Wir gedenken auf dasselbe zurückzukommen.

Otto Hübners bekannte Statistische Tafel (Verlag von Wilh. Remmel in Frankfurt a. M.) ist soeben in 39. Auflage erschienen. Auch in diesem Jahrgange wird in der gewohnten An; ordnung eine den ganzen Erdtheil umfassende Auskunft in Betreff der Statistik nach dem zur Zeit der Drucklegung vorfindlichen Stande geboten. Die Resultate der letzten Volkszäblungen in Deutschland und anderen Ländern finden sich darauf schon mitgetheilt. Der Preis dieses trefflichen Wegweisers über Größe, Regierungsform, Bevölke⸗

rung, Heere, Kriegeschiffe, Staatseinnahmen und Schulden, Ein und Ausfuhr zc. aller Läanderder Erde ist der bisherige: 50 3.

In dem diesjährigen Osterprogramm des Königlichen Gomnasiums zu Hangu geht den Schulnachrichten die Abband⸗ lung des Hülfelehrers Joh. Rittau: Johann Reinhold For⸗ sters Bemerkungen auf seiner Reise um die Welt' vor⸗ auf. Johann Reinbold Forster hatte im Auftrage der englischen Re⸗

ierung als Naturforscher und Historiograph Cook guf seiner zweiten Reise um die Welt während der Jahre 1772 1775 begleitet und verfaßte nach seiner Rückkebr, da er nach dem Willen der Regierung keine zusammenhängende Erzählung“ der Reise schreiben, sondern sich nur auf einzelne „philosopbische Betrachtungen“ beschränken sollte, i. J. 1778 seine „Observations made dnring a voyage round the world, die noch in demselben Jahre ins Französische, 1783 ins Deutsche, 1785 theilweise ins Schwedische und 1788 ins Holländische übersetzt wurden. Forsters Werk hat zum Gegenstande seiner Betrachtung die Natur im weitumfassendsten Wortverstande: Erde, Meer und Luft, organische und belebte Körper, hauptsäͤchlich aber das Menschen⸗ geschlecht, ist also kurz eine allgemeine (Geographie mit Ausschluß der mathematischen. Werthroll erscheint Forsters Werk hauptsächlich durch die zum großen Theil neuen Ansichten über Fragen aus der

24. Arril 1880 festgestellten Liquidationen über die auf Grund des

schaft anheim geben. Sie enthält nur wenige Namen, aus welchen

allgemeinen Geographie, die mit Klarheit und überzeugender Kraft

ausgesprochen werden. Joh. Rittau sucht nun in vorstehender Ab— handlung die Fragen, worin im Vergleich zur Vorzeit die neuen ÄAn— sichten in Forsters Bemerkungen bestehen, und inwieweit dieselben nach dem heutigen Stande der geographischen Wissenschaft Bestãtigung oder Widerlegung gefunden, zu beantworten und geht zu diesem Ende die 4 ersten Hauptstücke von Forsters Werk genau durch, wobei er sich, möglichst an die Anordnung des Werkes selbft hält. Schließlich bemerkt der Verfasser, daß manche von Forsters An⸗ sichten noch heute nicht genügend gewürdigt und sogar ganz in Ver⸗ gessenheit gerathen seien, daß Forster selbst ein allseitig gebildeter Naturforscher, scharfer Beobachter und klarer Darsteller des Wahrgenom⸗ menen gewesen und mehr Beachtung verdiene, als es bisher im Allgemeinen der Fall gewesen sei. Den Schulnachrichten 2c, die sich an die Abhandlung anschließen, zufolge hat das Königliche Gymnasium zu Hanau, außer dem, Direktor, 3 Oberlehrer, 5. ordentliche Lehrer, 4 wissenschaftliche Hülfslehrer und 3 technische Lehrer. Die Schüler— zahl betrug Ende März d. J. einschließlich der 6 Abiturienten, im Ganzen 220. Am Schluß des Winterhalbjahrs 1880 - 81 wurden 6 Abiturienten mit dem Zeugniß der Reife entlassen.

Dem Ja hresberichte über das Königliche Gym— nasium zu Fulda, erstattet von dem Direktor deffelben, Dr. Ed. Göbel, geht eine gründliche Abhandlung des Oberl. Joh. Gegen— baur: Das Grab Königs Konrad J. in der Basilika zu 36 vorauf. Bei den Geschichtsschreibern älterer und neuerer

eit, welche das Leben Konrads J., des ersten deutschen Wahlkönigs, darstellten, finden sich bekanntlich abweichende Angaben über den Ort, wo, König Konrad J. (911 919) bestattet worden. Es werden die Münsterkirchen zu Quedlinburg, Limburg, Weilburg und Fulda ge— nannt. Der Verfasser der vorstehenden Abhandlung geht nun die verschiedenen Ansichten aller wichtigeren Geschichtsschreiber sowie die

verschiedenen Nachrichten der Quellen durch und stimmt schließlich, dem Urtheile von Giesebrecht, Dümmler und Fr. Stein bei, daß König Konrad J. in der Basilika

zu Fulda, und zwar neben dem Kreuzaltar daselbst, begraben worden sei. Er untersucht hierauf, wo dieser Kreuzaltar, der zu Ende des 16. Jahrhunderts nicht mehr vorhanden war, in der gedachten Basilika gestanden habe, geht zu. dem Ende auf die verschiedenen Schickfale und Bauperioden der Basilika näher ein und findet, daß diefer Kreuzaltar in der Basilika da, wo die beiden ersten Durchgänge nach den Seiten schiffen rechts und links sich öffnen, in der Mitte des Hauptschiffes sich befunden hat. In jüngster Zeit hat nun der Verein für hessische Geschichte und Landeskunde in der jetzigen Kathedrale zu Fulda zur Erinnerung an die Stätte, wo Konrad J. anfäng⸗ lich, begraben worden, in die Seitenwand des südlichen Nebenschiffes in der Richtung, wo in der Mitte des . der Kreuzaltar gestanden hat, eine aus feinem Sand— tein gearbeitete Gedenktafel mit einer Inschrift einfügen faffen. Uehrigens sind Sarg und Gebeine des Königs Konrad J. schon seit Jahrhunderten verschwunden und ruhen in der Tiefe des Domes. Der Abhandlung ist eine Abbildung der Basilika Hadamars und der alten Abtshurg i. J. 1648 sowie eine Skizze des Grundrisses der jetzigen Domkirche zu Fulda beigefügt. Den Schulnachrichten nach, die auf die Abhandlung folgen, besteht das Gymnasium in Fulda aus 8 Klassen. Im Sommersemester hatte dasselbe im Ganzen 261, im Wintersemester 254 während des Schuljahrs überhaupt 276 Schüler; 12 derselben bestanden das Abiturientenexamen.

. Das soeben im Verlage von Ferd. Beyers Buchhandlung in Königsberg i. Pr; erschienene J. u. 2. (Doppel- Heft des 18. Bandes der Altpreußischen Monatsschrift“, neue Folge, der ‚Reuen Preußischen Provinzial⸗ Blätter vierte Folge, herausgegeben von Rudolf Reicke und Ernst Wichert, enthält: Abhandlungen: Regesten der Stadt Königsberg 1256— 1524. Aus gedruckten Werken gesammelt von M. Perlbach. Preußische Ortsnamen. Von R. J. Beiträge zum Leben von Christian Jacob Kraus. Heraus— gegeben von Dr. Gottlieb Krause. Mittheilungen aus Briefen von Lehrs an Eugen Plew. Von Ludwig Friedländer. D. Heinrich Lysius in Litauen und Masuren. Von rj Rogge. Kritiken und Referate: Ziegler, Notizen zur Geschichte der Stadt

Wehlau und der Kirche daselbst. Von Adolf Rogge. Aus Im— manuel Kants Leben, Von Hr. Julius Bahnsen. Alterthums— gesellschaft Prussig in Königsberg 1879/80. Mittheilungen und

Anhang: Urkundliche Nachweise über die Familie Stroband in Thorn. Mitgetheilt von Maximil. Curtze in Thorn. Universitäts-Chronik

1880/81. Lyceum Hosianum in Braunsberg 1881. Periodische Literatur 1878181. Nachrichten. Literarische Anzeigen (auf dem Umschlag). Beilagen. Bestellungen nehmen sämmtliche Buch—

handlungen und Königliche Postanstalten an. Der Pränumeratione— preis beträgt 9 Reichsmark pro Jahrgang.

Gewerbe und Handel.

Nach der Bilanz der Aktiengesellschaft für Feilen fabrikation (sonst C. Schaaf C Co.) ergab das Waaren-Konto einen Ueberschuß von 97 684 ½, der durch ausgezahlte Löhne, Ge— hälter ꝛc. völlig absorbirt worden ist. Unter den Bilanzziffern figurirt das Grundstücks⸗Konto mit 489 909 S, das Gebäude-Konto mit 206 707 „M, das Maschinen⸗Konto mit 32 067 , das Utensilien⸗ KLonto mit 18105 6, das Effekten⸗Konto mit 34 831 M, das Waaren⸗Konto mit 33 575 (, das Konto⸗Korrent-Konto mit 24 80 6, denen Passiven von 845 144 ½ gegenüber stehen, darunter das Aktienkapital mit 8i0 000 .

In der Generalversammlung der Köpenicker Chemischen Fabrik, Aktien ⸗Gesellschaft in Liquidation, berichteten die Liguidatoren, daß es durch Ueberlassung der Tapetenfabrik an eine neue Gesellschaft für den Preis von 317 909 4 gelungen sei, die Ver— pflichtungen der Gesellschaft soweit zu erfüllen, daß die Eröffnung des Konkurses abgewendet werden konnte.

—. Die Generalversammlung der Gothaischen Privatbank genehmigte die Bilanz und die Auszahlung einer Dividende von 6p für 1886. ;

Die Generalversammlung der Tabaksgesellschaft Union“, vorm. Leop. Kronenberg in Warschau, genehmigte den Rechnungsabschluß pro 1880, ertheilte nach Anhörung des Rerisions⸗ berichtes Decharge und genehmigte die auf 8 Rbl. 10 Kop. pro ÄAftie festgesetzte Dividende.

Antwerpen, 25. April. (B. T. B.) auktion war sehr belebt. Preise sehr fest. 2193 B., von denen 2035 B. verkauft wurden.

Verkehrs⸗Anstalten.

Krassnowodsk. Die Transkaspische Dampfeisen— bahn ist, wie ein. Golos*-Telegramm meldet, bis zur 168. Werst fertig gestellt. Die Schienenlegung dauert auf dem Passe fort. Treffen die Eisenbahnschwellen ohne. Aufenthalt ein, so wird die Bahnlinie in der ersten Hälfte Mai bis Kasandshik weitergeführt werden können.

PIomouth, 25. April. B. T. B) Der Ham burger Postdampfer Wieland ist hier eingetroffen.

New⸗Hork, 25. April. (W. T. B.; Der Dampfer The Queen“ von der National⸗Dampfschiff⸗Compagnie (CG. Messingsche Linie) ist hier eingetroffen.

Die heutige Woll Angeboten waren

Berlin, 26. April 16881.

Am 22. Aprisl verhandelte das Kaiserliche Ober ⸗Seeamt über folgenden Fall. Die Schoonerbrigg Del vhinen von Brake verließ am 4. Dezember 1880 mit einer nach Bremerhaven bestimmten Kohlenladung den Hafen von Leith. Bis zum 7. Deember wurde SO Kurs gesteuert. Nachdem man alsdann den Standort des Schiffes auf 539 48 nördl. Breite ermittelt hatte, wurde der Kurs auf O. 4. S. geändert. Um Mitternacht ergab das Loth 18 Faden Wassertiefe und der Schiffer nahm an, daß er sich auf Berkum Riff befinde. Nachdem man auf demselben Kurse einige Stunden später 135 Faden Wasser gelothet hatte,

stieß das Schiff bald darauf auf den Grund, füllte sich mii

Wasser und mußte von der Mannschaft verlassen werden. Die „Del— phine war auf Langegog gestrandet. Das Seeamt in Braké hat seinen Spruch über diesen Seeunfall dahin abgegeben, daß die Stran⸗ dung durch eine Stromverfetzung, welche das Schiff von seinem Kurse nach Süden abgelenkt habe, herbeigeführt worden sei, daß der Schiffer Hoefer, sowie der Steuermann Bette durch ungenügendes und ungenaues Lothen einen Mangel an Sorgfalt gezeigt haben, daß indessen kein Grund vorliege, denfselben die Konzeffion R , gentziehen. Auf. die gegen diesen Spruch, Seitens des Reichskommissars eingelegte Beschwerde beschloß das Ober⸗ Seegmt, dem Schiffer Hoefer die Befugniß zur Ausübung des Schiff ergewerbes zu entziehen, die Befugniß zur Ausübung des Steuer— mannsgewerbes aber zu belassen, und in Betreff des Steuermanns Bette den Spruch erster Instanz zu bestätigen. Zur Begründung die ser Entscheidung führte der Vorfitzende aus, daß der Schiffer Hoefer mit. Rücksicht auf das unsichtige Wetter fich hätte veranlaßt sehen müssen, möglichst oft und mit besonderer Sorgfalt lothen zu lassen. Dies sei nicht geschehen. Der sorgfältige Gebrauch des Loths würde ihn haben erkennen lassen, daß seine Annahme um Mitternacht vor der Strandung, als befinde sich das Schiff auf Borkum ⸗Riff, unrichtig sei. Der Schiffer habe durch diesen Mangel an Sorgfalt gezeigt, daß es ihm an einer zur Ausübung des Schiffergewerbes wefentlich erforderlichen Eigenschaft fehle. Was den Steuermann anlange, so sei aus den Verhandlungen kein genügender Grund zu der Ännühmie zu entnehmen. daß derselbe fahrlässig gehandelt habe.

Am 23. April gelangte die Beschwerde des Reichs kommissars gegen den Spruch des Seeamtes zu Bremerhaven vom 11. Januar d. J. betreffend den Seeunfall des deutschen Galeaß⸗Evers „Union“, Schiffer Hülfer, zur Verhandlung. Der Galeaß-Ever „Union“ ist am 17. November 1880 unweit der schwedischen üste in der Nähe von Prelleborg im sinkenden Zustande von seiner Besatzung verlassen wor⸗ den. Das Schiff sank innerhalb fünf Minuten nach dem Verlassen. Die Mannschaft, welche aus dem Schiffer und drei Mann bestand, hat nur das nackte Leben gerettet. Das Seeamt hat die Urfache des Seeunfalls auf das stürmische Wetter, welchem das Schiff am 16. und 17. November v. J. ausgesetzt war, zurückgeführt, gleichzeitig sich aber dahin ausgesprochen, daß der Schiffer Hülfer die ihm obliegenden Pflich⸗ ten gröblich verletzt habe indem er am 15. November Äbends, und wahr— scheinlich auch am 16. November Morgens, nicht vollständig nüchtern gewesen sei, und ferner mehrfach Mangel an Befähigung und Auf— merksamkeit an den Tag gelegt habe. Dem Antrage des Reichskom— missars, dem Schiffer das Patent zu entziehen, hat das Seeamt nur deshalb nicht Folge gegeben, weil es in dem durch das Gesetz verlangten ursächlichen Zusammenhang zwischen dem pflichtwidrigen Verhalten des Schiffers und dem Untergang des Schiffes fehle. Dieser Auffassung ist das Sber-Seeamt nicht' bei' getreten; dasselbe hat vielmehr als erwiesen angenommen, daß der Verlust des Schiffes lediglich die Folge der groben Pflichtvernach⸗ lässigung des Schiffers, von welcher bereits in einer im Jahre 1876 stattgehabten gerichtlichen Verhandlung konstatirt war, daß er zum Trunke neige, gewesen ist. Demgemäß hat das Sber-Seeamt dahin erkannt, daß dem Schiffer Hülfer die Befugniß zur ferneren Ausübung des Schiffergewerbes zu entziehen.

„Amtliche Berichte aus den Königlich preußischen Lunstsamm lungen. (Aus dem „Jahrbuch der Königlich preußischen Kunstsammlungen“. Zweiter Band, zweites Heft. Berlin, Weid— mannsche Buchhandlung.) I. Königliche Museen. (Fortsetzung.) . D. Münzkabinet.

Unter den nicht zahlreichen Erwerbungen, welche das Münz— kabinet in den Monaten Oktober bis Dezember gemacht hat, ssst die werthvollste ein wohlerhaltenes Exagium oder Normalgewicht des Solidus, das unter Ricimer in Rom ausgegeben worden ist. Dies Bronzetäfelchen ist mit Silberstreifen belegt, in welche die In⸗ schriften gravirt und mit Niello ausgefüllt sind. Die Inschriften heißen: Salvis DD. NN. et Patricio Rieimere Plotinus Eusthatins Vir Consularis Urbi Praefectus fecit. Während die Exagien sonst nur den Namen des Kaisers und des Präfekten der Stadt Rom, welcher die Exagien ausgab, zeigen, sind hier die Kaifer Leo J. in Konstantinopel und Libius Severus in Rom) nicht genannt, sondern nur der Patricius Ricimer. Hieraus ergiebt sich, daß Ricimer auch formell an den Souveränegtätsrechten all hatte, und dem ent— spricht es., daß er auf kleine Bronzemünzen des Libius Severus fein eigenes Monogramm setzte, der erste Germane: Odoaker folgte seinem Beispiel, dann die Ostgothen; alle diese Germanen haben eine Vor— liebe für das Monogramm gehabt. Ihre frühesten Eingriffe in die römische Di rcherrf he sind gleichsam die Anfänge des Mittelalters, und jeder Beweis für die geschichtlichen Thatsachen diefer dunklen Epoche ist wichtig, daher hat dieses Exagium gi hf ber Werth.

Man hat uralte stets in Lydien gefundene Gold- und Silber— münzen mit großer Wahrscheinlichkeit dem Krösus zugeschrieben; das Münzkabinet besitzt eine schöne Reihe der Goldmünzen, die der Sil bermünzen wurde durch ein von Hrn. Dr. Humann gesandtes, sehr seltenes Didrachmon vervollständigt. .

Von beträchtlichem Kunstwerth ist die nur in einem Eremplar bekannt gewordene Silbermünze des Alerander von Pherae, eines Zeitgenessen Philipps von Macedonien; sie ist ein Beispiel der zier— lichen Ausführung, die den thessalischen Münzen eigen ist. Den von vorn dargestellten lorbeerbekränzten Kopf würde man für Apoll halten, wenn er nicht Ohrringe hätte; zwar giebt es einen unzweifel— haften Apollokopf mit Ohrringen auf einer macedonischen Münze; allein man wird doch auf dieser thessalischen Münze lieber eine Artemis sehen wollen, oder vielleicht eine Hellas, die mit ihrem Namen bezeichnet, wohl auf anderen Münzen diefes Königs vor— kommt.

Einige durch vollkommene Erhaltung ausgezeichnete griechische Silbermünzen hat Hr. Geheime Baurath Adler aus dem Peloponnes mitgebracht, und eine Reihe lückenfüllender kleinasiatischer Bronze⸗ münzen wird der Vermittlung des Kaiserlichen Konsuls Tettenborn in Smyrna verdankt. Eine Anzahl von egyptischen Münzen der

lung ausgewählt.

Von vaterländischem Interesse ist ein wohlerhaltener Aureus des Kaisers Postumus mit dem Herkules Deusoniensis; diesen Namen bezieht man auf Deutz, nicht ohne Wahrscheinlichkeit, da Postumus bekanntlich in Cöln geherrscht hat.

SEin Münzfund, der in der Nähe von Potsdam gemacht worden ist, brachte Münzen des wendischen Fürsten Pribislaw Heinrich, der um die Mitte des 12. Jahrhunderts in Brandenburg herrschte, mit dem Namen dieser Stadt, und darunter einige jetzt, zum ersten Mal zu Tage gekommene, auf deren Kehrseite das Brustbild seiner Gattin . Targestellt ist, mit ihrem Namen. Eine der 11099 Inng— rauen, Begleiterin der Ursula, hieß Petrissa.

Eine der besten Erwerbungen war endlich eine Goldmünze der Stadt Hagenau im Elsaß, die erste und einzige, die bekannt ist.

Auf zweien der vier neuen Schautische, welche in Folge des Um⸗ baus aufgestellt werden konnten, sind 09 deutsche Medaillen des XVI. Jahrhunderts und 30 in Holz und in Kelheimer Stein geschnit⸗ tene Modelle zu Medaillen ausgelegt worden. Die bezeichneten Ar⸗ beiten bekannter Künstler sind vereinigt, allein dies ist die Minder ahl; die unbezeichneten sind nach den Städten geordnet. Die Ge⸗ schichte der deutschen Medalllen⸗Künstler ist noch ziemlich unbekannt; vielleicht giebt dieser erste Versuch, eine große Anzahl schöner Medaillen * ju zeigen, Anlaß zu weiteren Studien, und besonders zu ge⸗ egentlichen Mittheilungen aus Archiven der alten Dynastien und Städte.

In derselben Weise soll mit den Medaillen der anderen Nationen fortgefahren werden, so daß fünftig eine Uebersicht der besten Me— daillen von 1450 bie 1650 zur Anschauung gelangen wird, denen sich die besten geprägten Medaillen dieses Jahrhunderts anschließen lassen.

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römischen Kaiser, welche noch fehlten, wurden aus einer großen Samm⸗

= . E. Kupferstichkabinet. Von den im II. und III. Quartale des Verwaltungs jahres 1880 / 8j gemachten Erwerbungen sind hervorzuheben: ; Kupferstiche. Knobelsdorf, Hans G. W., Baron von: Parklandschaft. Radi⸗ rung. kl. hochfol. 3 ö K , . etrarea, Francesco: Triumphi (und Sonetti) Venedig, B = dino [. Novara, . Fol. n 5 , tatuta synodalia Basiliensia. Ohne Ort und Datum GBase 1593). Fol. Mit einem Holjschnitt aus der Schule des ensfl Schongauer. Zeichnungen. ) (1560). Dürer, . t Links auf dem Boden sitzt eine Frau, die von einem Manne um den Leib gefaßt wird. Beide wenden sich einem rechts stehenden, mit einem Schwert umgürteten alten Manne zu. Etwas verblaßte Federzeichnung. 1755383. Aus der früheren Epoche des Künstlers, etwa dem Ende der neunziger Jahre des XV. Ih. 1538). Derselbe. Christus in der Kelter stehend. Rechts Maria, unten der h. Pe⸗ trus und ein knieender Donator. lüchtige Federskizze. 228/167. ahrscheinlich Entwurf zu einem in der Kirche St. Gumbert in Ansbach befindlichen Votivbilde für Mathias von Gulpen, das von 6 ganri nh , , wurde und aher das sich in den zandschriftlichen Aufzeichnungen Dürers im Britis se ĩ k ö. g ürers im Britischen Museum eine löse s). Derselbe. àBrustbild eines jungen Mannes mit langen Haaren und flachem Barett, nach links gewendet, auf dunkel gehalkenem Hintergrund. Oben in der Mitte: 1515 und das Monogramm. zo ihlemzeichnung, die durch Verreiben etwas gelitten hat. Sammlung Howard. ö ie Marter des heiligen Laurentius. Figurenreiche Dar ; Rechts auf der Basis einer Säule des ö ö Beh . ö. ö. Tinte, leicht roth eingetuscht, in der andlung den Randzeichnungen im sog. ö kaiser Maximi⸗ kee, . ö hnung n sog. Gebetbuch Kaiser Maximi Aus den Sammlungen Mariette und Joung? y. (1559). Derselbe. ö ö Zwei Entwürfe zu Verzierungen für das Sattelzeug eines Pferdes. Ueber der oberen Zeichnung, welche verschiedene Thiere zwischen Nankenwerk zeigt, steht von Dürers Hand: „avff dem kropf 1617 A. D; über der unteren, welche kämpfende Kentauren dar⸗ stellt: dz is dr ruck“. ederzeichnung. 211/301. 1527.) Derselbe. Halbfigur einer jungen Frau mit geschlossenen Augen, im Profil nach ö . gegen oben das Monogramm und 1521. Hehöhte Kreidezeichnung auf grün grundirtem zier. 21290. (356). Beham, Wr hef . J H Brustbild eines jungen Mannes mit kurzem Vollbart, in Pelz— rock, mit niedrigem Barett auf dem Haupt, nach links gewendet. Tbheilweise getuschte und mit Rothftift bearbeitete Kreidezeich⸗ nung. 352 / 281. , (1376.5 Brueghel, Peeter, d. A. Zwei Bauern, hinter ihnen eine Bauersfrau mit einem Korb am Arm, nach rechts schreitend. Bezeichnet: „bruegel 15625. Ausgeführte Federzeichnung. 192/310. (1555.) Neefs, Pieter. . 2 Innere eines großen gothischen Domes, reich mit Figuren elebt.

Aquarellirte Federzeichnung von sehr malerischer Wirkur 148 / 35. J .

Aus den Sammlungen Maugin und Esdaile— (1551.) Rubens, Pe trus Paulus.

Figur eines stehenden nackten Jünglings, welcher sich mit der Rechten an ein Füllhorn stützt.

Federzeichnung leicht in Farbe gesetzt. 257/143.

Die Gestalt ist frei kopirt nach einer Figur auf dem Kupferstich gen ,. Mantegna: „Das Baechanal mit der Kufer (Bartsch

r. 19).

(1540.) Derselbe.

Winterlandschaft. Flache Gegend, mit drei strohgedeckten Hütten und entlaubten Weiden im Vordergrund. ;

Lavirte Federzeichnung, die Luft blau angelegt. 255485.

Auf, der Rückseite des Blattes von der Hand des Künstlers: 610 de hoeve bret rughe velt“ (der Hof beim rauhen Feld), weiter nach rechts: „P. P. Rubbens“.

(553). Rembrandt von Rijn.

Selbstbildniß des Meisters, Brustbild von vorn gesehen, unbe— deckten Hauptes die Linke auf einen Tisch gestützt. Um 1635.

Getuschte Federzeichnung. 125/137.

Aus den Sammlungen Th. Lawrence und Esdaile.

(1558. Derselbe.

e, Frau in halborientalischer Tracht, sitzend, nach rechts ge⸗ wendet.

Mit Sepia getuschte Federzeichnung, theilweise weiß gedeckt. 200 / 162.

Wahrscheinlich eine Vorstudie zu der Radirung „Die große Judenbraut.. (B. 310. Blane 199). .

(153567. Derselbe.

Bildniß des genuesischen Seehelden Andrea Doria (1468 1569). Brustbild im Profil nach links mit der Umschrift Andreas. D. Aurea“, unten ebenfalls von Rembrandts Hand: „Hartog von Genuwa.“

Federzeichnung. 168/202.

Der Typus des Kopfes stimmt mit den gleichzeitigen Medaillen— Bildnissen des Andrea Doria überein.

(1554.) Derselbe.

Die Kreuztragung. Christus nach links schreitend, unter der Last des Kreuzes zusammenbrechend, während Maria ohnmächtig zu Boden

sinkt. Links vorn einer der Schächer, sein Kreuz tragend.

Feder zeichnung. 145/260.

Flüchtiger, höchst genialer Entwurf aus der früheren Zeit des Meisters.

(1556.) Neer, Aart van der.

Winterlandschaft. Im Vordergrund ein zugefrorenes Gewässer, darauf Schlittschuhlãufer.

Getuschte Federzeichnung. 195/282.

(1550) Velde, Adriaan van de.

Hirten mit Herde am Ufer eines Flusses, im Hintergrunde Bau⸗ lichkeiten mit einem viereckigen Thurm.

Getuschte Federzeichnung. 167/215.

Ans der Sammlung Ploos van Amstel.

(I358.) Pisano, Vittore.

Eberjagd. Ein wilder Eber von Hunden angefallen nach rechte rennend, dabei zwei nackte Männer, von denen einer mit einer Waffe auf das Thier losschlagen will.

Federzeichnung auf Pergament. 190 121.

Ein antikes, die kalvdonische Jagd darstellendes Relief, mit dem die Zeichnung vielfach übereinstimmt, befindet sich in Pisa (Lasinio, Gampo Santo, Taf. 109). Auf der von Pisano gemachten Medaille auf Alyhons von Arragonien (Friedlaender, Jahrbuch der Königl. Preuß. Kunstsamml. J. S. 108 Nr. 23) zeigt die Rückseite eine Eber⸗ jagd in ähnlicher Gruppirung.

) Die in Klammern stebenden Zahlen sind die Inventarnum⸗

J. Friedlaender.

mern der betreffenden Blätter im Hauptkatalog der Zeichnungen des Kabinetẽ.