1881 / 102 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 02 May 1881 18:00:01 GMT) scan diff

das Stempelgefälle 379 437 Fl. abgeführt. Die von der österreichisch⸗ ungarischen Bank, den Eisenbahn⸗ und Damfschiffahrts⸗Unterneb⸗ mungen, Sparkassen⸗, Kredit⸗ Eskompte⸗, Versicherungsanstalten und ähnlichen Instituten für gegebene Vorschüsse, Aufnahme⸗ und Ver⸗ sicherungsurkunden, statutenmäßig geleistete Einlagen, eingelöste Cheques, erfolgte Pensionen, sowie für ausgegebene Fahr⸗ und Fracht⸗ karten im Jahre 1880 entrichteten unmittelbaren Gebühren betragen 3915 869 Fl., gegen das Ergebniß des Vorjahres um G56 346 Fl.

mehr. Land⸗ und Forstwirthschaft.

29. April 1881. (Mittheilungen der Deutschen Viehzucht⸗ und Herdbuch⸗Gesellschaft. Nr. 4) Wie schon mehrfach erwähnt worden ist, foll durch die in Aussicht genommene Beschreibung der deutschen Viehrassen in gewisser Hinsicht eine Grundlage für das deutsche Herd— buch geschaffen werden, dieselbe würde mithin der Herausgabe des letz⸗ teren voraufgehen muͤssen. Wenn dieses nun auch der umfangreichen Arbeit wegen nicht gut thunkich ist und die Herausgabe des ersten Bandes des Herdbuchs für deutsche Viehrassen dadurch eine allzugroße Verzögerung erleiden würde, so ist doch immerhin die Herbeiführung einer Klärung über gewisse bei der Rassenbeschreibung sowie bei der Eintheilung des Herdbuches festzuhaltende Gesichtspunkte nothwendig.

Wegen der Beschreibung der Viehrassen hat der Vorstand sich, behufs Gewinnung der nöthigen Autoren, mit allen landwirthschaft— lichen Centralvereinen in Verbindung gesetzt, und sind durch letztere schon verschiedene Herren namhaft gemacht worden, welche bereit sind, die Arbeit zu übernehmen.

In Betreff des Verlages des Shorthorn-Herdbuches haben die Unterhandlungen bisher noch nicht zum definitiven Abschluß gebracht werden können, worin der Grund zu suchen ist, daß bisher noch keine dahin gehende Veröffentlichungen gemacht worden sind.

Da der Raum der „Mittheilungen“ es nicht gestattet, größere, die Viehzucht- und Herdbuch-Gesellschaft angehende Abhandlungen zur Veröffentlichung zu bringen, und es nothwendig erscheint, daß ein größeres landwirthschaftliches Fachblatt, dessen Bestrebungen mit denen der Gesellschaft übereinstimmend sind, Hand in Hand mit diesen Blättern arbeitet, so werden bis auf Weiteres derartige um— fangreiche Aufsätze in der „Milch-Zeitung“ unter der jedes⸗ maligen Ueberschrift „Deutsche Viehzucht⸗ und Herdbuch-Gesellschaft“ Aufnahme finden. Diejenigen, welche sich über diese oder jene die Ziele der Viehzucht- und Herdbuch-Gesellschaft berührende Themata aussprechen wollen, werden deshalb ersucht, die „Milch-Zeitung“ als Organ zu benutzen. Die „Mittheilungen“ werden dann event. nur ganz kurz darüber referiren.

Die bevorstehende Mastvieh-Ausstellung in Berlin wird voraus— sichtlich eine größere Anzahl der Mitglieder der Deutschen Viehzucht— und Herdbuch⸗-Gesellschaft in der Reichshauptstadt zusammenführen. Da der öftere mündliche Meinungsaustausch nicht nur zur Förderung der gemeinsamen Arbeiten höchst zweckdienlich, sondern auch zur Eini⸗ gung über manche Angelegenheit nothwendig ist, so hat der Vorstand dem mehrfach geäußerten Wunsche einzelner Ausschußmitglieder ent— sprechend, geglaubt, im Sinne des Gesammtausschusses zu handeln, indem er diese Gelegenheit benutzte, um eine Ausschußversammlung zu veranstalten. Eine solche wird nun am 5. Mai, Vormittags 10 Uhr, im Lokale des Klub der Landwirthe, Berlin NW., Zimmer— straße 95 und 96, abgehalten werden.

Gewerbe und Handel.

Am 1. März d. J. wurde im Parke von Uyeno zu Tokio die zweite nationale Ausstellung für Landwirthschaft, Ge— werbe und Kunst-Industrie durch den Tenno (Kaiser) im Bei— sein der Vertreter der fremden Regierungen sowie der japanischen Würdenträger eröffnet, unter Beobachtung eines Ceremoniells, welches im Wesentlichen mit dem bei ähnlichen Gelegenheiten in Europa üblichen übereinstimmt. ;

Die diesjährige Ausstellung nimmt einen dreifach größeren Raum ein, als diejenige vom Jahre 1877 in Anspruch genommen hatte, und die Zahl der Aussteller ist von 16100 auf 31545 gestiegen.

Präsident der Ausstellung ist der Prinz Kita shira kawa.

In der Generalversammlung der Aktionäre der Berlini⸗ schen Lebens-Versicherungs-Gesellschaft wurde nach Er— ledigung der Wahlen Bericht erstattet. Der Reingewinn von S803 275 0 übersteigt den aller Vorjahre. Es gingen im Jahre 1880 ein: 2663 Anträge über 12 489 350 S Kapital und 21 927 * Rente, von denen 1974 Versicherungen mit 9034000 S6 Kapital und 21 927 6 Rente zum Abschluß gelangten. Wegen Ablaufs der Ver⸗ sicherungszeit und aus anderen Gründen schieden aus 656 Versiche— rungen mit 3158 181 ½ Kapital und 890 S6 Rente. Als verstor⸗ ben wurden angemeldet 390 Personen, welche zusammen mit 1830280 S Kapital und 6445 . Rente versichert waren. Die Kaxitalseinlagen betrugen 237 076 66 ; die Prämieneinnahme belief sich auf 3 368 02) M, die Zinseneinnahme auf 1152 877 ; der Garantie⸗ und Reservefonds wuchs um rund 1612300 , und der Ueberschuß stellt sich auf 803 275 4 Von dem in diesem Jahre zur Vertheilung gelangenden Gewinne pro 1876 erhalten die Versicherten 29 ihrer Prämie und die Aktionäre (einschließlich der bereits am 1. Januar gezahlten Zinsen ron 30 M) 165 ½ pro Aktie.

In der Generalversammlung der Schlesischen Feuer⸗ versicherungs-Gesellschaft vom 30. April wurde mitgetheilt, daß als Nachfolger des kürzlich verstorbenen, um die Gesellschaft ver⸗ dienten Generaldirektors H. Heller, Hr. E. Ribbeck, zur Zeit Direktor der Baseler Versicherungsgesellschaft gegen Feuer⸗ schaden in Basel, gewonnen worden sei. Aus dem Geschäfts⸗ bericht ist Folgendes hervorzuheben: Es betragen die Prämien⸗ Einnahme des Feuerversicherungs⸗Geschäfts 3058171 6, der Gewinn an Sxiegelglas⸗Versicherungen 38 342 6, die Gesammt⸗ Einnahme 5 117290 6, die Brandschäden abzüglich des Rückrer⸗ sicherungsantheils gs2 373 M, die Reserve für illiquide Brandschäden 162 844 ½½, die Prämien für Rückversicherungen 1193 521 6, die gezahlten Provisionen 163 268 (, die Verwaltungskosten 299 898 , der Verlust an Transportversicherungen 34 751 ½, die Prämienreserven für Feuerversicherungen, nach deren Verstärkung um 5710 , 1697282 S, die gesammte Ausgabe 4701 335 64. Der erzielte Reingewinn von 412 955 M gestattet die Vertheilung einer Diridende von 17 060.

Von der Leipziger Messe bringt das „Dresd. Journ.“ folgenden ersten Bericht: Die Ledermesse, welche am Montag be⸗

gonnen hat, eröffnete, wie ihre Vorgängerin in Frankfurt a. M., in

wenig animirter Stimmung. Die Unterhandlungen, welche bereits in den Tagen vor der Messe behufs größerer Kaufabschlüsse statt⸗ fanden, zeigten eine schwankende Tendenz. Die natürliche Folge war eine gewisse Schwerfälligkeit, welche Anfangs der Messe dem sonst so flotten Verkehr den Stempel der Zurückhaltung verlieh. Bald jedoch änderte sich dieser passive Zustand, da eine unerwartet große Zahl kleiner Käufer auf dem Markte erschien und durch leb⸗ haften Zuspruch ein gut Theil beitrug, die Ledermesse in be⸗ friedigender Weise zu gestalten, die Preise zu befestigen und hiermit die letztmonatliche Waarenvaluta im Wesentlichen auch für den Mesverkehr und die folgende Zeit einzubalten. Freilich stehen die immer noch allzuhohen Preise der rohen Häute und Felle nicht im Einklange mit den erzielten Preisen für Garleder. Er⸗

freulich ist die momentan so rege Nachfrage und feste Preisbhaltung

für die so oft vernachlässigte Abtheilung der Kipsledergerber. Die Vorräthe aller Gattungen Kipefahlleder in braun und schwarz genügten nicht dem sich kundgebenden Bedarf, und es wurden die Lager dieses Artikels schnell geräumt, sowie größere Bestellungen für Lieferungen auf Zeit an gute Fabrikanten ertheilt. Minder lebhaft gefragt waren Rindleder und schwerere Sohlleder, welche Gattungen wie fast alljährlich beim Beginn der Sommeesaison etwas vernach⸗ lässigt bleiben. Es ist zu wünschen, daß die Ziehungen aus den Gruben für die nächsten Monate thunlich beschränkt bleiben; alsdann steht ein flotter und vortheilbafter Verkauf auch für die so belangreiche Branche der Unterlederindustrie während des laufenden Jahres in sicherer Aussicht. Denutsches und Wildvacheleder wurde bei einigen Konzessionen schnell geräumt; desgl. alle Sorten Sattler⸗ leder. Brandsohlleder in wirklich guter Waare fand guten Absatz,

dagegen blieben die leider zur Messe, wie in den meisten Sorten so auch hier bis zum Ueberdruß vorhandenen schlechten Gerbungen in unreellen, feuchten Qualitäten lange Zeit kauflos, da jeder ver⸗ nünftige Fachmann sich bewußt ist, daß dergleichen unsolide Leder in den geringen Sortimenten gegen die analogen Gattungen reeller Fabrikate selbst bei einer Preisvariation von 10 6 und darüber immer noch zu theuer sind. Wirklich sorgfältige Sor⸗ timente in Unterleder und Oberleder waren auf Meßstapeln so gut wie nicht vertreten. Der weitaus größte Theil repräsentirte nur eine zweite und dritte Wahl. Auf dem Schafledermarkt ging der Ver⸗ kauf besonders flott von Statten, und die Abtheilung alaungarer Schaffelle beeiferte sich einer Haussetendenz, wie sie in solchem Grade selten wahrnehmbar ist. Ziemlich sämmtliche Vorräthe wurden zu recht guten Preisen während des ersten Meßtages geräumt. Braune, lohgare, sowie gefärbte und sämischgare Felle waren gleichfalls in be⸗ friedigender Nachfrage. Der Schluß der Messe blieb sonach günstig, und berechtigt, auf den Geschäftsgang der folgenden Monate für die Lederbranche die Zuversicht einer normalen und gesunden Entwickelung dieser Industrie zu setzen. Im Allge⸗ meinen war die Zufuhr in rohen Häuten hinreichend, es herrschte jedoch von Seiten der Fabrikanten nur geringe Kauflust, weil letztere im großen Ganzen für ihre Fabrikate nicht solche Preise er⸗ zielten und erzielen konnten, die mit denen der rohen Waare im Ver⸗ hältnisse stehen. Es stellten sich die Preise wie folgt: Kipse IJ. 120—– 150 , do. II. 900— 110 ½, do. III. 70 - 90 S6, do. IV. 45 —- 0 , per 50 Kilo oder 100 Pfd. Rio⸗de⸗Janeiro⸗Ochsen, schwere 52 56 , do. Kühe schwere, 54—– 58 , do. Kühe leichte, 44—- 48 5, schwere trockene Buenos⸗Aires 125— 130 3, do. Kühe leichte, 100 115 4, trockene Rio⸗Grande 109 —· 115 3, Pnerto⸗Cabello, Angostura, Guate⸗ mala 90—– 102 3, Ceara je nach Gewicht und Qualität 89 - 95 4, Uruguay und Montevideo, gesalzene, 60 64 , Rio-Grande⸗Ochsen, schwere 58— 62 5, do. Kühe, gesalzene, je nach Gewicht 50 —60 per d Kilo oder 500 Gramm.

Brüssel, 30. April. (W. T. B.) Die Nationalbank hat den Diskont vom 2. k. M. ab auf 44 * o festgesetzt, also um 19e erhöht.

London, 28. April. (Allg. Corr.) Der Geschäftsbericht von Reuters Telegram Company in London pro 1880 giebt den reinen Nutzenertrag für das abgelaufene Jahr einschließlich einer vom vorhergehenden Jahre vorzetragenen Summe von 108 Pfd. Sterl. auf 8278 Pfd. Sterl an. Im Oktober v. J. wurde die übliche Interimsdividende von 2 gezahlt, und die Direktoren erklären jetzt eine weitere Dividende von 12 Schillingen per Aktie oder To / o, was für das Jahr eine Gesammtvertheilung von 10 ½ ausmacht. Nach Zahlung dieser Dividende, welche 7366 Pfd. Sterl. absorbirt, werden S00 Pfd. Sterl. dem Reservefonds zugefügt und 112 Pfd. Sterl. auf neue Rechnung vorgetragen. In der Generalversammlung der Aktio⸗ näre vom 27. d. M. wurde der Geschäftsbericht genehmigt, desgleichen ein Vorschlag der Direktoren zur Bildung eines Pensionsfonds für die Beamten des Bureaus, für welchen jährlich eine 300 Pfd. Sterl. nicht übersteigende Summe ausgeworfen werden soll.

Glasgow, 30. April. (W. T. B.) Die Vorräthe von Roheisen in den Stores belaufen sich auf 550 200 Tons gegen 437 900 Tons im vorigen Jahre. Zahl der im Betrieb befindlichen Hochöfen 122 gegen 116 im vorigen Jahre.

Washington, 1. Mai. (W. T. B.) Dem Schatzsekretär Windom sind bis jetzt für 47 Mill. Doll. sechsprozentige Obligationen zugegangen, welche gegen 34 prozentige Verzinsung verlängert werden sollen; ein viel höherer Betrag solcher 6 prozentiger mit nur 3Hprozentiger Verzinsung zu verlängernder Obligationen wird, dem Vernehmen nach, demnächst dem Schatzamte zugehen. Schatzsekretär Windom hofft, daß alle sechsprozentigen Obligationen gegen nur 330, Zinsen verlängert werden. Die Auszahlung der am 31. März d. J. einberufenen 5prozentigen Obligationen der Serie 191 der amortisirbaren Schuld mit den für dieselben bis zum 21. Mai d. J. berechneten Zinsen erfolgt am 4. d. M.

Verkehrs⸗Anstalten. St. Petersburg, 1. Mai. (W. T. B.) heute von Eis vollständig frei geworden.

Die Newa ist

Berlin, 2. Mai 1881.

Berliner Rennbahn zu Hoppegarten, Rennen des Unlion-Klub, Frühjahrs-Meeting 1881. Erster Tag, Sonntag 1. Mai. Bei herrlichem Frühlingswetter eröffnete am Sonntag der Unionklub seine diesjährige Rennsaison. Der Besuch war ein recht erfreulicher, wenn auch nicht so zahlreich als sonst; es mochten immerhin 2000 Personen auf der Rennbahn erschienen sein, darunter die hervorragendsten Sportsmen. Die Bahn war in gutem Zustande. Die Leitung für das Frühjahrsmeeting ist derartig ver⸗ theilt, daß die Hrrn. von Cramm, Landrath U. von Oertzen, Kammerherr von Prillwitz, Vice⸗Oberstallmeister von Rauch und Graf Schmettow das Schiedsgericht bilden, die Hrn. von Langen⸗-Belitz, Major Meper, Rittmstr. Graf Schlippenbach und Graf Tschirschky⸗Renard als Stellvertreter fungiren. Frhr. von Thielmann' fungirt als Richter und als Generalsekretär und beaufsichtigt auch die Waage. Das Ab⸗ reiten leitet Hr. Wackerow, und die Kommission zur Entscheidung über die Qualifikation der für Staatspreise genannten Pferde wird von den Hrn. Major Meyer, von Treskow⸗Grocholin und Graf Tschirschk⸗Renard gebildet. Die Konkurrenzen verliefen in größ⸗ ter Ordnung und ohne Unfall. Sie begannen um 3 Uhr mit

J. Eröffnungs-⸗Rennen. Staatspreis 1500 S6 für Zjähr. und ältere inländische Hengste und Stuten, 80 M Eins., halb Reu⸗ geld. Distanz 1600 m. Dem zweiten Pferde den doppelten Einsatz. Das Rennen hatte 7 Unterschriften, von denen 6 Pferde am Pfosten erschienen. Nach einem sehr schönen Rennen siegte leicht mit zwei Längen des Königl. Hauptgestüts Graditz 5jähr. F. H. Balmung', v. Monseigneur a. d. Biordina, 639 kg (Fisk) gegen des Fürsten Hohenlohe⸗Oehringen jähr. dbr. O. Waidmannsheil“, v. Savernake a. d. Katie, 63 kg (Madden). Zeit: 1 Minute 58 Sek. Werth des Rennens 1860 für Balmung“, 160 ½ für, Waidmannshheil“. Um 3 Uhr folgte diesem Rennen:

Il. Preis von Dahlwitz. Staatspreis 1500 ½ Für drei⸗ jährige und ältere inländische Hengste und Stuten. 109 ½ Eins., halb Reugeld. Distanz 1200 m. Dem zweiten Pferde die Hälfte der Einsätze und Reugelder. Von den 8 zu diesem Rennen genannten Pferden erschienen nur 2 am Start. Es siegte nach scharfem Kampf des Mr. Arthur 4jähr. br. H. „Andrassyn v. Kingkroft g. d. Actreß 62 kg (Little) mit einer Länge gegen des Kgl. Hauptgestüt Graditz 3jãhr. F. St. Sarabanda“ v. Rustie a. d. Selima 514 kg (Gillam II.), Zeit: J Min. 28 Sekunden. Werth 1750. für And taff 250 M. für Sarabanda?. Um 4 Uhr folgte dem Rennen:

II. Staatspreis IV. Klasse. 1500 M Für alle Zjähr. inländischen Hengste und Stuten, welche noch keinen klassifizirten Staatspreis J., II. oder III. Al. gewonnen haben. 120 6 Eins., halb Reug. Distanz 1600 m. Dem 2. Pferde die Hälfte der Eins. und Reug. Von 9 genannten Pferden erschienen nur 3 am Start. Des Fürsten Hohenlohe⸗Oehringen br. H. . Adlersflug“ v. Primas a. d. Amalie von Edelreich, 55 kg (Madden), siegte leicht mit 24 Längen gegen des Kgl. Hauptgestüt Graditz F. St. Nachtwandlerin v. Rustie a. d. Nechance, 55 Eg (Fisk). Zeit 1 Min. 56 Sek. Wert des Rennens 1860. ½ für „Adlersflug“, 360 Æ für Nachtwandlerin“. Dem Rennen folgte um 45 Uhr:

IV. Begrüßungs⸗ Rennen. Graditzer Gestütspreis 1500 Tür 3jähr. u. ältere inländische Pferde. 10 M Eins. Halb Reugeld. Dist. 180) m. Dem zweiten Pferde bis 500 M aus den Einsätzen u. Reugeldern. Von 12 zu diesem Rennen genannten Pferden erschienen nur 4 am Ablauf. Es siegte nach einem höchst svannenden Lauf sicher mit einer klaren Länge des Mr. Decem a. br. H. „Alpenstock' v. Savernake 4. d. B. Flat. 564 Eg (Gogh) gegen Hrn. O. Oehl⸗ schlägers 6 jahr. br. H. „‚Lauffeuer' v. Rustic a. d. Ladd Beacons⸗ field. 56 Rg (Fiek). Zeit 2 Min. 23 Sek. Werth des Rennens

1800 ½ für „Alpenstock', 500 M für ‚Lauffeuer. Dem Rennen schloß sich um 5 Uhr an:

V. Verkaufsrennen. Graditzer Gestütspreis 1000 S Für 3zjähr. u. ältere inländische Pferde, 69M Einsatz, ganz Reugeld. Der Sieger ist für 2500 6 käuflich. Distanz 1000 m. Es liefen 3 Pferde u. siegte des Hrn. O. Oehlschläger 3jähr. br. St. „Siegespalme“ v. The Palmer a. d. Drumtassie (1500 MÆ6) 508 kg (Barton) gegen Hrn. Ulrichs 3jähr. F. H. „Trompeter von Säckingen“ v. Trumpeter a. d. Tesane (1500 C6) 52 kg (Sallowar) mit 5 Längen Vorsprung. Zeit 1 Min. 15 Sekunden. Werth des Rennens 1360 4, welche der Siegerin zufielen, die in der Auktion für 1550 4 von ihrem Besitzer zurückgekauft wurde. Den Schluß des Tages bildete um 55 Uhr:

VI. Effenberg⸗Steeple⸗Chase. Staatspreis 1200 0. Herrenreiten. Für 3 jährige und ältere inländische und österreichisch⸗ ungarische Hengste und Stuten. 60 66 Einsatz, 40 S. Reugeld. Distanz circa 4000 m. Dem zweiten Pferde die Hälfte der Einsätze und Reugelder. Es war die alte Steeple⸗Chase⸗Bahn zu durchlaufen. Von 7 zu diesem Rennen genannten Pferden erschienen nur 4 am Start, die sämmtlich von ihren Besitzern geritten wurden. Zwei von ihnen kamen zu Fall und gaben das Rennen auf. Von den beiden anderen Pferden siegte des Mr. Doan a. br. H. „‚Handicapper“ von Breadalbane a. d. Caschbor 81 kg nach Gefallen mit 100 Längen gegen des Lieut. von Sydow J. (Brandenburgisches Husaren⸗-Regt. Zieten Nr. 3) 6jährigen br. H. Cobold von Blue Gown a. d. Con⸗ stance 81 kg. Zeit 14 Minuten 28 Sekunden. Werth des Rennens 1380 für „Handicapper“, 180 „M für Cobold“. Das nächste Rennen des Frühjahrs-Meeting findet am Sonntag, den 8. Mai, statt.

Der Verein für Hindernißrennen“ hat am Freitag Abend eine Generalversammlung abgehalten und den Beschluß gefaßt, am 16. d. M. Nachmittags 3 Uhr auf der Rennbahn zu Hoppegarten ein zweites Meeting abzuhalten, bei dem vier Hindernißrennen, zwei Steeple⸗Chases und zwei Hürden⸗-Rennen geritten werden sollen. Die 6 werden im „Sporn“ und im Wochen⸗Renn-Kalender“ zekannt gemacht werden.

Der unter dem Protektorate Sr. Majestät des Kaisers stehende Deutsche Hülfsverein zu Nizza veröffentlicht seinen in der Generalversammlung verlesenen sechsten Jahresbericht für das Ge⸗ schäftsjahr 1880. Wir entnehmen demselben folgende Mittheilungen über die segensreiche Wirksamkeit des Vereins: Im Jahre 1880 hat der Verein 853 Personen bis zur Höhe von 265 Fr. mit 2373 Fr. unterstützt (1879 481 Personen mit 3156 Fr.). Durch Vertheilung von Suppenkarten zum Werthe von 10 Cts. gelingt es gegenwärti mit geringeren Mitteln mehr Gutes zu thun, als es früher mögli war. Die Mitgliederzahl hat sich von 114 im Jahre 1879 auf 195 im Jahre 1880 gehoben, und während die Zuschüͤsse zur Vereins kasse sich im Jahre 1879 auf nur 2915 Fr. beliefen, stiegen dieselben 1880 auf 5697 Fr. Das Vereinsvermögen bestand Ende 1880 aus 311 Fr. (1879: 3943 Fr., 1878: 3875 Fr.) Der Bericht des Zweigvereins zu Cannes weist eine Jahreseinnahme von 719 Fr. nach (gegen 1192 Fr. in 1879); die Ausgaben beliefen sich auf 643 Fr. (1879: 1296 Fr.), wovon 135 Personen Baarunterstützungen erhielten; außerdem wurden andere materielle Unterstützungen ge⸗ währt; im Ganzen erhielten 160 Personen Unterstützungen. Das Vereinsvermögen beträgt 554 Fr.

Der Verein Berliner Bildhauer hatte am Sonntag im oberen Saal des Restaurants Nürnberg, Annenstraße 16, eine Ausstellung der Schülerarbeiten seiner Fachschule veranstaltet, die zahlreich besucht war. Die Ausstellung zeugte in all ihren Theilen von dem Streben der Schüler, sich in ihrem Fache allseitig zu vervollkonmnen. Die. Ornamentklasse für Lehrlinge konnte einige verständnißvoll entworfene Kompositionen sowie plastische Nachbildungen nach Photographien aufweisen; die Ornamentklasse für Gehülfen hatte zumeist Füllungen im Style der italienischen Renaissance, darunter recht gelungene Kompositionen ausgestellt; die Schüler der Aktklasse hatten, um auch ihre Befähigung als Ornamentisten kund zu thun, außerdem je eine ornamentale Kom⸗ position ausgestellt; die Fertigkeit der Schüler im Zeichnen endlich wurde durch einige mit ausgestellte sogenannte Sechswochenkonkurrenzen dokumentirt; unter den letzteren interessirte vor Allem jene Konkurrenz, die eine Gedenktafel für den in München verunglückten Bildhauer A. Gehrke zum Gegenstand hat.

Die Stenotachvgraphische Gesellschaft eröffnet am 4. Mai, Abends 8J Uhr, unter Leitung des stud. phil. M. Richter einen öffentlichen unentgeltlichen Lehrkursus in ihrer neuen in 4 —- 6 Stunden erlernbaren Schnellschrift, Stenotachvgraphie“. Herren, Damen und Schüler wollen sich kurz vor Beginn im Unter⸗ richtslokale der Gesellschaft, Leipzigerstraße 94, melden.

Ein „Nachtrag zum Berliner Adreßbuch vro 18812, enthaltend die durch den Wohnungswechsel am I. April veranlaßten Veränderungen, Ergänzungen und Berichtigungen, ist soeben von der Expedition des Adreßbuchs, Berlin 8W., Schützenstraße 68, ausge⸗ geben worden. .

Melbourne, 30. April. (W. T. B) Der Dampfer Tararua“ hat an der Küste von Otago vollständig Schiff⸗ bruch gelitten; gegen 80 Personen sind hierbei umgekommen.

Im Königlichen Opernhause ging am Sonnabend das neue Ballet, welches für die laufende Saison in Aussicht genommen war, nach forgfältiger Einstudirung in Scene. Ausnahmsweise ist dieses Coppelia“ betitelte Ballet nicht ein Werk des Hrn. Di⸗ rektors Taglioni, der seit einer langen Reihe von Jahren der Dichter sämmtlicher im Königlichen Opernhause aufgeführten Tanz- Posme gewesen. Und doch hat auch um dieses choreographische Werk der bewährte Leiter unseres Ballets nicht allein das Verdienst der künstlerisch vollendeten und glänzenden Inscenirung, son⸗ dern auch mancher eigenartigen, zu dem günstigen Erfolge mitwirken⸗ den Zuthat. „‚Coppelia“ ist französischen Ursprungs. Die Verfasser sind Ch. Nuitter und A. Saint⸗Leon; die Musik stammt von Leo Delibes, dessen Bekanntschaft wir bier auf der Königlichen Bühne bei Gelegenheit der Aufführung seiner Oper le roi l'a dit' bereits gemacht haben. Von Paris aus, wo das Ballet vielfach mit großem Erfolge aufgeführt worden ist, hat es sehr bald seinen Weg nach Deutschland gefunden und ist in Wien wie auch in Hannover ein beliebtes Repertoirestück geworden. Dieser günstige Erfolg ist freilich weniger dem Libretto, wenn man so sagen darf, anzurechnen, namentlich ist der dramatische Inhalt für drei Akte etwas dürftig und in Paris wie in Wien das Ballet in zwei Akten gegeben als vielmehr der reizenden klangvollen Musik. Diese, wie auch die abge⸗ rundete, gelungene Aufführung und die glänzende und geschmackvolle Inscenirung fanden am Sonnabend lebhaften Beifall. Die Hauptrolle der Swanilda“ wurde von Frl. Dell' Era dargestellt, welche nach Monate langer, durch Krankheit bervorgerufener Abwesenbheit zum ersten Male wieder auf der Königlichen Bühne erschien, und durch ihre anmuthige und graziöse Tanzkunst wie gelungene pantomi⸗ misch⸗schauspielerische Leistung, vornehmlich in der Automatenscene des zweiten Aufzuges, sich der beifälligsten Anerkennung zu erfreuen hatte. Ebenso wurden auch die verschiedenen vortrefflich arrangirten slavischen Nationaltänze das Ballet spielt nämlich in Galizien mit großer Sicherheit und choreographischer Gewandtheit ausgeführt.

Redacteur: Riedel.

Berlin: .

Verlag der Expedition (Kessel). Druck: W. Elsner. Sechs Beilagen

einschließlich Börsen⸗Beilage), 526)

außerdem ein Fahrplan der Königlichen Eisenbahn⸗Direktion zu Berlin.

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

Mn 102.

Berlin, Montag, den 2. Mai

1881.

Nichtamtliches.

Preußen. Berlin, 2. Mai. In der vorgest rigen (87.) Sitzung setzte der Reichs tag die zweite Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Besteuerung der Dienstwohnungen der Reichs beam ten auf Grund des Berichtes der IE. Kommission fort. Der Abg. Dr. von Forckenbeck erklärte, er habe nicht die Absicht gehabt in dieser weiten Berathung des sogenannten Miethssteuergesetzes das ort zu ergreifen; die ganze Sache und die Diskussion darüber sei so peinlich, daß sie sicher nicht zur Verherrlichung des deutschen Vaterlandes beitrage, und dieses Gefühl sei bei ihm entschieden mächtiger als die Erregung über die harten Angriffe gegen seine Person und Verwaltung. Dieselben nöthig⸗ ten ihn aber unbedingt zur Abwehr, damit sein Schweigen nicht schädliche Mißdeutungen erfahre. Nach Ansicht des Abg. von Mir⸗ bach habe sich in seiner (des Redners) Stellung, seinen politischen Ueberzeugungen eine Wandlung vollzogen und deshalb habe die Stellung der konservativen Presse gegenüber seiner Person eine andere werden müssen. Eine solche Wandlung habe nicht stattgefunden, er sei immer ein entschiedener Anhänger der wirthschaftlichen Politik, die von 1808—1878 in Preußen und im Reich verfolgt sei und nach seiner Ansicht die einzige den ö, angemessene gewesen sei, nicht er habe sich gewandelt, die Stellung der Regierung und einzelner Parteien s dieser Politik habe sich gewandelt und nur dadurch sei eine Stellung eine andere geworden. Die Konsequenzen davon müsee er sich gefallen lassen und finde die Angriffe natürlich. Der Abg. von Mirbach habe den Trinkspruch im zoologischen Garten erwähnt. Das sei vielfach entstellt worden, und er berichtige grundsätzlich niemals etwas durch die Presse. Aber Zeugen in diesem Hause könnten ihm bestätigen, daß er nicht von einem Gegensatz zwischen Stadt und Land gesprochen, sondern gegen— über dem drohenden Rückschritt in wirthschaftlicher und poli⸗ tischer Beziehung die Vereinigung aller liberalen Elemente des Bürgerthums zur Abwehr des Rückschritts in Stadt und Land ausdrücklich verlangt habe. Dies sei ein- für allemal gesagt. Er sei ferner in seiner Stellung als Ober-Bürgermeister von Berlin angegriffen worden. Ausdrücklich wolle er hervor . daß er hier ausschließlich als Abgeordneter für Neu— aldensleben⸗Wolmirstedt spreche; es werde ihm wohl aber

nicht verargt werden, wenn er sich des ihm persönlich nahe⸗ stehenden Ober-Bürgermeisters von Berlin annehme. Die

Angriffe seien hauptsaͤchlich vom Fürsten Bismarck ausgegangen. Derselbe habe sich gestern darüber beschwert, daß er für 11 Pferde habe eine Steuer bezahlen müssen, weil sich zufällig an einem gewissen Tage so viel Pferde in seinem Stalle be⸗ funden hätten; wenige Tage vorher und nachher sei kein ein— ziges Pferd im Stalle gewesen. Er müsse dem gegenüber be— merken, daß es sich bei Erhebung jener Steuer um die Bei⸗ träge gehandelt habe, die von jedem Pferdebesitzer auf Grund des Viehseuchengesetzes eingezogen würden, und deren Ein⸗ sahung streng nach den reglementarischen Vorschriften erfolgt ei. Der Reichskanzler habe aber ferner an jene Beschwerde anknüpfend gesagt, es handle sich zwar nur um eine Kleinig⸗ keit, es zeige aber doch, wie richtig seine Meinung sei, daß der Ober⸗Bürgermeister nicht Alles übersehen könne, derselbe sei auch nicht so einflußreich, daß er verantwortlich gemacht wer⸗ den könne, er (Redner) könne gegen den bestehenden Ring in keiner Weise aufkommen, und habe mit dem bestehenden . zu rechnen. Dem gegenüber erkläre er be— immt, er fenne keinen solchen Ring, es existire auch keiner; der Ober-Bürgermeister und der Magistrat * auch nicht mit einer Clique, sondern mit einer elbständigen Körperschaft zu rechnen, wenn er die städtische Verwaltung prosperirend erhalten wolle. Richtig sei aller— dings, daß die Mitglieder der Stadtverordnetenversammlung ebenso wie die Majorität der hiesigen Bürgerschast überhaupt, überwiegend der Liberalen und Fortschrittspartei angehörten, aber wo existire ein Einfluß des Manges in jener Versammlung? Allerdings existirten in der Stadtverordnetenversammlung Ver— eine, das sei bei der großen Anzahl der Mitglieder und den vielseitigen städtischen Interessen nur natürlich; sie seien aber nicht gebildet nach politischen Rücksichten, sondern nach den verschiedenen Auffassungen der wirthschaftlichen kommunalen Verhältnisse. Ein solcher Ring, wie ihn Fürst Bismarck an— nehme, sei aber auch unmöglich. Er (Redner) sei Jahre hin⸗ durch Mitglied der Stadtverwaltung in einer kleinen und in einer mittleren Stadt gewesen, er sei Bürgermeister der zweiten Stadt Preußens 3 und bekleide jetzt dies Amt in der

auptstadt: die Erfahrung habe er aber gemacht, daß in keiner Stadt die Verwaltung 62. so festen, seit Alters her unab⸗ änderlichen Grundsätzen gehandhabt werde wie in Berlin, jede Abweichung von den althergebrachten Regeln mache den, der sie beantragen wolle, besorgt vor den ungewissen Konse⸗ uenzen und unterbleibe darum in den häufigsten Fällen ganz. 2. einer solchen Versammlung könne gewiß kein Ring existiren.

E bedauere wirklich, daß er das Haus mit diesen minimalen Dingen längere Zeit habe unterhalten müssen und wende sich ke mit einigen kurzen Worten zum Gesetze selbst. Bei Ge⸗ egenheiten der Berathung desselben seien harte Angriffe gegen die Berliner Kommunalverwaltung und namentlich gegen die enen Verwaltung erhoben worden und zwar deshalb, weil sie die Miethssteuer erhalten und keine nstrengungen . habe, dieselbe zu beseitigen. Nach seiner innigen eberzeugung träfe diese Kritik und alle ihre harten Aus⸗

drücke, die er in keiner Weise für gerechtfertigt halte wenn sie wahr wäre, viel weniger die Berliner Lommunalverwaltung als die Staatsregierung vom Jahre 1815 ab bis in die neueste

eit, auf deren Verfügungen und Anordnungen diese finanzielle estaltung Berlins beruhe und die sie in jeder Beziehung durch ihre Initiative hervorgerufen habe. Die Miethssteuer fei ein— geführt durch eine Königliche Verordnung vom Jahre 1815, egengezeichnet vom damaligen Staatskanzler von Hardenberg. habe die Akten des Magistrats über die Entstehung dieser Verordnung studirt und er könne versichern, daß der Einfluß, den die damals erst sich bildende Kommunalverwaltung auf diese Verordnung ausgeübt habe, ein außerordentlich geringer

gewesen sei. Zur Miethssteuer, die damals mit 8 Proz, zur

.

Haussteuer, die damals mit 4 Proz. in der Verordnung ein— geführt sei, seien dann durch Gesetz von 1820 Zuschläge zu der Mahl⸗ und Schlachtsteuer und Antheile an der Mahlsteuer getreten und abgesehen von der gegenwärtig noch erhobenen, ganz unbedeutenden Brau- und Malzsteuer habe bis 1869 diese durch die Initiative des Staates hevorgerufene Finanzverwal— tung bestanden. Man werde ihm zugeben müssen, daß diese Art und Weise, die Bedürfnisse der Kommunalverwaltung zu beschaffen, Miethssteuer, Mahl⸗ und Schlachisteuer u. A. vorzugsweise die ärmeren und mittleren Klassen der Bevölke— rung getroffen habe, und daß die wohlhabenderen Klassen der Bevölkerung zu den Kommunalbedürfnissen außerordentlich wenig herangezogen seien. Der erste Anstoß zur Aenderung dieser Steuerverfassung sei wiederum von der Staatsregierung ausgegangen und die Initiative derselben ziehe sich wie ein rother Faden durch alle städtischen Akten durch. Der erste Angriff gegen die Mahl⸗ und Schlachtsteuer sei bereits im Jahre 1847 im vereinigten Landtag erhoben, indem dort durch eine Vorlage die Aufhebung der Mahl- und Schlachtsteuer und die Einführung der Klassen⸗- resp. Einkommensteuer von der Staatsregierung verlangt sei. Allerdings sei in den großen Städten über 30 006 Einwohner in 3§. 11 und 12 der Vorlage freigelassen, den Oktroi beizubehalten; die Vorlage der Regierung bestimme aber ausdrücklich, daß bei diesem Oktroi die ärmeren Volksklassen möglichst geschont wer— den sollten. In allen Verhandlungen über die Erweiterung des Weichbildes, über die Befeitigung der Stadtmauern liege eine Initiative der Staatsregierung vor. Der Magistrat könne das ja sehr leicht machen, habe sich wiederholt der Fi— nanz⸗Minister von Patow den städtischen Behörden gegenüber geäußert, wenn derselbe die Mahl- und Schlachtsteuer in Berlin aufhebe und zur Klassensteuer übergehe. Sei es da zu verwundern, wenn im Einklang mit der Auffassung der ganzen Bevölkerung zunächst im Jahre 1869 durch die seiner Ansicht nach außerordentlich wohlthätige Maßregel der Ber⸗ liner Kommunalverwaltung die Einkommensteuer eingeführt worden sei als Ergänzungssteuer gegenüber der nicht variablen Miethssteuer, und daß, nachdem der Staat durch das auch vom Fürsten Bismarck gegengezeichnete Gesetz von 1875 die Freiheit gegeben habe, die Mahl- und Schlachtsteuer beseitigt sei? Die Miethssteuer möge ja ihre Schwächen haben, aber als Objektssteuer, die sich auf dasjenige Objekt basire, für dessen Verbesserungen die hauptsächlichsten Leistungen der Kommunalverwaltung eingegriffen hätten, sei eine Steuer auf Wohnungen, zu deren Verbesserungen die Kommunalbehörden behufs der Ermöglichung des Zusammenlebens einer Bevölkerung von 1100000 Einwohnern fortwährend Aufwendungen mache, an und für sich eine richtige Steuer und viel besser als ein Oktroi, welche dasselbe wie die Miethssteuer bringen solle. Man sage, die Miethssteuer treffe den kleinen Mann unver⸗ hältnißmäßig. Er . selbst gegen einzelne Bestimmungen der Miethssteuer seine Bedenken, aber er folge in dieser Beziehung dem Grundsatz, daß er eine bestehende Steuer nicht eher angreife, als bis er die Mittel und Wege zur Beseitigung der Mängel, die er angreifen wolle, vor sich habe, und einer so kritischen Bevölkerung wie der Berliner gegenüber müsse man diesen Grundsatz am aller— meisten festhalten. Aber dieselbe habe doch einen Vorzug als die alleinige Kommunalsteuer, welche man beim Zuschlag bei der Staatssteuer nicht habe. Die en, f,. derselben ruhe lediglich in den Händen der Kommune und könne durch ihre Verwaltungsgrundsätze geregelt werden und aus letzteren werde man am allerbesten entnehmen, ob die Kommune hart gegen den kleinen Mann sei oder auf Grund der bestehenden Ge— setze billig verfahre. Es existire in Bezug auf die Mieths⸗ steuer hier in Berlin ein Kommunalbeschluß, vermöge dessen die Miethssteuerkommission ermächtigt sei, nach vorher ein⸗ geholtem Gutachten des Bezirksvorstehers nach Verhältniß der Bedürftigkeit die Miethssteuer durch ihren einfachen Be⸗ schluß zu erlassen oder zu vermindern. Jetzt wolle er dem Reue einmal vorführen, wie in dieser Beziehung die Berliner ommune gehandelt 66. Im ersten Duartal 1881 seien von der Miethssteuer befreit wegen Bedürftigkeit nach vorher eingeholtem Gutachten der Bezirksvorsteher 4949 Per⸗ sonen bei einem Gesammtmiethswerth ihrer Wohnungen von Ss35 976 6 und theilweise befreit 2924 Personen bei einem en n 382 583 6 Gesetzlich miethssteuer⸗ frei seien nach den Reglements außerdem die Almosen⸗ und Pflegegeldempfänger, das seien in demselben Quartal 8911 Per⸗ sonen gewesen. Vergleiche man diese Zahl von ungefähr 17 000 Miethswohnungen, die in Berlin von der Miethssteuer wegen Bedürftigkeit des kleinen Mannes befreit seien, mit der ganzen Ziffer der Miethssteuercensiten von 225 000, so werde man entnehmen, daß ungefähr 5 bis 6 Proz. sämmtlicher Wohnungen wegen Armuth des kleinen Mannes von der Miethssteuer vollständig befreit seien. Solle die Stadtverwal⸗ tung Berlins jetzt diese Miethssteuer, welche im Augenblick 9 500 000 ( bringe, welche bei steigender Bevölkerung denn die Art und Weise, wie die Bevölkerung steige und dem Wohnungsbedürfniß entspreche bewege sich hier in Berlin in ganz regelmäßigen Kurven aufgeben zu Gunsten eines Oktrois, welcher sich nicht lediglich auf Fleisch beschränken könnte, sondern auf viele Gegenstände der örtlichen Konsumtion ausgedehnt werden müßte? Es frage sich, wie käme die Stadt Berlin mit der Gesetzgebung aus, mit der speziellen preußischen Ge⸗ berge bunß des Jahres 1875, dann aber auch weiter und in verboppelter Stärke nach Einführung des so vielfach noth⸗ wendige Lebensmittel an der Grenze besteuernden Tarifs mit den Zollvereinsverträgen und mit dem Zollvereinstarif? Er halte es für unmöglich, wenn nothwendige Lebensbedürfnisse an der Grenze schon hoch besteuert seien, nochmals in der Hauptstadt, deren Bevölkerung hart arbeiten müsse, um zu Fir, einen Zoll von denselben zu erheben. Er glaube, daß diese Frage mit dem Bundesrathe kaum zu lösen wäre. Dann aber dürfe auch der Umfang Berlins, der 47,? km be⸗ trage und eine Kontrolle nahezu unmöglich machen würde, nicht außer Acht gelassen werden. Er müsse noch besonders betonen, daß die 1 für das Berliner Finanzsystem unentbehrlich sei, es könne sich höchstens darum handeln, die Härten, wo solche hier und da hervorträten, zu mildern.

Was nun die Einschätzung des Fürsten Bismarck betreffe, so wolle er konstatiren, daß ihm alle Maßregeln des Magistrets in dieser Angelegenheit bekannt ge— wesen seien, daß der Magistrat auch gewußt habe, was kommen würde, und daß derselbe raf habe, ob er dem Fürsten Bismarck nn, . eine Ausnahme machen dürfe; der Magistrat sei aber nach sorgfältigster Erwägung zu dem Beschlusse gekommen, daß die bestehenden Reglements Aus— nahmen ganz unmöglich machten. Man sei weiter im Ma⸗ gistrat darüber einig geworden, daß das vorliegende Gesetz für die Stadt von minimalem Interesse sei. Wie es von der Kommission vorgeschlagen worden, ändere dasselbe an den be— stehenden Zuständen und an der Einschätzung so gut wie nichts. Der Reichstag möge sich also fragen, ob ein derartiges Gesetz der Würde des Deutschen Reichstags angemessen sei.

. Der Abg. Dr. Reichensperger (Crefeld) betonte, daß die Frage, um die es sich hier handele, nur eine minimale Be— deutung habe. Die Miethssteuer sei jedoch ein wahres Brut— nest von Querelen. Man wisse nicht, wie man sie definiren solle, sei sie eine Aufwandsteuer oder eine Einkommensteuer, wer trage sie, in welcher Weise sei sie gerecht zu vertheilen? Es habe bisher an der richtigen Grundlage für die Erhebung der Miethssteuer gefehlt, und diese Grundlage gebe nun diese Vorlage. Sei dieselbe gerade für Berlin, wie der Vorredner betont habe, von untergeordneter Bedeutung, so sollte man ihr von der linken Seite um so bereitwilliger zustim— men, je größer die Nachtheile seien, welche der Stadt Berlin im Falle der Ablehnung nach den Erklärungen des Reichskanzlers in Aussicht ständen. Der Reichskanzler habe mit der Verlegung der Reichsregierung und des Reichs⸗ tags nach einer Provinzialstadt gedroht, sollte der Reichstag nicht eine Quelle verstopfen, aus der so viel Mißhelligkeiten entsprungen seien? Die Vorlage solle, wie der Abg. Benda gemeint habe, ein gehässiges Privilegium seien. Der Fraktions⸗ genosse des Abg. v. Benda, der Abg. Delbrück habe aber doch derselben das Wort geredet und seine Zustimmung zu dem Gesetz selbst für den Fall in Aussicht gestellt, daß es auf die Staatsbeamten ausgedehnt werden sollte! Die Vorlage solle ferner ein Gesetz ad hoc sein. Dieser Grund sollte für die Herren von der Linken nicht durchschlagend sein. Habe doch die linke Seite dieses Hauses vor Jahren dem Jesuitengesetz zugestimmt, obgleich die Jesuiten nicht vorher gehört seien, ob⸗ gleich nichts vorgelegen habe, um irgend etwas ihnen mit Fug nachweisen zu können, und das sei doch wahrlich ein Gesetz ad hoc, wie es jemals eingebracht sei. Deshalb sollte die Linke auf dieses Bedenken wenigstens so lange verzichten, bis sie jenes traurige Jesuitengesetz beseitigt habe. Der Abg. Richter, der einen ganzen Köcher voll Pfeilen nach einer ganz anderen Richtung als nach der Vorlage verschossen habe, habe gemeint, das Volk werde aus dem Schicksale dieses Gesetz⸗ entwurfs erkennen, ob der gegenwärtige Reichstag gesinnt sei, der Entwicklung des diktatorischen Regiments ein Ende zu machen. Er für seine Person sei überzeugt, das Volk werde fühlen, daß es sich hier um eine ganz unbedeutende Sache handele, daß aber das Gesetz geeignet sei, Mißhelligkeiten und Uebelständen ein Ende zu machen.

Der Abg. Löwe (Berlin) bemerkte: Man habe versucht, zu verhindern, daß die Debatte wieder von dem eigentlichen Gegenstand der Erörterung auf allgemeine politische Gesichts— punkte abschweife. Es sei das nicht gelungen, weil sich das Bedürfniß nicht habe abweisen lassen, über gewisse Behaup⸗ tungen, welche in der ersten Lesung aufgestellt seien und von seiner (des Redners) Partei in Folge einer gewissen Ueber⸗ rumpelung zum Theil unwidersprochen geblieben seien, jetzt noch die nöthige Aufklärung zu geben. Seit der ersten Lesung dieser Vorlage sei in Berlin eine lebhafte Agitation gegen die Stadtverwaltung in Scene gesetzt worden von Ele⸗ menten, die als unlauter und wenig ehrenwerth bekannt seien, die sich aber meist auf die Ausführungen, die der Fürst Bismarck in der ersten Berathung hier gemacht habe, stützten; wenn seine Partei deshalb jenen Ausführungen ent—

egentrete, so geschehe es nicht, um Wahlreden zu halten, ondern um einer weiteren Verwirrung und Zerrüttung des öffentlichen Lebens in Berlin vorzubeugen. Den Mittelpunkt der Ausführungen des Reichskanzlers habe dessen Angriff gegen die Ungerechtigkeit der Miethssteuer gebildet. Schon der Abg. von Forckenbeck habe darauf hingewiesen, daß in allen den Fällen, wo der Nachweis geführt werden könne, daß die strikte Ausführung der Miethssteuererhebung zu Härten führe, gewisse Rücksichten genommen und Steuerermäßigungen be⸗ in gf würden. In dem Falle, welcher den Reichs⸗ kanzler persönlich betreffe, sei eine solche * im Hin⸗ blich auf die Leistungsfähigkeit des , ers nicht nach—⸗ zuweisen, und es wäre deshalb gewissenlos gewesen, von der strikten Ausführung der gesetzlichen Vorschriften abzu⸗ weichen, um etwaigen Angriffen des Reichskanzlers zu ent- gehen. Ueber ungerechte Behandlung Seitens der Stadt, welche dem Reichskanzler durch Uebertragung des Ehrenbürger⸗ rechts die höchste Ehre erwiesen at welche ein Gemeinwesen verleihen könne, dürfe sich Fuürst Bismarck wahrlich nicht be⸗ schweren. Auf die Behauptung, daß die Einschätzung der Wohnung des Reichskanzlers Seitens der Steuerdeputation auf politische Tendenzen zurückzuführen sei, brauche X mehr . nachdem der Magistrat 6 in so würdiger Weise zurückgewiesen habe und der Reichskanzler die⸗ elbe gestern ug nicht mehr aufrecht erhalten habe. Hätte der

ürst 1 selbst den einschätzenden Beamten diejenige Auf⸗ lärung über die Benutzung der Wohnräume gegeben, welche derselbe hier . habe, so würde das Resultat der Ein⸗ schätzung möglicher Weise ein anderes gewesen sein; auf Grund der Mittheilungen, welche ihnen der Kastellan gemacht habe, hätten sie jedoch nicht anders 4 können, als sie gethan hätten. Der Reichskanzler habe gestern darüber gespottet, daß die Einschätzungskommission ihre Berechnung auf die Angaben dieses Kastellans gestützt hätte, dieselbe 1 auf ihre An⸗ frage, an wen sie sich um Auskunft über die Wohn⸗ räume des Reichskanzlers wenden solle, aus der Reichskanzlei ein Schreiben erhalten, in welchem sie ausdrücklich auf den Kastellan Krüger verwiesen sei. Der Reichstag habe übrigens nicht den Beruf zu untersuchen,