*
Nichtamtliches.
Preußen. Berlin, 7. Mai. Im weiteren Ver— laufe der gestrigen (39.) Sitzung setzte der Reichs tag die zweite Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Abänderung der Artikel 13, 24, 698, 72 der Reichsverfassung in Verbindung mit dem Antrage Rickert fort. Der Abg. Langwerth von Simmern sprach sich gegen die Vorlage aus. Dieselbe, gegen die er die größten Bedenken habe, scheine ihm lediglich den Bedürfnissen Preußens, nicht der übrigen Bundesstaaten angepaßt zu sein. Die Rede des Reichskanzlers beweise das. Und welch ein Bild würden die Reichstagsverhandlungen bieten, wenn die Vorlage angenommen würde! Man würde dann in Deutschland zweierlei parlamentarische Sessionen bekom— men, solche ersten Grades, in welcher Etat und Vorlagen und solche zweiten Grades, in der nur Vorlagen berathen würden, welchen letzteren man mit noch geringerem Interesse folgen würde, zumal wenn wirklich, was er noch nicht glauben wolle, Reichstag und Bundesrath nach einer Proyinzialstadt verlegt würden. Die Vorlage führe aber auch zu einer Beschränkung des Budgetrechts und durch die Cen⸗ tralisation, die sie bezwecke, zum Absolutismus und zur Dik⸗ tatur der schlimmsten Art, wie in dem napoleonischen Frank⸗ reich und Rußland. Freiheit ohne Decentralisation sei nicht möglich, und die angeblich bewirkte Förderung des föderalisti⸗ schen Gedankens biete keinen Trost. Gegen den gesteigerten Bureaukratismus würden die Landtage nicht aufkommen kön⸗ nen und ein Föderalismus könne auf der Grundlage einer solchen Vorlage unmöglich erblühen. Es sei an der Zeit der vor⸗ strebenden Diktatur einen Damm entgegenzusetzen. Er bitte daher die Vorlage abzulehnen und den Kommissionsvorschlag zu acceptiren.
Der Abg. Fürst zu Hohenlohe-Langenburg bemerkte:
die Abgg. Hanel und Rickert hätten bei der ersten Lesung dieses ien seiner Partei vorgeworfen, daß sie durch Annahme des 5§. 13 der Vorlage, ihre alte Tradition, ein Schutz und Schirm des konstitutionellen Verfassungslebens zu sein, aufgegeben habe. Das sei ein Vorwurf so schwerwiegen⸗ der Art, daß er unmöglich zu demselben schweigen könne. Er konstatire, daß seine Partei nie die Absicht gehabt habe, die Rechte und das Ansehen des Reichstages irgend— wie zu verletzen. Etwas Anderes sei es, die Ver— fassung ändern, und ein anderes, Vorschläge zu machen, um unhaltbaren Zuständen, wie sie sich im Laufe des parlamentarischen Lebens herausgestellt hätten, ein Ende zu machen. Diese Absicht werde seine Partei unterstützen. Aber wo bleibe die Gerechtigkeit, wenn die Linke den Konservativen den Vorwurf der Verfassungsverletzung mache, während sie selbst eine Aenderung des Art. 13 beantrage? Wenn aber alle Parteien darüber einig seien, daß es nicht so weiter gehen könne, wie bisher, daß das Zusamnentagen von Reichstag und Landtagen vermieden werden müsse, so könne dieser Ge⸗ danke einzig und allein realisirt werden durch Einführung der zweijährigen Budgetperiode. Schon in früheren Jahren sei die Nothwendigkeit derselben von verschiedenen Parteiführern des Hauses anerkannt. Die Abgg. Völk, Windthorst und Kar— dorff hätten sich dafür ausgesprochen, der erstere namentlich mit dem Hinweis auf Bayern, in dem die zweijährige Budget⸗ periode schon bestehe. ie Bedeutung des Rickertschen An⸗ trages verkenne er nicht. Gewiß wäre es wünschenswerth, daß der Reichstag schon im Oktober einberufen würde und vor dem Landtage tagte, um schon vor demselben das Budget fertig stellen zu können. Die Regierung könnte ja vielleicht auch ebenso gut die Eröffnung des Reichstages auf den Oktober verlegen, wie sie sie früher auf den Februar ver— legt habe. Allein die Ausführung des Projekts sei so lange undenk— bar, als man in Deutschland einjährige Budgetperioden habe. Es werde unmöglich sein, den Eiat vom 1. April ab soweit fertig zu stellen, daß derselbe schon im Oktober vorgelegt wer⸗ den könne. Der Reichstag würde dann in dieselbe Lage kommen wie vor 5 Jahren, wo man das — 8 nur stückweise * erledigen können. Sodann würde durch die Annahme es Rickertschen Antrages die Prärogative des Kaisers wesent⸗ lich abgeschwächt. Aus diesen Gründen werde er mit seinen Freunden gegen den Antrag der Kommission stimmen und er offe, daß auch ein Theil der Linken den Antrag der Kom⸗ mission um so weniger aufrecht erhalten werde, als es un⸗ zweifelhast sei, daß die Regierung diesen Antrag nie annehmen werde und nie annehmen könne.
Der Abg. Rickert bemerkte dem Abg. Stumm gegenüber, der Letztere scheine es für eine nicht gute Gewohnheit zu halten, wenn ihm J mand widerspreche. Er werde sich aber die Freiheit, dem Abg. Stumm zu antworten, nicht be— schränken lassen, trotzdem derselbe so weit gehe, denjenigen, der seine Meinung nicht theile, für einen Sozialdemokraten und einen Revolutionär zu erklären. Der Abg. von Bennig⸗ sen habe gestern den Abg. Stumm gründlich und kurz wider⸗ legt. Der Abg. Stumm scheine in der That nicht zu wissen, daß der Reichstag außer den Etats sämmtliche Lesungen und alle anderen Geschafte in der von ihm angegebenen Zeit erledigt habe. Der Reichekanzler könne noch einmal eine Rede eine Stunde lang halten, die Thatsache bleibe doch feststehen, die Berathung des Reichsbudgets habe noch keine 14 Tage gedauert. Was den vorliegenden Antrag betreffe, so habe der hieiche lan le sich gestern viel korrekter geäußert, als heute Fürst Hohenlohe; der Reichskanzler habe erklärt, davon nicht sprechen zu wollen, es sei Sache Sr. Majestät zu entscheiden, ob ein Eingriff in die Prärogative der Krone vorliege. Wenn die Konservativen in die Minorität kämen, würden sie von allen diesen Theorien nichts mehr wissen wollen. Und die Zeit liege nicht allzufern trotz aller Reden, die der Reichtz⸗ anzler nach dem Lande hinaus halte. Herr von Bennigsen habe das Recht der Krone, den Reichetag zu berufen, gestern in seinem wahren Sinne ausgelegt, aber leider nicht mit viel Erfolg, wie die Sprache des 3 Hohenlohe beweise. Die „Norddeutsche Allgemeine“ habe die Gegner des Reichskanzlers, namentlich seines wirthschaftlichen Programms, neulich Republi⸗ faner genannt. Das verfange aber nicht mehr. Mögen die kon⸗ servativen Blatter schreiben, was sie wollten, mögen sie die Fort⸗ schrittler und Sezessionisten für international erklaren, das Volk wisse, was es von diesen Verleumdungen zu halten habe. Wag solle Jemand zu einer solchen Behauptung sagen, daß die libe⸗ rale Presse monopolisirt sei. Bereise man die Dörser in ganz Deutschland, dann werde man in jeder Schenke die 6
vinzialkorrespondenz sinden, die nur Re Reden des n, e
lers enthalte, von der Opposition kein Wort. Die Kreisblätter, d
eigentliche Presse für das Volk, ständen unter der Direktion, wenn er so sagen dürfe oder unter dem Einfluß der Landraäthe. Die liberalen Blätter seien aus freier Entwickelung heraus
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entstanden. Er sei in der That neugierig, ob die nächste Provinzial⸗ Korrespondenz das abdrucken werde, was er heute spreche. 8 der widerspreche, solle beseitigt werden, derselbe möge tehen wo er wolle. Das Haus habe die Vorlage nach ihrem inneren Werth zu prüfen. Er werde dem Reichskanzler beistimmen, so oft derselbe etwas Gutes vorschlage, er werde sich aber dagegen ablehnend verhalten, wenn derselbe etwas Schlechtes bringe, möge derselbe seine Partei auch noch so sehr anklagen beim Volk. Der Reichskanzler beklage sich über das Arbeiten mit den Fraktionen. Keine einzige nehme derselbe aus, auch die Herren auf der Rechten hätten gestern den Absagebrief er— halten. Was der Reichskanzler von den vielen Berlinern gesagt habe, so wisse er nicht, wen derselbe damit gemeint habe, doch gewiß nicht die Herren von der rechten Seite; denn in der Fortschrittspartei seien nur sechs Berliner, die hier außer der parlamentarischen Thätigkeit ihrem Berufe nachgingen: Virchow, Klotz, Hermes, Löwe, Neßler und Rich⸗ ter. Auch unter den Konservativen gebe es gute Redner, der Abg. von Kleist-Retzow sei ein Redner ersten Ranges, der Abg. Flügge (Speck), Graf Moltke ꝛc., nicht minder. Gereiche die Beredisamkeit dieser Herren denn dem Reiche so sehr zum Unheil, wie der Reichskanzler gemeint habe? Sei der Reichs— kanzler nicht selbst aus den Parlamentariern hervorgegangen? Uebrigens glaube er nicht, daß das klerikal-konservative Bünd— niß durch die gestrige Rede des Reichskanzlers einen großen Stoß erlitten habe. Eine unbehagliche Stimmung herrsche, jetzt auch in den Reihen der Konservativen; man wisse aber ganz gut, wo der Kern des Uebels sitze. Die konfervative Partei dürfe nicht für einen Mann bestehen. Die gegenwärtige konservative Partei kenne nur die Parole Bismarck. Er erkenne dessen große Verdienste an, aber es sei doch ein schlimmes Ver— hin gi Alles an die Gedankenreihe eines Mannes zu nüpfen und das Entgegengesetzte auf Tod und Leben zu be⸗ kämpfen. Frage sich der Reichskanzler doch, ob es nicht be— denklich sei, wenn selbst ein so gemäßigter Mann wie der Abg. von Bennigsen sage: „Bis hierher und nicht weiter i“ Der Abg. von Bennigsen werde der gestrigen Aufforderung des Reichskanzlers schwerlich folgen. In der vorliegenden Frage widersprächen sich der Reichskanzler und die Konservativen: der Reichskanzler wolle den Reichstag nur alle zwei Jahre, die Konser— vativen wollten ihn jährlich tagen lassen, daneben aber zweijährige Budgets. Also auch in diesem Falle habe der Reichskanzler keinen Freund. Eine Session des Jieichstags ohne Budget sei aber nicht über 24 Stunden zu halten. Im preußischen Landtage werde die a, n m viel kürzer werden, wenn erst der Kulturkampf beendigt sei und der Reichstag erledige sie in 14 Tagen neben anderen Vorlagen. Der Reichskanzler sei un— dankbar gegen das deutsche Volk und seine Vertretung: nie und nirgend habe, ein Staatsmann auf dem Gebiet,
auf dem derselbe in der That Meister sei, so unbe—⸗ dingte Anerkennung gefunden, sei so von der Zustimmung des ganzen Volkes getragen, und der mit solcher
Machtfülle ausgestattete Minister erkläre, daß er mit diesen geduldigen Männern nicht mehr weiter kommen könne. Kein Staatsmann in Eurgpa habe jemals einen so leichten Boden für die Verständigung mit den Parteien gehabt, und wie lange werde es dauern, bis bei der Wahlbewegung der Abg. von Bennigfen in der Schußlinie der „Provinzial⸗Korrespondenz“ stehen werde, obwohl derselbe sich doch der Gesellschaft der Lasker, Forcken⸗ beck und Bamberger entzogen habe und ganz frei sei Wer diese Vorlage leichten Herzens annehme, dem könne das Volk seine Zukunft nicht anvertrauen. z
Der Abg. Richter (Dagen) bemerkte, es habe gestern auf ihn einen eigenthümlichen Eindruck gemacht, als der Reichs— kanzler gegen den Abg. von Bennigsen manchmal fo ge⸗ sprochen habe, als ob derselbe ein gewöhnlicher Fortschritts⸗ mann wäre, ungefähr so, als ob er (Redner) vorher gesprochen hätte. Der Reichskanzler habe indeß gestern dem Abg. von Bennigsen selbst Verdienste um das Reich zuerkannt, und dessen jetzige verstimmte Haltung nicht sachlichen, sondern mehr persönlichen Motiven zugeschrieben; die Quintessenz der Auf⸗ forderung des Kanzlers an den Abg. von Bennigsen deckte sich mit den Worten des Erlkönigs „Und bist Du nicht willig, so brauch' ich Gewalt!“ Folge der Abg. von Bennigsen dem Rufe des Erlkönigs, so würden die Töchter des Reiche— lanzlers, die Freikonservativen, ihn „warten schön . Befremdend sei, daß gestern des Centrums Seitens des Kanz— lers gar nicht gedacht sei. Diese große, beim Zolltarif und noch jüngst beim Dienstwohnungs-Gesetz Ausschlag gebende Partei sei gestern völlig ignorirt. Wie aber, wenn sich nun der Abg. von Bennigsen von der Rechten umgarnen lasse, was dann mit dem Centrum? Der Reichskanzler greife ini Uebrigen alle Parteien ohne Unterschied an, und er felbst sei es, der, wenn irgend Jemand, an seinem Sturze arbeite. Der Reichskanzler verlange eine Partei Bismarck sans phrase; derselbe spreche jetzt von einer Mittelpartei, verstehe darunter aber diejenige Partei, deren Mittel punkt er sei, owohl im Redenhalten als im Handeln. Die Opposition des eichs⸗ tags werde dem Reichskanzler immer unerträglicher; früher habe derselbe nur Schutzmaßregeln gegen den Miß rauch der Redefreiheit gewollt, jetzt sei ihm schon die Eloquenz an sich zuwider! Von dem Monopol der liberalen Presse zu sprechen, sei um so weniger gerechtfertigt, als gerade umge⸗ kehrt das Monopol der konservativen Presse heute größer sei, als je, da die konservativen Blätter durch die dg slr ilch; Zuwendung der amtlichen Inserate an; ein seitig privilegirt würden, und in welchen die Reden des Reichskanzlers in hun⸗ derttaufenden von Exemplaren als Wahlflugblätter verbreitet würden. Der Vorwurf eines Kartells zwischen Fortschritt und Sozialdemokratie stütze sich auf das Ergebniß der Wahlen in Hamburg und Weimar, während doch in Hamburg nicht die Fortschrittspartei die Nationalliberalen besiegt habe, sondern die Fortschrittspartei von den Sozialdemokraten besiegt sei, mit denen dieselbe ein Kartellverhältniß haben solle! Gleichwohl müsse er sagen, daß er in der gestrigen Rede des Reiche kanzlers einige Körnchen Wahrheit gefunden habe, und das möge beweisen, wie unbefangen er sei. Der Reichskanzler habe ö. mißsallig darüber ausgesprochen, daß zu viel Ver— waltungsbeamte im Reichstage saßen, die von ihrem kurulischen Sessel herunterblickten auf Minister und Beamte und nach Be⸗ endigung der Session wieder Untergebene in deren Bureaur seien. Das sei in der That etwas Mißliches und deshalb habe die Fortschrittspartei mn auch keinen 1 en Ver⸗ waltungebeamten geschickt mit Ausnahme zweier selb andiger
Kommunalbeamten. Nun könne der Reichskanzler selbst aber dazu etwas thun, die Zahl, der Verwaltungs⸗ beamten im Reichstage zu vermindern, ohne daß
man die Versassung ju ändern brauche. Wenn der⸗ selbe alle Persunen, die ihm nahe ständen und irgend eine] abhangige Stellung hätten dazu veranlassen wollte
— es würde vielleicht auch schon genügen zu zeigen, daß man nicht gerade den besonderen Wunsch hätte, sie hier J sehen, dann würde die Zahl der Verwaltungsbeamten erheblich vermindert werden zu Gunsten gerade derjenigen Klasse, die dem Reichskanzler im Reichstage erwünscht seien, nämlich derjenigen, die irgend etwas Materielles produzirten, deren praktische Erfahrungen von hohem Werthe seien. Der zweite Punkt sei, daß zu viel Berliner hier seien. Er möchte allen Parteien rathen, sich ebenso wie die Fortschrittspartei auf eine kleine Zahl von Berlinern zu beschränken. Es seien in seiner Partei 6 Berliner und 5 davon hätten das Recht hier zu sein, da es 5 Berliner Wahlkreise gebe. Also, wenn die Herren auf konservativer Seite dahin wirkten, möglichst auz= wärtige Kandidaten für die Berliner aufzustellen, so sei fei— ner Partei das auch ganz genehm. Eine genaue Statistik habe ihm nämlich gezeigt, daß 14 bis 15 konservative Ver— liner hier seien, und daß die Zahl derjenigen, welche mehr oder weniger zu den entschiedenen Freunden des Reich⸗ kanzlers gehörten, unter 46 Berlinern Üüber 30 betrage, dabei habe er die Herren vom Centrum, welche er nicht klassifiziren könne, noch nicht einmal mitgerechnet. Ein anderer Punkt betreffe die Präsenz in diesem Hause. Auch darin sei die Fortschrittspartei mit dem Reichskanzler einverstanden, seine (Les Redners) Par— tei entspreche aber in dieser Beziehung dem Ideale des Reichsz⸗ kanzlers. Bei der Abstimmung über die Miethssteuer sei seine Partei neulich mit 80 Proz. hier vertreten und habe damit alle Parteien übertroffen. Er meine, das Ansehen des Reichstages hedinge eine möglichst zahlreiche Frequenz; wollte sich der Reichskanzler endlich entschließen, Diäten aus Reichs⸗ mitteln zu zahlen, dann würde man am praktischsten dem Uebel abhelfen. Das werde der Reichskanzler ihm zugeben müssen, daß Alles, was man sich von der Versagung der Diäten versprochen habe, nicht eingetreten sei. Die unbequemen Leute, die man habe fern halten wollen, säßen auch heute hier und die damaligen Klagen über den Parlamentarismus führe der Kanzler heute noch stärker. Die vierjährige Legislaturperiode habe, nachdem man an der einjährigen Berufung festhalte, vollständig ihre Voraussetzung verloren, in der sie in der Vorlage empfohlen sei, und es werde schwer halten, für vier Sessionen innerhalb vier Jahren Abgeordnete zu finden, die sich zur Annahme eines Mandates entschließen würden. Der Reichskanzler habe gestern von der Prärogative der Krone gesprochen, man möge die Empfind— lichkeit nicht dadurch wecken, daß man die Prärogative der Krone antaste, ehe von jener Seite eine Initiative ergriffen worden. Habe der Reichstag nicht dasselbe Recht der Empfind⸗ lichkeit, wenn man in die Prärogative des Reichstages eingreife. Der Reichskanzler spreche von der Initiative der Krone, und entwickle gleichzeitig den Gedanken, daß der Reichstag von Berlin fortgelegt werden solle. Diese Frage interessire die Krone noch viel mehr als die Stadt Berlin. Er möchte an den Reichskanzler die Frage richten: habe derselbe das Ein— verständniß der Krone gehabt, bevor er diese Absicht an— gekündigt habe, ganz abgesehen von dem Einverständniß des Bundesraths, und sei es richtig, mit Bestimmtheit eine An— kündigung zu machen, wenn man das Einverständniß der Krone in dieser Beziehung nicht habe? Man nehme die An— kündigung, die übrigens ein alter Bekannter aus dem Jahre 1874 sei, in Berlin nicht ernsthaft, die Berliner fragten mehr danach, wohin der Reichstag kommen solle, als daß der— selbe von Berlin fortkomme. Wäre die Ankündigung ernst zu nehmen, so müßte sich allerdings nicht Berlin, aber doch ge— wisse Kreise desselben beunruhigen, und da hätte man wieder ein Projekt, das die Geschäftswelt und die Hausbesitzer be⸗ unruhige. Gut sei es aber auch nicht, daß man im Volke anfange den Reichskanzler weniger ernst zu nehmen, als es seiner Stellung entspreche. Für ihn sei diese Vorlage nur ein Glied in einer ganz bestimmten Kette, die darauf hinausgehe, Alles abzuschwächen, was dem Kanzler gegenüber eine selbst= ständige Bedeutung beanspruche und die Bahn frei zu machen für das diktatorische Regiment, das in der Richtung der Ent— wickelung der inneren Politik des Reichskanzlers liege.
Der Abg. Dr. Windthorst bemerkte, die bisherige Debatte habe das Haus so weit ab von dem eigentlichen Gegenstande der Berathung in alle möglichen parlamentarischen Erwägun⸗ gen hineingeschleppt, daß man in der That in Verlegenheit komme, nach welchen Seiten man sich wenden und worüber man zuerst sprechen solle. Er werde sich auf das Nothwen— digste beschränken und knüpfe an die Bemerkung des Abg. Richter an, daß der Reichskanzler in seiner gestrigen aller— dings bedeutungsvollen Rede der Centrumsfrakftion nicht ge— dacht habe. Ihm sei das sehr angenehm gewesen: die Haus— frauen seien die besten, von denen am wenigsten gesprochen werde. Er sei weit entfernt, mit diesem Vergleiche nun sagen zu wollen, daß das Centrum in den Anschauungen des Reichs— kanzlers diese Höhe erreicht hätte; ihm sei vielmehr gerade durch die gestrige Rede desselben sehr klar geworden, daß der Reichskanzler nichts Anderes beabsichtige, als das Centrum einfach lahm zu legen. Die ganze Rede habe in dem Ge— danken gegipfelt, eine Partei zu haben, in welcher der Abg. von Bennigsen dem Abg. von Kardorff und der Abg. von Kardorff dem Abg. von Seydewitz die Hand reiche, und r. — über die Köpfe des Centrums hinweg. Hierin liege viel eicht auch die Erklärung, daß der Reichskanzler des Centrums nicht gedacht habe. Diese Versuche seien schon oft gemacht worden, bisher aber immer gescheitert. Er habe die Ueberzeugung, daß der Wunsch des Reichskanzlers nach einer Mittelpartei nicht in Erfüllung gehen werde. An den Wählern nämlich werde der Wunsch scheitern. Die Mittelparteien, namentlich Natio—⸗ nalliberale und Deutsche Reichspartei, wurden, und das be— trübe ihn durchaus nicht, bei den nächsten Wahlen e werden. Bis vor r und Tag seien die Liberalen, be⸗ sonders die nationalliberale Partei, mit dem Reichskanzler all⸗ mächtig gewesen, aber dies sei durch die Zollgesetzgebung ver⸗ andert. Denn gerade in den Kreisen, aus denen sich diese Parteien rekrutirten, seien die Ansichten über die Wirthschafts gesetzgebung sehr verschieden. Auch der Machltigste dieser Parteien, der Abg. von Bennigsen, verliere sehr viel durch das Abgehen Einzelner von seiner Partei und durch die von diesen mitgenommene Intelligenz. Die große Mittelpartei werde nicht entstehen, es sei denn, daß einzelne Faktoren der— selben ihre Ansicht gänzlich änderten, aber das könne er von einem verehrten Freunde aus Hannover nicht annehmen, so ehr man ihn auch gestern nach Rechts gezogen habe. Der— selbe habe viel Wahlverwandtschaften, aber keine mit dem Abg. von Kardorff, und deshalb habe auch die „Post“ nicht versucht, ihn auf ihre Seite zu ziehen. Das einzige Mittel, Nemedur zu schaffen, sei die kibsh ng des Kulturkampfeg. Er hätte zuerst von den Sezessionisten erwartet, daß sie diese Abschaffung in die Hand nehmen würden, aber der Mens müsse erst wachsen, und die Sezessionisten trügen noch zu vie
Neichska kampfes jedenfall roßen ehem würde d können,
Ob man zu diesen Entschlüssen
wisse er
haben, wenn er ungeschminkt die Wunde zeige, an der das
Deutsche die we Seine
erscheinen. Am t die übrigen Kollegen wieder kämen, durch die Wahlen geläu⸗ tert. Was den vorliegenden Gesetzentwurf felbst betreffe, so
e er est, daß
parlamentarischen Geschäfte nur dann kommen werde, wenn abwechselnd in einem Jahre der Reichstag und im nächsten der Landtag zusammentrete. Verkümmerung der Befugnisse des Reichstages herbeiführen würde, bestreite er, da er jedoch glaube, daß dieselbe bei der gegenwärtigen Sachlage nicht einerseits eine
lägen,
lasse, de
Gelegenheit zu geben, ihre Beschwerden von der parlamenta— rischen Tribuͤne herab vorzutragen, so werde man vorläufig
an dem müssen. weshalb denn we
stattfinden solle, so könne man ohne große Belästigung auch das Budget jährlich feststellen. würde dann nur dazu führen, den Reichstag in demjenigen Jahre, in welchem der Etat berathen werde,
jetzige M immer ei
Wenn man also an dem jährlichen tages festhalte, so frage es sich, welche parlamentarische Körper⸗ schaft die Priorität haben solle, nnd da scheine es ihm eine logische Nothwendigkeit, vorangehe, nicht aus Courtoisie, sondern weil die Beschlüsse des Reichstages nothwendig auf die Geschäfte des Landtages zurückwirkten und namentlich das Landesbudget ohne Kenntniß des Reichsbudgets kaum festgestellt werden könne.
rungen des letzten Winters hätten dies unwiderle
gewiesen. wenn bi
schon erledigt haben solle, tober einzuberufen. Ausdruck gegeben, dabei aber gleichzeitig schon die Befürchtung ausgesprochen, daß derselbe an der deutschen Jagdlust scheitern werde. Diese Besorgniß hege er auch jetzt noch, und es würde somit nur der eine Ausweg offen bleiben, den Beginn des Etatsjahres vom 1. April auf den 1. Juli zu verlegen, wenn
die Forde
Neuem an das Haus herantreten solle. LApril das Etatsjahr beginne, werde der Reichstag immer im Oktober oder spätestens im Nobember berufen werben müssen, und deshalb werde er für diesen Antrag stimmen.
sehr woh
durch eine solche Vorschrift eine temporäre Schwierigkeit er⸗ wachsen werde, er sei deshalb bereit, falls die Berufung des Reichstages im Oktober angenommen werden in der dritten Lesung erforderlichen Falls den Antrag zu stellen, daß das Inkrafttreten dieser Bestimmung des Gesetzes
noch auf
staaten Zeit zu lassen, ihre Verhältnisse danach zu regeln.
Daß der nicht in d
von Bennigsen bereits so vorzüglich nachgewiesen, daß er sich Ausführungen nur .
dessen bleibe die
derselbe nicht zweckmäßig erscheine, abzulehnen; wenn man dem Reichstage Kronprärogative empfindlich sei, so bei jedem
genehmer
tagen, als vom Oktober bis Januar, müsse er bestreiten, er empfehle deshalb die Annahme des Kommissionsantrages. Eine Beseitigung der Uebelstände, welche die Vorlage anstrebe,
konne für selbst sich
ein solches Uebermaß von Arbeiten vorlege, daß selbst die jugendlichste Kraft nicht im Stande sei, das ganze Pensum Ut zu erledigen. Stande sein, Vieles von demjenigen, was nicht einer Ken nigen Erledigung bedürfe für eine spätere Zelt zurückzu Nachdem der Referent, Abg. Dr. Maxrquardsen, die Gründe
der Kommission für die Annahme der vorliegenden Anträge noch einmal kurz resumirt hatte, wurde die Debatte geschlossen. Der Abg. von Magdzinski erklärte, daß sich seine Frak= lionsgenossen, ihrer prinzipiellen Stellung entsprechend, der Abstimmung enthalten würden.
In der Abstimmung wurde der Art. 13 nach dem Kom⸗ missionsvorschlage .
mit 140
wurde der Art. 69 der Vorlage (zweijährige Etatsperioden)
abgelehnt.
Es solgte in der Berathun
welchen vi
ten und den die
Der
Abg. Rickert sich bei den mit dem, was von einer hohen Stelle im Reiche aus laut Man könne sich ja nur freuen, wenn seit län—⸗
würde.
erer Zei
be, daß der Neichekanzler jetz mehr als früher konfervatioe deen in der Gesetzgebung zur Geltung zu bringen geneigt ei. Die Lage seiner Partel sei dadurch aber leine andere
geworden.
die der Reichstag gestellt werde, nach ihrem Gewissen, ohne
sich von ir
von den nationalliberalen Eierschalen an sich. Auch dem
die eine baldige Erledigung nothwendig machten, andererseits der kirchenpolitische Konflikt es Jedem, der sich sür dessen Beseitigung interessire, wünschenswerth erscheinen
nzler rufe er dasselbe zu. Das Ende des Kultur⸗ sei ja auch aus hohen, idealen Gründen nöthig, aber s auch unumgänglich nöthig zur Schaffung einer Partei. Dazu nützten keine kleinen Verbesserungen, eine gründliche Revision der Maigesetze. Ohne diese as Centrum nicht von seiner festen Stellung weichen auch nicht, wenn man mit einem zweiten Falk drohe. kommen könne und wolle,
nicht, aber er ein Verdienst erworben zu
laube sich
Reich kranke. Die itere Entwickelung
artei sei sicher, 4 liebsten
Centrumsfraktion der Dinge ruhig wieder
wäre es
könne abwarten. vollzählig hier zu ihnen, wenn auch
an seiner früher schon ausgesprochenen Ueberzeugung man zu einer ruhigen und gesicherten Erledigung der
Daß eine solche Regelung eine
erreichbar sei, weil
große Zahl drängender Fragen vor—
n Vertretern des katholischen Volkes möglichst oft
jährlichen Zusammentritt des Reichstages festhalten Sei man aber hierüber einig, so verstehe er nicht, man zweijährige Budgetperioden einführen wolle, nn eine Session unter allen Umständen jährlich
Eine zweijährige Etatsperiode
ͤ noch über das aß hinaus zu belasten, da ein zweijähriger Etat doch ne längere Berathung erfordere als ein einjahriger. usammentritt des Reichs—⸗
daß der Reichstag dem Landtage
Die Erfah⸗ glich nach⸗ Unter solchen Umständen bleibe aber Nichts übrig, s, zum 1. April auch der Landtag seinen Etat e, als den Reichstag bereits im Ok⸗— Diesem Gedanken habe er hier zuerst
rung zweijähriger Etatsperioden nicht immer von So lange mit dem
Er wisse
l, daß einzelnen Staaten, namentlich Bayern,
sollte,
ein Jahr hinausgeschoben werde, um den Einzel⸗
Beschluß, den Reichstag im Oktober zu berufen, ie Prärogative der Krone eingreife, habe der Abg.
en chließen könne. Der Krone volle Freiheit gewahrt, diesen Vorschlag, wenn ihr
also den Vorwurf einer Verletzung der machen wolle, gegen den er sehr könne man dieselbe Behauptung einzigen Gesetz aufstellen. Daß es an⸗ sei, in den Monaten Januar bis März hier zu
jetzt nur dadurch erreicht werden, daß die Regierung mehr beschränke und nicht für jede Versammlung
Eine weise Auswahl würde sehr wohl im
tellen.
liche Berathung im Monat Oktober) gegen 129 angenommen; mit derselben Mehrheit
3 Art. 24, durch an ah rig Legislaturperioden eingeführt werden soll⸗ ommission abgelehnt hatte.
Abg. Freiherr von Maltzahn⸗Gültz erklärte, der be seiner Partei vorgeworfen, sie identifizire ier zur Berathung kommenden Vorlagen stets
t die Situation sich in der Weise geändert
eine Partei prüfe nach wie vor jede Frage, vor
flussen zu lassen. gangen sei und gesagt habe, die Bildung der konservativen Vartei sei unter ausdrücklicher Billigung und auf Wunsch des
Reichskanzlers erfolgt, so könne er versichern, daß der Zusammenschluß der servativen aus eigener Initiative auf Grund selbständig vereinbarten Programms zu
dieselbe für recht halte.
ganze Vergangenheit des Reichskanzlers, daß derselbe seinem
liberalen Majorität regiere. Legislaturperiode bettet so habe seine Partei dieselbe seit Gründung des Norddeutschen Bundes stets vertreten. Die dreijährige Legislaturperiode sei im Jahre 1867 — in der Hetreffenden Sitzung des Reichstags hätten nur. 28 Mitglieder gefehlt, — mit nur 97 Stimmen Majorität angenommen worden. Diese Thatsache bezeuge deutlich, daß sehr erhebliche Gründe schon damals für die längere Periode ins Gewicht gefallen seien. Ein von den Geg⸗ nern derselben damals angeführtes Argument, welches auf die Nothwendigkeit eines bestehenden Kontaktes zwischen den Ab— geordneten und den Wählern hingewiesen habe, sei heute weg⸗ gefallen. Die Zeit, in welcher wirklich etwas geleistet werde, sei zu gering, und die letzte Session verlaufe immer unter dem Einflu e der in Aussicht stehenden Neuwahlen. Je mehr man den Reichstag von dem Einfluffe der Wahlen befreie, desto mehr Zeit gewinne man für ersprießliche Thätigkeit. Er bitte daher, den Antrag der Konservativen anzunehmen. Der Abg. Fürst zu Hohenlohe (Langenburg) sprach sich gleichfalls für die Verlängerung der Legislaturperlode aus Der Vorwurf, daß der Zusammenhang mit den Wählern da— durch gelockert werde, sei unzutreffend; der Vorwurf könne nur diejenigen treffen, welche überhaupt nicht das Interesse ihrer Wähler für die Verhandlungen des Reichstags wach halten könnten. Dem Abgeordneten stehe es ja frei, stets mit seinen Wählern in Verbindung zu treten und deren Ansicht über irgend welche Vorlagen zu vernehmen. Er weise auf das Beispiel anderer Staaten, namentlich Englands hin, welch letzteres eine siebenjährige Legislaturperiode habe. Bei den vielen parlamentarischen Körperschaften, die man in Deutsch⸗ land hahe und den damit verbundenen häufigen Wahlakten schwäche sich das Interesse an denselben mehr und mehr ab. Bei einer Institution wie der des deutschen Reichstags müsse man aber alles aufbieten, um eine Abschwächung des Interesses des Volkes zu verhindern. Er bitte, der beantragten Aus— dehnung der Legislaturperiode auf 4 Jahre zuzustimmen. Der Abg. von Bennigsen bemerkte, er und seine poli⸗ tischen Freunde seien keine grundsätzlichen Gegner einer Ver— längerung der Legislaturperiode und würden, sollte diese Frage einmal selbständig im Reichstage zur Erwägung ge⸗ stellt werden, vielleicht sogar für eine hjährige Periode stim⸗ men. In diesem Zusammenhange lehne seine Partei aber den Artikel ab. Nach den Motiven erscheine die vierjährige Legislaturperiode lediglich als eine nothwendige Konseguenz des Vorschlags des zweijährigen r . Diesen Vorschlag habe der Reichstag abgelehnt, und er habe daher um so mehr Bedenken mit seinen Freunden, die Konsequenz desselben stehen zu lassen, als diese ein vortrefflicher Anhaltspunkt sein würde, um auf die zweijährigen Budgetperioden zurückzukommen. Gleichwohl könne auch seine Partei sich der Empfindung nicht verschließen, daß man in der Bevölkerung eine so häufige Wiederkehr der, Reichstagswahlen mit den wochen- und mo— natelangen Agitationen sehr lästig empfunden habe, wozu noch komme, daß in den drei Jahren eine verhältnißmäßig r fen gene Session nur in dem einen Jahr in der Mitte attfinde. Der Abg. Dr. Windthorst erklärte, es sei allerdings richtig, daß die Motive zu dieser Vorlage die vierjährlichen Legis⸗ laturperioden durch den Hinweis auf zweijährige Budgets recht⸗ fertigten. Indessen die Motive entschieden nicht über den Tenor des Gesetzes, und die Furcht, daß aus einer vierjährigen Legislaturperiode zwei zweijährige Budgetperioden emacht werden könnten, sei durchaus unbegründet. Das würde doch immer von der Zustimmung des Reichstages , , . und wenn die Herren bei ihrem gestrigen Votum verblieben, dann sei gar keine Gefahr vorhanden. Die Vortheile, welche vier— j⸗cĩhrige Legislaturperioden bieten würde, würden ihm die An— nahme derselben empfehlen. Er sei überzeugt, daß das Volt dem Neichstag für einen solchen Beschluß dankbar sein werde. Der Staats⸗Minister von Boetticher erwiderte, der Um— stand, daß bei zweijährigen Budgetperioden dreijährige Legie⸗ laturperioden unzweckmaßig seien, fei, wenn auch der Haupt⸗ grund, so doch nicht der einzige gewesen, welcher im Schoße der verbündeten Regierungen zu dem Vorschlage vierjähriger Perioden geführt habe. Man habe vielmehr auch hier die von den beiden Vorrednern vorgeführten Argumente in Betracht gezogen. Er glaube nicht, daß um deswillen, weil die Vor⸗ lage den Vorschlag mit dem zweijährigen Budget in Zusam⸗ menhang bringe, die von dem Abg. von Bennigsen geäußerte Besorgniß gerechtfertigt sei. Er könne sich dem Abg. Windt⸗ horst in dieser Hinsicht nur anschließen. Die verbündeten Re⸗ ern en würden nur dankbar sein, wenn sie, auch ohne die inführung zweijähriger Budgets, das Einverständniß des Reichstages zu vierjährigen Legislaturperioden erlangten. Er möchte deshalb bitien, nicht zu warten, bis in dieser Be— iehung dem Reichstage später eine Vorlage gemacht werde, — dem Antrag von Seygdewitz zuzustimmen. Der Abg. Richter (Hagen) erklärte, er sei der Ansicht, daß man nicht ohne die dringendste Noth an Verfassungsbestim⸗ mungen rütteln sollte, am wenigsten in einer Richtung, bei der der Vortheil nur auf Seiten der Staatsregierung liege. Der Minister habe erklärt, daß den Regierungen auch nieß Stück genehm sein werde. Die Regierung nehme natürlich, wo sie etwas bekommen könne, denke aber nicht daran, nun auch ihrerseits dem Hause entgegenzukommen und den Plan zweijähriger Eiats, aufzugeben. In dem Reichetage von 1867 seien die meisten grundlegenden Bestimmungen nur mit kleiner Mehrheit angenommen wor— den, z. B. die Wählbarkeit der Beamten; man könne daher daraus keinen Grund zu einer Verfassungsänderung herleiten. Praktisch würde die Verlangerung der Legislaturperiode er= hebliche Nachtheile haben. Schon jetzt halte es schwer, bei dem herrschenden Mangel, Abgeordnete zu bekommen, die ohne Ersatz drei Jahre lang in Berlin leben könnten; diese
gend einer Seite, und sei sie noch so hoch, beein—
Wenn der Abg. Rickert noch weiter ge—
dagegen positiv deutschen Kon⸗ eines l —̃ ; Stande gelommen sei. Seine Partei werde ihre eigene Politik treiben, wie sie
l Finde seine Partei den Reichskanzler auf ihrem Wege, so sei das derselben um fo lieber. Daß der Reichskanzler jetzt mehr konservative Ideen hege als früher, dazu habe wohl die Thatsache der Vereinigung der Konser⸗ vativen nicht unwesentlich beigetragen. Ueberdies zeige die
Herzen nach lieber mit einer konservativen als mit einer Was die Verlängerung der
mehrt werden. Die Folge werde eine Häufung der Ersatz⸗ wahlen sein, deren man schon jetzt viel habe. Auch der Zu⸗ sammenhang zwischen Wählern und Gewählten werde dadurch gelockert. Er bitte, in einer Zeit, wie der gegenwärtigen, nicht an derartigen Verfassungsbestimmungen zu rütteln.
Der Abg. Dr. Windthorst trat den Ausführungen des Abg. Richter entgegen und widersprach der Ansicht, daß die Regierung durch Einführung der vierjährigen Legislatur⸗ perioden an Macht gewinnen würde.
Der Abg. Richter glaubte, der Abg. Dr. Windthorst habe an Vorschußleistungen gegen die Regierung nachgerade genug gethan, und derselbe sollte doch erst die Gegenleistungen ab— warten, bis derselbe neue Vorschußleistungen mache. Die augenblickliche politische Situation lasse die Einführung der vierjährigen Legis laturperiode als durchaus unerwünscht er— scheinen. In einer so raschlebigen Zeit, wo sich die Situation fortwährend ändere, gebe nur eine kürzere Periode einen Gradmesser für die Stimmung des Volkes ab.
Der Abg. Dr. Windthorst bemerkte, das Centrum habe nie Vorschuß geleistet; was das Centrum gethan habe, habe es gethan, ohne Gegenleistung zu erwarten. Das Centrum erwarte Gerechtigkeit und gewähre dieselbe auch andern.
Der Abg. Br. Lasker erklärte, die Berlängerung der Le— islaturperiode tangire weniger die Gewählten als die Wäh⸗ ö öfter dies Mandat erneuert werde, desto mehr Ein— fluß gewönnen die Wähler über die Abgeordneten, ein Ein— fluß, den sich die Wähler, wenn er recht unterrichtet sei, nicht nehmen lassen wollten. Schon deshalb empfehle sich die Bei⸗ behaltung einer kürzeren Periode. Er möchte dann von der Regierung Auskunft darüber erbitten, ob dieselbe glaube, daß im Falle der Annahme des Gesetzes schon die gegenwärtige Legislaturperiode verlängert werden müsse. Er würde das für unstatthaft halten und würde eventuell eine Veränderung des Wortlguts in dritter Lesung beantragen.
Der Staats-Minister von Boetticher entgegnete, er halte den Gedanken für vollständig ausgefchlossen, daß man das gegenwärtige Reichstagsmandat über seine gesetzliche Dauer verlängern könnte, und wenn die Fassung des Gesetzes diese Folgerung möglich machen würde, so wurde der Bundesrath und die Reichsregierung Mittel und Wege zu finden haben, um diese Folge abzuwenden. Diese könnte durch eine Hin⸗ ausschiebung der Publikation des Gesetzes bis nach Ablauf der gegenwärtigen Legislaturperiode geschehen. Die Unter— stellung des Abg. Richter, als ob es sich für die Regierung um, eine Machtfrage handle, müsse er auf das allerentschiedenste zurückweisen.
Artikel 24 wurde darauf in der Fassung der Regierungs— vorlage, angenommen, die jährige Legislaturperiode also genehmigt. „„Der Artikel 72, dessen Aenderung für den Fall der zwei jährigen Etats ebenfalls nothwendig war, weil derselbe von der Rechnungslegung handelte, war durch den Beschluß zu Artikel 13 hinfällig geworden.
Es folgte die dritte Berathung des Gesetzentwurfs, be— treffend die Miethssteuer für die Dienstwohnungen der Reichsbeamten.
Die Abgg. Dr. Windthorst und Pr. Reichensperger (Cre— feld) beantragten, in dem Text des Gesetzes die Aenderung zu beschließen, daß für die Berechnung der Miethssteuer mit 15 Proz. nur das baare Gehalt zu' Grunde gelegt wer⸗ den solle. In der Generaldiskussion bemerkte der Abg. Sonnemann, bei den bisherigen Verhandlungen über die Miethssteuer sei nur von Berlin die Rede gewesen, das Verhältniß der Steuer zu anderen Städten aber entweder nur nebensächlich berührt oder falsch dargestellt worden. So habe der Reichskanzler ge⸗ sagt, daß neun Städte außer Berlin die Miethssteuer hätten in Preußen, während nur 2 Prozent von dem Ertrag dieser Miethssteuer auf die anderen kämen, kämen 98 Prozent auf Berlin. Nun erhebe aber Frankfurt allein eine Milllon Mieths⸗ steuer pro Jahr, also ungefähr 10 Proz. dessen, was Berlin erhebe, die Regierung habe jedoch weder in den Motiven etwas darüber gesagt, noch habe die Kommission etwas darüber erörtert. Er müsse aber gegen die Motive Verwahrung einlegen, als wenn bei den Einschätzungen zur Miethssteuer irgendjemals ein politisches Motiv obgewaltet hätte. Eine solche Klage sei von den Frankfurter Beamten nie erhoben worden. Die Vor— würfe des Reichskanzlers träfen die Miethssteuer seiner
er nicht gelten lassen. setz zu verwerfen.
Vaterstadt in keiner Weise. In Berlin würden 6*/, Prozent der Miethe als Steuer erhoben, in Frankfurt sei sie eine progressive. Wohnungen unter 170 6 blieben in Frankfurt ganz steuer⸗ frei und von 170 M an werde e Prozent Miethssteuer er⸗ hoben, sie steige dann langsam bis auf 15 Prozent. Diese Steuer drücke also nicht den kleinen Mann, da sie nur vom Reichen erhoben werde. Während die Einkommensteuer nur bis zu 3 Prozent steige, steige die Miethssteuer bis zu 15. Prozent. Es werde nebenbei von allen Ge— schäftslokalen eine Miethssteuer von 2 Prozent er⸗ oben und nicht wie in Berlin 62, Prozent. 9 dieser Gestalt habe die Miethssteuer viele Vortheile vor anderen Steuern. Auch in Frankfurt habe sie ja ihre Gegner, aber diese wollten sie durch progressive Einkommensteuer ersetzen, nicht etwa durch eine Mahl- und Schlachtsteuer. In seiner Vaterstadt hätten sich die Verhältnisse historisch unker dem Einfluß des allgemeinen Wahlrechts entwickelt. Auch müsse er dagegen auftreten, daß Mißderhaltnisse in Bezug auf die Stellung der Beamten zur Miethssteuer in Frankfurt beständen. Die Frankfurter Verhaͤltnisse rechtfertigten ein Zurüͤck⸗ weisen der Vorlage in die Kommission. Nun wolle man sogar wie der Abg. Windthorst hervorgehoben habe, daß alle Wohnungen der Beamten überhaupt in dieses Gesetz einbezogen werden sollten. Wenn man die Sache so weit ausdehnen wolle, so werde daraus eine große Last für die davon betroffenen Städte erwachsen. Er erinnere daran, daß im Jahre 1873 ein Reichsgesetz geschaffen sei, das den Beamten Ermäßigungen aller Art zuweise, und zwar auf Grund eines Kompromssses der Parteien, an dem doch nicht gerüttelt werden sollte. Er
wolle nicht, daß die Reichs beamten als Ausländer betrachtet würden. NR
un schaffe sür die Reichs beamten. Der Einwand, daß die
un komme ein Gesetz, welches eine solche Bevor⸗
ienstwohnungen dem Veamten⸗-Etat beschwerlich seien, könne Aus diesen Gründen bitte er, das Ge—
Die Generaldiskussion wurde geschlossen. Zur Geschäfts⸗
ordnung bemerkte der Abg. Haseuclever: er konstatire zum dritten Male, daß er sich zum Wort gemeldet habe und daß ihm dasselbe wiederum durch den Schluß der Diskussion ab⸗ geschnitten worden sei. einen Terrorismus.
Ein solches Verfahren halte er für
Schwierigkeiten würden bel vierjährigen Perioden noch ver—
Der Präsident erklärte, er müsse entschieden Verwahrung