1881 / 109 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 10 May 1881 18:00:01 GMT) scan diff

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Pröäsidenten (Landdrosten) überlassen (8. 45 des Reichs gesetzes

und 5§. 79 der Instruktion des Bundesraths). Nach dem preu⸗ ßischen Gesetze vom 25. Juni 1875 (5. 22) durfte zwar die Tödtung kranker, nicht aber die Tödtung verdächtiger Rinder angeordnet werden Es erweitert mithin das Reichsgesetz in Betreff der Lungenseuche sehr erheblich die Befugnisse der Veterinärpolizei.

Die Tödtung aller verdächtigen Rinder, d. h. allen Rind⸗ viehs, welches mit kranken Thieren zusammen in einem Ge⸗ höfte gestanden hat, ist zwar ein sehr wirksames Mittel gegen die Weiterverbreitung der Lungenseuche, darf aber wegen der damit verbundenen wirthschaftlichen Verluste nur mit großer Vorsicht und nur dann angewendet werden, wenn dadurch nach den lokalen Verhältnissen auch wirklich die vollständige Ausrottung der Seuche in der betreffenden Gegend erreicht werden kann. Es wird demgemäß von diesem Mittel in der Regel Gebrauch zu machen sein, wenn die Seuche in einem einzelnen kleineren Viehbestande eines Landestheils aus⸗ bricht, welcher bisher seuchenfrei war und wegen sei— ner blühenden Viehzucht und Viehausfuhr ein ganz besonderes Interesse an der schnellen Tilgung der Seuche hat. Dagegen wird dies Mittel in der Regel nicht anzu⸗ wenden sein in Landestheilen, in welchen die Seuche bereits in zahlreichen großen Viehbeständen herrscht, weil in solchen Gegenden die Tödtung aller verdächtigen Thiere unverhaält⸗ mäßige Schädigungen des Nationgl⸗ und Privatvermögens herbeiführen und eine vollständige Ausrottung der Seuche in kurzer Zeit doch nicht mit Sicherheit zur Folge haben würde. In solchen Landestheilen wird vielmehr die allmähliche Unter⸗ drückung der Seuche durch die anderen in der Instruktion des Bundesraths (858. 70 bis 91) vorgeschriebenen Maßregeln zu erstreben und insbesondere die baldige Abschlachtung der verdächtigen Rinder in den von der Instruktion gegebenen Grenzen möglichst zu begünstigen sei. .

Die Impfung des Rindviehs gegen die Lungenseuche dars polizeilich nicht angeordnet werden, sondern ist dem freien Ermessen der Viehbesitzer zu überlassen. Durch die Ausfüh—⸗ rung der Impfung werden rücksichtlich der geimpften Thiere keine besonderen Ansprüche auf Entschädigung erworben. fir die Entschädigungsfrage ist es vielmehr ohne allen Einfluß, ob an den in Betracht kommenden Rindern eine Impfung vorgenommen ist oder nicht.

Von der erfolgten Tödtung verdächtiger Rinder ist mir in jedem Falle unter Ueberreichung des Gutachtens des De⸗ partementsthierarztes, welches stets vor der Anordnung der Tödtung einzufordern ist, und unter Mittheilung des Ergeb⸗ nisses der Obduktionen Anzeige zu machen.

Zu S§5§. 12 bis 21. z

Im Allgemeinen haben die bisher in Preußen geltenden Bestimmungen über die Entschädigung für Verluste aus An⸗ laß von Seuchen durch das Reichsgesetz keine erhebliche Abän⸗ derung erfahren. Nur in den nachstehenden Punkten erhalten die Vorschriften des Gesetzes vom 25. Juni 1876 einige Er— gänzungen und Modifikationen:

1) Es wird vom 1. April d. J. an in Gemäßheit des §. 57 des Reichsgesetzes auch Entschädigung gewährt für die⸗ jenigen Thiere, welche nach erfolgter polizeilicher Anordnung der Tödtuag, aher vor der i, e derselben an der Seuche gefall ( Räd, während bishel zeiliche Anbrdnung getödteten Thiere entschädigt wurde.

2) Desgleichen wird Entschädigung bewilligt für Esel, Maulthiere und Maulesel, welche mit der Rotzkrankheit be⸗ haftet waren, während bisher eine Entschädigung nur für mit dieser Seuche behaftete Pferde stattfindet. (Vergleiche die Ueberschrift über 8. 40 des Reichsgesetzes und §. 60 des Ge⸗ setzes vom 25. Juni 1875.)

3) Es wird künftig gemäß §. 59 des Reichsgesetzes im ganzen Reichsgebiete die Entschädigung bei den mit der Rotzkrankheit behafteten Thieren 9, bei dem mit der Lungenseuche behafteten Rindvieh ,. des ge⸗ meinen Werths der Thiere betragen, während nach den Be⸗ stimmungen im 5§. 60 des preußischen Gesetzes vom 25. Juni 1875 den verpflichteten Verbänden für die Festsetzung der Höhe der zu gewährenden Entschädigung ein gewisser Spiel⸗ raum gelassen ist, bei Rotz zwischen „bis! * und bei Lungen⸗ seuche zwischen bis , des gemeinen Werths der Thiere. Thatsächlich haben jedoch alle Verbände die Entschädigung bei Rotz auf 1 und bei Lungenseuche auf , des gemeinen Werths festgestellt, so daß in dieser Richtung durch das Reiche⸗ gesetz an dem gegenwärtigen Zustande bis auf die Erhöhung der Entschädigungsquote für rotzkranke Thiere von ½ auf * des gemeinen Werths nichts geandert wird.

Auch die Bestimmungen des Ausführungsgesetzez vom 12. März 1881 über die Aufbringung und Feststellung der Entschädigungen enthalten kein neues Prinzip, sondern wieder⸗ holen die bezüglichen Bestimmungen des preußischen Vieh⸗ seuchengesetzes vom 25. Juni 1875.

Nach der Bestimmung im zweiten Absatz des 5. 16 des Ausführungsgesetzes bleiben die seiner Zeit auf Grund des §. 60 des Gesetzes vom 25. Juni 1875 erlassenen Reglements der Provinzial⸗ bez. Aommunalverbände über die Aufbringung der Entschädigungen auch nach dem 1. April d. J. mit der Maß⸗

abe in Kraft, daß mit diesem Zeitpunkte die durch das eichsseuchengesetz herbeigeführten, oben unter Ziffer 1 bis 3 angegebenen Erweiterungen der Entschädigungsverbindlichkeit wirksam werden.

Indem ich die Herren Ober⸗Präsidenten ersuche, die be⸗ treffenden Verbände hierauf gefälligst aufmerksam zu machen, bemerke ich, daß mir eine Abanderung der bestehenden Regle⸗ ments auf dem im ersten Absatz des 5. 16 des Ausführungs⸗ gesetzes vorgeschriebenen Wege nicht nothwendig erscheint, da die erörterten, durch das Reichegesetz bewirkten Erweiterungen der Entschädigungsverbindlichkeit ipéo jure eintreten. Nur in der Provinz Hannover wird mit Rücksicht auf die Spezial⸗ bestimmungen für Osifriesland im §. 30 des Ausführungs⸗ gesetzes eine Abanderung des Reglements vor dem 1. Januar 1882 in Betracht kommen.

Zu §. 22. 3

Die im 5. 14 Absatz 1 bezeichneten Verbände sind berech⸗ tigt, aber nicht verpflichtet, die Gewährung einer Entschädigung für an der Podenseuche gefallene Schase nach Maßgabe der Vorschriften des §. 22 zu beschließen, beziehentlich die Ent⸗ schädigungeyflicht auf kleinere Verbande, jedoch nur mit deren Zustimmung, zu übertragen. Aus letzterer Ein⸗ schraänkung solgt, daß zur Bildung eines kleineren, z. B. einen oder mehrere landräthliche Kreise umfassenden Verbandes der Beschluß eines der im 5. 14 Absatz 1 bezeichneten größeren Verbande, die Zustimmung des kleineren Verbandes und außerdem in jedem Falle die Genehmigung det betreffenden

nur für die auf poli⸗ 9 das Königliche Polizei⸗Präsidium hier.

Reglements durch die Minister des Innern und für Land⸗ wirthschaft 3 nothwendig ist.

5. 23. ezüglich der den Schiedsmännern zu gewährenden Ver—⸗ gütung für Reisekosten und Auslagen bleiben die Bestimmungen der diesseitigen Erlasse vom 26. März 1876 und 21. Februar 1881 maßgebend.

II. In Betreff der Vorschriften des Reichsseuchengesetzes vom 23. Juni 1860 und der Ausführungsinstruktion des Bundesraths vom 24. Februar 1881 wird es zur Zeit einer weiteren Erläuterung oder Anweisung nicht bedürfen. Nur in Betreff der nach der Vorschrift im letzten Absatze des §. 37 des Reichsgesetzes zulässigen ausnahmsweisen Absperrung eines der Tollwuth verdächtigen Hundes bestimme ich in Anbetracht der Schwierigkeit einer sicheren Absperrung und die mit der Pflege eines verdächtigen Hundes verbundenen großen Gefahr der Uebertragung der Tollwuth auf Menschen, daß die Orts⸗ polizeibehörde in jedem Falle, wo sie eine solche ausnahms⸗ weise Absperrung gestattet, sofort dem Landrathe (in der Pro⸗ vinz Hannover den Landdrosten) hiervon Anzeige macht, damit derselbe nochmals erwägt, ob in dem betreffenden Falle eine vollständige und auch für die Wärter ö Absperrung durchführbar ist und wenn er zu kies! eberzeugung nicht gelangt die unverzügliche Tödtung des Hundes anordnet. Bei der großen vorliegenden gemeinen Gefahr ist eine strikte Handhabung dieser Vorschriften dringend geboten.

Die nachgeordneten Polizeibehörden sind hierüber mit entsprechender Anweisung zu versehen.

Bei dieser Gelegenheit wird es sich ferner empfehlen, die letzteren ausdrücklich auf die Beachtung des §. 15 des Reichs—⸗ gesetzes aufmerksam zu machen, nach dessen Bestimmungen die Zuziehung des beamteten Thierarztes behufs der Feststellung des Ausbruchs der Maul⸗ und Klauenseuche, sowie des Milz brandes in vielen Fällen zu unterlassen sein wird.

Berlin, den 22. März 1881.

Der Minister für Landwirthschaft, Domänen und Forsten.

9 Lucius.

n

sämmtliche Königliche Ober⸗Präsidenten, Regie⸗ rungs⸗Präsidenten und Landdrosten, mit Aus⸗ nahme des Regierungs⸗Präsidenten zu Sig⸗ maringen.

Abschrift erhalten Ew. ꝛc. zur gefälligen Kenntnißnahme und , Nachachtung, jedoch mit der Maßgabe, daß meine obigen Anweisungen zu §. 6 des Ausführungsgesetzes vom 12. März 1881 für den dortigen Verwaltungsbezirk nicht zur Anwendung zu bringen sind. Mit Rücksicht auf die geo— graphische Lage der hohenzollernschen Lande ist vielmehr zur Abgabe des thierärztlichen Obergutachtens in den Fällen der §§. 14 und 16 des Reichsgesetzes einer der dortigen beamteten Thierärzte zum Stellvertreter des Departements-⸗Thierarztes zu designiren.

An den Königlichen Regierungs⸗Präsidenten zu Sigmaringen.

Abschrift erhält das ꝛc. zur Kenntnißnahme und gleich⸗ mäßigen e,, Der Minister r ndwirthschast, Domänen und Forsten. 1 k Lucius.

*

Ministerium der öffentlichen Arbeiten.

Der amtliche Wohnsitz des Kreis-Baubeamten für den Baukreis Mayen ist von Coblenz nach Andernach verlegt worden.

Die Nummer 15 der Gesetz⸗Sammlung, welche von heute ab zur Ausgabe gelangt, enthält unter

Nr. S786 die dritte Nachtrags verordnung, betreffend die Kautionen der Beamten aus dem Bereiche des Ministeriums der geistlichen, Unterrichts. und Medizinalangelegenheiten. Vom 23. März 1881; unter

Nr. 8787 die Verordnung, betreffend die Kautionen von Beamten aus dem Bereiche des Finanz⸗-Ministeriums. Vom 20. April 1881; unter

Nr. S788 den Allerhöchsten Erlaß vom 11. April 1881, betreffend das Rangverhaältniß der auf Grund des Gesetzes über die Organisation der allgemeinen Landesverwaltung vom 26. Juli 1880 anzustellenden Ober⸗Präsidialräthe; und unter

Nr. S789 die Verfügung des Justiz⸗Ministers, betreffend die Anlegung des Grundbuchs für den Bezirk der Stadt Hannover, mit Ausschluß der Altstadt Hannover. Vom 25. April 1881.

Berlin, den 10. Mai 1881.

Königliches GesetzSammlungs⸗Amt. Didden.

Bekanntmachungen auf Grund des Reichsgesetzes vom 21. Oktober 1878.

Auf Grund der §§. 11 und 12 des Reichsgesetzes gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie vom 21. Oktober 1878 wird die im Verlag der Genossenschafts⸗ druckerei in Leipzig im Jahre 1878 erschienene nicht periodische Drucschrift: „Glossen zu Yves Guyots und Sigismund Lacroir's Schrift: Die wahre Gestalt des Christenthums (Etudes sur les doctrines sociales du Christianisme), nebst einem Anhange: Ueber die gegenwärtige und künftige Stellung der Frau, von August Bebel“ von dem unterzeichneten Regierungs⸗Präsidenten hierdurch verboten.

Breslau, den 5. Mai 18581. :

Königlicher Regierungs⸗Präsident. von Juncker.

Aichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 109. Mai. Se. Majestät der Kaiser und König, Ihre Königliche Hoheit die Groß⸗ en von Baden und die Prinzessin Victoria von Baden

atteten, wie, W. T. B.“ meldet, gestern Nachmittag 1! an

Sr. Königlichen Hoheit dem Großherzog von Hessen in Mainz

6 ab und kehrten um 31 Uhr nach Wiesbaden zurück.

Se. Majestät der Kaiser hatten vorher mit dem Chef des Civilkabinets, Wirklichen Geheimen Rath von Wilmowski ge— arbeitet und darauf den Statthalter von Elsaß⸗-Lothringen General ⸗Feldmarschall Freiherrn von Manteuffel empfangen.

Nach der Rückkehr von Mainz empfingen Se. Majestät

den Geheimen Legations⸗Rath von Bülow zum Vortrage. Zum Diner waren geladen: der General⸗Feldmarschall 2 von Manteuffel, die Prinzessin von Croxy, Graf und räfin Eltz, Graf und Gräfin Matuschka, der Polizei⸗Präsi— dent von Madai, Aristarchi Bei, der Contre⸗Admiral Werner, ö Oberst von Strantz und mehrere andere höhere ziere.

Nach dem Diner hielt der Statthalter General⸗Feldmarschall Freiherr von Manteuffel Sr. Majestät Vortrag.

Abends wohnten Se. Majestät mit Ihrer Königlichen Hoheit der Großherzogin und der Prinzessin Victoria von Baden der Vorstellung im Hoftheater bei.

Die Abreise Sr. Majestät nach Berlin ist auf morgen früh festgesetzt.

Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz traf gestern Abend gegen? Uhr in Berlin ein, um der Vorstellung der „Götterdämmerung“ aus dem „Ring des Nibelungen“ beizuwohnen, und kehrte mit dem 16 Uhr— Zuge nach Potsdam zurück.

Der Bundes rath sowie die vereinigten Ausschüsse desselben für die Verfassung und für Rechnungswesen hielten heute Sitzungen.

Die von einem Strafantragsberechtigten bei der zu— ständigen Behörde gemachte Anzeige über eine nur auf Antrag zu verfolgende Strafthat, aus welcher (Anzeige) der Wille des Anzeigenden klar hervorgeht, daß die That strafrechtlich verfolgt werde, ist, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, III. Strafs., vom 5. März d. J. als Strafantrag zu be— trachten, auch wenn die Anzeige keinen formellen Antrag auf Strafverfolgung enthält.

Der Gesandte der schweizerischen Eidgenossenschaft am hiesigen Allerhöchsten Hofe, Oberst-Lieutenant Roth, ist nach Berlin zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder übernommen.

Der General⸗Lieutenant von Strubberg, General⸗ Inspecteur des Militär⸗-Erziehungs- und Bildungswesens, hat eine Dienstreise nach den östlichen Provinzen zur Besichtigung der ihm unterstellten Institute angetreten.

Bayern. München, 7. Mai. (Allg. Ztg.) Der Steuergesetzausschuß der Kammer der Abgeord⸗ neten hat bei der gestern Abend erfolgten Fortsetzung seiner Berathungen über die Rückäußerung der Kammer der Reichs— räthe bezuglich der Steuergesetzentwürfe die in dieser Kammer beschlossene erhöhte Skala der Einkommensteuer, II. Abthei lung, einstimmig und den erhöhten Prozentsatz zur Kapital rentensteuer mit allen gegen eine Stimme abgelehnt.

Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 9. Mai. (W. T. B.) Unter dem Geläute aller Glocken, dem Donner der Kanonen und dem Jubel der Bevölkerung erfolgte heute Mittag der Einzug der Prinzessin Stephanie in die Hofburg. Auf dem Wege von dem Theresianum bis zur Hofburg war eine mit Reisig geschmückte Masten⸗Allee mit wehenden Fahnen errichtet; die Hauser waren sämmtlich mit Guirlanden, Blu— men, Teppichen, Wappen und Inschriften geziert. Vor der Elisabeth⸗Brücke war ein mit Kronen geschmückter Empfangs⸗ Pavillon erbaut; die ganze Brücke war in einen Laubgang umgewandelt. Schon während der Vormittagsstunden füllten sich sämmtliche längs der Feststraße errichtete Tri⸗ bünen, außerdem bildeten dicht gedrängte Menschenmassen Spalier. Der Einzug ging vollkommen dem Programme gemäß von Statten. Die Prinzessin Stephanie, welche mit ihrer Mutter, der Königin der Belgier, in einem mit sechs Schimmelhengsten bespannten Prachtwagen fuhr, wurde auf dem ganzen Wege mit enthusiastischen Kundgebungen begrüßt. Bei dem Festpavillon hielt der Bürgermeister eine kurze Be⸗ willkommnungeansprache, auf welche die Königin und die Prinzessin dankten. In dem Spiegelzimmer der ern wurde die Prinzessin und die Königin durch den Kaiser, den Kronprinzen und den König der Belgier empfangen.

Die heutige Illumination ist äußerst glänzend, die Stadt ist bis in die entferntesten Straßen auf das Pracht⸗ vollste erleuchtet, ebenso die anliegenden Vororte. Eine unge⸗ heure Menschenmenge bewegt sich durch die Straßen. Der Wagenverkehr im Innern der Stadt und auf der Ringstraße ist eingestellt.

10. Mai. Se. Königliche Hoheit der Prinz Wil⸗ helm von Preußen inspizirte gestern das Infanterie⸗Regi⸗ ment „Kaiser Wilhelm“, welches zu diesem Zwecke in voller Stärke im Paradeanzug ausgerückt war. Mehrere Generale, darunter auch Philippovic, empfingen den Prinzen bei seiner Ankunft. Nach der Inspizirung sprach der Prinz Wilhelm dem Offizier Corps seine volle Zufriedenheit über die gute Haltung und das musterhafte Aussehen der Truppen aus.

Der Kaiser hat anläßlich der Vermählung des Kron⸗ prinzen 22 Stipendien zu je 300 Fl. Gold für verschiedene e wil gestiftet und im Namen des Kronprinzen 100 0001.

ente für 19 Freiplätze in Offizierstöchter⸗Er⸗ ziehungsinstituten gespendet. Die „Wiener Zeitung“ ver⸗ öffentlicht die ganze, resp. theilweise Amnestirung von 3351 Ver⸗ urtheilten.

Großbritannien und Irland. London, 7. Mai. (Allg. Corr. Der „Standard“ schreibt: „Es ist entschieden worden, daß der Marquis von Salisbury an Stelle des verstorbenen Earls von VBegconsfield der Führer der Opposition im Oberhause sein soll. In einer am nächsten Montag stattfindenden Versammlung der konservativen Partei wird diese Wahl formell ratisizirt werden.“

Mr. Gladstone leidet seit Donnerstag an einer leichten Erkältung, die ihn nöthigte, gestern das Zimmer zu hüten.

Sobald die Konvention zur Herstellung der neuen Grenze unterzeichnet worden, wird Herr Göschen Konstantinopel verlassen und nach England zurückkehren. Lord Dufferin wird ihn als Botschafter bei der Pforte ersetzen und Sir E. Thornton, der bigherige britische Gesandte in Washington, zum Botschafter in St. en rsburg ernannt werden.

Sir Louis Mallet, der permanente Unter⸗-Staats— sekretar für 3 und Lord Reay sind zu Vertretern der Indischen Regierung bei der in Paris tagenden inter— nationalen Münzkonferenz ernannt worden.

Der London Gazette“ zufolge ist der bisherige britische Minifster⸗Nesident in Belgrad, M. G. F. Gould, in gleicher Eigenschaft nach Stuttgart versetzt worden.

In der Versammlung der irischen Unterhaus⸗ mitglieder, in welcher auf Anregung Parnells der Beschluß gefaßt wurde, sich der Abstimmung Über die zweite Lesung der irischen Bodenvorlage fern zu halten, ging es ziemlich heiß her. Der Antrag stieß auf lebhaften Widerstand, und nur infolge der Drohung Parnells, daß er im Falle der Ab⸗ lehnung desselben außer Stand sein würde, der Partei fernerhin als Führer zu dienen, ward er mit einer knappen Majorität an⸗ genommen. Nach der Abstimmung erklärten mehrere Mitglie- der, darunter O'Connor Power und A. M. Sullivan, sie seien entschlossen, für die zweite Lesung der Landbill zu stim⸗ men. O'Thea, Nolan und R. Power, welche ebenfalls die zweite Lesung der Vorlage unterstützen wollen, enthielten sich der Abstimmung über den Parnellschen Antrag. 2. M. Sul⸗ livan zeigte Parnell schriftlich an, daß er mit der Partei nichts mehr zu thun haben wolle. Weitere Abfälle sind unmittelbar bevorstehend.

In Quetta eingegangenen Nachrichten aus Candahar und Girishk zufolge herrscht bis zum Helmund Ruhe im Lande. Heralder Berichte vom 15. v. M. besagen, daß Eyub mit seinen regulären Truppen, die nicht zahlreich sind, Schwierigkeiten habe, daß aber die Gerüchte über Uneinigkeiten mit seinen Sirdars unbegründet seien. General Kennedy's Streitkraft durchstreift noch immer das Mahsud-Waziri—⸗ Land, um die vollständige Unterwerfung einer Abtheilung des Stam— mes durchzusetzen und ein befriedigendes Abkommen wegen einer Geld— buße und Schadloshaltung zu Stande zu bringen. Es sind nach⸗ drücklich Weisungen ertheilt worden, die Operationen nicht über die Zeit hinaus zu verlängern, die durchaus zur Erreichung des Zweckes der Expedition nothwendig ist.

In Glenade, Grafschaft Leitrim, wurden gestern vier Pächter, welche Mitglieder der lokalen Landliga sind, in Gemäßheit des Gesetzes zum besseren Schutz der Person und des Eigenthums in Irland, verhaftet. Die Zahl der inter— nirten Verdächtigen erhöht sich dadurch auf 51.

Der Vizekönig von Indien telegraphirt unterm 4. ds. an das Indische Amt in London:

9. Mai. (W. T. B.) In der heutigen Oberhaus⸗ sitzung brachte der Staatssekretär des Auswärtigen, Lord Granville, den Antrag auf Errichtung eines Monumen—⸗— tes zu Ehren Earl Beaconsfields ein. Der Antrag, der

von Salisbury unterstützt wurde, wurde einstimmig an—

genommen. Salisbury hat definitiv die Führerschaft der Opposition im Oberhause übernommen.

Im Unterhause erwiderte auf eine Anfrage Slaggs der Unter-⸗Staatssekretär Dil ke: die französische Regie⸗ rung habe bei der Notifizirung des Generaltarifs nicht auf formelle Unterhandlungen wegen des Handelsvertra— ges hingewiesen. Die englische Regierung werde dies in ihrer Antwort erwähnen. Dem Dep. Wolff entgegnete der Unter⸗ Staatssekretär Dil ke: der Regierung sei noch keine offizielle Nach⸗ richtvon der Entsendung der türkischen Flotte nach Tunis und dem Prote te der französischen Regierung zugegangen. Ein ähnlicher Zwischenfall habe sich indessen im 93. 1836 ereig⸗ net und eine ähnliche Drohung sei im Jahre 1841 Seitens Frankreichs ausgesprochen worden, als Guizot erklärte, daß der französische Admiral Befehl habe, das türkische Geschwader zurückzuweisen, wenn möglich durch Vorstellungen, wenn er⸗ forderlich, gewaltsam. Im Jahre 1864 sei die englische Re⸗ gierung benachrichtigt worden, daß Frankreich noch immer der Anwesenheit der türkischen Flotte in den tunesischen Gewässern entgegentrete. Hierauf beantragte Gladstone die Errich— tung eines Monuments für Earl Beaconsfield. sortheote unterstützte den Antrag, welcher schließlich angenom⸗ men wurde, nachdem die von Labouchere gestellte Vorfrage mit 380 gegen 54 Stimmen abgelehnt worden war. Das Haus setzte sodann die Debatte über die zweite Lesung der irischen Landbill fort.

Frankreich. Paris, 7. Mai. (Fr. Corr.) Der General Forge mol berichtet an den Kriegs-Minister aus Rum el Suk, 6. Mai, Morgens: „Das schlechte Wetter läßt nicht nach und macht jede Bewegung der Truppen unmöglich, doch erhält sich der Gesundheitszustand bis jetzt als ein sehr guter. Sämmtliche Brigaden nehmen dieselben Stellungen ein wie gestern. Heute früh traf ich in Sidi⸗Salah mit dem General Logerot zusammen, welcher mir über die materielle Lage und den Geist seiner Truppen die besriedigendsten Aufschlüsse gegeben hat. ch habe mit ihm die Durchführung der mit ker Division Delebecque combi⸗ nirten Bewegungen für den Augenblick, da es möglich sein wird, die Operationen wieder aufzunehmen, verabredet.“

Von der Division Delebecgue, die bekanntlich ihren ersten Plan, nachdem sie von Westen her in das Krumirgebiet eingedrungen war, um das Gebirge Sidi Abdallah von Norden her zu ersteigen, aufgegeben hat und nun, nachdem sie zu ihren Ausgangspunkten zurückgekehrt war, den Versuch machen soll 233 ostwärts vorzudringen, hört man augenblicklich gar nichts.

Die tunesischen Truppen, welche ansänglich die Fran⸗ josen beobachteten und sich dann durch das Krumirgebiet zurück⸗ zogen, sind jetzt glücklich wieder heimgekehrt, „nur ihre Geschütze haben sie e lassen“, welche die Krumirs wohl zu ver⸗ wenden wissen werden. ; 36.

(Cöln. Zig.) Die „Ag. Havas“ schreibt: „Es scheint bereits ausgemacht, daß das Budget vor Anfang Juni nicht berathen werden kann. Die meisten Berichte betreffs der ein⸗ zelnen Budgets sind bereit, es bleibt aber noch der General⸗ bericht über die allgemeine Finanzlage. Wenn man alle im Budget nicht vorausgesehenen Ausgaben in Betracht zieht, so wird es schwer halten, mehr als 19 bis 12 Millionen auf Steuerminderungen zu verwenden. Die meisten Mitglieder des Dudgetausschusses denken deshalb an eine Herabsetzung der Papiersteuer; die Herabsetzung der Grundsteuer würde 50

lillionen erfordern, ohne, wie bei den indirekten Steuern, durch Zunahme des Verbrauchs einen Ausgleich zu bieten.“

8. Mal. (H. T. Der Präsident Grevy AMpsing heute die Mitglieder der internationalen

ünzkonferenz und sprach denselben gegenüber die Hoff⸗ nung aus, daß die Arbeiten so kompetenter Männer zu einer günstigen Lsung der schwebenden Fragen führen würden. Der Präsident der Münztonserenz mr nn wies auf das

ausgezeichnete Einvenehmen unter den Repräsentanten der verschiedenen Staaten hin.

Nachrichten aus Tunis zufolge scheint die Bevölkerung in der Umgegend von Mater geneigt, den Franzosen Wide

stand zu leisten. Aus Algier wird gemeldet, daß die Ueberlebenden der Mission Flatters entsetzliche Schicksale gehabt haben. Sie flüchteten in eine Höhl, wo 15 derselben, darunter der Unteroffizier Pobeguin, theils vor Hunger starben, theils von den Ueberlebenden aufgezehrt wurden.

Nach einer Meldung aus Rum el Suk, von heute, haben die Krumirs, als sie sich von den französischen Truppen nahezu eingeschlossen sahen, die wichtige Position Sidi Abdallah freiwillig und ohne jedes Gefecht geräumt. Sidi Abdallah ist von den franzoösischen Truppen besetzt worden; eine Anzahl Eingeborener in der Nähe hat sich den Franzosen unterworfen. .

10. Mai. (W. T. B.) Die Brigade Bröart ist in Djedeida an der Eisenbahn nach Tunis eingetroffen. Wie der „Agence Havas“ aus Tunis gemeldet wird, ist der erneute Versuch des französischen General-Konsuls Roustan, den Bey über die Lage der Dinge aufzuklären, gescheitert. Der Bey habe geantwortet, er bedauere, daß seine Freund— schaft gegen Frankreich mißverstanden worden sei.

Portugal. Lissabon, 7. Mai. (Ag. Hav.) An Stelle des verstorbenen Herzogs von Avila ist Fontes Pe—⸗ reira de Mella zum Präsidenten der Pairskammer er— nannt worden.

Türkei. Kon stantin opel, 6. Mai. Dem „Reuterschen Bureau“ wird von hier gemeldet: Ha ssan Pascha, ein Mit— glied der albanesischen Liga, ist von Derwisch Pascha zum Gouverneur von Prizrend ernannt worden. Ali Pascha, der Chef der Liga, ist von Gussinje in Prizrend angekommen und wurde dort von dem türkischen Commandeur mit großer Aufmerksamkeit empfangen. Die Meldung, daß die Albanesen die Verbindung zwischen den verschiedenen Truppen-Abtheilun— gen Derwisch Paschas abgeschnitten hätten, entbehrt der Be— gründung. Das Gerücht, die Pforte sei gegen die vorge— schlagene Herstellung eines Tabaksmonopols, wird mit dem Hinzufügen dementirt, daß die zur Prüfung des Gegen— standes ernannte Kommission noch nicht ihren Bericht erstattet habe. Es heißt jedoch, daß die Mitglieder derselben den Vor— schlag begünstigen. ;

10. Mai. (W. T. B.) Dem Vernehmen nach hat der Ministerrath beschlossen, wegen des Protestes des fran— zösischen Botschasters Tisso ein neues Rundschreiben zu erlassen. Die Pforte beabsichtigt bedeutende Streitkräfte nach Tripolis und der Berberei zu entsenden. Wie es heißt, würde der arabische Scheik Fazyl Pascha Zaffer in einer be— sonderen Mission nach Tripolis und der Berberei gehen. Auf Ersuchen der Botschafter, die Verhandlungen wegen der türlisch⸗griechischen Konvention möglichst bald zu eröffnen, sagte der Minister des Auswärtigen, Assim en. den baldigen Zusammentritt der betreffenden Delegir— en zu.

Rumänien. Bu karest, 9. Mai. (W. T. B) Die Kammer hat heute ihre Sitzungen wieder aufgenommen. Der Minister-Präsident Demeter Bratiano entwickelte das Programm des neuen Kabinets und erklärte dabei, in Sachen der Politik werde die neue Regierung eine große Thätigkeit nicht entfa ten, die großen politischen Fragen seien gelöst; dagegen werde das neue Kabinet bemüht sein, eine gute Justiz und eine gute Verwaltung zu führen. Was die einzelnen Fragen in der auswärtigen Politik Rumäniens an⸗ belange, so habe die Arabtabia⸗Frage ihre Erledigung gefun— den, in der Donaufrage sei das Kabinet gewillt, auch nicht einen Zoll breit von den Traktaten und von der absoluten Freiheit der Schiffahrt auf der Donau abzuweichen.

10. Mai. In der Kammer erklärte der Minister⸗ Präsident Demeter Bratiano noch, daß die Arabtabia⸗ Frage in dem Sinne gelößt sei, daß Arabtabia bei Ru— mänien bleibe. Die Ratifikation Seitens der Türkei werde demnächst erwartet.

Bulgarien. Sofia, 9. Mai. (W. T. B.) Fürst Alexander hat eine Proklamation an die Bevölke⸗ rung gerichtet, in welcher es heißt: „Einstimmige Wahl hat mir die Geschicke Bulgariens anvertraut. Nicht ohne Be⸗ denken habe ich die Aufgabe übernommen, Bulgarien auf den Weg des Fortschritts zu führen. Ich habe mit voller Auf— richtigkeit gearbeitet, ich habe alle Versuche zur Organisation und regelrechten Entwickelung des Landes gestattet. Unglück— licher Weise haben alle Versuche mich in meinen Hoffnungen getäuscht. Heute ist Bulgarien diskreditirt nach außen und des⸗ organisirt im Innern. Dieser Zustand der Dinge hat im Volke den Glauben an die Gerechtigkeit der Gesetze erschüttert.“ Der Fürst theilt dann mit, daß er Ehrenroth beauftragt habe, ein

provisorisches Kabinet zu bilden bis zur Entscheidung der

großen Nationalversammlung. Sodann heißt es: „Wenn diese die Bedingungen ratifizirt, welche unentbehrlich für die Regie⸗

rung sind, die ich angeben werde und deren Nichtvorhanden⸗ sein der Grundsehler des gegenwärtigen Zustandes ist, in die⸗ sem Falle allein will ich mich dazu entschließen, die Krone zu behalten. Da es meine Aufgabe ist, das Glück des Landes zu fördern, so betrachte ich es als heilige Pflicht, feierlich zu er⸗ klären, daß der gegenwärtige Zustand der Dinge die Erfüllung dieser Aufgabe unmöglich macht. Auf Grund der Konstitution habe ich beschlossen, die Nationalversamm⸗ lung, das Organ des höchsten nationalen Willens, einzube⸗ rufen und ihr meine Krone zugleich mit den Geschicken Bul⸗ ariens zurückzustellen. Wenn der gegenwärtige Zustand der Dinge sich nicht ändert, so bin ich entschlossen, den Thron zu verlassen, mit Bedauern zwar, aber in dem Bewußtsein, meine Pflicht bis ans Ende gethan zu haben.“ Das neue Ka— binet besteht aus Ehrenroth, Minister des Kriegs, des In⸗ nern und e Zelescowitsch, Finanz- Minister, Stamatoff, Justiz⸗Minister. Die übrigen Portefeuilles sind bis jetzt noch in der bisherigen Weise besetzt.

Nusßland und Polen. St. Petersburg, 10. Mai. (W. T. B.) Der Regierungsbote“ meldet über die Judentumulte in Kiew: Am 8. Mai gegen Mittag brachen in Kiew Unruhen gegen die dortigen jüdischen Ein⸗ wohner aus, von welchen mehrere Verwundungen davon⸗ trugen, während eine Anzahl Buden und Läden geplündert wurden. Am solgenden Morgen war den Unordnungen mit Hülfe des Militärs Einhalt gethan; 509 Excedenten waren zur Haft gebracht worden. Gegen 2 Uhr Nachmittags er⸗ neuerten sich aber die Unruhen und mußten mit bewaffneter Macht unterdrückt werden, wobei ein Frauenzimmer getödtet und einige Personen verwundet wurden. .

In einem Tagesbefehl des Kriegs⸗Ministers wird bekannt gemacht, daß der Kaiser allen Generalen, Stabs⸗ und Oberoffizieren, sowie den Militärbeamten die Er⸗

laubniß ertheilt hat, Bärte zu tragen nach Belieben. Auf der Newa herrscht starker Eis gang aus dem Ladoga-⸗-See.

Amerika. New⸗York, 6. Mai. (Allg. Corr.) Der Senat hat die Konsularkonvention mit Italien, die Zollkon—

vention mit Marokko und den Vertrag über Schiffsunfalle mit Japan ratifizirt.

Aus dem Wolffschen Telegraphen-Bureau.

Wien, Dienstag, 10. Mai. Heute Vormittag fand die Ver— mählung des Kronprinzen Rudolf mit der Prinzessin Stephanie in der Augustinerkirche statt. Eine sehr große Menschenmenge wohnte der Auffahrt der Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften bei. Schon lange vor Beginn der Feier war die Kirche dichtgedrängt gefüllt. Der Glanz der Uniformen, die Pracht der Gewänder und der Nationalgewänder boten ein herrliches Bild. Unter Trompetengeschmetter betrat der Hofzug die Kirche, wo derselbe vom Kardinal Fürst Schwarzenberg mit dem Klerus empfangen wurde. Die Majestäten traten unter den Thronhimmel, das Brautpaar zu dem Bet— schemel, wo es ein kurzes Gebet verrichtete. Nach einer kurzen Ansprache an das Brautpaar und nachdem beide Verlobte ihr Jawort gegeben hatten, erfolgte der Wechsel der Ringe unter dem Geläute der Glocken und dem Gewehrfeuer der zur Feier ausgerückten Truppen. Nach dem feierlichen Tedeum intonirte die Hofburgkapelle einen altdeutschen Marsch, worauf die Neuvermählten mit den Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften in die Hofburg zurückkehrten.

Paris, Dienstag, 19. Mai. Hier aus Tripolis einge— gangene Nachrichten vom 9. d. melden, daß der türkische Gouverneur abgesetzt worden sei, weil er die Forderung des tunesischen Konsuls, türkische Truppen nach der Grenze von Tunis zu senden, zurückgewiesen habe.

Rom, Dienstag, 10. Mai. Deputirtenkammer. In Beantwortung der von den Deputirten Guiccioli und Fabrizi gestellten Anfragen erklärte Minister-Präsident Cairoli: die von ausländischen Blättern gegen die Vertreter Italiens in Tunis vorgebrachten Anschuldigungen seien so übertrieben, daß sie nicht einmal den Stempel der Wahrscheinlichkeit an sich trügen. Der Konsul Maccio habe seine Pflicht stets mit den Rücksichten für legitime Interessen zu vereinigen gewußt. Die Gerüchte über seine Abberufung seien daher vollständig unbegründet. Ebenso unbegründet seien auch die gegen die anderen Mitglieder des Konsulats in Tunis erhobenen Anschuldigungen. Die Ruhe in der italie— nischen Kolonie zu Tunis sei eine so vollständige, daß sie der Regierung das größte Vertrauen einflöße. Die Deputirten Guiccioli und Fabrizi nahmen Akt von diesen Erklärungen und sprachen den Wunsch aus, daß dieselben bekannt werden möchten, damit man den ausländischen Blättern gegenüber den italienischen Vertretern Gerechtigkeit widerfahren lasse.

Statistische Nachrichten.

Gemäß den Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheits⸗ amts sind in der 17. Jahreswoche von je 1000 Bewohnern auf den Jahresdurchschnitt berechnet als gestorben gemeldet: in Berlin 27,4, in Breslau 29,4, in Königsberg 32,1, in Cöln 32.0, in Frankfurt a. M. 28,5, in Hannover 20.3, in Cassel 24,1, in Magdeburg 25,7, in Stettin 30,6, in Altona 27,4, in Straßburg 25,9, in Metz 19,7, in München 44,1, in Nürnberg 31,9), in Augsburg 34,2, in Dres—⸗ den 22,9, in Leipzig 23,3, in Stuttgart 24,9, in Braunschweig 28,7,

in Karlsruhe 19,8, in Hamburg 26,9, in Wien 35,9, in Budapest 40,9, in Krakau 42,8, in Prag —, in Triest —, in Basel 30,1, in Brüssel 26,l, in Amsterdam 22,5, in Paris 28.2, in Kopen⸗ hagen 24,8, in Stockholm 25,5, in Christiania 23,9, in St. Peters⸗ burg —, in Warschau 194, in Odessa 30,4, in Rom 27,3, in Turin 25,l, in Bukarest 22,4, in Madrid 340, in London A ,s, in Glasgow 21,7, in Liverpool 25,l, in Dublin 30,7, in Edinburgh 20,1, in Alexandria (Egypten) 36,5. Ferner aus früheren Wochen: in New⸗Jork 30,1, in Philadelphia 22,6. in Chicago 20.6, in St. Louis 24,, in Cincinnati 17,9, in San Franzisko 16,2, in Kal⸗ kutta 34,83, in Bombay 32,8, in Madras —.

In der ersten Berichtswoche waren an den deutschen Beobachtung stationen westliche und südwestliche Windrichtungen vorherrschend, die

in den östlichen und mitteldeutschen Beobachtungsstationen am 26., an den west⸗ und süddeutschen am 28. nach Nordwest umgingen, nur an der Nordküste blieb Südwest bis an das Ende der Woche vor⸗—

wiegend, in welche Windrichtung auch am Schluß der Woche die an den anderen Stationen herrschenden nordwestlichen Luftströmungen übergingen, in Konitz, Berlin und Bremen sogar bis nach Südost. Die Luftwärme war eine niedrige und erreichte an keiner Station die normale. Niederschläge waren wohl haufig, doch nur in West⸗ und Süddeutschland in ergiebigem Maße. Der Druck der Luft nahm am 25. ab, stieg vom 27. an allen Stationen rasch und hoch, zeigte

aber am Schluß der Woche wieder Neigung zum Sinken. In der Berichtswoche wurden die Sterblichkeitsverbältnisse der meisten größeren Städte wieder etwas günstiger.

. . Die allgemeine Sterblichkeitsverhältnißzahl für die deutschen

Städte sank (auf .

1000 Bewohner und aufs Jahr berechnet) auf 27, von 27,4 der Vor woche. Die Theilnahme des Säuglingsalters an der Sterblichkeit wurde eine geringere, die der höheren Altersklassen, besonders der über 60 Jahre eine größere. Von 19000 Lebenden starben aufs Jahr berechnet, 8] Kinder unter 1 Jahr gegen 84 der vorangegan—⸗

genen Woche (in Berlin 81 gegen 77).

Unter den Todesursachen zeigten von den Infektionskrankheiten Diphtherie, Unterleibstyphus und Kindbettfieber Nachlässe, während Scharlach, Pocken und Flecktyphus, besonders beide letztere Krankbeiten in deutschen Städten häufiger zum Tode führten. Maserntodes fälle wurden in Bremen, München und Valencia häufiger, in Straß burg seltener. Das Scharlachfieber hat in Breslau, München, Berlin, Cöln, Darmstadt mehr, in Erfurt und Aschersleben, Stockholm weniger Opfer als in der Vorwoche gefordert. irhtherie herrscht noch in vielen Städten in größerer Ausdebnung, wenn auch in einigen, wie in Königsberg, Danzig, München, Stuttgart, Berlin, Hamburg, Straßburg die Erxidemie milder zu verlaufen beginnt, etwas zugenommen hat die Zahl der durch sie bedingten Todesfälle in Dres⸗ den, Aachen, Darmstadt, Würjburg, Wien, Budapest, Paris. Typhöse Fieber ließen nach, nur in Königsberg und Budavxest wurden Todesfälle daran häufiger. Die Zahl der gemeldeten Todesfälle an Fleck⸗ tvphus stieg dagegen. So kamen aus Königsberg und Krakau je 5, aus Thorn, Murcia und Budarest je 3. aus Tilsit, Gotha, Wien, London je 2, aus Erfurt, Bromberg, Nordhausen, Amsterdam, Odessa, Valencia einzelne Todesfälle zur Meldung. Auch Pockentodes fälle wurden in deutschen Städten häufiger. Von den gemeldeten 12 Todes⸗ fällen entfielen auf Berlin 5, auf Aachen 4, auf Königsberg 2, auf München 1. Groß, wenn auch etwas kleiner als in der Vorwoche

tl D

war die Zahl der Opfer in London (IM), in Wien (22). Paris (2), Budapest (9). In beschränkterer Zahl zeigten sich die Pecken in Krakau, Rom, Malaga, Saragossa. Alexandria (je 2); aus Glasgow

und Birmingham wird je J Todesfall gemeldet. Darmkatarrhe der Kinder sowie entzündliche Erkrankungen der Athmungsorgane führten

seltener zum Tode. In RValkutta herrschte Ende Marz die Cholera in größerer Verbreitung. Auch in Valencia kam in der Zeit vem 19— 17. April ein Choleratodesfall zur Tenntniß. In der ersten

Maäͤrzhälfte erlagen dem gelben Fieber in Rio de Janeiro 25 Personen.