geschlagenen Wege werde man der Weberei nicht die Möglich—
keit wiedergeben, auf dem Weltmarkt konkurriren zu können.
Jedenfalls stehe das Anerkenntniß der Reichsregierung fest,
daß durch den neuen Tarif zwei Industrien geschädigt
würden: die Müllerei und die Fabrikation von wollenen und
halbwollenen Waaren. Die Müllerei verlange gar keinen
Schutzzoll, sie fordere nur eine mildere Be andlung bei der
Verarbeitung ausländischen Getreides. An fich wolle er keinen
Vorwurf daraus machen, daß man an dem Grundsatze der
Stabilität des Zolltarifs schon jetzt rüttele; er habe diesen Grundsatz nie für richtig gehalten. Der Abg. von Kardor wies dem Vorredner gegenüber darauf hin, daß es sich bei den vorliegenden Entwürfen nicht um eine prinzipielle Aenderung, sondern nur um eine Korrektur des Zolltarifs handle. Für die Wollenindustrie habe es an einer Grund legenden Enquete gefehlt, weshalb man die Zölle für wollene Waaren nicht richtig habe fixiren können. Aehnlich sei es bezüglich des Mehlzolles, der seiner⸗ zeit unverändert geblieben fei, obwohl man den Getreidezoll erhöht habe. Redner empfahl schließlich, die Entwürfe mit Wohlwollen zu behandeln. Der Abg. von Benda erklärte sich gegen die Erhöhung
des Mehlzolles, da durch dieselbe der leidenden Müllerei nicht aufgeholfen werden könne. Die Ein— führung eines Traubenzolls halte er für gerechtfertigt, erachte aber den vorgeschlagenen Satz von 15 606 für zu hoch. Der Abg. Freiherr von Mirbach schloß sich den Ausführungen des Abg. von Kardorff insofern an, als auch er in den vor— geschlagenen Zollerhöhungen nur eine Korrektur des Zolltarifs erkannte. Die Erhöhung des Mehlzolles sei eine nothwendige Konsequenz des erhöhten Getreidezolles. Redner legte eingehend die Gründe dar, welche zu der Erhöhung der Getreidezölle geführt hätten, und wies nach, daß billige Nahrungsmittel nur schädigend auf die soziale Lage des Arbeiters zu wirken geeignet seien. Der Abg. Löwe (Berlin) trat den letzten Ausführungen des Vor— redners entgegen und betonte, daß theure Lebensmittelpreife sehr wohl auf die Lage der arbeitenden Bevölkerung von Einfluß seien. Zur Hebung der Webereiindustrie, deren Bedrängtheit er nicht verkenne, sei eine Erhöhung der Gewebezölle ungeeignet: man müsse vielmehr an eine Ermäßigung der Garnzölle, insbe— sondere der Zölle auf Kammgarn, herantreten. Redner stellte für die zweite Lesung einen diesbezüglichen Antrag in Aus— sicht. Bei Schluß des Blattes widerlegte der Staatssekretär des Reichsschatzamts Scholz die gegen die Vorlagen erhobenen Einwände.
— Heute Vormittag 10 Uhr fand auf dem Infanterie⸗ Exerzirplatze östlich der Tempelhofer Chaussee die diesjährige große Frühjahrs-Parade der Berliner und Spandauer Garnison vor Sr. Majestät dem Kaiser und Könige statt.
Die Parade kommandirte Se. Königliche Hoheit der Prinz August von Württemberg, General⸗Oberst von der Kavalleri? und kommandirender General des Garde-Corps. Die Truppen waren im Parade-Anzuge mit Gepäck, die Fußtruppen in weißen. Beinkleidern erschienen und so zeitig ausgerückt, daß sie um K½ Uhr in das ihnen von dem General
stabe des Garde-Corps bezeichnete Alignement einrücken konnten. Das
Die gesammte Ausstellung zerfiel in zwei Treffen. erste Treffen bestand aus der 2. Garde⸗Infanterie⸗Brigade mmando des General-⸗Majors von Caprivi, der
unter dem 3. Garde⸗Infanterie⸗Brigade unter dem Kommando des der kombinirten Garde⸗Infan⸗
General-⸗Majors von Grolman, terie⸗Brigade unter dem Commandeur der 4. Garde⸗Infanterie⸗ Brigade, General-Major von Olszewski und der koömbinirten Brigade unter dem Inspecteur der 1. Ingenieur⸗Inspection, General⸗Major von Adler; besehligt wurde dies Treffen vom General-Lieutenant und Commandeur der 2. Garde⸗Infanterie⸗ Division von Dannenberg.
Die Truppen des ersten Treffens waren: das Kadetten Corps, das 2. Garde Regiment z. F., das Garde⸗Füsilier⸗Regiment, das 4. Garde-Regiment z. F, das 2. und das Füsilier⸗Ba⸗ taillon des Kaiser Alexander Garde⸗Grenadier⸗Regiments Nr. 1 (das 1. Bataillon befindet sich zur Wahrnehmung des Wacht— dienstes in Spandau), das 3 Garde⸗Grenadier⸗Regiment Königin Elisabeth, das Garde⸗Schützen Bataillon, das Kaiser Franz Garde⸗Grenadier⸗Regiment Nr. 2, das 3. Garde⸗Regiment z F., das 1. Bataillon des Garde⸗Fuß⸗Artillerie⸗Regiments, das Garde⸗Pionier⸗Bataillon, das Eisenbahn-Regiment und die Lehr⸗Compagnie der Artillerie- Schießschule.
Das zweite Treffen wurde von dem Commandeur der 1. Garde⸗Kavallerie⸗Brigade, General⸗Major von Schenck, be⸗ fehligt und bestand aus der kombinirten Garde⸗Kavallerie⸗ Brigade unter dem Kommando des General Majors und Commandeurs der 3. Garde⸗Kavallerie⸗Brigade, Freiherrn von Zedlitz Leipe. Gebildet war dieselbe aus dem Garde— Kürassier-⸗Regiment, dem 1. Garde⸗Dragoner⸗Regiment, dem 2. Garde⸗Ulanen-Regiment und bem 2. Garde— Dragoner Regiment. Zu diesem Treffen gehörte außer⸗ dem die Artillerie und der Train unter dem Kommando des Oberst von Körber, à la suite des 1. Garde⸗Feld⸗Artillerie⸗
in Escadrons⸗Front, bei der Artillerie in Abtheilungs-Front, wobei sich die Lehr⸗Batterie der Artillerie⸗Schießschuke hinter der 2. Abtheilung des 2. Garde⸗Feld⸗ Artillerie⸗ Regiments befand, und beim Train in Compagnie⸗Front im Trabe ausgeführt.
Die Fahnen, welche durch eine Compagnie des 2. Garde Regiments z. F. und die Standarten, welche durch eine Es⸗ cadron des Garde⸗Kürassier⸗Regiments vorher aus dem Pa⸗ lais geholt worden waren, wurden von denselben Truppen— theilen nach beendeter Parade wieder dorthin abgebracht.
Das 1. Bataillon Garde⸗Fuß⸗Artillerie⸗ Regiments, welches heute früh per Bahn hierher befördert worden war, kehrte noch heute wieder nach Spandau zurück, während das 4 Garde⸗Regiment z. F. und das 3. Garde-⸗Grenadier— Regiment Königin Elifabeth erst morgen Vormittag dorthin zurückkehren werden.
Die diesjährige große Frühjahrsparade der Potsdamer
Harnison wird morgen auf dem Bornstedter Felde bei Potsdam stattfin den.
Das Paradediner Königlichen Schlosse, Opernhause statt.
findet heute Nachmittag im hiesigen Abends eine Militärvorstellung im
— Die im Reichs-Eisenbahn-Amte aufgestellte, in der Ersten Beilage der Nr. 123 d. Bl. veröffentlichte Uebersicht der Betriebs-Ergebnisse deutscher Eisen⸗ . für den Monat April d. Is. ergiebt für die 64 Bahnen, welche auch schon im entsprechenden Monate des Vorjahres im Betriebe waren und zur Vergleichung gezogen werden konnten, nachstehende Daten: (Die preußischen Staats⸗ bahnen und vom Staate für eigene Rechnung verwalteten Bahnen sind dabei als ein Bahnkomplex betrachtet, weil durch die am 1. April d. Is. eingetretene veränderte Bezirks⸗ eintheilung ein Vergleich bei den einzelnen Verwaltungsbezirken nicht durchweg zu ermöglichen war.)
Die Einnahme aus allen Verkehrszweigen war im April b. J. a. beim Vergleiche der (mit Ausnahme von 3 Bah— nen) provisorisch ermittelten Ergebnisse des lau⸗ fenden Jahres mit dem Definitivüm des Vorjahres: im Ganzen (mit 28 866 km Betriebslänge) bei 45 Bahnen mit zusammen 21 964 km höher und 24 Bahnen mit zu— sammen 6902 niedriger als in demselben Monate des Vöyr— jahres, und auf das Kilometer Betriebslänge bei 39 Bahnen mit zusammen 21 869 km höher und bei 55 Bahnen mit zusammen 6997 km (darunter 7 Bahnen mit vermehrter Betriebslänge) niedriger als in demselben Monat des Vor— jahres, b. beim Vergleiche der von 61 Bahnen pro— visorisch ermittelten Ergebnisse des laufenden Jahres mit den im Vorfahre ermittelten provi⸗ sorischen Angaben: im Ganzen (mit 28 699 km Be— triebslänge) bei 441 Bahnen mit zufammen 24779 Km höher und bei 17 Bahnen mit zusammen 3920 km niedriger als in demselben Monate des Vorjahres, und auf das Kißometer Betriebslänge bei 41 Bahnen mit zusammen 22 892 km höher und bei 20 Bahnen mit zusammen 5807 km (darunter 7 Bahnen mit vermehrter Betriebslänge) geringer, als in dem⸗ selben Monate des Vorjahres.
Die Einnahme aus allen Verkehrszweigen war vom
1. Januar bis Ende April d. J.: a. beim Vergleiche der (mit Ausnahme von 3 Bahnen) provisorisch ermit—⸗ tel ten Eisen n ,. laufenden Jahres mit dem Definitivum des Vorjahres; im Ganzen (mit 28 866 km Betriebslänge) bei 25 Bahnen mit zusammen 3863 kin höher und bei 89 Bahnen mit zusammen 25 003 Rm geringer als in demselben Zeitraum des Vorjahres, und auf das Kilometer Betricbslänge bei 22 Bahnen mit zusammen 3511 kim höher und bei 42 Bahnen mit zusammen 35 355 km (darunter 13 Bahnen mit vermehrter Betriebslänge) geringer als in demselben Zeitraume des Vorjahres; p. beim Ver— gleiche der von 61 Bahnen proviforisch ermittelten Ergebnisse mit den im Vorjahre ermittelten provi⸗ sorischen Angaben: im Ganzen (mit 28699 km Betriebs— länge) bei 33 Bahnen mit zusammen 21 996 Km höher und bei 28 Bahnen mit zusammen 6703 km geringer, als in demselben Zeitraum des Vorjahres, und auf das Kilometer Betriebs— länge bei 30 Bahnen mit zusammen 20 486 kEm höher und bei 31 Bahnen mit zusammen 8213 Em (darunter 10 Bahnen mit vermehrter etriebslänge) geringer, als in demselben Zeitraum des Vorjahres. Bei den unter Staatsverwaltung stehenden Privatbahnen, ausschließlich der vom Staate für eigene Rechnung verwalteten Bahnen, betrug Ende April d. J. das gesammte konzessionirte Anlagekapital 12126065004 (409 350 g00 4 Stammaktien, 45 450 000 Prioritäts Stamm- aklien und 757 805600 (s6 Prioritäts⸗Obligationen) und die Länge derjenigen Strecken, für welche das Kapital bestimmt ist, 4099,47 Km, so daß auf je 1m 296 446 entfallen.
Bei den unter Privatverwaltung stehenden Privat bahnen betrug Ende April d. J. das gesammte konzessionirte Anlagekapital 1463 501 657 6 G56 olg 950 60 Stammaktien, 216 576 go M Prioritäts—⸗
Regiments und Commandeur der Garde⸗Feld⸗ Artillerie Bri⸗· gade, und bestand aus dem 1. Garde⸗Feld⸗Artillerie⸗Regiment, dem 2. Garde⸗Feld Artillerie Regiment, der Lehr⸗Batterie der Artillerie⸗Schießschule, dem Garde⸗-Train⸗-Bataillon und dem Brandenburgischen Train-Bataillon Nr. 3.
Die Formation war bei der Infanterie in Kolonnen in Compagnie⸗Front, bei der Lehr-Compagnie der Artillerie- Schießschule in Zugkolonne. bei der Kavallerie in Kolonnen in Escadrons, bei der Artillerie und dem Train in Linie. Auf dem rechten Flügel des ersten Treffens standen die TLeib— Gensd'armerie und die Stäbe und auf dem rechten Flügel des Kadetten⸗Corps die Musik des 2. Garde⸗-Regiments z. F.
Beim Erscheinen Sr. Majestät bei der Parade⸗Ausstellung wurden zuerst die Honneurs gleichzeitig von der ganzen Pa— rade gemacht; demnächst wurde während des Abreitens der Aufstellung von den Truppentheilen brigadeweise präsentirt.
Sobald Se. Majestat eine Brigade passirt hatten, begann die Formation zum Vorbeimarsch.
Der Parademarsch wurde zweimal ausgeführt und zwar von der Infanterie zuerst in Compagniefront und dann in NRegiments⸗Kolonne, wobei das Garde⸗Pionier⸗Bataillon und das Eisenbahn⸗Regiment unter dem Kommando des Oberst— Lieutenants Golz, Commandeur des letztgenannten Truppen⸗ theils, eine Regiments⸗Kolonne bildeten; das Garde⸗Schützen⸗ Bataillon und das J. Bataillon Garde Fuß? Artilleric⸗Regtments waren beim zweiten Vorbeimarsch in Compagniefront⸗ Kolenne. Vei der Kavallerie wurde der Vorbeimatsch zuerst in halben Exccadrons, bei der Artillerie in Batteriefront, beim Train in Zügen im Schritt, demnächst bei der Kavallerie
zu bezeichnen.
Stammaktien und S631 004807 M6 Prioritäts- Obligationen) und die Länge derjenigen Strecken, für welche dieses Kapi⸗
tal bestimmt ist, 6938,71 km, so daß auf je J km 202 286 s entfallen.
— Zur Beseitigung der Verschiedenheiten in der Amts— bezeichnung der im Bureau-, Stations- und Ex⸗ peditionsdienste außeretats mäßig be schaftigten Beamten der Staats-Eisenbahnverwaltung hat der Minister der öffentlichen Arbeiten unterm 17. d. M. Fol⸗ gendes bestimmt; 1) Die Civilnumerare führen vor bestande⸗ ner Prüfung die Bezeichnung „Civilsupernumerare“. Nach bestandener Prüfung sind dieselben im Bureaudienste zu Eisenbahn⸗Bureau⸗Assistenten“, im Stations- und Expeditions⸗ dienste zu„Eisenbahn-Stations-Diätaren“ zu ernennen. 2) Die Militäranwärter und die in Ermangelung anstellungsberech⸗ tinter Anwärter mit der Absicht der dauernden Beibehaltung angenommenen nicht anstellungsberechtigten Personen führen vor bestandener Prüfung die Bezeichnung „Eisenbahn⸗-Gureau— Aspiranten“ im Bureaudienste und Eisenbahn⸗Stations⸗ Aspiranten“ im Stations- und Expeditiongdienfze. Nach be⸗ jandener Prüfung sind dieselben zu „Eisenbahn-Bureau— Assistenten / Lezw. zu Eisenbahn⸗Station g- Diataren“ zu er⸗ nennen. 3) Die zur Deckung eines vorübergehenden Bedürf⸗ nisses aushülfsweise angenommenen, zu den unter 1 und 2 bezeichneten Beamten nicht gehörigen Personen sind als „Eisen⸗ bahn Vureau⸗Gehül fen bezw. isenbahn⸗Stations⸗Gehülsen“
nach einem Urtheil des Reichsgerichts, II. Strafsenats, vom 12. April d. J., der Hehler der von einem Ehegatten dem anderen entwendeten Sachen wegen gh lere zu bestrafen. Dies ist sogar dann der Fall, wenn der ehler die von einer
in Gütergemeinschaft lebenden Ehefrau ihlkem Gatten entwen? deten Sachen ihr abnimmt.
— Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Senator der
freien und Hansestadt Hamburg Fr. Versmann ist von Berlin wieder abgereist.
— Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Unter⸗Staats⸗
sekretär Dr. von Mayr ist aus Straßburg wieder hier ein— getroffen.
Der General- Lieutenant von Strubberg, General— Inspecteur des Militär⸗Erziehungs- und Bildungswesens, ist von einer Besichtigungsreise der demselben unterstellten Institute in Neisse, Culm und Plön wieder hierher zurückgekehrt.
— Der General⸗Lieutenant Ribbentr op, Inspecteur der 2. Fuß⸗Artillerie⸗Inspektion, ist behufs Abstattung persön⸗ licher Meldungen hier eingetroffen.
k „Luise“, 8 Geschütze, Kommandant Kor— . Stempel, ist am 24. Mai er. in Arendal ein— getroffen.
Hessen. Darmstadt, 27. Mai. (Cöln. Ztg.) In dem . ausgegebenen Regierungsblatt“ ist die auf dem letzten andtag zustande gekommene allgemeine Bauordnung, ein für Hessen überaus nöthiges? und wichtiges Gesetz, zur Verkündigung gebracht. Es werden dadurch die bisherigen, in den einzelnen Städten geltenden von einander abweichenden Bauordnungen in einer erschöpfenden und den Grundsätzen der Neuzeit entsprechenden Weise für das ganze Land neu geregelt. Vorerst ist der Tag des Inkrafttretens des Gesetzes noch nicht bestimmt und man erwartet diese Bestimmung erst mit dem Erlaß der unbedingt nöthigen Einführungs- und Ergänzungs⸗ vorschriften dazu. Bekanntlich begegnete der Gesetzentwurf in den beiden Kammern erheblichen Anständen und hielt es schwer, bei den vielfach von einander abweichenden Ansichten der beiden Kammern eine Uebereinstimmung zu erzielen. Erst in den Schlußsitzungen der beiden Häuser beseitigte der Wunsch, etwas Positives zustande zu bringen, die letzten Meinungsver⸗ schiedenheiten.
Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 29. Mai. Der Volkswirthschaftsausschuß des nahm die Regierungs vorlagen, betreffend den Handel s—⸗ vertrag mit Deutschland und die Fortdauer des Appreturverfahrens einstinunig an, nachdem der Handels⸗ Minister beruhigende Erklärungen für die in Frage kommende Industrie gegeben hatte. Die von Rieger beantragte Resolu⸗ tion, di Regierung aufzufordern, nach dem Ablaufe dieses Jahres das Nothwendige zu veranlassen, um eine definitive Regelung der Verhältnisse bezüglich des Appreturverfahrens herbeizuführen, wurde mit allen gegen zwel Stimmen ange⸗ nommen.
Pest, 28. Mai. Das Unterhaus hat den Gesetzent⸗ wurf, betreffend die Regelung der Handels- und Verkehrs⸗ beziehungen zu Deutfchland, in der General- und Spezialdebatte angenommen. Im Laufe der Debatte hatte der Minister-Präsident Tisza erklärt, daß er sich über die Re— vision des Zolltarifs jetzt nicht aussprechen wolle. Er bemerke nur so viel, daß auch diese Frage unter die in Verhandlung befindlichen Fragen gehöre. Seiner individuellen Ueberzeugung nach könnten die Verhältnisse Ungarns auch dahin drängen, in Betreff der Rohprodukte in gewisser Beziehung eine Schutz⸗ zollpolitit zu befolgen, doch bedürfe diese Frage noch einer ein— gehenden Erwägung. Der Handels-Minister hatte die Aus⸗ , Apponyi's widerlegt, welcher behauptet hatte, daß ein autonomer Zolltarif nur Desterreich zu Gute komme.
Großbritannien und Irland. London, 30. Mai. (W. T. B.) Aus der Grasschaft Galway wird abermals ein mit der agrarischen Bewegung in Zusammenhang stehen⸗ der Mord gemeldet. — Nach einem Telegramm der „Times“ aus Kalkutta, von gestern, ist der indischen Regierung der peremptorische Befehl zugegangen, das Pischin thal so schnell als möglich zu räumen; die Stadt Quetta soll die äußerste Grenzstellung der englischen Truppen bilden. Der Befehl zur Räumung des Pischinthales erfolgte trotz des von der indischen Regierung dagegen erhobenen Widerspruchs.
Frankreich. Paris, 28. Mai. (W. T. B) In der heutigen Sitzung der Deputirtenkammer sprach sich bei der Berathung des Rekrüutirungsgesetzes der Minister— Präsident Ferry gegen den von der Kommission bean— tragten Artikel aus, nach welchem den Seminaristen eine Dienstzeit von 4 oder 5 Jahren und den weltlichen Lehrern eine solche von nur einem Jahre auferlegt werden soll. Der von der Kommission beantragte Artikel wurde abgelehnt und schließlich der Gesetzentwurf in der Fassung der Regierungs⸗ vorlage angenommen, nach welcher sür die Seminaristen wie für die weltlichen Lehrer eine Dienstzeit von einem Jahre sest⸗ gesetzt wird. Von dem Minister des Auswärtigen wurde ein Gesetzentwurf, betreffend die Herstellung einer Postf chiff⸗ verbindung zwischen Frankreich, Algerien und Tunis, vorgelegt. — (Cöln. Itg.) Das linke Centrum des Senats hat den fast einstimmigen Beschluß gefaßt, sich gegen die Listenabstimmung zu erklären, während“ die republikanische Linke des Senats noch unschlüssig ist. Von der Rechten wollen 90 Senatoren geheime“ Ab— stimmung bei der Entscheidung über den Gesetzentwurf be⸗ antragen und dann gegen die Listenabstimmung stimmen. Die Ernennung des Senatsausschusses über diese wichtige Frage wird nun am nächsten Montag ersolgen. In den Gefechten vom 23. mit den Krumirs haben die dem Feinde bedeutende Verluste sie selbst nur 9 Verwundete auf ihrer Seiie angeben. Der Widerstand der Krumirs wird schwächer. Die fra nzö⸗ sischen Truppen leiden jetzt unter der starken Hitze, die auf 38 Centgrad im Schatten stieg; es kommen viele Fälle
typhösen Fiebers vor. — 28. Mai. (W. T. B.) Bei der heute im hiesigen 9. Arrondissement stattgehabten Wahl eines Deputirten
an Stelle des verstorbenen Emile de Girardin wurde der Kan
(W. T. B.) Abgeordnetenhauses
und 26. Mai sranzösischen Truppen beigebragt, während
— Der Diebstahl eines inet ten gegen den anderen
bleibt zwar nach 9. 247 Str. G. straf los, wohl aber ist
gewahlt.
didat der Republikaner, Anatole Laforge, mit ig Stimmen Der Direktor des Journals „Soleil“, Hervé (Mo⸗
narchist) erhielt 4250, der Kandidat der Radikalen, Dubois, erhielt 2079 Stimmen. ;
Cahors, 28. Mai. (W. T. B) In der Re de, welche Gambetta heute Abend bei den Bankett hielt, protestirte derselbe zunächst gegen die Versuche, welche man mache, um zwischen ihm und dem Präsidenten Grevy einen Antagonismus herzustellen. Gambetta hob rühmend die trefflichen persönlichen ECigenschaften des Präsidenten hervor. Hierauf zu der Revi⸗ sionsfrage der Verfassung übergehend, äußerte er, daß die Verfassung allerdings nicht als abgeschlossen gelten könne, sondern einer Umgestaltung bedürfe. Hierzu aber wäre der geeignete Zeitpunkt noch nicht gekommen; zur Zeit würde man bei einem 6 leicht in die Lage kommen, die
ik zu gefährden. . Kiri st l wren . B) Hel der Heutzfen Ver— theilung der Preise für die landwirthschaftliche Aus— stellung hielt Gambetta eine Rede, in welcher er hervor— hob, die Landwirthschaft treibende Bevölkerung sei stets die Hauptsorge derjenigen, welche die moderne Demokratie auf unerschütterliche Grundlagen begründen wollen. Kein Regime habe die Versprechen so gehalten wie das gegenwärtige, Gam—⸗ betta erklärte sodann, daß er nicht gegen eine Herabsetzung der Grund- und Bodensteuer sei, aber er glaube, daß man diejenigen entlasten müsse, welche ein wirkliches Bedürfniß hierfür hätten, jedoch keine anderen. Man müsse vor Allem die Dotation für die Vizinalmege und die Dotation zur Unter⸗ stützung der verschuldeten Kommunen erhöhen. — Gambetta reiste heute Abend nach Paris zurück.
Italien. Rom, 28. Mai. (W. T. B.) Depretis wird dem Könige noch heute die Ernennungsdekretze für die Minister unterbreiten, und die Letzteren werden bereits morgen Vormittag den Eid leisten. Die Deputirten⸗ kammer ist auf den kommenden Donnerstag einberufen worden.
Griechenland. Athen, 28. Mai. (W. T. B.). Die griechische Regierung hat die Annahme der türkisch-griechi⸗ schen Konvention erklärt, und drei militärische Delegirte für die Deliminations⸗Kommission ernannt. — Gennadius ist wieder zum Geschäftsträger in London ernannt worden,
Türkei. Konstantinopel, 29. Mai. (W. T. B) Der bisherige englische Botschafter, Göschen, wird auf der Rückreise nach London Montag in Berlin eintreffen.
Rußland und Polen. St. Petersburg, 29. Mai, (W. T. B.) Nach einer Meldung der Agence RusFse wird, nachdem die Ratifikation des russischschinesischen Ver⸗ trages vollzogen worden ist, der Admiral Lessowsky mit der Flotte die chinesischen Gewässer verlassen.
änemark. Kopenhagen, 28. Mai. Die Exöff⸗ nu h. des Folkethings fand gestern Mittag im Folkethings⸗ saale im Schlosse Christiansborg statt. — Der Gesetzentwurf wegen Verlängerung des interimistischen Finanz⸗ gesetzes, der dem Folkethinge gestern von der Regierung vorgelegt wurde, ist heute in ordentlicher und außerordent—⸗ licher Sitzung ohne Debatte zur dritten Lesung verwiesen worden — Nach der Kopenhagener „Nat. Ti). ist die Partei⸗ stellung der neugewählten. Folkethingsabgéord⸗ neten folgende: Rechte 32, Radikale 29, Moderate 23 und Ausgetretene und Wilde 17 Mitglieder, wovon 84 wieder— gewählt sind. 39 davon sind Bauern.
Statistische Nachrichten. . . Bei der Magdeburger Allgemeinen Versicherungs⸗ Aktien⸗Gesellschaft — Abtheilung für Unfallversicherung — kamen im Monat April 1381 zur Anzeige; 10 Unfälle, welche den Tod der Betroffenen zur Folge gehabt haben, 1 Unfall, in Folge dessen der Beschädigte noch in Lebensgefahr schwebt, 38 Unfälle, welche für die Verletzten voraussichtlich lebenslängliche, theils totale, theils partielle Invalidität zur Folge haben werden, 330 Unfälle mit voraussichtlich nur vorübergehender Erwerbsunfähigkeit. Im Ganzen Unfälle 579. ; Kunst, Wissenschaft und Literatur. Johannes eine poetische Erzählung aus dem deutsch-fÜanzö⸗ sischeñ Kriege 1870-1871 von Heinrich Freimann, Gassel Verlag von A. Freyschmidt, Hof-⸗Buchhandlung. — Die vorliegende Dichtung bietet ein hübsch empfundenes, von warmem Herzen und Vaterlands⸗ liehe zeugendes Stimmungsbildchen in geschmackvoller Torm. Man liest das Werkchen mit Vergnügen, man gewinnt Interesse an seinen Helden und erfreut sich an der hübschen glatten Form, ohne freilich sich mächtiger fesseln, seinen Geist lebendiger anregen zu lassen Es ist derselbe Stoff, den so viele lyrischen, dramatischen und Prosa⸗ dichter verwendet haben und deffen Tendenz in den Gedanken gipfelt, daß die ewige, allmächtige Liebe den Sieg über alle nationalen Vorurtheile, über jeden Völker⸗ und Racenhaß davontrãägt. Lier ist es ein junger Deutscher, Johannes, der vor dem Kriege in Paris thätig war und dort von reiner, wahrer Liebe für eine junge Französin entflammt ist, welche ihm dasselbe Gefühl erwidert. Der Vater des Mädchens, ein alter Krieger und Deutschenhasser, sowie der Gemeindepfarrer ereifern sich gegen die Leidenschaft des jungen Mädchens und überhäufen den Jüngling mit Schmähungen. Schließ⸗ lich aber siegt die Macht der Liebe des fest zusammenhaltenden jungen Paares, und die Einwilligung des Vaters wird schon fast errungen, als plötzlich die Kunde von der Kriegserklärung laut wird. Nun er— Teist der alte Haß von Neuem des greisen Vaters Herz, er weist den Jüngling von der Schwelle seines Hauses, und bald auch wird Johannes wie alle Deutschen aus Paris verwiesen. Er folgt der Pflicht und tritt in die Reihen der Vaterlandsvertheidiger, in welchem er von Sieg zu Sieg eilt, begeistert von der hoben Sache, aber, dennoch die warme Liebe im Herjen bewahrend, der dann schließlich auch ihr Lohn wird. Der Preis des hübsch ausgestatteten Werkchens beträgt 141.
Gewerbe und Sandel. Wien, 30. Mai. (W. T. B.) In der heutigen Generalver⸗ sammlung der Staatsbahn wurden Die vorgeschlagenen Statuten ⸗ änderungen genehmigt, nach welchen die Gesellschaft sich bei ihren Befanntmachungen auch der ungarischen Sprache bedienen und dieselben auc im, Pester Amtsblatt“ veröffentlichen soll. — Die ordentliche Gene⸗ lalrersammlung der Staatsbahn genehmigte einstimmig den bekannten Rechnungsabschluß pro 1589 und setzte die Gesammtdividende für dae Jahr 1880 auf 30 Fr. fest. Der im Juli fällige Coupon wird mit 10 Fr. eingelbst. — Die Generalverfammlung der Südbahn ge— nehmigte den Rechenschaftebericht und den Antrag des Verwaltungs⸗ rathes bezüglich der Verwendung des Reingewinnes. ¶ Derselbe soll wie im letzten Jahre zur Verstärkung der statutenmäßigen Reserve rerwendet werden. 2. ĩ London, 28. Mai. (W. T. B.) In der gestrigen Woll auktion waren Presse bei fester Stimmung unverändert. Glasgow, 28. Mai. (W. B.) Die Vorräthe von Roheisen in den Stores belaufen sich auf zo 909 Tons gegen 11330 Tons im vorigen Jahre. Jahl der im Betrieb befindlichen Hochöfen 121 gegen 116 im vorigen Jahre. — ö . Rom, 30. Mai. (W. T. B.) Nach dem Popolo Roma no ist das Affidavrit von dem Ministerium aufg ehgben worden, so daß alle ausländischen Besitzer von italienischer Rente von jeder
Verkehrs⸗Anstalten. ö. Southampton, 28. Mai. (W. T. B) Der Dampfer des Norddeutschen Lloyd Frankfurt ist hier eingetroffen. New⸗Pork, 26. Mai. (W. T. W) Der Dampfer Erin“ von der National⸗Dampfschiffs-Compagnie (E. Messingsche Linie) ist hier eingetroffen.
Berlin, 30. Mai 1881. Zur Hebung des deutschen Ausfuhrhandels.
Valparaiso, Februar 1881, Ehe man den deutschen Industriellen über schlechte, nicht konkurrirende Lieferungen Vorwürfe macht, darf, ohne unge— recht zu sein, man nicht außer Augen lassen, daß die geo— graphische Lage manchen Ländern Vortheile sichert, welche nur unter besonderer Gunst der Umstände Ausgleichung finden kann. In dieser Beziehung muß vor Allem England genannt werden, welches außerdem als Bankland der ganzen Welt den Vortheil genießt, daß seine Industrie⸗Erzeugnisse nur von ei er Bankkommission belastet werden, während deutsche zwei, eine heimische und eine englische, zu bezahlen haben; es kommt dieses sowohl bei der Anschaffung von Rohprodukten. als auch bei dem Absatz der Fabrikerzeugnisse in Betracht. Ferner ist, wie angedeutet, die Lage der Industrie-Distrikte in England eine ungleich günstigere und hilligere; Kohlen und Eisen in der Nähe großartiger Exporthäfen gewähren den dort ange— legten Fabriketablissements Vortheile, die nicht zu unterschätzen sind. Man vergleiche die Lage Hamburgs und Bremens den sächsischen und westfälischen Fabrikdistrikten gegenüber mit Liverpool und Glasgow, letztere in ihrem Verhältniß zu schot⸗ tischen und englischen Fabriken in Birmingham und Man— chester. Ehe also in Deutschland nicht billigste Land- und Wasserwege von den Exporthäfen nach dem Innern und den Rhein hinab geschaffen sind, wird in vielen Geschäftszweigen eine Konkurrenz mit England schwer möglich sein. Auch ver⸗ dient hervorgehoben zu werden, daß die große Ausdehnung britischer Kolonien den Absatz der Industrie⸗Erzeugnisse des Mutterlandes ganz erheblich begünstigt. Alle Versuche, diese Thatsache wegzuleugnen, würde das Beispiel von Ostindien schlagen, wo deutsche Fabrikate gegen englische absolut nicht aufkommen können; dasselbe wiederholt sich in Australien,
während in Polynesien, wo deutsche Handelsetablissements den Charakter von Kolonien anzunehmen bestrebt sind, diese bis jetzt ihren direkten Hand 1 mit dem Mutterlande haben aufrecht erhalten können. In Valdivia und Puerto Montt hat eine deutschschilenische Kolonie einen direkten Handel mit Hamburg geschaffen, der als äußerst bedeutungsvoll zu bezeich⸗ nen ist und ist an dieser Stelle von einer englischen Konkur— renz keine Rede. In Verfolg dieser Lage schafften sich Val⸗ divia Sohlleder in Hamburg ihren ausschließlichen Markt.
Am auffallendsten aber ist es, daß Chilesalpeter, dessen Erzeugung hauptsächlich deutschem Unternehmungsgeist und Kapital zu . ist, ebenfalls in Hamburg seinen Haupt— markt gefunden hat. l .
nuf ließe sich der direkte Handel, welchen Deutschland mit den Vereinigten Staaten bewahrt und welcher ihm fast den Tabakshandel der ganzen Welt zugeführt und von dem Baumwollengeschäft wenigstens einen guten Theil gelassen hat, wohl mit auf die Emigration deutschen Kapitals, Arbeits⸗ kraft und Unternehmungsgeistes zurückführen, ungeachtet bei der schnellen Assimilirung des deutschen Elements in den Ver— einigten Staaten, der Charakter, der dem alten Vaterlande anhängenden Kolonien bald genug verloren geht. Es ver⸗ dient besonderer Erwägung, daß, so rasch die Verschmelzung deutscher Stammeseigenthümlichkeit und. Anhänglichkeit im ganzen anglo⸗sächsischen Auslande vor sich geht, dieses in ent⸗ schiedenster Weise bei allen spanisch oder amerikanischspani⸗ schen, portugisischen, polynesischen oder sonstigen Ländern nicht der Fall ist. . . J
Der deutsche Kolonist in Valdivia lernt die spanische Sprache nur schwer und zieht es vor, selbst den araukanischen Indier von sich sprachlich abhängig zu machen. Von ähnlichen Verhältnissen ist aus Brasilien zu berichten, und haben diese zur Folge, daß von Porto Alegre und anderen Häfen eben⸗ falls ein nicht unerheblicher direkter Handel mit Deutschland im Betrieb bleibt, dadurch be hen Fabrikerzeugnissen einen schätzenswerthen Markt offen haltend, wo er, von diesen Ver⸗ hältnissen getragen, sich auch der Konkurrenz gewachsen zeigt.
Diese allgemeinen Gesichtspunkte habe ich geglaubt nicht unberührt lassen zu dürfen, ehe ich auf die Bemerkungen ein⸗ gehe, welche sich tadelnd über Geschmach und. Packung deut scher Industrieerzeugnisse, Unreellität der Fabrikanten 2c. aus- sprechen, und so schwer diese Mängel, welche auch in diesem Geschäftsbezirk mehr oder minder stark zu Tage treten, das Ansehen der deutschen Waaren im Auslande schädigen, so ist es gewiß recht und billig, daß der Fabrikant, der ehrlich bedienen soll, sich behuss Billigkeit seiner Erzeugnisse in derselben glüc⸗ lichen Lage befinde, wie sein englischer Nachbar. Oben Ange— sührtes soll hervorheben, daß in sehr vielen Fällen die ses nicht der Fall ist ünd, daß die Fabriken vom konkurrirenden Auslande in ihren Verkaufspreisen gedrückt, bei den Sicserungen zu Auskunftsmitteln und zu Ersparnissen ihre Zuflucht, zu nehmen gedrängt werden, die dennoch leider mit vollem Recht gerügt werden müssen; hat sich eine Fabrik zu einer Stellung emporgeschwungen und ist sie konkurrenzfähig geworden, so werden erwähnte Klagen selten Berechtigung haben.
Nun kann allerdings nicht geleugnet werden, daß durch vorstehendes Verfahren der schlechten Lieferanten eine Korrup⸗ tion herbeigeführt wird, welche auch Fabrikanten ansteckt, die nicht unter dem Druck der Konkurrenz zu leiden haben und daß schließlich dadurch der gute Ruf der deutschen Industrie im Allgemeinen leidet. ̃ n **.
Mit Hinweglassung untergeordneten Materials erfolgen in den Anlagen Spezialfälle, die für sich selbst sprechen und keine weitere Bemerkungen erfordern; sie sind in drei Grup⸗ pen gesondert und behandeln:
1) seuchte und gefleckte Waaren, è
25 unreelle fn in Folge schlechten Materials, und
3) schlechte Packung. 1
w * und zwar recht drastischer Fälle, welche zu Weiterungen und Reklamationen gegen deutsche Fabrikanten Veranlassung gegeben haben und welche u. g. gegen an . 2 2 geltend zu machen
ewesen ist, möge folgender Vorsa enen:
. 7 a n, Unternehmer hatte in den Jahren 1872/ñ73 eine werthvolle Coprah⸗Mühle von Deutschland be⸗ zogen, welke, kleine Mängel abgesehen, zu dessen voller Zu friedenheit ausgefallen war. Wie üblich behielt die Gießerei die Modelle mit dem Anerbieten zurück, der Erneuerung be⸗
Deklaration bei der Couponszablung entbunden sind.
dürftige Stücke zu jeder Zeit nachliefern zu wollen.
Im Jahre 1875 trat der Fall ein, daß ein gußeisernes Stück, 50 Centner schwer, erneuert werden mußte. Bei einem Preisstande des Ro eisens in England von Lstr. 11—— per Ton wurde dasselbe von der deutschen Gießerei zu dem Preise von 42 66 per 100 kg geliefert. Im Jahre 1879 er— eignete es sich, daß ein gleiches Stück bestellt werden mußte. Vatürlich führte es zu den heftigsten Reklamationen, als der Fabrikant dieses, bei einem Preisstande des Roheisens von Lstr. 7½ in England nun zu 48 60 per 100 kg lieferte; nach
monatelanger Correspondenz verstand man sich endlich zu
einem Nachlaß von 100 66, während der hiesige Besteller in Wirklichkeit etwa um 500 S6 übervortheilt war. Die Folge aber war, daß dieser, der gerade einen Auftrag von dritter Seite auf den hydraulischen Pressentheil der Fabrik in Hän⸗ den hatte, keine Garantie über reelle Bedienung hinsichtlich des Preises übernehmen mochte und die deu schen Werke hier gemessen und kopirt wurden, um in englischen oder französi⸗ schen Gießereien ausgeführt zu werden,
Ein Seitenstück dazu bildet die jüngste Bestellung einer
an dieser Küste unter Deutschen gebildeten Gesellschaft zur An— schaffung eines eisernen Dampfers. Von den gepriesenen Leistungen einiger deutscher Werften unterrichtet, war man wohl geneigt, diese zu bevorzugen und wirklich liefen auch nicht allein befriedigende Zeichnnngen, sondern auch durchaus konkurrirende Anerbietungen von dieser Seite ein. Es wurde nun an den Vertreter der deutschen Werft das gewiß nicht unbillige Verlangen gerichtet, daß eine Garantie über verein— barte und vorschristsmäßige Lieferung des Dampfers seiner— seits übernommen werden sollte, dessen weigerte man sich aufs Entschiedenste und, da, der Vertreter der konkurrirenden und wohlrenommirten englischen Schiffsbaugesellschaft sich dazu aber ohne Bedenken verstand, so ging der Auftrag in dessen Dände über.
8 Aus Vorstehendem läßt sich der Schluß ziehen, daß die von anderer Seite gemachten Bemerkungen über die Unreellität der Fabrikanten, mangelhafte Aufmachung und Packung der Waare leider ihre gute Begründung haben. Ebenso ist nicht zu leugnen, daß der Geschmack deutscher Muster in vielen Fällen wohl, auch im Allgemeinen zu wünschen übrig läßt, doch findet diese Erscheinung zum Theil darin seine Erllärung, daß Deutschland hinsichtlich des Geschmacks im In- wie Aus—⸗ lande nie tonangebend aufzutreten in der Lage gewesen ist und, daß darin die Initiative stets bei Frankreich und Eug⸗ land gelegen hat. Dann tritt hinzu, daß kleine deutsche Fa—⸗ hriken bei der Beschränktheit ihrer Mittel, außer Stande sind Einrichtungen zu treffen, welche sie befähigt, schnell den wech— selnden Moden zu folgen. Für die Richtigkeit dieser Annahme spricht der Umstand, daß wohlsituirte größere Fabriken zu vorstehenden Klagen selten Veranlassung geben werden. Auch liegt es auf der Hand, daß der kleine Fabrikant, dessen Kro—⸗ dukt sich nur eines beschränkten Absatzes erfreut, hinsichtlich der Packung größeren Etablissements, welchen es Rechnung läßt, dabei mit Pressen oder sonstigen Maschinen zu operiren nicht gewachsen ist. .
Von dem Versuch durch Annoneiren in hiesigen Zeitungen dürfte man sich große Erfolge für diesen Konsulatsbezirk kaum versprechen, weil einerseits der spanisch spechende Eingeborene die kommerziellen Erfahrungen und Gebräuche des Auslandes nicht genügend kennt und weil außerdem direkte Bestellungen von hier aus bei deutschen Fabrikanten im deutschen Inlande ohne Kontrolle in den Bank- oder Verschiffungspläͤtzen an dessen Reellität Zumuthungen stellt, welche sich nicht bewähren. Es giebt daher hier kaum ein größeres oder kleineres Import⸗ geschäft, welches es für gerathen findet, mit Umgehung seines Agenten in Hamburg direkt mit den Fabriken zu verkehren. Uebrigens hat dieselbe Praxis bei dem englischen, französischen oder spanischen Industriellen schon deshalb nicht min zer be⸗ folgt werden müssen, weil die Bezahlung der Faktura eine Vertretung in London oder Paris ohnehin unerläßlich macht.
Richtig ist die anderweitig gemachte Bemerkung, daß in Betreff des Einkaufs in Deutschland sich der Mangel in⸗ dustrieller Centren sehr fühlbar macht. Das in Hamburg, sehr stark ausgebildete Agentensystem ist nicht im Siande, Diesem Mangel abzuhelfen und sür den nach dort zum Einkauf gehenden Fremden wird es — wenn der Betreffende nicht über gute Verbindungen und langjährige Erfahrungen gebietet — gewiß in Manchester, Birmingham oder Paris leichter sein, seinen Bedarf zu decken als in Hamburg. Ob dieser Uebel⸗ stand durch eine etwa in Berlin anzulegende permanente Centralausstellung deutscher Fabrikate und Muster zu heben wäre, ist von hier aus nicht zu beurtheilen, weil man nicht weiß, wie weit die Industriellen diesem Unternehmen entgegen⸗ kommen würden, sicher aber ist, daß dem Käufer die Bekannt⸗
schaft mit deutscher Industrie dadurch erheblich erleichtert wer⸗ zen dürfte. ö i
ö Sollten die siskalischen Schmelzwerke in Freiberg, Claus⸗ thal ꝛc. ihre Importen von gemischten Erzen auszudehnen wünschen, so sei es darauf aufmerksam zu machen erlaubt, daß die Tarise, so sorgfältig sie auch ausgearbeitet seien, schwer
verwendhar sind, weil sie von den Notirungen der Damhurger Börsenhalle ausgehen, welche nur wenigen zugänglich st; selbständig herausgegebene Preiscourante, in welchem außer Gold, Silber, Kupfer und Blei auch Kobalt und Nickel Be⸗ rücksichtigung fänden, würden sicherlich gute Dienste leisten. Es ist ferner mißlich, daß die Umladungslosten in Hamburg sich der Berechnung entziehen. ü . Als allge neines Resultat hier angestellter Beobachtungen dürfte aber immer festzuhalten sein, daß die in. Centralamerila und anderwärts bemerkten Mängel auch in diesem Geschafts⸗ bezirk zu Tage treten, daß dieses aber weniger dem Charatter deutscher Fabrikanten als vielmehr deren Nothlage zur Last zu fallen scheint. (Anlagen.) l. Auszug. ᷣ in derstrümpfe dem Nr. J. 3 Kisien haumwollene Kin erstrümpfe aus den
Segeischiffe „J. H.“. Wir fanden den äußeren Zustand der drei Kisten vollkommen gesund und. ohne g einer Scee⸗ beschädigung; ebensowenig zeigten die großen Pappkartons je von 4 3 6 Dtzd. äußerlich Spuren von See oder anderer Beschädigung; dessenungeachtet war der größte Thel der ou⸗ leurten Kinderstrümpse gespaakt und fleckig, so daß ein Ver⸗ kauf derselben nur mit . Nabatt oder in Auktion effek⸗ tuirt werden kann. . . . ; Unserer Ansicht nach rühren die Spaakfledken der Strümpfe entweder von Verpackung der Waare im seuchten Zustande, oder von der zur Zeit der Verpackung noch zu frischen oder euchten Kartons her. . feu . 2. Die Kiste (Hosenstoffe enthaltend) haben einer genauen Untersuchung unterzogen und berichten über den Ve⸗