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d. . r, e,
a.
.
daß dies in der Spezialdebatte nicht zulässig sei und daß der Redner sich im Irrthum befinde, wenn er annehme, daß auch der Abg. Bamberger seine allgemeinen Betrachtungen in der Spezialdebatte gemacht habe.) Der Abg. von Kardorff brach nach dieser Erklärung seine weiteren Ausführungen ab. Der Abg. Freiherr von Varnbüler beinerkte, der Abg. Sonnemann habe ihn als einen großen Sachverständigen in Zollsachen hingestellt. Er verwahre sich dagegen und behaupte, daß es überhaupt in dem Sinne, in welchem der Abg. Sonne⸗ mann es ausgesprochen habe, Sachverständige nicht gebe. Was nun die Frage der Erhöhung der Gewebezölle in Meerane betreffe, so sei von mehreren Seiten, insbesondere von dem Abg. Dr. Bamberger ausgesprochen worden, daß die deutsche Zollpolitik die Erhöhung der Zölle in Frankreich und Oester— reich veranlaßt habe. Nun sei aber nachweisbar, daß Frank⸗ reich im Jahre 1877 den Entwurf einer neuen Zollgesetz⸗ gebung gemacht habe, während Oesterreich den Zolltarif schon 1878 zum Gesetz erhoben habe. Also diese Vorwürfe, welche der deutschen Zollpolitik gemacht würden, seien absolut unrich⸗ tig. Sodann sei der Vorwurf gemacht worden, daß die dritte Zollgesetzgebung von 1879 jetzt schon anfange, Veränderungen herbeizuführen, während doch die Stabilität des Tarifs ange⸗ kündigt sei. Diese Behauptung sei unrichtig. Er glaube, daß eine Zoll-, eine Tarifgesetzgebung fortwährend sich an⸗ schließen müsse an die Wandlungen des wirthschaftlichen Lebens. Das sei auch die Praxis des Zollvereins gewesen. Bezüglich der Vorlage selbst sei behauptet worden, daß sie einen höheren Zoll beanspruche als den französischen, daß der⸗ selbe höher sei als der österreichische. Das sei richtig und auch unrichtig. Richtig insofern, als in Deutschland der höchste Satz von 226 6 höher sei als der höchste französische, allein die Grenze, welche in Frankreich gestellt sei, sei eine ganz andere. Unter den Zoll von 170 „SM in Frankreich fielen die sämmtlichen Gewebe, bei welchen ein Quadratmeter bis zu 400 gr betrage, während in Deutschland die Grenze nach den Vorschlägen der Regierung 200 sei. Es fielen demnach unter den Zoll eine ganze Reihe grober, schwerer Flanelle und Tuche, während nach dem Satze, den die Regierung vor— geschlagen habe, nur ein ganz kleiner Theil hochfeiner Waaren falle. Die nächste Zollstufe begreife die Waaren von 550 bis 400 gr Gewicht pro Quadratmeter; der Zoll betrage 148 Da hinein fielen nur ganz grobe Waaren, die seien noch belegt mit 148, also mit 13 6 höher als der deutsche Zoll, und nur die allergröbüsten mehr als 550 gr schweren hätten einen Zoll von 129; hier sei also blos ein Unterschied von 6 6 Man sehe, daß also im Durchschnitt der französische Zoll höher sei als der deutsche, während nur der höchste Satz für wenige Waaren in Deutschland höher gestellt sei. Dasselbe finde in Oesterreich statt, wo die Ab— theilung wieder eine ganz andere sei, wo der Zoll mit 450 8 anfange und 160 [ betrage. Der Abg. Sonnemann habe behauptet, daß die Konkurrenz, welche Meerane und Glauchau zu erleiden hätten, nicht eigentlich von Frankreich ausgehe, sondern vorzugsweise von Elsaß. Der Abg. Sonnemann habe gesagt: die elsässische Industrie habe große Kapitalien und die Spinnereien in ihrer Nähe. Dann habe derselbe gesagt, Markirchen konkurrire mit der französischen Industrie flott, und unmittelbar nachher habe derselbe gesagt, es sei vom . Markte ausgeschlossen; das sei doch ein Wider— pruch. Der Antrag Sonnemann gehe dahin, auf Waaren im Gewichte von mehr als 200 g pro Quadratmeter solle ein Zoll von 100 6 gelegt werden, im Gewichte von 200 oder weniger ein Zoll von 180 (6 und dem entsprechend ein höherer bei den gedruckten. Der Abg. Sonne⸗ mann gehe mit diesem Antrage um 20 6 herunter unter den Satz von 1873. Zu dem Durchschnittssatz von 135 M sei man e gn. nachdem die Zollbestimmung nach dem Instrumente es Prof. Weber und nach dem Gewicht sich als unpraktisch erwiesen hätten. In Folge dieses Zolles sei der Zustand der Wollwaaren mit Ausnahme von Meerane und Glauchau ein durchschnittlich recht günstiger. Die Einfuhr englischer Tuche habe abgenommen und die 2 im Jahre 1880 sei eine enorme, sie betrage 153 597 metrische Ctr. Nun sei ja nicht zu leugnen, daß der Zoll von 135 6 für einzelne ganz minder⸗ werthige Waaren sehr hoch sei und also für diese einer Prohibi⸗ tion ziemlich nahe komme. Allein es sei Thatsache, daß gerade die minderwerthigen Waaren auch vorher sehr wenig importirt worden seien und daß Deutschland gerade diese Wagaren vorzugs⸗ weise selbst produzirt habe. Was die von der Regierung vor⸗ geschlagene Grenze betreffe, so seien ja damit Versuche gemacht worden und es habe sich herausgestellt, daß in die Grenze von 200 g nur ganz wenige und speziell, nur diejenigen Waaren fielen, welche in Meerane und Glauchau gemacht würden, nämlich die feinen wollenen Damenstoffe. Er habe sich überzeugt, daß alle niederen Waaren unter dem niederen Zoll von 135 6 blieben. Nachdem nun konstatirt sei, daß nur die wirklich feinen Waaren, welche in Meerane gemacht würden, unter diesen sehr hohen Zoll fielen und daß dort wirklich ein Nothstand entsetzlichster Art bestehe, sollte sich doch der Reichstag der Anforderung nicht entziehen, diese Spezialität durch einen hohen Zoll zu schützen. Der Wunsch des Abg. Dr. Löwe (Berlin), den Meeranern dadurch zu helfen, daß der⸗ selbe die harten Kammgarne unter einen niedrigeren Zoll zu stellen vorgeschlagen, sei mißlungen, weil die Meeraner diese harten Kammgarne gar nicht verwendeten. Diese würden nur für solche Waaren gebraucht, welche halbbaumwollen seien. Unter diesen Umständen sei gar nicht anders zu helfen als so, wie die Regierung vorgeschlagen habe, nämlich den Webern diejenige Erhöhung des Zolls zu gewähren, welche nothwendig sei, um die Konkurrenz von Frankreich gerade in diesem Artikel zu beseitigen. Daß diese Wirkung erzielt werden würde, gehe daraus hervor, daß Agenten aus Frankreich, die hier in Berlin gewesen seien und srüher 1. große Abschlüsse gemacht hätten, diese zu machen nicht mehr im Stande seien im Hin⸗ blick auf die mögliche Erhöhung dieser Zölle. Wenn diese Bestellungen unterblieben, so würden sie in Meerane und Glauchau gemacht und das komme den Webern in Sachsen zu gute und es erscheine ihm als eine Pflicht, an diese =. zu sichern. Er empfehle deshalb die Regierungs⸗ vorlage. Der Abg. Dr. Bamberger erklärte, gegen seine Absicht habe der Abg. von Kardorff. ihn heitte zum Reden provozirt und, wie ihm scheine, ohne jede Nothwendigkeit; denn in dem Bedürfniß, eine nachträgliche Generaldebatte zu halten, habe der Abg. von Kardorff in der zweiten Lesung eine General⸗ debatte vorgeführt, angeblich bezugnehmend auf Aeußerungen, die er (Redner) in der Spezialdebatte gethan habe. Der
Präsident habe festgestellt, daß er zum Wollezoll in der Spezial⸗ debatte gar nicht gesprochen habe. Seine Bemerkungen in der Generaldebatte hätten sich hauptsächlich um den Mehlzoll
gedreht, und dann noch mehr um die Nothwendigkeit, dem Müllergewerbe auf andere Weise zu helfen, als in dem betreffenden Vorschlage geschehen. Vom Mehlzoll habe auch seine Rede gehandelt, die er allerdings in zweiter Lesung an demselben Tage gehalten habe. Es wäre wirklich gut, wenn die Herren, die aus früheren Reden Vorwürfe herleiten wollten, sich präzis ausdrückten, damit man wenigstens wisse, wessen man angeklagt sei. So wisse er z. B. heute nicht, wenn er unter der Generalklage der akademischen Behandlung der Sache stehe, auf was sich das beziehe. Der Abg. von Kardorff habe gesagt, er (Redner) hätte davon ge— sprochen, daß man mit der Vorlage, um die es sich handele, um 206 Jahre zurück wäre. Das sei gar kein Kennzeichen, das könne jetzt jeden Tag passiren, daß man meine, man wäre um 200 Jahre zurück; vielleicht habe der Abg. von Kardorff gestern bei den Verhandlungen über den Zunftzwang dieses Gefühl mit ihm getheilt; wie solle er daran erkennen, an welchem Tage die Aeußerung gefallen sei, um die es sich handele. Das schöne Wort, daß man „akademisch“ über etwas spreche, habe der Reichskanzler erfunden, dem man so viele hübsche Worte verdanke. Wenn man aber in diesem Reichs⸗ tage besonders in die Breite gehe und abschweife, so habe der Reichskanzler gewiß dieses illustre Beispiel gegeben, der z. B. bei dem Miethssteuergesetz und der Unfallversicherung über Schutzzoll, Freihandel und alles Mögliche gesprochen. So sei es ihm vielleicht auch in der Rede ergangen, deren er sich heute nicht mehr entsinne. Beiläufig bemerkt, stehe es mit der akademischen Verurtheilung durchaus nicht so, wie der Abg. von Kardorff meine. Es gehe da gerade so, wie wenn die berühmten drei Mann und der Korporal, die für die Silberwährung eingetreten seien, auch vor dem Auslande als akademische Wissenschaft hingestellt würden. Es sei das ebenso wenig der Fall, wie beim Freihandel. Gerade die anerkann⸗ testen Professoren wolle er nennen, die ihre Meinung nicht geändert hätten, wie Roscher, Nasse, Helferich, Conrad, Laspeyres, Brentano. Alle diese seien keine Schutz⸗ zöllner. Wen habe denn der Abg. von Kardorff anzuführen? Hr. Prof. Ad. Wagner und Hr. Schmoller, das sei die ganze Akademie, die auf seiner Seite stehe. Gegen die Erhöhung des Wollzolles habe er hauptsächlich angeführt, daß derselbe das Uebel an einer falschen Stelle kuriren wolle, da es noto⸗ risch sei, daß die Noth der Glauchau⸗Meeraner Spinnerei von der Vertheuerung ihrer Rohstoffe durch die Garnzölle herrühre. Auch die Zittauer Orleansspinnerei klage über die Vertheue⸗ rung ihrer Rohstoffe und daß sie in Folge dessen nicht mehr mit dem Ausland konkurriren könne, und er (Redner) habe gesagt, daß wenn man sie darauf anweise, sich durch Ver⸗ theuerung, der Waare bei den inländischen Konsumenten zu erholen, dieses eine Kur sei, die durchaus nicht auf das Uebel passe. Der Abg. von Kardorff scheine nur das Bedürfniß ge⸗ habt zu haben, noch einmal über Traubenzoll zu sprechen. Er habe seine Abstimmung hierüber damals ganz kurz motivirt mit den Worten, daß es sich blos um eine Wortinterpretation handele. Weder vom Stand⸗ punkt des Finanzzolles, noch von dem der ausgleichen⸗ den Gerechtigkeit aus habe er seine Ansicht, daß der Traubenzoll jedenfalls auf einem anderen Boden stehe, als dieser Woll- und Mehlzoll, motivirt, sondern einfach damit, daß kelterfähige Trauben, die zur Weinbereitung eingeführt wür⸗ den, ganz in diefelbe Kategorie fielen, wie der Wein selbst. Es sei das seines Erachtens nur eine Frage der Interpreta⸗ tion des Gesetzes. Er hätte die Sache vielleicht nicht so deut⸗ lich gemacht, wenn er nicht durch seine Beziehungen zu einem weinbautreibenden Kreise besonders darauf aufmerksam gemacht worden wäre. Er hätte es vielleicht auch nicht gethan, wenn er nicht wüßte, wie sehr jedes Wort, das hier falle, von den Gegnern mala fie im Lande ausgebeutet würde. Als man zu Ugolino gesagt habe, es sei ein Verbrechen, daß derselbe seine Kinder , habe, so habe derselbe geantwortet, es sei geschehen, um seinen Söhnen ihren Vater zu erhalten. Er (Redner) wolle sich nun dem Freihandel noch erhalten durch diese Interpretation des Traubenzolls.
Der Bundeskommissar Königlich Sächsischer Geheime Regierungs⸗Rath Böttcher empfahl die Ablehnung beider Amendements. Dem Antrage des Abg. Löwe ständen noch heute dieselben Schwierigkeiten entgegen, welche bei der Be—⸗ rathung des Zolltarifes gegen eine Herabminderung der Zölle auf Kammgarne gesprochen hätten. Eine Enquete, wie der Abg. von Kardorff sie vorgeschlagen habe, sei vielleicht im Stande, diese Schwierigkeiten zu beseitigen, immerhin aber sei dies ungewiß, und jedenfalls würde eine solche Enquete eine Verzögerung herbeiführen, die der Dringlichkeit des Bedürf⸗ nisses gegenüber sich nicht rechtfertigen ließe. Dieses Bedürfniß trete nicht allein in Glauchau und Meerane, sondern auch in vielen anderen Landestheilen, so in Elberfeld, in Zittau, ebenso in Schlesien und in Süddeutschland hervor. Der Antrag des Abg. Sonnemann, die von der Regierung vorgeschlagenen l satz herabzusetzen, sei deshalb sehr bedenklich, weil der Sprung von dem Zoll auf halbseidene Waaren (3090 6) bis auf 189 S6 für feine Wollenwaaren zu groß sei. Schon jetzt mache sich bei den Möbelstoffen, die nur mit einem Zollsatz von 135 6 belastet seien, dieser Uebelstand geltend, indem man mit Rücksicht auf den bedeutenden Zollunterschied die seidenen Fäden durch wollene ersetze und dadurch die Wagren erheblich billiger einführe. Aus welchem Grunde der Abg. Sonnemann den Einführungstermin vom 1. Juli auf den 1. Oktober verschieben wolle, sei ganz unverständlich. Eine solche Verzögerung würde den nothleidenden Webern das ganze Geschäft für die Wintersaison entziehen. Wolle man denselben helfen, so möge man bald helfen.
Der Abg. Sonnemann begründete sein Amendement betreffend die Verschiebung des Einführungettermins auf den 1. Oktober dadurch, daß viele Vestellungen im Auslande gemacht seien in der 8 daß der frühere Zoll nicht erhöht werden würde. Es sei im Interesse der Geschafts⸗ welt billig, einen längeren Termin für die Zollerhöhung fest⸗ zusetzen, um dem Handel Zeit zu lassen, sich darauf einzu⸗ richten. Auch die Vorbereitung für die Zollämter erfordere eine gewisse Frist und wenn der Zolltarif 5i,, Monate Zeit bis zum Inkrafttreten der neuen Zölle gelassen habe, so dürfe die Porlage sich nicht auf 14 Tage beschränken. Für die nothleidenden Distrikte mache die Verzögerung keinen Unter⸗ schied, weil die Zeit doch schon zu weit vorgerückt sei, um den 2 Fabrikanten noch das Geschäft für die Wintersaison
ichern.
Der Bundeskommissar bestritt diese Behauptung. Ver⸗ schiebe man den Einführungstermin big zum 1. Oltober, so würde jedenfalls in der Zwischenzeit zum Nachtheil der deutschen Fabrikanten noch sehr viel auslaändische Waare ein— geführt werden.
Die Debatte wurde hierauf geschlossen.
Persönlich bemerkte der Abg. von Kardorff gegen den Abg. Bamberger, daß unter den von demselben zitirten Pro⸗ fessoren Nasse und Brentano bekanntlich Kathedersozialisten seien, die den wirthschaftlichen Anschauungen des Abg. Bam— berger sehr fern ständen und daß Professor Roscher sich gleich— falls sehr bedenken würde, vom Abg. Bamberger zu den Sci⸗ nigen gezählt zu werden.
Der Abg. Dr. Bamberger erwiderte, daß die Genannten wenigstens sämmtlich nicht Schutzzöllner seien.
Bei der Abstimmung wurden die Anträge der Abgg. Löwe und Sonnemann abgelehnt und die Regierungsvorlage unverändert angenommen.
Hierauf vertagte sich das Haus um 4 Uhr auf Sonn— abend 10 Uhr.
Reichstags⸗Angelegenheiten.
. Dem Reichstage ist der am,. 23. Mai 1881 zu Berlin unter— zeichnete Handel svertrag zwischen Deutschland und der Schweiz, sowie die im Anschluß hieran getroffene Verabredung in Betreff des gegenseitigen Schutzes der Rechte an literarischen Erzeug⸗ nissen und Werken der Kunst von demselben Tage nebst einer Denk— schrift zur verfassungsmäßigen Beschlußnahme vorgelegt worden.
Der Handels vertrag zwischen Deutschkand und der Schweiz lautet:
Se. Majestät der Deutsche Kaiser, König von Preußen, einer— seits, und der Bundesrath, der schweizerischen Eidgenossenschaft, ande— reits, von der Absicht geleitet, den am 13. Mai 1869 abgeschlossenen zuletzt durch die Uebereinkunft vom 1. Mai 1880 für die Zeit bi 30. Juni 1851 verlängerten Handels« und Zollvertrag in seinen we— sentlichen Verabredungen weiterhin aufrecht zu erhalten, haben zu diesem Ende Unterhandlungen eröffnen lassen und zu Bevollmächtig— ten ernannt: .
Se. Majestät der Deutsche Kaiser, König von Preußen: Allerhöchstihren Staats-Minister, Staatssekretär des Innern, Karl Heinrich von Boetticher; der Bundesrath der schweizerischen Eidgenos— e,, 8 Seinen außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigt Minister Dr. Arnold Roth, ö welche, unter Vorbehalt der beiderseitigen Ratifikation, den folgenden Handels vertrag vereinbart und abgeschlossen haben:
Artikel 1.
Die beiden vertragschließenden Theile geben sich die Zusicherung, in Beziehung auf Eingangs- und Ausgangsabgaben sich wechselseitig auf dem Fuße der meistbegünstigten Nation zu behandeln.
Jeder der beiden Theile verpflichtet sich demgemäß, jede Begün—⸗ stigung, jedes Vorrecht und jede Ermäßigung, welche er in den ge— dachten Beziehungen einer dritten Macht bereits zugestanden hat oder in der Folge zugestehen möchte, gleichmäßig auch dem anderen vertrag= schließenden Theile gegenüber ohne irgendwelche Gegenleistung in Kraft treten zu lassen.
Die vertragschließenden Theile machen sich ferner verbindlich, gegen einander kein Einfuhrverbot und kein Ausfuhrverbot in Kraft zu setzen, welches nicht zu gleicher Zeit auf die anderen Nationen An— wendung fände.
Die vertragschließenden Theile werden jedoch während der Dauer des gegenwärtigen Vertrages die Ausfuhr von Getreide, Schlachtvieh und Brennmaterialien gegenseitig nicht verbieten.
— ö Artikel 2.
Hinsichtlich der in der Anlage A. verzeichneten Gegenstände ist man übereingekommen, daß sie bei dem Uebergange vom Gebiete des einen Theiles nach dem Gebiete des anderen Theiles gegenseitig gänz— liche Zollfreiheit genießen sollen.
. Artikel 3. Die aus einem der beiden Gebiete eingehenden oder nach dem— selben ausgehenden Wagren aller Art sollen gegenseitig in dem ande⸗ ren Gebiete von jeder Durchgangsabgabe befreit sein. ichern sich die vertragschließen⸗
In Beziehung auf die Durchfuhr n den Theile in jeder Hinsicht die Behandlung der meistbegünstigten Artikel 4.
Nation zu.
Zur Erleichterung im gegenseitigen Grenzverkehr sind unter den vertragschließenden Theilen diejenigen besonderen Bestimmungen ver—⸗ einbart worden, welche sich in der Anlage B. dem gegenwärtigen Ver—⸗ trag angeschlossen finden.
Artikel 5.
Die Befreiung von Eingangs- und Ausgangsabgaben wird beider ⸗ seits zugestanden, sofern die Identität der aus und wiedereingeführten Gegenstände außer Zweifel *
1I) für Waaren (mit Ausnahme von Verzehrungsgegenständen), welche aus dem freien Verkehr im Gebiete des einen der vertrag— schließenden Theile in das Gebiet des anderen
auf Märkte oder Messen, oder auf ungewissen Verkauf außer dem Meß und Marktverkehr oder als Muster eingebracht werden; alle diese Gegenstände, wenn sie binnen einer im Voraus zu bestimmenden Frist unverkauft zurückgeführt werden;
2) Vieh, welches aus dem einen Gebiet auf Märkte des anderen gebracht und unverkauft von dort zurückgeführt wird;
H. 3) leere Fässer, Säcke u. s. w., welche entweder zum Einkauf von Del, Getreide u. dergl., von dem einen Gebiet in das andere mit der Bestimmung des Wiederausgangs eingebracht werden, oder nach⸗ dem Oel, Getreide und dergl. darin ausgeführt worden, zurück= kommen;
4) Vieh, welches zur Fütterung oder auf Weiden aus dem einen Gebiet in das andere gebracht und von der Fütterung oder nach der Weidezeit in das erstere zurückgeführt wird.
Artikel 6.
Zur Regelung des Verkehrs zum Zwecke der Veredelung von Waaren jwischen den Gebieten der vertragschließenden Theile wird festgesetzt, daß bei der Rückkehr aus dem Veredelungslande von Ein⸗ gangsabgaben befreit bleiben:
a. Gewebe und Garne, welche zum Waschen, Bleichen, Färben, Walken, Appretiren, Bedrucken und Sticken, sowie Garne, welche zum Stricken,
b. Gespinnste (einschließlich der erforderlichen Zuthaten), welche
zur Herstellung von Spitzen und Posamentierwaaren, Garne in gescheerten (auch geschlichteten) Ketten nebst dem erforderlichen Schußgarn, welche zur ö von Geweben, d. Seide, welche zum Färben, Däute und Felle, welche zur Leder⸗ und Pelzwerlbereitung, öS. Gegenstände, welche um Lackiren, Poliren und Bemalen in das andere Gebiet ausgeführt worden sind,
g. sonstige zur Ausbesserung, Bearbeitung oder Veredelung be— stimmte, in das andere Gebiet gebrachte und nach Erreichung senes Zwecks, unter Beobachtung der deshalb getroffenen be⸗ sonderen Vorschriften zurückgefübrten Gegenstände, wenn die wesentliche Beschaffenheit und die Benennung derselben unver⸗ andert bleibt,
und zwar in allen diesen Fällen, sofern die Identität der aus ⸗ und wieder eingeführten Waaren und Gegenstände außer Zweifel ist,
Außerdem kann bei Garnen und Geweben die Jollfreiheit von dem Nachweis der einbeimischen Erzeugung der zur Veredelung aus geführten Waaren abhangig gemacht werden.
Ausgangesabgaben dürsen von Waaren, welche nach erfolgter Veredelung in das Versendungeland zurückgeführt werden, nicht er⸗ hoben werden.
2
2
Artikel 7.
Zur Förderung der gegenseitigen Handelsbeziehungen werden die vertragschließenden Theile die Zollabfertigung im wechselseitigen Ver- kehr so weit erleichtern, als fich dies mit der Zollsicherheit verträgt.
Artikel 8.
Innere Abgaben, welche in dem Gebiete des einen der vertrag⸗ schließenden Theile, sei es für Rechnung des Staates (der Kantone), oder für Rechnung von Kommunen und Korporationen, auf der Her= vorbringung, der Zubereitung oder dem Verbrauch eines Erzeugnisses ruhen, dürfen Erzeugnisse des anderen Theiles unter keinem Vorwande höher oder in lästigerer Weise treffen, als die gleichnamigen Erzeug⸗ niffe des eigenen Landes, mit Vorbehalt der Bestimmungen des nach⸗— folgenden Artikels.
Artikel 9.
Der im vorstehenden Artikel 8 ausgesprochene Grundsatz findet keine Anwendung auf die in einzelnen Kantonen der Schweiz von Ge: tränken erhobenen (inneren) Verbrauchssteuern. Indessen verpflichtet sich die schweizerische Eidgenossenschaft dahin, daß derartige Abgaben für deutsche Getränke während der Dauer des gegenwärtigen Ver⸗ trages weder neu eingeführt, noch bestehende über ihren dermaligen Anfatz erhöht, und daß, falls der eine oder andere Kanton die bezüg= lichen Steuern für schweizerische Getränke herabsetzen würde, diese Ermäßtgung in gleichem Verhältniffe auch auf die deutschen Getränke angewendet werden soll. ;
Für deutsche Weine, welche in Fässern (auch Doppelfässern) nach der Schweiz eingehen, soll, welches auch der Preis oder die Qualität dersesben sei, die Steuer jedenfalls den geringsten Betrag derjenigen Unsätze nicht übersteigen, welche für ausländische, in einfachen Fäfsern eingeführte Weine in den betreffenden Kantonen gegenwärtig erhoben werden.
Artikel 10.
Kaufleute, Fabrikanten und andere Gewerbetreibende, welche sich darüber ausweisen, daß sie in dem Stgate, wo sie ihren Wohnsitz haben, zum Gewerbebetriebe berechtigt sind, sollen, wenn sie persön⸗ lich oder durch in ihren Diensten stehende Reisende Ankäufe machen, oder Bestellungen, auch unter Mitführung von Mustern, suchen, in dem Gebiete des anderen vertragschließenden Theiles keine weitere Abgabe hierfür zu entrichten verpflichtet sein.
Artikel 11.
In Bezug auf die Bezeichnung der Waaren oder deren Verpackung, sowie bezuglich der Fabrik⸗ oder Handelsmarken sollen die Angehörigen des einen der vertragschließenden Theile in dem Gebiete des anderen den— selben Schutz, wie die eigenen Angehörigen genießen. Die Angehö⸗ rigen eines jeden der vertragschließenden Theile haben jedoch die in dem Gebiete des anderen Theiles durch Gesetze oder Verordnungen vor— geschriebenen Bedingungen und Förmlichkeiten zu erfüllen. .
Der Schutz von Fabrik⸗ und Handelsmarken wird den Angehöri⸗ gen des anderen Theiles nur insofern und guf sof lange gewährt, als dieselben in ihrem Heimathesstaate in der Benutzung der Marken ge⸗
ützt sind. ö Artikel 12.
Der gegenwärtige Vertrag foll vom 1. Juli 1881 an in Kraft treten und bis zum 30. Zuni 1885 in Kraft bleiben. Im Falle keiner der vertragschließenden Theile zwölf Monate vor diesem Tage seine Absicht, die Wirkungen des Vertrages aufhören zu lassen, kund⸗ gegeben haben sollte, bleibt derselbe in Geltung bis zum Ablauf eines Jahres von dem Tage ab, an welchem der eine oder andere der ver⸗ Fragschließenden Theile denselben gekündigt hat. Die vertragschließen⸗ den' Theile behalten sich die Befugniß vor, nach gemeinsamer Ver⸗ ständigung in diesen Vertrag jederlei Abänderungen aufzunehmen, welche mit dem Geiste und den Grundlagen desselben nicht im Wider⸗ struch stehen und deren Nützlichkeit durch die Erfahrung dargethan
werden wird. ö. Artikel 13. . ; Gegenwärtiger Vertrag soll ratifizirt und es sollen die Rati⸗ fikationsurkunden bis spätestens am 30. Juni 1881 in Berlin aus⸗ gewechselt werden. So geschehen Berlin, den 23. Mai 1881.
Kark Heinrich von Boetticher. Roth. (¶ . 8.) (CL. S8.)
Anlage A.
Von Eingangs⸗ und Ausgangsabgaben bleiben bei dem Ueber⸗ gange von dem Gebiete des einen Theiles nach dem Gebiete des an⸗ deren Theiles gegenseitig gänzlich befreit;
1) Garten- und Futtergewächse, frische;
Kartoffeln;
Wurzeln, frische; — . .
Obst, , darunter auch Beeren mit Ausschluß der Wein trauben;
lebende Geiwächse, jedoch nicht in Töpfen oder Kübeln;
66 Laub, Schilf, Stroh; . .
rden und rohe mineralische Stoffe, auch gebrannt, geschlemmt
oder gemahlen, soweit diese Gegenstände nicht mit einem Zollsatze namentlich betroffen sind;
Steine rohe; . .
dle Metalle, gemünzt, in Barren und Bruch;
Münzgekrätz; ö . .
Abfälle von der Eisenfabrikation ammerschlag, Eisenfeil⸗ späne), von Glashütten, auch Scherben von Glas und Thonwaaren, von der Wachsbereitung, von Seifensiedereien die Unterlauge; 3. .
Blut von geschlachtetem Vieh, flüssiges und eingetrocknetes;
Hornspäne, Klauen, Knochen, Knochenmehl;
Thierflechsen; . 1 r
Leimleder, auch abgenutzte alte Lederstücke und sonstige, ledig lich zur Leimfabrikation geeignete Lederabfälle;
Branntweinspülig;
Treber; .
Weinhefe, trockene oder teigartige;
Delkuchen;
Kleie;
Spreu;
r e fiene
Steinkohlenasche; . . ö .
Jünger, thierlscher, und andere, jedoch nicht . chemischem Wege zubereitete Düngungsmittel, als ausgelaugte Asche, Kalkäscher, Knochenschaum, Zuckererde und dergl ;.
2) Kunstsachen, welche zu Kunstausstellungen oder für öffentliche Kunstinftitute und Sammlungen eingehen;
3) Musterkarten und Muster in Abschnitten oder Proben, welche nur zum Gebrauche als solche geeignet sind;
4 Kleidungestücke und Wäsche, gebrauchte, welche nicht zum Ver⸗ fauf eingehen; gebrauchte Hausgeräthe und Effekten, ge⸗ brauchte Fabrikgeräthschaften und gebrauchtes Handwerks⸗ zeug von Unziehenden zur eigenen Benutzung; guch auf be⸗ sondere GErlaubniß neue Kleidungsstücke, Wäsche und Effekten, insofern sie Ausstattungsgegenstände von Ange⸗ hörigen der Staaten des einen Theiles sind, welche sich aus Veranlassung ihrer Verheirathung in dem Gebiete des an— deren Theiles niederlassen; 2.
3) Gebrauchte Hausgeräthe und Effekten, welche erweislich als Erbschaftsgut eingehen, auf besondere Erlaubniß;
6) Reisegerãth, 9
Der dranche;
7) Wagen, einschließlich der Eisenbahnfahrzeuge, sowie Wasser⸗ fahrzeuge, welche bei dem Eingange über die Grenze zum
leidungsstücke, Wäsche und dergleichen, welches Reisende, Fuhrleute und Schiffer zu ihrem Gebrauche, auch Handwerkezeug, welches reisende Handwerker, sowie Gerãthe und Instrumente, welche reisende Künstler zur Ausübung ihres Berufes mit sich führen, sowie andere Gegenstände der bezeichneten Art, welche den genannten Personen vor⸗ ausgehen oder nachfolgen; Verzehrungsgegenstände zum Reise⸗
der darauf befindlichen gebrauchten Inventarienstücke, inso⸗ fern die Schiffe Ausländern gehören, oder insofern inländische Schiffe die nämlichen, oder gleichartige Inventarienstuͤcke einführen, als sie bei dem Ausgange an Bord hatten; auch leer zurückkommende Eisenbahnfahrzeuge inländischer Eisenbahnverwaltungen, sowie die bereits in den w e nt eingestellten Eisenbahnfahrzeuge ausländischer Eisenbahnverwaltungen;
Wagen der Reisenden auf besondere Erlaubniß auch in dem Falle, wenn sie zur Zeit der Einfuhr nicht als Transport— mittel ihrer Besitzer dienten, sofern sie nur erweislich schon seither im Gebrauche derselben sich befunden haben und zu deren weiterem Gebrauche bestimmt sind;
Pferde und andere Thiere, wenn aus ihrem Gebrauche beim Eingang überzeugend hervorgeht, daß sie als Zug⸗ oder Lastkhiere zur Bespannung eines Reise⸗ oder Frachtwagens gehören, zum Waarentragen oder zur Beförderung von Reisenden dienen.
Anlage B.
Best immungen über die Behandlung des grenznachbarlichen Verkehrs.
. Um die Bewirthschaftung der an der Grenze liegenden Güter und Walder zu erleichtern, werden von allen Eingangs- und Aus— gangsabgaben befreit: Getreide in Garben oder in Aehren, die Roherzeugnisse der Wälder, Holz und Kohlen, Sämereien, Stangen, Rebstecken, Thiere und Werkzeuge jeder Art, . die zur Bewirthschaftung der innerhalb eines Umkreises von 10 km auf beiden Seiten der Grenze gelegenen Güter dienen, vorbehaltlich der in beiden Ländern jur Verhütung von Defraudationen allfällig bestehenden Kontrolen. Von allen Eingangs und Ausgangsabgaben werden ferner befreit sämmtliche Erzeugnisse des Ackerbaues und der Viehzucht eines einzelnen von der Zollgrenze zwischen beiden Gebieten durchschnittenen Land— gutes, bei der Beförderung zu den Wohn- und Wirthschaftsgebäuden aus den durch die Zollgrenze davon getrennten Theilen.
8. 2.
Von Eingangs⸗ und Ausgangsabgaben bleiben befreit:
I) Vieh, welches zur Arbeit aus dem einen Gebiet in das andere vorübergehend gebracht wird und von der Arbeit aus letzterem in das erstere zurückkommt; desgleichen landwirthschaftliche Maschinen und Geräthe, welche zur vorübergehenden Benutzung aus dem einen in das andere Gebiet gebracht und nach erfolgter Benutzung wieder in das erstere zurückgeführt werden;
Holz, Lohe (Rinde), Getreide, Oelsamen, Hanf und andere dergleichen kandwirthschaftliche Gegenstände, welche im gewöhnlichen kleinen Grenzverkehr zum Schneiden, Stampfen, Mahlen, Reiben u. f. w. aus dem einen Gebiet in das andere gebracht und geschnitten, gestampft, gemahlen, gerieben u. s. w. in das erstere Gebiet zurück⸗ gebracht werden;
3) Waaren oder Gegenstände, welche im gewöhnlichen kleinen Grenzverkehr entweder zur Veredelung, namentlich zum Bedrucken, Bleichen, Färben, Gerben, Spinnen, Weben u. s. w. oder zur hand— werksmäßigen Verarbeitung oder Ausbesserung aus dem einen Gebiet in das andere aus- und nachher veredelt, verarbeitet oder ausgebessert wieder eingehen;
4 die selbstverfertigten Erzeugnisse der Handwerker, welche von diesen aus dem einen Gebiete auf die benachbarten Märkte des ande⸗ ren gebracht werden und als unverkauft jurückkommen, mit Ausschluß von Gegenständen der Verzehrung.
8. 3. u Schutze gegen Mißbrauch werden in den Fällen des vor⸗ hergehenden §. Z die erforderlichen Kontrolmaßregeln beiderseitig zur Anwendung kommen. Doch ist dabei verstanden, daß dieselben auf das geringste, mit dem bezeichneten Zwecke vereinbarte Maß beschränkt, und daß jedenfalls nicht mehr gefordert werden soll, als daß
I) die fraglichen Gegenstände bei der Einfuhr bezw. Ausfuhr an einer Grenzzollstelle behufs vormerklicher Behandlung nach Gattung und Menge angemeldet, zur Festhaltung der Identität, wo es angeht, bezeichnet und nachher bei der Wiederausfuhr bezw. Wiedereinfuhr der nämlichen Zollstelle wieder vorgeführt werden, und daß
2) die Wiederausfuhr bezw. Wiedereinfuhr innerhalb einer be⸗ stimmten, von der Grenzzollstelle ,, stattfinde. .
ur Forderung einer Kaution sind die Grenzzollstellen berechtigt,
doch soll dieselbe den einfachen Zollbetrag nicht übersteigen. Ueher die nähere Ausführung in Betreff dieser Kontrolmaßregeln soll, so— weit nöthig, eine Uebereinkunft abgeschlossen werden.
Schlußprotokoll. Verhandelt Berlin, den 23. Mai 1851.
Die Unterzeichneten traten zusammen, um den unter ihnen heute vereinbarten Handelsvertrag zu unterzeichnen, bei welcher Gelegenheit noch folgende Erklärungen, Verabredungen und erläuternde Bemer⸗ kungen in das gegenwärtige Protokell niedergelegt wurden.
J. Zu Artikel 1 des Vertrages.
Es soll in keiner Weise dem Recht jedes der vertragschließenden Theile vorgegriffen sein, in Zukunft Staaten oder Theile von Staa—⸗ ten, welche gegenwärtig seinem Zollverbande fremd sind, in denselben aufzunehmen und fortan als Inland zu behandeln, ohne daß hierdurch mit Rücksicht auf den allgemeinen Grundsatz des Vertragsartikels 1 eine weitere Begünstigung für den anderen Theil erwächst. .
Die Bestimmungen im Artikel 1 Absatz 3 schließen die Befugniß nicht aus, zeitweise Einfuhrverbote aus gesundheitspolizeilichen Rück— sichten gegenseitig zu erlassen.
II. Zu Ärtikel 2 des Vertrages, beziehungsweise Anlage A. Nr. 4.
Man ist einverftanden, daß die in der Anlage A. Nr. 4 verein- barte gegenseitige Befreiung von Eingangs und Ausgangsabgaben auch für folche in allen ihren Theilen gebrauchte Maschinen gelten soll, welche von bereits Niedergelassenen aus ihren Stamm oder Filial-Etablissements in dem einen Gebiete zur eigenen Benutzung in ihren hie oder Stamm⸗Etablissements in dem anderen Gebiete aus⸗ und eingeführt werden. * .
Die Bewilligung der Zollfreibeit für die gedachten Maschinen kann jedoch in jedem einzelnen Falle nur durch die Direktivbehörde
erfolgen. III. Zu Artikel 3 des Vertrages.
Durch die Bestimmung des Artikels 3 soll dem Rechte jedes der vertragschließenden Theile nicht vorgegriffen sein, allfälligen Miß⸗ bräuchen durch angemessene Schutzmaßregeln (Verbleiung, Kontrol⸗ oder hen g t een vorzubeugen. ; 3
IV. Zu Artikel 4 des Vertrages, beziehungsweise Anlage B.
Der Uleine Grenzverkehr umfaßt den nachbarlichen Verkehr der Grenzorte, welche nicht weiter als 15 km von der Grenze entfernt gelegen sind. * : ö
Wo die Gebiete der vertragschließenden Theile durch Gewässer getrennt sind, welche beiderseitig als Ausland betrachtet werden, ist die vorftehend bezeichnete, fowie die in Anlage B. S. 1 erwähnte Jene auf jeder Seite vom Ufer jenes Gewässers an landeinwärts zu be rechnen, so daß die Ausdehnung des jwischenliegenden Gewässers dabei außer Betracht fällt.
V. Zu den Artileln 5 und 6 des Vertrages.
A. Die Begunstigung, wonach zollpflichtige Waaren, die zum un⸗ gewissen Verkauf oder als Muster eingebracht werden, von Eingangs und Üusgangsabgaben befreit sind (Art. 5 Nr. I) kann von der Er⸗ füllung nachstehender besonderer Bedingungen abhängig gemacht werden:
1) Bei der Ausfuhr, bezehungsweise Einfuhr, ist der Betrag
weise Eingangszolls zu ermitteln und bei dem abfertigenden Amte
entweder baar niederzulegen, oder vollständig sicher zu stellen.
2) Zum Zweck der Festhaltung der Identität sind die einzelnen
Waaren oder Musterstücke, soweit es angeht, durch aufgedruckte
Stempel oder durch angehängte Siegel oder Bleie zu bezeichnen.
3) Das Abfertigungspapier, über welches die näheren Anord⸗
nungen von jedem der vertragschließenden Theile ergehen, soll ent⸗
halten:
a. ein Verzeichniß der zur Ausfuhr bestimmten, beziehungsweise der eingebrachten Waaren oder Musterstücke, in welchem die Gattung der Waare und solche Merkmale sich angegeben fin⸗ den, die zur Festhaltung der Identität geeignet sind;
b. die Angabe des auf den Waaren oder Mustern haftenden
Ausgangs⸗ und Eingangszolls, sowie darüber, ob solcher nieder⸗
gelegt oder sichergestellt worden ist;
die Angabe über die Art der zollamtlichen Bezeichnung;
die Bestimmung der Frist, nach deren Ablauf, soweit nicht
vorher der Wiedereingang, beziehungsweise die Wiederausfuhr
der Waaren oder Muster nach dem Auslande, oder deren
Niederlegung in einem Packhofe (Niederlagshause) nachgewiesen
wird, der niedergelegte Zoll verrechnet oder aus der bestellten
Sicherheit eingezogen werden soll. Die Frist darf den Zeit—
raum eines Jahres nicht überschreiten.
4) Die Wiedereinfuhr, beziehungsweise die Wiederausfuhr, darf auch über ein anderes Amt, als dasjenige, über welches die Ausfuhr, beziehungsweise die Einfuhr bewirkt ist, erfolgen.
5) Werden vor Ablauf der gestellten Frist (34.) die Waaren oder Muster einem zur Ertheilung der Abfertigung befugten Amte zum Zweck der Wiedereinfuhr, beziehungsweise der Wiederausfuhr oder der Niederlegung in einem Packhofe (Riederlagshause) vorgeführt, so hat dieses Amt sich durch die vorzunehmende Prüfung davon zu über— zeugen, ob ihm dieselben Gegenstände vorgeführt worden sind, welche bei der Ausgangs- beziehungsweise Eingangsabfertigung vorgelegen haben. Soweit in dieser Beziehung keine Bedenken entstehen, be— scheinigt das Amt die Wiedereinfuhr, beziehungsweise die Wieder⸗ ausfuhr oder Niederlegung und erstattet den früher niedergelegten Zoll oder trifft wegen Freigabe der bestellten Sicherheit die erforder— liche Einleitung.
B. Ueber die Kontrolmaßregeln, welche zum Schutz gegen Miß— brauch in den übrigen Fällen der Artikel 5 und 6 beiderseitig in An⸗ wendung kommen follen, wird Verständigung vorbehalten. Dieselben werden auf das geringste mit dem bezeichneten Zweck vereinbare Maß beschränkt und demgemäß im wesentlichen innerhalb derjenigen Grenzen gehalten werden, welche durch die in Anlage B. zum Ver⸗ trage enthaltenen Bestimmungen über die Behandlung des grenz— nachbarlichen Verkehrs (5. 3) in Aussicht genommen worden sind; sodann sind dabei folgende Bestimmungen zu beachten:
1) Die Abfertigung der bezeichneten Gegenstände, für welche auf Grund der Artikel 5 und 6 eine Zollbefreiung in Anspruch genommen wird, kann auch bei Zollstellen im Innern stattfinden.
2) Gewichtsdifferenzen, welche durch Ausbesserungen, durch die Be⸗ arbeitung oder Veredelung der Gegenstände entstehen, sollen in billiger Weise berücksichtigt werden und geringere Differenzen eine Abgaben⸗ entrichtung nicht zur Folge haben.
C. Unter Garnen und Geweben einheimischer Erzeugung werden die im Versendungslande selbst gesponnenen Garne und selbst geweb— ten Gewebe, dann solche Garne und Gewebe verstanden, welche zwar im rohen Zustande aus dem Auslande eingeführt und nach zollamt⸗ licher Behandlung in den freien Verkehr gesetzt wurden, jedoch im Versendungslande gebleicht, oder gefärbt, oder bedruckt, oder gesengt, oder appretirt oder mit Dessins versehen worden sind, um dann einer weiteren Bearbeitung oder Verarbeitung im Veredelungslande zuge— führt zu werden.
Zum Nachweise der einheimischen Erzeugung dient ein an der Waare anzubringender Fabrikstempel, beziehungsweise eine Bescheini— gung des inländischen Erzeugers der Waare. .
D. Die zur Wahrung der Identität der aus- und wiedereinge— führten, beziehungsweise der ein⸗ und wiederausgeführten Gegenstände amtlich angelegten Erkennungszeichen (Stempel, Siegel. Plomben z, follen gegenfeitig geachtet werden, und zwar in dem Sinne, daß die von einer Zollbehörde des einen Gebiets angelegten Erkennungszeichen in dem anderen Gebiete zum Beweise der Identität ebenfalls dienen, können, jedoch mit der Beschränkung, daß beiderseits den Zollbe⸗ hörden das Recht zusteht, weitere Erkennungszeichen anzulegen.
B. In allen im Artikel 5 vorangeführten Fällen sind im deutschen Zollgebiet alle Hauptzollämter und Nebenzollämter erster Klasse, sowie andere besonders mit Ermächtigung hierzu versehene Zollstellen, in der Schweiz die Haupt- und Nebenzollstätten zuständig, die zollfreie Ab⸗ fertigung, wenn die Voraussetzungen derselben zutreffen, von sich aus vorzunehmen.
Dagegen sind in den Fällen von Artikel 6 nur, die von den Direktivbehörden dazu bezeichneten Zollstellen zur Ertheilung der Ab⸗ fertigung befugt. . ö
F. Für die in dem Artikel 6 lit. a. bis g. vorgeseheng zollfreie Wiedereinfuhr ist eine Frist von 6 Monaten zu gewähren. Durch be—⸗ sondere Genehmigung der Direktivbehörden kann dieselbe auf 12 Monate ausgedehnt werden. ;
Diese letztere Frist, vom Tage der Ausfuhr an berechnet, soll, wenn nicht besondere Bedenken entgegenstehen, auf Antrag der Be⸗ theiligten für die zollfreie Wiedereinfuhr denjenigen Waaren bewilligt werden, welche zur Zeit des Ablaufs des gegenwärtiges Vertrages zum Zwecke der Veredelung noch im Gebiete des anderen der vertragschlie⸗ ßenden Theile sich befinden.
VI. Zu den Artikeln 4, 5 und 6 des Vertrage?
Die Abfertigungen in allen hierunter begriffenen Fällen werder
1s gebührenfrei erfolgen.
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sollen.
3) Güter, welche von einem Zollamte auf ein anderes Amt des⸗ selben Gebietes unter Zollkontrole abgefertigt werden, sollen, wenn auch bis zur Erreichung des endlichen Bestimmungsortes ein oder mehrere Male das Ausland berührt wird, einer weiteren Abfertigung an zwischenliegenden Aemtern desselben Gebietes nicht unterzogen werden. . k
Etwaige, dem Geleitpapier beizusetzende Bescheinigungen über er- folgten Aus und Eintritt aus dem einen Gebiet in das andere sind jedoch nicht ausgeschlossen. ö ö.
3) Die mit den gewöhnlichen kursmäßigen Fahrten der, all⸗ gemeinen Verkehrsanstalten, wie Eisenbahnen, Dampfschiff'., Posten u. f. w., anlangenden Waaren und Reise⸗Effekten sollen beider seits jederzeit mit thunlichster Beschleunigung zellamtlich abgefertigt werden, und es soll für folche Abfertigungen, welche nicht in die gewöhnlichen Abfertigungsstunden fallen, keinenfalls irgend eine besondere Gebühr erhoben werden. ö K
S De beiden vertragschließenden Theile geben sich gegenseitig die Zusicherung, bezüglich der Errichtung von Grenzzollstellen und der Bestimmung der Abfertigungsbefugnisse derselben, die durch wirtliche Terkehrebedürfnisse veranlaßten Wünsche thunlichst zu berücksichtigen.
VmI. Zu Artikel 9 des Vertrages. . ;
Schweizerischer Seiss wird dahei verstanden und erklärt, daß der im Artikel J des Vertrages aufgestellte Grundsatz der wechselseitigen Behandlung auf dem Fuße der meistbegünstigten Nation auch hin. sichtlich der im Artikel 9 bezeichneten Verbrauchssteuern Gültigkeit haben soll.
ö l Verzeichniß der Sätze, welche nach den Bestimmungen des Artikels 9 des Vertrages in den einzelnen schweizerischen Kantonen an inneren Verbrauchssteuern von Getränken zur Hebung gelangen, wird der Kaiserlichen Regierung schweizerischer Seits ehne Veriug mitgetheilt werden. IX. Zu Artikel 10 des Vertrages. . Diejenigen Gewerdetreibenden. welche in dem Gebiete des an-
enfin und Waarentransporte dienen und nur aus dieser Veranlassung eingehen, die Wasserfahrzeuge mit Einschluß
des auf den Waaren oder Mustern haftenden Ausgangs⸗ beziehungẽ⸗
— 1116 deren rertragschließenden Theils Waarenankaufe machen oder Waaren⸗
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