1881 / 135 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 13 Jun 1881 18:00:01 GMT) scan diff

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Vermittler bei den fremden Mächten ein und beauftragen ihn, dieses Dekret, welches das Protektorat Frankreichs über Tunis amtlich und definitir bestätigt, zu ihrer Kenntniß zu bringen.

Gegeben, den 11. redjeb 1297 (8. Juni 1881).

Mustapha.

Aus Algier telegraphirt der Befehlshaber des 19. Armee⸗ corps u. d. 10. Juni dem Kriegs⸗Minister:

In der Nacht vom 8. zum 9. ist Bu⸗Amema wieder in Siga gesehen worden. Die Kolonne Détrie, welche in Khreug⸗Azia stand, sollte am 9. zur Verfolgung der feindlichen Kontingente nach dem Ued⸗Sidi⸗Masseur ziehen. Die Kolonne Dufilhol nähert sich Askura, indem sie ihren Weg über Sedjera und Suan nimmt. Die Kolonne Brunetière ist bis Dur⸗Hamza⸗ben⸗Medjaduh vorgerückt. Die Kolonne Belin steht in Tanila im Djebel⸗Amur. Die Kolonne Mallaret steht in Tismuline. Man verbreitete das Gerücht, daß Bu⸗Amema sich über Tanila und Aflu nach dem Djebel⸗Amur werfen wollte; aber die Kolonne Belin wird ihn wahrscheinlich an dieser Bewegung verhin⸗ dern. U&ebrigens haben drei Stämme des Djebel⸗Amur, die sich Bu⸗Amema genähert hatten, ihn wieder verlassen und sind in ihre Berge zurück— gekehrt, wobei sie sich dem Kommandanten von Aflu zur Verfügung stellten. Man sagt, daß Bu⸗Amema die Werthsachen, welche er in Maghar hatte, nach Fignig retten läßt. Was die abgefallenen Trafis betrifft, so scheinen sie in einer kritischen Lage zu sein, indem die Amurs von der marokkanischen Grenze ihre Lager häufig heimsuchen. Der Befehlshaber von Géryville meldet, daß eine Herausforderung einiger Kontingente des Bu⸗Amema scharf gezüchtigt worden ist. Sie wollten nämlich eine Demonstration gegen unseren Posten ausführen; man schickte einen Gum mit einigen Spahis und Infanterie gegen sie aus, die sie in die Flucht jagten und Mehrere von ihnen tödteten. Auf unserer Seite wurden nur zwei Pferde leicht verwundet.

11. Juni. (Cöln. Ztg.) Am nächsten Montag wird die Regierung der Deputirten kammer einen Gesetzentwurf vorlegen, durch welchen die Zahl der Deputirten um neun vermehrt wird. Dieses Gesetz ist eine Folge des Fortbestandes der Abstimmung nach Arrondissements.

11. Juni. (W. T. B.) In einer heute abgehaltenen Versammlung der vier Gruppen der Linken bean⸗ tragte Bardoux eine Resolution, in welcher der Präsident ersucht wird, die Wahlen auf den 17. Juli festzusetzen. Der Antrag wurde von den Delegirten der äußersten Linken und der republikanischen Union unterstützt. Die Linke aber Und das linke Centrum erklärten, der Antrag komme ihnen unerwartet und sie müßten denselben zunächst prüfen. In Folge dessen wurde heute keine Lin nes gefaßt und wird sich die nächste Versammlung der vier Gruppen mit der Be— rathung der Motion beschäftigen. Der Ministerrath, der sich heute mit der Frage beschäftigte, soll geneigt sein, die Wahlen dem Bardouxschen Antrage gemäß früher anzube— raumen, im Fall die Kammer der Deputirten diesen Antrag zu dem ihrigen macht.

Die „Agence Havas“ läßt sich aus Tunis, vom 11. d, melden: Der französische Ministerresident Roustan hat den diplomatischen Vertretern der übrigen Mächte angezeigt, daß er von dem Bey mit der Wahrneh⸗ mung der Beziehungen zwischen ihnen und der Regierung des Beys beauftragt sei.

Die tunesische Mission, welche sich nach Paris be— geben soll, wird morgen an Bord der „Jeanne d'Arc“ die Reise antreten.

12. Juni. (W. T. B.) Die Absicht, die Wahlen für die Deputirtenkammer früher anzuberaumen, scheint in parlamentarischen Kreisen an Unterstützung zu verlieren. Die Majorität der Linken befürchtet einen unangenehmen Ein— druck und exnstliche Unzuträglichkeiten von einem Hinaus— schieben der Feststellung des Budgets, welcher Fall eintreten würde, wenn die Deputirtenkammer auseinandergehen sollte, ohne das Budget votirt zu haben. Wie verlautet, wird von Seiten der Budgetkommission morgen in der Sitzung der Deputirtenkammer beantragt werden, daß die Berathung des Budgets am nächsten Donnerstag beginnen solle.

13. Juni. (W. T. B.) Wie aus Oran berichtet wird, stieß General Détrie auf eine Schaar von Aufständi— schen, die aus 400 Reitern und 600 Fußsoldaten bestand, und schlug dieselben in die Flucht. Die Aufständischen hatten etwa fünfzig Todte und Verwundete, die französischen Truppen zwei Verwundete.

Spanien. Madrid, 13. Juni. (W. T. B.) Der Ministerrath hat beschlossen, den Termin für die Wahlen zur Deputirtenkammer auf den 21. August und für die Wahlen zum Senat auf den 4. September festzusetzen. Der Zusammentritt der Cortes soll am 20. September stattfinden.

Italien. (W. T. B.) Nach einer Meldung aus Aden über London, vom 12. d. M., sind die Mitglieder der zur Er⸗ forschung des Innern des Landes von f ab aus abgegan⸗ genen italienischen Expedition, bestehend aus einem Unteroffizier, 4 Soldaten und 10 Seesoldaten, von den Ein⸗ geborenen niedergemacht worden. Nähere Nachrichten über den Vorgang selbst sowie über Zeit und Ort, wo derselbe sich zutrug, sind noch nicht eingegangen.

Türkei. Konstantinopel, 11. Juni. (W. T. B.) Der Austausch der Ratifikationen der griechisch⸗ türkischen Konvention zwischen der Pforte und den Bot⸗ schaftern der Mächte wird voraussichtlich an: nächsten Dienstag erfolgen. Eine Verzögerung wäre nur möglich, wenn die englische Ratisikation, welche den regelmäßigen Courier ver— fehlte, bis dahin ausbliebe. Die Unterzeichnung der zwischen Griechenland und der Türkei direkt abzuschließenden Konven⸗ tion dürfte an dem nämlichen Tage stattfinden. Die Pforte hat zur Uebergabe der betreffenden Gebiete und zur Regu⸗ lirung der neuen Grenze sechs Kommissare ernannt; als erster Kommissar wird General Osman Pascha fungiren.

12. Juni. (W. T. B. Das türkische Budget weist ein De fizit von ungefähr sieben Millionen Livres auf. Der Sultan hat ein IJrade erlassen, durch welches die Er⸗ mächtigung ertheilt wird zur Vornahme der Wahl eines armenisch⸗katholischen Patriarchen an Stelle Hassuns. Als wahrscheinlicher Nachfolger Hassuns wird Azarian be⸗ zeichnet.

Numänien. Bukarest, 11. Juni. (W. T. B.) Kretzulescu ist zum Gesandten in St. Petersburg ernannt worden. Die Deputirten kammer hat die Er⸗ richtung einer landwirthschaftlichen Kreditanstalt genehmigt.

12. Juni. (W. T. B.) Joan Bratiano hat auf den dringenden Wunsch der parlamęentarischen Majorität seine Demission als Senator zurückgezogen und wird auch ferner an der Spitze der liberalen Partei verbleiben.

Serbien. Belgrad, 13. Juni. (W. T. B.) Der Beschluß der Skupschtina, betreffend Aenderungen der V ien nt vom Jahre 1869, hat die Sanktion des Fürsten erhalten.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 12. Juni. (W. T. B.) Der Reichskanzler Fürst Gortscha koff ist vom Kaiser gestern empfangen worden. Zum Hauptvertreter Rußlands bei der Militärkommission zur Ueberwachung der Uebergabe der bisher türkischen Gebietstheile an Griechen⸗ land ist der Oberst Philipoff ernannt worden. Die Ueber⸗ siedelung des Kaiserlichen Hofs nach Peter hof ist für den 16. d. M. in Aussicht genommen.

Auf Grund des Kaiserlichen Befehls vom 21. Mai, be—⸗ treffend die Ausarbeitung eines Planes für die Herab⸗ setzung der Seitens der Bauern zu zahlenden Loskauf⸗ summe, macht die Regierung bekannt, daß die bezüglichen Verhandlungen am 2. Juni a. St. (14. Juni n. St.) beginnen werden. Der „Regierungsanzeiger'“ theilt die Namen von 12 zu den Verhandlungen eingeladenen Experten mit. Dieselben gehören der Landschaft-, der Stadtverwaltung, dem Adel und dem Grundbesitze an.

Amerika. New⸗York, 9. Juni. (Allg. Corr.) In einem gestern in Cleveland stattgehabten Meeting der republikanischen Konvention von Ohio, bei welchem Senator Sherman den Vorsitz führte, wurde der Gouberneur des Staates, Mr. Charles Foster, wiederum als Kandidat für diesen Posten aufgestellt. Es wurden Resolutionen angenom— men, welche sich mit der Verwaltung des Präsidenten Garfield einverstanden erklären und vollen Schutz der amerikanischen Produktion sowie besondere Begünstigungen für heimische Erzeugnisse beanspruchen. Mr. Sherman hielt eine Rede, in der er der von Mr. Windom, dem Schatzamtssekretär, ein⸗ geschlagenen Finanzpolitik hohes Lob zollte.

Die Staats-Legislatur von New-York fährt fort, sich mit der Wahl der Bundes-Senatoren zu beschäf— tigen, ohne daß bis jetzt ein Resultat erzielt worden, da kein Kandidat die hinreichende Stimmenmehrheit erhalten hat. Mehrere Mitglieder der Legislatur erklärten heute, daß ihnen für ihre Stimmen Geld geboten worden, was zur Folge hatte, daß ein Ausschuß ernannt wurde, der die Sache unter— suchen soll.

Aus Quebeck in Canada hier eingegangenen Mel— dungen zufolge hat in der dortigen Vorstadt St. Johns in vergangener Nacht ein verheerendes Feuer gewüthet. 5 Per⸗ sonen sind bei dem Brande umgekommen, und man be— sürchtet, daß der wirkliche Lebensverlust noch größer ist. 800 Gebäude sind in Asche gelegt.

Gewerbe und Handel.

Amtlichen Nachrichten zufolge hat auf Seeland die bösartige Lungenseuche unter dem Hornvieh sich wieder gezeigt. Dieselbe ist auf Aagesholm bei der Station Hedehus (zwischen Kopenhagen und Roskilde) ausgebrochen und sind dort zwei Stück Hornvieh ge— , worden, die zweifellos an der gedachten Krankheit gelitten zaben.

Nach amtlicher Mittheilung aus Konstantinopel hat die tür— kische Regierung vom 2. d. Mts. an die Ausfuhr von Getreide aus dem Vilajet Benghazi bis zur nächsten Ernte verboten. Die Inhaber von Lieferungsverträgen, welche vor Erlaß des Verbotes ab⸗ geschlossen sind, . innerhalb einer vierzehntägigen, vom Tage der Bekanntmachung laufenden Frist ihre Kontrakte von der Behörde lega⸗ lisiren zu lassen, widxigenfalls die Erlaubniß zur nachträglichen Aus⸗ fuhr verweigert wird.

Potsdam, 12. Juni. Die zwölfte Generalversammlung der Deutschen Lebens-, Pensions⸗ und Renten-Versicherungs— Gesellschaft auf Gegenseitigkeit in Pots dam fand gestern in dem Saale von Voigts Blumengarten statt. Nach der Eröff— nung derselben durch den Vorsitzenden des Kuratoriums erstattete der erste Direktor, Geh. Rath Matthiolius, den Bericht über das ver⸗ flossene Geschäftsjahr. Seinem Antrage entsprechend wurde von den anwesenden Mitgliedern des Instituts über die vorgelegte und ein⸗ gehend erläuterte Jahresrechnung der Verwaltung die Entlastung er⸗ theilt. Sodann wurde das wegen Ablauf der Wahlzeit aus dem Kuratorium ausscheidende Mitglied, Bürgermeister Zehrmann in Pots⸗ dam, mit großer Mehrheit auf die Zeit vom 1. Juli d. J. bis Ende 1887 wieder gewählt. Die übrigen Punkte der Tagesordnung wurden ohne Debatte nach den Anträgen der Direktion erledigt.

Thorn, 12. Juni. (W. T. B.) Zum hiesigen Woll markt sind bis jetzt 1509 Ctr. meist gewaschener Wollen angefahren, die Zu⸗ fuhren dauern noch fort. Die Wäschen sind gut. Die Hauptzufuhr steht in Folge des Regenwetters erst morgen zu erwarten.

13. Juni. (W. T. B.) Angefadren 3500 Ctr., davon 16 ungewaschen. Wäschen gut. Bis 11 Uhr waren 78 verkauft. Durch⸗ schnittlich wurden 4— 6 Thlr. unter den vorjährigen Preisen gezahlt, für ungewaschene Waare 15 —22 Thlr. Rege Kauflust.

Posen, 12. Juni. (W. T. B.) Wollmarkt. Das Ge⸗ schäft entwickelte sich heute recht rege bei einem Preisabschlag von 15— 20 4 für feine Mittelwollen und bis 24 ½ für bochfeine Wollen gegen die vorjährigen Preise. Bis jetzt betragen die Zufuhren circa 18000 Ctr., wovon gegenwärtig annähernd die Hälfte verkauft ist. Weitere Zufuhren werden erwartet, dieselben dürfen des Sonntags wegen erst am Nachmittag auf das Lager geschafft werden. Die Wasche ist durchschnittlich gut. Der alte Bestand betrug 5000 Ctr. Wetter: Regnerisch.

Nachdem die Verkäufer allgemein in den bereits gemeldeten Ab⸗ schlag von 15— 24 gegenüber den vorjährigen Preisen gewilligt hatten, entwickelte sich ein sehr lebhaftes Geschäft, so daß sich der Markt zu räumen begonnen hat. Die Tendenz ist fest. Der Rest der Zuführen trifft jetzt erst ein.

13. Juni. (W. T. B.) Die Zufuhren bis gestern Abend betrugen 19268 Ctr. Auch heute war das Geschäft sehr rege bei fester Tendenz, und ist Alles bis auf wenige, im Preise zu hoch ge⸗ haltene Stämme verkauft. Auch finden jetzt noch eintreffende Wollen schlank Nehmer.

Verkehrs⸗Anstalten.

Der durch den Erlaß vom 5. v. M. für die Staats⸗ und unter Staatsverwaltung stehenden Privatbahnen eingeführten Einschrän⸗ kung der Lieferfristen hat sich nach einem Erlaß des Ministers der öffentlichen Arbeiten die Großherzogliche Eisenbahndirektion zu Oldenburg angeschlossen. Die kürzeren Lieferfristen gelten nun⸗ mebr auch für den gegenseitigen Verkehr der Staats⸗ und unter Staatsverwaltung stehenden Eisenbahnen sowie der Reichsbahnen mit den Großherzoglich oldenburgischen Staatsbahnen.

Triest, 12. Juni. (W. T. B.) Der Lloyddampfer Ettore“ ist heute Mittag mit der ostindisch⸗chinesischen Ueberland⸗ post aus Alexandrien hier eingetroffen.

New⸗JYPork, 11. Juni. (W. T. B.) Der Dampfer des Norddeutschen Lloyd „Neckar“ ist hier eingetroffen.

I. Versuchs Rennen der Stuten. Klubpreis 1500

2 zwei⸗ und dreijährige inländische Stuten. 6) 6 Einsatz, halb Reugeld. Distanz 960 m. Dem zweiten Pferde die Hälfte der Ein sätze und Reugelder. 9 Pferde erschienen am Pfosten, von denen nach einem hübschen Lauf mit 596 Ueberlegenheit und nach Gefallen mit 6 Längen Vorsprung des Grafen Nic. Esterhazy 2 jähr. br. St Aneroid. (Madden) des Hrn. Ulrichs 3 jähr. Sch. St. „Frühlicht. (ssborne) schlug. Zeit: 1 Minute 12 Sek. Werth des Rennens ; 1880 6 für „Aneroid', 390 4 für Frühlicht! Um 47 Uhr folgte dem Rennen: ? 1E. Union-Rennen,. Staatspreis 10009 4 Für 1878 geborene inländische und österreichischungarische Hengste und Stuten. 36 Cins. 200 „6 Reug., jedoch nur 100 falls das erhöhte Reugeld bis 31. März 1881 nicht nachgezahlt wird. Distanz 2800 m. Dem zweiten Pferde 1500 M aus den Einsätzen und Reugeldern, das dritte rettet seinen Einsatz. Es erschienen nur acht Pferde am Pfosten, von denen nach einem überaus spannenden Rennen und erst nach hartem Kampf des Hrn. Arist. Baltazi br. H. „Orient. (Madden) des Fürsten Hohenlohe⸗-Oehringen br. H. „Blue Monkey“ (Osborne) mit Längen schlug. 25 6 hinter letzterem traf Mr. Edwards F. 5 Doctor Claus“ (Gough) als Dritter ein, des Graditzer Gestüts F. St. Walpurgis! noch im Ziel um Länge schlagend. Jeit: 3 Min. 35 Sek. Werth des Rennens: 18 600 66 für „Orient“ 1500 M für „Blue Monkey“ und 300 M für „Doctor Claus.“ = Um 5 Uhr folgte diesem Rennen: II. Silbernes Pferd, von Sr. Majestät dem hochseligen König als Kronprinz verliehen u. Klubpreis 3000 M. Handicap. Für dreijährige u. ältere Pferde aller Länder. 150 4½6 Eins. 80 M. Reug doch nur 30 M, falls die Annahme bis 24. Mai nicht erklärt. Ti stanz 3200 m; dem zweiten Pferde die Hälfte der Einsätze u. Reu— gelder bis 900 M, abzüglich eines einfachen Einsatzes für das dritte Pferd. Der Sieger erhält den Besitz des silbernen Pferdes auf ein Jahr und muß dasselbe im nächsten Jahr auch bei veränderter Pro— position vertheidigen oder Reugeld zahlen. Der Vertheidiger vom Jahre 1880, Grf. H. Henckel sen., zahlte Reugeld. Von den 14 Un— terschriften, welche das Rennen aufwies, hatten 8 das erhöhte Reu— eld gezahlt, von diesen erschienen jedoch nur 5 am Pfosten. Es siegte eicht und nach Gefallen mit 37 Längen des Hrn. von Cramm a. br. H. „Rococo“, 56 kg. (Osborne) gegen des Hrn. Ulrich jähr. br. St. „Despotism“ (C. Fisk), des Hrn.. O. Oehlschlägers 4jähr. Sch. H. „Strathvaich“ (Milne) wurde Dritter und rettete seinen Einsak während Rococo. neben dem Ehrenpreis noch 3170 und, Despo⸗ tism“ 900 „S erhielten. Zeit 5 Minuten 48 Sekunden. Diesem Rennen schloß sich um 59 Uhr an:

IVI. Verloosungs⸗-Rennen: Klubpreis 2400 6e für 2jährige und ältere inländische und österreichisch⸗ungarische Pferde. 60 AM Einf., halb Reugeld. Distanz 800 m. Der Sieger wird unter die Mit- glieder des ehemaligen Berliner Rennvereins verloost. Fünf Pferde erschienen am Pfosten. Es siegte mit 15 Längen des Lieut. Frhrn. v. Gayl 4jähr. br. St. „Armgard“ Johnson] gegen des Prinzen Franz Hatzfeldt 2jähr. br. H. v. King O' Scots a. d. Coupon (Peasnett). Zeit 1 Minute 6 Sekunden. Werth des Rennens 2880 M, die dem Sieger zufielen. Es folgte um 6 Uhr:

V. Staatspreis 11. Klasse 4500 „S6. Für alle 4jährige und ältere inländische Hengste und Stuten, welche keinen Staatspreis J. Klasse gewonnen haben. 240. 6 Einsatz, halb Reugeld. Distanz 2800 m. Dem zweite Pferde die Hälfte der Einsätze und Reugelder. Von 9 angemeldeten Pferden erschienen 3 am Ablauf. Es siegte Mr. Decems a. br. S. „Alpenstock' (Sayers) siegte mit J Längen gegen des Kgl. Hauptgestüts Graditz 5 jähr. F. H. „Balmung“. Jeit 3 Minuten 38 Sekunden. Werth des Rennens 5220 M für „Alpen; stock', 720 M für „‚Balmung'. Den Schluß des Tages bildete um 6 Uhr: .

VI. Handicap-⸗- Hürden ⸗Rennen. Klubpreis 1200 . Herrenreiten. Für dreijährige, und ältere inländische und österreichisch⸗ ungarische Pferde. 80 „S. Eins., 40 S6 Reugeld, jedoch nur 20 6, wenn die Annahme bis 24. Mai nicht erklärt. Distan; 2000 m. Dem zweiten Pferde die . der Einsätze und Reugelder. Von 10 Unterschriften hatten 6 das Rennen angenommen und 4 Pferde erschienen am Pfosten. Es siegte nach einem schönen Rennen sicher des Lieut. von Hayden Linden II. (3. Hus.) Zjähr. F. S. „Neckar“ . Bes.) mit 25. Längen gegen des Hrn. O. Dehlschläger 5jähr. zr. H. „Diemen“ (Reit.: Hr. v. Tepper⸗Laski)h. Zeit 3 Min. 58 Sek. Werth 1440 MS è für „Neckar“, 240 M für „Diemen“.

Stuttgart, 10. Juni. Das Preisgericht für die Württem⸗ bergische Landes-Gewerbe⸗Ausstellung von 1881 wird am 14. d. M. zusammentreten. Die erste Aufgabe, welche sofort in Angriff genommen werden wird, besteht darin, durch die Referenten beziehungs⸗ weise die Jurys der einzelnen Klassen vorläufige Anträge über die Prämirung aufzustellen ꝛc.

Luzern, 10. Juni. (N. Zürch. Itg.) Im Anfang dieser Woche glaubten wir mitten im Sommer zu stehen, und die Bauern rüsteten sich zur Heuernte. Auf den Bergen wurde es lebendig, und man er⸗ wartet allerwärts zahlreiche Touristen und Badegäste. Am Dienstag schneite es nicht blos auf dem Pilatus und dem Rigi, wo beute noch der Schnee fußhoch liegt, selbst die Voralpen legten ihr Winterkleid an, und das Vieh mußte dort im Stalle gefüttert werden, oder in das Thal zurückkehren.

Das Gastspiel der Mitglieder des Münchener Königlichen Theaters am Gärtnerplatz im Wallner⸗Theater brachte am

Sonnabend als Novität den ‚Protzenbauer“ eine Bauernposse mit Ge⸗ sang und Tanz in 4 Aufzügen von Fr. Hartl-⸗Mitius, jener treff lichen Dar⸗ stellerin, die sich leider schon in Dresden mit Hrn. Karl u. A. ge— trennt hat, um gesondert im Residenz⸗ Theater zu gastiren, wäh⸗ rend der Hauptstamm der Gesellschaft (wie hier gleichzeitig berichtigt werden mag) im dortigen Hoftheater spielte. Die Handlung der Posse läßt sich ziemlich ernst im Charakter des Volkastücks an, indessen gehen die einzelnen Scenen allerdings breit in das Possen— hafte, und hier ist den liebenswürdigen Gästen vollauf Gelegenheit ge⸗ geben, ihre naturwüchsige Komik zu entfalten. Geradezu ein Kabinets stück ist die Scene zwischen der frommen alten Wirthschafterin Bal und dem eben in die Ferien gekommenen, angehenden Theologen Wolfgang, dem Sohne des Protzenbauers. Frl. Schönchen und Hr. Otto Beck erregten darin die allgemeinste Heiterkeit, obgleich der Letztere manchmal mit seinem Dialekt aus dem Bawverischen ins Lerchenfeldische verfiel. Prächtig war der Protzenbauer des trefflichen Hrn. Albert und von erschütternder Komik der Quirin des Hrn. Hof— pauer. Frl. Elise Bach wußte sich in der Rolle der opferfreudigen Lisl durch ihr neckisches frisches Spiel neben Frl. Truhart als Kathrin Aller Sympathien zu erwerben; auch der Pfarrer wurde von Hrn. Weinmüller höchst charakteristisch dargestellt, wogegen der Darsteller des Jaͤgerburschen Friedl nicht den Erwartungen entsprach. Hr. Neuert hatte in der undankbaren Parthie des Brandstifters Mathies Momente von ergreifender Tragik und fand dafür wohlverdienten Beifall. Die eingelegten Gesänge, Schnadahupfeln und Tänze, namentlich der charakteristische Schuhplattler erfreuten sich lautesten Beifalls und mußten zum Theil auf Verlangen wiederholt werden. Als Solosängerin ron schönem ausgiebigen Organ zeichnete sich, wie schon im „Herrgott; schnitzer Fr. Reschreitter (Moni) aus. Das Haus war vollständig ausverkauft.

Berlin, 13. Juni 18581.

Berliner Rennbahn zu Loppegarten. Som mer Meeting 1881. Erster Tag, Sonntag, 12. Juni. Trotz unaufhaltsam den ganzen Tag über herabströmendem Regen hatte si immer noch ein verhältnißmäßig zahlreiches Publikum gestern zur Eröffnung des Sommer⸗Meetings auf der Rennbahn zu Hoppegarten eingefunden, das mit großem Interesse den sich abwickelnden span⸗ nenden Konkurrenzen folgte. Die Rennen begannen um 4 Uhr mit:

Redacteur: Riedel.

Verlag der Exvedition (Kessel). Druck: W. Els ner. Vier Beilagen (einschließlich Börsen · Beilage), [7139

und die Besondere Beilage Nr. 6.

Berlin:

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs⸗-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

M 135.

Berlin, Montag, den 13. Juni

1881.

Aichtamtliches.

Preußen. Berlin, 13. Juni. Im weiteren Ver— laufe der vorgestrigen (58.) Sitzung setzte der Reichstag die zweite Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Unfallversicherung der Arbeiter, auf Grund des Berichts der XIII. Kommission mit der Diskussion des §. 56 fort. Derselbe lautet nach dem Kommissionsbeschlusse:

Unternehmern von Betrieben, welche unter die Vorschrift dieses Gesetzes fallen, kann gestattet werden, zum Zweck der Unfall— versicherung auf Gegenseitigkeit zusammenzutreten.

Durch das Bestehen einer solchen Genossenschaft werden die Entschädigungsansprüche, welche den durch einen Unfall Verletzten oder ihren Hinterbliebenen gegen die Landesversicherungsanstalt zu⸗ stehen, nicht berührt.

Für die zu einer Genossenschaft vereinigten Betriebe tritt an die Stelle des Prämienbetrages die von der Genossenschaft zu leistende Zahlung desjenigen Betrages, welcher erforderlich ist, um die Entschädigungsansprüche zu decken, welche während des ab— gelaufenen Kalendervierteljahres in Folge der in den vereinigten Betrieben vorgekommenen Unfälle festgestellt sind. Für die fest— gestellten Renten ist die Deckung in Kapital zu leisten. .

Die versicherten Personen, welche in den vereinigten Betrieben beschäftigt sind, können zu den von der Genossenschaft zu leistenden Zahlungen nach dem im 5. 13 bestimmten Verhältnisse herangezogen werden. Jedoch sollen die Beiträge der Versicherten in jedem Ka— lendervierteljahre den Betrag nicht übersteigen, welcher von ihnen nach §. 13 an Prämienbeiträgen für den bezeichneten Zeitraum zu zahlen sein würde.

Die näheren Bestimmungen über die Ertheilung der Geneh— migung der Genossenschaften, über ihre Verwaltung und deren Be— aussichkigung, sowie über die Zurücknahme der Genehmigung werden durch Beschluß der Landes-Centralbehörde festgestellt.—“

Die Letztere kann auch gestatten, daß einzelne Betriebsunter⸗ nehmer die Unfallversicherung nach Maßgabe vorstehender Bestim⸗

mungen D .

Zu diesem Paragraphen war eine Reihe von Abände⸗ rungsanträgen gestellt; zunächst beantragten die Abgg. Eysoldt, Freund und Wöllmer: ö

An Stelle des 8. 56 einen Paragraphen folgenden Inhalts zu etzen: . see Unternehmer von Betrieben, welche unter §. 1J dieses Gesetzes fallen, können die Versicherung der in 5. 1 genannten Personen und deren Hinterbliebenen bei einer zum Geschäftsbetriebe in Deutsch— land zugelassenen Versicherungsanstalt ,,,, Ge⸗ sellschaften auf Gegenseitigkeit, Genossenschaften) bewirken.

Zuzulassen sind nur solche Versicherungsanstalten, welche den hierfür festzustellenden Normativbestimmungen entsprechen. Soweit nicht dieses Gesetz Normativbestimmungen für Anstalten letzterer Art enthält (Beitragspflicht der Arbeiter 5. 13 ꝛc.), sind dieselben durch Reichsgesetz festzustellen. . . J

Durch Reichsgesetz werden auch die Bestimmungen festgestellt, nach welchen einzelne Betriebsunternehmer die Unfallversicherung selbst bewirken können. ; . .

Bis dahin, daß durch Gesetz diese Normativbestimmungen fest— gestellt find, bestimmt die Landesverwaltung, welche Versicherung⸗ anftalten als zugelassen zu erachten sind und die Bedingungen, unter welchen Selbstversicherung einzelner Betriebsunternehmer ge—

attet ist. ü 6h lange als die reichsgesetzliche Feststellung der Normatip— bestimmungen für die zum Geschäftsbetriebe im Deutschen Reiche zuzulassenden Versicherungsanstalten nicht erfolgt ist, kann den bei Erlaß diefes Gefetzes innerhalb des Deutschen Reiches bestehenden Versicherungsanstalken die Zulassung nicht versagt werden.

Jeder Bundesstaat ist berechtigt, unter seiner Garantie die Geschäfte der Landesversicherungsanstalt einer in Deutschland zuge— lassenen Versicherungsanstalt zu übertragen.“

Zu diesem Wortlaute hatte der Abg. Dr. Wolffson den

Unterantrag gestellt: . .

im Aksatz 1 nach dem Worte „können“ einzuschalten: ‚unter eigener Haftung⸗ und im Absatz 5 hinzuzufügen: „wenn nicht . vorliegen, welche die Annahme rechtfertigen, daß die Änstalt für die Erfüllung der ihr obliegenden Verpflichtungen keine genügende Gewähr bietet“.

Die Abgg. Dr. Buhl und Genossen beantragten:

1IJ 5. S8 Alinea 1 zu fassen, wie folgt: Unternehmer von Be— trieben, welche unter die Vorschrift dieses Gesetzes fallen, können zum Zweck der Unfallversicherung auf Gegenseitigkeit zusammen⸗ treten, sofern sie den hierfür zu erlassenden Normatirbestimmungen genügen.“ 2) Alinea 5 zu fassen, wie folgt:; „Die Normatix⸗ bestimmungen werden durch Reichsgesetz festgestellt: und 3) als neuen S. 57 a. beizufügen: . Bis dahin, daß die im 8. 56 bezeich · neten Kormativbestimmungen festgestellt sind, bestimmt der Bun— desrath, welche Genossenschaften zugelassen werden. Einer zur Zeit des Inkrafttretens dieses Gesetzes bestehenden Genossenschaft zum Zweck der Versicherung auf Gegenseitigkeit kann bis zum Erlañ des un 5. 56 bezeichneten Reichsgesetzes die Genehmigung zur Fort⸗ setzu—ng ihres Betriebes nur dann versagt werden, wenn Thatsachen vorliegen, welche die Annahme rechtfertigen, daß die Genossenschaft für die Erfüllung der ihr obliegenden Verpflichtungen keine genügende Gewähr bietet.“

Der Abg. Kreutz beantragte, zu Absatz 3 hinzuzufügen: „Für die festgestellten Renten ist die Deckung in Kapital zu leisten.“

Der Abg. Stötzel schlug vor, den letzten Absatz des 8. 56 zu streichen. . .

Der Abg. Auer endlich beantragte, §. 56 ganz zu streichen.

Die von der Kommission abgelehnte Regierungsvorlage wollte die Unfallversicherungs⸗Genossenschaften auf. Gegen⸗ seitigkeit nur zulassen für Unternehmer von Betrieben der⸗ selben Gesahrenklasse in räumlich abgegrenzten Bezirken. Außerdem sollten nur solche Gengssenschaften zugelassen werden können, welche eine wirksame Beobachtung der vereinigten Betriebe zum Zwecke der Verhütung von Unfällen herstellten.

Der Referent Abg. Dr. Frhr. von Hertling bemerkte, schon in der Kommission hätten sich die Bestrebungen geltend gemacht, die in den mannichfach vorliegenden Anträgen wieder zum Aus⸗ druck gekommen seien. Der Antrag Eysoldt gehe am wei⸗ testen, dann komme der Antrag Buhl, der sich mehr an die Negierunge vorlage anlehne und Zulässigkeit von Genossen⸗ schaften auf Gegenseitigkeit erstrebe. Würde dieser Antrag der Kommission vorgelegen haben, so hätte derselbe vielleicht die Majorität für sich gehabt. Es solle danach weit ausge⸗ dehnten Ortschasten möglich sein, Genossenschaften auf Gegen⸗ seitigeit zu bilden. Der Antrag Kreutz führe auf das schon früher einmal erwähnte Aufbringen der Prämien zurück Derselhe wolle nämlich das von der Regierung und Kommission fest⸗

gehaltene Prinzip durchbrechen, wonach in jedem Jahre so viel Mittel aufgebracht werden sollten, wie nicht nur im lau⸗ fenden Jahre gebraucht würden, sondern daß alle Renten für sämmtliche in diesem Jahr entstandenen Unfälle bis für die spätesten Zeiten hinaus schon im laufenden Jahre gedeckt würden. Diesen Antrag, sowie den vom Abg. Stötzel einge— brachten bitte er abzulehnen und die Anträge der Kommission anzunehmen.

Der Abg. Dr. Buhl erklärte, in einer so schwierigen Ma— terie ein abgeschlossenes Werk zu schaffen, vermöge ein ein— zelner Abgeordneter nicht. Er habe nur die Absicht gehabt, einen Weg zu zeigen, daß es möglich sei, durch Normativ— bestimmungen eine Sicherheit zu schaffen, wie es dieses Gesetz bei der Zwangsversicherung der Arbeiter nothwendig mache. Aber so ungenügend, wie der Minister behauptet habe, seien sie nicht. Derselbe habe gemeint, daß sie den Zweck, eine ebenso große oder wenigstens unter allen Umständen ausrei⸗ chende Sicherstellung der Rente durch Privatgesellschaften, nicht erreichten. Er (Redner) habe aber für die Betriebsunter— nehmer, die sich zu einer Versicherungsgesellschaft zusam— mengethan hätten, einerlei ob Aktiengesellschaft oder Ge— nossenschafst, in seinen Vorschlägen die solidarische Haftbarkeit vorgesehen, von dem in dem ursprünglichen 8. 56 der Vorlage nicht die Rede gewesen sei, und auch der §. 56 a. der Kommission treffe gerade die gefährlichsten Betriebe weit weniger im Interesse der Sicherstellung der Rente. Jener Vorwurf gehe also zu weit. Gegenwartig arbeiteten in der Unfallversicherungsbranche 5 Aktiengesellschaften, nach bester Information durchaus solide, gut fundirt und auf richtiger Grundlage, sämmtlich, soviel er wisse, mit einem Betriebskapital von 3 Millionen Mark, das bei den meisten zum größten Theil in feinen Solawechseln deponirt sei, die so gut seien, wie baares Geld. Der Coursstand der Aktien spreche für den Ruf ihrer Solidität. Daneben seien in der Unfallbranche drei größere Gegenseitigkeits-Versicherungs gesell— schaften thätig. Nun sollten nach seinem Vorschlage die sämmt— lichen Betriebsunternehmer für die Ansprüche, die sich aus der Versicherung ergäben, solidarisch haften. Die kleinste der Gegenseitigkeitsgesellschaften, die ganz musterhafte Chem— nitzer, die 60 060 Arbeiter versichert habe, sei in der Lage ge— wesen, die Ansprüche aus dem Kohlengrubenunglück in Lugau, dem größten, das bis jetzt vorgeksmmen sei, bei dem 200 Ar⸗ beiter verunglückten, auf Grund ihrer jetzigen Statuten zu be⸗ friedigen. Auf Grund derselben könne der vierfache Betrag der Jahresprämien nachgefordert werden, 1 7090 000 6, welche Summe genügt hätte. Bei der Leipziger Unfallsversicherungs— bank aber, bei der jetzt 7000 Betriebsunternehmer über 300000 Arbeiter versichert hätten, ergebe die salidarische Haft⸗ barkeit der ersteren eine so kolossale Ziffer, daß eine größere Sicherheit nicht gedacht werden könne zu einem Vetriebs⸗ kapita! von über einer Milliarde Mark. Außerdem sollten diese Gesellschaften im Konkursfalle Vorzugs⸗ rechte für die Prämienzahlung haben. Der Vorwurf der Unsicherheit treffe also. die von ihn wor—⸗ gelegten Normativbestimmungen nicht. In der Kommission habe der Kommissarius bezweifelt, ob die Gesellschasten mit denselben arbeiten könnten. Darauf hin habe er sich mit den Gesellschaften in Verbindung gesetzt und von ihnen gehört, daß sie bereit seien, auf dieser Basis zu arbeiten und glaubten

auf ihr arbeiten zu können. Der Minister habe gegen die. Normativbestimmungen ferner den Vorwurf erhoben, daß

die betreffenden Anstalten auf Gegenseitigkeit gewisse Betriebe ausschlössen und dadurch alle gefährlichen auf den Staat ge⸗— worfen würden. Auch darin konne kein Vorwurf liegen; denn nach der Auffassung des Ministers und des Kommissars solle es ja die Absicht sein bei den betr. Versicherungsanstalten die Prämien derart zu normiren, daß sie ausreichen würden, die verschiedenen Schäden zu decken. Es solle damit absolut nicht ausgeschlossen sein, daß in dem einen oder dem andern Jahr von der einen Gefahrenklasse bei der anderen eine Anleihe gemacht werde, im Laufe der Jahre würde sich das aber, wie der Regierungsvertreter gesagt habe, ausgleichen. Genau dasselbe bezwecke sein Vorschlag. Auf den weiteren Vorwurf, daß der Arbeitgeber in einer weiteren Weise herangezogen werden könne als bei der Staatsversicherung, sei zu erwidern, daß es vollständig in das freie Belieben des betreffenden Be⸗ triebsunternehmers gestellt sei, ob derselbe sich bei der Privat⸗ versicherungsgesellschaft betheiligen wolle, daß derselbe also zu überlegen und zu wählen habe, ob die größere Vequemlich— keit, die geringere Chikane ausreiche, um ihn zu bestimmen, ein größeres Nisiko bei der Staatsanstalt zu über— nehmen. Der Vorwurf der Unsicherheit treffe also seine Vorschläge auch in, diesem Punkte, nicht. Der Abg. Stumm habe seine (des Redners) Vorschläge von anderer Seite angegriffen, derselbe glaube, daß bei Privat⸗ gesellschaften die Schadensregulirung schlechter sein würde. Dagegen erinnere er daran, daß in der ersten Lesung die Redner aller Parteien die jetzt bestehenden Genossenschaften als sehr günstig hingestellt und ihnen das größte Lob gespendet hätten. Außerdem werde der Arbeitgeber selbst darauf achten, daß die Gesellschaft, bei der derselbe seine Arbeiter versichere, günstig und ohne zu knausern die Schäden regulire. Die ungünstig regulirenden Gesellschaften würden also nicht bestehen können. Dann meine der Abg. Stumm, daß bei Massenunfällen die Arbei⸗ ter übermäßig belastet werden würden; da vergesse derselbe aber die Bestimmung, daß Arbeiter in Privatgenossenschasten höch⸗ stens so viel beitragen sollten, wie in der Landesanstalt. Sollte aber sein Antrag abgelehnt werden, so könne er sich am ersten für den durch Abg. Wolfffon modifizirten Antrag der Fortschritts⸗ partei erklären. Da er wenig Aussicht habe, seinen Prinzipal⸗ antrag durchkommen zu sehen, stelle er den Subsidiarantrag, der der Kommission noch gar nicht vorgelegen hahe, und für dessen Genehmigung schon die günstige Veurtheilung durch den Referenten spreche. In diesem Subsidiärantrag fielen die Einwände des Abg. Stumm gänzlich weg, da die Staats⸗ anstalt die Schäden reguliren solle. Der Unterschied in der Kommissionsvorlage sei vorzüglich der, daß die Konzessionirung nicht vom Willen der Regierung abhängen solle, und daß die Normativbestimmungen durch Reichsgesetz gegeben werden sollten. Nachdem das Haus im 8. 6 die Normirung des Ta⸗

rifs und des Reservefonds dem Reiche übertragen habe, sei hier um so mehr Veranlassung, diese Materie reichsgesetzlich zu regeln. Er wolle durch seinen Antrag den Genossenschaften freie Bahn durch ganz Deutschland schaffen. Die Schäden der Theilung des Reichs in verschiedene Versicherungs⸗ gebiete habe auch der Reichskanzler anerkannt. Er habe sich mit Gegenseitigkeitsgesellschaften in Verbindung gesetzt und sie hätten gesagt, Lebensbedingung sei, daß sie über die Grenzen hinaus wirken könnten. Wenn man an diesen Grenzen fest— halte, so schädige man besonders die kleinen Staaten. In Bayern z. B. werde es unmöglich sein, das Genossenschafts— wesen so auszubilden, daß man wirklich große Vortheile da⸗ von habe. Die technische Durchführung seines Vorschlages sei wohl durchführbar. Es sei beispielsweife ganz gut durchführ— bar, daß eine Genossenschaft ihren Sitz in Leipzig habe und daß bei derselben ein bayerischer Betriebsunternehmer be— theiligt sei. Wenn nun bei diesem ein Schaden vor— komme, so werde der Schaden durch den bayerischen Landesbeamten konstatirt und regulirt und die Bezahlung des Schadens erfolge durch die Leipziger Versicherungs⸗ genossenschaft. Diejenigen Genossenschaften aber, welche sich den Bedingungen des §. 56 unterworfen und welche doch einen großen Schatz von Erfahrungen gesammelt hätten, sollte man ruhig weiter arbeiten lassen, so z. B. die Leipziger Gesellschaft, bei der 7000 Betriebsunternehmer mit 350 000 Arbeitern versichert seien, ebenso die Chemnitzer Gesellschaft, welche musterhaft arbeite. Er bitte also, falls das Haus den Antrag der Fortschrittspartei nicht genehmigen wolle, wenig—⸗ stens für seinen Antrag zu stimmen und dadurch eine For— mation herzustellen, die für das ganze Geschäft und für das Gedeihen des Gesetzes von höchstem Werthe sein werde.

Der Bundeskommissar Geheime Ober-Regierungs⸗-Rath Lohmann erwiderte, sein Hauptbedenken gegen den Antrag Eysoldt liege darin, daß derselbe die Normativbestimmungen über die Versicherungzanstalten einem späteren Gesetze vor— behalte und bis zum Erlasse eines solchen die bis jetzt be— stehenden Privatversicherungsanstalten unbedingt zugelassen wissen wolle. Das wäre für die verbündeten Regierungen unmöglich anzunehmen, da sie dann keine der qu. Versiche— rungsanstalten, und möchten sie sich noch so unzuverlässig er— weisen, würde ausschließen können. Was nun die Normativ— bestimmungen betreffe, die der Abg. Buhl vorschlage, so wür⸗ den durch dieselben die Privatversicherungsanstalten ihren Charakter verlieren und mehr oder weniger zu öffentlichen An— stalten. Vor Allem sollten die Kapitalien für die Entschädi⸗ gungsrenten bei der Landesversicherungsanstalt deponirt wer— den; diese solle die Renten auszahlen und an der Feststellung der Entschädigung theilnehmen. Dazu komme die umfangreiche Kontrole, die den Behörden durch dieselben auferlegt werde, und schließlich die Beslimmung, daß die Privatanstalten jeden in ihren Geschäftsbereich fallenden Betrieb versichern müßten. Wenn solche Versicherungsanstalten für ihre Unternehmer noch Gewinn abwerfen sollten, so könne derselbe nur durch die Lei⸗ stungen ermöglicht werden, welche die öffentlichen Behörden für sie herzugeben hätten. Der Abg. Buhl habe nun gesagt, daß nach seinen Informationen die Privatanstalten durchaus bereit seien, sich solchen Normativbestimmungen zu unterwerfen. Die Eingabe der Magdeburger Allgemeinen Versicherungs⸗ Aktiengesellschaft an den Reichstag vom 20. Mai 1881 bestätige allerdings diese Bereitwilligkeit, aber nur so weit es sich um Garantien für die Sicherheit der Entschädigungsansprüche handele. In der That handele es sich aber außerdem noch um solche für die Durch⸗ führung des Versicherungszwanges und für eine derartige Art des Geschästsbetriebs, die die Existenz der Landes⸗ versicherungsanstalt nicht gefährde. Der Abg. Lasker habe bezüglich des letzten Punktes die Einrichtung einer Behörde vorgeschlagen, die darüber zu entscheiden habe, ob oder unter welchen Bedingungen ein Betrieb zur Versicherung angenom⸗ men werden müsse oder nicht. Wie viel Behörden würden aber im Deutschen Reich nöthig sein, um dieser Aufgabe zu ge⸗ nügen, abgesehen davon, daß der Geschäftsbetrieb verlangsam: würde? Wie sollten sie im Interesse einer Garantie für sach⸗ gemäße Entscheidung über Versicherungswürdigkeit dieses oder jenes Unternehmens besetzt werden? Auch dieser Weg führe demnach nicht zum Ziele, wie er überhaupt an der Möglichkeit solcher Normatiobestimmungen zweifle. Es sei also völlig in der Ordnung, daß die verbündeten Regierungen gegenüber der Einführung von Privatoersicherungsanstalten in dieses Gesetz sich ablehnend verhielten. Der vom Abg. Buhl verlangten Zulassung der Genossenschaften ständen ebenfalls so viele Be⸗ denken entgegen, daß sich die Ablehnung auch dieses Antrages empfehle. .

Der Abg. Stumm erklärte, er habe seine Stellung zu der vorliegenden Frage bei Gelegenheit der Debatte über 8. 24. hinlänglich dargelegt und auch heute sei vom Abg. Buhl nichts vorgebracht worden, was ihn nöthige, über die Materie ein⸗ gehend zu sprechen. Nur zwei unrichtig dargestellte Behaup⸗ tungen müsse er berichtigen. Zunächst habe der Abg. Buhl

esagt, es sei über die Geschästsgebahrung der Vrivatgesell⸗ 6 nur eine Stimme des Lobes gewesen im ganzen Hause; nun, er gehöre doch auch zum Hause und er habe

ausdrüdchlich und ganz notorisch erklärt, daß er bei seinen

großen Bedenken gegen das Gesetz es als einen Hauptvorzug desselben ansehe, daß es das Dazwischentreten der Gesell⸗ schaften zwischen Arbeiter und Arbeitgeber verhindere. Er wenigstens habe diesen Standpunkt festgehalten von der Gencraldebatte bis heute. Ferner habe der Abg. Buhl ge⸗ meint, er (Redner) hätte wohl nicht recht überlegt, als er den Gesellschaften auf G genseitigkeit den Vorwurf gemacht habe, daß unter Umstäanden der Arbeiter in einem Vierteljahr mehr an Prämien bezahlen müsse, als derselbe an Lohn beziehe. Das habe er gar nicht in Bezug auf den Antrag des Abg. Buhl gesagt, sondern dabei an die Gesellschaften des sortschrittlichen An⸗ trages gedacht, der ja übrigens auch Normativbestimmungen wolle. Er werde gegen den Antrag Eysoldt stimmen und hoffentlich mit ihm die große Mehrheit des Hauses. Ware der Antrag Buhl bei Beginn der Berathungen in der Kom⸗ mission vorgelegt worden, so glaube er allerdings, daß der⸗