1881 / 217 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 16 Sep 1881 18:00:01 GMT) scan diff

gesetz! ꝛc. beginnt, das andere „an die Reichstagswähler im Wahlkreise Nürnberg⸗Altdorf“ gerichtete mit den Worten: „Wähler! In Kurzem findet Neuwahl zum Deutschen Reichs— tage statt“ ꝛc. anfangt, mit dem Datum „Nürnberg, im Sep— tember 1881“ und der Unterschrift „Das Comité“ versehen ist, auf Grund des 5. 11 des Reichsgesetzes vom 21. Oktober 1878 gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozial— demokratie verboten. Ansbach, den 14. September 1881. Königliche Regierung von Mittelfranken, Kammer des Innern. Frhr. von Hörmann.

In der heutigen Handelsregister⸗Beilage wird Nr. 37 der Zeichenregister⸗Bekanntmachungen veroͤffentlicht.

Nichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 16. September. Se. Majestät der Kaiser und König kehrten, wie „W. T. B.“ aus Itzehoe meldet, nach Beendigung des Feldmanövers der 17. gegen die 18. Division, welches gestern in dem Terrain zwi— , und Hanerau stattfand, gegen 2 Uhr Mittags zurück.

Um 5 Uhr fand bei Sr. Majestät ein Diner von gegen 50 Gedecken und Abends bei Ihrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Louise von Schleswig-Holstein Familienthee statt. An demselben nahmen Se. Majestät der Kaiser, Se. Kaiser— liche und Königliche Hoheit der Kronprinz, Ihre Königlichen Hoheiten die Prinzen Wilhelm und Albrecht und Se. König— liche Hoheit der Großherzog von Mecklenburg-Schwerin Theil. Später fand ein Souper statt, und gegen 10 Uhr Abends kehrten die Allerhöchsten und Höchsten Herrschasten in Ihre Absteigequartiere zurück.

Der Festvorstellung der Mitglieder des Hamburger Stadttheaters wohnten die Hofchargen und die fremoͤherrlichen Offiziere bei.

Heute Vormittag begaben Sich Se. Majestät der Kaiser zu Wagen nach Schneefeld, um dem Feldmanöver der 17. gegen die 18. Division beizuwohnen, und kehrten kurz nach 12. Uhr Mittags von dort nach Itzehoe zurück. Die Truppen hatten die vergangene Nacht in der Nähe von Itzehoe im Bivouak zugebracht.

Zur letzten Begrüßung vor der Abreise Sr. Majestät, welche um 4 Uhr erfolgen sollte, wurden besondere Veran⸗ staltungen getroffen.

Nachdem durch die Cirkular-Verfügung des Ministers des Innern und des Finanz⸗Ministers vom 163. März d. Js. angeordnet worden ist, daß bei der Berechnung des neuen Dienstein kommens eines wieder be schäftigten Pensionärs in Anwendung der Vorschriften des 8. 27 Nr. 2 und des 5§. 29 des Pensionsgesetzes vom 27. März 1872 der Werth der dem Beamten in seiner neuen Stel— lung gewährten Dienstwohnung oder sonstigen Wohnungs- kompetenz fortan nach dem tarifmäßigen Satze des Wohnungs⸗ geldzuschusses der neuen Stelle zu bestimmen ist, haben die Minister durch einen Cirkularerlaß vom 6. d. M. bestimmt, daß bei Berechnungen der in Rede stehenden Art in gleicher Weise der Werth der in der früheren Stelle verliehen ge⸗ wesenen Wohnungskompetenz sestzustellen sei.

Nach einem Spezialerlaß des Ministers des Innern vom 23. Juni d. J. erscheint es zwar sehr zweifelhaft, ob den neueren, auf Grund des Aktiengesetzes vom 11. Juni 1870 gebildeten Aktiengesellschaften der Charakter einer juri— stischen Person nach allen Richtungen hin werde beigelegt wer⸗ den können. Es sei jedoch bisher davon ausgegangen worden, daß alle Aktiengesellschaften ohne Ausnahme, mögen dieselben vor oder nach Erlaß des bezeichneten Gesetzes vom 11. Juni 1870 gegründet worden sein, im Sinne der 88. 4 Abs. 3 und 8 der Städte⸗ Ordnung vom 30. Mai 1853 hinsichtlich der Ge— meindeabgaben-Verpflichtung und des Gemeinde—⸗ Wahlxrechts den juristischen Personen gleich zu stellen seien. Diese Auffassung, welche der aus der Entstehungsgeschichte der bezeichneten Gesetzesbestimmungen ersichtlichen Tendenz derselben entspreche, werde im Verwaltungswege bis zu einer anderweiten gesetzlichen Regelung dieser Frage auch serner sestzuhalten sein.

Der Vermiether einer Wohnung hat, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, II. Sirafsenats, vom 5. Juli d. J., im Geltungsbereich des Preußischen Allgemeinen Länd— rechts ein Pfand und Retentionsrecht an den einge⸗ brachten Mobilen des Miethers nicht nur für fällige Mieths⸗ raten, sondern auch für die künftigen Miethsraten bis zur Beendigung des Miethsvertrages, und er kann somit die Fort— schaffung der Mobilien aus dem Hause auch wegen des erst künftig fällig werdenden Miethzinses für die folgenden Quartale der Kontraktszeit untersagen.

Der Königlich schwedisch⸗ norwegische Gesandte am hiesigen Allerhöchsten Hofe, Baron von Bildt, ist nach Berlin zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschast wieder übernommen.

Der Direltor des Departements für das Invaliden⸗ wesen im Kriegs-Ministerium, General-Lieutenant von Tilly, ist nach beendigtem Urlaub aus Süddeutschland und der Schweiz hierher zurückgekehrt.

Kiel, 15. September. (W. T. B.) Die russische Fregatte „General-Admiral“ ist heute ebenfalls in See gegangen; der russische Klipper „Askjold“ wird derselben morgen nachfolgen.

Baden. Baden⸗Baden, 15. Seytember. (W. T. B.) Ihre Majestät die Kaiserin, welcher die Reise hierher gut bekommen ist, nahm heute Mittag das erste Bad. Nach— mittags 4 Uhr traf Ihre Königliche Hoheit die Großherzo⸗ gin von Baden aus Karlsruhe hier ein und dinirte mit Ihrer Majestat. Die Großherzogin gedenkt Abende 5 Ühr nach Karlsruhe zurückzukehren.

15. September. (W. T. B.) Se. Königliche Hoheit der —— * und die Prinzessin Victoria von Baden nahmen gestern das Diner gleichfalls bei Ihrer Majestät der

Laiserin ein und statteten sodann, dem Großfürsten Michael einen Besuch ab. Die Ankunft Sr. Majestät des Kaisers wird am Sonntag Mittag erwartet.

HSessen. Friedberg, 14. September. Der Groß⸗ herzog wohnte heute den Manövern in der Gegend zwischen Ober⸗ und Nieder⸗Roßbach und Ober⸗ und Nieder-Wöllstadt bei. Nach den Manövern fuhr Se. Königl. Hoheit mit der Großherzoglichen Familie nach Romrod, von wo dieselben morgen nach Jagdschloß Wolfsgarten zurückkehren.

Elsasß⸗Lothringen. Straßburg i. E, 15. September. (W. T. B.) Die „El sa ß⸗Lothringische Zeitung“ ver—⸗ öffentlich den Erlaß des Kaiserlichen Statthalters aus Gastein, vom 12. d. M., durch welchen das hiesige Organ der Protestpartei, „Presse von Elsaß⸗-Lothringen“ auf Grund der dem Statthalter zustehenden gesetzlichen Voll⸗ machten verboten wird. Es heißt in dem betreffenden Erlasse: der Statthalter habe bei Beginn seiner Amtsthätigkeit in Elsaß-Lothringen die Presse von dem Erforderniß vorgängiger Genehmigung befreit. Er habe dies gethan, um einer allseitigen Erörterung der Interessen des Landes freien Spielraum zu geben, er könne es aber nicht dulden, daß Blätter in Elsaß-Lothringen erschienen, welche lediglich fremden Interessen dienten und gegen den völkerrechtlichen Zustand des Reichslandes ankämpften. Dies habe die Zeitung „Presse von Elsaß-Lothringen“ wiederholt und speziell noch in der Nummer vom 6. d. M. gethan. In dem weiteren Theile des Erlasses wird sodann das Verbot ausgesprochen und die so⸗ fortige Ausführung desselben angeordnet, welche heute Vor— mittag durch die hiesige Polizeidirektion erfolgt ist. Die hiesige landwirthschaftliche Ausstellung war gestern von nahezu 10 900 Personen, darunter der größte Theil Land— leute, besucht. Ein am Abend stattgefundenes Gartenfest nahm unter Betheiligung der Spitzen der Behörden und eines außer— ordentlich zahlreichen Publikums, darunter ebenfalls zum größ— ten Theile Landleute, den erfreulichsten Verlauf.

Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 14. September. Der Landtag von Görz ist gestern nach vollständiger Erledigung seiner Arbeiten in herkömmlicher Weise geschlossen worden; dagegen haben heute die Landtage von Steiermark und Galizien ihre Thätigkeit aufgenommen. Die übrigen Landes⸗ vertretungen werden sich, der „W. Abdpost, zufolge, erst am 24. d. M. versammeln. Die gestrigen Wahlen in Krogtien sind vorwiegend zu Gunsten der Regierung aus— gefallen; namentlich sind in allen drei Wahlbezirken Ägrams die regierungsfreundlichen Kandidaten, darunter der Banus, mit großer Stimmenmehrheit gewählt worden. Auch der Minister für Kroatien, von Bedekovich, so wie die meisten übrigen hervorragenderen Kandidaten der Regierungspartei erlangten bedeutende Majoritäten.

Niederlande. Haag, 14. September. (Cöln. Itg.) Der seit 1877 hier beglaubigte türkische Minister⸗Resident Murad Effendi ist gestern an einem Schlaganfalle gestorben. Der— selbe hieß eigentlich Franz von Werner und war am 30. Mai 1836 in Wien geboren, In der deutschen Literatur ist er als lyrischer und dramatischer Dichter und Reiseschriftsteller wohl— bekannt geworden. Prinz Alexander von Oranien, welcher erst vor Kurzem ins Ausland abgereist war, ist vorgestern wieder hier eingetroffen, um der Bestattung des Prinzen Friedrich beizuwohnen. Gleich nach seiner Ankunft machte der Prinz der Fürstin von Wied, der Tochter des Verstorbenen, einen Beileidsbesuch. Am letzten Freitag ist hier unter dem Ehrenvorsitz des Waterstaats-Ministers Klerck die aus 15 Mitgliedern bestehende internationale Kom— mission für Eisenbahnstatistik zusammengetreten. Die Regierungen und großen Eisenbahndirektionen Deutsch— lands, Oesterreichs, Frankreichs, Italiens, der Schweiz, Belgiens und der Niederlande sind daran betheiligt. Aus Sumatra kommt die Meldung, daß eine gegen die niederländische Kolonialregierung gerichtete Verschwörung in Palem— bang entdeckt worden ist, und daß am 2. August 31 Per— sonen verhaftet worden sind, die nach Batavia gebracht wer⸗ den sollten. Als Haupt wird der von der Regierung abge— setzte ehemalige Sultan von Djambi bezeichnet, der den Tod seines Nachfolgers als eine günstige Gelegenheit betrachtete, einen kühnen Handstreich zu thun. Er gedachte sich der Stadt Palembang zu bemächtigen, alle Europäer niederzumetzeln und sich wieder zum Herrscher in Djambi zu machen. Die Wach— samkeit des Residenten in Palembang, Laging Tobias, ver⸗ eitelte diesen Plan. Die Verschwörer, unter denen sich viele eine Regierungsrente genießende Abkömmlinge der ehemaligen Sultane von Palembang befinden, wurden sestgenommen die Ruhe ist sonst in keiner Weise gestört worben. Im Juli sind auf Sumatra heftige Erdstöße verspürt worden, die vom 8. bis 11. überall gleichzeitig um 3 Uhr Nachmi tags und 8 Uhr Abends eintraten.

Großbritannien und Irland. London, 14. Sep— tember. (Allg. Corr.) Die agrarischen Zustände in Irland lassen noch immer viel zu wünschen übrig, da der Terrorismus der Landliga fortdauert. Eine freche Ausschrei— tung wurde am Sonntag Abend unweit Kiskean, etwa neun Meilen von Kanturk, in der Grasschaft Cork, verübt. Eine Bande von 30 bewaffneten und vermummten Männern er— schien vor einem von drei Brüdern Namens Mahrung be⸗ wohnten Hause und verlangte Einlaß unter der Drohung, das Haus mit Dynamit in die Luft zu sprengen. Als die Thür geöffnet wurde, fiel die Bande über die Brüder her und schlug sie mit Kolbenstößen zu Boden. Die jungen Leute ver— suchten sich zu vertheidigen, aber einer erhielt einen Schuß durch den Arm und ein anderer erlitt einen Beinbruch. Achn— liche Schandthaten werden aus Ortschaften in den Grasschaften Eanis und Claremorris gemeldet. Dabei nehmen die Exmis— sionen ihren Fortgang, was die Landliga veranlaßt, noch immer die Vernichtung des Gutsherrnthums zu predigen.

Dublin, 15. September. (W. T. B.) Die nationale Konvention der Landliga ist heute eröffnet worden. Es waren 1309 Delegirte anwesend. Parnell, welcher den Vorsitz führte, hielt eine Ansprache, in der er sich hestig gegen das Landgesetz, das auf die Auflösung der Landliga abziele, aussprach und als Programm der Liga die ganzliche Abscha ung der Pachtzahlung bezeichnete. Die von der Konvention einstim⸗ mig gefaßten Resolutionen fordern die Autonomie für Irland, mißbilligen das zwangegesetz und erklären, daß das Land—

gesetz so lange als Friedengbotschaft nicht angenommen wer⸗ den könne, als die Staatsgefangenen nicht befreit seien. Keine Regelung der Bodenverhaltnisse ohne die gänzliche Abschaf⸗!

fung des Gutsherrenthums könne als befriedigend angesehen werden.

Frankreich. Paris, 15. September. Dem Journal „Ordre“ zufolge wurde nach einem lang⸗ dauernden, bei der Prinzessin Mathilde abgehaltenen Familienrathe die Abreise des Prinzen Jérome Na— poleon nach Konstantinopel beschlossen. Gleichzeitig hätte Prinz Jérome Napoleon sich für die Vorbereitung eines Ma— nifestes entschieden, in welchem er zu Gunsten seines ältesten Sohnes Vietor auf alle Thronansprüche verzichten würde. Dieses Manifest solle während der Reise des Prinzen ver— öffentlicht werden.

Nach aus Tunis eingegangenen Nachrichten wird Mustaphg Pascha am nächsten Montag nach Frankreich abreisen. Oberst Sabatier befindet sich seit vier Tagen bei Zaghuan im Kampfe mit starken Schaaren der Auf⸗ ständischen. Letztere wurden zurückgeworfen; von den fran— zösischen Truppen sind bis jetzt nur wenige Mann außer Ge— fecht gesetzt worden.

Italien. Rom, 15. September. (W. T. B.) Der Kanonikus von St. Peter, Graf Campello, hat ein Schreiben an den Kardinal Borromeo gerichtet, worin derselbe erklärt, daß er, da der gegenwärtige Papst ebensowenig wie sein Vorgänger für eine Versöhnung der Kirche mit dem Vaterlande wirke, nach zehnjähriger Ueberlegung zum Pro⸗ testantismus übertrete. Der Uebertritt hat gestern in der Methodistenkirche stattgefunden.

Griechenland. Athen, 15. September. Der „Pol. Corr.“ wird von hier gemeldet: Die griechischen Truͤppen haben gestern durch die Besetzung von Turnavo die Okku— pation der fünften Zone vollendet.

Türkei. Konstantinopel, 14. September. (Pest. L.) Der Minister des Aeußern, Assym Pascha, betonte in einer Besprechung mit Lord Dufferin, daß der Pforte eine mili— tärische Intervention in Egypten schon aus dem Grunde nicht in den Sinn kommen könne, weil die egyptische Armee sich keinen Akt des Ungehorsams gegen den Padischah zu Schulden kommen ließ und ein feindliches Vorgehen“ der türkischen Truppen gegen die glaubensverwandten egyptischen Truppen gegen die Vorschriften des Korans verstoßen würde.

15. September. (W. T. B.) Heute fand die fünfte Sitzung der Delegirten der Inhaber türkischer Schuldtitel statt. Die Frage wegen der russischen Kriegs⸗ kostenentschädigung und der schwebenden Schuld wurde ohne weitere Erklärung oder Debatte aufgegeben. Bezüglich der Vollmachten für die Administration der 6 Steuern wurde anerkannt, daß die Vollmachten der gegenwärtigen Admi— nistration für eine progressive Exploitirung der Steuern aus— reichend seien, abgesehen von einigen Detailpunkten, welche man nach Erwägung derselben durch eine aus den Delegirten zu entnehmende Subkommission zugestehen wird. Das Ergebniß der heutigen Sitzung wird als zufriedenstellend angesehen, die Gerüchte von Meinungsverschiedenheiten unter den europäi— schen Delegirten werden für unbegründet erklärt. Die Dele— girten haben die Bankiers in Galaz aufgefordert, die ihnen aus dem Ertrage der 6 Steuerr zukommende Annuität von 1L 009000 türkische Pfund, anstatt auf 800 000 Pfd., wie von den Bankiers angeboten war, auf 600 000 Pfd. zu reduziren.

Serbien. Belgrad, 14. September. (W. Presse) Der Fürst ist heute mit seiner Familie hier eingetroffen. Beim Empfange waren sämmtliche Minister, das diplomatische Corps und die Spitzen der Militär- und Civilbehörden an— wesend. Von der Volkemenge wurde der Fürst mit lebhaften Zivios begrüßt.

Amerika. Washing ton, 15. September. (W. T. B.) Eine offizielle Depesche sagt: Der Präsident hat ge⸗ nügende Nahrung zu sich genommen und natürlichen er— frischenden Schlaf gehabt; im Uebrigen ist sein Zustand un— verändert.

Afrika. Egypten. Ueber die Krisis in Egypten sind dem „Reuterschen Bureau“ in London nachstehende Tele— gramme zugegangen:

Kairo, 13. September, 2 Uhr 45 Min. Etwa 150 von 1000 eingeborenen Notabeln sind dem Rufe der Offiziere gefolgt und hier eingetroffen. Es verlautet, daß sie das von dem Obersten eingeschla— gene Verfahren mißbilligen, insbesondere mit Bezug auf deren Ver— langen nach einer Verfassung. Die Notabeln dringen ernstlich in Cherif Pascha, die Bildung eines Ministeriums zu übernehmen, und ersuchen nur um die Wiederernennung von Mahmud Barudi Pascha zum Kriegs-Minister als ein Zugeständniß an die Offiziere. Sollte dieses Gefuch genehmigt werden, so würden sie den baldigen Abzug der Regimenter nach den von Cherif Pascha angedeuteten Punkten im Innern verbürgen. Die Unterhandlungen sind in Folge dessen in diesem Sinne wieder aufgenommen worden.

4 Uhr Nachmittags. Im gegenwärtigen Augenblick haben sich die Offiziere nach dem Abdin-Palast begeben, wie man vermuthet zu dem Zwecke, dem Khedive ihre vollständige Unterwerfung anzuzeigen.

5 Uhr Nachmittags. Cherif Pascha hat die Aufgabe, ein Kabinet zu bilden, wiederum übernommen.

Mitternacht. Die unzufriedenen Offiziere haben ein Schriftstück unterzeichnet, worin sie sich dem Khedive vollständig unterwerfen; und die Notabeln versahen ein Dokument mit ihrer Ünterschrift, worin sie die vollständige Erfüllung der Versprechungen der Dffiziere ver⸗ bürgen. Haidar Pascha ist zum Finanz-Minister, Mahmud Barudi Pascha zum Kriegs⸗-Minister und Marashly Pascha zum Minister der offentlichen Arbeiten ernannt worden. Die anderen Mitglieder des Kabinets sind noch nicht ernannt. Eine amtliche Mittheilung besagt, daß Cherif Pascha den Bitten des Khedive, der eingeborenen Notabeln, und der. Vertreter der Mächte nachgebend, nachdem er sich von der vollständigen Unterwerfung der Armer ver⸗ sichert, deren Befehlshaber erklärten, daß sie die Leitung der Ange⸗ legenheiten seinem Patriotismus überlassen, die Aufgabe ein Ministerium zu bilden, angenommen habe. Riaz Pascha, der bie— herige Minister⸗Präsident, hat sich nach Alexandrien begeben und reist morgen nach Nizza ab.

Kairo, 14. September. (Pest. L) Sherif Pascha hat ein neues Kabinet gebildet. Die Armee zeigte in einem von den Führern des letzten Putsches unterzeichneten Reverse ihre bedingungslose Unterwerfung an.

Einer Depesche der Times“ aus Alexandrien, 13.8. M., zufolge sind die Unterhandlungen zwischen dem Khedive und den meuterischen Obersten zu solgenden Bedingungen zum Ab— schluß gebracht worden! Die Vorschläge der Armee—⸗ Kommission werden ausgeführt, indeß ohne Vermehrung der Armee; die Regimenter verlassen Kairo innerhalb der von Cherif Pascha festgesetzten Frist.

Demselben Blatte wird aus Konstantinopel vom 13. ds. gemeldet: In einem gestrigen Ministerrath wurde be⸗ schlossen, einen Kaiserlichen Kommissär nach Egypten zu sen— den, welcher die jüngsten Vorgänge, sowie den gegenwärtigen

(B. T. B)

S der Angelegenheiten daselbst untersuchen soll. Wie 2 2 Konstantinopel gemeldet wird, wird Servar Pascha der Kaiserliche Kommissär sein. ;

= Aus Konstantinopel wird dem „Reuterschen Bureau“ unterm 13. ds. gemeldet: „Heute wurde in einem Fabinetsrath die Lage der Angelegenheiten in Egypten dis⸗ futirt, jedoch gelangte nichts Authentisches über das Resultat der Berathungen an die Oeffentlichkeit. Es ist indeß sicher, daß man sich für die Entsendung von Truppen nach Egypten noch nicht entschieden hat. Das von einigen Zeitungen ver— öffentlichte Gerücht, der Khedive habe die Intervention tür⸗ lischer Truppen nachgesucht, entbehrt der Begründung.

Aus Paris, 16. September, meldet „W. T. B.“ Der egyptische Zwischenfall wird, der „Agence Havas“ zufolge in hiesigen politischen Kreisen als erledigt angesehen. Frankreich und England seien von Anfang an vollkommen darüber einig gewesen, in dieser Angelegen⸗ heit ein gleichmäßiges Verhalten zu beobachten. . Meldungen aus Konstantinopel versicherten die türkischen Minister, daß niemals weder von einer Besetzung Egyptens durch türkische Truppen, noch selbst von der Absendung eines türkischen Lommissärs dorthin die Rede gewesen sei. Die Vertreter Frankreichs und Englands erhielten Weisung, das neue Kabinet Cherif Paschas zu unterstützen.

Statistische Nachrichten.

Nach Mittheilung des statistischen Bureaus der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesäm tern in der Woche vom 4. Septbr. bis inkl. 10. Septbr. er, zur Anmeldung gekommen: 172 Eheschließungen, 386 Lebendgeborene, 43 Todtgeborene, 475 Sterbefälle.

Evangelische Tgufen und Trauungen in der Pro— vinz Brandenburg, (Stat. Corr.) Nach einer gemein schaftlichen Statistik des Königlichen Statistischen Bureaus und des branden— burgischen Konsistoriums haben die kirchlichen Verhältnisses soweit sie an Taufen und kirchlichen Trauungen meßbar sind, im Jahre 1880 eine sehr befriedigende Besserung erfahren. Es kommen für dieses Jahr überhaupt in Betracht: ö

on⸗

Stadt sistorial⸗ Berlin bezirk zusammen 102981 6159 13792

T. IJ

Bezirk Bezirk

Pots-⸗ Frank⸗

dam furt lebendgeborene Kinder

aus rein evangel; Ehen

evangel. Mischehen

unehel. v. evang. Müttern zusammen

31 351 4094 5291

37 305 34325 1216 849 4155 4346

40736 12 676 39 520 bürgerliche Eheschließungen . . rein evangelischer Paare 8764 8829 899 25 492 nur d. Bräutigam evang. 569 160 77 806 die Braut evangel. 914 263 196 13735 zusammen 165247 7 353 3 1 77 611. Bedenkt man, daß gerade das zarteste Kindesalter dem Tode die zahlreichsten Opfer liefert, für die Taufe mithin beträchtlich weniger Kinder übrig bleiben, wenn dieselbe auf Monate hinaus verschoben wird: so leuchtet es ein, daß auf den Prozentsatz der Täuflinge die zeitige Vornahme der Taufe wesentlich einwirkt. Rechnet man die Kinder aus Mischehen, in denen entweder nur der Mann oder nur die Frau evangelisch ist, der evangelischen Kirche nur zur Hälfte an, so stehen in den Bezirken Pots⸗

dam 42068 38 370

91,21

Berlin 38 689

Frankfurt zusammen 39 0955 119 8523 37 274 104598

95,34 87,27

1880 evang. geborenen Kindern 1880 evangel. getaufte Kinder gegenüber, das sind Prozent davon in den 30 ersten Lebens— . 361 gleich Prozent der J geborenen 39, 2.3 66,29 37,85 evangelisch getauften ( 43.04 69,53 413,57 Im Regierungsbezirk Frankfurt ist es also Regel, daß die Taufe im ersten Lebensmonat des Kindes erfolgt, und entsprechend zeichnet sich derselbe Negierungsbezirk durch den hohen Prozentsatz getaufter Kinder aus. Der Vollständigkeit halber sei angeführt, daß unter den evangelischen Täuflingen sich 5 Kinder aus rein katholischen und 2 aus dissidentischen Ehen befanden, welche hier mit eingerechnet wur⸗ den, weil die Annahme wohl nicht ausgeschlossen ist, daß Kinder aus evangelischen Ehen in Kirchen anderer Konfessionen getauft werden mögen. Auf die Elternklassen treffen Taufen in den Bezirken: Kinder Berlin Potsdam Frankfurt zusammen rein evangelischer Eltern .. 24 462 33 198 92332 Proz. der geborenen 78, 03 96445 89,66 aus konfessionellen Mischehen 1728 376 34 2151 Proz. der Hälfte der gebor. 84,42 81.74 9.59 evangel. Mütter ohne Ehe 2761 351 2895 Proz. der geborenen. 52, 18 87,83 71.11 Mit früheren Jahren verglichen, war das Verhältniß der Taufen zu den Geburten in der Provinz Brandenburg für 1889 ein überaus günstiges und die Zunahme der ersteren besonders in Berlin größer als jemals zuvor. Mag der kirchliche Sinn gehoben sein, oder mögen sich die renitenten Volksklassen der herrschenden Sitte wieder mehr anbeguemen, sicherlich ist das Anwachsen der Taufen von G65, 79 oso im Jahre 1875 auf 74,84 im Jahre 1880 eine erfreuliche Erschei— nung. Auch im Regierungsbezirk Potsdam war die Zunahme der Taufen seit Aufhebung des Taufzwanges noch niemals so groß wie im letzten Jahre, ausgenommen bei den unehelichen Kindern, von denen weniger als in den Vorjahren die Taufe empfingen. Letzteres trifft auch bei dem kirchlich hochstehenden Regierungsbezirk Frankfurt zu, woselbst überhaupt die Taufen um O, 34 7 niedriger als im Jahre 1875 geworden sind. . ö Der kirchlichen Trauung haben sich die Neuvermählten häufiger als bisher unterzogen; der Prozentsatz ist für Berlin um 14,85, für den Potsdamer Bezirk um 19 und für den Frankfurter um 3,55 höher als im Jahre 1875. . Es wurden Paare getraut: Berlin Potsdam Frankfurt überhaupt (einschl. Il katholischen) 3926 8029 6 Proz. der bürgerlich vermählten 413 Sonn7 o? t davon rein evangelische. 32 7949 7260 18842 Proz. solcher Ehen . so, 93 92.02 13,91 nur der Mann evangelisch .. 1 23 174 nur die Frau evangelisch ; 185 9 4495 387 Proz. der Hälfte der Mischehen 39.51 (6,19 9377 51.49 Es bleibt also das Trauungs⸗ gegen das Taufverhältniß immer noch beträchtlich zurück. . 1 Betrachtet man die landräthlichen Kreise außer Berlin einzeln, so ergeben sich große Unterschiede, In Potedam wurden 1066 Kinder aus rein evangelischen Ehen (109,38 )) getauft, während nur 1062 lebend geboren waren; höher als 98 stellte sich das Verhältniß jener zu diesen in Züllichau, Cotthus. Arnswalde, Oststernberg und Crossen, höher als 98 oño, ferner in Ruppin und Lübben, höher als MN on in Guben, Soldin und Prenzlau. Die niedrigsten Stufen nehmen die Umgegenden von Berlin und Frankfurt ein; es treffen nämlich auf die Kreise: Niederbarnim 32,6 , (787 unter 1585), Frankfurt S605 9, Charlottenburg 57,69 /o, Teltow 90, 23 0, Oberbarnim 2,2 d, Ostpriegnitz 93, 92 . Westhavelland und Angermünde iiss— 5, Lebus, Templin und Königsberg 95 3h /o. Bejüglich der Trauungen rein evangelischer Paare stehen obenan: Ruppin (654 gegen 623 Eheschließungen, also 105 0), Oststernberg (370 gegen I63, also fast 102 0), Grossen mit 994, Lübben mit Hsis, Teltow mit 97, Friedeberg mit Jgast N und Templin mit 96 der bürgerlichen Eheschließungen. Die wenigsten

16514 25915 45361

zusam. 19 404 71300

Trauungen exangelischer Paare erfolgten in den Kreisen: Frankfurt 662, Charlottenburg 663, Niederbarnim 764, Spremberg 777, Sorau Sl, Potsdam und Oberbarnim 85 1 S5 ß *.

Kinder aus Mischehen wurden zu mehr als der Hälfte durch die Taufe der evangelischen Kirche zugeführt in den Kreisen Kalau und Lübben alle 22 6 4, Arnswalde 14 von 16, Guben 61 von 86, Beeskow⸗Storkow z von 9, Angermünde 9 von 14, Luckau 5 von 9, Crossen 19 von 35, Ostpriegnitz 9 von 16, Prenzlau 19 von 19 und Ruppin 12 von 23. Dagegen wurde höchstens der vierte Theil evan— gelisch getauft in Westhavelland 11 von 70, Niederbarnim 38 von 188, Sorau 33 von 144, Charlottenburg 28 von 114 und Cottbus 15 von 60.

Einsegnung gemischter Ehen erfolgte von evangelischen Geistlichen in mindestens halb so vielen Fällen, als Eheschließung solcher von Standesbeamten in den Kreisen: Ostpriegnitz in allen 6, Beeskow⸗ Storkow in allen 4, Arnswalde in allen 3, Oststernberg in 4 von 5, Weststernberg in 6 von 8, Luckau in 4 von 8, Kalau in 7 von 11, Landsberg in 19 von 17, Züllichau in 16 von 30, Osthavelland in 28 von 55, Friedeberg in 5 von 12 und Soldin in 3 von 6 Fällen; zum Theil sind jedoch andere Paare eingesegnet als vermählt worden. Weniger als ein Viertel evangelischer Trauungen gemischter Ehen kamen vor in: Angermünde keine von 6, Charlottenburg 6 von 42 und Niederbarnim 13 von 73. .

Uneheliche Kinder wurden im Kreise Templin verhältnißmäßig zahlreicher (964 gegen gön / s υ als eheliche getauft, und zwar 149 unter 154 lebendgeborenen. Diesem Kreise folgen bei 4 * bis herab zu 90¶ : Oststernberg mit 180 unter 190, Züllichau mit 129 unter 138, Soldin mit 184 unter 197, Cottbus mit 284 unter 305, Lübben mit 146 unter 157, Sorau mit 329 unter 359, Jüterbock mit 196 unter 214 und Landsberg mit 276 unter 304. Untenan steht Char—

unter 67, Potsdam mit 113 unter 158. Osthavelland mit 195 unter 265, Westhavelland mit 197 unter 2564 und Ruppin mit 231 unter 289. . J

Südlich der Warthe und in den meisten Kreisen der Lausitz über⸗ wiegt die Taufe während der ersten dreißig Lebenstage mit mehr als drei Vierteln aller Täuflinge. Wir finden in Krossen 1877 so früh getaufte unter 2609 überhaupt getauften Kindern (fast 93 /o) ferner in Sorau 26160 unter 2975, in Züllichau 1256 unter 1444, in Sprem⸗ berg 721 unter 857, in Guben 1873 unter 2260, in Lübben 919 unter 1119, in Oststernberg 1480 unter 1821, in Weststernberg 1341 unter 1865 und in Kalau 1319 unter 1744 Umgekehrt erstreckt sich diese frühe Taufe auf weniger als ein Drittel aller Täuflinge in den Lreisen: Charlottenburg bei 143 von 965 (also nicht volle 1509/0), Frankfurt bei 325 von 1453, Niederbarnim bei 960 von 4072, Pots⸗ dam bei 311 von 1222 und Teltow bei 1593 von 5180.

Diese Verschiedenheiten zwischen den Landschaften einer in anderen Dingen sehr homogenen Prorinz lassen sich theilweise auf einen grö— ßeren oder geringeren Antheil der Stadtbevölkerung, besonders aber der vielfach veränderlichen Bevölkerung in der Umgegend der Haupt— stadt zurückführen. Zu einem anderen Theile beruhen sie auf dem Festhalten an der Volkssitte hier und deren Vernachlässigung dort. Endlich aber haben die persönlichen Beziehungen des Pfarrers zu seiner Gemeinde heute wohl größeren Einfluß, als zur Zeit des Tauf— und Trauzwanges, auf die Belebungo der das Hinsiechen des kirchlichen Sinnes.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Das Maiheft der Mongtsberichte der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin (Berlin, Verlag der Königlichen Akademie der Wissenschaften. In Kommission in Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung Harrwitz und Goßmann) hat folgenden Inhalt; Schrader, Ladanum und Palme auf den assyrischen Monumenten (mit 1 Tafel). Dillmann, über eine neuentdeckte punische Inschrift. Jirecek, Beiträge zur antiken Geographie und Epigraphik von Bulgarien und Rumelien. Munk, über die Hörsphären der Großhirnrinde (mit 1 Tafel). Peters, über die Chiropterengattung Mormopterus und die dahin gehörigen Arten (mit Holzschnitten). Schott, über die sogenannten Zauber— sprüche der Finnen.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Washington, 15. September. (W. T. B.). Der Bericht des landwirthschaftlichen Departements vom J. d. konstatirt eine bedeu⸗ tende Verschlechterung des Standes der Baumwollernte seit Ver— öffentlichung des letzten Berichtes in Folge der andauernden trockenen Witterung. Der Durchschnittsstand der Baumwolle beträgt 72, der des Getreides 60; die Baisse ist auch bei letzterem durch die trockene Witterung verursacht, ebenso auch bei dem Tabak, welcher um 200,9 niedriger ist.

Gewerbe und Sandel.

Die Rindervest in Nieder⸗Oesterreich“) scheint an Aus— dehnung zu gewinnen; dieselbe ist weiteren amtlichen Nachrichten zu Folge noch in je einem Orte der Bezirke Bruck a. Leitha und Groß-Enzersdorf sowie am 10 d. M. auch in Wien selbst konstatirt worden. . .

Der Außssichtsrath der Vereinigten Chemischen Fabri⸗ ken zu Leopoldshall hat, wie die ‚B. Börs. Ztg.“ meldet, beschlos sen, der Generalversammlung die Vertheilung einer Dividende von 5osg für das Geschäftsjahr 1880/81 vorzuschlagen. ; .

Die New⸗HJorker Hdls.“ Ztg.“ äußert sich in ihrem vom 2. d. Mtz. datirten Wochenbericht über die allgemeine Ge—⸗ schäftslage folgendermaßen: Unter dem Einflusse ermuthigender Berichte über das Befinden des Präsidenten hat sich die allgemeine Stimmung gehoben. Dagegen läßt sich von der wirthschaftlichen Lage nicht sagen, daß dieselbe sich im Laufe dieser Woche günstiger gestaltet hat, als sie 8 beim Schlusse voriger Woche gewesen; im Gegentheil sind die Aussichten eher getrübt worden. In erster Reihe waden es Hiobsposten über anhaltende Dürre, welche dem noch auf dem Halm befindlichen Getreide erheblichen Schaden zugefügt haben sollen, auch über Baumwolle lauten die allerdings noch der Be⸗ stätigung bedürfenden Nachrichten der Art, daß man die bisherigen Ernteschätzungen ermäßigen muß; Tabak soll auch gelitten haben, und endlich verharren unsere Geldverhältnisse noch immer in einem der Entwiclelung des Verkehrs keines⸗ wegs förderlichen Stadium. Angesichts dieser unwillkom menen Erscheinungen ist es doppelt erfreulich, für alle auf die Herbstsaison angewiesenen Geschäfte einen ungestörten Fortschritt mel⸗ den zu können. Das Geschäft am Waaren und Produkten markt nahm im Ganzen genommen einen befriedigenden Verlauf. Die Spekulation in Brodstoffen hat nachgelassen und der Erport⸗ begehr für dieselben war erst gegen Schluß der Woche wieder etwas lebhafter; für Getreideschiffe zeigte sich daher wenig Frage, während Petroleumfahrzeuge wieder viel Beachtung fanden. Baumwolle in disponibler Waare war sehr still und schließt zu 12 e. für midd⸗ ling upland; Termine hatten dagegen bei anhaltend steigenden Preisen recht lebhaftes Geschäft. Rio⸗Kaffees waren eher etwas williger; reinschmeckende Sorten verkehrten in fester Haltung. Am Markte für Robzucker zeigte sich mehr Leben. In Schmal und Schweine sleisch dauerte die Spekulation fort; Speck war fest und Rindfleisch still; Talg hatte gute Erportfrage. Terpentinoöl, sowie Harz aller Sorten verkehrten in steigender Tendenz Rafsinirtes Petroleum stand in lebhaftem Begehr und hat cinen Abanz von her aut be. leuchtet. Ueber fremde Manufakturwagren ist nichts Neues von spejiellem Interesse zu berichten. Der Import fremder Weh⸗ stoffe beläuft sich für die heute beendete Woche auf 2 813779 Doll. gegen 2719 297 Doll. in der Parallelwoche des Vorjahres.

) Ctr. R. A. Nr. 215 de 1851.

Brüssel, 15. September. (W. T. B) bank hat ihren Diskont von 4 auf 480 erhöht.

London, 15. September. (W. T. B.) In Wollauktion waren Preise unverändert.

New-⸗ York, 15. September. (W. T. B. In einer Versamm⸗ lung von Weizenproduzenten Californiens zu San Fran⸗ cisco berichtete der Ausschuß für die Produktions⸗Statistik. daß gegen⸗ wärtig ea. 950 00 Tons Weizen für den Export in Californien vor—

handen seien. . (W. T. B.) An Brodstoff⸗

Die National⸗

der gestrigen

New⸗YVork, 16. September. materiglien sind im Monat August d. J. für 25 548 521 Dol⸗ lars, mithin für 6 Millionen Dollars weniger als im August v. J. erportirt worden.

New⸗Orleans, 15. September. (W. T. . Ein von der hiesigen Handelskammer eingesetzter Ausschuß hat einen Kom⸗ promiß zwischen den streikenden Baumwollarbeitern und den Arbeitgebern zu Stande gebracht; der Strike wird daher vorläufig als

beendet angesehen. Verkehrs⸗Anstalten.

Triest, 15. September. (W. T. B.) Der Lloyddampfer „Diana“ ist heute Nachmittag 21 Uhr von Konstantinopel hier angekommen.

New⸗Jork, 15. September. (W. T. B.) Der Hamburger Postdampfer Frisia“ ist hier eingetroffen.

Berlin, 16. September 1881.

Die Einweihung des neuen Kriminalgerichts— gebäudes in Moabit.

Das in Moabit belegene neue Geschäftsgebäude der Land— gerichte zu Berlin ist heute Vormittag durch eine feierliche Sitzung eingeweiht worden, die in Gegenwart des Justiz— Ministers Dr. Friedberg, der in Begleitung des Unter-Staats⸗ sekretärs Rindfleisch und des Geheimen Ober⸗Justiz-Raths Starke erschienen war, im kleinen Schwurgerichtssaale stattfand. Hier hatten sich hereits die Präsidenten und der Ober Staatsan— walt des Kammergerichts, die Präsidenten, Direktoren, Richter und Staatsanwälte sowie die Bureau-⸗Di—⸗ rektoren beider Landgerichte und die Vorstände der Anwaltskammer versammelt. Außer ihnen waren der Kam— mergerichts-Rath Geheime Justiz-Rath Schlötke, als Vorsitzen⸗ der der Spezialkommission für, den Bau der Gerichts- und Gefängnißgehäude, der Polizei⸗Präsident von Madai, der Geheime Justiz-⸗Rath Wirth, Direktor des Gefängnisses zu Plötzensee, der Ober-Postdirektor Sachße, der Gefängniß— Direktor Major von Bornstedt und die hauausführenden Be— amten erschienen. Nachdem der Justiz-Minister den Saal betreten, nahm derselbe, vor den Richtertisch tretend, zu fol— gender Ansprache das Wort: . . .

Die großen und tiefgreifenden Umgestaltungen, welche die Ge— richtsverfassung Preußens in den jüngstvergangenen Jahren durch die Gesetzgebung des Deutschen Reichs erfahren, machen sich auch in dem Akte erkennbar, zu dessen Vollziehung wir uns heute hier ver⸗ sammelt haben. . . .

Es ist allerdings nur ein äußerlicher Akt: die Eröffnung eines Gerichtsgebäudes. Immerhin aber ist derselbe bedeutsam genug, um es gerechtfertigt erscheinen zu lassen, daß ich mir Ihre Aufmerk— samkeit dafür auf einige Augenblicke erbitte

Die Gebäulichkeiten, welche der Strafrechtsvyflege Berlins bisher gewidmet waren, dienen diesem Zweige der Rechtspflege seit langen Jahren. Das älteste derselben, die Hausvoigtei, reicht, Jahrhunderte zurück, die Stadtpoigtei ist, wenn auch jünger, doch gleichfalls bereits seit einem halben Jahrhundert Kriminalgericht, und nur das ehemalige Landgericht ist neueren Ursprungs. ö

Es war natürlich, daß für die stets wachsende Bevölkerung der Hauptstadt, welche mit, der in den letzten Jahren erfolgten Ver— größerung des Staatsgebiets vollends ungeahnte Dimensionen annahm, sich die der Strafrechtspflege dienenden Gebäude mehr und mehr als unzureichend erweisen mußten. Als nun dazu kam, daß das Straf⸗— prozeßverfahren selbst seit dem Jahre 1816 ab von Grund aus um— gestaltet ward, daß insbesondere die Einfügung der Geschworenen, und endlich noch der Schöffen immer neue Gerichtssäle erforderte, da machte sich die Forderung mit nicht mehr abzuweisender Noth⸗— wendigkeit geltend: die Strafgerichts gebäude Berlins aus ihrer rãum⸗ lichen Zersplitterung in einen räumlich⸗einheitlich gestalteten Mittel⸗ punkt zusammenzufassen. . .

Ein Neubau ward beschlossen, und die dazu erforderlichen großen Geldmittel wurden mit anzuerkennender Liberalität der Justizverwal⸗ tung zur Verfügung gestellt. Einen, für einen solchen Bau geeig⸗ neten Platz im Mittelpunkte der Stadt zu gewinnen, wollte nicht ge⸗ lingen, und so sah sich die Justizverwaltung darauf angewiesen, in diesem aufblühenden neueren Stadttheile den Bauplatz für das neu⸗ zuerrichtende Justizgebäude zu wählen. . .

Im Mai 1877 wurde das Werk begonnen, und heute schon steht der Rewallige Bau in seiner Großartigkelt und Schönheit so vollendet da, daß von dieser Stunde ab die Strafrechtspflege Berlins darin ihre Stätte finden wird. 2

Das Bauwerk selbst wird ein bleibendes Denkmal für den Ruhm des Architekten sein, der es geschaffen: des Ober⸗Baudirektors Herr⸗ mann, den leider eine dienstliche Reise am Erscheinen hindert; und es wird auch das Andenken allerer Derer erhalten, die ihm bei der Ausführung des Werkes helfend und fördernd zur Seite gestanden labez Strafrechtspflege der Hauptstadt aber, welche ihre Arbeiten aus den verlassenen alten Gerichtsstätten in diese neue verlegt hat, möge in dem neuen schöneren Bau eine Stätte gefunden haben, in welcher eine alle Zeit rechtschaffene, Gott und den Menschen wohl⸗ gefällige Justiz geübt werde. ü Sie Alle, meine Herren, die Sie heute hier versammelt sind, werden in diesen meinen, aus dem Herzen kommenden Wunsch gewiß gern und von Herzen einstimmen; Diejenigen unter Ihnen aber, deren Amtsberuf es sein wird, an dieser Gerichtsstelle Recht und Gerech⸗ tigkeit im Namen des Königs zu handhaben, Sie werden deß bin ich gewiß in hingebender Berufstreue, ein Jeder an seinem Theil, dazu beitragen, daß der hier ausgesprochene Wunsch vollauf in Erfüllung gehe! .

Die Versammlung hörte die Worte des Ministers stehend an. Nachdem derselbe geendet, nahm der Kammergerichts-Präsident Meyer das Wort, um im Namen der betheiligten Justiz⸗ behörden zu antworten: ö

Während ehedem, so etwa begann er, fast überall ein nur gering⸗ fügiger Aufwand für die Einrichtung der Räumlich leiten der Justiz für nöthig erachtet wurde, ist man in neuerer Zeit in fast allen Kul⸗ lurstaaten darauf bedacht gewesen, Monumentalbauten herzu— stellen; im Auslande liefert Belgien ein hervorragendes Bei⸗ spiel, und auch bei uns steigen in allen Provinzen neue Prachtbauten empor. Für die Hauptstadt aber genügt ein Blick auf diesen Palast, um zu zeigen, welche Mittel die hohen Staatsbehörden auf die Bauten der Justiz verwenden. Es dürfte zwar den Kern der Sache nicht treffen, wenn man glauben wollte, daß mit dem erhöhten Auf wande ein höheres Gefühl für die Gerechtigkeit der richterlichen Sprüche verbunden sein müsse. Die Gerechtigkeit ist wie der Werth einer edlen Perle von der Fassung unabhängig, trotzdem ist jenes Streben nach höherem Aufwand nicht ohne Bedeutung. Schmückt mit besonderer Vorliebe ein Staat seine Rechtsstätten, so erkennt er damit an, daß er nicht aufhören will, das Recht als Nie einzige Gewähr des inneren Friedens zu betrachten, und in diesem Sinn muß seder Preuße vom Gefühlen der tiefsten Dankbarkeit durchdrungen sein gegen die Staatsregierung und die, welche dazu beigetragen, der Rechtg⸗