1881 / 226 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 27 Sep 1881 18:00:01 GMT) scan diff

hingewiesen wird. Der Senator für das Departement Alpes Maritimes, Joseph Garnier, ist gestorben. ö sind 2300 Mann in Toulon nach Tunis eingeschifft worden.

26. September, Abends. (W. T. B.) In der heute von den Mitgliedern der äußersten Linken bei Louis Blanc abge haltenen Versammlung berichteten die an den Minister Ferry abgesendeten Delegirten über ihre Unterredung mit Ferry. Letzterer habe auseinandergesetzt, daß die Lage der Dinge in Afrika durchaus keine beunruhigende sei, daß die um⸗ laufenden Gerüchte übertrieben und daß die verursachten Aus gaben keine unregelmäßigen seien. Die Versammlung beschloß nach Anhörung des Berichts den schon gemeldeten Erlaß eines Manifests, in welchem erklärt wird, daß bei der Dunkel⸗ heit der Aufsschlüsse über den Stand der Angelegenheiten in Tunis und Algier es dringend nothwendig erscheine, die neue Kammer sofort einzuberufen.

Aus Tunis wird unter dem 26. September gemeldet: Nach aus Mahdia eingegangenen Nachrichten hat neuerdings ein ernsthaftes Gefecht bei Djemmel zwischen Insur⸗ genten und französischen Truppen stattgefunden. Die Araber räumen ein, 50 Todte und zahlreiche Verwundete gehabt zu haben; die französischen Verluste sind noch unbekannt.

27. September. (W. T. B.) Eine Correspondenz der „Agence Havas“ aus Tripolis beziffert die dort einge⸗ troffenen türkischen Truppen auf 9000 Mann und fügt hinzu; die Pforte habe es übersehen, für die Besoldung und Verpflegung der Truppen Vorsorge zu treffen und sei daher genö⸗ thigt gewesen, eine Zwangsanleihe auf die Stadt Tripolis aufzu⸗ nehmen, worüber große Ünzufriedenheit unter den Eingeborenen herrsche. Nichtsdestoweniger wird die Ankunft neuer Truppen⸗ theile angekündigt. Der Scheik Kamun und sein Sohn Had— jali Cherfi, welche beide bei dem Aufstande in Sfax eine hervorragende Rolle spielten, sind in Tripolis eingetroffen 13 dürften Veranlassung zu neuen Unruhen und Agitationen geben.

Spanien. Barcelona, 26. September. (W. T. B.) Der Präsident und der Sekretär eines hier abgehaltenen sozialistischen Kongresses sind wegen der gestern zu . der Nihilisten beschlossenen Erklärungen verhaftet worden.

Italien. Rom, 26. September. (W. T. B.). Die Centralkommission des Senats begann heute die Be⸗ k der Vorlage, betreffend die Reform des Wahl— gesetzes, und zog zunächst die Frage in Erwägung, welche Wirkungen eine solche Reform auf die Stellung des Senats haben würde. 5

Türkei. Salonich, 24. September. (Pest. L.) Nach⸗ dem die Truppen dieser Provinz zumeist nach Tripolis einge⸗ schifft wurden, nimmt das Räuberwesen wieder in schrecken— erregender Weise zu. Eine von zahlreichen Notablen unter⸗ zeichnete Petition an die Pforte bittet um rasche Abhülfe, da Leben und Eigenthum der friedlichen Bewohner den Bri⸗ ganten schutzlos preisgegeben sind.

Numänien. Bukarest, 24. September. Der „Ung. Post“ meldet man von hier: In dem gestern Abends abgehal⸗ tenen Ministerrathe, dem Bratiano präsidirte, wurde die

aus der Bukowina und ußland in die Moldau einer eingehenden Diskussion unter— zogen und über die Mittel berathen, dem Uebel zu steuern.

Bulgarien. Sofia, 24. September. (W. Pr.) Hier wird ein technisches Bureau errichtet, welches sich mit dem Studium aller auf die öffentlichen Arbeiten bezüglichen Pro⸗ jekte befassen wird. Am Montag findet nach einem Tedeum

die Promulgirung der Staatsraths⸗Instition statt. Derselbe wird aus einem orthodoxen Erzbischof, einem Musti, einem Großrabbiner, welche von rechtswegen Mitglieder sind, dann aus den Ministern, den gewählten und den vom Fürsten ernannten Mitgliedern bestehen.

Amerika. Cleveland, 26. September. (W. T. B.) Die Beerdigung des Präsidenten Garfield hat heute, nachdem eine solenne Trauerseier an dem Katafalk in dem auf dem Monumental Square errichteten Pavillon voraus—⸗ gegangen war, unter allgemeinster Betheiligung stattgefunden. Der lange, imposante Leichenzug bestand aus neun, von Truppen, Milizen, Bürgern, Mitgliedern der Gewerk-, Turn- und Wohl⸗ thaätigkeitsvereine und Tempelrittern gebildeten Abtheilungen und zählte gegen 10 009 Personen; mehrere Musikkapellen spielten Trauerchoräle. Der Leichenwagen wurde von zwölf mit schwarzem Tuch behangenen Pferden gezogen und die Pferde von zwölf Negern geleitet; zwölf der intimsten Freunde des Verstorbenen hielten die Zipfel des Leichentuchs. Sobald der Leichenwagen sich näherte, entblößten alle Umstehenden die Häupter. Dem Sarge folgte eine doppelte Reihe von Wagen mit den zu der Trauerfeier geladenen Personen, darunter: der frühere Präsident Hayes, die Generale Hancock, Sherman und Sheridan, 1060 Senatoren und Kongreßmitglieder, die Admirale, die Gouverneurs der Bundesstaaten, die Mitglieder des Kabinets und des diplomatischen Corps, die Richter des Ober ⸗Tri⸗ bunals, die Bürgermeister der großen Städte. Von den Familien⸗ angehörigen des Verstorbenen befand sich Niemand in dem Zuge, welcher von 10 Milizregimentern des Staates Ohio geen wurde. Alle Kirchenglocken läuteten, und in angemessenen Pausen eitönten Kanonenschüsse. Am Grabe sprach ein Kaplan vom Regimente des Präsidenten Garsield ein Gebet, die deutschen 3 vereine trugen Choräle und Trauergesange vor, und am ö wurde der Segen gesprochen. Der sechs Meilen lange Weg vom Monumental Square bis zum Friedhofe war dicht mit Menschen bedeckt; ihre Zahl wird auf 260 0090 geschatzt.

Afrika. Egypten. Aus Kairo wird dem „Reuterschen Bureau“ unterm 23. de. berichtet: Die Wahlen zur No⸗ tabeln⸗Versammlung werden in Kurzem stattfinden, aber letztere wird nicht vor dem Früh 23 einberufen wenden, zu welcher Zeit die Landwirthe ihre chäfte ohne Nachtheil verlassen können. Die Wahlen werden unter den alten Re⸗

lemente, wie sie unter der Herrschaft Jsmail Paschas in raft waren, geleitet werden. Die Kandidaten bedürfen keiner besonderen Qualifikation, sie werden durch Ballotage in den Städten von den Rotabeln, und in den landlichen Distrikten von den Scheiks gewählt. Die Wahlen finden alle drei Jahre statt und die Kammer besteht aus 75 Mitgliedern. Der Khedive darf irgend einen Sitz für erledigt erklären und eine Neuwahl anordnen. Die Kammer wird ein organisches Gesetz vorbereiten, welches ihre eigenen Gewalten desinirt.

Statistische Nachrichten.

Gemäß den Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheits⸗ amts sind in der 37. Jahreswoche von je 1000 Bewohnern auf den Jahresdurchschnitt berechnet als gestorben gemeldet: in Berlin 22.4, in Breslau 27,1, in Königsberg 26,2, in Cöln 18,7, in Frankfurt a. M. 17,9, in Hannover 16,1, in Cassel 17,8, in Magdeburg 21,4, in Stettin 2,8, in Altona 16,0, in Straßburg 23,l, in Metz 21.6, in München 33,5, in Nürnberg 16,6, in Augsburg 20,7, in Dres den 17,9, in Leipzig 17,8, in Watt ort 19,0, in Braunschweig 20,8, in Karlsruhe 16,6, in Hamburg 19,2, in Wien 21,3, in Budapest 36,2, in Prag 235,7“, in Triest 29,2, in Krakau 46,5, in Basel —, in Brüssel 22,9, in Amsterdam 18,5, in Paris 23,3, in Stock— holm 23,2, in Christiania 109,4, in Kopenhagen 22,5, in St. Peters burg 410, in Warschau —, in Odessa 30,7, in Bukarest 19,8, in Rom —, in Turin 227, in Madrid 38,7, in London 15,7, in Glas⸗ gow —, in Liverpool 28,.z, in Dublin 21,9, in Edinburg 15,9, in Alexandria (Egypten) 46.3. Ferner aus früheren Wochen; in New⸗Jork 36,7“, in Philadelphia 27,5, in Chicago 39,5, in St. Louis 41,0, in Cincinnati 25,5, in San Franzisko 15,3, in Kalkutta 265,7, in Bombay 36,l, in Madras 36,6. Beim Beginn und in der ersten Hälfte der Woche waren an den deutschen Beobachtungsstationen, südliche und südwestliche, Luft⸗ strömungen vorherrschend, auch die beim Wochenanfang in Konitz und Cöln wehenden südöstlichen Winde gingen bald nach West. Am 15. (in Berlin schon am 14.) lief 64 der Wind an den süddeutschen Stationen bis nach Nordost, an den Central⸗ und ostdeutschen wieder nach Süd und Südwest, in Bremen und Cöln nach Süd und Südost. Die Temperatur der Luft entsprach in Berlin der normalen, an den Oststationen lag sie über, an den anderen etwas unter der normalen. Niederschläge waren besonders an den Oststationen häufig und ergiebig. Der Druck der Luft nahm in den ersten Tagen der Woche rasch zu, sank um die Mitte der Woche, stieg am 16. wieder an allen Sta—⸗ ö. und zeigte am Schluß der Woche Neigung zum ferneren eigen. Die Sterblichkeit zeigte auch in dieser Berichtswoche in den meisten Großstädten Europas eine, weitere, ziemlich, all⸗ gemeine Abnahme. Besonders günstig gestaltete sie, . in den deutschen Städten, namentlich war die Sterblichkeit in den Städten Nord⸗, Mittel-, Süd- und Westdeutschlands eine unge⸗ wöhnlich niedrige. Die allgemeine Sterblichkeitsverhältnißzahl für die deutschen Städte sank auf 21,8 (von 23,8) auf 1000 Einwohner und pro Jahr berechnet). Die Theil nahmẽ des Säuglingsalters an der Sterblichkeit erscheint gleichfalls wiederum wesentlich vermindert, so daß von 10000 Lebenden aufs Jahr berechnet 83 Kinder unter 1 Jahr starben, gegen 916 der Vorwoche (in Berlin 85 gegen 78). Unter den Todesursachen haben im Allgemeinen Darmkatarrhe und Brechdurchfälle der Kinder eine weitere Abnahme erfahren, ob⸗— wohl in Berlin, Königsberg, Danzig, Leipzig, Frankfurt 4. M., Pest, London die Zahl der Opfer sogar ein wenig höher als in der Vor⸗ woche war. Von den Infektionskrankheiten haben nur Scharlach⸗ eber und Diphtherie größere Ausdehnung gewonnen. Ersteres wurde in Kiel, München, Berlin, Erfurt, Münster und London, letztere in Berlin, München, Dresden, Stettin, Hamburg, Metz, Pest und Paris häufiger Todesveranlassung. Masern zeigten sich in Hamburg, Liverpool und Braunschweig öfter, auch in Madrid erlagen den Masern im August viele Kinder. Der Keuchhusten hat in Frankfurt a. M. und in Hamburg einen, milderen Chgrakter ange⸗ nommen. Unterleibstyphen wurden in Berlin, Pest, Paris, Turin, St. Petersburg häufiger Todesveranlassung. Todesfälle an Flecktyphus kamen aus Königsberg, Graudenz, Pest, London, Valencia, Malaga, Grangda, Saragossa je 1, aus St. Petersburg 12 zur Mel⸗ dung. Die Ruhrepidemien in Posen, Granada und Alexandria forderten weniger Opfer. Auch die Pocken zeigten sich mehrfach, wie in Paris, London, St. Petersburg in beschränkterer Zahl, während in Wien, Pest und Saragossa die Zahl der Todesfälle eine gesteigerte war. Einzelne Pockentodesfälle kamen aus Amsterdam, Krakau, Liverpool, aus deutschen Städten 3 (aus Beuthen 2, aus Aachen 1) zur Anzeige. In Rio de Janeiro war das gelbe Fieber Ende Juli dem Erlsschen nahe. In der zweiten Julihälfte erlag demselben nur nech eine Person.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Dem jünast veröffentlichten Berichte des K. K. österreichischen Ackerbau⸗Ministeriums über den Stand der Saaten und der Ernte in Oesterreich um die Mitte September entnehmen wir, daß die Kartoffeln, deren Ernte bereits begonnen hatte, sehr guten Ertrag in einigen Gegenden Niederösterreichs, Böhmens, Mährens, nur guten in Kärnten, Schlesien, einigen Theilen Tirols und der Bukowing liefern werden. Der voraussichtliche Gesammtdurchschnitt läßt sich auf „mittel“ schätzen. Die Nachrichten über Rüben lauten etwas günstiger, als nach früheren Mittheilungen zu erwarten stand, was das quantitative Erträgniß betrifft; dasselbe dürfte sich vielleicht auf etwas über mittel“ stellen. Die Qualität wird allem Anscheine nach nicht unbefriedigt lassen, wenn noch günstige Temperatur rechtzeitig eintritt. In einigen Theilen Böhmens ist der Zuckergehalt der Rüben stark hinter den Erwartungen geblieben. 2 Mahd und Einbringung des Grum met ist allenthalben sehr verzögert, und befürchtet man in Folge dessen mitunter nicht unbe⸗ deutenden Schaden. Auch Weinreben haben durch Nässe in einzelnen Gegenden gelitten, indem die Beeren platten und faulten, so namentlich in Nieder ⸗Desterreich und Tirol. In Mähren sind die Autsichten auf eine ergiebige Ernte in Felge verspäteter Entwidelung der Trauben stark zurückgegangen. Im Allgemeinen läßt sich jedoch noch immer annehmen, daß das Erträgniß ein sehr gutes“ bei „guter. Qualität sein wird, welch' letztere bei eintretender günstiger Witterung noch namhaft gewinnen dürfte.

Nach einem in dem ungarischen Amtsblatte . Budapesti Kögöni⸗ veröffentlichten Berichte über den Stand der Saaten und der Ernte in Ungarn für die Zeit vom 28. August bis 15. Septem— ber wird der Stand des Mais in vielen Berichten als wesentlich gebessert bezeichnet und stehe, wenn die Witterung auch dem letzten Stadium der Reife förderlich bleibt, eine gute Mittelernte“ zu er⸗ warten. Kartoffeln haben zwar in den Niederungen durch ver mebrte Nässe und dadurch verursachte Fäulniß gelitten, dagegen sich in böberen Lagen besser entwickelt, weshalb im Ganzen immerhin eine mittelmäßige Fechsung zu erwarten steht. Ueber Zucker und Futte rrüben liegen zwar nur spärliche Mittheilungen vor, doch scheinen diese gleichalls auf erfreuliche Fortschritte seit der letzten Berichterstattung binzuweisen. Futtersaaten und Grummet baben im Ganzen nicht befriedigt; hiervon auszunebmen ist nur Siebenbürgen, woselbst der Ertrag fast durchgebends gut. aus gefallen ist. Wein hat quantitativ durch allzu bäufige Nieder ˖ schläge und qualitativ durch vorherrschend niedrige Temperatur, welche die Entwickelung des Zuckergebaltes behinderte, gelitten; doch kann anbaltend schöne Witterung und andauernde Temperatur steigerung das Ergebniß im großen Ganjen noch immer befriedigend gestalten. Beim Obst wird über vorzeitiges Abfallen yellan, doch war der Ansatz so reich, daß noch immer auf einen „guten Mittelertrag im rechnen ist. Sxpeniell Pflaumen berechtigen sogat jur Hoffnung auf eine nabeju reiche! Grnte.

Gewerbe und Sandel.

Dem Geschäftebericht der Berlingt Lam ven- und Bronze waarenfabrik, vorm. C. H. Stobwasser, vr 1880181 entnehmen wir, daß der Umsatz sich von 825 616. auf 1011 46 im Waarengeschäft und ven 236 640 M auf 287511 . im Pe⸗ troleumgeschätt geboben bat. Der erzielte Bruttogewinn bel den Waaren übersteigt den des Vorjabreg um circa 12 00 *, wãhrend sich die Handlungeunkosten um 50) Æ rerkleinert haben. Im Allgemeinen war die Gesellschaft gut beschäftigt und ist auch aun enbiickicãh noch mit Auftragen genügend verseben. Die

Reduktionsbetrages mit 478 Sö9 S zu Buche. Vom Kontokorrent sind 25 503 „S abgeschrieben, doch hofft man, daß ein Theil davon wieder eingehen wird. Das Gewinn- und Verlustkonto ergiebt einen Gewinn von 49766 6, wovon laut Beschluß der Generalversamm⸗ lung die Hypotheken⸗Umwandlungskosten mit 29 230 bestritten wurden, so daß nach der ferneren Bestimmung der außerordentlichen Generalversammlung 20536 MS nach Beendigung des Sperrjahres dem Reservefonds zugeführt werden.

. Der Aufsichtsrath der Westfälischen Union beschloß, der Generalversammlung die Vertheilung einer Dividende von 4 oo auf die Stammprioritäten vorzuschlagen.

. Der Cours für die jetzt hier zahlbaren österrreichischen Silbercoupons ist auf 175 M 400 Fl. österreichifch Silber her⸗ abgesetzt worden.

Dresden, 27. September. (W. T. B.) Die Delegirten⸗ Ver sammlung des Centralverbandes deutscher In— dustrieller hat in ihrer gestrigen Sitzung in Bezug auf die Unfallversicherung lediglich an ihrem früheren Standpunkte festgehalten. In Betreff der Invaliden- und Alters-Versorgung hat sich, die Versammlung dahin erklärt, daß eine bessere Versorgung der invaliden und altersschwachen Arbeiter eine Aufgabe bleibe, deren Lösung eines der hauptsächlichsten Ziele aller betheiligten Kreise, sowie des Staates sein müsse; sie hält jedoch, zur Zeit wenigstens, in Rücksicht auf die Arbeiter- und Produktionsverhältnisse eine allgemeine obligatorische Versicherung als nicht entsprechend, empfiehlt dagegen eine baldige Reorganisation der Armenpflege. LEuxem burg, 26. September. (W. T. B.). Heute Vormittag ist die Zahlungseinstellung der Luxemburgischen National⸗ bank, erklärt worden; es sind die Kuratoren ernannt und die Bilanz deponirt. Wie es scheint, ist das Portefeuille mit schlechten Werthen ge⸗ füllt. Seit heute früh belagern die Inhaber von Noten der Bank das Bankgebäude. Die Reklamanten werden auf einen anderen Tag be— stellt; die Bank ist von Gensd'armen umgeben, um Ausschreitungen der Bevölkerung vorzubeugen, da sich Noten von kleinem Betrage in Gesammthöhe von mehr als 3 Millionen Franes in den Haͤnden kleiner Handwerker befinden. Der Staat Luxemburg ist durch Depots interessirt. Die Unterbilanz soll mehr als 2 Millionen betragen. Das offizielle Journal bringt heute die Aufhebung der Verfügung, betreffend die Annahme der Noten der Luxemburgischen Nationalbank bei den öffentlichen Kassen. Die Schalter der Bank sind geschlossen.

Verkehrs⸗Anstalten.

Triest, 27. September. (W. T. . Der Lloyddampfer „Pollux“ ist heute früh mit der ostindischen Ueberlandpost aus Alexandrien hier eingetroffen. Plymouth, 26. September. (W. T. B.) Der Hamburger Postdampfer „Lessing! ist hier eingetroffen.

New⸗YJork, 26. September. (W. T. W.). Der Dampfer „Egypt“ von der National⸗Dampfschiffs⸗Compagnie (C. Messingsche Linie) ist hier eingetroffen.

Berlin, 27. September 1881.

Im Turnsaale der Königlichen Turnlehrer⸗Bildungsanstalt (Friedrichstraße 229) fand gestern Abend die Vorversammlung des sechsten deutschen Seminarlehrertages statt, zu welcher etwa 250 Seminar⸗Direktoren und Lehrer aus allen Theilen Deutschlands eingetroffen waren. Seitens des Mini⸗ steriums der geistlichen 2. Angelegenheiten waren anwesend: Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath Wätzoldt und Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath Dr. Schneider. Der Seminar ⸗Direktor Schultze (Berlin) eröffnete die Versammlung mit einer Begrüßungs⸗ rede. Nachdem die Versammlung die Tagesordnung für die nächsten zwei Verhandlungstage festgestellt hatte, wurden gewählt: Direktor Hennig (Oels in Schlesien) zum ersten, Direktor Helm (Schwabach) zum zweiten und Direktor Schultze n, . zum dritten Vorsitzenden. Hierauf wurde beschlossen: den nächstjährigen Kongreß wiederum Ende September und zwar in Hannover ö, Die Verhandlungen begannen heute Morgen in der dekorirten Turnhalle der Königlichen Turnlehrer⸗Bildungsanstalt. Es waren etwa 309 Seminar ˖ Direktoren und Lehrer aus allen Theilen Deutsch⸗ lands anwesend. Im Auftrage der Staatsregierung waren erschienen: der Staats⸗Minister Dr. von Goßler, der Ministerial⸗Direktor Greiff Geh. Ober Regierungs⸗Rath Wätzoldt, Geh. Ober⸗Regierungs⸗Rat Pr. Schneider und Geb. Qber⸗Regierungs⸗Rath Dr. Esser. Der erste Vorsitzende, Seminar⸗Direktor Dr. Henning, eröffnete die Versamm⸗ lung mit Gebet und einer kurzen Begrüßungsrede. Es nahm als⸗ dann das Wort der Kultus⸗Minister Dr. von Goßler, welcher ungefähr Folgendes sprach: „Hochgeehrte Anwesende! Vor wenigen Tagen erst wurde der fünfte Orientalisten⸗Kongreß ge⸗ schlossen, und heute eröffnet Berlin wiederum seine gastlichen Thore dem sechsten deutschen Seminarlehrertage. Dort sehen wir die höchsten Spitzen der Wissenschaft, hier die Vertreter des deutschen Unterrichts. Ein Blick auf diese beiden Versammlungen läßt erkennen, daß das Bildungsgebäude unseres Staates stockwerkartig aufgebaut ist. Nir⸗ gends ist eine Lücke vorbanden. Schroffe Gegensätze in den Bildungäwesen unseres Volkes sind nicht vorhanden. Ueber ll werden durch harte Arbeit geeignete Uebergänge geschaffen. Ihre Aufgabe, meine Herren, ist eine schwierige und mühe⸗ volle, aber auch gleichzeitig eine sehr edle und dankbare, und es freut mich daber., daß mir die Ehre zu Theil geworden, Sie im Namen der preußischen Unterrichtsverwaltung hier in der Hauptstadt des Deutschen Reiches willkommen zu heißen. Die Unterrichts verwal⸗ tung muß mit der Volkeschule stets gleichen Schritt halten. Der Kreis der Thatigkeit der preußischen Unterrichts verwaltung erhellt aus folgen der kurzen Statistik: Im Jahre 1873 gab es in Preußen 52000, 1379: 38 099 Volkeschulen. An diesen 58 900 Schulen wirkten 40 009 Lehrer und 17 009 Lehrerinnen. Im Jahre 1873 gab es in Preußen 79 Seminare für Lehrer und 3 Seminare für Lehrerinnen, 187 gab es 110 Lehrer und 8 Lehrerinnen⸗Semingre. Es ist Hoff⸗ nung vorhanden, daß in nächster et noch zwei Hülfe seminare, eines in Littbauen und eines in Westfalen errichtet werden wird. 1873 gab es in Preußen M0) und 1879 2109 Seminaristen. Aebnlich ist dies Verhältniß auch noch heute. Von den Seminaristen gebören etwa der erangelischen und der katholischen Konfession an. Ju den Schwierigkeiten auf dem Gebiete, der Vol ke⸗ schule, die aus dieser kurzen Statistik zu ersehen ist, ge⸗ sellen sich auch die Sxrachverschiedenbeiten in unserem Vater⸗ lande, die konfessionellen Verhältnisse, die fortwäbrende Fluftuation unserer Bevölkerung, die theils auf die Freinũgigleit, theils auf unsere industriellen Verbältnisse zurückzuführen ist. Hierbei wird es der Schule schwer, ihre Durchschnittsaufgabe zu erhöhen. Es ist der mftand in unserem Volkeschulwesen zu beklagen, daß die reich begabten Schuler den minderbegabten, vielleicht auch durch häusliche Verhaltnisse abgebaltenen, weit vorauseilen. Vom menschlichen Stand unkte ist dies er⸗ klarlich, vom volitischen und sozialen ein Febler und vom Standpunkte des Staates ein Unglück. Wenn es niht gelingt, allen Schülern die Grundbedingungen des elementaren Wissens zuzuführen, so erwächst der Volksschule ein Vorwurf. Es muß uns gelingen, die Durchschnittg· aufgake der Vollsschule immer mebr zu erhoben. Die wesentlichste Ausgake fäl Hier dem Lehrer zu. It diese Aufgabe auch eine schwlerige, so sst sie doch wiederum (ine sebr dankbare, wenn der Lebrer eingedenk ist, daß er das edle Vorbild in seiner ganzen Ge⸗ meinde fein soll. Solche Lehrer zu bilden, ist Aufgabe der Seminare. Ünser BVolkelcben kann nur dann ein gedeihliches sein, wenn die debrer durch ibren Fleiß und Selbstzucht sich bemüben dem Volke ein treues Vorbils iu sein. Ich freue mich derraib eine so siattiiche Schaar ernstbafter Männer bier begrüßen zu können,

vorbandenen Waarenbestände steben nach Abschreibung des

die aus allen Theslen des Deutschen Reiches zusammengekommen sind,

um im Interesse det Volksschule ihre Erfahrungen auszutanschen, Belehrung zu ertheilen und Belehrung zu empfangen. Mögen des⸗ halb Ihre Berathungen zur,. Ehre Gottes und zum Segen unserer Mitmenschen gereichen'. Die Versammlung erhob sich zum Zeichen des Dankes von den Pläßen. Der Seminar⸗Direktor Dr. Rein (Eisenach) sprach hierauf über die allgemeine Bildung und die Berufsbildung der Volksschullehrer.

Zu der Trauerfeier, welche gestern Abend 7 Uhr zum Ge— dächtniß an den entschlasenen Präsidenten der Vereinigten Staaten von Nordamerika, J. A. Garfield, in der Königlichen Domstifts— Kapelle stattfand, hatte sich eine sehr zahlreiche Trauerversammlung eingefunden, bestehend aus den Mitgliedern der hiesigen amerikanischen Gesandtschaft, den hier lebenden Amerikanern und vielen Deutschen aus allen Ständen. Der schwarz behangene Altar war von einem 3 hochstammiger Topfgewächse umgeben, und die Wand unter dem

hristusbilde mit dem amerikanischen Banner geschmückt, welches vereint mit der deutschen Flagge auch die beiden Pfeiler zu Seiten des Altars bekleidete. Die Feier wurde mit dem Chor: „Siehe, wie dahinstirbt der Gerechte, und Niemand nimmt es zu Herzen“ ein⸗ geleitet, worauf die Gemeinde „Jesus, meine Zuversicht“ sang. Nach einem Gebet und dem Chorgesang; .Das Leben welket wie Gras ꝛc.“ trat Rex. Dr. Stuckenberg aus Ohio vor den Altar, um zunächst in englischer Sprache eine Biographie des Verstorbenen zu geben und dann ein Wort der Ermahnung an die versammelten Amerikaner zu richten. Die Gemeinde intonirte darauf den Gesang: „Nearer. my God, to thee, Nearer to thee!“ nach welchem der Hof⸗ und Garnison⸗ prediger Frommel vom Altar aus eine deutsche Ansprache an die Trauerversammlung richtete. Die Gemeinde sang hierauf den

Choral „Legt es unter Euch, ihr Glieder, auf solch treues Lieben an“,

worauf Gebet, und Vaterunser gesprochen wurde. Der Chor sang; „Selig sind die Todten, die in dem Herrn sterben“, und zum Schluß erfolgte der Segen über die Trauerversammlung.

Der Verein für deutsches Kunstgewerbe hält am Mitt— woch, den 28. September, Abends 8 Uhr, im hause, Wilhelm-Straße 118, seine Dreiunddrrißigste Versammlung. Auf der Tagesordnung stehen: 1) Vortrag des Hrn. H. Zacharias, über Goldschmiede⸗Technik. 2) Firma Bessert⸗Nettelbeck, Vorlage von Kunststickereien. 3) Hr. E. Spangenberg, Vorlage von Mono— gramm⸗Prägungen. 4) Hr. H. Hirschwald, Vorlage verschieden— artiger neuer Trinkgeräthe.

Hohenzollerns Betheiligung an der Landes-Gewerbe-— Ausstellung zu Stuttgart. (Aus Friedrich Georg Wiecks „Deutsche illustrirte Gewerbezeitung‘.)

Das freundnachbarliche Verhältniß, in welchem auf der Grund— lage der schwäbischen Stammesgenossenschaft wie auf derjenigen des gemeinsamen Reichsbürgerthums die hohenzollernschen Landestheile Preußens zum Königreich Württemberg stehen, hat einen schönen Ausdruck in der Theilnahme gefunden, welche der Erlauchte Besitzer der berühmten Kunstschätze Sigmaringens und seinem Beispiele fol⸗ gend eine Reihe hervorragender gewerblicher Kräfte des Hohenzollern—⸗ gebiets dem Stuttgarter Kunst- und Industriefeste dieses Sommers zu⸗ wandten. Heute, da wir in der ehrenvollen Prämiirung so mancher dieser hohenzollernschen Gäste den praktischen Beweis und die offen— kundige Anerkennung des Werthes dieser Theilnahme vor uns haben, ist es Zeit, der Begrüßung zu gedenken, welche der Präsident der Ausstellung, Hr. Dr. Julius Jobst, den Ausstellern aus Hohenzollern bei der Eröffnungsfeier zu Theil werden ließ, wobei er konstatirte, daß schon am 17. Norember 1879 auf Antrag Sr. Hoheit des Prinzen Hermann von Sachsen⸗Weimar das Ausstellungscomits ein⸗ stimmig den Beschluß faßte, das Gebiet der Ausstellung auf die be— nachbarten hohenzollernschen Lande auszudehnen und daß dieser Be— schluß auch in Hohenzollern den freudigsten Wiederhall fand.

An, den edelsten Werken der Vorväter wollte die schwäbische Industrie unserer Tage den Grad ihrer Vervollkommnung messen, und so hatte die Gruppe der kunstgewerblichen Alterthümer ihre hohe und wichtige Bedeutung. Von seinen schönsten, seltensten und lehrreichsten Schätzen hat nun das Fürstlich hohenzollernsche Museum in Sigmaxingen hierzu eine überaus reiche Auswahl gesandt, und es ist vor Allem Pflicht, schon im Eingang dieses Berichtes hierfür dem Erlauchten Besitzer den wärmsten Dank der württembergischen kunst— sinnigen Kreise auch unsererseits auszudrücken. Zu vielgestaltig ist der jur Schau gestellte hohenzollernsche Alterthümerschatz, als daß jedes Stück bier einzeln gewürdigt werden könnte; wir begnügen uns denn mit einer flüchtigen Aufzählung.

Aus der altgermanischen Zeit: ein Eisendolch mit Bronzegriff, drei kleine Goldringe, zwei bronzene Zierscheiben, Thongefäße, ein gedrehter silberner Halsring; aus der römischen Zeit: bronzene und

ilberne Gürtelschnallen, eine silberne und vergoldete Fibel, goldene zrakteaten; aus dem Mittelalter und der späteren Zeit: ein Gebet⸗ buch von 1697 in kostbarem Einband, ein alter Teppich mit figür— lichen Darstellungen, von flandrischer Arbeit, etwa 500 Jahre alt, ein Kelch mit Patena, Silber, vergoldet mit Emaildarstellungen, eine Menstranz mit Perlen, Steinen und vergoldetem Rankenwerk, ein Berg⸗ krystallpokal in vergoldeter Silberfassung aus dem 16. Jahr— bundert; ein Reliquiarium in Form eines Ostensoriums mit kunst— reichem Deckel aus dem 14. oder 15. Jahrhundert; ein zweites Re⸗ liquigrium von Eichenholz mit emgillirten Kupferplatten aus dem 12. Jahrhundert; ein vergoldetes Ostensorium mit Glaskugel, auf welcher Darstellungen aus dem Leben Christi, 15. Jahrhundert; eine Büchse mit Cameen aus dem 13. Jahrhundert; ein Pokal, Kokosnuß mit Deckel aus dem 17. Jahrhundert; ein Reliquienschrein aus Li⸗ moges, 12. Jahrhundert; ein Pokal mit Deckel aus getriebenem Silber, 17. Jahrhundert; eine kunstvolle Standuhr, aus dem 16. Jahr⸗ bundert; Medaillons, emaillirte Platten, Fußtaseln mit Emailmalerei, uralte Kruzifire, Weihbrunnen, Manilen Lon Gold und Silber, eine Diptvchion aus Elfenbein, zwei Marienstatuetten aus dem 15. Jabrhundert; ein Krystallmedaillon mit Figürchen, ein jüdischer Trauring (sehr originell), ein silberner Gürtel, ein Vortragkteu; mit vergoldetem Kupferblech überzogen, 14. Jahrhundert; ein Rauchfaß, Bronzeguß aus dem 12. Jahrhundert; ein anderes aus dem 15. Jahr hundert; ein Aquamanile, ein bronzener Leuchter aus dem 12. Jahr⸗ hundert; ein Schmucklästchen mit Wappenschildern, eine svätgotbische Cassette. Messingbecken, Thürschlösser, Doppelschlüssel, Thurklopfer, Schwenkkessel, Kannen, mehrere Kästchen mit Reliefs, ein Schränkchen von Eichenholz, geschnitzte Stühle, kurz der fostbaren Vorbilder eine wahrhaft Fürstlich reiche Fülle. Wenden wir uns nun der bürgerlichen und modernen Bethei⸗ ligung aus Hohenzollern zu!

Die Liste der Prämiirten soll uns zunächst als Leitfaden dienen.

Unter den mit goldenen Medaillen prämiirten Ausstellern besin . det sich eine Hechinger Firma B. Baruch u. Söhne, welche beweist, daß man es auch in an fe mr nd wenig bedeutsamen, nicht glänzend ins Auge fallenden Artikeln zur Meisterschaft bringen kann. Diese seit 1825 bestehende, beut zu Tag mit nicht weniger als 450 Arbei- tern und einem Wasser und Dampfbetriebe von 40 Pferdestärke pro⸗ ducirende Firma bringt so ziemlich Alles hervor, womit sich das Volk kleidet: den Stoff der farbigen Arbeitshemden des Mannes der

erkstatt, wie auch seinen billigen und doch guten Sonntags⸗An⸗

zjugestoff, Stoff für das bunte Sommerhemd des Studenten und für die Hausschürze der fleißigen Wirthin, kurz Artikel . den Bedarf der weitesten Kreise', eine vol kstbümliche Leistung, die ibren goldenen Lohn verdient hat. Ihre Flanelle kommen den elsässischen an Güte gleich, überbaupt hat die Firma Baruch u. Söhne der Tertilindustrie in Hechingen einen neuen Aufschwung verliehen.

Eine filberne Medallle erbielten hobenzollernsche Vertreter der zufs Handwerk angewandten Wissenschaft: die Gebrüder Bosch in Jungingen, welche mit 25 Arbeltern einen beträchtlichen Jahregumsatz an Präsisionswaagen und Gewichten, hauptsächlich für chemische Labo⸗ ratorien erzielen, und so, mit den Württembergern zusammen, Süd⸗ deutschland den guten Ruf, eine Heimath der entwickeltsten Fein · mechanik zu sein, bewahren helfen; denn sie arbeiten sehr pünktlich.

Deutschen Vereins⸗

Gleiche Auszeichnung, errang sich F. S. Marmon in Sigma— ringen mit seinem großartigen Altaraufsatz, dessen frühgothisches Srna—⸗ menten⸗ und Säulenwerk in prächtiger Vergoldung strahlt und werth⸗ volle Holzschnitzereien (die plastischen Darstellungen des Gekreuzigten, mit zwei Engeln zur Seite, sodann des h. Gebhardus und der h. Gertrudis) umfaßt, Hr. Marmons Atelier für kirchliche Bildhauerei, Polvchromie und Vergoldung (in Stuttgart vertreten durch Hrn. Cammerer in der Calwerstraße) besteht seit 1859.

Der Altaraufsatz ist für eine von Hrn. Regierungs-Baurath Laur, neuerbaute Kapelle zu Freiburg i. Br. bestimmt. Sach⸗— verständige rühmen die stylvolle Durchbildung der Formenglieder und die harmonische Zusammenstellung der Goldtöne mit den verwandten Farbennüancen des Eichenholzes, überhaupt gediegene Technik. Von den Figuren, welche Hr. Bildhauer Stolz entwarf und ausführte, war die der hl. Gertrudis als am besten gelungen bezeichnet. Das Marmonsche Etablissement hat bis heute schon 230 kirchliche Einrich— tungsstücke, vorwiegend Altäre, ausgeführt, nicht nur für Süd— deutschland, sondern auch für die Rheinprovinz, Holland und Indien. Sein Begründer, Hr. Marmon, starb 1878 und das Atelier steht jetzt unter Leitung von Hrn. A. Warth, Bildhauer und Techniker. Unter den ausliegenden Photographien der früher von demselben Geschäft ausgeführten großen Arbeiten heben wir die des reichen spätgothischen Flügelaltars, 14 m hoch und mit Bildern und Gruppen prächtig verziert, hervor, welcher für Häls bei Crefeld geliefert wurde.

Von Pracht zu Pracht schreitend, gelangen wir zu der in Gold, Silber und Edelsteinen strahlenden Ausstellung des dritten mit der silbernen Medaille bedachten Ausstellers aus Hohenzollern, Hrn. J. G. Zimmerer, dessen edel gehaltener, ungemein reicher Schmuͤckkasten mit Münzen, nebst geschmackvollen Münzschüsseln, Münzbechern und prächtigen Colliers nebst Ohrgehängen, den Beweis liefern, wie befruchtend schon das Vorbild kunstgewerb— licher Alterthümer aus der besten Zeit einstiger Gold⸗ ö, auf die heutige Produktion einwirkt. Hr. J. G. Zimmerer hat seit Uebernahme des Geschäfts im Jahre 1818 dasselbe für die größten Gold⸗ Silber- und Juwelenschmuckarbeiten einge— richtet, und immer selbständig nach eigenen Entwürfen und mit der Hand gearbeitete Leistungen geliefert, so z. B. in seiner Eigenschaft als Fürstlich hohenzollernscher Hoflieferant das Diadem und Collier in Brillanten für Ihre Hoheit die Prinzessin Friedrich von Hohen— zollern. Die zwei größeren und das kleinere ausgestellte if

. Becher sind Besitzthümer des Grafen und der Gräsin von Flandern, die alten Münzen, welche zwischen eiselirten Renaissance⸗Ornamenten in die Wandungen eingelassen sind, stammen aus den Niederlanden und Hohenzollern. Das Haupt⸗ ausstellungsstück der Münzschmuckkasten in Renaissancestyl ist ganz in Silber ausgeführt mit matter Vergoldung des Fügirlichen. An Wänden und Decken sind die Münzen der ehemaligen 35 deutschen Staaten angebracht, und eine Reichsmünze. Die figürlichen Sym— bole an den Ccken bedeuten die vier Elemente. Die vier Drachen oben an den Ecken hüten den Schatz im Innern des Kastens, und in der Hohlkehle des Deckels sieht man aufs Feinste in farbigem Email ausgeführt die Wappen obiger 35 Staaten mit dem Reichswappen in der Mitte. Zahlreiche Ornamente und eine plastische Figuren— gruppe zieren und krönen das schöne Werk.

Eine Prämie errang sich ferner, neben der gewaltigen Konkur— renz württembergischer Schwesterunternehmungen, die Fürstlich hohen— zollernsche Hüttenverwaltung Laucherthal, welche außer einem pracht— vollen hohenzollernschen Wappen Gußwaaren verschiedener Art, ge— schmiedete Radreife, gewalztes Klein- und Nageleisen zur Ausstellung gebracht hat.

„„Dieses Hüttenwerk wurde schon 1708 erbaut und verwendete früher ausschließlich Holzkohlen. Im Hochofen kamen Bohnerze aus der Umgebung Laucherthals zur Verwerthung und in der Frischerei wurde das eigene Roheisen ausschließlich verwendet, bis man um die zweite Hälfte dieses Jahrhunderts anfing, Schmelzeisen zuzusetzen (vornehmlich schottisches Im vorigen Jahrhundert galt das Hütten werk als das beste in Schwaben, späterhin blieb es nicht mehr mit dem Zeitfortschritte auf gleicher Höhe, überdauerte aber die letzte Eisenindustriekrisis und hat Aussicht, neuerdings emporzukommen. Streng geschäftsmäßig verwaltet hat das Laucherthaler Hüttenwerk, mit Ausnahme etwa des Wappens, keine Paradestücke für die Aus— stellung angefertigt und eben nur die von der Kundschaft begehrten Formen und Fabrikationsmethoden zur Anwendung gebracht. Seine Gießerei ist aber recht wohl im Stande, auch weniger einfache Gegen—⸗ stände wie die ausgestellten Gußwaaren schön und gediegen herzustellen. Es gingen aus dem Werke, beispielsweise im vorigen Jahr, sehr schöne Turbinenräder verschiedener Größe und in diesem Jahre Maschinenstücke von eben so komplizirter Form wie beträchtlichem Gewicht hervor. .Die gleichfalls prämiirten Herren J. Heilbronner Söbne in Hechingen bewegen sich in der schon erwähnten volksthümlichen Branche der Hervorbringung halbwollener Hosenzeuge, baumwollener Hemdenstoffe, Bettzeuge, Schürzenzeuge u. dergl., während die mit gleicher Auszeichnung bedachte Firma J. Levi C Co. sich der Pro— duktion baumwollener Strickzarne widmet, und ein Fabrikat von vorzüglicher Güte herstellt, auch in der Färberei wesentliche Fort⸗ schritte erzielte. Beide Firmen arbeiten mit Dampfbetrieb.

Rohe Baumwollgarne erzeugt ein weiterer prämiirter Aussteller aus Hohenzollern, Hr, Heinrich Meyer zu Carlsthal bei Haigerloch.

In der jweiten Gruppe der Ausstellung ist jener herrliche Kachel⸗ ofen von Ed. Lütz in Sigmaringen mit der silbernen Medaille prämiirt zu sehen, dessen Schmuck die schönsten schwäbischen Land- schaften, umrahmt von geschmackrollen, im Style der altdeutschen Muster gehaltenen Ornamente bilden.

Nicht allen Ausstellern konnte eine metallene Auszeichnung zu Theil werden. um so mehr ist es Pflicht der Presse, die bervorzu— hebenden Verdienste auf dem Gebiete des gewerblichen Strebens ins Licht zu setzen.

Die hohenzollernschen Ausstellungsthbeile bieten hierzu reiche Gelegenheit. Die Koech⸗ und Steinsalze der Saline Stetten und die GCementproben von Riedle in Hausen gehören gleichfalls der zweiten Gruppe als werthvolle Beiträge aus Hohenzollern an. Riedle s Cement⸗Dachplatten sind sehr solide, die Cementsteine von gleicher Qualität wie die Leube'schen. In Gruppe 3 erscheint Hr. Axotheker Sautermeister von Klosterwald als Aussteller von Fußbodenglanz- wichse, Restitutionsschwärze und anderer Proben der Haushalts- Nutz- lichkeit unserer heutigen Chemie.

Durch drei Auesteller ist Hohenzollern in der Gruppe, Nahrunge⸗ und Genußmittel“ vertreten. In sehr bübscher übersichtlicher Aus stellung bringen sowohl Hr. Nell aus Sigmaringen als Hr. Schmidt aus Gammertingen reichliche Proben von Mal; für alle denkbaren Braujwecke, Weißbier, Braunbier u. s. w., während Hr. Joseph Gsell aus Hechingen neben Branntwein und Liqueur den als Ervort-⸗ artikel bedeutenden Essigsprit produzirt, wovon er auf 30 Apparaten 1000 hl im Jahr erzeugt.

In der 5. Gruppe finden wir eine Bonbonmaschine von Joh. Konstanzer in Hechingen, welcher aus diesem Fabrikationszweig eine in Württemberg und Baden geschätzte Spejialität gemacht bat, Heer von Buck in Sigmaringen und Chaisenaren von Bosch zu ingen.

Drei Autsteller sind in der 7. Abtheilung vertreten: die oben schon erwäbnten, Hüttenwerk Lauchertbal und Zimmerer in Sigma⸗ ringen, ferner der Taschenmesserfabrikant Hermann Müller aus Sig⸗ maringen, in dessen vielbewundertem Ausstellungskasten man zwei i mit vielen Klingen als für die Lotterie angekauft bezeichnet sieht.

Philipp Kästle aus Killer bat in Gruppe 9 Peitschen aller Art, solide, preiswürdige mit Maschinen und Handarbeit bergestellte Waare ausgestellt. Die Grurre 19 umfaßt die oben schon erwäbnten vrä⸗ miirten Firmen aus Hobenzollern (Baruch, Heilbronner und Levi). In Gruppe 13 ist das Modell eines Dampfkessels von Josef Beck nebst der Präßisionswaage von Bosch (. o. ausgestellt und es bleiben in Grurpe 15 zu erwähnen: das Modell eines Wasserwerks von Hrn Fritz in Sigmaringen und die treffliche Karte von Hohenzollern

und die

don Fink.

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Es sollte uns freuen, wenn die Fülle des uns vorliegenden Ma— terials es recht bald gestattete, auf die für Hohenzollern so ehren— vollen Leistungen seiner Aussteller zurückzukommen. Zu hoher Genugthuung aber gereicht es uns, daß dieser Bericht über die Kunst- und Industrieleistungen Hohenzollerns, soweit sie in Stuttgart ihre Würdigung fanden, gerade in dem Moment aus der Presse geht, da der Kronerbe des Deutschen Reichs unter uns Stutt— gartern weilt und persönlich die trefflichen Arbeiten aus Seinem süddeutschen Stammlande in unserer Ausstellung in Augenschein nehmen kann. Zu der Stammesgenossenschaft und zu dem Reichsbürgerthum, die uns mit den Bewohnern Hohenzollerns verbinden, ist als drittes hier, wie vor 10 Jahren in Ulm, die Arbeitskameradschaft, die Gemeinsamkeit deutschen Kunst- und Ge— werbefleißes getreten; dessen freut sich gewiß mit uns das Erlauchte Kronprinzliche Paar aus dem Hohenzollernstamme, an dem wir die Liebe zur Kunst, wie die rege Sorge für das gewerbliche Empor— streben der Nation schon seit so langer Zeit als hervorragende Eigen— schaften zu ehren gewohnt sind.

Beim Anblick der Alterthumsschätze aus Sigmaringen, die neben der kunstvollen Hinterlassenschaft ritterlicher Geschlechter von würt— tembergischer Abkunft Platz gefunden haben, gedenken wir des patrio— tischen Liedes unseres Paul Pfizer, das die „sel'gen Sterne Hohen— staufens, den kühnen Rothbart“; besingt und dann fortfährt, „doch die Helden sind geschieden, die Vergangenheit ist todt! Seele, von des Grabes Friede, wende dich zum Morgenroth!“ Dem Zollern-Aar schreibt unser Dichter ein Sonnenauge kühn und frei zu. Möge es noch viele künftige Triumphe deutscher und somit auch schwäbischer Kunst und Industrie schauen!

Das Friedrich-Wilhelmstädtische Theater wurde am Sonnabend unter der neuen Direktion des Hrn. Fritzsche nach längerer Pause wieder eröffnet. Man giebt seitdem mit täglich wachsendem Erfolge eine neue Operette: „Der Gascogner“, nach einem Roman Eugen Sue's von Richard Genée und F. Zell, mit Musik von Franz von Supps. Die Rovität hat zwei bemerkenswerthe Vorzüge, nämlich die, daß dem Zuschauer eine verständliche und einheitliche Handlung vorge nhrt wird, und ferner daß diese Handlung in ihrer scenifchen Anordnung eine wirklich künstlerische Steigerung des Affekts ermöglicht. Es sind das Vor— züge, ohne welche auch ein bewährter Komponist einen nachhaltigen Erfolg mit seiner Arbeit schwer erringen kann. Hr. v. Supps scheint aber in dieser Beziehung mit feinem Verständniß und mit Glück zu wählen, wie er denn auch den musikalischen Geschmack unseres Theaterpublikums geschickt zu treffen weiß. Wir wohn—⸗ ten gestern der dritten Vorstellung des, Gascogners“ bei, in welcher das Publikum wie bei der Premiere es sich nicht nehmen ließ, den beliebten Komponisten, der bei den bisherigen Aufführungen das Or— cester selbst dirigirte, durch Hervorruf wiederholt auszuzeichnen. In der That hinterläßt aber auch die Musik dieser neuesten Schöpfung Suppé's einen überaus erfreulichen Eindruck; was der Komponist giebt, sind nicht immer leicht tändelnde Weisen, vielmehr weiß er auch kräftig⸗ernste und ergreifende Sätze zu schreiben, und einige Nummern besonders des ersten und dritten Aktes rissen das Publikum zu stürmischem Beifall und Dacapo— ruf hin. Die Darstellung war im Ensemble wie in den Einzelleistungen eine recht erfreuliche, obgleich die Künstler— gesellschatt gleichfalls neu zusammengesetzt worden ist. Von älteren Kräften dieser Bühne haben wir nur Frl. E. Schmidt (Mirette) und die Herren Swoboda (Poliphem von Croustillach, Gut⸗ hery (Marchand) und Wellhoff (Baron Roupinelle) zu nennen, die in gewohnter Weise das Publikum für sich einnahmen. In erster Reihe aber gebührt den Damen Frl. Körner und Frl. Meyerhoff Anerkennung, die in edlem Wettstreit durch hübsche Stimmmittel und anmuthiges Spiel die Gunst des Publikums schnell erwarben. Von dem männ- lichen Künstlerpersonal leisteten die Herren Szika (James, Herzog v. Monmouth) und Rosen (Kapitän Daniel) xecht Erfreuliches. Die Inscenirung des Stückes durch den Direktor Fritzsche ver— dient jedes Lob, und die Ausstattung war in allen Scenen eine farben— prächtige und eindrucksvolle.

Bäder⸗Statistik. Personen

Ahlbeck (auf Usedom) bis zum 15. Sept. . ... 1531 St. Andreasberg bis zum 15. Sept. (Kurgäste) = ... 770 Baden⸗Baden bis zum 23. Septbr. (Fremde) 42 4530 Bertrich bis zum 14. Septbr. (Fremde) . 1517 k 344 J 2550 Bronn (bei Kestenholz) bis Ende August (nebst 44 Durch k ) Bühl (bei Barr) bis Ende August (nebst 14 Durchreis.) Carlsruhe (Oberschlesien) bis zum 28. August (136 Fam.) Charlottenbrunn bis zum 19. Sept. (nebst 543 Durchreis.) Crampas bis zum 1. Sept. .. Cranz am 15. Sept. (Kurgäste) JJ Cudowa bis zum 19. Sept. (nebst 610 Durchreisenden) Deep bis zum 1. Sept. . I Drei⸗Aehren bis Ende August (nebst 167 Durchreisenden) Dürrheim bis zum 15. Sext. (Kurgäste) Elster bis zum 13. Septbr. (3602 Nrn.). Gandersheim bis zum 15. Sept. (Kurgaͤste) w Goecjalkowitz bis zum 9. Sept. (nebst 126 Durchreisenden) Kurgaste) wd Görbersdorf bis zum 19. Sert. (Kurgäste) Grund bis zum 11. Sext. (Kurgäste) s Harzburg bis zum 11. Sept. (nebst 9137 Durchreisenden) Qurgãsle) w Helmstedt bis zum 15. Sept. (Kurgäste) 111 22 Hohwald bis Ende August (nebst 196 Durchreisenden) Imnau bis zum 15. Sert. .. 1 Kreujnach bis zum 23. Sertbr. (Kurfremde) (Nrn.) Landeck bis zum 19. Sext. (nebst 2164 Durchreis.) (Kurgäste) Lauterberg (Darz) bis zum 8. Sept. (Kurgäste) . . J 22 Münster a. St. bis zum 23. Sertbr. (Kurfremde) (Nrn.). Neuenahr bis zum 21. Seyt. (Fremde). Neubäuser am 15. Sert. (anwesend) Neu⸗Ragoczi bis zum 20. Sert. J Oeynhausen b. z. 23. Seytbr. (nebst 1331 Durchreis.) (Nrn.) Petersthal bis zum 4 Sext. (einschl. d. Durchreis.) 1192 Putbus bitz zum J. Sert. (nebst 10 M0 Durchreisenden) . 560 Reinerz bis zum 19. Sert. (nebst 2327 Durchreisenden) 3295 J . Saljbrunn bis zum 19. Sert. (nebst 1397 Durchreisenden) 2716 Saßnitz bis zum 1. Sept. 2 1960 Schandau bis zum 11. Sert. (nebst 21 317 Durchreisen⸗ k Suljbach (E. Münster i. Elsaß) bis Ende August (nebst 1' 12 Suljbad bis Ende August (nebst 168 Durchreisenden) . 107 Suljmatt bis Ende August (nebst 480 Durchreisenden) . 140 1mm Wangenburg bis Ende August (nebst 81 Durchreisenden). 243 Wattweiler bis Ende August (nebst 53 Durchreisenden) 155 1 538 J 2 1 Von den weniger frequentirten Bädern wurden besucht: Kloster Odilienberg bei Oberehnbeim is Ende August von 35 Gästen und 49 Durchteisenden, Rewahl big zum 1. Sert. von 32 Kurgästen,

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Suggenthal dom 15. August bis zum 15. Sept. von 62 Aurgästen.