1881 / 228 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 29 Sep 1881 18:00:01 GMT) scan diff

Hochzeit und der Vermählung unserer Tochter mit dem Kronprinzen von Schweden und Norwegen in so reichem Maße bethätigt wurden. Wir sind tief ergriffen von diesen liebevollen Gesinnungen, deren Ausdruck uns in wärmster Weise zu Theil ward sowohl in Adressen, Ansprachen und Telegrammen, als auch durch Geschenke in sinnigster künstlerischer Form und geschmackvoller Aus⸗ führung. Wir werden Allen noch besonders danken; aber es liegt uns am Herzen, heute schon öffentlich auszusprechen, wie sehr wir den Werth aller dieser wohlthuenden Kundgebungen zu schätzen wissen.

Auch im Namen unseres geliebten Kindes, das nun die theuere Heimath verlassen hat, bringen wir allen Denen, die ihr so viele Beweise von Liebe und Theilnghme zukommen ließen, einstweilen Dank dar, bis sie selbst im Stande ist, dieser Herzenspflicht zu genügen.

Die große Theilnahme, welche uns aus dem ganzen Lande in so liebevoller Weise entgegengebracht wurde, und die sich in so rührender Weise kund gab, verpflichtet uns zu unvergänglicher Dankbarkeit. Wir möchten dieselbe jedem Einzelnen aussprechen können, der uns einen freundlichen Gruß brachte, unter den Tausenden, die hierher kamen, um uns ihre Liebe zu beweisen. Wir müssen uns leider darauf be— schränken, in schwachen Worten zu sagen, daß wir die uns entgegen⸗

ebrachte Treue und Liebe von ganzem Herzen erwidern und nur wün⸗

3 im Stande zu sein, zu bethätigen, daß wir die schönste Aufgabe unseres Lebens auch fortan darin erkennen werden, für das Wohl des Landes und Volkes zu sorgen. Von ganzem Herzen danken wir endlich noch den Tausenden, die uns ein so wohlthuendes Mit⸗ gefühl beim Abschied unserer lieben Tochter aus dem Vaterhause, aus dem Heimathlande bekundeten. Die Gefühle der Theilnahme, welche uns bei diesem Anlaß mit so großer Wärme entgegengebracht wurden, bleiben uns ein trostreiches unvergeßliches Andenken. Dankerfüllt blicken wir auf die Erlebnisse der abgelaufenen elt welche uns den unvergeßlichen Eindruck gn erf fene ein großes Familienfest mit dem ganzen Lande und Volk haben feiern zu dürfen.

Ich ersuche Sie, dieses Schreiben zur öffentlichen Kenntniß zu bringen.

Karlsruhe, den 26. September 1881. Friedrich.“

Die gestern eröffnete badische Generalsynode wählte heute Bluntschli (Heidelberg) zum Präsidenten, Prälat Doll (Karlsruhe) zum Vize⸗Präsidenten. Bluntschli nahm die Wahl mit einer längeren Rede an, in welcher er erklärte, daß alle Richtungen für die Grundlage der Kirche gleich Uerechtigt seien und daß, wenn die Gegner den höchsten Werth auf das Dogmen⸗Bekenntniß legten, . Partei den größten Werth auf die Freiheit des Bekenntnisses lege. Der Präsident des Ober⸗Kirchenraths brachte 11 Vorlagen ein, darunter eine Gesangbuch⸗Vorlage, den Entwurf für die Feier eines gemein⸗ samen Resormationsfestes in der evangelischen deutschen Landeskirche, sowie eines Leitfadens für den Religionsunter⸗ richt in den Schulen. Die nächste Sitzung der General⸗ synode findet am Sonnabend statt.

Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 27. September. Die parlamentarische Thätigkeit kommt nunmehr in beiden Reichshälften immer mehr in Fluß. Hier sind es die ver⸗ sammelten vierzehn Landtage, jenseits der Leitha der heute zusan mentretende kroatische Landtag und der morgen durch den Kaiser feierlich zu eröffnende ungarische Reichstag, welche die Brennpunkte des öffentlichen Interesses bilden. In den zur Zeit versammelten Landesvertretungen giebt sich, wie die W. Abendpost“ bemerkt, allseits das Bestreben kund, die den Berathungen gewidmete Zeit in für die Bevölkerung möglichst ersprießlicher Weise auszunützen.

Pest, 28. September. (W. T. B.) Der Kaiser er⸗ öffnete heute Mittag 12 Uhr den ungarischen Reichstag mit einer Thronxrede, in welcher zunächst auf wichtige, in der vorigen Session unerledigt gebliebene Gesetzentwürfe, welche die Thätigkeit des Reichstags in Anspruch nehmen werden, hingewiesen und die Vorlage mehrerer mit Serbien abgeschlossenen Konventionen, sowie eines Gesetzentwurfes be⸗ . Inartikulirung der den inkorporirten Grenzgebieten ge⸗ währten Begünstigungen und einiger anderer der getroffenen Verfügungen angekündigt wird. Die Thronrede sagt sobann; Die staatgrechtliche Stellung und Zugehörigkeit Fiumes sei durch Urkunde Maria Theresia's, sowie durch die überein⸗ stimmenden älteren und neueren Gesetze klargestellt, doch werde die Regierung die Schritte thun, welche nothwendig seien, um die durch Artikel 30 des Gesetzes vom Jahre 1868 un⸗ erledigt gelassenen Detailfragen, der staatsrechtlichen Stellung Fiumes entsprechend, auf Grund der Billigkeit und der ge⸗ meinsamen Interessen zur allseitigen Zufriedenheit zu lösen. Das Strafgesetzbuch sei durch Regelung des Strafverfahrens zu ergänzen. In Betreff der privatrechtlichen Gesetze sei es un— abweislich nothwendig, den Verhältnissen des Lebens entsprechend vorwärts zu schreiten und ein derart vollständiges bürger⸗ liches Gesetzbuch zu schaffen. Ein tief gesühltes Bedurfniß sei die Verbesserung der Finanzverwaltung, die Stellung der

eine richtigere Grundlage. Eine Be⸗

Finanzgerichtsbarkeit au flimmung über die von den Beamten zu fordernde Qualisika⸗ tion und eine gesetzliche Regelung des Haushaltes der Komi⸗

tate sei unaufschiebbar. Abgesehen von anderen administra⸗ tiven Verfügungen sei die ehethunlichste Errichtung eines Ver— waltungsgerichts eiforderlich. Ebenso würden die Verbesserung der Verwaltungsgesetze, die Ergänzungen des Kommunikationg⸗ systems, die Förderung des Handels, die Entwickelung der Industrie und der Landwirthschaft zur Hebung des Wohlstandes der Einzelnen und des Staates im Wege der Gesetzgebung die Thätigkeit des Reichstags in hohem Grade in Anspruch nehmen. Der Kaiser hoffe zuversichtlich, daß der Reichstag von der hohen Wichtigkeit dieser Aufgaben durchdrungen und auch darauf kedacht sein werde, daß die im Staatshaushalte eingetretene Ordnung und der wiederhergestellte Staatskredit selbst dieses Zieles halber nicht gefährdet werden dürfe und daß die Herstellung des Gleichgewichts im Staateahaushalte, wenn auch schrittweise, doch konsequent, selbst mit Selbstver⸗ an angestrebt werden müsse. Die Thronrede be⸗ rührt ferner die gleichsalls wichtigen Interessen des öffentlichen Bildungswesens und lenkt aufs Neue die Auf⸗ merksamteit der Gesetzgebung auf die Neuorganisirung des Dberhauses. * allen diesen r, werde die Re⸗ gierung die gesetzmäßige Initiative ergreifen. Die Thronrede appellirt an die Weisheit, die Vaterlandeliebe und den Eifer der Abgeordneten behufs gedeihlicher Erledigung dieser Ange⸗ legen heilten. Der Kaiser sei erfreut, erklären zu können, daß der gegenseitige gute Wille der Mächte, welcher die zesiweise aufgetauchten Fragen . friedlich zu 1ösen ermöglicht habe, auch derzeit fortbestehe. Dieser Umstand und die freundschaft⸗ lichen Beziehungen Oesterreich Ungarns zu den Mächten be⸗ rechtigten den Kaiser zu der Erwartung, daß seine Völker die Segnungen des Friedens ungestört genießen und demnach ihre ganze Thätigkeit der Regelung der inneren Ungelegenheiten

Graf Majlath ist zum Präsidenten, Graf Sz oe gyenyi zum Vize⸗Präsidenten des Oberhauses ernannt worden.

Agram, 27. Seytember. Der Landtag wurde vom Banus in feierlicher Weise mit der Verlesung des Königlichen Reskriptes eröffnet, welches die Vorlage der Kaiserlichen Er⸗ lasse und Verordnungen, betreffend die Einverleibung des Grenzgebietes ankündigt und die Erwartung ausspricht, daß der Landtag den neuen Beweis des Königlichen Wohlwollens nur zu dem reellen und segensreichen Vortheile Kroatiens und Slavoniens verwerthen werde. Das Reskript präzisirt als Aufgabe der Regierung besonders zweckmäßige organische Re⸗ formen der Verwaltung, und fordert schließlich zur Wahl der erforderlichen Anzahl der Reichstagsabgeordneten auf. Nach Schluß der Sitzung begaben sich die Abgeordneten zum Banus mit der Bitte, der Dolmetsch ihrer unerschütterlichen Hin⸗ gebung an den Monarchen zu sein.

Schweiz. Bern, 27. September. (N. Zürch. Ztg.) Durch eine gestern in Paris vom Minister des Auswärtigen und dem schweizerischen Gesandten Dr. Kern unterzeichnete Er⸗ klärung wird der französisch-⸗schweizerische Handels— vertrag bis zum 8. Februar verlängert.

Großbritannien und Irland. London, 27. Sep⸗ tember. (Allg. Corr.) Die Nachricht von dem Siege Ab⸗ durrahmans wird von der gesammten Tagespresse mit größter Befriedigung begrüßt, umsomehr da England dadurch von mancherlei Verlegenheiten befreit werde. So schreibt der „Morning Advertiser“: „Der Sieg des Emirs ist der unserige wie der seinige. Derselbe beseitigt jedwede unver⸗ zügliche Nothwendigkeit für Geldausgaben an der nord⸗ westlichen Grenze, und es mangelt nicht an Zeichen solcher Konzessionen auf Seiten des Czaren, die uns in den Stand setzen werden, einen ständigen Vertre⸗ ter in Kabul zu haben, während er einen Gesandten in Simla oder Kalkutta haben wird. Die Niederlage Ejubs ist mithin ein entschiedener Gewinn. Die Pall Mall Gazette“ äußert sich in ähnlichem Sinne. Die Nachricht aus Kandahar, bemerkt das Blatt, ist hauptsächlich darum wichtig für uns, weil dieselbe dazu beitragen wird, die Räumung von Khojak und Pischin zu beschleunigen. Es macht wenig für uns aus, wer in Afghanistan rr ft so lange wir nur aus dem Lande heraus sind, und wir hoffen, dem entschiedenen Siege, den der Kabuler Emir errungen, werde rasch der Rückzug unserer Truppen aus Quetta folgen. Die „Times“ meint, daß der Emir nunmehr frei sei, seine Stellung im Lande zu befestigen und durch weise und energische Benutzung seines Sieges zum

ersten Male nach vielen Jahren ein geeinigtes Afghanistan herzustellen.

Ueber das Treffen zwischen Abdurrahman und Ejub Khan erhält die „Times“? von ihrem Korrespon— er auf dem afghanischen Kriegsschauplatze nachfolgenden

ericht:

Am 19. ds, verlegte der Emir, da er es sehr schwierig fand Mehl für seine Truppen zu erlangen und außer Stande war, Giut aus seiner Stellung herauszulocken, sein Lager etwa 9 Meilen nach Westen zu. Durch dieses Mannöver gab er seine einen größeren Gebietsstrich beherrschende Linie auf, um besser im Stande zu sein, seine Truppen mit Mundvorräthen zu xversehen, und sicherte sich durch diesen Lagerwechsel eine Stellung mit Ueberfluß an Wasser und Mühlen. Er blieb auch in , n, ließ sich ihm eine Rückhzugslinie nach Pischin offen. Während der nächsten zwei Tage verhielt er fich ruhig, während Ejat sein Lager von Osten nach Westen der Stadt verlegte und sein eigenes Hauptquartier in Ghilzina, 3 Meilen von . auf der Straße nach Herat aufschlug. Von diesem Punkte läuft in einer Länge von 4 Meilen ein Kamm sehr steiler felsiger fil nach Südwesten. Oestlich davon, eine Meile von Ghilhzina, iegt das alte Kandahar, welches von Nadir Schah im J. 1735 zerstört wurde. Es ist eine völlige Ruine, aber sein breiter Graben und seine massiven Brustwehren machen es, noch immer zu einer furchtbaren militärischen Position. Rier pflanzte Ejub seine Kanonen auf, während seine Infanterie die Dörfer und Umwallungen in Länge von einer Meile und darüber nach seiner linken Front bescht jielt. In dem offenen Thale im Westen der Hügel stellte er seine heratische Reiterei und ein herati⸗ 67 Fußregiment auf, augenscheinlich um seinen Rückzug zu decken. Bei Tagesanbruch am 22, ds. brach der Emir, dessen Hauptquartier in Karezri⸗Niko, 6 Meilen im Südwesten von Kandahar und 13 Meilen von dem südlichen Ende des Hügels war, sein Lager ab, in der Absicht, auf die Hügel vorzurücken und dieselben am nächsten Tage , allein er kam in den Dörfern zu gn Rechten zum Vorschein, und Abtheilungen seiner Ghilzai-Reiterei engagirten die heratischen Truppen in dem Thale nach Westen zu. Als er die Hügel erreichte, eröffneten Ejubs Kanonen auf der suͤd— lichen Schanze der alten Stadt ihr Feuer auf ihn, und der Emir rückte vorwärts, um denselben zu begegnen. Ejub stellte en Kan⸗ dahar⸗Regimenter in der Front auf, nächst diesen die Ghazis, von denen er nahezu 19909 hatte, und hinter denselben zwei der zu ihm übergegangenen Kabuleser iar . während das dritte Re⸗ giment bei der Bagage blieb. Das Treffen dauerte ohne irgend ein Resultgt drei oder mehr Stunden, als die Kabuleser plötzlich eine Füsillade auf die vor ihnen stehenden Ghazis und Kan daharer Truppen eröffneten. Diese Verrätherei entschied den Tag. Die Ghazig und Kandaharer Truppen lösten sich auf und flohen, und zwei der heratischen Regimenter gingen zum Sieger über. Die Ghilzai⸗Kavallerie hatte mittlerweile die in dem Thale westlich von den Hügeln aufgestellte heratische Kavallerie und Infanterie zersprengt, scheint aber nicht im Stande gewesen zu sein die Straße zu halten, denn Ejub und seine Sirdars entkamen unbehelligt.

Eine amtliche Depesche aus Simla macht Angaben über die Stärke der beiden feindlichen Streitkräfte: ö

Die Streitmacht des Emirs bestand danach aus 3709 Mann regulärer Infagterie, 3009) Mann regulärer Kavallerie, 18 Kanonen, 300 oder 1000 Mann regulärer Infanterie und 30 Mann irrequlärer Reiterei. Ejubs Heer zählte 4000 oder 500 Mann regu— läres Fußpolk, 14 Kanonen, 1809 beratische Reiter und 10099 Du— ranig. Ejubs Verlust beträgt 250 Todte, während der Emir 40 oder 50 Todte und eben so viele Verwundete batte.

Dover, 28. September. (W. T. B.) Lord Gran⸗

(W. T. B.) In einem

ville ist heute nach dem Kontinent gereist. Dublin, 29. September.

gestern hier abgehaltenen Meeting der katholischen Bischösfe Irlands wurden mehrere Resolutionen gefaßt, in denen die Pächter ermahnt werden, von der Landbill Nutzen zu ziehen und gleichzeitig davor gewarnt werden, sich an Geheimbunden, Gewaltakten und Einschüchterungen zu be⸗ theiligen. Schließlich wird in den Resolutionen die Begnadi⸗ gung der politischen Gefangenen befürwortet.

Frankreich. Paris, 27. September. (Cöln. Itg.) 63 heutigen Ministerrathe waren außer Ferry auch die inister Constans und Cazot wieder abwesend; der Kriegs⸗ Minister dagegen erschien und theilte eine Depesche des Ge⸗ nerals Saussier mit, worin derselbe meldet: die Dperatio⸗ nen gegen Kahiruan könnten der Hitze wegen nicht vor 10

und der Förderung der materiellen und geistigen Interessen des Landes würden widmen können. ;

bis 15 Tagen eröffnet werden. Saussier will auch erst noch

nifestes der äußersten Linken wegen Einberufung der Kam⸗ mern beschloß der Ministerrath die Ignnorirung. Morgen gehen wieder 2500 Mann von Toulon nach Tunesien ab. Heute rückte von Paris ein Vataillon Infanterie nach Afrika ab.

Mont⸗sous⸗Vaudrey, 27. September. Der Präsi⸗ dent Grevy kehrt am 2. oder 3. Oktober nach Paris zurück und wird am 5. den Ministerrath leiten, in welchem die Ein⸗ berufung der Kammern festgesetzt werden soll. Am 30. Sep⸗ tember wird der Präsident die Truppen, die in der Nähe seines Wohnsitzes manövriren, Revue passiren lassen.

Aus Tunis wird unter dem 27. September gemeldet: Bei Miutör hat eine Abtheilung Reiterei, die von Manaba kam, 800 Reiter der Aufständischen, die umzingelt worden, fast ganz vernichtet. In Sahalin bei Susa schlug Oberst Moulin h0o arabische Reiter und 19000 Mann zu Fuß; der Kampf dauerte drei Stunden. Die Araber hatten 1566 Todte. Trotz aller Vorkehrungen dauert die Kriegscontrebande auf großem Fuße fort. Fast alle Stämme des nördlichen Tunesiens, welche sich nach der ersten Expedition unterworfen hatten, sind in vollem Aufstande. Die Aufständischen sind entschlossen sich aufs äußerste zu wehren.

Türkei. Aus Konstantinopel wird dem „Reuterschen Bureau“ unterm 26. d, gemeldet: „Signor Mancardi, der italien ische Delegirte bei der Finanz kommission, ist an⸗ gekommen. Die Subkommission hat ihren Bericht an die Re⸗ gierung in Betreff des Raths für die Verwaltung der indirekten Steuern angenommen. Derselbe wird in einer am nächsten Donnerstag stattfindenden Plenarsitzung zur Er⸗ örterung gelangen. Er schlägt vor, daß eine permanente Kaiser⸗ liche Kommission im Rathe sitze, ohne stimmberechtigt zu sein, und daß die Pforte die Ermächtigung zur Ernennung von Controleuren haben soll, die befugt sein werden, Information zu verlangen, die Bucher zu prüfen und Berichte zu erstatten, aber nicht Beamte zu entlassen. Die Pforte würde die Ge⸗ hälter dieser Inspektoren zu zahlen haben. Der Rath hat jedes Halbjahr ein Budget zu veröffentlichen. Es ist ferner besonders vorgeschrieben, daß die Controleure sich in keiner Weise in die Verwaltung der Steuern mischen dürfen In Betreff der Frage des bulgarischen Tributs bleibt Mr. Bourke dabei stehen, daß die Delegirten das Recht haben, denselben zu beanspruchen. Er hat der Pforte gegenüber hervorgehoben, daß der Tribut einen sehr kleinen Theil der Einkünfte Bulgariens bilde, deren ganzer Betrag ausdrücklich schon für frühere Anleihen hypothecirt war. Er ist der Meinung, daß von dem Augen⸗ blick an, als Europa den Tribut fixirte, die Pforte denseiben nach Belieben irgend Jemanden überweisen konnte.“

Serbien. Belgrad, 28. September. (W. T. B.)

n einem längeren Kabinetsrathe, welcher anläßlich de

emission des Minister-⸗Präsidenten unter dem Vorsitze des

Fürsten abgehalten wurde, wurde der von Letzterem besür⸗

wortete Beschluß gefaßt, daß das gegenwärtige Kabinet un⸗ verändert in seinen Funktionen verbleibe.

Bulgarien. Sofia, 28. September. (W. T. B.) Der Erzbischof verlas heute Vormittag von der Kanzel ein Ma⸗ nifest des Fürsten, durch welches ein Staatsrath ein⸗ gesetzt wird, der aus 8 gewählten, K vom Fürsten ernannten und 3 rechtskundigen Mitgliedern gebildet wird.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 29. Sep⸗ tember. (W. T. B.) Der Kaiser hat gestern bei Kron⸗ stadt über die aus dem stillen Ocean und dem Mittelmeer zurückgekehrten Schiffe eine Revue abgehalten, die gegen 7 Stunden dauerte. Am Schluß der Revue sprach der Kaiser über den Befund der Schiffe und wegen der mit der größten Präzision ausgeführten Evolutionen seine Anerkennung aus. Nach einer Mittheilung des „Journal de St. Peters bourg“ begiebt sich der Rath Thörner vom Finanz⸗Ministerium in nächster Woche nach Konstantinopel, um dem Botschafter No⸗ wikoff bei den finanziellen Verhandlungen mit der Pforte wegen der im Friedensvertrage von 1678 für Ruß⸗ land stipulirten Kriegsentschädigung zur Seite zu stehen.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 26. Sep⸗ tember. Der König, die Königin und die Prinzen Oskar, ,, Eugen sind heute Vormittag wieder hier ein⸗ getroffen.

Gothenburg, 28. September. (W. T. B.) Das schwedische Kronprinzenpaar wurde hier mit begeister⸗ tem Jubel empfangen. Der Landeshauptmann hielk eine Ansprache, in welcher derselbe die Hohen Neuvermählten wi⸗ kommen hieß und auf die der Kronprinz erwiderte. Die Stast ist aufs Festlichste geschmückt.

Afrika. Egypten. Kairo, 28. September. (W. T. B.) Ein Regiment Neger unter Abdullah Bey wird am Sonnabend und ein anderes Regiment unter Arabi Bey in der nächsten Woche nach einem Orte zwischen Suez und Sa⸗ gestß abgehen. Das Gerücht, daß der Abmarsch des Neger⸗

egiments bereits srüher hätte stattfinden sollen, aber in Folge der Weigerung des Oberst, zu marschiren, verzögert worden sei, ist vollkommen unbegründet. Der Abmarsch war von vornherein auf den Sonnabend festgesetzt, damit die Truppen erst noch den Monatssold erhalten können.

Nr. 23 des Armee-Verordnungs⸗Blattg hat folgenden Inhalt: Dienstvorschrift fuͤr den Inspeckeur der militärischen Straf⸗ anstalten. Dienstvorschrift für die Arbeiterabtheilungen. Regle⸗ ment für die Prüfung der nicht im Stations-, Eweditions. oder Bureaudienst beschäftigten mittleren und niederen Staatseisenbabn beamten. Berichtigung. Bescheinigung des Uebertritts übungs⸗ pflichtiger Ersaßzreservisten in die Kategorie der nichtübungspflicht igen Ersatzreservisten J. Klasse. Bekleidungsentschädigung für die Ar⸗ beits soldaten, welche zu den Uebungen im Etatsjahre 1881/82 heran-

ejogen waren. Nachtrag Nr. 1 zum zweiten Theile der Kriegs euerwerkerei.

Nr. 4 des Amtsblatts des Reichs -Postamts har folgenden Inhalt: Verfügungen: Vom 19. tember 1881. Zeitungs verkehr mit Oesterreich⸗Ungarn.

Nr. 47 hat folgenden Inhalt: Verfügungen: vom 22. September 1881: Portoberechnung für Padete mit Werthangabe nach Groß⸗ britannien und Irland bei der Beförderung über Belgien (Ostende). Vom 21. September 1881: Verwechselung der verschiedenen Orte mit den Namen Einsiedel, Einsiedl und Einstedeln.

Nr. 17 des Archivs für M und Telegraphie, Beiheft zum Amtsblatt des Reichs ⸗Postamts, herausgegeben im Auftrage des eichs · Posta te, hat folgenden Inhalt: ktenstücke und Auf⸗ sätze. Die Benutzung der Post im Interesse des Fischereibetriebes.

Verstärkungen abwarten. In Betreff des angekündigten Ma⸗

Dag alteste französische Kursbuch. Japans Telegraphenwesen im Jahre 1878/79. Das französische Gesetz vom 29. Januar 188

ü je Handelsmarine. Kleine Mittheilungen: Kanalverbindung 1 . Kaspischen und dem Schwarzen Meere. Das unter⸗ irdische Leitungsnetz des deutschen Reichs⸗Telegraphengebietes Gründung eines Marinemuseumz. Brand, der QDrahtseil-Hänge⸗ brücke über den Alleghany zwischen den Städten Pittsburgh und Alleghany. Durchstechung des Isthmus von Korinth. Brief⸗ beförderung im vorigen Jahrhundert. Kanal verbindung zwischen Venedig und der Gotthardbahn. Literatur des Verkehrswesens:

Struve, Verzeichniß sämmtlicher Postorte von Deutschland und Bee e e re,. nebst einer Tar- und Speditionskarte. Sechste Ferichtigte und mit einer Uebersicht der neu eingerichteten Postanstaltzn wenehtte Auflage. Berlin 18531. Nicolaische Buchhandlung (R. Stricker. Zeitschriften⸗Ueberschau.

Nr. 19 des Central-⸗Blatts der Abgaben, Gewerbe⸗ und Handel s-⸗Gesetz gebung und Verwaltung in den König⸗ lich Preußischen Staaten hat folgenden Inhalt: Allgemeine Verwal- tungsgegenstände; Erlaß der Zahlungsanweisungen in Folge der Pfändungen des Dienstein kommens der Beamten. Bewilligung von Büreaukosten an die Bezirksobercontroleure. Fertigung der Rein⸗ schriften der Jahresrechnungen. Berechnung der Konventigonalstrafen bei Ausführung, fiskalischer Bauten. Vereinfachung des Abschlusses der Rekapitulationsregister zu den Gerichtskostenregistern. Formular zu den Heberegistern über Zwangs vollstreckungs gebühren. Heran—⸗ ziehung von, Baubeamten durch Vermittelung ihrer vorgesetzten Be⸗ hörde. Einklagung von überhobenen und defektirten Zeugengebühren. = Ermittelung der Gerichtskosteneinnahmen in bürgerlichen Rechts⸗ streitigkeiten. Indirekte Steuern: Tarifirung von gemahlenem Schmirgel und Schmirgelpräparaten in mit Papier heklebien Blech⸗ dosen. Verzollung von Knochenfett von schmalzartiger Konsistenz. Uebergangsabgabensätze für Bier, Branntwein und Malz in Würt⸗ temberg. Werthstempel bei Verpachtung eines mehreren, Eigen⸗ thümern gehörigen Grundstücks an Einen derselben. Abänderung der Vorschriften über die Verwendung der Wechselstempel marken. Ausführung des Reichsstempelgesetzes. Personalnachrichten.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Der Königliche Garten⸗Inspektor C. Bouchs ist gestern Morgen an . Herzleiden gestorben. Neben seiner amtlichen Stellung als Inspektor des Botanischen Gartens hat Hr. Bouchs güch eine langjährige erfolgreiche Wirksamkeit als Dozent an dem hiesigen landwirthschaftlichen Lehr⸗Institut und Museum hinter sich.

Unter dem Titel „Die Polizeibehörden in ihrer Thätigkeit als Hülfsbeamte der Staatsanwaltschaft und als Polizeirichter“ ist von dem Amtsrichter Höfling in Salzungen soeben bei Veit u. Comp, in Leipzig ein kleines Buch zum Preise von 246 erschienen, das die für die Polizeibehörden wesent⸗ lichen Grundsätze, welche durch die n n n, n aufgestellt worden sind, zusammenfaßt und erläutert, dabei die einzelnen landes— gesetzlichen, über die polizeiliche Straffestsetzung ergangenen Bestim⸗ mungen mit anschließt und auch diejenigen allgemeinen Prozeßgrund⸗ sätze aufnimmt, welche bei Ausübung der polizeilichen Straffestsetzungs⸗ befugniß zu beachten sind. Bürgermeistern, Amtsvorstehern, Orts- oder 3 und sonstigen mit der Handhabung der Polizei betrauten Personen wird durch dieses nützliche und praktische Büchlein eine kurze, leicht faßliche und vollständige Uebersicht über alle maßgebenden reichs⸗ und landesgesetzlichen Bestimmungen ge⸗ boten und die , sich zi letzteren aus den verschiedenen Reichs⸗ und Landesgesetzen herauszusuchen.

s. Von dem 9 erlage der Hof⸗Buch und Kunsthandlung von Sigmund Soldan erscheinenden Werke: Albrecht Dürers sämm t⸗ fiche Kupferstiche mit Text von Dr. Wilhelm Lübke, Pro⸗ feffor der Kunstgeschichte, nach den besten Originalen des Königlichen Nupferstichkabinets in München durch unveränderlichen Lichtdruck in Orlginalgröße reproduzirt von J. B. Obernetter“, ist die dritte Teferung ausgegeben worden. Diese Lieferung umfaßt. folgende zehn Blätter: I) Passion, Christus wird. vor Pilatus ge— führt, Y Passion, die Auferstehung, 3) Maria mit dem Stirn⸗ band, dem Christuskind die Brust reichend, I der Apostel Paulus 5) der Apostel Bartholomäus, 6) Philipp Melanchthon, 7) die Ge⸗ rechtigkeit, 8) die Melancholie, M die drei Genien mit Helm und 5 19) der Spaziergang. Wir haben bereits bei dem Erschei⸗ nen der beiden ersten Lieferungen dieses vortrefflichen Werkes, durch dessen Herausgabe sich die Verlagshandlung ein bedeutendes Ver⸗ dienst um die Verbreitung der herrlichen Kupferstiche des großen deutschen Meisters erwirbt, aufmerksam gemacht, und können nicht umhin, bei dieser Gelegenheit dieses der deutschen Kunst gewidmete Unternehmen allen , ,. Albrecht Dürers nochmals warm zu empfehlen. Die Ausführung der Blätter nach den besten Driginalen ist eine ganz vorzügliche auf, der Höhe der heutlgen Technik stehende und der begleitende Text aus der Feder Lübke's, des hervorragenden Kunsthistorikers, bietet weit mehr als eine bloße Beschreibung der einzelnen Blätter, er giebt vielmehr eine vollständige, geistvoll geschriebene Charakteristik Albrecht Dürer als Kupferstecher, als welcher der Meister nicht minder genial erscheint, wie als Maler. Bei der Ausstattung des Werkes, die in jeder Hinsicht uneingeschränktes Lob verdient, hat der Verleger weder Sorgfalt noch Kosten gespart, um das Unternehmen in einer dem schönen Gegenstande würdigen Weise auszuführen. Es ist daher nur zu wünschen, daß das treffliche Werk eine recht weite Verbreitung finde, deren es in vollem Maße werth ist.

Die am 1. Oktober d. J. erscheinende Nr. 1996 der Illu⸗ strirten Zeitung“ oer ng. J. J. Weber) enthält folgende Abbildungen: Galerie schöner Frauenköpfe; VI. Dorothea. Gemälde von Edgar Hanley. Nach einem Lichtdruck aus dem 3 von W. A. Mansell u. Co. in London. Das Kavalleriemanöver bei Konitz in Westpreußen. 6 Abbildungen. Qriginaljeichnungen von H. Lüderß. Michael Munkacsy. Die neue deutsche Seewarte in Hamburg. Nach einer phetographischen Aufnahme von G. Roypp⸗ mann u. Co. in Hamburg. Bilder von der dänischen Insel Möen,. 9 Abbildungen. Jiac der Natur gezeichnet von O. Strützel. Besuch bei der jungen Wöchnerin. Gemälde von Michael Munkacsy. Nach einer Photographie aus dem Verlag von Charles Sedelmever in i Verliner Bilder: Die Ruderregatta auf dem Langensee bei Grünau am 11. September. Originalzeichnung von C. Koch. Chr. Friedr. Scherenberg, S am 9. September, Murad Efendi, F am JI2. September. Präsident Garfield auf dem Krankenbett, FR am 19. September. Marderhund mit Jungen im z ischen Garten zu Berlin. Nach dem Leben gezeichnet von G. Mützel. Kuriositäten aus den Gebieten der Heraldik. Sphragistik. Numismatik 2c. Mittelalterliche Siegeltyyen. JV. Eine schwer bestimmbare Münze. Polvtechnische Mittheilungen: Geldversendungstasche. Schutz belleldung für Arbeiter. Vier eckiger Schirm, Patent H. Horn u. Co.

Gewerbe und Bandel.

Zufolge neuerer) Nachrichten aus Belgrad sind in Serbien mehrere Erkrankungen, und zwar bei Schafen an Blattern im Pirotser und Nischser Kreise, bei Rindern und Schweinen an w. im Gacakser, Jagodin'er und Kragujewatz er Kreise vor⸗ gekommen. . .

Dem Seitens des Aufsichteraths des Eschweiler Berg werksvereins in der Generalversammlung der Aktionäre erstatteten Berichte entnehmen wir Folgendes: Das Unternehmen hat im abge— laufenen Geschaäͤftesahr in seiner Entwidelung weitere günstige chritte gemacht. Die Aus- und nn,, n,. auf Reserve⸗ 2. sind namhaft vorangeschritten, so daß sie die Au nahme der

eblenförderung daselbst bereits im laufenden Geschäftsjghre erwarten lassen (das ist inzwischen bereits geschehen) und eine if fortschrei⸗ tende Entwickelung derselben in Aussicht stellen. Die Resultate des lau

) efr. Reiche Anzeiger Nr. 211 de 1881.

fenden Betriebs waren zufriedenstellende. Sie ergaben einen Brutto⸗ Ueberschuß, welcher nach Dotirung des Reservefonds für event. Ver— luste an Debitoren im Betrage von 15 000 66 und nach Reserve⸗ stellung von 19350 AM für die Hälfte der pr. 1881 zu amortisirenden SMigen Obligationen die Summe von 106 423 , also 158 851 mehr beträgt als im Vorjahre, und es gestattet, nach Verwendung von 360 009 ½ zu Abschreibungen, die Vertheilung einer Dividende von 2 oo vorzuschlagen. Den Vorschlägen des Gesellschaftsvorstandes entsprechend, beschloß die gestrige Generalversammlung, aus dem Ueber⸗ schuß von 346 423 „6 statutengemäß nach Dotirung des Reservefonds im Betrage von 34 642 Æ und nach Abzug der vertrags mäßigen Tantiemen eine Dividende von 20so des ausgegebenen Aktienkapitals zu vertheilen. Aus dem alsdann verbleibenden Saldo werden 2. „e unter die Angestellten der Gesellschaft vertheilt und der Rest mit 510 46. auf neue Rechnung vorgetragen. . .

In der ordentlichen Generalversammlung der Vereinigten Königs- und Laurahütte, Aktiengesellschaft für Berg— bau und Hütten be trieb vom 28.8. M., waren 14 Aktionäre anwesend, welche 13 828 Stimmen mit einem Aktienkapital von 8 296 800 6 ver⸗ traten. Von der Verlesung des Geschäftsberichts wurde Abstand genommen und dem Aufsichtsrath nach erstattetem Bericht der Revisoren Decharge ertheilt. Die Vertheilung der vorgeschlagenen Dividende von 400 wurde genehmigt und aus dem verbleibenden Saldo dem Arbeiter⸗ unterstüͤtzungs fond des Hüttenwerks Laurahütte 56h) S6, sowie dem extraordinären Arbeiterunterstützungsfond der Vereinigten Königs- und Laurahütte 10000 60 überwiesen. ;

Am sterdam, 28. September. (W. T. B.) Bei der heute von der niederländischen Handelsgesellschaft abgehaltenen Zinnauktion wurden 23414 Blöcke Bankazinn zum Preise von 573 . 5835 Cent. zum Verkauf gestellt. Der Durchschnittspreis betrug 584 Cent. .

; London, 28. September. (W. T. B.) Wollauktion. Die Festigkeit, welche in den letzten 8 Tagen herrschte, dauerte bei der gestrigen Auktion fort. Preise durchschnittlich 5 d. höher, als im ersten Theil der Serie.

Plymouth, 28. September, (W, T. B.) Der Hamburger Postdampfer „Suevig ist hier eingetroffen. . ö

Havre, 28. September. (W. T. B.) Wollauktion animirt und sehr fest. 2166 Ballen angeboten, 1449 B. verkauft.

Berlin, 29. September 1881.

Den in dem letzten Bericht besprochenen Bildern religiösen In— halts auf der diesjährigen Kun stausstellung mögen diejenigen folgen, welche antike und mythologische Stoffe zu Vorwürfen haben. Unter ihnen nimmt Rudolf von Deutschs „Penelope die erste Stelle ein, ein Werk, welches durch Adel der Linien und Vornehmheit der Farbe jene einfache würdevolle Schönheit der Antike erreicht, welche sich freilich nicht durch Pikanterien und brillante Mache aufdrängt, sondern erkannt sein will, ehe sie genossen werden kann. Emil Teschendorff t in seinem Gemälde „Antigone und Ismene“ durch eine geringe Zuthat von Sentimentalität, die er üher die klassisch geformten Köpfe und die edel modellirten Gestalten breitet, die Antike dem modernen Empfinden näher zu bringen. Das Bild reiht sich dem früher ausgestellten, Antigone und der blinde Oedipus“, in allen Vorzügen würdig an und ist mit dem vorerwähn⸗ ten eines der wenigen Gemälde größeren Stils, vor denen man unge⸗ trübte Freude und rechte Erhebung empfinden kann. Das— selbe kann man von dem neuesten Bilde Lorenz Alma⸗Tadema's (London) nicht sagen; dieser Künstler, welcher jg auch auf den bisherigen Bildern seine Virtuosität als Marmormaler effektvollst zu verwerthen wußte, aber sie doch in den Dienst des zu schildernden Vorganges stellte, giebt ihr in seinem, Sappho betitelten Bilde einen so , . Spielraum, daß man die Absicht merkt und verstimmt wird. eine Gestalten haben immer etwas Steifes in der Haltung und Seelenloses im Ausdruck gehaht und darin. die Herkunft der Modelle nicht verleugnen können, aj deren Studium der Künstler angewiesen war; nachgerade aber nehmen seine Bilder ganz den Charakter von Tableau vivants aug einem Londoner ästhetischen Klub an und fordern durch die Suffisance, mit der sie das an unaufgeklärten Räthseln für uns doch noch so reiche antike Leben photographisch getreu wie nach der ere ge gen Wirklichkeit rekonstruiren zu können prätendiren, den Widerspruch heraus. Die fast greifbare realistische Wahrheit, mit der der Künstler den ganzen antiken Apparat an Kostümen, Geräthen ꝛc. beherrscht und zu repro⸗ duziren weiß, verdient uneingeschränkte Bewunderung, aber seine Auf. asfung des antiken Lebens ist auch in den neuesten Bildern eine stark i nn und dem english taste an faßt ;

Den Uebergang zum Genre bilden Arthur Fitgers (Bremen) Hexenfahrt- und die Illustrationen zu Dichtern. Das sigurenreiche , . Bild ist großartig komponirt, läßt aber die düstere wahre

eidenschaft, welche der Maler ⸗Dichter beispielsweise in seinen Winternächten ' entfaltet, in befremdlicher Weise vermissen und ist auch in der Farbe, welche stark an Malarts Manier erinnert, nicht ganz selbständig. Auch W. Lindenschmidt (München) ist in seinem Gemaãlde Auerbachs Keller nicht sehr glücklich; abgesehen von der willkür⸗ lichen Zuthat einer Magd, wirkt die Figur des Mephistopheles thea⸗ trglisch, ja fratzenhaft. Der Mappa“ von Alexander Wagner (München) hat dagegen wieder zu viel von einem akademischen Akt an sich. 1

4 außerordentlich reich, wie immer, präsentirt sich das Genre, aber freilich dem künstlerischen Werthe nach ebenso ungleich. Auch fehlt es diesmal an wirklich hervorragenden Attraktiong⸗ und Mittel⸗ punkten des Interesses, so daß bei der übergroßen Fülle eine gerechte Würdigung des Einzelnen sehr erschwert ist. Ludwig Bokelmann Gf rh vermag mit seiner Verhaftung? nicht mehr in dem Maße zu interessiren, wie durch frühere Werke, welche ihm über⸗ schwängliche Ehren eingetragen haken; die dem heutigen Alltags leben entnommenen Stoffe, welche sich auf seiner Leinwand in zahl— reichen Figuren so erflaunisch treu aber auch so rein äußerlich wie in der Camera obscura abspiegeln, wirken durch ihren trostlosen allen wirklichen Gefühls Interesses baren Inhalt am Ende peinlich und abstoßend. Eine ähnliche unerfreuliche Lektien im Pessimismug ertheilt ung Hermann Karow (Rönigsberg) in seinem „Verurtheilt betitelten Bilde, das aber an die großen malerischen Vorzüge des vorgenannten bei Weitem nicht heranreicht. Frische heiterste Lebene⸗ freude und glücklichster Optimismus lacht uns dagegen aus dem aller liebsten Bilde von Hans Dahl (Düsseldorf) . Weibliche Anziehungs—⸗ kraft entgegen, welches beweist, wie viel Reiz sich dem einfachsten, naivsten Vorwurfe abgewinnen läßt, wenn man sich mit warmem Künstlerblut daran macht; freilich gehören aber auch so treffliche malerische Qualitäten dazu, wie sie der begabte Norweger besitzt. Wie affektirt und arrangirt nimmt sich dagegen bei aller Mannigfaltigkeit dre Charakteristik das Gesindevermiethungsbüreau“ ven Fritz Paulsen aus! Ungemein anheimelnd ist jedoch Auqust Helmbergs (München) „Goldschmied', auß welchem eine solche selbstzufriedene Freude an der Arbeit dem Beschauer entgegenstrahlt, daß man den Glück. sichen in seiner traulichen Werkstatt fast darum beneiden möchte. Das Bild müßte, wenn wir, wie die Engländer, Innungshäuser hätten, eine *** des Festsaales in einem selchen bilden; das Interieur der Werkstatt ist in allen Einzelheiten aufg. Liebevollste ge— schildett und erinnert darin an die bolländische. Kleinmalerei. Ginen außerordentlichen Kontrast dazu bietet Mar Michaels Besuch eines Kardinals im Kloster⸗. Hier ist die —— Alles, und was ür eine Farbe! Es gehört das bis zur Krankhaftigkeit überreizte hi en dazu, mit dem die Pariser Impressionisten die Außen- welt ansehen, um an diesen elementaren, nur um seiner selbstwillen ausgeklügelten Farbenzauber den ae Anschauungestandvunkt zu erhasten. Die Jeichnung und Augführung der einzelnen Gestalten aber, namentlich der Köpfe, ist bis zu einem Grade vernachlässigt,

lößig wirkt. Unvergleichlich verdienstpoller ist Luzwig Dai . 3. en) Audien; ö Leo XIII., ein Bild, welches

durch feine Beobachtung und künstlerische Fixirung derselben sich von dem Boden des Genres zur Höhe kulturgeschichtlicher Schilderung erhebt. Ueberhaupt haben die Münchener ein starkes Kontingent trefflicher Genreleistungen eingesandt; es seien außer den schon angeführten noch erwähnt: die Bräuschenke in München“ von Alois Gabl, Wilhelm Räubers „Rückkehr von der Jagd? (won eben so trefflicher Zeichnung wie schöner harmonischer Farbe), die Schmollenden“ von Hugo Kauffmann, hübsche kleine, im Styl an Ostade erinnernde Bilder von Edmund Harburger, und endlich zwei Gemälde von Josef Brandt: „NUeberfall eines türkischen Vor⸗ postens durch polnische Reiter (Anfang des 17. Jahrhunderts) und „Wirthshaus in der Steppe“. Die letztgenannten Gemälde zeigen den Künstler von keiner neuen Seite: es ist wieder der wilde Reiterkampf und die sturmdurchfegte Haide, welche er im Moment der höchstpotenzirten Wuth uns Bewegung, gleichsam im Fluge, zu ergreifen und mit geistreichster Charakteristik festzuhalten weiß; daher kommt es aber auch, daß sie, sobald man den richtigen Standpunkt verläßt, verworren und unruhig wirken. Werner Schuch (Hannover) dokumentirt seine Meisterschaft wieder in mehreren Reiterstücken aus dem dreißigjährigen Kriege, in denen auch das Landschaftliche eine sorgsame Behandlung Zeigt. Sinn⸗ und beziehungevoll sind die „Galgenvögel“ von Felix Eybel, auch die Stimmung in sehr gelungener Weise angepaßt. Wilhelm Amberg, Meyer von Bremen, Rudolf Jordan, Hermann Kretzschmer werden schon durch ihre wohlberufenen Namen auch in Bezug auf, die Wahl ihrer Stoffe hinlänglich, gekennzeichnet. Rudolf Jordan Düsseldorf), welcher in drei Bildern die Freuden und Leiden der Fischer⸗ evölkerung schildert, giebt mit dem „Vor verschlossener Thur / be titelten den Beschguern ein spannendes Räthsel auf. Schlicht und doch ergreifend wirkt Huge Oehmichens (Düsseldorf) Begräbnißtag in Westfalen. EG. te Peerdt (Düsseldorf) malte einen schwarzen Mission⸗ priester im Gebet, und Otto Günther (Weimar) schildert in charak⸗ teristischer Weise eine Dorfrevol te. Zahlreich sind die Genrebilder aus dem Orient; W. Gentz, Adolf Seel, Ernst Körner, Otto Heyden sind mit zum Theil vortrefflichen Werken, vertreten. Auf der anderen Seite stehen als humorvolle Sittenschil derer des modernsten Abendlandes: Franz Skarbing mit einer lebensfrischen Darstellung des bunten Treibens der närrisch kostümirten fashionablen Gesellschaft beider Welten am Badestrande von Ostende, und Knut Ekwall mit seinem indiskreten „Lendemain“ und seinem witzig er⸗ dachten, höchst komischen ‚Schlußakkord?̃?‘ . . Zwischen Genre und Landschaft mitten inne, weil beiden gleiche

Rechte nebeneinander gewährend, stehen zwei Werke von Wilhelm Riefstahl (München) und Paul Meyerheim. Der erstere, ein unüber⸗ troffener . ö . 6 kultivirten 3 artigen attung es ochgebirgsgenres, wenn man sagen darf, hat diesmal ein i eingesandt, welches sich den berühmtesten Werken des Künstlers würdig an die Seite stellen kann. Es hat die Segnung der Alpen, wie sie bei Montafun durch den Priester über Feuer, Wasser und Salz gesprochen wird, zum Gegenstande und wirkt durch die ernste schlichte Festlichkeit, mit welcher die symbolische Handlung sich Angesichts der erhabenen Hoch⸗ gebirgsnatur inmitten einfacher Dörfler vollzieht, wahrhaft feierlich und ergreifend. Der außerordentlich n . Paul Meyerheim aber schildert mit einfachen Mitteln in poetischster Weise eine Frühlings⸗ nacht, welche ihren Zauber auf eine am Rande des mondbeglänzten Seees unter blüthenschüttelnden Bäumen sitzende liebliche Mädchen figur zu üben und in ihr die erste knospende Liebessehnsucht zu wecken scheint. Wie viel reizender, mährchenhafter ist nicht diese schlichte ö gegen das prätentiöse nackte ‚Mährchen“ von Gräf dicht daneben!

Die Delegirtenversammlung deutscher Gewerbe⸗ kammern in Stuttgart setzte am 27. d. M. die Verhandlungen über mannigfache, die , . betreffende Anträge fort. Die Berathung über das Submissionswesen wurde ausgesetzt, dagegen der nachstehende Antrag des Hrn. Dr. Huber (Stuttgart) ange⸗ nommen:

„Die heute versammelten Kammern beauftragen den Vorort der nächstjährigen Konferenz, für dieselbe bezüglich der Verwaltungsgrund⸗ sätze und Bedingungen (Zahlungs und Zuschlagsfristen, Kautionen, Konventionalstrafen. Mehr⸗ und g gn, Ausschluß des Rechtsweges) des Submissionsverfahrens Spezialfälle über die einzel- nen Beschwerdepunkte des Gewerbestandes zu sammeln, und unter gleichzeitiger Berücksichtigung der in den . Jahren gepflogenen Verhandlungen und der in den Partikularstaaten neu aufgestellten

ormen, sowie im Anschluß an die schon von anderer Seite ergange⸗ nen Vorschläge zu einer eingehend motivirten Petition zu ver arbeiten. J

Damit wurde die Konferenz um Mittag geschlossen.

Ünerledigt blieb das „Unfallversicherungsgesetz.. Auf. Antrag Bremens wurde Dresden als nächster Vorort gewählt; dasselbe nahm die Wahl an. ;

Venedig, 20. September. (Pol, 233 Die eng R Aus stellung hat ihre Vorgängerin in Paris sowohl in Bezug auf die Zahl der Ausstellungsobjelte als auch nach deren wissen⸗ schaftlichem Werthe weit überholt. Am reichhaltigsten war auch hier die französische Abtheilung. ohne daß jedoch von derselben viel Neues eboten wurde, während Italien eine ausgezeichnete Kollektion alter Larten und Portulane zur Aucstellung gebracht hat, wie sie vielleicht nicht wieder an einem Ort vereint zu sehen sein wird. Deutschland hat in Folge der mangelhaften Organisatien seines Ausstellungs- dienstes keineswegs seinem wissenschaftlichen Rang entsprechend aus = gestellt und auch England war nur durch wenige und meist unbedeu⸗ tende Objekte vertreten. in egen brachte Holland eine äußerst inter- essante und gelungene Ausstellung, und boten Spanien, die Schweiz und die Vereinigten Staaten vorzügliche geographische Werke, wäh⸗ rend Rußland durch eine Fülle des neuesten kartographischen Ma— terials vertreten war. Auch die südamerilanischen Republifen, ferner Japan und Egvpten, sowie Brasilien haben sich an der Ausstellung in fehr anerkennengwerther Weise betheiligt. Belgien brachte außer seinen neuen Karten nur Bekanntes. Die schwedische Abtheilung besaß einen außergerdentlichen Anziehungspunkt in den Sammlungen Nor. de en Die öosterreichische Abtheilung, welche auch die 12 Nummern zählende Ausstellung des militär ⸗geographischen Instituts, des hydro- graphischen Amts in Pola, sowie des militär · technischen Comites umfaßte. war in zwei großen Sälen und einem Zimmer des Palazjo Reale untergebracht. Die Vorzüge derselben fanden bei allen Fachmãnnern und in der italienischen Presse ungetheilte Anerkennung, und ihre streng systematische wissenschaftliche Gliederung des vorhandenen Materials. große Reichhaltigkeit und durchgängige Neubeit der Obiekte, sowie Reinheit und Präzision in der Aussührung der technischen Arbeiten wurden allgemein rühmend hervorgehoben. Den Karten des militär⸗ geographischen Instituts in Wien kamen an Vollendung der technischen Ausführung keine anderen Karten der Ausstellung nahe und erregte die Meisterschaft des Instituts sowehl in der Lithogravhie (Umge- bungeplan von Wien 13 123500) als in der Heliogravure (Spensial karte der * 1:75 1. überall Bewunderung. Gleich günstige Beur⸗ theilung erfuhren die Arbeiten und Jeichnungen von Dr. Holub, ferner die QSriginalkarten von Kreithner über Graf Szechenvi's Grpeditien in Dstasien, Klutschaks Karten und , , n. von der amerikanischen RNordpolerpeditlon Schwetka's zur Aufsuchung der Ueberreste Frank= sins, Luksch Reise in Westafrika und Prof. Dölters Reise nach den Kap Verdischen Inseln und dem Rie Grande. Der zͤster teichische und deutsche Alpenverein, der österreichische Touristenklub, der Tourist= und der Glub degli Alvinisti Tridentini geben durch auggeieichnete und ungemein reichhaltige, mit Panoramen, Karten, Reliesg, Modellen, Bil = dern und Photographien geschmückte Ausstellungen von der lebhaften Thä tigkeit Zeugnis. welche in Oesterreich zur Erforschung der Alpen aufgewen. det wird. Die Schulwandkarten Höljels, welche in einer großartigen. wei Wande umspannenden Cyposition autgestellt sind, können siegreiche Konkurrenz mit denen der übrigen Lander aufnebmen; insbesondere