*
. . J ö. 3
§. 16.
; * Bewachung und Bedienung der Wiesen stellt der Vorsteher auf Beschluß des Ausschusses einen Wiesenwärter auf dreimonatliche Kündigung an und stellt den Lohn für denselben fest.
Ber Wiesenwärter ist allein befugt zu, wässern und muß so wässern, daß alle Parzellen den verhältnißmäßigen Antheil an Wasser erhalten. Kein Cigenthümer darf die Schleusen öffnen oder zu⸗ setzen oder überhaupt die Ent- oder Bewässerungsanlagen eigen⸗ mächtig verändern, bei Vermeidung einer vom Vorstande festzu⸗ . Ordnungsstrafe bis zu 30 „M für jeden Kontraven⸗
onsfall.
Der Wiesenwärter muß den Anordnungen des Vorstehers pünkt⸗ lich Folge leisten und kann von demselben mit Verweis oder mit Ordnungsstrafe bis zu (3) 46 ö. werden.
Der gemeinsamen Beschlußfassung der Genossen unterliegen:
I) die Wahl des Vorstehers, der Ausschußmitglieder und deren Stellvertreter (G. 12);
2) die Festfetzung der dem Vorsteher zu gewährenden Entschädi⸗ gung (8. 1 .
3) die Wahl der Schiedsrichter und deren Stellvertreter (5. 19);
4) die Abänderung des ö
Die Generalversammlung ist in den gesetzlich ,,, Fällen (8. 60 des Gesetzes vom 1. April 1879), mindestens aber alle drei Jahre durch den Vorsteher zusammenzuberufen,
Die Einladung erfolgt unter Angabe der Gegenstände der Ver⸗ handlung durch ein Ausschreiben in den für die Veröffentlichungen der Genossenschaft bestimmten Blättern (56. 20), und außerdem durch ortsübliche Bekanntmachung in denjenigen Gemeinden, deren Bezirk dem Genossenschaftsgebiet ganz oder theilweise angehört.
Zwischen der Einladung und der Versammlung muß ein Zwischen⸗ raum von mindestens 14 Tagen liegen.
Die Versammlung ist ohne Rücksicht auf die Zahl der Erschienenen beschlußfähig.
Der Vorsteher führt den Vorsitz.
Die Generalverfammlung kann auch von der Aufsichtsbehörde zusammenberufen werden. In diesem Falle führt der von der letzteren ernannte Kommissar den Vorsitz.
15
Die Streitigkeiten, welche zwischen Mitgliedern des Ver— bandes über das Eigenthum an Grundstücken, über die Zuständig⸗ keit oder den Umfang von Grundgerechtigkeiten oder anderen Nutzungsrechten, oder über besondere, auf speziellen Rechtstiteln be⸗ ruhende Rechte und Verbindlichkeiten der Parteien entstehen, gehören zur Entscheidung der ordentlichen Gerichte.
Dagegen werden alle anderen Beschwerden, welche die gemein⸗ samen Angelegenheiten des Verbandes oder die vorgebliche Be⸗ einträchtigung einzelner Genossen in ihren durch das Statut be⸗ gründeten Rechte betreffen, von dem Vorsteher untersucht und ent⸗ schieden, soweit nicht nach Maßgabe dieses Statuts oder nach gesetz⸗ licher Vorschrift eine andere Instanz zur Entscheidung berufen ist.
Gegen die Entscheidung des Vorstehers steht, sofern es sich nicht um eine der ausschließlichen Zuständigkeit anderer Behörden unterliegende Angelegenheit handelt, jedem Theile die Anrufung der Entscheidung eines Schiedsgerichts frei, welche binnen 14 Tagen, von der Bekanntmachung des Bescheides an gekechnet, bei dem Vorsteher angemeldet werden muß. Die Kosten des Verfahrens sind dem unterliegenden Theile aufzuerlegen.
Das Schiedsgericht besteht aus einem Vorsitzenden, welchen
die Aufsichtsbehörde ernennt, und aus Gwei) Beisitzern. Die Letz⸗
teren werden nebst zwei Stellvertretern von der Generalversammlung nach Maßgabe der Vorschriften des 8 12 gewählt. Wählbar ist« jeder, der in der Gemeinde seines Wohnorts zu den öffentlichen Gemeinde⸗Aemtern wählbar und nicht Mitglied des Verbandes ist. Wird ein Schiedsrichter mit Erfolg abgelehnt, so ist der Ersatzmann aus den gewählten Stellvertretern oder erforderlichen Falls aus den wählbaren Personen durch die Aussichtsbebörde zu bestimmen. §. 20.
Die von der Genossenschaft ausgehenden Bekanntmachungen sind unter der Bezeichnung: Meliorationsgenossenschaft (Wiesen⸗ Genossenschaft, Ent⸗ und Bewässerungsgenossenschaft 2c) zu N. X. zu erlassen und vom Vorsteher zu unterzeichnen.
Die für die Oeffentlichkeit bestimmten Bekanntmachungen der Genossenschaft werden in (das Amtsblatt der Regierung zu X., das Kreisblatt zu X., die N. N.⸗Zeitung) aufgenommen.
8. 21.
Die Aufnahme neuer Genossen findet lediglich statt, insofern die Genossenschaft nach §. 69 des Gesetzes vom 1. April 1879 ver⸗ pflichtet ist, die Aufnahme zu gewähren. Die Aufnahme kann von dem Vorsteher ohne vorgängige Entscheidung im Verwaltungestreit⸗ verfahren nur auf Beschluß des Genossenschaftsausschusses und nach Einholung eines zustimmenden Beschlusses des Kreis (Stadt) Aus—⸗ schusses — der Regierung — gewährt werden.
Aichtamtliches.
Preußen. Berlin, 17. Dezember. Im weiteren Verlaufe der gestrigen (18) Sitzung des Reichs⸗ tages begann die Berathung der der Budgetkommission über—⸗ wiesenen Theile des Etats der Reichs-Post- und Tele⸗ graphenverwaltung.
Titel 9 der Einnahme: Wittwen⸗ und Waisengeldbeiträge 1600000 M wurde ohne Diskussion genehmigt.
Titel 17 bis 28 der Ausgaben der Betriebsverwaltung, Besoldungen 57 085 677 S6 (darunter in Titel 28 Zugang von 409 neuen Stellen von Landbriefträgern und Aufbesserung des Durchschnittsgehalts sämmtlicher 11 200 Landbriesträger von 560 auf 570 S6, im Ganzen 336 000 6) beantragte die Kommission unverändert zu bewilligen.
Der Abg. Dr. Lingens brachte die von ihm schon mehr⸗ fach angeregte Frage der Sonniagsruhe für die Post⸗ und Telegraphenbeamten zur Sprache und bedauerte, daß dem Be⸗ schluß des Bundesraths, wonach den Postdirektionen die Frei⸗ gebung des Sonntages in weiterem Umsange als bisher ein⸗ geschärft werde, noch immer nicht in genügendem Maße Rech⸗ nung getragen werde.
Der Abg. Stötzel beschwerte sich darüber, daß dem Ver⸗ leger eines technischen Anzeigeblattes in Essen der Postdebit entzogen sei, und fragte, ob alle nichtpolitischen Blätter von der Postüberweisung ausgeschlossen seien.
Diese Frage wurde von dem Direktor im Reichspostamt Dr. Fischer verneint. Die Entziehung des Postdebits werde wohl erfolgt sein, weil die betreffende Zeitung gratis ver⸗ sendet worden sei.
Hierauf ergriff der Bevollmächtigte zum Bundesrath, 1 des Reichs⸗Postamts Dr. Stephan, das
ort:
Nun, meine Herren, ist die Sache vollkommen klar. Ein Blatt, das unentgeltlich geliefert wird, eignet sich überhaupt nicht zum Post⸗ debit. Es würde das in direkiem Wilrspruch stehen mit dem 5. 10 des Postgesetzez vom Jahre 1871, der ausdrücklich bestimmt, daß die Post für Zeitungen politischen Inhalts 257! Einkommen beziehe und 1290 bei wissenschaftlichen Zeitungen.
Dhne erhebliche Diskussion wurden die Titel 17 bis 20 bewilligt. Zu Titel 21, welcher für die 56 Vorsteher von Postämtern 1I. Klasse eine Erhöhung des Gehalts um 200 6
enthält, bemerkte der Abg. Sonnema: in, mit Befriedigung habe er aus dem Etat wahrgenommen, daß wenigstens ein⸗ zelne, wenn auch mäßige Gehaltserhöhungen vorgenom⸗ men seien. Unter denselben befinde sich die Funktions⸗ zulage von 200 M für 546 Vorsteher von Postämtern zweiter Klasse; dieselbe Erhöhung hätte nach seiner Ueberzeugung den Post- und Telegraphen⸗Sekretären ge⸗ bührt, was bei deren großer Zahl von 4835 dieser Beamten allerdings eine beträchtliche Summe ergeben würde. Der Durch⸗ schnittsgehalt dieser Beamten sei 2325 66 und 200 „S Die weitaus größte Zahl derselben sei in größeren Städten ange⸗ stellt, wo das Leben und die Erziehung der Kinder sehr theuer sei. Sie hätten keinerlei Nebenverdienste wie die Vorsteher der Postämter; ihre Leistungen, ihre Verantwortlichkeit nähmen von Jahr zu Jahr zu, in demselben Maße als das Post und Telegraphenwesen sich entwickele. Der Wohnungs⸗ geldzuschuß gewähre ihnen keinen Ausgleich für das theure Leben in den Großstädten, da derselbe kaum den Unterschied des Miethpreises decke. Da nun Funktionszulagen außerhalb Berlins nicht mehr gewährt würden, obwohl andere große Städte darauf ebensogut Anspruch hätten, so sollte der Staats⸗ sekretär mit in erster Linie bei dieser Kategorie eine allgemeine Gehaltsaufbesserung ins Auge fassen. Hoffentlich erfolge eine solche im nächsten Etat, umsomehr als auch von einer all⸗ gemeinen Aufbesserung der Beamtengehalte in Preußen und im Reich im Anschluß an die Erhöhung der Gehalte der Justizbeamten die Rede sei. Der Reichstag werde gewiß gerne hierzu seine Zustimmung gewähren, da Jeder, der viel mit der Post verkehre, sich täglich von den großen Ansprüchen überzeuge, welche an die Arbeitskraft der Beamten gestellt würden. Die Packet⸗ träger der Stadtpost und die Landbriefträger seien mit einer Erhöhung von 10 9 bedacht. Es sei dies der schwache An⸗ fang einer Aufbesserung, aber ein durchaus ungenügender. In einer Zeit, in welcher so viel von der Fürsorge des Staates für die Armen und Enterbten die Rede sei, solle man doch damit anfangen, in erster Linie diesen Unter— beamten, von welchen viele Tausende nur einen Durchschnitts⸗ gehalt von 570 SM hätten, wofür sie sich vom Morgen bis Iübend quälen müßten, einen einigermaßen besseren Lebens—⸗ unterhalt zu gewähren.
Demnächst nahm der Staats-Sekretär des Reichs-Postamts Dr. Stephan, wie folgt, das Wort:
Meine Herren! Ich beeile mich dem Herrn Vorredner die Ver sicherung zu geben, daß, wenn es je zu einer allgemeinen Erhöhung der Beamtengehälter in den verschiedenen Ressorts sowohl in Preußen wie auch im Reich kommt, die Postsekretäre nicht die letzten sein werden; sie werden nicht vergessen sein.
Dann bin ich dem Herrn Vorredner zwar dankbar für das Wohl⸗ wollen, welches er für diese Beamtenklasse an den Tag gelegt hat. Wenn er aber durch dieses Wohlwollen auf die Entschlüsse der Ver⸗ waltung hat einwirken wollen, so möchte ich mir doch die Bemerkung erlauben, daß es einer solchen Einwirkung auf die Verwaltung bei einer neuen Gehaltsfeststellung für diese Beamten alles zu thun, was nur möglich ist, gar nicht bedurft hätte, die Post⸗ und Telegraphen— sekretäre liegen mir mindestens ebensoviel am Herzen als ihm.
Was die Regelung der Gehälter der Unterbeamten betrifft, so räume ich gern ein, daß der Betrag von 10 υ½ an sich genommen nicht bedeutend ist. Wenn man aber die Anzahl der Unterbeamten, die hier in Betracht kommt, in Erwägung zieht, so ist das Ergebniß ein anderes. Wir haben ungefähr 11 120 Landbriefträger und 3400 Stadtpostboten. Hier per Kopf 10 466 bewilligt, macht also im Gan⸗ zen die Summe von 145 000 6, die zur Vertheilung kommen. Es ist damit ja nicht gesagt, daß jeder Einzelne 1046 bekommt, sondern es befindet sich eine große Anzahl neu Angestellter darunter, die zu⸗ nächst den niedrigsten Gehaltssatz bekommen; und wir können den⸗ noch mit jener Summe doch viel zur Aufbesserung dieser Kategorien beitragen.
Der Abg. von Kleist-Retzow bemerkte, daß er die Absicht gehabt habe, gegen die Sonntagsbriefbestellung auf dem Lande ju sprechen. Da aber der Abg. Lingens vorher schon die Frage berührt habe und mit Rücksicht auf die gegenwärtige Lage der Geschäfte, verzichte er für jetzt darauf, behalte sich aber vor, bei der dritten Lesung darauf zurückzukommen,
Tit. 21 wurde bewilligt, desgleichen der Rest des Ordi⸗ nariums.
Im Extraordinarium waren zur Herstellung eines neuen Dienstgebäudes in Erfurt in der Vorlage die Gesammtbau⸗ kosten auf 822 000 6 veranschlagt, als erste Rate wurden 150 000 66 verlangt. Die Kommission hat die Herabsetzung dieser Ziffern auf 722 000 bezw. 125 900 beantragt.
Der Abg. Büchtemann hielt es für angemessen, daß die Verwaltung aufgefordert werde, im nächsten Jahr einen neuen Plan vorzulegen, da das gegenwärtige Projekt an Mängeln leide. Er beantrage, die Position demnach für dieses Jahr ab⸗ zusetzen.
Der Abg. von Benda widersprach diesem Antrage. Auch der Bundesrathskommissar, Geheime Ober⸗Postrath Sachße hielt das Bedürfniß eines Neubaues in Erfurt für ein so dringendes, daß ein Ausschub nicht gerathen scheine.
Die Position wurde hierauf ganz gestrichen.
Zur Herstellung eines neuen Dienstgebäudes in Iserlohn wurden die Gesammtbaulosten auf 186 090 6 (statt 206 000 6) sestgesetzt und als erste Rate 90 000 6 bewilligt.
Behufs Erwerbung von Grundstücken und Herstellung eines neuen Dienstgebäudes in Lübeck wurde eine erste Rate von 721 000 S verlangt. Die Kommission beantragte die Streichung dieser Position.
Der Abg. Görtz trat lebhaft für die Bewilligung ein. Desgleichen trat der Abg. von Wedell⸗Malchow für die Be⸗ willigung ein, der auf die Uebelstände hinwies, welche aus den mangelhasten räumlichen Verhaltnissen für den sich stetig steigernden Verkehr entstehen könnten.
Der Abg. Dr. Lingens hielt die Bedürfnißfrage für nicht irn aufgeklärt; es handle sich doch hier um die Aus⸗ ührung eines Projekts, das über 1 Million kosten solle, wes⸗ halb wohl Vorsicht am Platze sei.
Nachdem der hanseatische Ministerresident Dr. Krüger, der Abg. Möller und der Staats⸗Sekretär Dr. Stephan die Be⸗ willigung befürwortet hatten, wurde die Position genehmigt.
Damit war die Berathung des Post- und Tele⸗
raphen-Etats beendet. Der nun solgende Etat der Reichsdruckerei veranlaßte keine Debatte.
Das Haus ging über zu den Einnahmen an „Zöllen, Verbrauchssteuern und Aversen.“
An Zöllen sixirt der Etat für 188233 186 466150 46 (im Vorjahr war das Etats soll 188 250 00 6)
Der Berichterstatter, Abg. von Wedell⸗Malchow 6 die Genehmigung dieses Ansatzes, der von dem Reichs S tz⸗ amte auf Grund der Ergebnisse vom Oktober 1880 bis Sep⸗ tember 1881 ermittelt sei und der Kommission keinen Anlaß zu Ausstellungen gegeben habe.
Der Abg. Leuschner (Eisleben) erklärte, das Minus bei den Einnahmen finde seine Erläuterung darin, daß die frü⸗ heren Anschläge zu hoch gemacht seien. Bei den Angriffen, die jetzt unausgesetzt gegen die neue Wirthschaftspolitik der Regierung gerichtet seien, sei es nöthig, auf diesen Umstand hinzuweisen. Es sei aber auch nöthig., zu fragen, worauf diese ganzen Angriffe begründet seien. Da seien es immer in erster Linie die Berichte der Handelskammern, auf die man
rekurrire, wo Anklagen gegen die Wirthschaftspolitik der
Regierung erhoben würden. Diese Handelskammern seien von jeher der Hort des Freihandels gewesen, und es sei wohl leicht begreiflich, wenn sie einem Zustand nicht das Wort redeten, der gegen ihren Willen geschaffen sei. Allgemein würde zugegeben, daß es jetzt noch nicht Zeit sei, über die neue Zollpolitik ein Urtheil zu fällen. Sei es da nicht wundersam, wenn man gerade auf diese Berichte der Handelskammern einen besondern Werth lege? Müsse das nicht um so mehr befremden, wenn man sich die Art der Zusammensetzung dieser Institute ver⸗ gegenwärtige? Nur der Handel sei in ihnen vertreten, da⸗ gegen die Industrie, das große wie das kleine Gewerk, voll ständig unberücksichtigt geblieben. Gerade dieser Mißstand sei es gewesen, der die Großindustrie getrieben habe, in besonderen Vereinigungen zur Vertretung ihrer Interessen sich zusammen⸗ zuthun, und gleiche Koalitionen werde man auch dem kleinen Gewerke nicht versagen können. Erwäge man ferner, wie schwach die Betheiligung an den Wahlen zu den Handels— kammern sei, so müsse die Berufung auf die Handelskammern jede Bedeutung verlieren, auch wenn man absehe von der Art, wie die Berichte derselhen angefertigt würden. Was würde aus dem deutschen Lande wohl geworden sein, wenn nicht der Zolltarif eingeführt sei? Die Industrie und die Landwirth⸗ schaft wären ruinirt und der Pauperismus, die Arbeitslosigkeit und das Elend gesteigert worden. Dagegen ließen sich die Segnungen des neuen Zolltarifs schon jetzt verspüren. Die Eisenbahnen wiesen für das Jahr 1880 eine beträchtliche Mehreinnahme gegenüber dem Jahre 1877 auf, ebenso habe sich der Export von Baumwollenwaaren gehoben. Roheisen sei allerdings im Jahre 1880 weniger exportirt worden als im Jahre 1879. Allein das sei kein Nachtheil, denn die Fabrikation im Inland habe in entsprechender Weise zugenommen. Und so hätten auch Wollwaaren, Seide und Halbseide eine Steigerung des Exports im Jahre 1880 auf⸗ gewiesen. Das seien doch unverkennbar wohlthätige Wir⸗ kungen der Zollpolitik, die nur von den Freihändlern ge⸗ leugnet werden könnten. Als vor wenigen Jahren in Sst⸗ preutzen Noth und Elend ausgebrochen , sei und die Arbeiter in Königsberg vor das Rathhaus gezogen wären und Arbeit gefordert hätten, da hätten die Zölle die Schuld an diesem Zustand tragen sollen. Der wahre Grund aber habe in der Mißernte gelegen. Heute, wo eine reichere Ernte gemacht sei, hätten die Leute Arbeit genug und die Noth sei verschwunden. Nach Berechnung des Vereins für Eisen- und Stahlindustrie sei festgestellt, daß auf 305 Hüttenwerken die Zahl der Arbeiter sich um 21 164, d. h. um ca. 10 Prozent vermehrt habe. Auch die Lohnsätze seien höher geworden. Vor ihm liege ein Bericht der Union, dem er entnehme, daß der Arbeiter im Jahre 1880 82 66 mehr verdient habe, als im Vorjahre. Nun sage man, daß die Zölle die Lebensmittel vertheuert hätten. Aus den statistischen Aufnahmen einer Konsumanstalt ergebe sich, daß im Jahre 1880 eine Vertheuerung der Butter, Erbsen, des Kaffees, Petro⸗ leums, Schinkens und der Kartoffeln gegenüber dem Preise, den diese Gegenstände im Jahre 1877 gehabt hätten, nicht eingetreten sei. Und dieselbe Erscheinung, die diese eine Anstaslt zeige, trete auch in weiten Kreisen des deutschen Vaterlandes auf. Halte man damit die beträchtliche Steigerung des deutschen Exports zusammen, so ergebe sich, daß die wirthschaftlichen Verhältnisse Deutschlands sich zwar noch nicht in Blüthe be⸗ fänden, denn eine solche sei nach der Deroute der letzten Jahrzehnte nicht möglich, wohl aber die Zeichen allmählicher Besserung und Gesundung trügen. In den Wahlkämpfen sei besonders auf die Vertheuerung des Brots durch die Korn⸗ zölle hingewiesen und zu einem Agitationsmittel gegen die Regierung und die konservative Partei benutzt worden. Auch die Vertheuerung des Brots sei nicht eingetreten, wie er durch Zahlen nicht durch Phrasen beweisen werde. Bei dem Bergwerk, dem er vorstehe, sei die Einrichtung getroffen, den Arbeitern das Korn für ihr Brot zu liefern, und zwar den Wispel zum Preise von 169 (6, ohne Rücksicht auf die jeweiligen Marktverhältnisse. Da bei diesem Bergwerke im Jahre 1880 ein Zuschuß von 140 000 6 e ht sei, so werde er nicht in den Verdacht kommen, irgend welches Interesse am Kornzoll zu haben. Trotzdem konstatire er, daß durch die Kornzölle eine Vertheuerung des Brots 3 eingetreten sei. Redner verlas zum Beweis eine eihe statistischer Daten über die Korn⸗ und Brotpreise in den Jahren 1877 bis 1880. Die hohen Preise des Brots hingen von ganz anderen Verhältnissen ab, vor Allem von Mißernten. Auch sei der Zoll an ich ja zu gering, als daß derselbe einen Einfluß auf die Preise haben könne. Für die Landwirthschaft aber sei dieser Zoll dringend geboten, wenn sie nicht einem gänzlichen Ruin verfallen solle. Man solle den Zoll darum nicht zu Angriffen auf die Regierung benutzen, vielmehr das Verdienst anerkennen, das sich der Reichskanzler durch die Einführung desselben erworben habe. Die Nachkommen der Deutschen würden es dem Reichskanzler Dank wissen, daß derselbe die Axt an das Manchesterthum gelegt und die deutsche kan , , . in gesunde Bahnen gelenkt habe.
er Abg. Dr. Bamberger erklärte, er wolle dem Vorredner auf das Gebiet der Spezialien nicht folgen, sondern lieber eine Reihe von Beschwerden zur Sprache bringen, welche einer höchst merkwürdigen Auslegung des Zolltarifs ihren Ursprung verdankten. So sei vor Kurzem von dem konservirten Fleisch, dem sogenannten corned beef, welches in dünnen Vlechbüchsen aus Amerika nach Deutschland komme, der höhere Zoll a4 von 24 statt 12 6 erhoben worden, da das als feine Eisen⸗ waare“ von der Zollbehörde betrachtet würde. Desgleichen sei in Staniol verpackter Käse unter die Silberwaaren gerechnet; Strumpfwaaren seien vielfach, weil die Strümpfe eine kleine Borte ehe bt hätten, als Putzwaaren verzollt. Der Petitione⸗ ommission ie eine Petition aus Baden von Fabri⸗ kanten und Geschäfteleuten vor, die eine Anzahl von Maschinen in England liegen hätten. Darunter seien noch Maschinen, die — Kratzen verwendbar, bei der w lation zum Dekatiren dienen sollen; sie bestehen aus 400 Pfund Eisen und 50 — 60. Pfund Kratzen. Nun müßte der tr. Fabrikant die Maschinen, die im Wesentlichen aus Gußeisen bestehen, als „Kratzen“ verzollen und so statt 280 6 1690 Zoll ee n für eine alte Maschine. Angesichts solcher gro⸗ legen Auslegungen des Waarenverzeichnisses lasse sich die
age nicht umgehen, weshalb man überhaupt einzelne Sä
* Zolltarif festgesetzt habe. ; e.
Nach diesen Auslegungen scheine ihm ein Appell an das Vertrauen auf die künftige Handhabung des Gesetzes von Sei⸗ ten des Bundesraths absolut unannehmbar. Die wiederholten Reskripte des Handels⸗-Ministers von Preußen an die Handels⸗ kammern von Preußen in Zollsachen hätten bei der gegen⸗ wärtigen Sachlage eine sehr konkrete Wichtigkeit. Man werde wohl auch heut hören, daß das preußische Interna seien, die ins Abgeordnetenhaus gehörten, aber er wisse, daß alles, was
hier in tendenziöser Weise besprochen werde, nicht nur auf Preußen
gemünzt sei, sondern auch dazu bestimmt sei, seine Wirkung im Reiche auszuüben. Bei Gelegenheit der Debatte über den Volkswirthschaftsrath habe er hier das Schreiben des Reichskanzlers an die Handelskammer in Grünberg erwähnt; diese Handelskammer habe inzwischen dem Reichskanzler geant⸗ wortet nach seiner (des Redners) Ansicht, rein sachlich, ohne Affekt. Das sei ein erfreuliches Zeichen der Gegenwart, daß sich noch Männer fänden, welche Zumuthungen in öffentlichen Dingen von so verehrter Autorität, mit denen sie sich nicht befreunden könnten, in verdienter Weise zurückgewiesen hätten. In diesem Schreiben an Grünberg handele es sich um eine rein faktische Kontroverse, während in einem Schreiben des Reichskanzlers an die Handelskammer von Danzig eine theoretische aufgestellt sei. Wunderbar wolle es ihm — das wolle er beiläufig bemerken — erscheinen, daß der Abg. Leuschner sich mit solchem In⸗ grimm gegen die Handelskammern ausspreche, obwohl derselbe selbst Mitglied der Handelskammer in Halle sei. Der Abg. Leuschner müsse es doch sehr gut wissen, daß diese Handels⸗ kammern in ihren Berichten alle industriellen Verhältnisse ihres Gebietes sehr eingehend besprächen und nichts weniger seien, als einseitige Repräsentanten des Handels, ganz ab⸗ gesehen davon, daß es unzulässig sei, einen blühenden Handel auf Kosten der untergehenden Industrie anzunehmen. Zeige man ihm ein Land, wo der Handel blühe, während die In⸗ dustrie zurückgehe. So klug seien die Kaufleute auch, daß sie wüßten, sie könnten keinen besseren Hinterhalt haben, als eine blühende Industrie. Das seien An⸗ klagen, die bei dem ersten Anstoß zu Staub zerfielen. Die Handelskammer von Danzig habe bei Besprechung des Getreidezolls darauf hingewiesen, daß sie das Dogma, das Ausland trage den Zoll, nicht zu glauben vermöge, und habe sich dafür berufen auf die von der Regierung im vorigen Jahre gemachte Vorlage behufs Erhöhung des Mehlzyolls, in⸗ dem sie gesagt habe, die Regierungen hätten selbst in jener Vorlage zugestanden, daß der Zoll das Getreide vertheuere. Darauf werde ihr nun ein sehr energischer Verweis Seitens des preußischen Handels⸗Ministers. Es werde ihr gesagt, es stehe in den Motiven dieses Gesetzes nichts von dem Zuge⸗ ständniß, daß der Zoll das Getreide vertheuere. Nun habe er bei jener vorjaͤhrigen Mehldebatte gerade dasselbe be⸗ hauptet, und wenn der preußische Handels⸗Minister gesagt habe, es sei unwahr, was die Handelskammer ausführe, so treffe das seine Behauptung auch. Es stehe allerdings nicht mit dürren Worten darin, daß das Ausland den Zoll bezahle. Aber es sei dort gesagt, es sei ein Irrthum, zu glauben, daß der Müller durch einen Zoll von 2 M auf 1066 Kilo Mehl geschützt sei gegenüber dem Getreideimporteur, der nur 1 (66 bezahle, denn 154 Kilo Roggen gingen auf 190 Kilo Mehl und deshalb müsse man den Zoll geringer annehmen für das in Gestalt von Mehl eingeführte Getreide, die Vertheuerung des Zolles sei daher nicht 1 S, sondern nur 46 8, und deshalb genüge der gegenwärtige Schutz für das Mehl nicht. In dieser Auslegung liege das Zugeständniß, daß nicht blos der Preis des auswärtigen, sondern auch des inländischen Getreides erhöht werde durch den Zoll. Die Danziger Handelskammer sei also mit ihrer Behauptung im Recht. Das ganze Zollgesetz beruhe auf der Anerkennung dieses Grundsatzes. Wie käme es denn, daß Deutschland das Veredlungsverfahren in seinem Zollgesetz habe? Warum müsse, wenn ein Rohstoff vertheuert werde, sofort der Zoll auf die Fabrikate erhöht werden? Der Zoll vertheuere eben die eingeführte Waare. Der Abg. Leuschner sage am Anfang seiner Rede, der Zoll vertheuere Nichts, und am Schlusse, man h die Landwirthschaft schützen, da ihr durch den Zoll bessere
reise gegeben werden müßten. Es sei das eine Art von Becherspiel, die Muskatnuß sei einmal unter dem einen Becher, das andere Mal unter dem andern, je nachdem sie dem Publikum vorgeführt werden müsse. Die Sache interessire besonders deswegen, weil die Praxis einführen solle, nicht blos Regierungsmaß— regeln unantastbar zu machen, sondern eine Art gouverne⸗ mentaler Dogmatik einzuführen für Alle, welche unter dem . der Regierung ständen. Es werde da eine Reihe von Sätzen als Axiome aufgestellt und jeder, der sich dem nicht fügen wolle, müsse zur Ordnung ge⸗ wiesen werden. Man könne in Deutschland viel versuchen, aber mit den Köpfen werde man so schnell nicht fertig, trotz der großen Autorität des Reichskanzlers werde derselbe es doch nicht dahin bringen, daß die. Majorität der deutschen Nation, zu der auch wohl die Mehrzahl der Anhänger des Schutzzolls gehörten, glaube, das Ausland zahle den Zoll. Diese Theorie sei, heiße es, durch die Erfahrung bewiesen. Durch welche Erfahrungen denn? Wenn einzelne Getreidemärkte angegeben hätten, daß unter gewissen 66. turen das Getreide nicht um den ganzen Zoll erhöht sei, so seien wieder mehrere anzuführen, bei denen es sichtbar sei, daß der Zoll nicht vom Auslande bezahlt werde, und es scheine ihm beinahe komisch, diesen Beweis noch führen zu sollen. In dieser Widerlegung, die das Schreiben gegen die Handelskam⸗ mer von Danzig versuche, heiße es: wenn im Ausland nur noch gerade genug produzirt würde, um das Bedürfniß von Deutschland zu decken, so müßte man in Deutschland vielleicht vom Ausland zu seinem Naturalpreis kaufen und den Zoll noch für Deutschland zahlen; das Ausland bringe aber viel mehr hervor, folglich könne Deutschland dem Auslande vor⸗ schreiben, z welchem Preise es verkaufen solle. Diese Art mit der öffentlichen Meinung zu spielen, werfe ein eigenthüm⸗ liches Licht auf die ganze Wirthschaftspolitik, mit der man kel zu thun habe. Allerdings hätten namentlich amerikanische
heoretiker der Wirthschastspolitik behauptet, der Zoll würde nicht vertheuern; und er wolle jedem zugeben, der behaupte, diefe feine Anschauung sei gerechtsertigt; aber sie zu einem unanfechtbaren Dogma machen zu wollen, sei eine Thatsache, die Thatsache, die selbst in Deutschland neu sei, wenigstens seit den famosen Reskripten aus der Zeit Friedrich II. Er lege also feierlichst Verwahrung ein gegen die Theorien die hier verbreitet würben. Uebrigens, glaube er, werde auch die Danziger — ihre Schuldigkeit thun, denn ihre Demonstranlonen ließen an Deutlichkeit nichts zu wünschen
übrig. Der Vorredner habe auch die neue Zo politik ver⸗ — 4
herrlicht. Unter den neuen Zöllen befänden sich auch solche auf 118 Artikel, welche im Ganzen nicht mehr als 490 990 6 eingebracht hätten. Wenn auch diese Einnahme im Verhältniß zu der Zollmanipulation, zu der Vermehrung der Beamten stehe, habe sie ein Resultat auch für die Industrie? Gewiß nicht. Der Zoll auf Zinbarren habe im ganzen Jahre 6 6 ein⸗ getragen, der auf Bleibarren 18 46, die Siebwaaren 278 M! Solche Zölle solle man denn doch lieber beseitigen. Nun sei bei den Deduktionen des Vorredners nur, daß er auch die Zunahme des Exports auf Rechnung des Zolltarifs stelle. Es sei eine Illusion, die wirthschaftlichen Zustände eines Landes absperren zu wollen von denen der ganzen produzirenden und konsumirenden Welt. Die Verhältnisse seien in der ganzen Welt dieselben und verbessert habe sich die Lage durch die all⸗ gemeine Lage der ganzen Welt. Sie sei ausgegangen von dem enormen Aufschwung, den die wirthschaftlichen Verhält— nisse Amerikas genommen hätten. Auch in Belgien und in England sei derselbe Aufschwung wie in Deutsch⸗ land zu beobachten, und doch hätten dort keine Zoll⸗ veränderungen stattgefunden. Der Vorredner habe dann sich die Ansicht angeeignet, daß trotz der Vertheuerung der Lebensmittel die Arbeiter besser gestellt wären, dadurch, daß sie mehr verdienten. Aher ihm scheine es ein schlechtes Geschäft zu sein, wenn der Arbeiter seinem Arbeitgeber kommandirt mit seiner Zubuße, um dann später etwas von ihm zu ver⸗ dienen. Man wisse, er stehe nicht so zu den landwirthschaft⸗ lichen Zöllen, daß er sie einseitig in Angriff zu nehmen hätte. Aber wenn ber Reichskanzler in seiner Verfügung an die Dan— ziger Handelskammer dieser vorrechne, daß die Kaufmannschaft bis zum gewöhnlichen Tagelöhner herab nur 2 bis 3000 Menschen zähle, die nicht das Recht hätten, leben zu wollen, falls dadurch der Ackerbau geschädigt werde, so sei das eine eigenthümliche Logik. Es solle auch durch die Berufsstatistik bewiesen sein, wie überwiegend groß die Zahl der Ackerbau treibenden Bevölkerung sei. Nun scheine ihm das ein Beweis, der zu viel beweise. Je kleiner die Zahl derer sei, welche die andern unterhalten sollten, desto weniger werde es doch möglich. Wenn man ihm beweise, daß drei Viertel in Deutschland Ackerbau trieben, und daraus die Fol⸗ gerung ziehen wolle, daß das übrige Viertel das aufbringen solle, was für die drei Viertel nothwendig sei, so wachse mit der Proportion die Unmöglichkeit dazu. Diejenigen, welche diese Theorie verträten, würden nur interessirt zu zeigen, daß die Landwirthe in der Minorität seien, und die Majorität in viel glücklicherer Lage sei durch ihre günstigen Erträgnisse. Der Abg. Windthorst habe gesagt, als derselbe dem Reichs⸗ kanzler in seiner Polemik gegen den Freihandel sekundirt habe, wenn die liberale Partei ihrer Sache so sicher sei, so möge sie doch einen Antrag auf Abschaffung der Schutzzölle stellen. Er habe sich das gemerkt. Er erinnere sich sehr gut, daß auch von der rechten Seite aus einmal versucht worden sei, die linke Seite des Hauses zu einer solchen Kraftprobe herauszufordern bei Gelegenheit der Civilehe, und die Herren hätten damals füglich und klüglich abgelehnt, diese Kraftprobe zu machen. Ueberlasse man also auch der liberalen Partei den Moment, wo sie diese Kraftprobe machen wolle, zu sehen, ob das Land überzeugt sei, daß der Tarif nur Uebel über das Land gebracht habe. Er sei, um mit dem Kollegen Mommsen zu sprechen, nicht Professor und nicht einmal Minister, und wolle deswegen heuͤte nicht prophezeihen, aber das glaube er heute sagen zu können: nicht lange, nach— dem die Kraftprobe gemacht werde, ob man die Civilehe ab— schaffen könne, würde seine Partei seine Kraftprobe versuchen, ob man den krassen Sant g wieder beseitigen könne. Hierauf ergriff der Bevollmächtigte zum HBundesrath, Direktor im Reichs⸗-Schatzamte Burchard, das Wort:
Meine Herren! Der Herr Vorredner hat zunächst seine Verwun⸗ derung ausgesprochen, daß von dieser Seite des Hauses (rechts) heute eine Generaldebatte über unser wirthschaftliches Leben eröffnet worden ist; er hat namentlich auf die Breite hingewiesen, mit der der geehrte
r. Abg. Leuschner gesprochen hat. Ich glaube in der That, daß dieser
err nicht länger gesprochen hat, als der letzte Herr Redner und ich würde es auch an sich in der jetzigen Geschäfslage für viel zweckmäßiger ansehen, daß man große ö. bespricht, als daß man fich in kleine Details vertieft. Es erklärt sich auch wohl sehr natur⸗ gemäß, daß von dieser Seite des Hauses nach dem Gange, den die erste Becathung genommen hat, wo von jener Seite des Hauses zwar kurze, aber desto absprechendere Urtheile über die Wirthschafts⸗ politik gefällt worden sind, — daß von dieser Seite auch einiges gefagt worden ist, und zwar über die allgemeine Seite der Frage.
Ich kann meinerseits auch nur demjenigen beitreten, was der Hr. Abg. Leuschner gesagt hat, daß alle Anzeichen dafür sprechen, daß unsere wirthschaftliche Lage eine gesunde ist. Die Regierung hat ja die Pflicht, die Entwickelung des wirthschaftlichen Lebens dauernd im Auge f behalten. Es ist für sie der Prüfstein für manche Frage, nicht blos für die Zollfrage. Sie glaubte aber zu der ganz be⸗ stimmten Auffassung gelangen zu müssen, daß in der That unsere Verhaͤltnisse sich im glücklichen Aufschwunge befinden. Ich will Sie nicht mit Details unterhalten, ich will kurz Bezug nehmen auf eine gründliche Beweisführung, die nicht ausgeht von Anhängern des Schutzöhollez, sondern von einem Blatte, welches ja nach dem allgemeinen Urtheil vielmehr auf Seiten des Freihandels . als auf Seiten des Schutz⸗ zolles, auf das Deutsche Handelsblatt“, das Organ des deutschen , n. Meine . Sie finden dort eine sehr eingehende
etrachtung über die deutsche Handelsbilanz im ersten bis dritten Sunrtal 1881, dieses Jahres also, verglichen mit der Handelsbilanz des vorigen Jahres. Ez sind da ganz genau die offiziellen Zahlen statistisch einander gegenübergestellt, geprüft und daraus Schlüsse ehe gen; der Verfasser kommt schließlich zu dem Ausspruch, daß unsere Bilanz sehr günstig steht und daß sich annehmen läßt, daß überall die gün— stigste Entwickelung des wirthschaftlichen Lebens wiederzukehren scheint.
Meine Herren! 4 Ausspruch wird, so nehme ich an, Sie (links) doch auch sehr erfreuen. Es ist ja unzweifelhaft richtig, daß die Entwickelung des wirthschaftlichen Lebens nicht allein von unserm halt e abhängt. Ich trete dem Herrn Vorredner vollständig darin dei, daß es viel wichtigere Momente giebt, die auf die Hestal tum einwirken, also unser Transportwesen, 42 Hafeneinrichtungen, unsere Frachtsätze, unsere Kanäle u. s. w., vor allen Dingen aber auch der Segen des Himmels, gute Ernten. Aber über allen diesen Dingen steht meiner Auffassung nach noch eins, und das ist das Vertrauen der Industrie. Die Industrie muß zu sich selber, zu der Stetigkeit der Verhältnisse Vertrauen fassen; es muß sich eine Stimmung befestigen, daß jeder Muth hat, etwas anzufassen, Durch allgemeine absprechende Urtheile über unsere wirthschaftliche Entwicke⸗ lung, denen der Beweis fehlt und die meines Erachtens auch nicht bewsesen werden können, wird aber dieses Vertrauen jedenfalls nicht befestigt. Und ich glaube, daß es Zeit 1 darauf hinzuweisen, wie Unrecht es ist, derartige allgemeine Urtheile in die Oeffentlichkeit hinauszusenden.
ch kann Ihnen zu jenen Aeußerungen des „‚Deutschen Handels- blattes?, dessen Beweiskräftigkeit Sie wohl auch nicht in Abrede stellen, noch viele andere nennen, namentlich über die Höhe der Arbeits. löhne. Es ist dies ein sehr , . Gegenstand, denn man kann ja viel rportiren und doch braucht dabei der Gewinn nicht sehr groß zu sein. geen die Höhe der Arbeitelöhne ist ein erfreuliches Zeichen dafür, daß unsere wirtbschaftlichen Zustände einer Gesundung Ita gende en. Wenn ich den Bericht des Bochumer Vereing für Bergbau und Stahlfabrikation ins UÜuge fasse, eines großen Instituts, welches im
Jahre 1875 2570 Arbeiter, im Jahre 1881 4161 Arbeiter beschäftigt hat, so finden Sie dort, daß die Produktion von 59 00 t in 1877 auf 120000 t in 1881 gestiegen ist. Der Export beläuft sich jetzt über 60 000 t gegen 25 600 t in 1877. Der Arbeitslohn ist dabei gestiegen von jährlich 912 im Jahre 1877 auf 969 „ im Jahre 1881. Noch höher ist die Steigerung des Arbeitslohnes nach dem Berichte der Dortmunder Union. Dies ist ja bekanntlich auch eine der größten industriellen Unternehmungen. Der Arbeitslohn hat 1878579 per Kopf 802 M betragen, 1881 dagegen S884 M6. Das ist also eine Steigerung von 82 S für den Kopf. Es ist das in der That doch eine recht erhebliche Erhöhung. . Meine Herren, ich möchte dann hinweisen auf den allgemeinen Aufschwung in den verschiedenen einzelnen Gewerhen, der durch mancherlei Autoritäten bezeugt ist. Ich fasse zunächst ins Auge die . der Bergwerke, Salinen und Hütten. Meine Herren, ier begegnet Ihnen fast ausnahmslos (Ausnahmen kommen nur bei Goldproduften vor) eine Steigerung, die zum Theil sehr erheblich ist, und zwar sowohl in den Produktionsmengen als in den Verkaufs— werthen; daraus aber, daß der Produktionswerth sich noch mehr gesteigert hat, als das Quantum der Produktion, erhellt, daß der Werth ein höherer geworden ist, und daß damit auch der Gewinn, der sich auf die Werke und die Arbeiter vertheilt, sich höher stellt.
Meine Herren! Ich möchte dann auf das Blühen anderer In⸗ dustriezweige hinweisen. Ich will nicht von unserer Zuckerindustrie sprechen, die sich ja in den letzten Jahren zu großer Höhe empor⸗ gehoben, alle andern Länder fast überflügelt hat. Auch der Bier⸗ konsum hat sich gehoben, nachdem er 5. Jahre lang herabgegangen war. Es ist das ein sehr erfreuliches Zeichen dafür, daß auch die finanzielle r. mehr zu konsumiren, sich gesteigert hat. Ich möchte dann noch inweisen auf die günstige Lage derLebensversicherungsgesellschaften. Meine Herren! Die Einlage in eine Lebensversicherungsgesellschaft ist eine Form des Sparens, die als eine der allersolidesten zu bezeichnen sein wird. In Sparkassen legt man ein, je nachdem die Mittel disponibel sind. Man verpflichtet sich nicht, noch weiter einzulegen. Wer aber in eine Lebensversicherungsgesellschaft eintritt, fühlt in sich die Kraft, in gleichem Maße Weiteres zu leisten. Es ist also ein besonders erfreuliches Zeichen für die Konsolidirung der Verhältnisse, wenn die Einlagen in die Versicherungsanstalten sich mehren. Nach dem Ge⸗ schäftsbericht der Lebensversicherungsgesellschaften ist im Jahre 1880 ein merklich größerer Zuwachs, als die vorigen Jahre konstatirt worden. Im Jahre 1880 sind für 2244 Millionen neue Versicherungen abgeschlossen worden, während in den beiden Vorjahren nur rund 218 Mill. Mark . worden sind. Das ist also eine Zunahme von beinghe Mill. Mark. Ich könnte dann kurz hinweisen auf den großen Aufschwung, den das Post⸗ und Telegraphenwesen genommen hat, es ist dies schon anderweit hier näher dargelegt worden; schließlich ist es auch eine allgemein bekannte Thatsache, daß der Eisenbahn—⸗ frachtverkehr sich erheblich erweitert hat, daß er im letzten Jahr solche Anforderungen an die Transportmittel der Eisenbahnen gestellt hat, daß dieselben den Anforderungen kaum mehr gerecht werden konnten.
Meine Herren! Ich will nun dieses allgemeine Kapitel ver— lassen, ich stehe, wie gesagt, ganz auf. Seite dessen, was von dieser Seite des Hauses gesprochen worden ist, auf dem Standpunkte näm⸗ lich, daß unsere wirthschaftlichen Verhältnisse einen hoch erfreulichen Aufschwung genommen haben. Ich möchte nun auf einige spezielle Dinge eingehen, die der Hr. Abg. Bamberger in seiner Rede vorge— bracht hat, nämlich auf die, wie er sagte, neuen Anschauungen, die sich bezüglich der Zollabfertigung einzelner Gegenstände zu erkennen gegeben haben. Ich möchte zuerst bemerken, Laß diese An⸗ schauungen nicht neu sind, sondern sehr alt. Die Grundsätze, nach denen hier tarifirt worden ist, namentlich in Bezug auf ameri⸗ kanisches Fleisch, Käse und ich füge noch hinzu Schuhwichse, sind durchaus nicht hervorgegangen aus einer neuen Bestimmung des Tarifs, sondern dieselbe Bestimmung des amtlichen Waarenverzeichnisses bestand seit sehr langer Zeit — ich weiß nicht wie lange. Es ist eine Be⸗ stimmung, die nothwendig ist, um zu verhindern, . als Um⸗ hüllungen von geringwerthigen Waaren, die gar keinen Zoll oder nur einen geringen Zoll tragen, nicht etwa Waaren ein— geführt werden, die einem hohen Zoll unterliegen. Es geht diese Bestimmung dahin, daß, wenn Waaren in einer Umhüllung eingehen die einem höheren Zoll als 24 M pro 100 kg , daß dann, wenn nicht der Zoll für die Waare höher ist, der Zoll für die Um⸗ hüllung der maßgebende für die ganze Sendung ist. Das ist eine allgemeine Regel, die stets für nothwendig erachtet worden ist, und ich glaube kaum, daß ich nöthig habe, die Nothwendigkeit desselben näher darzuthun. Sie ist angewandt auf die erwähnten einzelnen Fälle, insbesondere auch auf amerikanisches Fleisch, aber nicht auf das amerikanische Fleisch, welches in einfachen Blechumhüllungen eingeht; darauf paßt sie nicht, sondern sie paßt nur auf folches amerikanisches Fleisch, welches in Blechhüllen eingeht, die wieder eine besondere Verzierung haben. Meine Herren! Ob das erwünscht ist, oder ob in einzelnen Fällen die Befolgung dieser Regel zu Ausstellungen Anlaß geben kann, darauf kann es meines Erachtens gar nicht ankommen. Es handelt sich blos darum, ob es das inländische Interesse gebietet, von dieser alten bewährten Regel eine Ausnahme zu machen zu Gunsten des Importes von amerikanischem Fleisch in einer ganz bestimmten, mit Verzierungen versehenen Verpackung. So liegt die Frage, und diese Frage wird meiner Auffassung nach zu verneinen sein, denn es kann nicht im inländischen Interesse liegen, den Importeuren die Einfuhr in so spezifischer Verpackung zu erleichtern. Die Importanten haben es ja in der Hand, ob sie diese Verzierung anbringen oder weglassen wollen. Ich glaube aber nicht, daß es die Aufgabe der Zollvorschriften ist, dahin Fürsorge zu treffen, . die Importeure auf die ihnen be⸗ quemste Weise die Waaren einführen können. .
Meine 1 auf die anderen Details bin ich nicht in der Lage einzugehen. Mir sind in der That diese Spezialfragen augenblicklich nicht genau bekannt. Ich glaube, es liegen schon . enn, vor, sie sind wenigstens angekündigt, und da wird sich Gelegenheit finden, diese Frage in der Petitionskommission zu besprechen und eventuell auch im Hause zu erörtern. ü ( ;
Ich möchte nur noch kurz jurückkommen auf die Ausstellung, die der geehrte Herr Abgeordnete bezüglich der Bescheide des preußischen Herrn Handels⸗Ministers auf die Berichte der Handelskammern zu Grünberg und Danzig gemacht hat. Ich enthalte mich, in Bezug auf den Bel d an die Handelskammer in Grünberg etwas zu sagen, dazu sind mir schon die Vorgänge nicht bekannt genug; ich möchte nur auf den Bescheid nach Danzig eingehen, weil er sich anlehnt an eine Vorlage, die seiner Zeit hier im Hause gemacht worden ist. Zunächst hat der Herr Abgeordnete thegretische Fragen dabei wieder zur Erörterung gebracht, nämlich die Frage: wer trägt den Zoll Trägt das Ausland den Zoll oder das Inland? Meine Herren, in der Ile nch fl wie der Herr Abgeordnete es ausgesprochen hat, sst und kann das nur gesagt werden, daß das Ausland den Zoll trägt. Meine Herren, kein Mensch wird behaupten wollen und hat je kizanp it daß der Kaffeezoll vom Ausland getragen werde. Bei reinen Finanzzöllen liegt es ja mit geringen Ausnahmen auf der r daß das elend den Zoll tragen muß, deshalb heißen sie auch Finanzzölle. (Rufe: Petroleum!) Damit ist es anders, der etroleumjoll ist im wesentlichen allerdings Finanzjoll, aber in gewisser Beziehung auch ein Schutzjoll. Nun diejenigen, die sich mit Herstellung von Beleuchtungs materialien aus inländischen Braunkohlen u. s. w. beschäftigen, werden ihn sehr wesentlich als Schutzzoll empfinden, also ich meine, bei den reinen Finanzzöllen wird in der Regel das Ausland den oll nicht tragen namentlich beim Kaffeczoll, um dieses Beispiel festzubalten. Be anderen Jöllen ist die Frage in der Allgemeinheit ja überhaupt nicht zu beurtheilen, da wird man auf die Einzelheiten immer eingehen müssen, und wenn der 93 Abg. Bamberger ang den Getreidezoll und dassenige, was in dem Bescheid na Danzig aus eführt sst, besprochen hat, so glaube ich auch für meine Person vollkommen, daß es Umstände giebt, wo allerdings das Ausland den Getreidezoll voll zahlen muß. Ich gestatte mir eine ** kurze Be⸗ merkung dazu zu machen, denken Sie sich den Verkehr von nzi mit Rußland auf der Weichsel an Hol und Getreide; es giebt gewisse