1881 / 298 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 20 Dec 1881 18:00:01 GMT) scan diff

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Oesterreich Ungarn. Wien, 19. Dezember. (W. T. B.) Der Kaiser ließ sich heute von dem Vize⸗Bürgermeister Uhi über die Ring⸗Theater⸗-Katastrophe mündlich Bericht erstatten und begab sich sodann in das Opernhaus, welches, wie bei der Vorstellung, erleuchtet war. Der Kaiser besichtigte auf das Eingehendste alle Vorkehrungen gegen r,, inspizirte sämmtliche Räume bis zur obersten Galerie, ordnete verschiedene weitere Vorkehrungen an und ließ die Gasbeleuch⸗ tung gan; absperren, um die Wirkung der angebrachten Oel— lampen zu prüfen. Der Kaiser verweilte etwa 11½ Stunden im Opernhause.

Im Ring⸗Theaterist die Herausförderung des Schuttes sistirt worden, weil die Dachgiebelmauer einzustürzen droht. Vom Dienstpersonal des Theaters sind sieben Billeteure und Garderobiers, drei Orchestermitglieder, drei Theaterarbeiter und der Chef der Claque verunglückt. Das speziell mit der Unterstützung des Theaterpersonals be— traute Subcomité brachte heute ca. 40 000 Fl. an 180 Per⸗ sonen zur Vertheilung.

Prag, 20. Dezember. (W. T. B.) Die Verhaftung von Sozialdemokraten am Sonntag Abend erfolgte in einer Versammlung des Arbeitervereins. An derselben nahmen auch zwei sozialdemokratische Agitatoren aus Leipzig und Dresden Theil. Es wurden revolutionäre Lieder gesungen und revolutionäre Toaste ausgebracht und wurden alsdann 18 Personen von den anwesenden geheimen Polizisten ver⸗ haftet. In den Wohnungen der Verhafteten, welche dem Ge⸗ richte zum Verhör übergeben wurden, fand man verbotene Zeitschriften, Bücher, Briefe ꝛc.

Schweiz. Bern, 19. Dezember. (W. T. B.) Der Nationalrath beschloß nach zweitägiger Debatte mit 85 gegen 31 Stimmen die Revision des Artikels 64 der Bundes— n ind behufs Einführung des Schutzes für Erfin—

ungen.

Großbritannien und Irland. Dublin, 17. De⸗ zember. (Allg. Corr.) Die Königin siedelte gestern mit dem Hofe von Windsor nach dem Schlosse Osborne auf der Insel Wight über, wo Ihre Majestät während des Weihnachts⸗ festes verweilen wird.

Die Admiralität hat ein Telegramm aus Zanzibar erhalten, welches meldet, daß der Eigenthümer des Sklaven— schiffes, welches den Booten des englischen Kriegsschiffes „London“ Widerstand leistete, wodurch Kapitän Brownrigg und einige Matrosen getödtet wurden, verhaftet worden sei. Das Sklavenschiff ist genommen worden.

Dublin, 19. Dezember. (W. T. B.) Ein Erlaß des Vizekönigs erklärt die Frauen-Laudliga für gesetz— widrig und verfügt ihre Unterdrückung.

BFrankreich. Paris, 19. Dezember. (W. T. B.) Das „Paris-Journal“ beginnt die Veröffentlichung der Akten—⸗ stücke des Dossier Bokhos. In demselben sind Briefe des ersten Dragomans des italienischen Konsulats in Tunis, Pestalozza, enthalten, welche konstatiren, daß Pestalozza der eigentliche Gründer und Inspirator des Journals „Mostakel“ war und hierbei eine feindliche Absicht gegen Frankreich ver— folgte. Aus einem Schreiben Pestalozza's vom 7. Juli 1880 geht hervor, daß die italienische Regierung wußte, woran sie sich bezüglich der Publikationen des „Piostakel“ zu halten habe. Pestalozza sandte dem Nedacteur Bokhos fortgesetzt Artikel, wobei er ihm absolutes Stillschweigen anempfahl und sich alle Manuskripte zurücksenden ließ. Der franzöfisch⸗ s Handelsvertrag ist heute unterzeichnet worden.

Die „Agence Ha vas“ meldet: Die Regierung habe nicht die Absicht, bei den Gesandtschaftsposten in Athen und Ispghan einen Stellenwechsel eintreten zu lassen, und sei auch nicht gewillt, den Botschafter bei der päpstlichen Kurie, Desprez, der seinerseits an eine De— mission gar nicht denle von seinem Posten abzuberufen.

(Fr. Corr.) Der General Japy telegraphirt aus Tunis, vom 15. 2 dem Kriegs⸗Minister:

Verwichene Nacht hat ein sehr heftiger Sturm in Tunis und Umgegend gewüthet. Viele Zelte wurden fortgerissen und unter ihnen auch die der Ambulanz, von la Manuba, deren Kranke sofort nach dem Palast Khereddine übertragen worden sind. In Mebjez⸗el⸗Bab stürzte eine Mauer ein, wobei 5 Mann vom 127. Linien. Regiment getödtet und 7, darunter 3 schwer, verwundet wurden. Viele Tele⸗ graphendrähte wurden zerrissen, darunter auch der von Ain · Draham.

Aus Algier wird unter dem 17. Dezember telegraphirt:

.Alle Gerüchte von den Stellungen, welche die drei Marabutg, Si⸗Sliman, Si⸗Kaddur und BuAmema einnehmen sollen, sowie alles, was inan von ihren Einbruchplaͤnen gefagt hat, jst unbegründet. Ihre gegenwärtigen Lager sind über dreißig Kilometer von unserer Grenze entfernt. Die Kolonne Negrier hat gegen die Mehias, welche schon wiederholt eine verdächtige Stellung 222 eine Razzia

ausgeführt und ihnen 2100 Schafe abgenommen. Sie hat auch 13 Gefangene heimgeführt.

Rumänien. Bukarest, 19. Dezember. (W. T. B.) In der Deputirtenkammer beantragte bei der sort⸗ gesetzten Berathung des Adreßentwurfs der oppositionelle Depu⸗ tirte Jonescu ein Amendement, nach welchem die Kammer ihr Bedauern darüber aussprechen solle, daß in den Beziehun— gen Rumäniens zu Oesterreich-fngarn eine Er— saltung eingetreten sei. Der Minister des Auswärtigen, States co, erklärte, die Regierung sei nicht offiziell von dem Abbruch der persönlichen Beziehungen des öster⸗ reichischungarischen Gesandten benachrichtigt worden, son⸗ dern habe nur durch den rumänischen Agenten in Wien Kenntniß von dieser Maßregel erbalten. Vessenunge⸗ achtet nehme er das Amendement an. Die Kammer lehnte indessen in Folge der Erklrung der RegierunY, daß ihr der Abbruch der persönlichen Beziehungen nicht offiziell angezeigt worden sei, das Amendement ab und nahm den Adreßentwurf unverändert mit 67 gegen 15 Stimmen an. Der Deputirte Fleva meldete eine Interpellasson darüber an, welche Maß⸗ regeln die Regierung gegen den früheren Gefandten Cäili— matki⸗Catargi ergriffen habe, welcher diplomatische Akten⸗ stücke entwendet und veröffentlicht habe.

Unter den von Callimati— Catargi veröffent⸗ lichten, auf die Don aufrage be üglichen diplom atischen Dokumenten befindet sich eine pesche vom 1. September 1880, welche der Minister⸗Präfiden Bratiano an den damaligen Gesandten in London, Callimafi⸗Catargi, ge⸗ richtet hat, welch' letzterer Lord Granville eine vertrauliche Notiz betreffs des Donauschiffahrtgreglementz und der Ucher⸗ wachung der Donauschiffart übermitieit hatte. In diefer Depesche heißt es: Ich bedauere, daß Ihre Abreise nach den Pyrenäen Sie verhindert hat, jene Stellen Ihrer Notiz ent⸗ sprechend meinem Telegramme vom X. Augnst zu amendiren,

eren Ton ein sehr aggressiver gegen Sesterreich ist. Wie

die ganze Politik des Ministeriums, dem ich angehöre, beweist, war unsere Haltung und soll unsere Haltung stets nur eine defensive und keine offensine sein.“ Man glaubt, Callimaki⸗ Catargi werde wegen Veröffentlichung diplomatischer Doku⸗ mente gerichtlich versolgt werden.“

Amerika. Washington, 19. Dezember. (W. T. B.) Der Senat hat die Ernennung Brewsters zum General⸗ Advokaten bestätigt. Bei der Repräsentantenkammer wurde eine Bill eingebracht, welche Attentate gegen den Prä⸗ sidenten mit der Todesstrafe bedroht.

20. Dezember. (W. T. B.) Präsident Arthur hat Trescott, welcher Anfang Dezember in einer Spezial— mission nach Chili gesandt worden war, zum Gesandten für Chili, Peru und Bolivia ernannt.

Seitungsstimmen.

Gegenüber den Mittheilungen einzelner Blätter, daß aus einzelnen thüringischen Fabrikorten Klagen über unbefriedigenden Geschäftsgang laut werden, wird dem „Leipz. Tagebl“ aus Geschäftskreisen geschrieben:

„Die hiesige (Ilmenauer) Porzellanfabrik, Aktiengesellschaft, be⸗ schäftigt ca. 200. Leute, welche vollauf zu thun haben und gut ver— dienen. Die zweite Porzellanfabrik, Metzler und Orloff, welche ca. 80 Menschen beschäftigt, ist gleichfalls reichlich beschäftigt. Sämmtliche thüringer Porzellanfabriken konnten schon im Laufe des Herbstes keine Aufträge mehr annehmen, weil sie zu stark engagirt waren. Die hiesigen Thermometer⸗ und Glasinstrument⸗- Fabriken lassen bis Nachts 12 Uhr arbeiten und können nicht genug schaffen, es herrscht bereits Mangel an Arbeitskräften. Die Spielwaarenfabrik von Fischer, Naumann u. Co., läßt seit August bis Nachts 11 und 12 Uhr (sogar ganze Nächte hindurch) arbeiten und kann das nicht liefern, was bestellt ist, trotzdem die Firma im November viele Auf⸗ träge zurückwies.“

Dem „Berl. Börsen-Courier“ wird vom ober— schlesischen Eisenmarkt aus Königshütte geschrieben:

Das Gisengeschäst in Oberschlesien folgt stetig der gleichen Tendenz, wie sich solche in den anderen Eisendistrikten des Inlandes und, des gesammten Auslandes durch fortschreitende Erhöhung der Preise manifestirt. Da diese Besserung des Geschäfts bei uns ledig lich auf, der reellen Grundlage des steigenden Bedarfs im eigenen Lande wie des täglich wachsenden Exports ihre berechtigte und sichere Basis hat, ist derselben die so wünschenswerthe Dauer mit Sicherheit zu prognostiziren. Dahei ist allerdings die Voraussetzung maßgebend, daß nicht wieder wie Ende 1879 eine wilde, ganz unberechtigke Spe⸗ kulation des Eisengeschäfts sich bemächtigt. Das ist jedoch jetzt nicht zu befürchten, denn die trüben Erfahrungen aus jener Periode sind allen. Betheiligten noch zu wohl im Gedächtniß, als daß irgend Jemand sich wieder in solche Gefahren begeben sollte. Im Gegentheil kann mit Genugthuung konstatirt werden, daß bisher immer nur der wirkliche Bedarf für die erfolgten Abschlüsse maßgebend gewesen, und daß von keiner Seite über das gewöhnliche Versorgungs maß von etwa drei Monaten hinaus weder gekauft noch auch verkauft worden ist.

Der „Germania“ schreibt man aus Osnabrück:

Unsere Handelskam mer veröffentlicht über die zeitige wirt h⸗ schaftliche. Lage des Bezirkes einen Bericht, der um so mehr Be— achtung verdient, als er gewissermaßen zugleich einen Maßftab für die Beurtheilung des. Standes von Handel und Industrie auch in den benachbarten Bezirken Nordwestdeutschlands bieten dürfte. Im Allgemeinen wird konstatirt, daß, mögen auch einzelne Geschäftsbranchen noch darniederliegen, im Ganzen neuerdings ein gewisser Aufschwung sich kundgiebt.

Der Correspondent verspricht, diese Thatsache näher zu begründen.

Tteichstags⸗ Angelegenheiten.

Dem. Reichstage ist die am 3. November d. J. zu Bern unter—⸗ zeichnete interngtionale Reblauskon vention, nachdem der Bundesrath derselben seine Zustimmung ertheilt hat, nebst deutscher Uebersetzung mit einer erläuternden Denkschrift zur verfassungsmäßigen Beschlußnahme vorgelegt worden. Die Konvention lautet in der Uebersetzung:

Ste. Majestät der Deutsche Kaiser, König von Preußen, Se. Majestät der Kaiser von Dester reich, Apostolischer König von Ungarn, der Präsident der Französischen Republik, Se. Allergetreueste Maestät der König von Portugal, die Schweizerische Eidgenossenschaft

haben, in Berücksichtigung der an den Hohen Schweizerischen

Bundetrath Seitens mehrerer der Hohen vertragschlie ßenden Staaten gerichteten Beschwerden, welche die Abänderung ver⸗ schiedener Bestimmungen der Konvention vom siebenzehr ten Sep= tember Eintausend achthundert acht und siebenzig bezwecken; gemäß den Vorschriften des Artikels sechs;

beschlossen, die gedachte Konvention einer Revision zu unterziehen und

zu diesem Zwecke zu Ihren Bevollmächtigten ernannt:

Se. Majestät der Deutsche Kaiser, König von Preußen:

Hrn. tnt von Röder, General der Infanierie, Aller⸗ hächstihren außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister bei der Schweizerischen Eidgenossenschaft,

Hrn. Adolf Wem ann, Allerhöchstibren Geheimen Regierung Rath und vortragenden Rath im Reichsamt des Innern;

Se. Majestät der Kaiser von Oesterreich, Apostolischer König von Ungarn:

Orn. Baren Moritz von Ottenfels Gschwind, Allerböchst= ibten außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minifter bei der Schweizerischen Eidgenossenschaft,

OSrn. Antonio von Pret is Gagn odo, Allerhöchstihren Rath im Kaiserlich Königlich österreichlschen Ackerl au, Ministeriurn;

der 2 der Französischen Repyblik: rn. Emanuel Arago, Senator, französischen Botschafter bei der Schweizerischen , ,

Hrn. Maxime Fornu, Doktor der Wissenschaften;

Se. Allergetreueste Majestät der König von Portugal:

Hrn. Vincent von Ern st, Allerhöchstihren Generalkonful in der Schweiz

Hrn. Vicomte Alfred von Villar d' Allen,

Lrn. Rodrigues de Moraes; die Schweijerische Eidgenossenschaft:

Orn; Louis Ruchonnet, Bundezratb, Vorstand des Cidgenös⸗ sischen Departements für Handel und Ackerbau, 5 r Fatio, Doktor der Philosophie und Natummissen⸗ haften; welche, nach gegenseitiger Mittheilung ihrer in guter und gehöriger Form befundenen Vollmachten, über die nachstehenden Artikel über- eingekommen sind: Artikel 1.

Indem die vertragschließenden Staaten von der internationalen Konvention vam 17. Sertember 1558 zurücktreten, um eine neue ju schließen, veryflichten sie sich, ihre innere Gesetzgebung, sofern . es nicht bereits gethan haben, zu vervollständigen, um ein gemesnsames und wirksames Vorgehen gegen die Einschleypung und Verbreitung der Reblaug zu sichern.

Die Gesetzgebung wird hauptsächlich ins Auge fassen:

* Ueberwachung der Weinberge, der Pflanzschulen jeder Art, der Gärten und Gewächshäunser; Uniersuchungen und . nach der Reblaut, um dleselbe soviel wie moglich zu vernichten;

2 Feststellung der angesteckten Bodenflächen und der Ausdehnung der wegen der Nähe von Ansteckungsherden als verdächtig erscheinenden Bezirke, nach Maßgabe des Auftretens und der Verbreitung des Uebels innerhalb des Staatsgebiets;

3) Regelung des Versandts und der Verpackung der Reben, der Abfälle und Erzeugnisse derselben, sowie dec Pflanzen, Sträucher und sonstigen Erzeugnisse des Gartenbaues zu dem Zweck, um eine Ver= schleppung der Krankheit von Ansteckungsherden aus im eigenen Lande oder nach den übrigen Staaten zu verhüten.

4 Vorschriften für den Fall der Verletzung der angeordneten Maßregeln.

Artikel 2.

Wein, Trauben, Trestern, Traubenkerne, abgeschnittene Blumen und Erzeugnisse, des Gemüsebaues. Samen und Früchte jeder Art werden zum freien Verkehr zugelassen.

Tafeltrauben dürfen nur in wohlverwahrten und dennoch leicht zu durchsuchenden Schachteln, Kisten oder Körben zum Verkehr zuge⸗ lassen werden. ö

Trauben, der Weinlese dürfen nur eingestampft und in gut ver⸗ schlossenen Fässern in den Verkehr gelangen.

Trestern dürfen nur in gut verschloffenen Kisten oder Fässern in den Verkehr gelangen.

Jeder Staat behält das Recht, in den Grenzbezirken hinsichtlich der Erzeugnisse des Gemüsebaues, welche zwischen infizirten Reb— pflanzen gewachsen sind, beschränkende Maßregeln zu treffen.

Artikel 3.

Alle nicht zur Kategorie der Rebe gehörige Pflänzlinge, Sträucher und sonstige Vegetabilien, welche aus Pflanzfchulen, Gärten oder Gewächshäusern stammen, werden zum internationalen Verkehr zuge⸗ lassen, dürfen jedoch in einen der Vertragsstaaten nur über die hierfür zu bezeichnenden Zollämter eingeführt werden. .

Die genannten Gegenstände sind fest, jedoch dergestalt zu ver= packen, daß sie die nothwendigen Untersuchungen gestatten und müssen mit einer Erklärung des Absenders und mit einer Bescheinigung der zuständigen Behörde des Ursprungslandes versehen fein, aus welcher hervorgeht: a4. daß sie von einer Bodenfläche (einer offenen oder umfriedigten Pflanzung) stammen, die von jedem Weinstock durch einen Zwischen⸗ raum von wenigstens 20 m oder durch ein anderes Hinderniß getrennt ist, welches nach dem Urtheil der zuständigen Behörde ein Zusammen⸗ treffen der Wurzeln ausschließt;

b. daß jene Bodenfläche selbst keinen Weinstoc enthält;

é. daß auf derselben keine Niederlage von Reben sich hefindet; . a, wenn auf derselben von der Reblaus befallene Weinftöcke sich befunden haben, eine gänzliche Ausrottung der letzteren, ferner wiederholte Desinfeltionen und drei Jahre lang Untersuchungen erfolgt sind, welche die vollständige Vernichtung des Infekts und der Wurzeln

verbürgen. - Artikel 4.

Die Nachbarstaaten werden sich wegen der Zulassung von Trauben der Weinlese, Trestern, Kompost, Düngererde, schon gebrauchten Wein— pfählen und Stützen in den Grenäbezirken, vorausgesetzt, daß diese Gegenstände nicht aus einer von der Reblaus heimgesuchten Gegend herrühren, besonders verständigen.

. Artikel 5. . Ausgerissene Weinstöcke und trockenes Nebholz sind von dem internationalen Verkehr ausgeschlossen.

Immerhin können die Nachbarstaaten wegen Zulassung dieser Erzeugnisse in den Grenzbezirken, vorausgesetzt, daß diefelben nicht aus einer von der Reblaus heimgesuchten Gegend herrühren, sich be⸗ sonders verständigen.

Artikel 6.

Rebpflänzlinge, Schnittlinge mit oder ohne Wurzeln und Reb⸗ holz dürfen in einen Vertragsstaat nur mit der gusdrücklichen Ge— nehmigung und unter Aufsicht der Regierung desselben, nach vor⸗ gängiger wirk'samer Desinfizirung, über die hierfür besonders bezeich neten Zollämter eingeführt werden.

Die genganten Gegenstände dürfen nur in hölzernen Kisten, welche mittelst Schrauben fest verschlossen, jedoch leicht zu durchfuchen sind, versendet werden. Die ,, . ist gleichfalls zu desinfiziren.

rtike

Die zum internationalen Verkehr zugelassenen Sendungen, welcher Art sie immer seien, dürfen weder Theile noch Blätter von Reben

enthalten. Artikel 8.

Die bei einem Zollamt wegen Uebertretung der Artikel 2, 3, 6 und Tangehaltenen Gegenstände werden nach dem Ort der Herkunft auf Kosten der Verpflichteten zurückgeschickt oder nach Wahl des Empängers, falls er anwesend ist, durch Feuer vernichtet.

Dicsenigen Gegenstände, auf welchen die zu Rathe gezogenen Sachverständigen die Reblaus oder verdächtige Anzeichen derfelben finden, werden nebst dem Verpackungsmaterial sofort an Ort und Stelle durch Feuer vernichtet. Solchenfalls ist ein Protokoll auf⸗ zunehmen and der Regierung des Ursprungèlandes zuzustellen.

Artikel 9

Behufs Förderung des Zusammenwirkens verpflichten sich die vertragschließenden Staaten, sich, mit der Ermächtigung zum Gebrauch für die von ihnen zu erlassenden und auszutauschenden Bekannt machungen regelmäßig einander mitzutheilen:

I) die von einem jeden derselben hinsichtlich des Gegenstandes erlassenen Gzesetze und Verordnungen;

2) die in Ausführung dieser Gesetze und Verordnungen, sowie der gegenwärtigen Konvention getroffenen Maßregeln;

3) die Art der Ausübung des im Innern und an den Grenzen wegen der Reblausgefahr eingerichteten Dienstes, sowie die Nach⸗ richten über den Gang des Uebels;

4 . Entdeckung des Auftretens der Reblaus in einem bis dahin als verschont angesehenen Gebiete mit Angabe der Ausdehnung und, wenn möglich, der Ursachen der Einschleppung. Diefe Mit theilung wird stets unverzüglich erfolgen;

s) eine alljährlich anzufertigende it Maßstab versehene Karte zur dae n der angesteckten Bodenflächen und der wegen der Nähe von Ansteckungsherden verdächtigen Bezirke;

6) im Laufenden zu erhaltende Verzeichnisse derjenigen Garten ban, oder botanischen Anlagen, Schulen und Gärten, welche regel= mäßigen inn n in angemessener Jahreszeit unterliegen und amtlich als den Anforderungen der gegenwärtigen Konvention ent- sprechend erklart worden sind;

7) jede neue Ermittelung einer Ansteckung in Weinbau Garten bau oder botanischen Anlagen, Schulen und Gärten, thunlichst mit Angabe der von denselben innerhalb der letzten Jahre ausgeführten = mmm nn. Diese Mittheilung wird stets unverzüglich er—⸗ olgen;

8s) das Ergebniß wissenschaftlicher Forschungen, sowie der Er⸗ fahrungen und praktischen Verfahrungsmethoden, welche auf dem Ge—⸗ biet der Reblaus kranlbeit gemacht benw. angewendet worden sind;

alle anderen Dokumente, welche von Jateresse für den Wein⸗ bau sein können.

Artikel 10.

Die bei der gegenwärtigen Konvention betheiligten Staaten werden hic frerk n *r nicht günstiger behandeln als die vertrag= schließenden Staaten selbst.

Artikel 1I.

Erfordersichen falls werden die vertragschließenden Staaten auf einer internationalen Versammlung sich vertreten Iassen, welche die Aufgabe hat, die aus der Ausführung der Qonvention sich ergebenden Fragen zu prüfen und durch Erfahrung und Fortschritie der Wisen⸗ e. gebotenen Abänderungen der NTonvention in Vorschlag zu

ringen.

Die se internationale Versammlung wird zu Bern tagen.

Artikel I.

Der Auetausck der Ratifikationen erfolgt vom Tage der Unter= zeichnung der gegenwärtigen Konvention an gerechnet, binnen 6 Mo- naten, oder, wenn thunlich, schon früber, ju Bern. Die Konvennlon tritt 14 Tage nach dem Austausch der Ratifikatlonen in Kraft.

Artikel 13. .

Jeder Stast kann jederzeit durch eine dem Hohen schweizerischen Bundesrath abzugebende Erklärung der gegenwärtigen Konvention beitreten oder von derselben zurücktreten. Der genannte Bundesrath übernimmt hinsichtlich der Ausführung der Artikel 11 und 12 die Vermittelung, zwischen den vortragschliehenden Staaten. Zu Urkund dessen haben die Bevollmächtigten diese Konvention unterzeichnet und derselben ihre Siegel beigedrückt.

So geschehen zu Bern am dritten November Eintausend acht⸗

hunderteinundachtzig. ; Unterschriften.)

Schlußprotokoll.

Die Unterzeichneten, behufs Vollziehung der internationalen Reblaus-Konvention versammelt, erklären ihr Einverständniß über Sinn und Bedeutung der nachstehenden Erläuterungen und Zusätze:

Zu Artikel 1 Nr. 1. .

Unter dem Ausdruck, Gewächshäuser' ist jede zur Vervielfältigung oder Erhaltung von Pflanzen dienende Anlage (Frühbeete, Gewächs⸗ häuser, Orangerien 2c.) zu verstehen.

Zu Artikel 1 Nr. 2. ö.

Jeder Vertragästaat wird die Ausdehnung der wegen der Nähe von Ansteckungsherden als verdächtig erscheinenden Bezirke je nach den besonderen Umständen des Falles festsetzen.

Zu Artikel 1 Nr. 3. . ;

Die Konferenz lenkt die Aufmerksamkeit der Regierungen auf die im Postwege erfolgenden Sendungen.

Zu Artikel 2 Absatz 1. .

Die vertragschließenden Staaten erkennen in Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse der Schweiz, diesem Staate das Recht. zu, für Weinbau treibende Gegenden bestimmte Tafeltrauben zurückzuweisen, wogegen die Durchfuhr nicht gehindert werden darf.

Zu Artikel 2 Absatz 3. . !.

Die Fässer müssen einen Raumgehalt von wenigstens fünf Hekto—⸗ liter haben und derart gereinigt sein, daß sie kein Theilchen von Erde oder Reben an sich tragen.

Zu Artikel 3 Absatz 2.

Die Erklärung des Absenders, mit welcher die Sendungen anderer als Rebpflanzen zu versehen sind, muß: ö

1) bescheinigen, daß der Inhalt der Sendung vollständig aus seiner eigenen Gartenanlage stammt; . ö

ö. den letzten Bestimmungsort und die Adresse des Empfängers angeben; .

. 3. ausdrücklich bestätigen, daß die Sendung keine Reben enthält; .

4) angeben, ob die Sendung Pflanzen mit Erdballen enthält;

5) die Unterschrift des Absenders tragen.

Zu Artikel 3 Absatz 2a. und . J

Die Bescheinigung der zufländigen Behörde muß auf der Erklä— rung eines amtlichen Sachverstä= gen beruhen.

Zu (tikel 6. . .

J. Die vertragschließenden Staaten werden hinsichtlich auslän⸗ discher oder ihrer Herkunft nach verdächtiger Reben innerhalb der Grenzgebiete soviel wie möglich Vorsichtsmaßregeln zu Gunsten der Nachbarstaaten anwenden. ;

Zu Artikel (C. .

II. Die Wahl unter den durch die Wissenschaft als wirksam erkannten Desinfektionsmetboden wird jedem Staate überlassen.

Zu Artikel 8 Absatz 1. .

Hinsichtlich der nicht zur Kategorie der Reben gebörigen Ge— wächse, der Blumen in Töpfen und der Tafeltrauben ohne Blätter oder Rebholz, welche von Reisenden als Handgepäck mitgebracht werden, wird jeder Staat seinen Zollämtern besondere Vorschriften

ertheilen. Zu Artikel 9 Nr. 5.

Sin oder mehrere einzeln stehende Weinstöcke, welche außerhalb einer zum Handel bestimmten Anlage und außerhalb einer Weinbau treibenden Gegend sich befinden, sollen auf den ganzen Verwaltungs bezirk sich erstreckende Maßregeln nicht nach sich ziehen, wenn amtlich festgestellt worden ist, daß die im Artikel 3 Absatz 2 lit. d. vorge- schriebenen Vernichtungsmaßregeln streng ausgeführt worden sind.

Jeder Vertragsstaat wird in derartigen Fällen die Ausdehnung der diesen Punkt einschließenden verdächtigen Fläche festsetzen. Die Dauer der Sicherungsmaßregeln darf nicht weniger als 3 Jahre be— tragen.

Eine derartige Oertlichkeit soll womöglich unter Angabe des Namens auf der Reblauskarte durch einen Punkt bezeichnet werden; in jedem Falle muß eine Bemerkung die Bedeutung des Auftretens des Insekts oder die Ausdehnung der von den gedachten Maßregeln betroffenen Bodenfläche genau angeben. ; .

So geschehen zu Bern am dritten November Eintausend acht— hunderteinundachtzig.

(Schluß folgt.)

Definitives Nachwahlresultat nach Meldung des, W. T. B.“ Reg. Bez. Münster. 1. Wahlkr. Tedlenburg. Abgegeben 18 781 St., davon für

Timmermann (Centt.) 14764, für von Diepenbrock-Grüter (lib.) 720 St.

Landtags Angelegenheiten.

Im 3. Merseburger Wahlbezirk (Delitzsch⸗Bitterfeld) ist an Stelle des zum Landrath ernannten Rittergutsbestgers von Boden⸗ hausen der Major von Busse auf Zschortau mit 208 gegen 1238 Stimmen, welche der ern Werner zu Doelsdorf erhalten hat, zum Mitglied des Hauses der Abgeordneten gewählt worden.

Etatistische Nachrichten.

Gemäß den Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitt⸗ amts sind in der 49. Jahreswoche von je 1090) Bewohnern auf den Jahresdurchschnitt berebnet als gestorb en gemeldet: in Verlin 25,2, in Breslau 28,8 in Königsberg 217, in Cöln 28,8, in Frankfüri a. M. 16,ů, in Hannover 24,1, in Cassel 18,7, in Magdeburg 21,9, in Stettin 249, in Altona 26.5, in Straßburg 23,1, in Metz 15,7, in München 26,2, in Nürnberg 19,2, in Augsburg 21,7, in Dres? den 24.35, in Leixzig 23,7, in Stuttgart 244, in Braunschweig 27,2, in Karlsruhe 187, in Hamburg 2144, in Wilen 2433 *), in Budapest Wr in Prag 31,9, in Triest A, 7, in Krakau 34,7, in Basel 15, in Brüssel 22, J, in Amsterdam 21,6, in Paris 25,8, in Kopen—

gen 245, in Stockholm 18,ů, in Christiania 16,0, in St. Peferg.«

ra 38336, in Warschau zl,d. in Odessa 239, in Rom in Turin 23,6, in Bukarest 20 6, in Madrid 7,1, in London 2077, in Glas⸗ ow 22.9, in Liverpool 25,8, in Dublin 25,8, in Gdinburg 2,1, in lexandrig (Cgvpten) 1098. Ferner aus früheren Wochen: in Nen - Nerf 20,1, in Philadelphia 19.8, in Chicago 2335, in St. Louis 25, in Cincinnati 184, in San Franzisko 21,35, in Kalkutta 26,9, in Bombay 26,1, in Madras 34,9.

Beim Beginn und in den ersten Tagen der Berichtswoche berrschten an den ostdeutschen Stationen und in Cöln füdöstliche, an den mittel und norddeutschen Beobachtungsstationen östliche und nordöstliche, in Bremen und Heiligenstadt bis nach Sädwest um laufende, aber um die Mitte der Woche gleichfalls nach Sỹdost gebende Windrichtungen und blieben mit vorübergehendem Wechfel mit Sid

) Erklusive der beim Brande det Ring / Theaters Umgekommenen.

und Südwest, in Berlin und Cöln mit Nordwest bis zum Schluß der Woche vorwiegend. Nur in München berrschten während der Woche mit West wechselnde Ost. und in Karlsruhe Südwestwinde. Die Temperatur der Luft lag meist über, in München unter der normalen, während sie in Karlsruhe derselben entsprach. Bei meist trübem nebligem Wetter erfolgten wenig Niederschläge. Der beim Wochenbeginn hohe Druck der Luft sank am 7. allgemein und rasch . auch am Schluß der Weche noch keine Neigung zum Steigen.

In den meisten Großstädten Europas haben sich im Vergleich zur Vorwoche die Sterblichkeitsverhältnisse nur wenig geändert. Die allgemeine Sterblichkeitsverhältnißzahl für die deutschen Städte ist ein wenig gestiegen, auf 22,9 von 22,7 der Vorwoche (spro Mille und Jahr). Die Betheiligung des Säuglingsalters blieb im Allgemeinen die gleiche. Von 199000 Lebenden starben (aufs Jahr berechnet) IO Kinder unter 1 Jahr wie in der Vorwoche, in Berlin 72 gegen 15. Die Sterblichkeit der höheren Altersklasse (über 60 Jahr) war dagegen eine größere. ;

AUnter den Todesursachen zeigten die Infektionskrankheiten im Allgemeinen keine wesentliche Veränderung in ihrem Vorkommen, nur Masern, Diphtherie und in den österreichisch· ungarischen Städten Pocken veranlaßten wieder mehr Todesfälle. Die Masernepidemien in Berlin, Christianig, Liverpool zeigen noch keinen wesentlichen Nachlaß. Auch in Tilsit, Stuttgart, Regensburg, Hamburg, Altona, Essen haben Masern größere Verbreitung gefunden. Das Scharlachfieber zeigte in Kiel, Erfurt, Berlin, Leipzig wohl einen Nachlaß, in Bam⸗ berg, Guben, Cöln, Crefeld, Dortmund, Budapest, London, St. Petert⸗ burg, Warschau eine Steigerung der Todesfälle. Die Diphtherie forderte im Allgemeinen in der Berichtswoche wieder mehr Opfer. Die Gesammtzahl der durch sie hervorgerufenen und gemel⸗ deten Todesfälle aus deutschen Städten stieg auf 203. In Königsberg, München, Hamburg, Hannover, Wien war eine Abnahme, in Stettin, Lübeck. Elbing, Breslau, Dresden, Freiberg, Berlin, Magdeburg, Barmen, Essen, Budapest, Triest, Paris und. St. Petersburg eine Zunahme der Sterbefälle ersichtlich. Todesfälle an Unterleibstyphus varen in Posen, Mülheim a. Rh., Berlin und Paris häusiger, in Wien und St. Petersburg seltener. Sterbefälle an Fleckentyyhus kamen aus Thorn 3, aus St. Petersburg und Valencia je 2, aus Saragossa und Granada je 1 zur Meldung. Der Keuchhusten bedingte in Görlitz, Hamburg, Berlin und London vielsach Todesfälle. Todesfäll an,. Darm— katarrhen der Kinder wurden in Breslau, Berlin und München nicht selten Todesveranlassung. Die Pocken gewannen besonders in den österreichisch-ungarischen Städten größere Ausdehnung. So stieg die Zahl der durch sie hervorgerufenen Todesfälle in Wien, Budapest, Prag, Krakau. Auch in St. Petersburg und Saragossa ist kein Nach⸗ laß derselben ersichtlich. In Paris, London und Warschau hat die Zahl ö abgenommen, betrug jedoch in letzterer Stadt noch immer 30.

Bekanntlich ist auf Peranlassung der Reichsregierung eine Erhebung über die öffentliche Armenunterstützung in allen Bundesstaaten vorgenommen. Die „Karlsr. Z.“ veröffentlicht nun die für das Großherzogthum Baden ermittelten Zahlen. Wir entnehmen dieser Uebersicht folgende Daten, wobei bemerkt wird, daß in Baden der Erhebung der Stand vom 1. Oktober d. J. zu Grunde gelegt worden ist. Am 1. Oktober wurden in Baden Ortsarme unterstützt: .

in den Städten in den übrigen über 3000 Einw. Gemeinden 1) dauernd, und jwar: . , . 7623 11023 theilweife.. 5315 lob 835 16 658 zusammen 9213 17848 27 061 2) vorübergehend. . 2606 7279 9 885 im Gesammten 11819 25 127 36 946

Die Bevölkerung der betreffer den Städte beträgt 350 225, der übrigen Gemeinden 1219 895, des ganzen Landes 1 570120. Es kam also 1 Ortsarmer in den Städten auf 29,6. in den übrigen Ge— meinden auf 485, im ganzen Lande auf 42,5 Einwohner. Im Ganzen wurden 7821 Männer, 13 835 Frauen und 15 290 Kinder unterstützt. Von den dauernd Unterstützten werden 11023 oder rund 40 *ͤo völlig, 16938 oder rund 60 ½ theilweise unterhalten. Von den völlig Unter— haltenen sind (in der Annahme, daß Männer, Frauen und Kinder gleichmäßig in völlig und theilweise Unterhaltene zerfallen) 3128 Männer, 5534 Frauen und 6116 Kinder, von den theilweise Unter⸗ haltenen 4603 Männer, 8301 Frauen und 9174 Kinder. Der durchschnittliche Werth des völligen täglichen Unterhalts beläuft sich für einen Mann auf B.0 , für eine Frau auf 62.5 3 und für ein Kind auf 32,9 J. Der Werth der theilweisen Unter⸗ stützung ist natürlich mannigfaltig; es darf aber wohl angenommen werden, daß derselbe im Durchschnitt sich der Hälfte des Werth der völligen Unterhaltung annähern wird. In dieser Voraus setzung be⸗ rechnet sich der Tagegaufwand der Ortsarmenverbände für die Srts—⸗ armen für den 1. Err n, 1881 folgendermaßen:

Männer, völlig unterhalten, 2346 06 theilweise 9 ö

Frauen, völlig ö 3459 . theilweise . 2594

Kinder, völlig ö 3 theilweise .

Summe 13 680 6

Bei der weiteren Annahme, daß dieser Tagesauswand ein durch⸗ schnitt licher ist, ergiebt sich der Jahresauswand der öffentlichen Armen pflege für die Ortsarmen zu 13 680 0 365 oder 4993 000 oder rund 5 Millionen Mart. ie. hat die Erhebung ergeben, daß die Unterstüßungebedürftigkeit beruht auf Unfall bei 642 oder 17 oo der Unterstüßten, auf geistigen und körperlichen Gebrechen (Schwach Blöd⸗, Irrsinn, Blindheit, Taubbeit, Verkrüppelung ꝛc.) bei 5607 oder 15,2 9½, auf sonstiger Invalidität (Arbeitsunfähigkeit) bei 12649 oder 34,2 (M9 und auf anderen Gründen bei 18048 oder 48,9 os. Von den 647 Persanen, welche in Folge eigenen Unfalls oder Unfalls des Ernäbrers. den Ortsarmen⸗Verbänden zur Last fallen, kommen 219 oder O65 o der Gesammtzahl auf die eigentlichen gewerblichen Unfallbetriebe (Bergwerke, Salinen, Aufbereitungs⸗ anstalten, Brüche, Gruben, Werfte, Anlagen für Bauarbeiten (Bauböfe), Fabriken und Hüttenwerke, Bauausführungen, ferner alle Betriebe mit Wasser⸗, Dainpf⸗ Gag und Heißluftbetrieb), 18614 oder N44 */0 auf die Land- und Forstwirthschaft und 229 oder O62 o auf sonstige Gewerbe. Von den Unterstützten der Unfallklasse sind 35 0/ Kinder, von denen der Gebrechenklasse 13 , von denen der Invaliden klasse l,5 o,. und von der Restllasse 6335 . Von den Land⸗ armenverbänden wurden am 1. Oktober 1323 Männer und 721 Frauen. im Ganzen 2014 Personen unterstützt, wozu dann noch 25 Männer und 21 Frauen, im Ganzen 4) Personen kommen, welche in Peil und Pflege, Kranken⸗ und Taubstummenanstalten auf Staats— kost en unterhalten werden. Landarme waren alse 1348 Männer 745 Frauen, im Ganzen 2095 vorbanden. Im Ganzen beträgt schließlich die Zahl der öffentlich unterstützten Armen angenommen, daß die bei den Ortsarmen aufgeführten 15 290 Kinder zur Hälfte Knaben und zur Hälfte Mädchen sind):

Mãnner Frauen Zusammen Orts arme 15 466 21 480 36 946 Landarme 1348 7145 2095 Im Ganzen 16814 22 225 39011

Es lommt sonach auf 402 Einwohner 1 öffentlich unterstützter Armer oder es giebt 2, Y/0 der Bevölkerung öffentlich unterstüßte Ärme. . Der Aufwand der Kreise für die Ärmenpflege betrug im Jahre 1880 annähernd 8M O00 M Den gleichen Aufwand für 1881 an— genommen, treten dem obgedachten Aufwand der Ortearmenverbände von 5. Millionen . weitere Betrag, sowie die Kosten der vom Staat unterhaltenen Armen hinzu, und kann also der Gesammt⸗ aufwand für öffentliche Armenpflege im Großherzogthum auf annähernd 6 Millionen Mark geschätzt werden.

im Ganzen

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Aus dem Verlage von J. Guttentag (D. Collin) in Berlin und Leipzig liegen folgende Bücher juristischen Inhalts vor:

Das Gesetz, betreffend die Anlegung und Verände⸗ rung von Straßen und Plätzen in Städten und länd⸗ lichen Ortschaften vom 2. Juli 1875 von R. Friedrichs, Ober⸗Verwaltungsgerichts⸗Rath. Das Gesetz vom 2. Juli 1875 behandelt einen Gegenstand, welcher sowohl für die Einzelnen wie für die Gemeinde und Polizeibehörden von hervorragender Wichtig⸗ keit ist; es wird in der Mehrzahl der Städte fortwährend zur An⸗ wendung gebracht und es birgt trotz seiner Kürze eine verhältnißmäßig große Zahl von Zweifeln. Um so mehr wird ein Handbuch, welches den Behörden wie den Privatpersonen praktisch brauchbare Fingerzeig giebt, von Nutzen sein. Das vorliegende Schriftchen ist geeignet, diesen Zweck zu erfüllen. . .

Von dem ‚Strafgesetzbuch für das. Deutsche Reich“ Mit Kommentar von Hr. Hans Rüdorff, Geheimer Ober-Finanz= Rath zu Berlin‘ ist die zweite Hälfte der von M. Stenglin herausgegebenen dritten Auflage erschienen. Die Auflage ist mik be— ,. Berücksichtigung der Praxis des Reichsgerichts bearbeiter worden.

Das soeben ausgegebene Doppelheft 11 u. 12 (Jahrg. XXXI.) der Zeitschrift für Bauwesen, herausgegeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten (Redaktions⸗-Kommission: H. Herrmann, Fr. 6 J. W. Schwedler, O. Baensch, H. Oberbeck, Redacteur: F. Endell. Berlin, Verlag von Ernst u. Körn Gropiussche Buch⸗ und Kunsthandlung), hat folgenden Inhalt: Driginalbeiträge: Tentral⸗ und Kuppelkirchen der Renaissance in Ober- und Mittel⸗ Italien (Schluß) mit Zeichnungen, vom Architekten H. Strack in Berlin. Die Quaimduern auf Feyenoord bei Rotterdam, mit Zeichnungen, vom Regierungs⸗Baumeister Havestadt in Berlin. Bemerkungen über den Betrieb von Schiebebühnen mit Maschinen— kraft, insbesondere die Lokomotivschiebebühne mit Gasmotor-Betrieb in dem Lokomotivschuppen zu Landsberg a. W., mit Zeichnungen, vom Maschinen-Bauführer Queißer in Berlin. Ueber die Stöße des hrdraulichen Widders in den Leitungen. Eine Untersuchung der Mittel, die man behufs Abschwächung ihrer Wirkungen angewandt hat, von J. Michaud, Ingenieur. Uebersetzt von Ernst Wolff, Do⸗ zenten an der technischen Hochschule in Berlin. Schluß) Gothische Zimmermalerei aus Fritzlar, mit Zeichnungen, vom

Schäfer, Dozenten an der technischen Hochschule in Berlin. Mit⸗ theilungen nach amtlichen Quellen.

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Gewerbe und Sandel. Am 29. Januar 1882. Morgens 11 Uhr, klemmen in der König lich spanischen Pulverfabrik zu Murela und im Artillerie⸗Deret fa

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lrchitekten Carl

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