d 77777
suchten oder vollbrachten Zolldefraudation, oder als Ordnungs⸗ widrigkeit geahndet. Andere nicht besonders mit Strafe bedrohte Zuwiderhandlungen gegen diese Verordnung sind als Ordnungswidrigkeiten mit Strafe bis zu 150 6, die Ver⸗ letzung des nach S8. 2 oder 11 angelegten Verschlusses ohne Beabfichtigung der Zolldefraudation aber ist nach Maßgabe des Vereinszollgesetzes als Verletzung des amtlichen Waaren— verschlusses zu bestrafen.
Uebertretungen der in dieser Verordnung enthaltenen Vorschrifsten sind in dem für das Verfahren in Zollkontra⸗ ventionssachen angeordneten Wege zur Untersuchung zu ziehen.
Die Bestimmungen des §. 39 Alinea 3 und des §. 137 des Vereinszollgesetzes finden bei Zuwiderhandlungen gegen die ö der gegenwärtigen Verordnung ebenfalls An⸗ wendung.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Insiegel.
Gegeben Berlin, den 20. Dezember 1881.
(. 8) Wilhelm. Bitter.
Ministe rium der geistlichen, Unterricht s⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten.
Dem Oberlehrer am Friedrichs⸗Werderschen Gymnasium in Berlin, br. Bernhard Suphan ist das Prädikat Pro— fessor beigelegt worden.
Der ordentliche Lehrer Dr. Schlüter am Gymnasium zu Ostrowo ist zum Oberlehrer befördert worden.
Der praktische Arzt Br. Groetschel zu Leobschütz ist zum Kreiswundarzt des Kreises Leobschütz ernannt worden.
Bekanntmachung.
Im IV. Quartal haben nach abgelegter Prüfung nach— benannte praktische Aerzte das Fähigkeitszeugniß zur Ver⸗ waltung einer Physikatsstelle erhalten:
I) Dr. Wilhelm Felix Behrend aus Colberg, Regie⸗ rungsbezirk Cöslin,
2) br. Hermann Carl Otto Buchholtz aus Arys, Regierungsbezirk Gumbinnen,
3) Dr. Hermann Comnick aus Striegau, Regierungs⸗ bezirk Breslau,
4 Dr. Heinrich August Döring aus Lützen, Regie⸗ rungsbezirk Merseburg,
5) Dr. Johann Bernhard Esch-Waltrup aus Zell a. d. Mosel, Regierungsbezirk Coblenz,
6) Dr. Hugo Carl Conrad Friedrich aus Lands⸗ berg a. W., Regierungsbezirk Frankfurt a. O.,
7) Dr. Carl Friedrich Albert Gettwart aus Sprem⸗ berg, Regierungsbezirk Frankfurt a. O.,
s) Br. Eduard Graber aus Creutzburg, Regierungs⸗ bezirk Oppeln,
9) Br. Georg Richard von Hake aus Wittenberg, Regierungsbezirk Merseburg,
ö 6. Br. Friedrich Carl August Hoffmann aus erlin,
11) Dr. Johannes Paul Kant aus Beuthen O.⸗Schl., Regierungsbezirk Liegnitz,
12 Br. Gustav Korach aus Schmiegel, Regierungs⸗ bezirk Posen,
13 Dr. August Julius Johann Ferdinand Ladendorf aus St. Andreasberg, Landdrosteibezirk Hildesheim,
14 Dr. Franz Adolf Felix Maria Offenberg aus Wickrath, Regierungsbezirk Düsseldorf,
15) Dr. William Philipp Paul Quittel aus Stettin,
16) Dr. Friedrich von Rabenau aus Berlin,
175 Dr. Heinrich August Hugo Racine aus Catern⸗ berg, Regierungsbezirk Düsseldorf,
18) Dr. Theodor Remmets aus Sonsbeck, Regie⸗ rungsbezirk Düsseldorf,
19) Dr. Heinrich Scherenberg aus Jever, Groß⸗ herzogthum Qldenburg,
20) Dr. Paul Adolf Schotte aus Kiel, Regierungs⸗ bezirk Schleswig,
21) Dr, Barnim Franz Schulze aus Jacobshagen, Regierungsbezirk Stettin,
22) Dr. Paul Richard Weh mer aus Frankfurt a. O.,
235 Dr. Louis Ferdinand Ernst Wendt aus Dwinsk, Regierungsbezirk Posen,
24) Dr. Emil Ferdinand Wollermann aus Bal⸗ denburg, Regierungsbezirk Marienwerder,
25) Dr. Siegfried Zacharias aus Garnsee, Regie⸗ rungsbezirk Marienwerder.
Berlin, den 24. Dezember 1851.
Der Minister der geistlichen, Unterrichts und Medizinal⸗ Angelegenheiten. In Vertretung: Lucanus.
Ministerium für Landwirthschaft, Do mänen und Forsten.
Dem Kunst⸗ und Handel sgärtner, Baumschulenbesitzer Otto Eichler zu Grünberg i / Sch. ist der Titel als König⸗ licher Garteninspektor verliehen worden.
Abgereist: Se. Excellenz der Vize⸗Präsident des Staats⸗ Nin si n en? und Minister des Innern von Puttkamer nach Westpreußen.
Die Nummer 25 der Gesetz Sammlung, welche von heute ab zur Ausgabe gelangt, enthalt unter ; e ;
Nr. S824 die Verordnung über die Nachversteuerung der Waarenbestände in einigen dem deutschen Zollgebiet anzu
1 preußischen Gebietstheilen. Vom 20. Dezember
Berlin, den 27. Dezember 1881.
Königliches GesetzSammlunge⸗Amt. Didden.
Aichtamtliches.
Deutsches Reich.
Preußen. Berlin, 27. Dezember. Beide Kaiser⸗ liche Majestäten wohnten am ersten Weihnachtstage dem Gottesdienst im Dome bei.
Se. Majestät der Kaiser und König empfingen darauf den General⸗Feldmarschall Grafen Moltke.
Das Familiendiner fand bei Ihren Kaiserlichen und Königlichen Hoheiten dem Kronprinzen und der Kron⸗ prinzessin statt.
Gestern hörten Se. Majestät der Kaiser den Vortrag des Botschafters Grafen von Hatzfeldt.
Ihre Majestät die Kaiserin und Königin wohnte dem Gottesdienste in der Kapelle des Augusta⸗-Hospitals bei.
Heute empfingen Se. Majestät der Kaiser den Polizei⸗ Präsidenten von Madai, den Obersten und Flügel⸗Adjutanten, Commandeur des 1. Garde⸗Regiments z. F. von Derenthall, nahmen militärische Meldungen und hierauf den Vortrag des General⸗Lieutenants von Albedyll entgegen.
Später fuhren Beide Kaiserliche Majestäten nach Potsdam zum Besuch bei Ihren Königlichen Hoheiten dem Prinzen und der Prinzessin Wilhelm.
— Ihre Kaiserlichen und Königlichen Hoheiten der Kronprinz und die Kronprinzessin nahmen am 24. 8. M., Nachmittags 4 Uhr, das Diner mit den Hof⸗ staaten ein, worauf im Kronprinzlichen Palais die Weihnachts⸗ bescheerung stattfand.
Abends S8! / Uhr begaben Sich die Kronprinzlichen Herr— schaften mit der Prinzessin Victoria zu den Erbprinzlich sachsen⸗meiningenschen Herrschaften zum Weihnachtsaufbau und zum Souper zu den Majestäten nach dem Königlichen Palais.
Am ersten Weihnachtsfeiertage Vormittags wohnten Ihre Kaiserlichen und Königlichen Hoheiten die Kronprinzlichen Herrschaften mit den Prinzessinnen Victoria, Sophie und Marga⸗ rethe und den Erbprinzlich sachsen meiningenschen Herrschaften dem Gottesdienst im Dome bei.
Um 4 / Uhr fand bei den Kronprinzlichen Herrschaften das Diner der Königlichen Familie statt.
Se. Kaiserliche Hoheit der Kronprinz begab Sich Abends 7 Uhr zur Weihnachtsbescheerung nach dem Königlichen Palais und besuchte demnächst die Vorstellung im Opernhause.
.Gestern Vormittags 10 Uhr begaben Sich die Kronprinz⸗ lichen Herrschaften mit der Erbprinzessin von Sachsen⸗Mei⸗ ningen, den Prinzessinnen Victoria, Sophie und Margarethe und dem Erbprinzen von Sachsen-⸗Meiningen nach Potsdam und demnächst zur Weihnachtshescheerung nach Bornstedt.
Um 4 Uhr erfolgte die Rückkehr nach Berlin.
Am Ahend besuchten Ihre Kaiserlichen Hoheiten die Kron⸗ prinzlichen Herrschaften mit Ihren Königlichen Hoheiten dem Prinzen Wilhelm und den Prinzessinnen Töchtern, sowie den Erbprinzlich sachsen-⸗meiningenschen Herrschaften die Vorstel⸗
lung im Cirkus Renz.
— Da die auf Grund des Reorganisationsplans vom 5. / J. Mai d. J. zur Ausgabe gelangenden Einzel⸗-Aktien der Oregon und California Railroad Company erst nach dem J. Oktober d. J. gegen die sogenannten Interimsscheine zum Austausch gelangen werden, so kann, nach einem Cirkular⸗ erlaß des Finanz Ministers vom 21. d. M., auf dieselben, selbst wenn sie noch vor dem 30. d. M. im Bundesgebiete eintreffen und zur Abstempelung vorgelegt werden sollten, die Ausnahme zur Tarifnummer 1 des Reichsgesetzes vom 1. Juli d. J. nicht Anwendung finden.
— Nach einem Cirkularerlaß des Finanz-Ministers, vom 21. d. M., ist von Schriststücken der unter Tarifnummer 4a. des Reichsgesetzes vom 1. Juli d. Is. bezeichneten Art, welche nicht unler die Vorschrift des 5. 9 a. a. O. fallen, auch dann, wenn auf Grund der Befreiung Nummer 1 zur Tarifnum⸗ mer 4 a. a. O. die Reichsstempelabgabe von denselben nicht zur Erhebung kommt, die nach Form und Inhalt der Schrift— kick eiwa anwendbare preußische Stempelabgabe für Lieferungs- oder Kaufverträge nicht zu entrichten.
— Nach einem anderen Erlasse des Finanz⸗Ministers, von demselben Tage, findet die Vo schrist im 8. 5 Absatz 2 des Reichsgesetzes vom 1. Juli d. J. auf Uebertragungs⸗ vermerke keine Anwendung, welche auf inländische, vor dem Inkrafttreten des Reichsstempelgesetzes ausgegebene Aktien ge⸗ setzt werden. Die Befreiung zur Tarifnummer 1 a. a. O. bezweckt nur, den Zeitpunkt des Veginns der Stempelpflichtig⸗ keit festzustellen und eine rückwirkende Anwendung des Gesetzes auszuschließen. Für die Bemessung der Höhe der Reichsstempelabgabe von Aktien ist die Erwä⸗ gung maßgeben? ewesen, daß spätere Uebertragungen in der Regel (bei Aktien auf den Inhaber u. s. w.) stempel⸗ frei bleiben. Folgerichtig mußte der allgemeinen Besteuerung der nach dem 1. Oktober d. J. ausgegebenen Aktien mit der erhöhten Abgabe eine gesetzliche Vorschrift entsprechen, wonach Uebertragungen der mit dieser erhöhten Abgabe belegten Aktien auch dann stempelfrei bleiben, wenn sie sich ausnahms⸗ weise in Formen vollziehen, welche die Anwendung der landes⸗ gesetzlichen Stempelabgaben rechtfertigen würden. Lediglich diesen Zweck verfolgt der Absatz 2 des 5§. 5 a. a. D.; ihm entspricht der Wortlaut, der nur Uebertragungsvermerke auf den der Reichsstempelsteuer unterworfenen „Aktien“ befreit. Diese Bestimmung auf Cessionen anzuwenden, welche auf im Jahre 1857 emittirte, mit 1 Proz, also dem 6. Theile der , ner, n,. versteüerte Aktien gesetzt werden, würde weder dem Worilaute oder Zwecke des Geseges ent⸗ sprechen, noch durch die Gerechtigkeit geboten sein.
— Wenn die Genußscheine der Warschau⸗Wiener Eisenbahngesellschaft dem Inhaber außer dem auf die ie, und amortisirte Stammaktie fallenden Gewinn⸗ antheil auch noch „dieselben Rechte, wie dem Inhaber nicht amortisirter Aktien“ gewähren, so find sie, nach einem Erlaß des Finanz- Ministers, vom 25. d. M., als Aktien im Sinne w m 1 des Reichsgesetzes vom 1. Juli d. Is. zu versteuern.
— Die im Reichs⸗Eisenbahn⸗Amte aufgestellte, in Nr. 302 bes Neichs⸗Anzeigers“ veröffentlichte Uebersicht der vim v Gee cb, f deutscher Eisenbahnen nach dem Stande am Ende des Monats November d. Is. ergiebt für die 63 Bahnen, welche auch schon im entsprechenden Monate des Vorjahres im Betriebe waren und zur Vergleichung gezogen
werden konnten, nachstehende Daten: (Die preußischen Staats⸗ bahnen und vom Staate für eigene Rechnung verwalteten Bahnen sind dabei als ein Bahnkomplex betrachtet, weil durch die am 1. April d. Is. eingetretene veränderte Bezirks⸗ eintheilung ein Vergleich bei den einzelnen Verwaltungsbezirken nicht durchweg zu ermöglichen war.)
Die Einnahme aus allen Verkehrszweigen war im Novem⸗ ber d. J.: a. beim Vergleiche der provisorisch ermit⸗ telten Ergebnisse des laufenden Jahres mit dem Definitivum des Vorjahres: im Ganzen (mit 29 101,12 km Betriebslänge) bei 42 Bahnen mit zusammen 22 120,56 km höher und bei l Bahnen mit zusammen 6980 656 km niedriger als in demselben Monate des Vorjahres, und au f das Kilometer Betriebslänge bei 40 Bahnen mit zusammen 20 7566,40 km höher und bei 23 Bahnen mit zusammen 8344.72 km (darunter 6 Bahnen mit vermehrter Betriebslänge) niedriger, als in demselben Monate des Porjahres; b. beim Ver⸗ gleiche der provisorisch ermittelten Ergebnisse des laufenden Fahres mit den im Vorjahre ermittelten provisorischen Angaben: im Ganzen (mit 29 101, 12 km Vetriebslänge), bei 51 Bahnen mit zusammen 26 208,56 km höher und bei 12 Bahnen mit zusammen 2892,56 km niedriger, als in demselben Monate des Vorjahres, und auf das Kilometer Betriebslänge bei 48 Bahnen mit zusam⸗ men 24 372,82 km höher und bei 15 Bahnen mit zusammen 28,30 lim (darunter 5 Bahnen mit vermehrter Betriebs⸗ länge) geringer, als in demselben Monate des Vorjahres.
Die Einnahme aus allen Verkehrszweigen war vom 1. Ja⸗ nuar bis Ende November d. J. a. beim Vergleiche der provisorisch ermittelten Ergebnisse des lau⸗ fenden Jahres mit dem Definitinum des Vorjahres: im Ganzen (mit 29101,12 km Betriebslänge), bei 33 Bahnen mit zusammen 21 480,17 km höher und bei 30 Bahnen mit zusammen 7620,95 km geringer, als in dem⸗ selben Zeitraume des Vorjahres, und auf das Kilo⸗ meter Betriebslänge bei 29 Bahnen mit zusammen 9511,62 km höher und bei 34 Bahnen mit zusammen 19 589,50 kin (darunter 7 Bahnen mit vermehrter Betriebs⸗ länge) geringer als in demselben Zeitraume des Vorjahres; b. beim Vergleiche der provisorisch ermittelten Ergebnisse mit den im Vorjahre ermittelten pro⸗ väösorischen Angaben; im Ganzen (mit 29 101,12 km Betriebslänge), bei 51 Bahnen mit zusammen Z5 706,86 km höher und bei 19 Bahnen mit zusammen 3394,26 km ge—⸗ ringer als in demselben Zeitraume des Vorjahres, und auf das Kilometer Betriebslänge bei 47 Bahnen mit zusam⸗ men 24 916,40 kim höher und bei 16 Bahnen mit zusammen 4184, 2 km (darunter 4 Bahnen mit vermehrter Betriebs⸗ länge) geringer, als in demselben Zeitraum des Vorjahres.
Bei den unter Stgatsverwaltung stehenden Privatbahnen, ausschließlich der vom Staate für eigene Rechnung verwalteten Bahnen, betrug Ende November d. J. das gesammte konzessionirte Anlagekapital 1L213 146 500 6 (08 495 900 (Stammaktien, 44 5585 000 Prioritäts⸗Stamm⸗ aktien und 760 055 600 S6. Prioritäts-Obligationen) und die Länge derjenigen Strecken, für welche das Kapital bestimmt ist, 4064, 22 km, so daß auf je 1 Rm 298 494 M entfallen.
Bei den unter Privatverwaltung stehenden Privatbahnen betrug Ende November d. J. das gesammte konzessionirte Anlagekapital 1410967 143 M0 (553 177 150 6 Stammaklien, 215 576 900 „6 Prioritäts⸗ Stammaktien und 641 213 093 S6 Prioritäts-Obligationen) und die Länge derjenigen Strecken, für welche dieses Kapi⸗ u, wr . ist, 7067, 45 kim, so daß auf je 1 km 199 643 entfallen.
— In der Woche vom 16. bis 22. Dezember wurden von den unter Staatsverwaltung stehenden Bahnen zur Kohlenverladung im Ruhrkohlenrevier durchschnitt⸗ lich pro Tag Wagen zu 16 929 Ladungen à 100 Ctr. gestellt.
Die tägliche Gestellung betrug in derselben Woche 1880 13 422 und 1879 12642 Ladungen.
Im lcufenden Jahre überstieg hiernach die Leistung der vom Staat verwalteten Bahnen diejenigen des Jahres 1880 um 2507 Ladungen oder um 19 Proz. und die⸗ jenige des Jahres 1879 um 32587 Ladungen oder um 26 Proz.
Im Ganzen sind in der genannten Woche des laufenden 8, 95 572 Ladungen oder 9557 200 Ctr. Kohlen und
okes durch die vom Staat verwalteten Bahnen aus dem Ruhrrevier abgefahren, 1500 000 Ctr. mehr als in derselben Woche des Vorjahres und nahezu 2000000 Ctr. mehr als in derselben Woche des Jahres 1879.
— Durch die stattgebabte Sektion des im Zoologischen Garten in Breslau verendeten Giraffenhengstes ist amtlich festgestellt worden, daß derselbe nicht, wie anfangs gemeldet wurde, an Rinderpest, sondern an einem anderen Leiden zu Grunde gegangen ist. Trotzdem wird die angeord⸗ nete theilweise Sperre des Gartens, die völlige Desinfektion und weitere polizeiliche Observation des Stalles, sowie das Verbot der Viehausfuhr von Breslau der Sicherheit wegen noch aufrecht erhalten.
Der Kaiserlich russische Botschaster am hiesigen Aller höchsten Hofe, Saburoff, hat Berlin mit kurzem Urlaub verlassen. Während seiner Abwesenheit fungirt als interi⸗ mistischer Geschäftsträger der Botschasts⸗Rath Arapoff.
— Der Königlich italienische Botschafter am hiesigen Aller⸗ höchsten Hofe, Graf de Launay, ist von seinem Urlaube nach Berlin zurückgelehrt und hat die Geschäfte der Botschast wieder übernommen.
— Der General Lieutenant von Cranach, Gouverneur 6 . hat sich nach beendetem Urlaub nach Cöln zurück⸗ egeben.
— Als Aerzte haben sich niedergelassen die Herren: Weiß in Stotel und Achenbach in Raboloshausen.
— S. M. S. „Luise“, 8. Geschütze, Kommdt. Korv. Kpt. Stempel, ist am 4. Dezember er. auf Rhede Georgetown ein⸗ getroffen und an demselben Tage nach Barbados in See gegangen.
Kiel, 27. Dezember. (W. T. B.) Die „Kieler Zeitung“ melbet das am 25. . in Folge eines Herzleidens erfolgte Ab⸗ leben * Prinzen Friedrich zu Schleswig⸗Holstein, Grafen von Noer.
Fulda, 26. Dezember. (W. T. T.) Vischof Kopp ist heute Nachmittag um 2 Uhr mit großem Ehrengeleit hier
eingetroffen und verrichtete alsbald am Grabe des heiligen Bonifazius ein Gebet.
/
Sigmaringen, 22. Dezember. Der am 11. d. Mts. eröffnete neunte Kommunal⸗Landtag der Hohen⸗ zollernschen Lande ist durch den Königlichen Kommissar, Regierunge⸗Präsidenten Graaf, heute geschlossen worden, nach⸗ dem der Landtag sämmtliche Vorlagen in öffentlichen Sitzungen erledigt hatte.
Baden. Karlsruhe, 24. Dezember. (W. T. B.) Der Großherzog, dessen Genesung erfreuliche Fortschritte macht, unternahm heute eine kurze Ausfahrt. Das Weihnachtsfest wird im engsten Kreise der Großherzoglichen Familie gefeiert. Morgen wird der Großherzog zum ersten Male seit seiner Krankheit dem Gottesdienst anwohnen.
Elsaß⸗Lothringen. Straßburg, 24. Dezember. (Els.Lothr. Ztg.) Der Bezirkstag des Ober-El saß ver⸗ fammelte sich gestern Nachmittag 2 Uhr in Colmar zu einer außerordentlichen Session, zu welcher 23 Mitglieder erschienen waren. Das alte Bureau, bestehend aus den Herren Baron von Reinach als Präsident, Kempf als Vize⸗-Präͤsident, Grad und Camille Schlumberger als Schriftführer, wurde durch Akklamation wieder gewählt. Erster Gegenstand der Tages⸗ ordnung war die Wahl eines Mitgliedes zum Landesausschuß an Stelle des Herrn Mieg-Köchlin, welcher in Folge seiner Wahl als Abgeordneter für die Stadt Mülhausen das ihm vom Bezirks⸗ tage ertheilte Mandat niedergelegt hat. Von 23 abgegebenen Stimmen erhielten die Herren Speckel 15, Baegert 7, Krafft 1 Stimme. Herr Eugen Speckel, Fabrikant zu Illzach, ist somit gewählt. Ueber eine weitere Vorlage, betreffend den Bau der Eisenbahn von Sentheim nach Masmünster, bezw. die Benutzung der Bezirksstraße Nr. 10 zu diesem Zweck so— wie die fernere Unterhaltung dieser Straße, wurde die Be— schlußfassung auf eine spätere Session vertagt und die Wege⸗ baukommission beauftragt, sich in der Zwischenzeit mit der Angelegenheit vertraut zu machen. Hierauf wurde die Session um Z3isz Uhr geschlossen.
Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 25. Dezember,. Die „Wiener Zeitung“ veröffentlicht folgendes Kaiserliches Handschreiben:
Lieber Graf Taaffe! Um Meiner Theilnahme an dem trau⸗ rigen Schicksale der bei dem Brande des Ring- Theaters am 3. Dezember J. J. Verunglückten einen dauernden Ausdruck zu geben, habe Ich beschlosffen, auf dem dem Stadterweiterungsfonds gehörigen Baugrunde des Ring⸗Theaters aus Meinen Privatmitteln ein Ge— bäude mit einer entsprechend ausgestatteten Gedächtnißkapelle auf⸗ führen zu lassen. ö .
Eine besondere an die Errichtung dieser Kapelle geknüpfte, Stif⸗ tung wird die alljährliche Abhaltung eines Trauer⸗ Gottes dienstes 6j die Opfer der erschütternden Katastrophe für alle Zukunft sicher⸗
ellen.
Wegen Errichtung der Kapelle, und der damit verbundenen Stiftung haben Sie mit dem Fürst-Erzbischofe von Wien das Nöthige zu vereinbaren. . .
Was das zu errichtende Stiftungsgebäude anbelangt, sollen dessen Erträgnisse für immerwährende Zeiten Wiener Wohlthätigkeits⸗ vereinen und -⸗Anstalten zufließen. . .
Wegen Beistellung der Geldmittel, sowie bezüglich der Bau⸗ ausführung habe, Ich bereits Meinem Privatfonds⸗Direktor die erforderlichen Aufträge ertheilt.
Wien, am 24. Dezember 1881. .
Franz Joseph.
Frankreich. Paris, 24. Dezember. (W. T. B.) Der Finanz -Minister stellte, als er gestern die Wechsel⸗ agenten empfing, das Gerücht von, einem Ankauf der Eifenbahnen in Abrede. Bezüglich der Conversion sagte er: die Regierung habe diese Frage, deren baldige Lösung nicht anzunehmen sei, noch nicht geprüft.
Oran, 24. Dezember. (W. T. B) In der Habra⸗ Ebene sind von den Opsern der Ueberschwemmung 201 Leichname aufgefunden worden, von denen 163 Ein⸗ geborenen, 33 Spaniern und 3 Franzosen angehören.
Aus Tunis wird u. d. 24. Dezember gemeldet: Das Kanonenboot „Aspicé“ ist nach Zarzis entsendet worden, dessen Gouverneur französischen Schutz gegen die durch den General Logerot auf die Grenze von Tripolis zurück— gedrängten Insurgentenchefs nachgesucht hat.
talien. Rom, 25. Dezember. (B. T. B.) . Der Papst empfing gestern die Kardinäle, welche erschienen waren, um in herkömmlicher Weise durch den Kardinaldekan ihre Glückwünsche anläßlich des Weihnachts- und Neujahrs—⸗ festes darzubringen. Unter den 23 anwesenden Kar⸗ dinälen befand sich auch Prinz Hohenlohe, welcher gestern von seiner Reise hierher zurückgekehrt ist. Die Begrüßungzansprache des Kardinaldekans erwiderte der Papst, dem „Ssservatore Romano“ zufolge, indem er zunächst auf die Lage des heiligen Stuhles hinwies, welche sich immer schwieriger . und sodann beklagte, daß er gezwungen sei, die jüngste anonifation ohne den herkömmlichen Pomp zu voll⸗ iehen. Ebenso beklagte der Papst die Anschuldigungen, welche 1. Mal erhoben würden, so oft er, um die Unabhängigkeit feiner geistlichen Gewalt zu sichern, die Wiederherstellung feiner tausendjährigen weltlichen Herrschaft fordere. Nebellen und Unruhstister nenne man die Katholiken, wenn sie eine wirksame Garantie sur die Freiheit ihres . tes ver⸗ langen. So sei es denn natürlich, fügte der Papst hinzu, daß die nach Rom kommenden Bischöfe den gegenwärtigen Siand der Dinge unvereinbar hielten mit der Würde des heiligen Stuhles, und daß die Gläubigen der ganzen Welt in dieser Beziehung ihre Besorgnisse für die Gegenwart wie für die Zukunft an den Tag legten. 3. Der „Diritto“ erklärt die Rücksendung des Minister⸗ residenten Roustan auf seinen Posten nach Tunig für einen schweren Fehler. Dieselbe bedeute, daß Gamhetta sowohl die tunesische Expedition, als auch die Mittel, mit welcher dieselbe vorbereitet und gefördert worden sei, mit seiner Verantwort⸗ lichkeit und seinem Namen decke. Dieser Irrthum grenze an eine Herausforderung des öffentlichen Gewissens und werde in seiner Bedeutung auch selbst dann noch nicht verringert, wenn die Rückkehr Roustans nur eine vorübergehende sein sollte. — 26. Dejember. (W. T. B.) Die von der Kom⸗ mission zur Vorberathung des Auslieferungs⸗ Gesetzentwurfs niedergesetzte Subkommision hat ihre Arbeiten beendet und den von ihr aufgestellten Entwurf ge⸗ druckt sämmtlichen Kommissionsmitgliedern zur Prüsung und , von Abänderunggsanträgen zustellen lassen. Die ommission tritt voraussichtlich in der ersten Hälfte des nächsten Monats zur Berathung des gesammten Entwurss zu einer Plenarsitzung zusammen.
Türkei. Konstantinopel, 25. Dezember. (W. T. B.) Die Bestimmungen der Finanzkonvention, welche bis⸗ lang zwischen der Pforte und den Ban quiers von Galata noch in Erörterung standen, sind nunmehr durch gegenseitige Konzessionen vollständig geregelt worden. Morgen, am 26. d., werden die Delegirten der Bondholders wie die Banquiers von Galata auf der Pforte behufs Uebergabe der offiziellen Dokumente über die finanziellen Arrangements zusammen⸗ treten. — In der heutigen Sitzung der türkisch⸗russischen Finanzkommission erklärte der Botschafter Novik offt, daß er die in Folge des mit den Bondholders getroffenen Abschlusses verlangten neuen Instruktionen erhalten habe. Eine Debatte über die Art der Seitens der Pforte zu erthei⸗ lenden Garantien blieb zunächst ohne Resultat.
Rumänien. Bu karest, 24. Dezember. (W. T. B.) In der Kammer der Deputirten interpellirte General Lecca, welche Maßregeln die Regierung zur Feststellung und Be⸗ zahlung der Kriegsschuld der Türkei an Rumänien getroffen habe. — Das Budget für das Jahr 1882 weist 1211 Millionen in Einnahme, 121 Millionen in Ausgabe, somit 1 Million Ueberschuß auf. I
— 25. Dezember. Die Affaire Callimaki⸗Ca⸗ targi kam gestern im Senate durch die Interpellation Gradisteano's zur Sprache. Der Interpellant führte aus, daß die nicht autorisirte Veröffentlichung diplomatischer Dokumente durch einen Beamten des Staates sich als Dieb⸗ stahl qualifizire, der unter die Bestimmungen des Artikels 305 des Strafgesetzbuches falle. Gradisteano verlangte von dem Justiz-Minister die Versetzung Callimaki⸗Catargi's in Anklage⸗ zustand. Der frühere Minister des Auswärtigen, Boereseu, unterstützte die Ausführungen Gradisteano's und erklärte, man dürfe das Ausland nicht glauben lassen, daß Handlungen, wie diejenige, deren CallimaküCatargi sich schuldig gemacht habe, in Rumänien ungeahndet bleiben. Der Minister des Auswärigen, Statescu, welcher intermistisch die Leitung des Justiz-Ministeriums übernommen hat, mißbilligte gleich dem Vorredner die Handlungen Callimaki⸗Catargi's, war indessen nicht der Ansicht, daß gegen denselben die gerichtliche Verfolgung eingeleitet werden müsse, weil Callimaki, wenn er vor Gericht gestellt würde, zu seiner Vertheidigung andere geheime Aktenstücke produziren könnte, deren Bekannt⸗ werden vielleicht dem Lande schaden würde. Er bitte daher den Senat, der Regierung in dieser Sache Aktionsfreiheit zu lassen. Gradisteano entgegnete, wiewohl er die delikate Stellung des Ministers in seiner doppelten Funktion als Minister des Auswärtigen und der Justiz nicht verkenne, müsse er doch die gerichtliche Verfolgung Callimaki⸗ Catargi's verlangen und er beantrage daher folgende Motion: „In Anbetracht dessen, daß Callimaki-Catargi durch die Veröffentlichung diplomatischer Dokumente eine tadelnswerthe unmoralische Handlung verübte, geht der Senat in der Ueberzeugung, daß der Justiz— Minister seine Pflicht thun und den Genannten in Anklage⸗ zustand versetzen werde, zur Tagesordnung über.“ Der Minister Statescu acceptirte die, Motion erst, nachdem der Interpellant dieselbe dahin modifizirt hatte, daß der Regierung die Wahl des geeigneten Momentes zur Einleitung gerichtlicher Schritte überlassen bleibe. Die so modifizirte Motion wurde mit 24 gegen 2 Stimmen angenommen.
Serbien. Belgrad, 23. Dezember. (Pol. C.) Der Budgetvoranschlag für das Jahr 1882 schließt mit 32 Millionen Dinars (Frances) Einnahmen und der gleichen Summe Ausgaben ab. — Für die am 25. d. M. stattfindenden Ergänzungswahlen in die Skupschtina wird von 23 Parteien im ganzen Lande eine lebhafte Agitation ent—⸗ wickelt.
Rußland und Polen. St. Petersburg, 24. De⸗ zember. (W. T. B.). Der Kaiser und die Kaiserin empfingen gestern den sranzösischen Botschafter General Chanzy, welcher sein Abberufungsschreiben überreichte.
Das „Journal de St. Pétersbourg“ sagt: die Erfinder der Nachricht von einer deutsch-österreichisch⸗tür⸗ kischen Allianz legen dieser erfundenen Komhination die Annahme zu Grunde, daß es sich dabei um eine Unterstützung der Türkei seitens Deutschlands gegen Frankreich in Tunis handle. Wenn man von dieser erfundenen deutsch⸗österreichisch⸗ türkischen Allianz gesagt habe, eine solche könne Mißtrauen in Petersburg erregen, so sei das Verhältniß des hiesigen zu dem Berliner Kaiserhofe, wie das der beiden Nationen ein solches, daß es ernsten Gefahren gegenüber fest bestehen würde, und daß derartige Kombinationen und unrichtige Konjekturen keineswegs im Stande wären, Mißtrauen zu erregen.
— 26. Dezember. (W. T. B.) Der „Regierungs⸗ Anzeiger“ veröffentlicht einen Kaiserlichen Befehl, nach welchem dreiundzwanzig in letzter Zeit verhaftete politische Verbrecher, welche die Regierung für Leiter oder maß— gebende Mitglieder der Terroristenpartei hält, zusammen in einer besonderen Sitzung des Senats unter Hinzuziehung der Vertreter der Stände gerichtet werden sollen.
Afrika. Egypten. Kairo, 26. Dezember. (W. T. 87 Der Khedive hat die Notabeln-Kammer mit einer An⸗ sprache eröffnet, in welcher er erklärte, daß die Interessen ber Bevölkerung durch Gerechtigkeit für Alle gewahrt werden sollen. Er strebe nach Austlärung und ortentwickelung auf allen Gebieten. Die internationalen Verpflichtungen sollen erfüllt werden. Schließlich bat der Khedive die Versammlung um ihre Mitwirkung bei der civilisatorischen Umgestaltung des Landes. Die Rede wurde mit lebhaftem Beifall aufge⸗ nommen.
Zeitungsstimmen.
Die „Allg. Ztg.“ enthält einen „Ein Weihnachtsgruß aus Süddeutschland“ betitelten Artikel aus der Feder M. Carriere's, in welchem der Verfasser betont, daß das Reich finanziell selbständig sein müsse und dann , n
Es (das Reich) darf nicht bei den Einzelstaaten betteln gehenz wenn die Matrikularbeiträge aufhören und dafür noch Geld vom Reich in die Kaffen der Staaten fließt, dann wird es innerlich und Zaußerlich fester. Das hat Bismarck im Auge, das will er den Deutschen noch leisten, darum bevorzugt er Zölle und indirekte Steuern. Eine progrefsive Reicht ⸗Cinkommensteuer wäre theoretisch gewiß das Richtigste, aber würde sie praktisch sich als heil voll er⸗ weisen, oder würde nicht der Reichssteuerbote das Reich als eine drückende Last empfindlich machen und bei dem Unverstand der Massen den reichs feindlichen Strebern eine Handhage bieten! Andrerseits macht das Tabakmonopol eine Progressive Besteuerung der feineren Sorten und damit der Reichen oder Genuß
süchtigen am leichtesten möglich, und da benachbarte Staaten damit zufrieden sind, so befreundet man sich wenigstens in Süd⸗ und Mitteldeutschland mit demselben aus dem patriotischen Grunde, weil es ein neuer starker Reif um das Reichsganze sein wird. Je fester dies zusammenhält, je mehr der Partikularisinus auf dasselbe bin⸗ gewiesen, je abhängiger das Finanzsystem der Glieder vom Ganzen ist, desto unmöglicher werden auch dem Auslande die Trennungsgelüste erscheinen, desto eher werden wir uns die schwere Rüstung erleichtern können, die wir um unserer Sicherheit willen tragen muͤssen. Wie dann die Zölle einzurichten sind, daß sie zugleich nationaler Arbeit Schutz gewähren, ohne Treibhaus⸗Industrien zu begünstigen und Ein⸗ zelne auf Kosten der Gesammtheit zu bereichern, vielmehr im Weltverkehr die Waffen für den Wettkampf der Nationen gleich machen, das sind spezielle Zweckmäßigkeitsfragen, über welche eine Verständigung auf der Grund⸗ lage der Erfahrung möglich sein wird, wenn man über das Prinzip einig ist das Reich soll finanziell auf eigenen Füßen stehen, nicht als beständig geldfordernde Last, sondern, hülfreich und wohlthätig erscheinen. Eine zweite Nothwendigkeit aber ist, daß endlich nach den beschränkenden Maßregeln gegen die Sozialdemo⸗ kratie auf die soziale Frage positive Anworten gegeben wer. den, und mir ist es eine, große That, daß Fürst Bismarck mit muthiger Entschlossenheit der Sphinx des Jahrhunderts entgegengetreten ist. Denn wie diese die bestehende gesell⸗ schaftliche Ordnung bedroht, und zu verschlingen bereit ist, das hat die Kommune erschreckend und mahnend dargethan. Und wenn der Kanzler selber nichts erreichen sollte, die Sache stände von nun an auf der parlamentarischen Tagesordnung. Eine Partei, die hier nur versagen wollte, stellte sich ein Armuthszeugniß aus; es gilt ein positives Pꝛrogramm aufzustellen; es ist eine Lebensfrage; für den Liberalismus; die Besserstellung der Handarbeiter, die menschen⸗ würdige Existenz der Unbegüterten darf keine konservative Parteisgche werden; es ist eine Angelegenheit der ganzen Nation, „das Gefühl menschlicher Würde, das auch der ärmste Deutsche behalten soll, damit er nicht rechtlos als ein bloßer Almosenempfänger dastehe,“ wie der Kanzler in einer seiner Reden äußerte. Weiter heißt es dann:
Hat man aber das seltene Glück, einen großen Mann an der Spitze des Gemeinwesens zu sehen, so rechne man mit seiner Eigen⸗ art und lasse ihn seine schöpferische Kraft verwerthen. Schöpferisch, erleuchtend, bahnbrechend in der Weltgeschichte ist immer nur die geniale Persönlichkeit; die Kollektivintelligen; der Talente, die Bestrebungen der Menge können sie nicht ersetzen; aber sie müssen an ihre Stelle treten, wenn sie fehlt. Statt über Hausmaierthum und den deutschen Richelieu zu klagen und den Kaiser dagegen schirmen zu wollen, sollte man diesem doch lieber Dank sagen, daß es Männer wie Bismarck, wie Moltke zu finden und an die rechte Stelle zu setzen verstand und ihre Kraft für sich wirken zu lassen versteht Wer nicht nur an die vormärzliche Zeit von 1848, sondern auch an die zwanziger, die dreißiger Fahre zurückdenkt, und die damaligen Zu⸗ ftände mit den jetzigen vergleicht, die Erfüllung seiner vaterländischen Hoffnungen und Freiheitsbestrebungen genießt, der begreift schwer, wie so viel kleiner Hader um kleine Dinge dem Volke die Freunde an seiner herrlichen Wiederaufrichtung vergällen mag. Wer in diesem Sommer die Ausstellungen in Stuttgart, Karlsruhe, Frankfurt, Halle erwog, und dazu den Schützenzug in München sah in dieser Verbindung von waffentüchtiger Manneskraft, künstlerischem Sinn
und heiterer Pracht, dem mochten die Klagen über den Rückgang, der
sinkenden Wohlfahrt Deutschlands etwas sonderbar dünken. Und hörten wir damals hier aus fürstlichem wie aus bürger⸗ lichem Munde mit voller Befriedigung das hohe Gute der Einheit des Vaterlandes preisen. hörten wir auch Gemeinschaft des Geistes, der Sprache, der Waffen für das hier und dort Heilbringende und Unverbruͤchliche erklären, hörten wir von den aus weiter Ferne Gekommenen, wie nun der deutsche Name, die deutsche Flagge hochgeachtet wird, so finden wir zu unserem Troste; es bedarf nur einer mäßigen Erhebung über das Alltägliche, nur des Umblicks von einer höheren Warte als der dumpfen Stube, um den Glauben an Deutschlands Bestimmung aufrecht zu halten und über der Woche nicht das Jahrhundert, über dem Kleinlichen nicht das Große zu vergessen.
— Die „Ess. Ztg.“ leitet eine längere Betrachtung „Weihnachten 1881“ folgendermaßen ein: .
Konnten wir uns im vergangenen Jahre zum 25. Dezember im Hinblick auf das Dezennium, welches damals seit dem großen Kriege verfloffen war, des sicheren Friedens, des hohen Ansehens freuen, welches das neue geeinte Deutsche Reich bisher genossen, so haben wir diesen Ursachen der Freude zu dem heutigen Feste eine neue hin= zuzuzählen. Der wirthschaftliche Aufschwung 1886 noch das Sehnen aller Gewerbetreibenden und insbesondere der industriellen Be⸗ völkerung unseres rheinisch⸗ westfälischen Montanbezirks, ist 1881 zur vollendeten Thatsache geworden. Selbst enragirte Freihändler können nicht mehr leugnen, „daß seit den Schwindes' sahren niemals so günstige, gesunde und Dauer versprechende Verhältniste vorgelegen haben wie heute. Wie ganz anders war das vor drei Jahren. Die Hochöfen waren ausgeblasen, Eisen⸗ und Berg⸗ werke arbeiteten mit der Hälfte ihres früheren Personals und beĩ verkürzter Arbeitezeit oder sie standen ganz still, die Preise waren gedrückt, der Arbeitslohn sank rasch auf das gewöhnliche Niveau, welches er vor 1875 gehabt hatte. Wären die meisten Werke nicht bochherzig genug gewesen — um ihre Arbeiter nicht vollends dem Elende preiszugeben — unter dem Selbstkostenpreise weiter arbeiten zu lassen, so hätten im Winter 1878579 in den industriellen Gegenden Deutschlands Hunger und Noth die unteren, weniger bemittelten Klassen der Vevöllerune in schrecklicher Weise heimsuchen müssen. Der Brief des Reichskanzlers vom 15. Dejember 1878, in welchem Fürst Bis⸗ marck die Art an die Wurzel dieses Uebels, an das Manchesterthum mit feinen traurigen Auswüchsen zu legen versprach, bedeutete den ersten Lichtstrabl in diesem Dunkel wirthschaftlichen Niederganges. Ohne diesen Stern, der für unsere Industriellen und Gewerbetrei= Fenden recht eigentlich ein Weihnachtsstern, ein Stern der Verheißung war, hätten wohl wenige Werke noch den Muth gehabt, mit Auf⸗ bietung rer letzten Kräfte sich und Lie arheitenden Hände, deren 8 ni unwiederbringlich an sie geknüpft war, über Wasser zu halten. 2 ; ;
Im weiteren Verlaufe des Artikels heißt es dann:
Ist auch die wirlhjchaftspolitische Frage gelöst: die sozialpolitische ist ed nicht. Der Unterdrückung der sozialdemokratischen Ten⸗ denzen und Bestrebungen ist die natürliche Vernichtung derselben durch dat, was in ihnen Berechtigtes liegt, nech nicht gefolgt. Kaum, daß ein lfleiner Anfang damit gemacht ist, dem Handwerk den ver- lorenen goldenen? Boden wieder gewinnen zu helfen. Der Wunsch des Hrn. von Bennigsen in der ersten So zialisten⸗ debate des Richetags vom 24. Mai 1878, daß, den berechtigten Wünschen der Arbeiter genüge geschehen müsse r, ist noch nicht in Erfüllung gegangen. Der Plan des Neichskanzlers, auf die- ken Wege den erften bedeutsamen Schritt mit der Einführung der
rbeiterversicherung zu thun, ist im letzten Reichstage . und
geht auch im neuen Reichstage anscheinend demselben Schicksale ent- egen. Unfere Theoretiker sind es leider wieder umeist, welche dem Fier. Bedenken auf Bedenken gegenüber aufzuthürmen wissen. Und dennoch sbeint nur bier der Hebel zu sinden ju sein, mit dem die soßiale Frage aus den Angeln geboben werden lann.
— Der „Düsseldorfer Anzeiger“ schreibt: . Daß die Lage der Arbeiter aber nicht eine bee. geworden wãre, ist eine abfolute Unwalrheil, welche die Freiban elspresse den offen Uu Tage liegenden Thatsachen zum Trotz verbreitet. In vielen In. kEintte daß gesteben wir zu, ist eine eigentliche Steigerung des Arbeite lohnes 6 eingetreten, da die wesenilich durch die freidändle⸗ rischerfeits begünstigte auslänvische Konkurrenz gedrügten Verkauft. reife dies nicht ermöglichen, aber der Gesamm kwerdienst des Arbeiters . in Felge vermebrter Arbeit gelegenbeit ein wesentlich böͤherer geworden und darauf kann eg dero bauhtsächlich nur, wenn nicht allein, ankommen. Wat hilft dem Arbeitet eine Lohnerhöhung um 20 /