1882 / 9 p. 14 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 11 Jan 1882 18:00:01 GMT) scan diff

Tag der Prüfung für

Schul vor⸗ Ort. Lehrerinnen. steherinnen.

1 27 März

Art der Lehrerinnen⸗Prüfung.

Abgangsprüfung an der städti⸗ schen Lehrerinnen⸗Bildungs⸗ anstalt.

22. April 28. April Kommissionsprüfung.

Königsberg 12. April 20. April desgl. i. Ostpr. 19. Sept. 28. Sept. desgl. 1 28. Febr. 28. Febr. desgl. G 13. April 12. April desgl. . Marienburg. . . 17. März Abgangsprüfung an der städti⸗ schen Lehrerinnen⸗Bildungs⸗ anstalt. Marienwerder . 2. Okt. J. Okt. Kommissionsprüfung. Montabaur ... 10. Mai 13. Mai desgl. Münster 27. März 27. März desgl. 10. Aug. Abgangsprüfung an dem König⸗ lichen Lehrerinnen⸗Seminar. 16. Okt. 16. Okt. Kommissionsprüfung. . Münstereifel .. 1. März Abgangsprüfung an der städti⸗ . schen katholischen Lehrerinnen⸗ Bildungsanstalt. ö Neuwied 8. Mai Abgangsprüfung an der städti⸗ schen Lehrerinnen⸗Bildungs⸗ anstalt. . 3. Okt. 2. Okt. Kommissionsprüfung. . Paderborn... 20. März Abgangsprüfung am Königlichen Lehrerinnen⸗Seminar. . 27. März 31. März desgl.

1I. Sept. 15. Sept. desgl. ö Potsdam .... 20. März , Kommissionsprüfung Saarburg . . . . 23. März 31. März Abgangsprüfung am Königlichen Lehrerinnen⸗Seminar. Schleswig . . . . 21. Febr. 25. Febr. Kommissionsprüfung. 5. Sept. 9. Sept. desgl.

Grell, . 8. März 9. März Kommissionsprüfung (für Volks⸗ schullehrerinnen). in 19. April 19. April Kommissionsprüfung. 19. Okt. 19. Okt. desgl. Stralsund . .. 31. Okt. 31. Okt. desgl. . . ö 26. Aug. Ahgangsprüfung an der städti⸗ schen Lehrerinnen⸗Bildungs⸗ anstalt. , 4. Mai Abgangsprüfung an einer Privat⸗Lehrerinnen-Bildungs⸗ anstalt. J Wiesbaden 12. Mai 19. Mai Abgangsprüfung an der städti⸗ schen Lehrerinnen-Bildungs⸗ anstalt. . . 13. Febr. 18. Febr. Abgangsprüfung am Königlichen Lehrerin nen⸗Seminar. Aichtamtliches. Deutsches Reich. Preußen. Berlin, 12. Januar. Ihre Majestät

die Kaiserin und Königin war heute in einer Vorstands— sitzung des Frauen-LazarethVereins anwesend und ertheilte, nach Sr. Majestät dem Kaiser und König, dem Bischof von Fulda die nachgesuchte Audienz.

Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz wohnte gestern der Vorstellung im Schauspiel— hause bei.

n, Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für Justizwesen und für Rechnungswesen sowie der Ausschuß für Justizwesen hielten heute Sitzungen.

Der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Reichstags befindet sich in der Ersten Beilage.

In der heutigen (23.) Sitzung des Reichstages, welcher der Staats⸗Minister von Boetticher, mehrere Be⸗ vollmächtigte zum Bundesrath und Kommissarien desselben beiwohnten, stand als erster Gegenstand der Berathung auf der Tagesordnung die dritte Berathung des Beschlusses des Bundesraths, betreffend die Aufnahme der Kalifabriken und Anstalten zum Imprägniren von Holz mit erhitzten Theerölen in das in dem 5§. 16 der Gewerbeord—⸗ nung enthaltene Verzeichniß der gewerblichen Anlagen, welche einer besonderen Genehmigung bedürfen (Bekanntmachung vom 26. Juli 1881, Reichs-Gesetzblatt S. 251), auf Grund des in zweiter Berathung genehmigten Bundesrathsbeschlusses. Die Vorlage wurde ohne Diskussion genehmigt.

Es folgte dann die Fortsetzung der ersten Berathung des von dem Abg. Dr. Windthorst eingebrachten Gesetzentwurfs, be⸗ treffend die Iufhebung des Gesetzes über die Verhin— derung der unbefugten Ausübung von Kirchen— ämtern, vom 4. Mai 1874.

Der Abg. Dr. Hänel führte aus, die Regierungspresse habe darauf hingewiesen, daß bei dieser Vorlage die große liberale Partei sich zersplittern würde, und gefragt, wie sich die Regierung auf eine solche Partei stützen könne. Aber die gleiche Zersplitterung habe sich auch auf der konservativen Seite gezeigt. Er spreche zwar nur im Namen der Mino⸗ rität seiner Partei, aber in Einem fühle er sich eins mit derselben darin, daß es nicht Spekulation auf wesentliche Unterstützung von Seiten des Centrums gewesen sei, was die Majorität zur Annahme des Antrags bestimme. Wenn die Minorität sich hiergegen erklärt habe, so sei sie von der Er⸗ wägung ausgegangen, daß das Gesetz vom 4. Mai 1874 ein wesentlicher Bestandtheil der Maigesetzgebung sei, bestimmt zum Zweck der Ausführung derselben, und daß eine Revision zur Zuständigkeit des Landtages gehöre. Zur Versöhnung sei auch er bereit. Nur scheine ihm, daß dazu der Antrag Windthorst wenig geeignet sei. Die Regierung sei der gestrigen Interpella⸗ tion, welche Stellung sie zu dem Antrage einnehme, mit Bon⸗ ommie ausgewichen. Aber das sei doch nicht Politik, und er Bundesrath etwas mehr als ein Oberhaus. Aus dem Schweigen allerdings könne man entnehmen, daß der Antrag der Regierung gar nicht so unangenehm sei. Die Centrums⸗ partei habe auch gestern noch erklärt, daß ihr Standpunkt die Aufhebung der Maigesetzgebung sei. Diesen Standpunkt theile aber auch die Majorität seiner Partei nicht. Die Maigesetzgebung habe Bestimmungen, die irrevisibel seien. Er persönlich erkenne in dem Antrage nur das Verlangen des Cen⸗ trums, seine Position zu stärken, um dem Ziel, der Auf⸗ hebung der ae ß nahe zu kommen. Ein solches Verlangen zu unterstützen, hal er nicht den Muth. etzt klage man von allen Seiten über Kulturkampf.

gewesen sei. Es habe eine Zeit gegeben, wo die Reichspartei es sich zur Ehre angerechnet habe, den Abg. Dr. Falk zu den Ihrigen zu zählen, den sie jetzt verurtheile. Er stimme gegen den Antrag, weil er befürchte, daß derselbe als eine Konzession ausgenutzt werden würde, um Institutionen zu beseitigen, die im Prinzip auch von der Majorität seiner Partei fest⸗ gehalten würden.

Der Abg. Liebknecht wies die Behauptung, daß das So⸗ zialistengesetz geringere Härten enthalte als die Maigesetzgebung zurück und erklärte sich gegen Ausnahmegesetze überhaupt. Der Staats-Minister von Boetticher habe erkart, die Regierung suche Belehrung. Nun, eine solche sei der Regierung in den Wahlen geworden.

Der Abg. Freiherr von Hammerstein erklärte, er sei mit dem Abg. Hänel darüber einverstanden, daß jetzt jede Partei die Urheberschaft des Kulturkampfes von sich abwälzen wolle. Er wolle auch nicht sagen, die Fortschrittspartei habe den— selben angesangen, aber sie habe ihn vergiftet und zu einem Kampfe gegen alles positiv Christliche ge— staltet. Redner erklärte sich im weiteren Verlaufe seiner Rede für die völlige Aufhebung der Maigesetze. Ein Staat, welcher verlange, daß eine Kirche ihre Formen nach seinen Gesetzen modele, werde mit keiner Kirche in Frie— den leben können. Zwischen den konservativen Parteien be— stehe nicht, wie der Abg. Hänel meine, ein prinzipieller Unter— schied; nur eine Opportunitätsfrage sei es, die sie im Augenblicke trenne. Ein Ausnahmegesetz hebe man auf, wenn der Zweck desselben erfüllt sei. Alle materiellen und formellen Voraussetzungen für das Ge— setz vom 4. Mai 1874 seien aber in diesem Augenblick hin— fällig geworden. Er wünsche darum die Aufhebung desselben und hoffe, daß sich auch die Bundesregierungen gegen diesen Antrag nicht verschließen würden.

Bei Schluß des Blattes nahm der Abg. Richter (Hagen) das Wort.

Die aus der ganzen Monarchie bei dem landwirth— schaftlichen Ministerium eingegangenen Witterungs- und Saatstandsberichte bestätigen im Allgemeinen die gün— stigen Resultate der Kartoffel- und Rübenernte. Die Ein— bringung wurde durch den früh im Oktober eingetretenen Frost vielfach erschwert, ging aber im Lauf des Novembers noch ohne größeren Verlust von Statten. Aus einigen Be— zirken der westlichen Provinzen werden ungewöhnlich hohe Kartoffelerträge gemeldet, auch ist die anfängliche Befürchtung von Fäulniß und Auswuchs nicht in besonders hohem Grad eingetreten. Geklagt wird über den mangelnden Export nach England und her niedrige Spiritus und Stärkepreise. Immerhin ersetzt die reichliche Kartoffelernte andere spärlicher produzirte Futtermittel.

Der Mangel an Streu und Futterstroh macht sich viel— fach fühlbar und hat die Aufmerksamkeit der Verwendung von Torfstreu zugewandt. Etwas gemildert ist der Futtermangel durch die diesmal bis in den Dezember hinein, also ungewöhn— lich lange, vorhandene Möglichkeit, das Vieh auf die Weide gehen zu lassen.

Die Herbsthestellung ist zwar durch den Oktoberfrost und die spätere feuchte Witterung verzögert, aber doch überall noch rechtzeitig beendet worden. Der Stand der Saaten ist ein günstiger; in einigen Gegenden wird geklagt über Mäufefraß.

Der Stand der Oelsaaten wird als ungünstig bezeichnet.

Die Holzabfuhr ist durch das weiche Wetter erschwert, der Konsum auch ein sehr geringer geblieben.

Sachsen. Dres ken, 11. Januar. (Dr. J) Die Zweite Kammer bewilligte in ihrer heutigen Sitzung den Etat des Kultus und öffentlichen Unterrichts mit geringfügigen Abänderungen. Erheblichere Debatten knüpften sich an Kap. 91, Universität Leipzig, zu welchem der Abg. Bebel einen Antrag auf Anstellung einer umfassenden Usterrichtsstatistik ein—

brachte und die Uebernahme des ganzen Unterrichts wesens auf den Staat befürwortete. Letztere An⸗ sicht wurde jedoch allseitig bekämpft und der Antrag

abgelehnt. Bei Kap. 92, Gymnasien und Realschulen, trug Abg. Starke eine Reihe von Wünschen vor und bat nament— lich um Abstellung der vielfach erhobenen Klagen über die Ueberbürdung der Schüler. Staats-Minister Dr., von Gerber erkannte die Berechtigung der erhobenen Klagen an und ver— sprach, in seinen Bemühungen, denselben abzuhelfen, auch künftig fortzufahren, legte aber dar, daß gerade hier bedeutende Schwierigkeiten entgegenständen, welche ihren Grund hätten in der eigenthümlichen und zum Theil bedauerlichen Richtung, welche das höhere Unterrichtswesen neuerdings genommen habe.

HSessen. Darmstadt, 10. Januar. (Darmst. Ztg.) Das Berathungsmaterial, welches der demnächst zusam— mentretenden Zweiten Kammer wbereits vorliegt, ist ein ziemlich umfangreiches. Hauptgegenstand der Berathung werden naturgemäß vorerst das Staatsbudget für die Finanz periode 1882,85 und der damit im Zusammenhang stehende Entwurf des Finanzgesetzes bilden. Weiter hat die Regierung bis jetzt fünf Gesetzentwürse vorgelegt. Dieselben betreffen die Bildung von Provinzialfonds für den Neubau von Kreis— straßen, die Ausführung des deutschen Gerichtskostengesetzes und der deutschen Gebührenordnungen für Gerichtsvollzieher und für Zeugen und Sachverständige, die Enteignung von Grund— eigenthum, die Hinterlegung von Depositen und Kautionen und von Privatkapitalien bei der Haupt Staatskasse und die Gewann—⸗ und Parzellenvermessung. Eine weitere Vorlage der Regie— rung bezweckt die Erhöhung der Pensionen der Wittwen und Waisen der Volksschullehrer für die nächsten drei Jahre. Die Zahl der von einzelnen Abgeordneten gestellten AÄnträge be— trägt bis jetzt 17. An Interpellationen sind bis jetzt 5 ein— gereicht worden. Zu diesen Gegenständen kommen noch die dem dritten Ausschuß obliegende Prüfung der Wahlen, sowie einige Petitionen.

Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 11. Januar. (W. T. B.) Dem gestrigen Hofdiner bei dem Kaiser wohnten Prinz Neuß, Graf Berchem, von Thielau, Graf Schwerin, Oberst— Lieutenant Graf Wedell, serner die Offiziers-Deputationen des 3. Preußischen Dragoner⸗Regiments, und des Preußischen 2. Garde⸗Dragoner⸗Regiments, sowie sämmtliche Prinzen von Ratihor bei.

Pest, 10. Januar. In der heutigen Konferenz der libe— ralen Partei legte der Minister⸗-Präsident von Tisza die Fah vor, ob die Partei das demnächst zu verhandelnde Präliminare des Staatevoranschlages auch im Allgemeinen zum Gegenstande einer Debatte machen oder nach der bis—

a frage er sich, wer denn eigentlich der Urheber desselben

herigen Praxis nur über die Details desselben verhandeln

will, ferner wie über die Details verhandelt werden soll? Hierauf wurde einstimmig beschlossen, daß im Schooße der Partei keine allgemeine Debatte stattfinden soll; wohl aber wer⸗ den die Beschlußanträge verhandelt werden. Das Budget wurde hierauf im Allgemeinen angenommen. In der Konferenz der Unabhängigkeitspartei wurde das Budget in Berathung gezogen und beschloß die Konferenz, dasselbe auch nicht zur Basis der Spezialdebatte anzunehmen, sondern einen Beschluß— antrag im Hause einzubringen. Laut Meldung der „Ung. Post“ wird der serbische Kirchen kongreß am 18. d. M. wieder einberufen werden, bei welcher Gelegenheit der König— liche Kommissär von CEseh die Allerhöchste Enischließung be— züglich der Ernennung des Bischofs Angyelits zum Patriarchen bekannt geben werde.

Großbritannien und Irland. Lon don, 10. Januar. (Allg. Corr) Die Königin wird, den bis jetzt getroffenen Dispositionen zufolge, in Osborne, bis zum 20. Februar weilen und dann nach Windsor zurückkehren. —e Vermählung des Herzogs von Albany mit der Prinzessin Helene von Waldeck wird Anfangs März im Königlichen Schlosse zu Windsor und zwar entweder in der St. Georgs— kapelle oder in der Privatkapelle der Königin stattfinden. Prinz Leopold verabschiedete sich gestern von der Königin in Osborne und trat die Reise nach Arolsen (Waldeck) an.

Trotz einiger hoffnungsvollen Anzeichen, wie der Um— stand, daß die Geschworenen der verschiedenen Assisenhöfe, insbesondere in Cork, sich durch den Terrorismus der gehei⸗ men Landliga nicht einschüchtern lassen, über Personen, welche agrarischer Vergehen und Verbrechen angeklagt sind, das Schuldig auszusprechen, sind die Zustände in Irland noch immer beklagenswerth. Der Strike gegen die Pachtzahlung scheint so entschlossen wie je zu sein. In Folge des ernsten Standes der Dinge in der Grafschaft Limerick sind Truppen aus Dublin requirirt worden. Bald nach ihrer Ankunft wurde ein Patrouillendienst organisirt, der verhindern soll, daß die Anhänger der Landliga, wie jetzt ge— schieht, in Massen Treibjagden veranstalten. Das Milijär vertritt dort die Polizei, welche zur Unterdrückung des Jagd— unwesens nicht ausreichte. In Kildario, Grafschaft Kildare, löste die Polizei am Sonntag eine Versammlung der dortigen Frauen-Landliga auf, nahm aber keine Verhaftungen vor. In Cork ist eine aus zwölf Personen bestehende Bande ding— sest gemacht worden, welche seit geraumer Zeit alle Ge— walsakte in der Umgebung der Stadt verübtée. Es heißt, daß diese Verhaftungen auf Grund von Enthüllungen Connels, des ehemaligen „Kapitän Moonlight“, welcher Än— geber geworden ist, erfolgt sind. Es werden weitere Ver— haftungen und Waffenbeschlagnahmen erwartet. Verstärkungen an Truppen und Konstablern sind in Cork angekommen, und die Stadt ist von einem Kordon von Schildwachen umgeben, welche scharf auf verdächtige Individuen vigiliren. In den Dubliner Kirchen wurde am letzten Sonntag ein Hirtenbrief des Erzbischofs und der Bischöfe der entstaatlichten irischen Kirche verlesen, welcher im Hinblick auf die gegenwärtigen Zustände in Irland für nächsten Freitag einen Buß- und Bettag anberaumt.

Frankreich. Paris, 10. Januar. (Cöln. Ztg.) Im Ministerrath wurde heute Morgen über den Gesetz⸗ entwurf, betr. Veränderung der Verfassung, berathen. Dieser Entwurf verlangt Abänderung des Wahlverfahrens sür die Senatoren auf Lebenszeit, Erweiterung der Zahl der Wähler, Beschränkung der Zuständigkeit des Senats in Budgetsachen und Aufnahme der Listenabstimmung in die Verfassung. Die Regierung will dem Vernehmen nach diesen Gesetzentwurf zunächst allein den Kammern vorlegen, und zwar aus dem Grunde, weil Gambetta, falls derselbe ver— worfen wird, zurückzutreten beschlossen habe und dann die übrigen Vorlagen des jetzigen Kabinets überflüssig seien. Der Ministerrath beschloß ferner, daß das Ministerium keine Er⸗ klärung geben werde. Der Präsident der Republik hat es abgelehnt, in dieser Sache eine Botschaft an die Kammern zu richten. Die heute wegen des Vorfalls am letzten Sonntage abgeurtheilten Verhafteten erhielten fast Alle drei Monate Gefängniß.

19. Januar. (Fr. Corr.) Die ordentliche Session 1882 wurde heute in beiden Häusern des Parlaments eröffnet. Im Senat fungirte als Alterspräsident Hr. Gaulthier de Rumilly. Er wünschte dem Lande zu dem Ergebnisse der Wahlen vom 8. Januar Glück, welche den Einklang zwischen den beiden Kammern wiederherstellten, wie dies Hr. Gambetta in sein r Rede von Cahors prophezeit habe. Man vertagte sich dann auf Sonn— abend. In der Deputirtenkammer hielt Hr. Guichard als Alterspräsident eine Ansprache ähnlichen Inhalts, wobei er noch besonders auf die Dringlichkeit republikanischer Reformen hinwies. Zur Verlesung gelangte ein Schreiben des Seine⸗Präfekten Floquet, in welchem dieser seine Entlassung als Abgeordneter giebt Man schritt hierauf sogleich zu den Wahlen für das Präsidium des Hauses, kam aber für heute über die Wieder⸗ wahl des Hrn. Henri Brisson zum Präsidenten nicht hinaus. Interpellationen stehen in der Deputirtenkammer bevnr: 1) über die allgemeine Politik der Regierung, 2) über die jüngsten Ernennungen in dem höheren Regierungsversonal, 3) über das Verhalten der Behörden gegenüber dem Arheiter— strike von Grand Combe.

Der „National“ meldet, eine seiner gestrigen Angaben bestätigend: „Es ist beschlossen worden, daß nur der Revisions⸗ entwurf in der Kammer, sogleich nachdem das Bureau gebildet worden ist, eingebracht werden soll. Die Freunde des Kabinets geben als Grund dafür an, daß, wenn, wie man sagt, weder die Kammer noch der Senat die Vorlage annehme, Hr. Gambettga entschlossen ist, sich zurückzuziehen, und daß es dann überflüssig wäre, die anderen Vorlagen erst einzu⸗ bringen.“

11. Januar. (W. T. R.) Die heutige Versamm⸗ lung der Deputirten von Paris erklärte sich zustim⸗ mend zu dem Interpellations-Entwurf der äußersten Linken über die allgemeine Politik, wird aber eine Frage wegen der Kundgebung der Blanquisten am letzten Sonntag hinzufügen.

Die Konvention wegen Herstellung eines Hafens in Tunis ist gestern zwischen der tunesischen Regierung und der französischen Gesellschaft Batignolles unterzeichnet worden.

Die in London erscheinende „Saint-James Gazette“ sagt: sie habe Nachrichten von Wichtigkeit aus Tunis empfangen, wonach daselbst eine Hungersnoth befürchtet werde, weil vielfach die Bebauung des Landes in Folge der Unruhen unterblieben sei. Sobald sich der Nahrungsmangel im Innern des Landes fühlbar mache, werde ein heftigerer Ausbruch der Unruhen erwartet.

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Griechenland. Die „Pol. Corr.“ veröffentlicht eine wortgetreue Uebersetzung der Cirkularnote, welche der griechische Ministerpräsident Kumunduros anläßlich der von der Pforte verfügten Schließung der griechischen Post— ämter in der Türkei an die griechischen Vertretungen bei den Mächten gerichtet hat. Die Note ist vom 5.17. Oktober 1881 datirt und lautet wie folgt:

Sie sind bereits durch meine telegraphischen Depeschen von der Schließung unserer Postämter in der Türkei in Kenntniß gesetzt wor— den. Die hohe Pforte hat sich unter dem falschen Vorwande der Aufhebung des türkischen Postamtes in Larissa, welche sofort nach der Installirung der griechischen Behörden daselbst erfolgt ist, das Recht angemaßt, aus diesem Anlasse Repressalien gegen Griechenland zu üben. Nachdem sie zuerst die Schließung der griechischen Postämter gefordert hatte, welche in der Türkei auf Grund desselben Rechtstitels, wie die der anderen europäischen Mächte funktioniren, ließ sie dann mit Gewalt eine Maßregel zur Ausführung bringen, welcher die Königliche Regierung nicht zustimmen konnte, ohne freiwillig auf die Vortheile der Behandlung auf dem Fuße der meistbegünstigten Nation zu ver— zichten, welche Griechenland durch den Vertrag von Canlidgia zuge—⸗ sichert worden ist. Die griechische Regierung hat sich im vollen Be— wußtsein der Rechte, die ihr in einer Frage von allgemeinem Interesse die Solidarität der europäischen Mächte in der Türkei gewähren mußte, an die europäischen Kabinete mit der Bitte gewendet, ihren großen Einfluß in Konstantinopel dahin auszuüben, daß die Pforte ihre nicht zu rechtfertigende Maßregel wieder zurücknehme, und daß

sie so einen Zwischenfall beseitigen mögen, dessen Folgen auf unangenehme Weise die freundschaftlichen Beziehungen, die zwischen Griechenland und der Türkei bestehen, beeinflussen könnten. Unglücklicherweise hat sich, nach dem Verhalten

der türkischen Regierung in dieser bedauerlichen Angelegenheit zu schließen, die Thätigkeit der Botschafter der Großmächte noch nicht fühlbar gemacht. Weit entfernt, Geneigtheit zu zeigen, die, getroffene Maßregel wieder zurückzunehmen, scheint die hohe Pforte im Gegen— theil dieselbe vor den Augen Europas rechtfertigen zu wollen, indem sie hervorhebt, daß das Recht, Postämter zu unterhalten, aus keiner Seitens der Pforte gegenüber den europäischen Mächten übernom— menen Verpflichtung herstamme, und behauptet, daß die Behandlung auf dem Fuße der meistbegünstigten Nation im gegenwärtigen Falle nicht auf Griechenland angewendet werden könne. In seiner Antwort auf den Protest, den Hr. Conduriotis in Folge Auftrages bei dem türkischen Minister des Auswärtigen eingelegt hat, erklärt Assym Pascha, daß die von der türkischen Regierung getroffene Maß— regel ihr durch das Gefühl ihrer Würde und ihres Rechtes eingegeben worden ist, daß die Pforte zu diesem äußersten Mittel erst dann ihre Zuflucht genommen hat, nachdem sie vergeblich versucht hatte, dasselbe vermeidlich zu machen, und daß dasselbe, von der griechischen Regie⸗ rung provozirt worden ist, die das türkische Postamt in Larissa schließen ließ, während noch die hierüber eingeleiteten Verhandlungen zwischen beiden Kabineten schwebten. Sie wissen aus meiner De— pesche vom 20. d. M., daß diese letztere Behauptung der türkischen Regierung nichts weniger als begründet ist. Die türkischen Postbureaus, welche vor der Annexion in Larissa. Arta und Trikkala bestanden, sind sofort nach der Besetzung dieser Städte durch die griechische Armee geschlosen worden. Die türkischen Posthehörden dieser Ortschaften haben sich bei dieser Gelegenheit, den, nebenbei bemerkt sehr richtigen, Vorstellungen unserer Behörden gefügt und es ist keine Gewaltmaß— regel zur Anwendung gelangt. Auch die türkische Regierung hat keine Einwendung gegen die Schließung der Postämter von Arta und Trikkala erhoben und hat erst nach der Aufhebung des Postamtes von Larissa Pourparlers mit der Königlich griechischen Regierung er⸗ öffnet, um eine Konzession zu erlangen, die ihr übrigens nicht hätte gewährt werden können. Viel später ist die türkische Ge⸗ sandtschaft in Athen bei, der Königlichen Regierung wegen Wiedereröffnung des Postamtes von Larissa eingeschritten. Wenn die Königliche Regierung, zu ihrem großen Bedauern dieses Ansuchen abzuweisen genöthigt war, so ist der Grund dafür darin zu suchen, daß die Gesetze des Königreiches ihr nicht gestatteten, anders zu verfahren. Wenn die hohe Pforte aber behauptet, die türkische Regierung habe den europäischen Mächten gegenüber niemals eine Verpflichtung übernommen, in Folge deren letztere ermächtigt wären, eigene Postämter in der Türkei zu unterhalten und daß daher auch Griechenland nicht bei dieser Gelegenheit die Behandlung der meistbegünstigten Nation beanspruchen könne, so können wir darauf keine bessere Antwort geben, als indem wir auf das türkische vom 1.3. Juli 1870 datirte Reglement, be⸗ treffend die zollpflichtigen Gegenstände, welche mit der K. und K. österreichisch-ungarischen Post eintreffen, verweisen. Dieses Regle⸗ ment, welches nach Art. 9 sowohl für Konstantinopel, als für die anderen Städte der Türkei anzuwenden ist, woselbst ein österreichisch— ungarisches Postamt existirt, erkennt in formeller Weise Oesterreich— Ungarn das Recht zu, Postämter in der Türkei zu unterhalten; es thut sogar noch mehr, es regelt den Dienst dieser Büreaus in ihren Beziehungen zu den türlischen Zollbehörden. Die Pforte würde aber auch nicht einmal den Schein eines Grundes besitzen, warum sie Griechenland dasjenige verweigert, was sie einer anderen europäischen Macht gewährt hat und noch heute gewährt. Diese Erklärungen werden hoffentlich genügen, um zu beweisen, daß die von der Pforte beschlossene und zur Ausführung gebrachte Maßregel keine Recht⸗ fertigung finden kann. Indem wir uns neuerdings an die Großmächte wenden und dieselben bitten, diese Frage einer ernsten Erwägung unter⸗ ziehen und dieselbe vom europäischen Gesichts punkte es beurtheilen zu wollen, geben wir uns dem Glauben hin, daß dieselben belieben werden, ihren Vertretern in Konstantinopel die nothwendigen In— struktionen zu ertheilen, um die Pforte durch einen gemeinschaftlichen und energischen Schritt zu vermögen, eine Maßregel zurückzunehmen, die nicht aufrecht erhalten werden könnte, ohne die Beziehungen beider Staaten ernstlich zu kompromittiren.

Wollen Sie Gegenwärtiges Sr. Exellenz dem Herrn Minister des Auswärtigen in . . ... vorlesen und ihm auf Verlangen eine Kopie zukommen lassen.

Genehmigen Sie ꝛe.

gez. S. Kumunduros.

Türkei. Konstantinopel, 11. Januar. (W. T. B.) Die Pforte erhielt gestern den Text der französisch-eng⸗ lischen Kollektivnote an den Khedive über die für den Fall des Ausbruchs von Unruhen in Egypten zu treffenden Maßregeln. Da Rußland direkt von der rumelischen Regierung vier Millionen Rubel Okkupations kkosten ver⸗ langt hat, so suchte Aleko Pascha bezügliche Weisungen der Pforte nach. Der frühere Premier⸗Minister, Kadri Pascha, ist zum Gouverneur von Adrianopel, Ghalib Pascha, zum Gouverneur von Salonichi ernannt worden.

Bulgarien. Sofia, 11. Januar. (W. T. B) hiesige Bureau der „Agence Havas“ telegraphirt: Die aus⸗ wärts verbreiteten Mittheilungen von aufrühxre⸗ rischen Bewegungen und Feuersbrünsten in Sofig sind vollständig unbegründet; im ganzen Fürstenthum ist die Ruhe nicht gestört. 1 ͤ

11. Januar. (W. T. B.) Von autorisirter Seite wird gemeldet: Die Nachrichten über angebliche Unruhen in Sofia sind vollkommen unrichtig und absichtlich von der türkischen Presse und übelwollenden Individuen verbreitet worden. Ein unbedeutendes Gebäude ist in Folge Unvorsich⸗ tigkeit eines Bewohners am 31. v. Mts. niedergebrannt.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 12. Januar. (W. T. B.) Am 258. Dezember a. St. (9 Januar n. St.) erging, der Neuen Zeit“ zusolge, die Kaiserliche Verord⸗ nung, nach welcher im Lause des Jahres 1882 noch frei⸗

Das

willige Uebereinkommen zwischen den Bauern und Guts— besitzern behufs Loskaufes des Landes gestattet werden. Nach Ablauf dieses Termins fällt alles nicht losgekaufte Land den Bauern anheim, wobei die Krone den Gutsbesitzern vom 1, Januar 1883 ab 80 Proz. der Taxationssumme des zu be⸗ freienden Landes entrichtet.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 7. Januar. (Hamb. Corr.) Die schwedische Königsfamilie gedenkt sich Anfangs des nächsten Monats nach Norwegen zu begeben. Das neuvermählte Thronfolgerpaar wird bei dieser Ge⸗ legenheit in einigen schwedischen Städten, wie Carlstad, Christinchamn, Arvika u. s. w. festlich empfangen werden. Die Landesvertheidigungs-Kommission hat ihre Arbeiten kürzlich zum Abschluß gebracht. Bezüglich der Stärke des Heeres und der Uebungszeit der Mannschaften ist sie zu ganz befriedigenden Resultaten gelangt. Auf vollem Kriegsfuß hat das Landheer eine Stärke von 176 000 Mann, wovon 41 370 Mann zu Besatzungszwecken verwendet werden, so daß die aktive Feldarmee 134 630 Mann stark ist. Die Uebungszeit der Mannschaften ist auf 90 Tage festgesetzt, vertheilt auf zwei Jahre mit resp. 70 und 20 Tagen; es ist das allerdings eine bedeutend geringere Zeit als die ist, welche in anderen Ländern zur Ausbildung der Mannschaften verwendet wird, aber man war schon im Voraus darauf vorbereitet, nicht mehr als 90 Tage erhalten zu können, denn die Bauernpartei hat wieder— holt auss Bestimmteste erklärt, daß dieses ein Maximum sei, das unter keinen Umständen überschritten werden dürfe. Die Uebergangszeit bis zur vollständigen Durchführung der Reor— ganisation ist vor der Hand auf 15 Jahre festgestellt; dieser Antrag sowie Bestimmungen betreffs der Aushebung der Wehrpflichtigen dürften im Reichstag keinen weiteren Wider— spruch finden. Dagegen wird die Frage wegen der Garantie für die Rekrutirung der Stammtruppen ohne Zweifel auf Schwie⸗ rigkeiten stoßen. War es doch diese Frage, welche den Heeres— Reorganisationsplan im Jahre 1878 zum Scheitern brachte. Die Frage ist insofern von besonderer Schwierigkeit, als es noch nicht gelungen ist, zweckmäßige allgemein befriedigende Bestimmungen für die Art und Weise ausfindig zu machen, auf welche die erforderliche Anzahl von Stammtruppen zusammen zu bringen ist. Die allgemeine Wehrpflicht ist nicht nach dem Geschmack der Bauernpartei, ebensowenig hat der Vorschlag, daß es den betreffenden Kommunen obliegen solle, die fehlende Anzahl von Rekruten zu beschaffen, falls sich die erforderliche Zahl nicht sreiwillig meldet, Anklang gefunden, da solcherweise die militärischen Lasten ungleich würden vertheilt werden. Die Bauernpartei möchte überhaupt das Landesvertheidigungswesen am liebsten lassen wie es ist, und speziell scheint sie nicht ge—⸗ willt zu sein, irgend welche Garantien für die Stärke des Heeres zu geben; in dieser Beziehung ist es bezeichnend, daß der von der Kommission zur Behandlung der Garantiefrage niedergesetzte Ausschuß aus 4 militärischen und 3 bürger— lichen Mitgliedern der Ersten Kammer besteht; kein ein— ziges Mitglied der Zweiten Kammer ist in diesen Ausschuß gewählt worden. Lehnt die Bauernpartei wirklich jegliche Garantie ab, dann fällt das ganze mit so vieler Mühe aufgeführte Gebäude der Reorganisation des Landes— vertheidigungswesens in sich selbst zusammen. Im Laufe dieses Monats wird die Landesvertheidigungs— Kommission noch einmal wieder zusammentreten, um die letzte Hand an den Bericht zu legen und namentlich die Garantie— srage zum definitiven Abschluß zu bringen. Wenn Alles glücklich von Statten geht, dürfte somit der neue Heeres— organisationsplan dem Reichstage noch in dieser Session zu— gehen, wenngleich er in diesem Jahre zur Berathung nicht mehr gelangen wird. Die Aussicht, daß diese Angelegenheit, welche nun bereits seit einem Jahrzehnt auf der parlamenta⸗ rischen Tagesordnung steht, endlich zu einem allseitig befriedi⸗ genden Abschluß gelangt, ist und bleibt nur eine geringe.

Dänemark. Kopenhagen, 9. Januar. (Hamb Corr.) Der Kriegs⸗-Minister unterbreitete am Sonnabend dem Folkething einen Gesetzentwurf, betreffend die Reorga nisation des Intendanturwesens. In der heutigen Sitzung des Landsthings stand die Zollreformvorlage zur ersten Berathung.

Afrika. Egypten. Aus London, 11. Januar, meldet „W. T. B.“: „Reuters Bureau“ berichtet aus Kairo vom heutigen Tage: Die Aufregung hat abgenommen. Der Khedive telegraphirte der Pforte den Wortlaut der französisch— englischen Kollektivnote. Die egyptische Regierung bereitet eine Antwortnote vor, in welcher sie, wie es heißt, den Re⸗ gierungen von England und Frankreich für ihre Sorgfalt dankt, aber hinzufügt, daß Besorgniß unnöthig sei.

Aus Paris meldet dasselbe Bureau: Der „Temps“ veröffentlicht die französisch'senglische Kollektivnote bezüglich Egygtens und konstatirt, daß die Haltung Deutschlands in dieser Angelegenheit, wie in allen denjenigen, welche die Interessen Frankreichs in Egypten betreffen, die einer wohl— wollenden Reserve sei.

Es liegt jetzt der volle Text der Kollektivnote vor, welche den Vertretern Englands und Frankreichs in Kairo von ihren Regierungen zugegangen und von denselben dem Khedive zugestellt worden. Die Note lautet nach der Lond. „Allg. Corr.“: —ͤ

Sie sind bereits bei verschiedenen Gelegenheiten beauftragt wor— den, den Khedive und die egrptische Regierung mit dem Entschlusse Englands und Frankreichs Se. Hoheit und die Regierung gegen Schwierigkeiten verschiedener Arten, welche den Fortschritt der öffent lichen Angelegenheiten in Egypten hemmen dürften, bekannt zu machen. Die beiden Mächte sind vollkommen einer Meinung über den Gegenstand und jüngste Umstände, namentlich der Zusammen⸗ tritt der Delegirtenkammer haben ihnen abermals Gelegenheit zu einem Meinungsaustausch über die Angelegenheit geboten. Ich er—⸗ suche Sie, dem Khedive zu erklären, daß die britische und die fran— zösische Regierung die Aufrechthaltung Sr. Hoheit auf dem Throne unter den von hintereinander folgenden Firmans der Pforte sanktio— nirten Bedingungen und welche sie offiziell acceptirt haben, jetzt wie künftighin als die einzige mögliche Bürgschaft für die Aufrechthaltung der Ordnung und die Entwickelung der allgemeinen Wohlfahrt des Landes, an welcher England und Frankreich gleichmäßig interessirt sind, betrachten. Die beiden Regierungen sind eng mit einander ver⸗ bunden in ihrem Entschlusse, durch ihre vereinten Bemühungen alle Ur—⸗ sachen innerer und äußerer Verwickelungen, welche das in Egvpten hergestellte Regime bedrohen dürften, abzuwenden. Sie jweifeln nicht, daß die öffentlich ausgedrückte Versicherung ihrer förmlichen Absicht in dieser Hinsicht dazu beitragen werde, Gefahren zu verhüten, welche die Regierung des Khedive zu fürchten baben dürfte, welchen Gefahren überdies England und Frankreich sicher vereint begegnen würden. Sie hoffen, der Khedive selber werde aus dieser Versicherung jenes Ver— trauen und jene Kraft schöpfen, deren er zur Leitung der Geschicke Egyptens und dessen Volkes bedarf.“

Zeitungsstimmen.

Der „Hamburgische Correspondent“ bespricht den Allerhöchsten Erlaß vom 4. d. M. in einem längeren Artikel, dem wir folgende Stelle entnehmen:

Wir haben stets Diejenigen, welche etwa geneigt schienen, es für den Augenblick zu vergessen, darauf aufmerksam gemacht, daß das Königthum in Preußen, selbst nach seiner Beschränkung durch die Verfassung, immer noch etwas Anderes ist als z B. das Königthum in Belgien oder in England und Italien, und daß in Preußen die Macht der Krone, direkt in die Leitung und Erledigung der Geschäfte einzugreifen, in der That noch ein lebendiger Faktor der Staatsgewalt ist. Wer etwa geneigt war, diesen Faktor zu ignoriren, der hat es stets auf die Gefahr hin gethan, in seinen Berechnungen sich schwer getäuscht zu finden und wird so leicht nicht zum zweiten Male in denselben Fehler verfallen sein. Die konstitutionelle Monarchie in Preußen ist eben ein Wesen, bei welchem der Haupt⸗ nachdruck noch auf dem Begriffe der Monarchie liegt, und die Ein— schränkung durch den Konstitutionalismus bisher nur langsame, wenn auch unverkennbare Fortschritte gemacht hat. Wir gehen darum nicht so weit, in den Ruf Solcher, welche sich für politisch be⸗ sonders fortgeschritten halten, einzustimmen, daß der Verfassungsstaat in Preußen nur eine leere Fiktion sei, in Wirklichkeit aber das per— sönliche Regiment nach wie vor Alles bedeute. Denn ein perfön⸗ liches Regiment, welches nicht im Stande ist, aus eigener Macht⸗ vollkommenheit die Einnahmen des Staates aus Steuern auch nur um einen Pfennig zu vermehren, ist keineswegs ein uneingeschränktes mehr, wenn es sich auch auf noch so weiten anderen Machtgebieten entscheidend zur Geltung zu bringen vermag. Dagegen beruht es unzweifelhaft auf einer Fiktion, sich so anstellen zu wollen, als ob der König von Preußen ein Monarch nach der konstitutionellen Schablone sei, der da zwar herrscht, aber nicht regiert, und der ganz dabei aus dem Spiele bleiben kann, wenn man die von seinen Ministern vorgeschlagenen Maßregeln einer Dis⸗ kussion unterzieht. Mit einer solchen Fiktion zu agiren, hat noch niemals zu etwas Nützlichem geführt, und wir haben deshalb an dieser Stelle stets danach getrachtet, uns und unsere Leser von den Einflüssen eines derartigen Wahnes frei zu halten.

In Besprechung des Allerhöchsten Erlasses schreibt die „Schles. Ztg.“, ein näheres Eingehen sich vorbehaltend:

„Daß wir die Wahrung Königlicher Machtfülle welche in unseren Augen das Hauptmoment der erfolgten Kundgebung bildet unserer Verfassung, unserer historischen Entwickelung und dem Geiste des preußischen Volkes als durchaus entfprechend erachten und es freudig begrüßen, daß wir die Gefahr eines Hinabgleitens in die abschüssigen Bahnen der parlamentarischen Majoritätsherrschaft, die noch keinem Staate des Kontinentes Heil gebracht hat, als abgewandt betrachten können, bedarf wohl nach unseren früheren Ausführungen keiner besonderen Versicherung.“

Auf die Adresse der Generalversammlung des landwirth⸗ schaftlichen Hauptvereins für Minden-Ravensberg, in welcher gebeten wurde, 1) die Einführung einer progressiven Einkom— mensteuer, 2) die Ermäßigung der Grundsteuer auf die Hälfte und 3) die Einführung einer Kapitalsteuer auf gesetzlichem Wege anzubahnen, ist, wie die „Neue Westf. Volks-⸗3Ztg.“ meldet, folgende an den Vereinsdirektor, Landrath Dr. von Borries, gerichtete Antwort eingetroffen:

Berlin, 3. Januar 1882.

„Ew. Hochwohlgeboren erwidere ich auf das im Auftrage des Minden⸗Ravensbergschen landwirthschaftlichen Hauptoereins an mich gerichtete Schreiben vom 15. d. M. ergebenst, daß ich die in demselben darge⸗ legte Auffassung bezüglich der Besteuerung des Grundbesitzes im Wesent⸗ lichen theile. Ich stimme mit Ew. Hochwohlgeboren darin überein, daß die Grundsteuer gleich der Häusersteuer eine Prägravirung des im Grund- und Häuserbesitz angelegten Vermögens im Vergleich zu allen übrigen Besitzobjekten enthält, und daß sie auch Diejenigen, auf denen sie lastet, ungleich trifft, weil bei ihrer Berechnung die auf dem Grund⸗ oder Häuserbesitz ruhenden Schulden unberücksichtigt bleiben.

Die Regierung hat das Bedürfniß der Remedur wiederholt anerkannt, und die Abhülfe in der Ueberweisung der Hilfte der fraglichen Steuern an die Kreise und Gemeinden gesucht. Es würde schon als ein wesentlicher Gewinn anzusehen sein, wenn dadurch die Kreis- und Gemeindezuschläge zur Häuser- und Grundsteuer entbehrlich gemacht werden könnten.

Die nothwendige Voraussetzung für eine solche Entlastung des Grundbesitzes ist die Vermehrung der indirekten Einnahmen des Reiches, um dem Staate aus diesen Ersatz für die den Gemeinden und Kreisen zu überweisenden direkten Steuern zu gewähren. Im Interesse aller Grund⸗ und Steuerpflichtigen wird es also liegen, die auf Vermehrung der Reichseinnahmen gerichteten Bestrebungen der verbündeten Regierungen zu unterstützen.

Ew. Hochwohlgeboren und Ihren Herren Auftraggebern danke ich ergebenst für das gefällige Schreiben vom 15. v. M.

von Bismarck.“

Der „Düsseldorfer Anzeiger“ erörtert in einem „Eisenbahnen-Verstaatlichung und nationale Wirthschaftspolitik“ Überschriebenen Artikel die Unzuträglichkeiten, welche aus den Differentialtarifen resultirten und sagt am Schlusse:

Ganz anders stellt sich die Sache, wenn das Transportwesen eines ganzen Landes in den Händen der Staatsverwaltung konzentrirt ist. Da müssen die Interessen der Gesammtheit hervortreten, und der Gesichtspunkt muß zur Herrschaft kommen, daß dieses ganze Transportwesen ein Mittel sein darf, um die einheimische produktive Thätigkeit zu möglichster Entfaltung zu bringen. Die Vorstellung, einen gelegentlichen Gewinn der Transportanstalten oder gar nur eines Theiles derselben als Selbstzweck behandeln zu wollen, würde dann von Jedermann als eine absurde erkannt werden.

Somit werden wir sagen dürfen, daß es keinen besseren Bundes⸗ genossen für unsere Sache giebt, als die fortschreitende Verstaat⸗ lichung der Eisenbahnen. Ein Staatswesen, welches im Besitz seines gesammten Eisenbahnnetzes ist, wird selbst beim besten, beziehungs⸗ weise bösesten Willen gar nicht anders können, als eine nationale

Handels⸗ und Wirthschaftspolitik treiben!

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Die Buch⸗ und Antigquariatshandlung von. J. . A. Star⸗ gardt hierselbst (Markgrafenstr. 48, 1 Tr.) hat ein Bücher ⸗Ver⸗ zeichniß unter dem Titel „Orientalia“ ausgegeben. Dasselbe enthält die in 1772 Nummern bestehende höchst werthvolle Bibliothek des verstorbenen Professors A. Schmölders in Breslau, die einen wahren Schatz von Werken der verschiedensten Art über den Orient darbietet. Dieselben sind unter folgende Abtheilungen vertheilt: 1) Allgemeines, Geschichte, Geographie und Reisen; 2) Zeitschriften, Verhandlungen. Verzeichnisse; 3) Bibel⸗Kommentare, Hebraica und Judaicg; 4) Bibelausgaben; 5) Arabisch; 6 Syrisch, Aethiopisch, Phönizisch; 7) Persisch, Zend, Assprisch; 8) Sanskrit, Pali, Hindu stanisch, Javanisch, Malalsch, Tamulisch; 9) Türkisch, Mongolisch, Mandschu, Tartarisch, Armenisch, Zigeuner u. s w.; 10) China und Japan; 11) Egyptisch und Koptisch; 12) Afrika, Amerika, Polynesien; 13) Nachtrag zu den verschiedenen Abtheilungen. Schon die Aufzäh— lung der verschiedenen Rubriken zeigt die Reichhaltigkeit des vor⸗ stehenden Katalogs. Die aufgeführten Werke selbst sind des ver⸗ schiedenartigsten Inhalts und datiren größtentheils aus dem 19. Jahr⸗ hundert, mehrere aus dem 18., einige aus dem 17. Jahrhundert. Ziemlich viele der zusammengestellten Schriften sind bereits vergriffen, andere äußerst selten. Zu den letzteren gehört u. A. der hebräische Kommentar zum Pentateuch von Lepi ben Gerschon vom Jahre 1476 ungefähr. In der Abtheilung über Egvpten finden sich viele Schriften

von Brugsch und Lepsius.

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