1882 / 11 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 13 Jan 1882 18:00:01 GMT) scan diff

werbethätigkeit n Deutschland im Steigen begriffen sei und auch der Exp art zugenommen habe. Gerade das bestärke ihn in der Hof. aung, daß, wie bisher seine Prophezeiungen richtig gewesen und die Behauptungen der Gegner zu Schanden gewor gen, so auch die Zukunft sich günstig gestalten werde. Der Abg. Dr. Barth wandte sich gegen den Erlaß, der von der Regierung gegen die Danziger Handelskammer ergangen sei. Die Ausführungen in dereselben seien nicht ganz zutreffend. Zugeben müsse er allerdings, daß durch hohe Zölle die Preise auf dem Welt— markt gedrückt werden könnten. Dem Abg. von Kardorff gebe er zu, daß das System von 1879 das deutsche Volk zum Denken gewöhnt. Das zeige sich darin, daß die Koryphäen dieses Systems nicht wieder gewählt seien. Redner trat darauf gleichfalls für die Handelskammerberichte ein. Gerade der generelle Theil derselben werde mit besonde—⸗ rer Sorgfalt bearbeitet. Man habe erwähnt, jedesmal habe der Schutzzoll den Export begünstigt, und dabei auf Amerika und Frankreich exemplifizirt. Der Aufschwung des Exports in Frankreich datire seit dem Jahre 1860, d. h. seit dem Jahre, wo der französisch⸗engliscke Handelsvertrag ab— geschlossen, der seines Wissens höhere Schutzzölle in Frankreich nicht zur Folge gehabt habe. Er sei der Ansicht, daß das System der Schutzzollpolitik über lang oder kurz zu— sammenbrechen müsse. Man spreche immer von einer ehr⸗ lichen Probe, die man mit der neuen Zollpolitik machen müsse. Eine solche sei aber nicht möglich, da man nicht mit einem harmonischen Gebilde in dem Ioll⸗ tarif zu thun habe. Nicht darauf komme es an, daß bei diesem oder jenem Zweige der Industrie der Export sich steigere, sondern daß das ganze geschäftliche Leben gesunde. Den Hansestädten habe man alle möglichen Vortheile ver— sprochen, trotzdem seien dieselben nicht zu Lobrednern der neuen Zollpolitik geworden. Denn sie hätten erkannt, daß die— selbe trotz mancher Vortheile, die sie für den Augenblick sicher böte, für die Dauer ungesund sein müßte. Er fei der Ansicht, daß jetzt, wo die deutsche Nation begonnen habe, über diese Zollpolitik nachzudenken, eine Revision der ganzen e e ce rng sich bald als unerläßlich erweisen werde. im Schluß des Blattes nahm der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Direktor im Reichsschatzamt Burchard das Wort. erer me, , m er, mme, m, K / / / // Die Bestimmungen der deutschen Civilprozeßordnung darüber, unter welchen Voraussetzungen die Vollstreckbar— keit ausländischer Erkenntnisse zu versagen ist, finden, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, J. Civilsenats, vom 5. November 1881, keine Anwendung auf die Vollstreckbarkeit der im Auslande ergangenen Schiedssprüche. Diese sind in Deutschland unter denselben Bedingungen vollstreckbar, unter welchen inländische Schiedssprüche (entsprechend den Bestim— mungen des X. Buchs der Civilprozeßordnung) vollstreckt werden können. Auch ist hierbei nicht in Betracht zu ziehen, ob die Schiedsrichter von den Parteien direkt gewählt worden sind, oder ob die Parteien auf die Entscheidung durch solche Personen kompromittirt haben, welche von Vereinen oder Be⸗ rufsklassen an einzelnen Orten zu dem Zwecke gewählt worden sind, um als geeignete Schiedsrichter für gewisse Arten von Streitigkeiten angerufen werden zu können.

Sachsen. Dresden, 12. Januar. (Dr. J) Die Erste Kammer hewilligte heute ohne Debatte die zu Kap. 8. 83 des Etats (Hochbauverwaltung, Bauverwaltereien, verschiedene bauliche Zwecke) geforderten Zuschüsse und ertheilte ebenfalls übereinstimmend mit der jenseitigen Kammer die nachträg⸗ liche Bewilligung zu den im dritten Nachtrage zum außer⸗ ordentlichen Etat für 1878/79 bei Position 2 eingestellten 194 000 6 Hierbei erklärte auf eine Anfrage des Referenten Seiler Geheimer Justizrath Anton, daß die Zahl der nunmehr hergerichteten Zellen im Gefangenhause zu Leipzig für das gewöhnliche Ersorderniß genügend sei, und äußerte weiter über die Frage: weshalb jetzt vielfach die Unterkunft in den Gefängnissen freiwillig aufgesucht werde, daß die Zahl solcher Fälle verhältnißmäßig eine sehr geringe sei, daß auch dafür Sorge getragen werde, den Gefangenen nicht mehr zu bieten, als sie verdienten, daß jedoch ärztlichen Gut— achten zufolge der geringe Aufwand für die Beköstigung der Gefangenen ohne Schädigung ihrer Gesundheit nicht weiter herabgesetzt werden könne. Eine Ursache der Zunahme der Verbrechen liege in der wachsenden Immoralität der Jugend, und namentlich habe es sich herausgestellt, daß durch Vernachlässigung Unmündiger von Seiten ihrer Vormünder viel gefehlt worden ist; das Justiz-Ministerium habe dem durch Verschärfung der Kontrole über das Vormundschasts⸗ wesen abzuhelfen gesucht.

. 13. Januar. (W. T. B.) Die Zweite Kammer genehmigte den Ankauf. der Bahn Chemnitz⸗Würschnitz und der sächsisch-thüringischen Ostwestbahn Zwickau-⸗-Weida—

Baden. Karlsruhe, 12. Januar. (W. T. ) In dem Augenleiden des Großherzogs ist eine Besserung ein⸗ getreten, die Heilung dürfe indeß noch mehrere Wochen in Anspruch nehmen.

2

Desterreich⸗ Ungarn. Wien, 13. Januar. (W. T. B.)

Die Blatter veröffentlichen eine Depesche des serbischen Finanz⸗Ministers Mija to vic, worin derselbe bie von dem Abg. Neuwirth, im Abgeordnetenhause in Betreff der serbischen Prämienanleihe aufgeworfenen Fragen ein⸗ gehend und berichtigend beantwortet. Die Depesche hebt ins⸗ besondere die Existenz einer speziellen Garantie für Kapital und Zinsen der Prämienanleihe hervor. Außerdem sei die pünktliche Erfüllung der mit den serbischen Loosen verbun— denen Verpflichtungen selbst unabhängig von der Voötirung des Budgets sichergestellt. Selbstverständlich hafte Serbien unabhängig von der erwähnten speziellen Garantie auch mit allen seinen anderen Einnahmen sür pünktliche Auszahlung der Zinsen und Prämien.

Pest, 11. Januar. Das Abgeordnetenhaus hat heute seine Thätigkeit wieder aufgenommen. Der Finanz⸗ Minister Graf Szapary legte die Gesetzentwürfe über die Erhöhung der Petroleumsteuer und über die Besteuerung des Mineralöles vor. Sodann legte Minister-Präsident 'von Tis za den Bericht über die allgemeinen Sanitãtsverhältnisse in der zweiten Hälfte des Jahres 187, und in der ersten Hälfte des Jahres 1878 vor. Schließlich legte Justiz-Minister Pauler einen Gesetzentwurf über die Modifikation einiger Bestimmungen des Gesetzes über die Verwaltung der Ver— mundschafts⸗ und Kuraten sangelegenheiten der Komitate und einen Gesetzentwurf über den Wucher und andere schädliche

Lreditgeschäste vor. Da kein anderer Gegenstand auf der Tagesordnung stand, wurde die Sitzung geschlossen. Großbritannien und Irland. Lon don, 11. Januar. (Allg. Corr.) Die neueren, aus Irland vorliegenden Berichte stellen die Loge der Dinge als eine in manchen Richtungen sich bessernde dar, obgleich die Ausschau im Allgemeinen immer noch traurig und in vielen Beziehungen wenig er— muthigen en Charakters ist. Hier und da zeigen sich Anzeichen von zurückkehrender Ehrlichkeit und einem sich unter den Pächtern bemerklich machenden besseren Geiste, indem die schul— digen Pachtgefälle ruhig und willig bezahlt werden. Es er— fordert das allerdings unter den genenwärtigen Umständen des gesetzlosen Terrorismus ein Zusammenraffen von Muth, der Gefahr, von der Rachsucht der gewaltthätigen Propagandisten heimgesucht zu werden,. Trotz zu bieten, dessen nicht Viele sähig sind. Die Nachricht, daß der irische Staatssekretär Mx. Forster die Zustände Irlands in den jüngsten Minister— rathssitzungen zur Erörterung gebracht und seinen Kollegen statistische Daten vorgelegt hat, welche beweisen, daß die Zahl der Gewaltthätigkeiten im Dezember sich merklich verringert habe, hat anstatt einen beruhigenden Einfluß zu üben, nur die allgemeine Neugierde und den Wunsch, Genaueres über die Pläne und weiteren Maßregeln ber Regierung zu erfahren, noch mehr rege gemacht. Es ist unter dem Publikum bekannt, daß die Zahl der Verbrechen während des verflossenen Monats eine geringere gewesen ist, obgleich einige derselben von hinreichender Grausamkeit waren, um als Warnung gegen zu sanguinische Hoffnung auf bal— dige Rückkehr von gesicherten Zuftänden und der öffentlichen Nuhe und Ordnung zu dienen, auch ist es bekannt, daß die Regierung ein wirksameres System polizeilicher Wachsamkeit und Beaufsichtigung sowie militärischen Schutzes orga— nisirt und bereits in Ausführung gebracht hat. Es sind Gründe zu der Erwartung vorhanden, daß die von der Regierung beschlossenen wohlausgedachten und den Ver— hältnissen angepaßten Maßregeln in Betreff der am meisten beunruhigten Bezirke von wohlthätigen Erfolgen begleitet sein werden, und eines der befriedigensten und hoffnungsreichsten Anzeichen für die Zukunst ist unstreitig die erfolgreiche Geltendmachung der gesetzlichen Autorität während der Winterassisen, namentlich in der Grafschaft Cork, indem die Geschworenen dort Furchtlosigkeit und Muth wie ent— schiedene Festigkeit und Unabhängigkeit an den Tag gelegt und dadurch die Achtung für das konstitutionelle System des Schwur⸗ gerichtsverfahrens, welches durch die vielen vorgekommenen Fälle vorsätzlicher Justizverweigerung vielfach in Mißachtung und Wirkungslosigkeit gebracht worden war, von Neuem be— lebt und wieder gehoben haben. Diese wiedergewonnene Prästanz und der Ersolg der Krone in Erlangung von Ver— urtheilungen in den wichtigeren Fällen, welche seit langem zur Seltenheit geworden waren hat sich in den Anfangs der vorigen Woche wieder eröffneten Assisensitzungen erhalten, und es unterliegt keinem Zweifel, daß dieser Erfolg in einem großen Maße der eindringlichen Berufung des ausgezeichneten präsidirenden Richters, dessen Ernst und Unparteilichkeit allge⸗ mein in Achtung stehen, an das Moralgesühl der Geschwore⸗ nen, sowie der größeren Energie und Fähigkeit der die An— klagen leitenden Kronanwälte, besonders des Justiz-Raths O'Brien, welcher das Ruder führte, zu danken ist. Die irische Polizei ist seit neuerer Zeit äußerst glück⸗ lich in der Entdeckung großer Waffen- und Munitibns— vorräthe, die allem Anscheine nach für eine im Schilde ge⸗ führte bewaffnete Erhebung in Irland heimlich gesammelt und versteckt worden sind. So fand gestern die Polizei in Cork daselbst in einer in den Erdboden hineingebauten Höhlung ein ganzes Waffenarsenal, bestehend aus 40 = 50 Snider' gewehren, 30 mit Pulver gefüllten Büchsen, gho scharfen Patronen und 300 Dynamitpatronen. Letztere waren in ein vom 8. Januar 1881 datirtes Exemplar des „Cork Examiner“ gewickelt, und es scheint, daß dieselben vor etwa 14 Monaten aus dem Pulvermagazin in Cork gestohlen worden. Verhaftungen sind im Zusammenhange mit dieser Beschlagnahme noch nicht vorgenommen worden.

Frankreich. Paris, 11. Januar. (Fr. Corr.) Die „République frangaife“ erklärt, daß das Listen⸗ sikrutinium der Grund⸗ und Eckstein der ganzen Politik des Herrn Gambetta, der Hebebaum und' Pöotor der von ihm projektirten Reformen sei, und schließt dann: „Das Parlament wird aus dieser Vorlage machen, was ihm gefällt; es ist der Herr. Aber es darf für kein Mißverständniß Raum bleiben. Nicht aus kindischer Laune oder um für die Niederlage vom Juni vorigen Jahres Revanche zu nehmen, beantragte Hr. Gambetta die Wiederherstellung des Listenskrutiniums, sondern weil er nicht anders kann, ohne auf das Programm seines politischen Lebens zu verzichten. Das Ministerium Gambetta hat keinen Sinn oder es bedeutet die Umwandlung des Staatsorganismus nach den Grundsätzen der Demokratie. Wenn die Kammer diese Umwandlung will, wird sie ihr bei⸗ pflichten; hält sie sie sür überflüssig, so wird sie es zu sagen wissen. Ganz unvereinbar scheint uns aber nur dus Eine, zu verlangen, daß Hr. Gambetta am Ruder bleibe, und die Reformpolitik zu verwerfen, deren Träger er zu allen Zeiten gewesen ist.“

Die äußerste Linke hat gestern beschlossen, durch Hrn. Georges Perin eine Interpellation über die allgemeine Politik der Regierung einzubringen, welche sich hauptsächlich auf folgende Punkte erstrecken soll: 1) die jüngsten Ernennun⸗ gen im Ministerium des Aeußeren; 2) das Verhalten der Polizei gegenüber dem Blangui⸗Putsche vom letzten Sonntag; 3) die Maßnahmen der Behörden gegen die Strikenden von Grand⸗Combe.

Berichten aus Algerien zufolge ist die Kolonne des Obersten Brunetiére auf ihrem Marsche von Tiaret nach dem Djebel⸗Amur am 29. Dezember, als sie sich ihrem Ziele näherte, von einem Schneesturm überrascht worden, welcher ihre Geduld auf eine harte Probe stellte. Die Soldaten mußten sich ihren Weg durch den 50 em hohen Schnee brechen, dessen greller Widerschein vielen von ihnen schwere Augen⸗ krankheiten zuzog. Dabei war die Temperatur bis auf 16 Grad unter Null gesunken. Dieser Theil Algeriens ist oft im Winter ein wahres Sibirien, und übrigens erklären die Araber der Gegend selbst, einen soschen Schneefall noch nie erlebt zu haben. In Folge dieser Kälte und aus Mangel an Futter hatte die Kolonne, seitdem sie Tiaret verlassen, 160 Kameele und mehrere Maulesel verloren. Sie lagert nun in Afla, kann wegen des Schnees nicht vorwärts und erwartet von Tiaret neue Proviante.

12. Januar. (B. T. B.) Von der Deputirten⸗

kammer wurden heute Lepäre, Philippoteaux, Goblet

und Tirard zu Vize-Präsidenten gewählt. In Deputirtenkreisen wird angenommen, daß der Minister⸗ Präsident Gambetta den Gesetzentwurf wegen Revision der Verfassung der Kammer am nächsten Sonnabend vorlegen werde.

Der „Independent“ versichert, daß vor dem Jahre 1883 keine amortisirbare Anleihe gemacht werden würde. In den Staatskassen seien am Schlusse letzten Jahres 500 Mil— lionen vorräthig gewesen.

Der „France“ zufolge ist den großen Eisenbahn⸗ gesellschaften vom Ministerium der öffentlichen Arbeiten eine Note zugegangen, in welcher ihre Zustimmung zu fol⸗ genden Vorschlägen gefordert wird: Ermäßigung der gegen⸗ wärtigen Personen⸗Transporttarife um 50 Proz.; Uebernahme der Verpflichtung, die Waaren-Transporte auf dem kürzesten Wege zu bewerkstelligen; endlich Ermäßigung der Waaren— Transporttarife um 20 Proz. Dagegen wuͤrde der Staat auf die Abgaben verzichten, welche er gegenwärtig von dem Eisen⸗ bahnverkehr erhebt. Die Eisenbahngesellschaften wurden um Mittheilung ihrer Antwort innerhalb 14 Tagen ersucht; von der Annahme oder Ablehnung der ihnen gemachten Vorschläge würden die weiteren Entschließungen der Regierung ab⸗ hängig sein.

Nach einer Meldung aus Tripolis sollen drei Patres der Mission in Algier unweit Ghadames ermordet worden sein. Als Urheber des Verhrechens wird der Caid in Ghadames bezeichnet, der schon bei der Niedermetzelung der Mission Flatters kompromittirt war und deren Neste den Tuaregs überantwortet hatte.

Spanien. Madrid, 12. Januar. (W. T. B.) Der Liberal“ veröffentlicht eine Zuschrift des Infanten Franz von Bourbon, eines Vetters des Königs Alfons, in welcher derselbe England auffordert, Gibraltar an den Papst abzutreten, falls es nicht vorziehen sollte, Gibraltar an Spanien zurückzugeben.

Portugal. Lissabon, 12. Januar. (W. T. B.) Zu Ehren des Königs und der Königin von Spanien, welche zum Besuche des hiesigen Hofes hier eingetroffen sind, findet eine ganze Reihe von Hoffestlichkeiten statt. Die Be—= völkerung giebt ihre Theilnahme durch sympathische Zurufe kund. Die öffentliche Ruhe wurde nirgends gestört.

Türkei. Konstantinopel, 109. Januar. (Allg. Corr.) Die russisch⸗türkische Kommission trat heute zu einer Sitzung zusammen. Die türkischen Delegirten erklärten, der Ministerrath sei zu einer, dem russischen Entwurfe der Stipu⸗ lation bezüglich der Bürgschaften für die Zahlung der an Rußland abzutretenden Einkünfte sowie deren Einziehung günstigen Entscheidung gelangt. Das Ministerium, fügten sie hinzu, sei übereingekommen, die Einziehung der Einkünfte ent⸗ weder einem Kreditinstitut, oder dem Verwaltungsrath für die indirekten Steuern anzuvertrauen. Diese Entschließung der Regierung wurde dem Sultan zur Sanktion unterbreitet.

Philippopel, 1. Januar. Die Session der Provin⸗ zial-Versammlung wurde mit einer Rede des General— Gouverneurs geschlossen, in welcher derselbe, nach der W. „Presse“, sagte:

Obschon die lebhaften Debatten, welche in Ihrer Mitte anläß⸗ lich nicht besonders wichtiger Fragen geführt wurden, sehr zeitraubend waren, und Ihnen nicht gestatteten, die Arbeiten, welche Ihrer harr⸗ ten, zu vollenden, ist doch die Thatsache von nicht geringem Troste, daß die Ihrerseits der finanziellen Lage des Landes gewid⸗ mete Theilnahme es ermöglicht hat, Maßregeln zu ergreifen. welche geeignet sein dürften, gewissen Mängeln in der Verwaltung zu steuern. Ich meinerseits werde mir angelegen sein lassen, von den empfohlenen Maßnahmen jene der Realisirung entgegenzuführen, welche angethan sind, den öffentlichen Dienst nützlicher zu gestalten. Mein aufrichtiger Wunsch ging stets dahin, und wird auch künftig dahin gehen, mich nur von den besten Gefühlen für das allgemeine Wohl leiten zu lassen. Auch werde ich fortfahren, die Ueberzeugung zu hegen, daß die Befestigung der Uebercinstimmung und Eintracht zwischen Regierung und Volksvertretung im Interesse einer regel⸗ mäßigen Entwicklung der Verwaltung und aller öffentlichen Ange⸗ legenheiten gelegen ist. Es würde mir zum Vergnügen gereichen, der Hoffnung Raum geben zu können, daß ähnliche Gefühle künftighin auch die Herren Deputirten beseelen werden, und daß eine gegenseitige würdige Verständigung zwischen beiden Faktoren in allen Lebensfragen die Realisirung jener guten Absichten erleichtern werde, die ich für die meiner Verwaltung anvertraute Provinz unausgesetzt hege. In dieser Hoffnung erkläre ich die gegenwärtige Session der Provinzialversamm⸗ lung für geschlossen.“

Nußland und Polen. St. Peters burg, 13. Januar. W. T. B) Der „Regierungs-A1Anzeiger“ veröffentlicht den Kaiserlichen Ukas über den Loskauf des Bauern? landes sowie die Ernennung der bisherigen Leiter der WMinisterien der Finanzen und des Krieges Bunge und Wannowski zu Ministern und die Ernennung des Mini— sters der Kommunikationen Possiet zum Admiral.

Dänemark. Kopenhagen, 10. Januar. (Hamb. Corr. Das Landsthing begann gestern, wie bereits ge⸗ meldet, die erste Lesung der Zoll- und Steuerreform— Vorlagen. Die Debatte wurde eröffnet vom General Haffner, dem früheren Kriegs⸗-Minister, welcher der indirekten Besteuerung eine warme Lobrede hielt, indem er bemerkte, daß diese Steuerart leicht zu erheben sei, von den Steuer? zahlern in der Regel kaum gespürt werde und von letzteren selbst vermittelst des Verbrauchs regulirt werden könne; namentlich sympathisch sind dem Redner auch die Schutz⸗ zölle, welche die Zollvorlage dem Handwerk angedeihen lassen will. Außerdem trug derselbe noch einige über die Vor⸗ lagen hinausgehende Wünsche vor; er hätte, sagte er u. A., gewünscht, daß der Finanz⸗Minister bei dieser Gelegenheit dem Staate eine größere Einnahme verschafft hätte, denn unser guter finanzieller Status rühre nicht daher, daß unsere Ein— nahmen zu große, sondern daher, daß unsere Ausgaben zu gering seien; da aber diese letzteren doch einmal erhöht werden müßten, sei es das Nichtigste, größere Einnahmen zu schaffen, um die größeren Ausgaben bestreiten zu können. Die bei den im Landsthing sitzenden Vertreter des Großhandels standes, die Herren Harald Hansen und V. Petersen, sprachen ebensalls für die Vorlagen, auch waren sie mit Haffner darin einverstanden, daß der gute finanzielle Status unseres Landes den zu geringen Ausgaben zu verdanken sei. Hansen plaidirte speziell noch für eine wesentlich höhere Be⸗ steuerung des Branntweins und Bieres, als beantragt worden. Petersen wünschte, die Beibehaltung der Schiffsabgaben, um durch diese Abgaben andere Lander zu veranlassen, die Ab— gaben für daͤnische Schiffe zu reduziren. Ein anderer Nedner, Schlegel, sprach sich entschieden gegen das Freihandels⸗ system aus. j

Afrika. Egypten. Kairo, 12. Januar. (W. T. B.) Der diplomatische Agent Englands, Malet, theilte dem Minister⸗Präsidenten Scherif Pascha mit, der einzige Zweck der englisch⸗französischen Kollektivnote sei der, Egypten zu erklären, daß das freundschaftliche Einvernehmen Englands und Frankreichs auch unter dem neuen französischen Ministerium fortdauern werde. Man glaubt, daß die egyptische Regierung in Folge dieser Erklärung Malets die Note nicht beantworten werde.

Zeitungsstimmen.

In einer Besprechung des Allerhöchsten Erlasses vom 4. d. M. sagt die „Weser⸗Zeitung“: .

Nach der preußischen Verfassung, das wird von Niemandem be— stritten, sind die Regierungsakte des Königs der Ausdruck der Aller⸗ höchsten Willensmeinung; das Erforderniß, daß dieie Akte einer ministeriellen Unterschrift bedürfen, ändert an dem Königlichen Sechte, die Negierung nach eigenem Ermessen zu leiten, nichts. In diesem Punkte, welcher nur die Auslegung der Verfassung betrifft, muß selhst jeder Republikaner, wenn er ein Gesetz zu lesen versteht, der Kabinetsordre zustimmen.

Die „Norddeutsche Allg. Ztg.“ meldet:

Dem Reichskanzler ist Seitens der Konservativen der Stadt Bielefeld und Umgegend eine Adresse zugegangen, in welcher die vollste Zustimmung zu dem in der Kaiserlichen Botschaft. dargelegten Programm für die Reform der wirthschaftlichen und sozialen Gesetz⸗ gebung ausgesprochen wird.

Der „Hamburgische Correspondent“ äußert sich über die Beantwortung der Hertlingschen Interpellation wie olgt: sola Faßt man die Summe dessen, was der Reichskanzler dem Abg. von Hertling zur Antwort gegeben hat, unbefangen zusammen, so wird man konstatiren müssen, daß die ertheilte Auskunft in jeder Rücksicht danach angethan ist, der Nation zur Beruhigung zu gereichen und die Besorgnisse zu zerstreuen, welche sich an die der Wahlperiode angehörige Ankündigung der gouvernementalen Reformpläne geknüpft hatten. Nachdem von maßgebender Stelle anerkannt worden ist, daß es sich um Probleme von noch nicht dagewesener Tragweite handle, daß vorschnelle Versuche zur Lösung derselben vom Uebel sein würden und daß die Rücksicht auf Erhaltung der Lebens— und Leistungsfähigkeit unserer Industrie ein schrittweises auf dem Grunde gründlicher sachlicher Information unternommenes Vorgehen zum unabweislichen Gebote mache, werden die Befürchtungen vor Ueberstürzung und Uebernahme nicht einlösbarer Verpflichtungen, die im Herbst v. J. von den verschiedensten Seiten erhoben wurden, zur Nuhe kommen müssen. Daran aber, daß die Sorge für den vierten Stand in Zukunft eines der Hauptziele der dentschen Gesetzgebung sein werde wird die Nation sich inzwischen gewöhnt haben. Die Nothwendigkeit eines Bruches mit der herrschend gewesenen Lehre von der natürlichen Har⸗ monie der Interessen und von der Beschränkung der Gesetzgebung auf die Rolle der Ordnungswächterin ist uns seit Jahr und Tag ebenso zweifellos gewesen, wie die Unvermeidlichkeit erschütternder Wirkungen einer bezüglichen Entschließung der Regierung; auch darüber haben wir uns niemals getäuscht, daß die Anerkennung der Re— gierungspflicht zur Intervention in den Kampf zwischen wirth⸗ schaftlich Starken und wirthschaftlich Schwachen mit Aussicht auf Erfolg nur von einem zu einer Ausnahmestellung gelangten Staats—⸗ manne werde ausgesprochen werden können: was uns, was alle unbe—⸗ fangenen Beurtheiler der Lage mit Mißtrauen und Sorge erfüllte, war die stürmische, über die vorhandenen Schwierigkeiten in leiden— schaftlichem Sprunge hinwegsetzende Art des Vorgehens, welche zur Zeit der Wahlen angekündigt wurde. Daß auf eine solche verzichte und daß das Maß beobachlet werden soll, welches durch die Natur der zu lösenden Aufgaben bedingt ist, hat der letzte Vortrag des Reichskanzlers nun mit einer Deutlichkeit gesagt, von der anzunehmen ist, daß sie allenthalben eine beruhigende und außsklärende Wirkung üben werde. Wer den von der Arbeitszeit und der Bedenklichkeit des Normal arbeitstages handelnden Passus der gestrigen Rede mit Aufmerksam— keit liest, wird den Eindruck gewonnen haben, daß die Regierung sich der Verantwortlichkeit ihrer Stellung und der Tragweite ihrer Ent— schließungen dem vollen Umfange nach bewußt ist und daß die ferner zu thuenden Schritte den festen Boden der gegebenen Verhältnisse voraussichtlich nicht verlassen werden. .

In der „Wiesbadener Zeitung“ folgende Meldungen:

Düsseldorf, 5. Januar. Das pverflossene Jahr hat der Kunst— und Gartenstadt Düsseldorf, welche immer mehr Industriestadt wird, zwar nicht, wie das Jahr 1880, eine Ausstellung, trotzdem aber ein im großen und ganzen gutes Geschäft gebracht. Unsere großen Wagen, Draht ꝛc. Fabriken in Oberbilk und Grafenberg waren und sind mit Aufträgen für das In⸗ und Ausland reichlich versorgt. Die Baum— wollen und Kattunfabriken haben die Zahl ihrer Arbeiter wieder ver— mehrt. Die großen Weingeschäfte singen in ihren Cirkularen dem Jahre 1881 ein Loblied. Die große Bierbrauerei von Gebr. Dietrich exportirte mehr als in früheren Jahren. Die großen Schönfärbereien Düsseldorfs sahen sich zu erheblichen baulichen Erweiterungen ge— nöthigt. Die Ladengeschäfte waren in der Weihnachtszeit wie belagert und ihre Inhaber sprachen es offen aus, daß mehr gekauft worden sei, als in den Jahren vorher. Neben dem Düsseldorfer Senf, über den wir nichts erfahren, ist bekanntlich der Düsseldorfer Punsch welt— berühmt. Es wird uns mitgetheilt, daß die Abnahme vor Sylvester eine ganz enorme gewesen sei. Mit Hebung der Industrie hat sich ganz naturgemäß auch die Konsumtionsfähigkeit wieder gehoben. So⸗ gar der höhere Luxus tritt wieder in sein Recht. Unsere 400 Maler, welche Tag für Tag und jahrein und jahraus selbst in den sieben magern Jahren zur Befriedigung dieses höheren Luxus arbeiteten, wissen davon zu erzählen. ;

In sämmtlichen größeren Eisenwerken und Maschinenfabriken des Kreises Hagen hat sich der Umschlag im Jahre 1880 gegen das Vorjahr um 20 bis 80 0so gehoben. Durch die Schutzzölle hat ebenso eine Vermehrung der Arbeiter bei der Fabrikation von soge⸗ nannten amerikanischen Dünger⸗ und Heugabeln von 30 auf 869 stattgefunden, bei Feuergeräthschaften und kleinen Schrauben ist eine gleiche Arbeitervermehrung festgestellt.

Eine Versammlung von 400 Kohlenbergleuten in Kupferdreh a. d. Ruhr erklärte, daß die seit 2 Jahren eingeschlagene Wirth⸗ schaftspolitik des Reichskanzlers eine sichere, allgemeine Besserung der Industrie hervorgerufen habe, und verlangte deshalb höhere Löhne.

Aus Bremen wird der „Neuen Preußischen Ztg.“ unter dem 11. d. M. berichtet:

Die Schiffswerften an der Weser haben jetzt sehr reichlich zu ihun, namentlich durch den Bau eiserner Dampfer. Auftraggeber sino nicht blos die Kaiserliche Marine, der Norddeutsche Lloyd und deutsche Handelssirmen, sondern auch holländische Besteller. Auch die Werften für Holzschiffe sind gegenwärtig besser beschästigt, als früher.

Dem

finden sich

„Düsseldorfer Anzeiger“ wird vom Niederrhein, 10. Januar, geschrieben:

Ist Regierungepolitik „Partei ⸗Politik? Nein und zehnmal Nein! Wenigstens in Preußen und Deutschland nicht. Aber auch in Ländern wie England nicht, wo die Liberalen und Konservativen in der Regierung abwechseln, wo sich indeß jede Partei, sobald sie zur Regierung gelangt, sorgfältig in Acht nehmen muß, den Partei⸗ interessen zu große Konzessionen zu machen. Die Politik der Regie⸗ rung ist nichts anderes, als der lebendige Staate gedanke, als das in Kraft getretene eiserne Gebot der Nothwendigkeit.

1865 und der späteren Jahre auch staatliche Nothwendigkeit? Wir sagen Ja, trotz der blutigen Wunden, die er dem Lande geschlagen hat. Kein Stagtsmann, und sei er noch so groß, kann mit absoluter Sicherheit die Richtigkeit eines politischen Systemes im Boraus an— geben. Es ist immer ein Sprung ins Dunkel der Zukunft, der ge⸗ than werden muß. Das Probiren geht übers Studitren. Allerdings kann uns das gänzliche Fiasko des einen Systems eine Garantie für das entaegengesetzte andere System bieten. Und darin beruht ein ge— wisser Nutzen des Freihandels, der praktisch schon deshalb erprobt werden mußte, um die Köpfe der Gebildeten von dieser Irrlehre zu befreien und sie für heilsamere Wahrheiten empfänglich zu machen. Weil es uns induftriell zu wohl erging, griffen wir zum Freihandel, wie man in Düsseldorf zur Abschaffung der Schlacht- und Mahl steuer schritt, weil sonst genug Steuern in der guten Zeit aufzutreiben waren. Oder hat die Noth vielleicht die Städte gezwungen, die in⸗ direkten Steuern abzuschaffen? Wir meinen, die Roth zwänge zum Gegentheil.

Einem Professor vergeben wir es, wenn er mit seinem einen „Prinzip“ lebt und sich begraben läßt. Er kann sich, besonders in Deutschland, einen solchen Lurus erlauben. Von den Beamten des Stagtes aber verlangt man mit Recht eine lebendige Auffasfung und Theilnahme an der Politik. Der Regierung, und folglich auch ihren Beamten, muß der Zweck den Mitteln vorgehen. Wie im Kriege es die Hauptaufgabe des Soldaten ist, den Sieg für das Vaterland zu erringen, wie er in seinen Angriffs und Vertheidigungsplaäͤnen oft wechselt, um desto eher ans Ziel zu kommen: so soll auch der Staafs— beamte, dieser eigentliche Friedenssoldat, mit ganzer Kraft nach stagtlichen Erfolgen streben und nicht in lächerlicher, höchst kleinlicher Art um sein „Prinzip“ besorgt sein. Das Volk ist nicht solcher Prinzipien halber da, sondern verlangt, daß die Re⸗ gierung etwas Rechtes schafft. Für die Gesinnungstreue eines Be— amten, der sich aus purer Eitelkeit der fortschreitenden Erkenntniß über diese und jene staatlichen Maßregeln verschließt, kann das Volk sich unmöglich begeistern. Derartige „Fanatiker? hätten einen andern Beruf wählen müssen. Wer nie irrte, fand auch nie den rechten Weg. ;

Man vergißt zu leicht, daß es sich im staatlichen Leben nicht um Liebhabereien, sondern um die ernftesten Sachen handelt, die soll die Gesammtheit nicht Schaden leiden in rechter Weise und ohne Aufschuh erledigt werden müssen. Der Irrthum, als ob es sich ftets um parlamentarische Diskussionen ohne Endzweck, um Doktordiffer⸗ tationen handle, scheint in dem idealen Deutschland unausrottbar zu sein, sonst würde man in der Regierungspolitik etwas anderes, als Parteipolitik erblicken.

Statistische Nachrichten.

Nach Mittheilung des Statistischen Bureaus der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Stande sämtern in der Woche vom 1. Januar bis inkl. 7. Januar er. zur Anmeldung gekommen: 171 Cheschließungen, 832 Lebendgeborne, 37 Todtgeborene, 533 Sterbefälle.

Gewerbe und Handel.

Die Stadtbehörde von Philippopel hat ein Konkurrenz— Ausschreiben für den Bau einer Wasserleitung erlaffen, mittels deren diese etwa 30 000 Einwohner zählende Stadt aus dem Flusse Maritza mit Wasser versorgt werden soll. Anmeldungen von Bewerbungen werden bis zum 27. Februar d. J. täglich, mit Aus— nahme der Festtage, von 16 bis 12 Uhr Vormittags und von 2 bis 4 Uhr Nachmittags auf dem Bureau der genannten Behörde ent— gegengenommen. Daselbst können auch die näheren Bedingungen für den Bau, zu welchen namentlich die Stellung einer Kaution von 25 000 Fr. gehört, eingeseben werden. Die Anmeldungen sind durch die Unternehmer in Person oder durch gehörig bevollmächtigte Ver— treter zu bewirken. .

Die Berliner Handelsgesellschaft macht bekannt, daß sie be— reit ist, in der auf Montag, den 23. Januar, einberufenen außer— ordentlichen Generalversammlung der Aktionäre der Berlin⸗— Anhaltischen Eisenbahn-Gesellschaft die kostenfreie Ver— tretung derjenigen Aktionäre zu übernehmen, welche die von der Königlichen Staatsregierung gemgchte Offerte wegen Erwerbung der Bahn gegen Zahlung einer 66/0 Rente annehmen wollen.

Ueber die Leipziger Neujahrsmesse bringt das Dresdn. Journ.“ folgende Mittheilungen: Die allgemeine

da die an⸗

Stimmung war für die Ledermesse sehr ruhig, t haltend trockene Herbstwitterung einen wesentlichen Minder— konsum herbeigeführt hat, und die Lagerbestände bei Fabrikanten und Händlern meist reichlich vertreten sind. Durch die günstige Trocken witterung haben sich viele Fabrikanten veranlaßt gesehen, größere Quantitäten zum Trocknen zu bringen, als es regelmäßig geschieht. Trotzdem waren die Zufuhren nicht übermäßig. Die zur Messe gebrachten Waaren zeigten meist geringe Sortimente und mangelhafte Trocknungen, so daß dergleichen Waaren an und für sich minderwerthiger sind, als die regulären soliden Sortimente. Sohlleder, Brandfohl⸗ und Vacheleder wurde denn auch nur nach Verhältniß bezahlt, und, den nachtheiligen Eigenschaften der Meßwaagren angemessen, gebührend niedrigere Preise bewilligt. Aeußerst animirt war die Nachfrage nach Kipsleder, welches hohe Preise erzielte, und bis 6oe0 und mehr Avancen holte. Die Kipslederfabrikation erscheint momentan in rosigem Licht, doch ist andererseits das Rohmaterial, ostindische Häute, so enorm im Preise gestiegen, daß ein Gewinn nach voll—⸗ endeter Gerbung höchst problematisch geworden ist. Deutsches Rind⸗ leder blieb im normalen Verkehr und zeigte keine Preisschwankangen; ebenso gestaltete sich der Verkauf am Schafledermarkt und in den verschiedenen Ledergattungen für Sattlerei⸗ und Riemereibedarf. Von rohen Wildhäuten und Kips war die Zufuhr eine gewöhnliche; es wurde allerdings von ersteren nur mäßig gekauft, weil die Preise in⸗ folge des unbefriedigenden Verkaufs für Unterleder die Fabrikation zu neuen Einkäufen nicht sehr ermuthigen konnten. Dagegen ge⸗ staltete sich der Absatz in Kips lebbafter, wenn auch hier und da die Käufer sich etwas zurückhaltend zeigten, weil troz des schlanken Verkaufs des Fabrikats und der dafür erzielten Preise die rohe Waare verhältnißmäßig immer noch zu theuer ist. Kipse I. a. holten pr. 50 kg oder 100 Pfd. 130— 160 M, do. II. 110— 120 4, do. III. So- 10) M, do. IV. 60 - 15 M, Rio⸗de⸗Janeiro⸗Ochsen, schwere, holten pro 4 kg oder 500 g 56 69 3, do. Kühe, schwere 58 62 5, do. Kühe, leichte 44 50 , schwere trockene Buenos⸗ Aires 120— 130 43, do. Kühe, leichte S 115 3, trockene Rio⸗ Grande 990 115 3, Puerto ⸗Cabello, Angostura und Guatemala W 108 3, FCeara je nach Gewicht und Quglität 809 - 190 4, Uruguay und Montevideo, gesalzene 62 6 , Rio⸗Grande⸗QOchsen, schwere 58— 64 , do. Kühe, gesalzene je nach Gewicht 52 62 9. Die „New⸗YJorker Hdls⸗tg. äußert sich in ihrem vom 31. Dejember v. J datirten Wochenbericht über die Geschäftslage folgendermaßen: Das Geschäft am Waaren⸗ und Produkten⸗ Mar kt blieb still. Eine Ausnahme machte nur eine ziemlich leb⸗ hafte Spekulation in Weizen und Mais, in denen bedeutende Posten zu steigenden Preisen umgesetzt wurden; die Exportfrage für diese beiden Getreidesorten hat sich ebenfalls gebessert, aber zu keinen Traneaktionen von hinreichender Größe geführt, um die Frage nach Getreidefahrzeugen wesentlich zu beleben; für Petroleum passende Schiffe waren dagegen zu höheren Raten gesucht. Baumwolle in disponibler Waare hatte äußerst stilles Geschäft; Termine waren ebenfalls ruhig und verkehrten vorwiegend in weichender Tendenz. Rio Kaffees waren still; für milde Sorten, namentlich Javas zeigte sich dagegen bessere Frage. Der Markt für Rohzucker verkehrte in fester Haltung. Schmalz hat bei stillem Geschäft die höchften Notirungen der Woche nicht behaupten können, Schweinefleisch blieb vernachlässigt, Rindfleisch war still, Talg hatte dagegen recht lebhafte Frage und ist höher. Am Hopfenmarkt blieb das Geschäft schleppend. Raff. Petroleum unter dem Drucke von Kontrakt⸗

Man kann nun einwerfen: War denn der Freihandel von

rubig; Harz hatte bei reger Exporifrage für alle Sorten steigende Tendenz. Der Import fremder Webstoffe beträgt für die heute beendete Woche 1 848 112 Doll. gegen 1573 010 Doll. in der Parallel⸗ woche des Vorjahres. London, 13. Januar. Die Allg. Corr.“ theilt folgende Diri⸗ denden britischer Banken mit: Die Exchange u. Discount Bank in Leeds zahlt pro 1381 eine Dividende von 19 6, Llovds Banking Company 2M o pro annum, die Manchester Joint Stock Bank 226 S und die Natienal Bank of Wales 5. oo. Havre, 12. Januar. (W. T. B. Wollauktion mehr be⸗ lebt, Preise unverändert. Angeboten waren 2370 B., verkauft wurden 1448 B.

Verkehrs⸗Anstalten. Triest, 12. Januar. (W. T. B.) Der Lloyddampfer „Ceres“ ist heute Mittag aus Konstantinopel hier eingetroffen. Plymouth, 12. Januar. (W. T. B.) Der Hamburger Postdampfer „Rhenania“ ist hier eingetroffen.

Berlin, 13. Januar 1882.

Seit Sonntag ist der ehemalige Sachse'sche Kunstsalon in der Taubenstraße (Nr. 34) seiner früheren Bestimmung wieder zurück⸗ gegeben worden. Die Herzen Emil Ph. Meyer und Max Levit haben sich durch das Mißgeschick des früheren Unternehmers nicht ab— schrecken lassen, sondern den Muth gehabt, den neben der permanenten Ausstellung des Vereins Berliner Künstler schon bestehenden Einrich— tungen dieser Art eine neue hinzuzufügen. Allerdings ist nicht zu leugnen, daß der Beginn ein viel versprechender ist, denn der neue Salon debütirt mit zwei Werken, welche wohl dazu angethan sind, das Interesse des kunstliebenden Publikums unserer Residenz in hohem Maße zu erregen, mit Karl von Pilotp's und Georg Papperitz' Kolossalgemälden „Die klugen und die thörichten Jungfrauen“ und „Dle Ankunft der Seefen in der Unterwelt“. ;

Zu dem ersteren Bilde hat das bekannte Gleichniß aus dem 25. Kapitel des Evangeliums Matthäi den Vorwurf oder, richti⸗ ger gesagt, den Vorwand geboten, denn die Auffassung hat absolut nichts Biblisches an sich, sondern läßt sich den Kuftus irdischer Frauenschönheit angelegen sein. Die zehn egyptisch kostümirten Jung— frauen sind auf und am wuße einer vom Hintergrund links, nach rechts führenden Gartenterrafse angeordnet, und zwar so, daß die klugen welche sich mit Oelgefäßen für ihre Lampen versehen haben, rechts, die fünf andern links gruppirt sind. Die letzteren tragen in ihren Stellungen und Geberden alle Zeichen der Verzweifelung über ihre Thorheit zur Schau, während die klugen festlich froh und siegesheiter dem Bräutigam entgegenblicken. Die Gruppen sind meisterhaft komponirt, die einzelnen Gestalten vollendet gezeichnet und gemalt, aber doch läßt das Ganze wie die Einzel⸗ heiten befremdend kalt. Zum Theil mag dies an dem Stoffe liegen: das Gleichniß ist weder allgemein verständlich, da es erst von einer uns fremden Ceremonie entlehnt ist, noch kann es uͤber— haupt anders als abstrakt⸗ symbolisch genommen werden. So verweltlicht und konkret, wie dasselbe uns hier vor Augen tritt, muß es dem Beschauer in der That Zweisel erregen, ob der Künstler es ernsthaft damit gemeint habe, und nicht vielmehr, wenn man so sagen darf, makartisirende Velleitäten dem Bilde die Entstehung gaben. Aber auch in diesem Falle, von dem prätendirten Inhalte abgesehen und als ein Stillleben von Frauenschönheiten betrachtet, vermag die kolossale Leinwand kein wärmeres, über die Anerkennung der untadeligen akademischen Korrektheit der Zeichnung und einer harmonisch schönen, nur etwas zu süßlichen Farbe hinausgehendes Interesse zu erregen.

So bhefremdend dies erscheinen mag: im Ganzen beträchtlich höhere künstlerische Qualitäten und ein wirklich fortreißender großartiger Zug wohnt dem Papperitzschen Bilde bei, wenn es auch freilich nicht im Entferntesten so geglättet in der Komposition und so ruhig-vornehm wie das Bild des Münchener Meisters erscheint, sondern viele Ungleich⸗ heiten in der Behandlung aufweist. Einzelne der noch in dem Nachen des Charon stehenden oder demselben bereits entstiegenen Gestalten sind mit großer Energie und vermittelst raffinirt angebrachter Lichter fast plastisch greifbar modellirt, anderes dagegen ziemlich nachlässig be⸗ handelt, und neben korrektester Zeichnung fehlt es nicht an Fehlern. Auch ist nicht zu leugnen, daß Manches für den Beschauer unklar bleibt. Trotzdem ist die Komposition von großartigem, antikem Charakter und ergreifend⸗düsterer Stimmung, die auf den Beschauer ihre Wirkung nicht verfehlt.

Außer diesen Kolossalgemälden, welche natürlich die Haupt⸗ anziehungskraft üben, hat die Ausstelhang noch eine Anzahl kleinerer Werke der Malerei in Oel und Ackiarell aufzuweisen, unter denen sich solche von Künstlern klangvollen Namens befinden. An der Spitze steht Adolf Menzel mit einer Schleifanstalt, einem Genrebilde von köstlicher Feinheit der Charakteristik in den einzelnen Figuren, nament— lich einem rauchenden Alten, und ebenso frappirend wahren Effekten verschiedenartiger Beleuchtung. Dann folgt Gustav Richter mit einem Aguarell zweier treffend charakterisirten vagirenden Existenzen slova⸗ kischer und savoyardischer oder zigeunerischer Abkunft; Gabriel Max mit einer seiner Grusel erregenden Gretchenerscheinungen vom Raben⸗ stein und einer modernen Schönen von jener an Ausdrucks—⸗ losigkeit streifenden Todtenfahlheit des Gesichts, welche der Künstler bei seinen Frauencharakteren bevorzugt, so daß man in der hier dargestellten das Modell dazu erkennen möchte; Adalbert Begas mit einem interessanten Smndienkopf und einem Genrebilde; Grützner, Anton Seitz, Kirnberg und Holter ebenfalls mit hübschen Werken letzterer Gattung. Schneiders romantisches Gondel⸗Rencontre zweier venetianischen Nobili, welche als Rivalen um den Besitz der von dem Einen soeben entführten Dame auf dem feuchten Elemente ihr Anrecht mit den Waffen zu messen im Begriff sind, ist von einer der letzten großen Kunstausstellungen noch wohl bekannt, hat aber an Schönheit und Tiefe der Farbe in den wenigen Jahren viel eingebüßt (eine beklagenswerthe Erscheinung, die sich bekanntlich auch an den Farbenwundern Makarts mehr und mehr bemerkbar macht und auf Rechnung der mo— dernen Fabrikation der Farben zu setzen sein dürfte). Ferner finden wir ältere und neuere Marinen und Landschaften von A. Achen⸗ bach, ein Kirchen⸗Interieur von Wilberg, sowie Landschaften von Ed. Pape und Anderen. Eine seltene Erscheinung ist der äußerst frucht bare französische Illustrator Gustave Doré, welcher durch zwei große genialisch flüchtige Aquarelle, eine phantastische Stadtansicht mit räthselhafter Figurenstaffage, von jenen zierlich gekräuselten weichlichen Umrissen, die des Künstlers stereotype Manier unter Tausenden kenn: zeichnen, und einem französischen Kavallerie⸗ oder Train⸗Bivouak bei effektvollem Sonnenuntergangsdämmerschein und mit gleich ver— schnörkelten Figuren. . . l

Die beiden elegant und behaglich eingerichteten Salon; sind mit verkäuflichen Marmorbüsten, Bronzen, Majoliken, chinesischen und japanischen Vasen und Wandschirmen geschmackwvoll, ausgestattet und ganz dazu angethan, der kunstliebenden Gesellschaft einen besonders angenehmen, komfortablen Sammelpunkt zu bieten. .

Am Montag beehrten Ihre Kaiserlichen und Königlichen Hohe der Kronprinz und die Kronpriniessin sowie die , mn,

hrem Besuche.

Im Krollschen Etablissement findet morgen, Sonnabend, der letzte Bal masqué et paré der lausenden Saison statt Infolge dessen gebt die Posse: Der Weihnachtzmann“ und zwar Mu ermäßig= ten Preisen bereits Nachmittags 5 Uhr in Scene. Am Sonntaz ist der definitiee Schluß der dies maligen Weihnachts ausstellungz.

Gaegrn F. Brozit:

) Seit gestern ist noch ein anderes großes Gemelde von J beson⸗

„Ein Fest in Rubens Atelier“ hinzuzelommen, welches einer

Realisirungen niedriger und nominell. Terpentinsl war fest aber

deren Besprechung vorbehalten sei.