1882 / 15 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 18 Jan 1882 18:00:01 GMT) scan diff

Mittel · und Suddeutschland (Württemberg. Sachsen, Thüringen, Dessen, Bayern, Baden, Elsaß⸗Lothringen, im Ganzen 163 Nrn.); 6) Desterreich⸗ Ungarn und die Schweiz (im Ganzen 71 Nrn.); D die romanischen Völker: Frankreich (167 Nrn.), Spanien und Portugal (32 Nrn.), Italien (867 Nrn.); 8) die Niederlande (Holland und Belgien, im Ganzen 53 Nrn.); 9) roßbritannien (92 Nrn.); 10) die skandinarischen Reiche (Dänemark, Norwegen und Schweden, im Ganzen 36 Nrn.); 11) der Orient: Griechen land, Türkei, Donaufürstenthümer, Asien (im Ganzen 91 Nrn.); 12) Geographie, Reisen. Völkerkunde (im Ganzen 188 Nrn.); 13) Kriegsgeschichte und Kriegsalterthümer (im Ganzen 93 Nrn. ); 14) Nachträge (35 Nrn.). In den verschiedenen Abtheilungen findet sich eine Menge werthvoller, interessanter und zum Theil seltener Schriften, namentlich in der 1., 3. und 5. Von den neueren be— kannteren und berühmteren Historikern dürfte man schwerlich einen vermissen. So sind z. B. Dahlmann, Droysen, Gervinus, Häusser, Heeren, Leo, C. Ad. und W. Menzel, J. v. Müller. Pölitz, Ranke, i v. Raumer, Rotteck, Schlosser, Stenzel. J. Voigt, Wachsmuth, Alison, Carlvle, Macaulay u. s. w. mit ihren Schriften verzeichnet. Von älteren Werken führen wir Beispiels halber an: Carionis Chronica, Seb. v. Wörds Chronica, Gottfrieds Historische Chronik, Jornandes, Ludolffs Schau⸗Bühne der Welt, Sleidanus, Valckeniers verwirrtes Europa, Theod. Zuingers Theatrum u. f. w.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Belgrad; Ende 1881. Das Ernte- Resultat in Serbien sür das Jahr 1881 ist den aus den verschiedenen Kreisen ein— gehenden Nachrichten zufolge als ein höchst mittelmäßiges zu be⸗ zeichnen.

Die anormalen Witterungsverhältnisse im vergangenen Sommer haben bewirkt, daß die Feldfrüchte in ihrer Entwickefung gehemmt wurden, und die Ernte demzufolge in keiner Weise dem günstigen Saatenstande des Frühlings entsprochen hat.

Es gilt dies insbesondere vom Weizen, Roggen und Hafer, welche Sorten größtentheils zum Zwecke des Exports angebaäͤut werden, während hingegen der türkische Weizen, welcher vorwiegend für den inneren Konsum bestimmt ist, in den meisten Distrikten gut ge⸗ rathen ist.

Dagegen hat die Pflaumen⸗-Ernte sowie das Einsammeln der Eichen⸗Knoppern ein sehr günstiges Resultat ergeben, und auch die Weinlese ist fast überall zur Zufriedenheit ausgefallen.

Der Wein verspricht in den nächsten Jahren eine bedeutende Einnahmequelle zu werden, zumal die benachbarten ungarischen Distrikte von der Phyll'oxera stark heimgesucht find, während auf dem diesseitigen Ufer diese Landplage sich noch nirgends gezeigt hat.

Wenn somit im laufenden Jahre die Ausfuhr an Getreide auch sehr gering sein wird, so wird dieser Ausfall doch durch die bedeu⸗ tenden Ausfuhrmengen an Wein, Pflaumen und Knoppern gedeckt werden, wozu noch die stets zunehmende Ausfuhr an Rindern und Schweinen kommt, welche namentlich für letztere sich in Folge der reichlichen Kukeruz⸗ und Eichelernte, und bei den hohen Preisen auf dem Pester Markte besonders günstig gestaltet.

Gewerbe und Handel.

Das deutsche Handelsarchiv, auf dessen Inhalt hinzu⸗ weisen wir vielfach Veranlassung genommen, erscheint von jetzt an in Mongtsheften, von denen das erste so eben zur Ausgabe gelangt ist.

Wir können die Aenderung nur als eine vortheilhafte bezeichnen. Der Stoff sondert sich besser ab, als früher, er wird andererseits mehr zusammengehalten und seine Benutzung auf diese Weise er⸗ leichtert. Insbesondere gilt dies von den Konsularberichten, die, in der Wochenausgabe des Blattes oft durch mehrere Nummern fortlaufend, jetzt im Zusammenhange zum Abdruck gelangen werden. Auch ge⸗ winnt die Uebersichtlichkeit dadurch, daß diese Berichte in zwölf, den Haupthandelsgebieten der Erde entsprechende Gruppen vertheilt sind.

Die Hefte zerfallen in zwei Theile, jeder fuͤr fich paginirt und gesondert gehalten. Der zweite enthält die Konsulatsberichte, der erste die Gesetzgebung und den sonstigen Inhalt des Blattes.

Auch diese Theilung erscheint praktisch. Wir können das Archiv nur erneut der Aufmerksamkeit aller Kreise empfehlen, welche für die Erscheinungen auf dem Gebiete des Handels und Verkehrs und ins— besondere für unsere Beziehungen zum Auslande Interesse haben.

Dortmund, 16. Januar. (Ess. Ztg.) Im Eisengeschäft ist andauernd eine steigende Tendenz zu konftastren. Im Roheifen— geschäft werden die vorwöchentlichen Preise bei regem Bedarf fest be— hauptet und in Walzwerkfabrikaten sind die Notirungen weiter erhöht worden. Da dieselben aber immer noch nicht in demselben Verhältnisse gestiegen sind, wie die Roheisenpreise, so ist eine weitere Steigerung derselben zu erwarten. Denn, während Puddel⸗ roheisen allmählich von 50 auf 70 MS pro Tonne gegangen und demnach eine Erhöhung von 40 ͤιυν, erfahren hat, ist Stabeisen von 110 auf 140— 143 S, pro Tonne, also erst um ca. 30 oo gestiegen. Der Bedarf in Walzwerkfabrikaten nimmt noch immer zu, besonders aber in Foçoneisen und Blechen, welche Eisensorten in großen Quantitäten von den Schiffswerften sowobl wie neuerdings auch von den Lokomativfabriken bezogen werden, Kesselbleche werden außerdem von den Dampfkesselfabriken in verstärktem Maße ver⸗ arbeitet. Wegen der starken Nachfrage haben Kesselbleche vom 11. d. M.

ab eine weitere Erhöhung von 5 6 pro 1000 ke erfahren; ebenso

sind Siegener Feinbleche um weitere 5 M pro 1060 Eg erböbt worden und notiren demgemäß 208 6, während Kesselbleche 260 M pro Tonne berechnet werden. Walidraht wird noch immer stark für den Export verlangt, wie auch der Bedarf des Inlandes in diesem Artkel steigt, so daß die Drahtwaljwerke rollauf Beschäftigung haben. Ein Gleiches ist auch bei den Stahlwerken und der Kleineisenzeug⸗Industrie der Fall, denen sehr umfangreiche Posten von Oberbaumalerialien für inländische Eisenbahnen in Bestellung gegeben sind. Da bei dem gesteigerten Betriebe aller Eisenwerke die maschinellen Einrichtungen derselben theils nicht mehr ausreichen, theils den neueren Fort— schritten nicht mehr entsprechen, so sind viele Neuanlagen und

durchgreifende Umänderungen bestehender maschineller Einrichtungen

ersorderlich, und sind den Maschinenfabriken träge seit dem Beginn der zugeflossen, so daß

viele derartige Auf⸗ Besserung des Gisengeschäfts dieselben sehr reichliche Beschäftigung

für längere Zeit haben. Auch die Kesselanlagen mancher Werke sind

in der Ciweiterung resr. umfassender Reparatur begriffen, und ist darauf die zunehmende Thätigkeit der Kesselschmieden zurückziufübren. Im Kehlengeschäft ist andauernd ein reger Verkehr in Industrie⸗, Gas- und Kokeskohlen zu verzeichnen. Bei dem nunmehr eingetrete— nen Frostwetter ist auch eine Belebung in Hausbrandkohblen und eine Befestigung der Preise derselben, die in der leryten Woche ins Schwanken gerathen, zu erwarten. In Kokes dauert ein reger Ge—⸗ schäftsgang an.

Elberfeld, 18. Januar. (W. T. B.) Die Einnahmen der 1881 4 990 349 6 gegen 4 643194 M im Dezember 1880, mithin Mehr einnahme 347 1825 1 Vom J. Januar bis ult. Dejember 59 321 528. M, gegen 59 6204 M in dem gleichen Zeitraum des vorigen Jahres, mithin Mindereinnahme 280 486 M Die Einnabmen der Rubr⸗Sien—⸗ Eisen bahn inkl. Finnentrop⸗Olpe betrugen im Monat Deiember 1881 285 496 M gegen 535 111 W im Monat Dezember 1880, mithin Mehreinnahme M 385 M Die Einnahmen der Bergisch⸗Märkischen Gisenbahn und der Rubr⸗Sieg⸗Eisenbahn jzusammen betrugen im Monat Dezember 1881 5575 845 ½ gegen 5 78 305 M im Monat Dejember 1880, mithin Mehreinnabme 397 540 M Die Ginnahmen der Bergisch⸗Märfischen Eisenbahn und der Rubr⸗Sieg⸗ Eisenbahn zusammen betrugen vom 1. Januar bis ult. Dezember de J. 66013376 4 gegen 66171 607 M im Jahre 1880, mithin Mindereinnabme 128 231 4A

Hamburg, 17. Januar. (W. T. B.) Der Verwaltungarafb der Norddeutschen Bank hat die Dividende auf gesetzt. In der heutigen Aufsichtsrathesizung der AUnglo⸗Deut⸗ schen Bank wurde die Dividende auf 6 Jo festgeseyt.

Glasgow, 17. Januar. (W. T. B.) Die Verschiffungen von Roheisen während der letzten Woche betrugen 5r6 gegen 6677 Tons in derselben Woche des vorigen Jahret.

105 19 fest⸗

New⸗JYJork, 16. Januar. (W. T. B.) Weizenverschif⸗ fungen der letzten Woche von den atlantischen Häfen der Ver⸗ einigten Staaten nach England 69 009, do. nach dem Konti— nent 400, do. von Kalifornien und Dregon nach England

70 000 Qrtrs. Verkehrs⸗Anstalten.

Plymouth, 17. Januar. (W. T. B.) Der Hamburger Postdampfer „Cimbria“ ist hier eingetroffen.

Berlin, 18. Januar 1882.

Mexiko, im April 1881.

In Mexiko herrscht allgemein die Ueberzeugung, daß die materielle Entwickelung des Landes mit dem' Ban der Eisenbahnen zu beginnen habe. Von dem letzten Kongreß sind bereits zwei große Bahnnetze konzessionirt worden. Sie sollen, das eine breitfpurig und das andere schmalspurig, von der Hauptstadt ausgehend, bis zur Nordgrenze vordringen, zum Anschluß an die amerikanischen Bahnen und jedes der⸗ selben soll durch eine Querlinie mit beiden Meeren in Ver⸗ bindung treten. An diesen beiden ungeheueren Eisenbahn— kreuzen, welche sich quer über das Land legen sollen, wird bereits mit Energie gearbeitet. Aber dabei soll es nicht bleiben. In den meisten Theilen des Landes bestehen außerdem noch Projekte für andere Schienenwege. Das allgemeine Denken ist so vorwiegend auf diesen Gegenstand gerichtet, daß man kaum von etwas anderem noch spricht, und was noch wichtiger ist, überall finden sich auch bercits die Faktoren ein, welche die Ausführung, versprechen. Wohl ausgestattete Kara⸗ wanen von gmerikanischen Ingenieuren durchziehen das Land, um die Tracen für allerlei internationale und interozeanische Bahnprojekte auszufinden oder für Lokalbahnen aller Art die Vorstudien zu machen. Auch der berühmte Ingenieur, Cap—⸗ tain Eads, geht daran, um sein bereits konzessionirtes) groß— artiges Projekt einer Schiffseisenbahn über den Isthmus von Tehugntepec vorwärts zu bringen. Als Beispiel von der Rapidität, mit welcher die ganze Bewegung Platz greift, mag folgende Thatsache Erwähnung finden. Noch im Februar v. J. sah man in dem südlichen Staat Oajaca mit Neid auf die Eisen⸗ bahnentwickelung im Norden und besprach die Aussicht auf eine Bahn durch den Staat als eine sehr fernliegende Hoff— nung. Im April war bereits eine „mexikanische Südbahn— gesellschaft“ konstituirt, welche den Staat Oajaca von Meer zu Meer mit einer Eisenbahn überspannen will. Auch war der General Grant in der Hauptstadt anwesend, um für die . deren Präsidium er übernahm, die Wege zu ebnen.

Daß dieses endlich erkannte Bedürfniß des Landes für Eisenbahnen so schnell seine Befriedigung zu finden verspricht, ist dem Umstand zu verdanken, daß in der großen Nachbar— Nepublik eben gleichzeitig eine Bewegung Platz gegriffen hat, welche die immensen materiellen und intellektuellen Mittel derselben dem mexikanischen Bedürfniß zur Hülfe führt. Von dem Austreten des Generals U. S. Grant in Mexiko im Jahre 1880 ist der wesentlichste Anstoß zu jener Bewegung herzubeiten. Seit dem Antritt des neuen Präsibenten ergießt sich ein wach⸗ sender Strom amerikanischer Ingenieure, Techniker und Unter— nehmer für alles Mögliche und Unmögliche in das Land. Mexiko ist in der amerikanischen Geschästswelt' Mode geworden“ und der Unternehmungsgeist des spekulativen Volkes, jetzt doppelt kräftig, durch den Ueberfluß eigenen und fremden Kapitals, wirft sich mit mehr noch als seiner gewöhnlichen Energie auf das neu eröffnete Feld. Man kann kaum eine amerikanische Zeitung in die Hand nehmen, in welcher nicht von Mexico, seinen Reichthümern und seiner Entwicklungs⸗ fähigkeit in eingehenden Artikeln gehandelt würde. Neben bem Eifenbahnbau, in welchem bereits ein sehr bedeutendes amerikanisches Kapital investirt wurde, sind es die mexikanischen Häfen, welche von der Spekulation ins Auge gefaßt werden. An verschiedenen Plätzen der Ost⸗ küste sind amerikanische Ingenieure beschäftigt, den Ausbau, resp. die Verbesserung der Golf⸗Häfen José Maria (für Matamoros), Tampico, Anton Lizardo und Verakruz zu studiren, für welche theils die mexikanische Regierung, theils die interessirten Eisenbahn-Compagnien große Aufwendungen machen wollen. Am Stillen Meere haben dieselben den Vor— studien für die Einrichtung neuer Häfen, bei der Kagung von Tehuantepec, bei Huatulco und Topolobampo obgelegen.

In den nördlichen Grenzstaaten ist es ferner der Bergbau auf Edelmetalle, der kolossale Reichthum der mex ikanischen Cordilleren an noch unverschlossenen Schätzen von Silber und Gold, welcher zahlreiche Spekulanten anzieht und es ist hier eine Einwanderung von Kapital und Arbeitekrast daneben auch von Abenteurern im Gange, die an die Vorgänge in Kalisornien und Nevada erinnert. Im Staate Sonora sind schon fast alle in ergiebigem Vetrieb befindlichen Minen an amerikanische Gesellschasten übergegangen. Jetzt verbreitet sich die Bewegung auf die Staaten Sinaloa, Chihuahua und Durango; jeder Minenbesitzer ist dort so zu sagen auf dem Lugaus nach der amerikanischen Gesellschast, die ihm sein Bergwerk zu hohem Preise abkaufen soll. Auch sür landwirthschastliche und Fabrikunternehmungen, für spe⸗ kulative Land- und Häuserkäufe und sonstige Anlagen aller Art findet sich amerikanisches Kapital angeboten. Bereits macht sich der Einfluß dieses Angebots in den Grenzstaaten durch Steigerung aller Werthe und erhöhte Produktion auf vielen Gebieten bemerklich.

Der Gang dieser ganzen wirthschastlichen Bewegung ist

ein so rapider, daß er wohl überstürzt genannt werden kann

Bergis-Märkischen Ci ien bahn keirugen im Miongt Dezember Und die Befürchtung eines Rüchschlags nahe legt.

Da sůür spricht auch die Erfahrung grade mit den amerikanischen Ver⸗ hältnissen, solche fieberhafte Bewegungen pflegen damit zu enden, daß der „Nobby“ nach kurzer Zeit nieder—

bricht. Es mag dies wohl auch diesmal geschehen, wenn der

mexikanische Staateschatz sich außer Stand sehen sollte, die

großen Subventionen regelmäß a zu zahlen. Immerhin wird

jedoch vorher ein gutes Stück Eisenbahnen sertig gebaut sein und es ist auch anzunehmen, daß die Interessenten bei einiger⸗ maßen auesichts vollen Linien das halbvollendete Stück nicht werden liegen lassen.

Der deutsche Handelsstand in Mexiko ist in allen größeren Städten durch eine oder mehrere Firmen repräsentirt. Die Gesammtzahl derselben ist auf circa 120 130 zu schätzen. Die größere Zahl dieser Firmen sind alt begründete Fakto⸗ reien des han catischen Handels; sie haben ihre Mutterhäuser in Hamburg und Bremen. In den Hafenplätzen des Golfs nehmen sie im Import⸗ und Exrporigeschäst einen hervor— ragenden Platz ein und an der Westküste haben sie fast die Allein⸗ herrschast. Das Erstere gilt auch von den zahlreichen Großstadten

des Innern und von der Hauptstabt des Landes. Man kann ohne Ueberschätzung sagen, daß der deutsche Handelsstand im Lande unter allen fremden Kolonien die erste Stelle einnimmt. So stehen denn auch überall unsere wohlhabenden, gebildeten Kaufleute in hohem Ansehen und geradezu an der Spitze des geschäftlichen und gesellschaftlichen Lebens.

Wie die Verhältnisse derzeit liegen, ist die Betheiligung der fremden Kolonien am Handel und Gewerbe die folgende. In spanischen Händen befinden sich, neben einigen Export⸗ und Importgeschäften, zahlreiche Bergwerke, Textilstoff Fabriken und Zuckerplantagen; in den Städten wird das Spezerei⸗ und das Pfandleih⸗ resp. Wuchergeschäft vorwiegend von ihnen betrieben. Englische und amerikanische Häuser giebt es nur sehr wenige, eine englische Bank in der Hanptstadt und einige amerika⸗ nische Waffen- und Werkzeughandkungen. In deutschen Händen befinden sich in allen größeren Platzen des Landes Engros— Geschäfte für Import und Export, in den Städten des Innern meist auch mit einem Detailhandel für sremdländische Waaren aller Art verbunden. Daneben werden auch vielfach Bank—⸗ und Kommissionsgeschäfte, Tertilstoff-⸗Fabriken, Bergwerke und landwirthschaftliche Unternehmungen aller Art von Deutschen betrieben. Wie schon gesagt, nehmen im Engroshandel die Deutschen überall einen hervorragenden Platz ein, an einigen Punkten haben sie fast ein Monopol. Gegen Liese dommi— nirende Stellung des deutschen Handels haben in neuerer Zeit nur die Franzosen angefangen als Konkurrenten aufzutreten. Sie begannen mit dem Detailhandel in Schnittwaaren und hier ist es ihnen, wenigstens in der Hauptstadt und in dem Haupt-Hasenplatze Verakruz, bereits ge— lungen, die, deutschen Häuser aus dem Geschäfte zu drängen. Als Gründe dafür werden angesehen

neben der Vorzüglichkeit und dem Prestige der französischen

Waaren auf diesem Gebiet die besondere Begabung des Franzosen als Detailverkäufer und die geringeren Regiespesen, die ihre Häuser gewöhnlich haben.

Was im Vorstehenden über die Lage des deutschen Handelsstandes im Lande berichtet worden, ist natürlich nicht

zu verwechseln mit der Frage, wie sich der Handel mit n Der deutsche Kaufmann vertreibt

deutschen Waaren stellt. hier Waaren aller Provenienz; er bezieht von da, wo es ihm am meisten. Rechnung läßt und giebt dem deutschen Prokukt nur bei gleicher Konvenienz den Vorzug. Ob der

deutsche Import im Ganzen ab- oder zunehmend ist, wird, bei

dem bekannten Mangel an korrekten Aufzeichnungen über die Provenienz, schwerlich mit statistisch sicheren überhaupt belegt werden können. Doch

Süden des Landes die deutsche Einfuhr

dürfte im eher zu⸗

nehmend, im Centrum ziemlich stabil, in den nördlichen dagegen mehr und mehr vor der amerikanischen

Staaten

Konkurrenz zurückweichend sein. Die letztere beherrscht den

Markt bereits ausschließlich im Gebiete des Maschinenwesens,

der Waffen und der Eisen- und Stahlwaaren aller Art, und

sie gewinnt auch täglich mehr Terrain auf dem Gebiete der

Webestoffe, Kurzwaaren und Chemikalien. Bei den groß⸗ artigen Fortschritten der amerikanischen Fabrikation ist der Tag nicht ferne, wo dieselbe der europäischen Produktion auf allen Gebieten (etwa das kunstgewerbliche und wissenschaftliche ausgenommen) vollkommen ebenbürtig sein wird. Die geo⸗ graphische Lage giebt den Vereinigten Staaten einen so unanfechtbaren Vorsprung, daß dagegen, namentlich nach Ausbau der verbindenden Schienenwege, Europa nicht wird aufkommen können.

Es seien hier nur flüchtig die Hauptmomente aufgeführt, welche schon jetzt bei vielen Artikeln die Ueberlegenheit der amerikanischen Einfuhr, namentlich gegenüber der deutschen, begründen.

1) Die geographische Nähe, welche es ermöglicht, bei den Bestellungen jede augenblickliche Konjunktur zu benutzen und die Waaren in ein Viertel der Zeit zu beziehen, die sie aus Europa brauchen.

2) Die nicht abzuleugnende bessere Qualität vieler Artikel. Es gilt dies vorzüglich für die oben gedachten drei Gebiete der Maschinen, Waffen und Werkzeuge, sämmtlich großen Kousuns im Lande. An Werkzeugen, wie Veilen, Haumessern (machetas), Spaten, Sägen, Bohrern, Feilen ꝛc. liefert die amerikanische Industrie zur Zeit überhaupt wohl das Beste, was auf der Erde erzeugt wird. Der Amerikaner sieht nur auf gutes Material und peaktische Handlichkeit und Anpassung an die Bedürfnisse des Absatzgebietes, während der deutsche Fabrikant an hergebrachten Formen fesihält.

3) Die Ausbildung des Offertenwesens, zahlreiche tech— nische Journale und die Waaren-Kataloge der verschiedenen amerikanischen Exporthäuser, in spanischer Sprache abgefaßt, werden nach allen Punkten Mexikos gratis versendet. Muster— Kolleltionen von den lleineren Metallwaaren, wie Nägel, Feilen, Schlösser, in Bildersorm aufgemacht und gratis an die Detailgeschäfte versendet, sindet man in jedem Laden als Wandzier. Von der amerikanischen Ueberlegenheit in dieser Beziehung kann man sich ganz besonders in den Eisen-Detail— geschäften überzeugen, in denen man neben dem reich aus— gestatteten Katologe eines amerikanischen Exporthauses, wo auf 309 Seiten Velinpapier jeder einzelne Artikel genau beschrieben und in hübscher Abbildung wiedergegeben ist, mit Nummer, Maßstab und Preis, den Prospekius einer der ersten deut— schen Eisenhandlungen sindet, der auf 4 Seiten eine trockne Aufzählung der verschiedenen Artikel enthält, ohne Bild oder Preisangabe. Der hiesige Importeur zieht es begreiflicher Weise vor, statt sich auf das Ungewisse einer solchen Offerte einzulassen, lieber an das amerikanische Haus zu schreiben, von wo er in wenigen Wochen die, einfach nach der Nummer des Katalogs bestellten Waaren' in getreuer Ausführung und guter Verpackung in seine Hände erhält.

Aus dem Vorstehenden ist es zugleich begreiflich, warum auch von dem in Hamburg erscheinenden Blatt „Industria Alemana“ mit seinen simplen Annoncen wenig Rutzen er— wartet werden kann.

Im Krollschen Etablissement beginnt noch in dieser Woche die Ausstellung der Gemälde des russischen Malers Wereschagin, die in Wien und Paris bekanntlich großes Aufsehen gemacht hat.

Redacteur: Riedel. Verlag der Cypedition (Kessel). Druck: W. Elsner. Sechs Beilagen (einschließlich Böcsen · Beilage).

Berlin!

Ziffern

Artikel

3 15.

Erste Beilage zum Dentschen Reichs⸗A1Azeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

Berlin, Mittwoch, den 18. Januar

1882.

Aichtamtliches.

Preußen. Berlin, 18. Januar. Im weiteren Ver— laufe der gestrigen (E27. Sitzung trat der Reichstag in die Berathung des 7. Gegenstandes der Tagesordnung ein: Bericht der Wahlprüfungekommission, betreffend die Wahl des Abg. Dr. Clauswitz im ersten Wahlkreise des Re⸗ gierungsbezirks Merseburg. Die Wahlprüsungskommission beantragte:

Der Reichstag wolle beschließen:

LN die Wahl des Abg. Dr. Clauswitz zu beanstanden,

2) den Herrn Reichskanzler zu erfuchen, über die Protest⸗ beschwerde, daß mehrere für einen Sonntag in Aussicht genommene Wahlversammlungen des gegnerischen Kandidaten Pr; Horwitz auf Grund von Polizeiverordnungen verboten worden seien, zeugen⸗ eidliche Ermittelungen anstellen zu lassen.

Hierzu beantragte der Abg. Riekert (Württemberg) die qu. Wahl für gültig zu erklären.

Der Abg. Schott erklärte, der Reichstag habe mehr als je allen Grund, über die Integrität der Wahlen zu wachen und jeden Versuch einer Regierung oder einzelner Organe derselben sofort zurückzuweisen in Fällen, wo ihr Einfluß die Wahl bestimmt habe, nachdem die preußische Regierung sich in neuerlichen Kundgebungen das Recht der Wahleinmischung in einem die Süddeutschen befremdenden Grade zugesprochen habe. Es sei ihm schon früher aufgefallen, daß in diesem Hause, wo es sich vom König von Preußen handele, einfach der Ausdruck „der Monarch“ oder „die Krone“ gebraucht werde, während man hier nicht ini preußischen Abgeordnetenhause, sondern im Reichstage sitze, für weichen der König von Preußen alle Ehrfurcht vorbehalten doch nichts anderes sei, als ein Mitglied der verbündeten Re— gierungen und zugleich der Präsident des Bundes mit dem Titel „Kaiser“. Weder dieses Präsidium aber, noch dieser Titel könnten dem König von Preußen irgend mehr Rechte verleihen, sich in die Reichstagswahlen mehr einzumischen als jede andere Landesregierung und selbst als die Gesammt⸗ heit der Bundesregierungen. Die Praxis, welche etwa in Berlin herrschen möge, die Anschauung des preußischen Staats⸗ Ministeriums oder auch noch höher hinauf, wie der letzte Königliche Erlaß zeige, dürfe für den Reichstag in keiner Weise maßgebend sein. Für den Reichstag sei es das erste Gebot, nicht nur ein Recht, sondern die Pflicht gegen die Wähler und gegen die Reichsgrundverfassung, darüber zu wachen, daß durch keinerlei Antastungen die Freiheit des Wählers irgend wie verkümmert werde. So gut jede Wahl— stimme kassirt werde, die etwa auf Bestechung beruhe und ebenso wie er damit einverstanden wäre, jede Wahl zu kassiren, bei der konstatirt werde, daß ein industrieller Brodgeber die Niederträchtigkeit begangen habe, seine Arbeiter außer Brod zu setzen, wenn sie nicht in seinem Sinne gestimmt hätten, vorausgesetzt, daß diese Stimmen von Einfluß auf das Endresultat sein könnten, auch wenn eine Staatsanstalt in dieser Weise vorgehe, ebenso dürfe man nicht dulden, daß irgend ein Organ der Regierung und sei es auch ein ganz niedriges, sich untersange, den Willen der Wähler zu nöthigen oder auch nur zu verlümmern und zwar durch Täuschungen. Er bitte deshalb die Kom— missionsvorschläge anzunehmen.

Der Abg. Dr. Hänel bemerkte, der Vorredner habe auch den allbekannten Allerhöchsten Erlaß gestreift. Bei dieser Ge⸗ legenheit möchte er von seiner (des Redners) Partei ankün⸗ digen, daß sie bei der ersten passenden Gelegenheit diesen Allerhöchsten Erlaß hier zur Diskussion bringen werde. Die Gelegenheit der gegenwärtigen Verhandlung würde ihm und seinen politischen Freunden zu enge Fesseln auflegen, und blos deshalb gehe er heute auf die Vemerkungen des Vor⸗ redners nicht ein.

Der Abg. Riekert (Wüttemberg) vertheidigte seinen An⸗ trag bezüglich der Gültigkeitserklärung der Wahl des Abg. Dr. Clauswitz, indem er namentlich die Veschwerden über das Verbot der Abhaltung von Wahlversammlungen am Sonntag für unberechtigt halte.

Der Abg. von Brauchitsch machte geltend, daß eine für den ganzen Regierungsbezirk geltende Polizeiverordnung er⸗ gangen sei, daß während des Gottesdienstes am Sonntage Versammlungen nicht abgehalten werden dürsten. Wenn man also Beschwerden einreichen wollte, so hätte man dies gegen den Negierungspräsidenten, der sich durch jene Ver⸗ ordnung mit dem Wahlgesetze in Konflikt gesetzt habe, geltend machen sollen. Die unteren Polizeiorgane könne man nicht verantwortlich machen.

Der Abg. von Kardoiff trat den Aussührungen des Vor— redners bei, und bat, die Wahl des Abg. Dr. Clauswitz sür gültig zu erklären. Er müsse das Vorgehen cer Polizei⸗ behörde in Schutz nehmen, vieselbe habe zwar nicht ganz korrekt gehandelt, könne jedoch nicht allzusehr getadeit werden, wenn sie die Forderung der Sonntagsseier auch in dem vor⸗ liegenden Falle aufrecht erhalten habe.

Dem gegenüber führten die Abgg. Wölfel und Dr. Braun aus, daß selbst der Inhalt der Oberpräsidialverordnung ein solches Vorgehen nicht rechtfertige. Es sei in demselben von Wahloersammlungen durchaus keine Rede gewesen, bie Polizei atte also auch ohne Kenntniß der Gefahr, welche ihr als einer

ehörde vor allen andern inntwohnen muͤsse, die Abhaltung jener Versammlung gestatten müssen.

Die Abgg. Dr. Windthorst und Frhr. von Heereman erklärten sich für den Kommissionsantrag, behielten sich aber ein desinitives Votum so lange vor, bis die fraglichen That⸗ sachen festgestellt seien.

Hierauf wurde die Debatte geschlossen, und nach einigen persönlichen Bemerkungen der Äntrag der Wahlprüfunges⸗ kommission in seinen beiden Alineas angenommen.

Der Abg. Kayser (Freiberg) knüpfte an diese Diskussion die Bitte, die Berichte über die Wahlen des Königreichs Sachsen etwas schleuniger zu erledigen, wo egen der Abg. Frhr. von Heereman, als Vorsitzender der Kommission für die Wahlprüfungen lonstatirte, daß die Vorlegung der Be⸗ richte in der Neihenfolge vor sich gehe, wie die von der Komi— mission bestellten Referenten mit ihren Arbeiten fertig würden.

Es folgte die zweite Berathung des Entwurfs eines Ge—

setzes, betreffend die Erhebung einer Berufs statistik, sowie die Vornahme einer Viehzählung im Jahre 1882, und des Entwurss einer Ergänzung des dem Reichstage vorliegenden Entwurfs des Reichshaushalte⸗-Etats für das Etats jahr 1882/83, auf Grund des mündlichen Berichts der VII. Kommission.

Die Vorlage bestimmte im 5§. 1, daß im Jahre 1882 im Gebiete des Reiches eine Berufsstatistik und eine Vieh zäh⸗ lung aufgenommen werden solle. Die Kommission hatte die Viehzählung abgelehnt.

Der Referent Äbg. Frhr. von Göler empfahl die Annahme des Kommissionsvorschlages. Als die Regierung obigen An— trag dem hohen Hause vorgelegt habe, sei sie überzeugt ge— wesen, daß ihr zum Zwecke nützlicher und zweckmäßiger Re⸗ formen auf dem wirthschaftlichen Gebiet statistisches Material zu Gebote stehen müsse. In der ersten Berathung nun sei von keiner Seite des Hauses die Nothwendigkeit statistischen Materials für die Regierung bestritten, man habe aber gegen die Vor⸗ lage eingewendet, daß sie dem Zwecke nicht entspreche. Dies habe die Majorität der Kommifsion nicht finden können und empfehle daher die Annahme des ersten Theils der Vorlage. Was die Viehzählung anbetreffe, so scheine, wie ja auch hier im Hause betont worden sei, die Zeit. des Frühjahrs nicht passend. Dieselbe könne wegen des kommenden Nachwuchses kein richtiges Bild vom eigentlichen Viehstande des Landes geben. An Stelle der Viehzählung habe die Kommission dem Antrage den Zusatz zugefügt: „mik besonderer Berücksichtigung der landwirthschaftlichen Verhältnisse“.

Der Kominissar des Bundesraths Geheime Reg. Rath Bödiker bat, die Viehzählung wieder in das Gesetz aufzunehmen, den 8: I also in der Fassung der Regierungsvorlage anzunehmen. Die Verwerfung der Viehzählung in der Kommission sei erst in der zweiten Lesung auf einen Antrag des Abg. Dirichlet hin erfolgt, dieser Beschluß habe also eine doppelte Probe nicht hestanden. Man habe' denselben damit motivirt, daß eine Viehzählung im Frühjahr keine Nesultate liefern würde, die mit der vorhergehenden Winterzählung vom Januar 1873 verglichen werden könnten, man habe ferner die klimatischen Verschiedenheiten angeführt, die gerade im Frühjahr auf den Viehstand einwirkten, ferner auf den Futtermangel dieses Jahres, der den Viehstand beeinträchtige. Ohne das Gewicht dieser Gründe zu unterschätzen, könne er sie doch nicht für durchschlagend halten. Der Statistik sei es ganz gut möglich, durch Einschiebung von Verhältnißzahlen das Resultat einer Winterzählung mit der einer Frühjahrs⸗ zählung zu vergleichen; die klimatischen Unterschiede würden nur bei dem Federvieh in Betracht kommen, und der Hinweis auf den diesjährigen Futtermangel erledige sich dadurch, daß ganz normale Verhältnisse in Deutschland wohl niemals vorliegen dürften. Die Vornahme einer Viehzählung zu einer anderen Zeit als im Winter sei seit lange ein Wunsch der Landwirth⸗ schaft und im Jahre 1870 habe man sich fast allgemein für eine Frühjahrszählung ausgesprochen, wenn auch später eine Sommerzählung beliebt worden sei. Auch die Vorstände des statistischen Centralburegus hätten sich für eine Frühjahrs⸗ zählung entschieden. Vom Standpunkte der Vorlage aus müßte der größte Werth auf die Verbindung der Vieh⸗ zählung mit der Berufsstatinik gelegt werden, einmal ver⸗ schone man dadurch die Bevölkerung mit einer neuen großen Zählung im Jahre 1883, auf der andern Seite erspare man große Kosten. Endlich fördere man dadurch erheblich die Zwecke der Berufsstatistik. Namentlich dadurch, daß man die⸗ jenigen ermittele, welche die Landwirthschaft als Nebengewerbe betrieben. Er betone ausdrücklich, daß es der Regierung nicht darum zu thun sei, eine möglichst zahlreiche landwirth⸗ schaftliche Bevölkerung zu konstatiren, sondern nur darum, die gal der wirklich bei der Landwirihschaft Beschäftigten zu ermitteln.

Der Abg. Frohme konstatirte, daß die Sozialdemokratie die Berufsstatistik mit Genugthuung begrüße, daß fie den Be— ginn einer neuen Aera anzeige. Die vielgeschmähte rothe Internationale habe in ihrem Programm im Prinzip die Nothwendigkeit einer Berufsstatistik angenommen. Im Ein⸗ zelnen vermisse er genauere Bestimmungen über die Beurthei⸗ lungen über die Berufsstatistik der wichtigen Hausindustrie, wurde aber vom Präsidenten bedeutet, pu diese Einzelheiten . bei dem nächsten Paragraphen zur Erörterung kommen önnten.

Der Abg. Sonnemann erklärte, die Motive dieses Ge⸗ setzes bezeichneten dasselbe ausdrücklich als eine nothwendige Grundlage für die zu erwartenden sozialpolitischen Vorlagen, welche dem Reichstage gemacht werden sollten, namentlich für die Gesetzentwürse über Unfall⸗, Invaliditäts- und Allers— versicherung. Nun sei es doch jweisellos, daß die Resultate dieser Statistik bis zum nächsten Frühjahre nicht fest— gestellt sein könnten. Er richte daher an die Vertreter der verbündeten Regierungen die Frage, wie diese Vor⸗ lage in Einklang zu bringen sei mit der wiederholt kundgege⸗ benen Absicht des Reichskanzlers, im nächsten Frühjahre dem Reichstage diese sozialpolitischen Vorlagen oder einen Theil derselben zugehen zu lassen? Die Einberufung des Reichs⸗ tages sei allerdings Sache der verbündeten Negierungen, allein Angesichts dieses Widerspruchs scheine es ihm doch ge— boten, die Frage an die Vertreter der verbündeten Re⸗ gierungen zu richten: bestehe noch die Absicht, dem Reichstage in diesem Frübjahre diese Vorlagen zu machen? Nach den Erfahrungen, die man mit dem Unfall ver⸗ sicherungsgesetze gemacht habe, scheine ihm die groͤßte Vorsicht um so nothwendiger zu sein. Er und das ganze Haus wolle gewiß die Lösung dieser hochwichtigen Fragen um feinen Tag hinausschieben. Aber es müsse doch hervorgehoben werden, daß die Negierungen selbst die Aufnahme dieser Statistik als nothwendig bezeichnet hätten. Hüte man sich, nochmals ohne gründliche Vorbereitung in die Berathung dieser Vorlagen einzutreten, denn dann würden schmerzliche Enttauschungen dem Hause nicht erspart bleiben.

Hierauf ergriff der Bevollmächtigte zum Bundegrath, Staais⸗Minister Dr. von Boetticher, das Wort:

Der Herr Abgeordnete scheint keine große Neigung zu haben, im Frühjahr zu einer Reichstags session wieder jukommen. Ich glaube, daß die Frage, ob im Frübjabt der Reichstag wieder zusammentrcten

wird, in diesem Augenblick sich noch gar nicht positir entscheiden läßt. Allerdings ist es die Absicht, die auf dem wirthschaftlichen Gebiete geplanten gesetzgeberischen Arbeiten so zu fördern, daß ein Theil derselben schon im Frühjahr dem Hause vorgelegt werden kann, und wenn der Hr. Abg. Sonnemann einen Widerspruch zwischen dieser Absicht und dem von ihm vorgelesenen Passus der Motive des vor⸗ liegenden Gesetzentwurfes erblickt, so will ich ihm zur Lösung dieses Widerspruchs bemerken, daß wir allerdings den Entwurf eines Gesetzes über die Alters- und Invalidenverficherung unter allen Um- ständen abhängig machen von der Erledigung der Berufsstatistik, daß wir aber, wie in diefem Augenblick unsere Arbeiten rücksichtlich der Herstellung eines neuen Gesetzentwurfs Über die Unfall versicherung liegen, glauben, diesen Entwurf, auch ohne daß die Ergebnisse der Berufs⸗ statistik verarbeitet sind, dem Haufe vorlegen zu können, und daß wir erst nachher, wenn an die Ausführung diefes Gesetzes gegangen wird, die Resultate der Berufsstatistik nöthig haben. Darüber kann man ja verschiedener Meinung sein, daß man schon zur Berathung des Unfallversicherungsgesetzentwurfs diese Resultate der Berufsstatistik vor sich haben muß, inzwischen kann ich dem Herrn Abgeordneten bemerken, daß es auch, abgesehen von diefer Vorlage, für die Früh⸗ jahrssession nicht an Stoff fehlen wird.

Der Abg. Dr. Franz erklärte, der Regierungsvertreter habe noch nachträglich darauf gedrungen, es möchte eine Vieh⸗ zählung mit der Erhebung der Berufösstatistik verbunden werden. Die Kommission habe dieses als zwecklos, wenigstens, wenn die Erhebungen im Frühjahre stattfinden würden, nicht annehmen können. Eine Viehzählung könne überdies ja auch getrennt von der Berufsstatistik im Herbst oder Winter statt⸗ finden. Außerdem könne sich ja die Regierung ganz gut ein richtiges Bild von der wirthfchaftlichen Cage aus der Angabe der bebauten Bodenfläche und deren Erträge machen. Eine Viehzählung in Verbindung mit der Berufsstatistik würde der Beschuldigung Nahrung geben, als wolle die Regierung mög⸗ lichst viel ländliche Bevölkerung schaffen.

Der Abg. Frhr. von Ow FFreudenstadt) bat im Gegen— satz zu den Ausführungen des Bundeskommissars den Beschluß der Kommission anzunehmen und die Viehzählung abzulehnen. Vom Standpunkt des praktischen Landwirths habe er die Gründe dafür und dagegen erwogen und die letzteren als durchschlagend erkannt. Namentlich sei die Hoffnung unbe⸗ rechtigt, daß die Viehzählung zur Konstatirung derjenigen Bevölkerung führen würde, welche die Landwirihschaft im Nebengewerbe betreibe. Mancher, der Pferde halte, habe mit der Landwirthschaft gar nichts zu thun, und andere, die wirklich eine landwirthschaftliche Neben= beschäftigung trieben, z. B. in seiner (des Redners) Gegend hielten die Besitzer von Weinbergen und Obstgärten trotzdem kein Vieh. Eine im Frühjahr aufgenommene Viehzählung würde des wesentlichsten Werthes, der Vergleichbarkeit mit den früheren Zählungen, entbehren.

Darauf nahm der Staats⸗-Minister Dr. von Boetticher, wie folgt, das Wort:

Meine Herren! Ich habe allerdings auch den Eindruck, daß die Mehrheit des Hauses die Viehzählung nicht adoptiren wird in Kom⸗ bination mit der Berufsstatistik, und ich glaube auch, daß die ver⸗ bündeten Regierungen, welche diese Eventualität allerdings noch nicht in den Kreis ihrer Betrachtungen gezogen haben, aus der Ablehnun der Viehjählung keinen Grund hernehmen werden, um au auf. die Berufsstatistik zu verzichten; im Gegentheil, sie werden sie wahrscheinlich auch ohne die Viehzählung an— nehmen. Ich möchte aber doch noch einmal zur Rechtfertigung des Vorschlages, der Ihnen gemacht worden ist, hervorheben, daß in der Tbat dieser Vorschsag auf nichts weiter als auf der Erwägung der Zweckmäßigkeit der Kombination beruht. Als die Frage der Er⸗ hebung einer Berufsstatistik diskutirt wurde, da erinnerte man sich der wiederholten Forderung einzelner Regierungen und insbesondere der Mehrzahl der deutschen Statistiker, daß eine Viehzählung auf⸗ genommen werden möge, und man sagte sich: wenn einmal der Apparat einer so umfassenden Aufnahme, wie er für die Berufs— statistik erforderlich ist, in Bewegung gesetzt wird, so läßt es sich kaum rechtfertigen, nicht auch diese Aufnahme, die im anderen Falle eine abgesonderte sein würde, außer Verbindung mit der ersteren zu lassen. Man erwog weiter, daß in der That nicht blos die doppelte Aufnahme ein Grund ist, zu der Kombination üÜberzugeben, sondern daß ein weiterer Grund darin liegt, daß die Kosten der Viehzãhlung, wenn sie abgesondert erfolgt, nicht ganz unbedeutende sind. ;

Meine Herren! Hr. von Ow hat gemeint, es falle das nicht sehr ins Gewicht; er hat ausgeführt, es handele sich nur um Kosten der besonderen Aufnahme, die Verarbeitung müsse ja doch in jedem Falle man möge kembiniren oder nicht besonders erfolgen und sie mache die erheblicheren Kosten. Es ist nun aber gerade die Aufnahme ein Faktor, der bei den Kosten keine ganz untergeordnete Rolle spielt. Ich erinnere den Hrn. Abg von Ow daran, daß, wenn wir eine besondere Aufnahme machen, wir auch besondere Formulare baben müssen, wir mögen nun für das Zählsartenspstem uns ent— scheiden oder das Haushaltungelistensvstem wählen, während, wenn wir die Berufsstatistik mit der Viehzählung kombiniren, die für Beide bestimmten Fragen auf einem und demselben Formular steben önnen.

Meine Herren! Was wir für die Zwecke der Berufe statistik an Notizen über den Viehstand brauchen, wird ssich sa gleich wobl seststellen lassen, wenn Sie auch die Viehzählung ab- lehnen; darin werden Sie uns jedenfalls freie Hand lassen, daß wir, wenn der Bundesrath zu der Ueberzeugung kommen sollte, daß es, wie dies ja auch schon von Herrn Dr. Franz betont ist, nützlich fei, bei der Landwirthschaft treibenden Bevölkerung auch den Wehstand zu verzeichnen, die bierauf bezüglichen Fragen stellen dürfen. Ich Kasse die Sache nur so auf, daß Sie nicht wollen, daß eins besendere Viehjäblung in dem Umfange, wie dies bei den früheren Viebzählun-⸗ gen geschehen ist, stattsinden soll. ö

Wenn der Hr. Frhr. von Ow ung ausgefübrt hat, daß es in der That kaum möglich sei, bei einer Aufnahme im Sommer eine Ver⸗ gleichung ju ziehen mit den früheren im Winter erfolgten Aufnahmen se mag ja eine solche Vergleichung ire Mängel haben. Er kann sich dabei aber nicht auf die Autorität der Statistiker stützen, die von dem Herrn Bundesrathes kommissarius angezogen sind. Ich hatte mir gerade ge⸗ dacht, als mir juerst von dem Zweifel, der in der Kommissien an der Nützlichkeit der Kombination der Viebzäblung aufgetaucht war, Mittbeilung gemacht wurde, daß es ganz gut und ersprießlich sein werde, auch einmal eine Semmergufnabme ii ma oder vielmehr, da wir nicht die Absicht baben, die BVerufg⸗· statistik erst im Sommer zu erheben, sondern möglichst bald, wenn irgend thunlich, schon vor eder bald nach dem J. April cine Frhjabrtaufnakme. Ich hatte geglaubt, daß es für die Landwirtbschaft besondergs interessant und werthvoll sein könnte, eine solche Aufnabme ju haben und daß, wenn dieselbe nur gemacht ware welche, wie meine Kalkulatoren ausrechnen, im Verbältnin zu der Gesammtforderung, die an den Reichstag gestellt ist, nur einen Minimalbetrag an Kosten erfordert und wir ju der Ueber zeugung lämen, diese Aufnahme gestatte keine Parallele mit den früberen Vieh;ablungen, daß wir dann meinethalben aech im nächsten Jabr.