1882 / 36 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 10 Feb 1882 18:00:01 GMT) scan diff

eigneten Zeitpunktes vor. Jetzt veröffentlicht das neueste Re— gierungsblatt eine Verordnung, welche nach eingehenden Er— mittelungen, insbesondere bei den Gerichten, den seiner Zeit geäußerten und inzwischen weiter hervorgetretenen Wünschen wesentlich gerecht wird. Eine Reihe von Kosten und bezw. Gebühren sind ermäßigt, einzelne sogar ganz weggefallen und auch sonst sind in vollständiger Durcharbeitung der einzelnen Abschnitte vielfache Besserungen eingeführt. In den Funda— mentalgrundsätzen ist dagegen nichts geändert, da diese sich in der Praxis bewährt haben. Zur Bequemlichkeit im Gebrauch ist die Verordnung ganz neu redigirt und mit neuen Tarifen versehen, so daß man es nicht mit zwei einander ergänzenden, bezw. sich korrigirenden Stückwerken zu thun hat.

Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 9. Februar. (W. T. B.) Das Herrenhaus berieth in zwei Sitzungen die Vorlage wegen Errichtung der Prager Universität. Der Minister⸗ Präsident Graf Taaffe bezeichnete es als offenen Plan der Regierung, eine Verständigung zwischen den Nationalitäten herbeizuführen. Der Zweck der Vorlage sei die Anbahnung einer solchen Verständigung. Die Regierung stehe auf einem streng gesetzlichen Standpunkt und stütze sich nach konstitutio— nellem Brauche auf die Mojorität. Der Unterrichts-Minister vertheidigte die Vorlage.

Die „Politische Correspondenz“ bringt einen Bericht aus Danilovgrad, wonach der Fürst von Monte— negro vor einer militärischen Versammlung in Anwesenheit des österreichischen Ministerresidenten die Nothwendigkeit, sich gegen Oesterreich dankbar zu erweisen, betönt hat. Sester— reich sei keine Türkei, Oesterreich sei gerecht und wohlwollend. Kein Land könne ohne eine Wehrverfassung bestehen; um so schlimmer sei es, wenn die Herzegowiner sich gegen das Wehr— gesetz auflehnten.

Niederlande. Haag, 9. Februar. (W. T. B.) Der König hat das von dem Minister des Innern Dr. Six über— reichte Demissionsgesuch angenommen und den Professor der Nechte an der Universität Ütrecht, Punacker Hordyk zum Minister des Innern ernannt.

Großbritannien und Irland. London, 9. Februar. (W. T. B.) Im Unterhause erklärte heute in Beantwor—⸗ tung einer Anfrage Simons der Premier Gladstone: die Konsulatsberichte Über die „Judenverfolgungen in Rußland“ würden dem Hause vorgelegt werden. Die Vorgänge müßten Jeden mit den Gefühlen der Trauer und des Abscheues er— ö aber sie seien die interne Angelegenheit einer an—

eren Regierung und könnten nicht zum Gegenstande einer offiziellen Correspondenz und Untersuchung gemacht werden. Nur gelegentliche freundliche Vorstellungen seien möglich; andere Schritte würden nichts nützen, sondern eher schaden. Der Unterstaatssekretär Dil ke antwortete auf eine Anfrage des Deputirten Worms: der russisch-persische Grenzvertrag werde vorgelegt werden, sobald eine Abschrift desselben eingegangen sei. Der entfernteste Grenzpunkt sei noch weit von Sarakhs entfernt; die Angelegenheit sei augenblicklich Gegenstand diplomatischer Kommuni— kationen. Northeste zeigte an, daß er die Vorlage der Regierung, durch welche der Debattenschluß ein— geführt werden solle, bekämpfen werde. Marriot (liberal) kündigte an, daß er die Herbeiführung des Debattenschlusses durch einfache Majorität bekämpfen werde. Auf eine ÄUn— frage Me' Coan's erklärte der Unterstaatssekretär Dilke: die neue egyptische Regierung habe sich bereit erklärt, die Kredite ih die Staatsschuld von der Kontrole der Notablenkammer auszuschließen und der letzteren nur die Kontrole über innere administrative Ausgaben zuzugestehen; auch habe dieselbe hinzugefügt, daß sie die Garantie für die regelmäßige Erfüllung der den egyptischen Gläubigern gegenüber übernommenen Verpflichtungen als eine heilige und unverletzliche Sache betrachte. Die Ansichten der britischen Regierung hierüber anzukündigen, halte er für verfrüht. Hierauf wurde die Adreßdebatte fortgesetzt. Der Deputirte Smyth wollte den von ihm beantragten Zusatz zur Adresse zurückzlehen; die Ir— länder erhoben jedoch gegen die Zurücknahme des Zusatzes Widerspruch. Das von Smyth beantragte Amendement zur Adresse wurde mit 93 gegen 57 Stimmen abgelehnt. Hierauf brachte Me Carthy ein weiteres Amendement ein, in welchem das Verhalten der Exekutivgewalt in Jeland gemißbilligt wird. Der General⸗-Sekretär für Irland rechtfertigte die Politik der Regierung unter Hinweis auf die Haltung der Bodenliga. Die Debatte wurde schließlich vertagt.

Frankreich. Paris, 8. Februar. (Fr. Corr.) Der Minister des Innern, Goblet, emfing heute das Personal seines Departements. Bei dieser Gelegenheit sprach der Syn⸗ dikus der Wechselagenten, Moreau, den Wunsch aus, daß die Regierung die traurigen Folgen der letzten Börsenkrisis in Betracht ziehen und ein Gesetz gegen die Ausschreitungen des Zeitgeschästs erlassen möge. Die Regierung, erwiderte der Minister, schenke dieser Frage schon ihre ganze Aufmerksam— keit; sie nehme an der Lage der Korporation der Wechsel— agenten aufrichtigen Antheil, obgleich sie, wie dies schon Hr. Leon Say in der Kammer ausgesprochen hätte, nicht umhin könne, zu bedauern, daß sie dem Strudel einer zügellofen Spekulation keinen stärkeren Widerstand geleistet hätte. Der Minister erkannte an, daß die Körperschaft durch die be— deutenden Opfer, die sie gebracht, einen Anspruch darauf er— worben habe, daß das öffentliche Vertrauen ihr treu bleibe. Die Regierung, schloß der Minister, ist bereit, sich jeder Maß— regel anzuschließen, welche, ohne der persönlichen Handlungs- freiheit zu nahe zu treten, sie doch vor Verirrungen bewahre, die dem Geiste unserer Institutionen zuwiderlaufen: der Geschästsverkehr müsse ein loyaler und an, Grundlage die Arbeit bleiben.

Die republikanische Union (Partei welche 130 Mitglieder zählt, hält heute Sitzung.

9. Februar. (W. T. B.) Zum Vize⸗Präsidenten des Senatg ist Peyrat (radikal) gewählt worden. Der Votschafter Baron de Courcel ist heute Abend nach Berlin abgereist.

Spanien. Madrid, 9g. Februar. (W. T. B.) Die Cortes sind zum 15. k. M. einberufen. Der Vorsitzende eines Druckergehilfenvereins und die Mitglieder eines Comité's desselben sind wegen Aufreizung zur Arbeitzein⸗ stellung verhaftet worden.

Italien. Rom, 9. Februar. (WB. T. B.) Die Steuer einnahmen im Januar d. J. übersteigen die Januar⸗Ein⸗ nahmen des vorigen Jahres um 17 Millionen.

Gambetta),

Die Deputirtenkammer setzte die Debatte über das Proportion alvotum fort. Der Ministerpräsident De pretis sprach sich für die Annahme des Proportionalvotums in dem als nothwendig anerkannten Maße aus, da hierdurch die einzige mögliche Anklage gegen das Listenskrutinium, welches zu exklu⸗ siv sei, beseitigt werde. Die von Tajani beantragte Tages⸗ ordnung, welche ausführte, daß das Proportionalvotum das. legitime Ergebniß der Wahlen entstelle, wurde mit 216 gegen 139 Stimmen abgelehnt. 5 Deputirte enthielten sich der Äb⸗ stimmung.

Rußland und Polen. St. Peters burg, 9. Februar (W. T. B) Die von auswärtigen Blättern gebrachte Nach⸗ richt, daß wegen der Rede des Generals Skobeleff bei dem Leiter des Auswärtigen Amtes, Staatssekretär von Giers, von irgend einer Seite Erklärungen gefordert worden seien, . von gut unterrichteter Seite für völlig unbegründet erklärt.

19. Februar. (W. T. B.) In Bestätigung der gestrigen Nachricht bezüglich der Rede des Generals Skobeleff schreibt das „Journal de St. Pétersbourg“, daß die Rede einen rein persönlichen Charakter trage und daher auch zu keiner offiziellen Erklärung habe Anlaß bieten können. Alle in dieser Beziehung verbreiteten Nachrichten seien unrichtig. An⸗ läßlich der Rede Gladstone's über die egyptischen Ange— legenheiten sagt das Journal: Wir können der Sprache des englischen Premier nur Beifall zollen und empfehlen dieselbe der „République frangaise“, dem „Parlement“ und dem „Journal des Debats“.

Nach dem letzten Bulletin über das Befinden der Groß— fürstin Maria Paulow na ist der Zustand ohne größere Veränderung. Die Entzündung konzentrirt sich. Die Nacht war ruhig, der Schlaf jedoch weniger anhaltend; es war Widerwillen gegen Speisen vorhanden. Das AÄAllgemeinbefinden zeigt indessen eine Neigung zur Besserung.

Dänemark. Kopenhagen, 7. Februar. (Hamb. Corr.) In der heutigen Sitzung des Landsthings wurden die 15 Mitglieder der wegen des Landesvertheidigungs— plans niedergesetzten Kommission gewählt. Die Mehrzahl der Gewählten sind Anhänger des vorliegenden Vertheidi— gungsplans, jedoch sind auch einige bedingte wie unbedingte Gegner desselben in die Kommission gewählt worden. Nach— dem das Thing alsdann noch eine kleine, das Rettungswesen betreffende Vorlage in dritter Lesung erledigt hatte, vertagte es sich auf unbestimmte Zeit, da es dem Plenum an Bera— thungsstoff fehlt. Das Thing wird nunmehr zunächst ab— warten müssen, bis die Zo- und Steuerreform-⸗, sowie die Landesvertheidigungsvorlage in den betreffenden beiden Kom— missionen durchberathen sind, um dann seine Plenarsitzungen wieder aufnehmen zu können. Vom Folkething wird es vor der Hand kein Arbeitsmaterial zu erwarten haben.

Afrika. Egypten. Kairo, 9. Februar. Nach einem Telegramm des „Reuterschen Bureaus“ überreichten der eng— lische und der französische General-Controleur dem Minister⸗Präsidenten Mahmud Barudi Pascha gestern ein Schreiben, in welchem dieselben gegen die Ausdrücke pro⸗ testiren, in welchen der europäischen Kontrole in dem mi— nisteriellen Programme Erwähnung geschieht. Die Finanz— Controleure weisen in der Zuschrift an den Minister-Präsiden—⸗ ten auf das Dekret des Khedive vom 18. November 1879 hin, in welchem ihnen der Ministerrang mit Stimmzecht in allen denjenigen Fragen eingeräumt wird, die sich auf die Finanzlage Egyptens, sowohl auf die für die Verwaltung der öffentlichen Schuld, wie auch auf die für den gesammten anderen öffentlichen Dienst bestimmten Einnahmen beziehen. Der Minister-Präsident wird gleichzeitig ersucht, diese Zuschrist dem Khedive und dem Ministerrath mitzutheilen.

Weiter meldet das genannte Bureau: Beinahe in demselben Moment, in welchem von Seiten der Finanz— controleure dem Minister-Präsidenten das gemeldete Schreiben überreicht wurde, richtete Letzterer an die Ge— neralkonsuln eine Note, in welcher er auseinander— setzte, daß die Votirung des Budgets durch die Notabeln keine Beeinträchtigung der Rechte der Finanzeontroleure in sich schließe. Die Note zählt die den Finanzcontroleuren durch das Dekret des Khedive vom 18. November 1879 zugestandenen Befugnisse auf und erklärt, daß diese respektirt werden würden.

Der „Times“ wird aus Alexandrien gemeldet: In seiner Erwiderung auf den Protest der Generalkonsuln gegen die Uebertragung des Rechtes, das Budget zu vstiren, an ein Comité der Minister und von Delegirten der Notabelnversammlung, sagt der Ministerrath, die Mächte hätten keinerlei Recht, sich durch die Finanzeontroleure in die Fragen, betreffend die Entwickelung der inneren Ange— legenheiten Egyptens, einzumischen.

Zeitungsstimmen.

Das „Deutsche Tageblatt“ giebt eine vergleichende statistische Uebersicht über die Ein! und Ausfuhr der wich— tigsten Waarenartikel für die Zeit vom 1. Januar bis Ende Dezember 1881 resp. 1880 und knüpst an die Ergebnisse der— selben solgende Bemerkungen:

Wir stehen nicht an, den Abschluß als einen im Ganzen ge⸗ nommen günstigen, die Resultate als befriedigend und zum unkeirrten Ausharren auf der neu eingeschlagenen Bahn ermunternd zu be— zeichnen; wenn auch hier und da ju wünschen und zu verbessern übrig bleibt, im Allgemeinen ist doch der Fortschritt unverkennbar und eine stellenweise sogar außerordentlich bedeutende Besserung der Verhält⸗ nisse bemerkbar. Daß diese allein und ausschließlich eine Folge der neuen Zoll, und Wirthschaftspolitik ist, wird verständigerweise Niemand behaupten wollen, ebenso thöricht und kleinlich ist und bleibt es aber, die in mehr als einem Falle deutlich zu Tage tretende be— o, und kräftigende Einwirkung derselben einfach ableugnen zu wollen. 4

Mehr und besser noch, als es aus dieser unserer Jahresübersicht möglich ist, wird eine demnächst zu ziehende Bilanz den Beweis da— für liefern, daß dem Jahre 1881 von Rechtswegen ein gutes Zeugniß gebührt.

In der Ausfuhr konstatiren wir eine Zunahme gegen das Jahr 1880 in erster Linie für die so wichtigen Erzeugnisse unserer Clsen— industrie, und zwar für ol' ist: um 45 900 t, für Fabrikate um 1098 090 t; auch für EGisenerze um 180 000 t, Zink um 25 660 tz eben so stieg die Ausfuhr, und für einzelne Artikel sehr beträchtlich, von Alaun, Soda, Ammoniak, Anilin, Bleiweiß, Farbhöljern, Gly⸗ cerin, Kali, Schwefelsäure, Vitriol u. s. w.

Baumwollenwgaren nahmen um ca. 1100 t, Wollenwaaren um ca. 1400 t, auch Seide und Seidenwaaren jede um ca. 70 t, Papier und Pappwaaren um 12000 t, Leder und Lederwaaren um' 1505 t,

Thonwaaren um 5000 t, Kupfer und Kupferwaaren um 1400 t, Glas und Glaswaaren um 5000 t, musikalische Instrumente um At, Maschinen um 5000 t in der Ausfuhr zu; die Zunahme der Ausfuhr von Salz betrug 400090 t, von Cement 23 6597 t.

Der Export von Bier stieg um 15 050 t, von Branntwein um 30000 t, von Zucker um 57 600 t; auch für die Ausfuhr unserer 6 ergab sich eine Steigerung um 700 t, und für Tabak um 27 t.

Also eine ganz stattliche Zahl der wichtigsten Artikel mit durch— weg beträchtlicher, in einzelnen Fällen ganz außerordentlicher Aus⸗ fuhr⸗Zunahme.

Was die Einfuhr betrifft, so gewahren wir durchweg eine mehr oder minder bedeutende Abnahme derselben für solche Artikel, welche unsere eigene Industrie an Qualität und Quantität selbst zu erzeugen im Stande ist; eine Zunahme dagegen bei Rohstoffen und allen den— jenigen Artikeln, wesche nur das Ausland uns zu liefern vermag, ganz besonders bei allen Arten von Kolonialwaaren, so bei Kaffee um 10900 t, Reis um 7000 t, Thee um 550 t und nicht zu ver— gessen, bei Petroleum um 100 600 t. Die Konsumtionsfähigkeit der Bevölkerung erscheint danach also um nichts weniger als im Rück. gang befindlich.

Beim Getreide verminderte sich die Einfuhr von Roggen um 1140900 t; die übrigen Getreidearten dagegen überragten in der Ein— fuhr das vorhergehende Jahr mehr oder minder beträchtlich, was nicht zum Wenigsten darin seine Erklärung findet, daß das letztere noch große Vorräthe aus den Spekulationskäufen des Jahres 1879 zu seiner Verfügung hatte.

Von der Gesammt⸗Roggeneinfuhr des Jahres 1881 mit 575 000t kamen aus Rußland allein 267 000 t, während an der Weizeneinfuhr von 361 009 t die Vereinigten Staaten mit einem Quantum von 3000 t sich betheiligten. Dafür sandten wir den Vereinigten Staaten, um nur einiges besonders ins Gewicht Fallendes zu nennen, . 9 t Roheisen, 45 000 t Eisenbahnschienen und 41 60065 t Eisen“ raht.

In der Ein- und Ausfuhr von Vieh aller Art herrschte lebhafte Bewegung; hinzuweisen möchte hier besonders sein auf die außer⸗ ordentliche Ahnahme in, der Einfuhr von Schafvieh, welche nicht

Die Ein- und Ausfuhr von

um 160 000 t, Den „V

Rostock ein

haltene 14.

im . Gesellen und Le die von jedem Handwerksgenossen

So wäre unter dem alten Zunftwefen trotz der Auswüchse doch ein thatkräftiger Handwerksstand herangebildet worden. Man habe den deutschen Handwerker überall gerne in Beschäf⸗ tigung genommen. Eine solche Ordnung habe jetzt fast ganz aufgehört. Die unbeschränkte Gewerhefreiheit sei mit Schuld an dem Ueberhänd— nehmen des Vagabondenthums. Und wie manchem tüchtigen Hand— werker wäre schon die Ausführung eines von ihm entworfenen Planes durch das Pfuscherthum genommen worden! Mit aller Kraft fei nun daran gearbeitet worden, eine neue Ordnung ins Leben zu rufen. Besonders habe der Verband deutscher Handwerksmeister, dem auch der mecklen⸗ burgische Verein jetzt angehöre und der mit feinen 6666 Mitgliedern über das ganze Gebiet des Deutschen Reiches verbreitet sei, für die Erreichung dieses Zieles gekämpft. Endlich sei es nun auch ge⸗ lungen, ein neues Innungsgesetz von der Reichsregierung zu erhal⸗ ten. Ueberall im Baugewerbe gestalte man jetzt die noch beftehenden Innungen diesem Gesetz gemäß um oder gründe neue Innungen. Nachdem Redner den Nutzen und die Aufgaben der Innungen nebst den damit verbundenen Rechten und Pflichten näher erläutert zatte, mahnte er dringend, jetzt auch schleunigst in Mecklenburg an das neue Werk zu schreiten.

Aus Westfalen, 7. Februar, meldet die „Nord⸗ deutsche Allgemeine Zeitung“:

Als Gradmesser für das industrielle Leben muß ohne Zweifel in erster Linie der Steinkohlenverbrauch angefehen werden. Wie sich derselbe in dem Zeitraume von 1865—1886 stellte, zeigt folgende Uebersicht. Es kommen auf den Kopf der Bevölkerung in metrischen Tonnen im Jahre 1865 5092 16577 9,598 9,730 9,470

1874 3,558 2, 040 1,162 1,129 0638 0, 327

1877 1879 3.626 3,415 963 26ohJ

2 350 106 0 674

1,065 1,114

9646

Deutschland ö Oesterreich⸗Ungarn . 0,139 0, 830 O0. 368 Rußland J 0, 015 0, 032 0,045 0,060

Diese Tabelle läßt deutlich die enorme Uebermacht Englands im industriellen Leben, wie das tiefe Niveau Rußlands erkennen, zeigt aber zugleich das Aufstreben der Vereinigten Staaten von Nord amerika, in denen seit 1865 die rascheste Verbrauchszunahme zu kon⸗ statiren ist. Eine geringere, aber immerhin beachtenswerthe Zunahme weisen auch Oesterreich⸗Ungarn und Deutschland auf.

ĩ, l,

*andtags-⸗Angelegenheiten. Dem Hause der Abgeordneten liegt folgender Gesetzentwurf, betreffend die Erhebung einer Hundesteu er, vor:

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen c. verordnen, mit Zustimmung der beiden Häuser des Landtages, für den gesammten Umfang der Monarchie mit Ausnahme der Hohenzollern— schen Lande, was folgt:

.

Vom 1. Oktober 1882 ab wird auf das Halten von Hunden eine Steuer eingeführt, welche von jedem Besitzer eines nicht mehr an der Mutter saugenden Hundes zu entrichten ist.

16797

Der Steuersatz der Hundesteuer (8. I) beträgt:

a. für Hunde, welche zur Bewachung, zum Gewerbebetriebe, als Hirtenhunde oder von den im Staats oder Privatdienst angestellten Förstern und Jägern zur Ausübung ihres Berufes nothwendig ge— braucht werden 0,50 M bis 1 M jährlich,

b. für alle anderen Hunde 3 bis 15 ½ jährlich. In den Stadt— kreisen kann der Höchstbetrag der Hundesteuer bis auf 20 S jährlich erhöht werden.

8. 8.

Die Hundesteuer wird als Kreissteuer von den Kreisen erhoben, ihr Ertrag fließt in die Kreiskommunalkasse. Die Höhe der Steuer unterliegt innerhalb der im 5. 2 bezeichneten Grenzen der Feststellung der Kreisvertretung. Die Steuersätze sind für alle Steuerpflichtigen gleichmäßig festzusetzen.

S. 4.

Mit der am 1. Oktober 1882 erfolgenden Einführung der Hunde

steuer als Kreissteuer kommt in den zu dem Kreise gehörigen Ge—

meinden die Hundesteuer als Gemeindesteuer in Wegfall. Den min— destens 2000 Einwohner zählenden Gemeinden des Kreises bleibt es jedoch vorbehalten, die für den Kreis festgestellten Steuersãätze, sofern dieselben die nach 5. 2 zulässigen Höchstbeträge nicht erreichen, mit Genehmigung der kommunalen Aufsichtsbehörde für ihren Bezirk bis ju diesen Beträgen zu erhöhen. Die hieraus sich ergebenden Mehr⸗ beträge werden als Gemeindesteuern erhoben.

Zur Entrichtung der auf das Halten von Hunden eingeführten Steuern sind auch die von den direkten Gemeinde- und Kreisabgaben befreiten servisberechtigten Militärpersonen des aktiven Dienststandes verpflichtet. Die von denselben zu zahlenden Beiträge fließen jedoch nicht in die Gemeinde- oder Kreiskommunalkaffe, fondern' sind nach Abzug von 3 00 Hebegebühren zur Verwendung für militärische Wohl⸗ thätigkeitszwecke an die . abzuführen.

3 .

Ueber das Verfahren bei Anwendung und Erhebung der Steuer, über die Kategorien der unter die Bestimmung des 8. 24. fallenden Hunde, sowie über die Maßregeln zur Beaufsichtigung der Hunde— haltung ist für jeden Kreis ein von der Kreisvertretung zu be— schließendes, der Bestätigung durch den Bezirksrath unterliegendes Regulativ festzusetzen. In demselben ist für Fälle, in denen neben der Kreishundesteuer Gemeindehundesteuern erhoben werden, ein die Anmeldung und Erhebung beider Arten von Steuern kombinirendes Verfahren vorzuschreiben. Das Regulativ ist durch die zur Bekannt— machung polizeilicher Verordnungen bestimmten öffentlichen Blätter mindestens 4 Wochen vor Einführung der Steuer zu veröffentlichen.

CO

g. G. 3) nicht fest⸗ die in *

des nächsten Rechnungsjahres ab

, ö . . 8 In Kreisen, für welche die bis zum 1. Oktober 1882 nié

als Zuschlag zu der Kreishundesteuer erforderte Gemeindesteuer. 5. 10

Ueber die Verwendung der Erträge der Hundesteuer, soweit sich dieselbe nicht nach dem Schlußsatze des 3. 5 regelt, haben die zur Erhebung derselben berechtigten Kreisvertretungen oder Gemeinden zu beschließen.

Wo durch Gesetz oder sonstige mit rechtsverbindlicher Kraft er— lassen Vorschrift oder durch Vertrag die Hundesteuer einer be— sonderen Anstalt oder Stiftung überwiesen ist, behält es hierbei sein Bewenden.

83 11.

Wer die vorgeschriebene Anmeldung eines steuerpflichtigen Hundes unterläßt, wird mit dem zweifachen Betrage der hinterzogenen Steuer event. verhältnißmäßiger Haft in dem für Uebertretungen bestimmten polizeilichen Straffestsetzungs⸗ oder polizeigerichtlichen Untersuchungs⸗ Verfahren bestraft.

Die Geldstrafe steuer selbst.

fließt zu derselben Kasse, wie die Hunde⸗

3

In der Provinz Hannover treten bis zur Einführung der Kreis— ordnung an Stelle der Kreise die Amtsbezirke und selbständigen Städte.

In den Landestheilen, in denen Bezirksräthe nicht zestehen, treten an Stelle derselben die Regierungen (Landdrosteien), für die Stadt Berlin der Oberpräsident.

5 165

Das Gesetz vom 18. Juni 1840 über die Verjährungsfristen bei öffentlichen Abgaben (Gesetz⸗Samml. S. 140— 142) findet Anwendung auf die Hundesteuer.

Die früheren gesetzlichen Bestimmungen über die Erhebung einer Hundesteuer treten, vorbehaltlich ihrer Anwendung auf die vor dem J. Oktober 1882 liegenden Fälle, außer Kraft.

Urkundlich ꝛe.

Begründung. Das Haus der Abgeordneten hat in der Sitzung am 16. Februar 1881 bei der Berathung des Berichts über die Petition des Ma— zistrats der Haupt. und Residenzstadt Berlin, betreffend die Erhöhu ig der Hundesteuer (Drucksachen des Abgeordnetenhauses, 14. Legislatur⸗ Periode, II. Session 1880,81, Nr. 178 C.) beschlossen, Riese Betitian Ber Gankalt Rem eresgtHaan na azur 9rerick 54 diese Petition der Königlichen Staatsregierung zur Berücksich

tigung dahin zu überweisen, daß dem Landtage in der nächsten

Session der Entwurf eines Gesetzes vorgelegt wird, durch welches der in der Allerhöchsten Kabinets-Ordre vom 29. April 1829 als Steuer für jeden an der Mutter nicht mehr saugenden Hund festgesetzte Höchstbetrag von 3 Thaler auf einen höheren Betrag festgesetzt wird, welcher der seitdem eingetretenen Ent— werthung des Geldes und der durch das Wachsthum der Städte vergrößerten Gefahr der Tollwuth entspricht.

Bei der Berathung dieser Petition ist, wie der vorbezeichnete Lommissionsbericht und der stenographische Bericht S. 1799 ergiebt, Seitens der Königlichen Staatsregierung gegen die Zweckmäßigkeit der von dem Magistrate von Berlin beschlossenen Erhöhung der Hunde steuer von 9 auf 15 6 ein Bedenken nicht erhoben, die erfolgte Ab— lehnung der Genehmigung des bezüglichen Beschlusses vielmehr nur wit dem Hinweis darauf begründet worden, daß die Allerhöchfte Ordre vom 29. April 1829, welche den Höchstbetrag der Hundesteuer auf. M A6 normirt, den Charakter eines Spezialgesetzes habe, welches noch jetzt in Geltung stehe und nur im Wege der Gesetzgebung ab⸗ geandert werden könne; eine Auffassung, mit welcher sich auch die Kemmissien und das Plenum des Abgeordnetenhauses einverstanden erklärt haben. Wenn hiernach gegen die Tendenz des Beschlusses des Abgeordnetenhauses vom 16. Februar er. sich nichts zu erinnern indet, so erscheint es doch bedenklich, lediglich auf dem in diesem Beschlusse bezeichneten Wege einer Abänderung der Spezialvorschrift in Nr. I der Allerhöchsten Ordre vom 29. April 1259 vorzugehen. Denn da die Letztere nur in einem Theile der Monarchie, nämlich in den Provinzen Ost⸗ und Westpreußen, Brandenburg, Pommern, Posen, Schlesien, Sachsen, Westfalen und in der Rheinprovinz in Geltung steht, so würden, wenn lediglich eine Beseitigung der bezüg-

genommen werden

7⸗

lichen Spezialbestimmung derselben in Aussicht lallte, die zum Theil noch weitergehenden Beschränkungen der in den übrigen Landestheilen bezüglich der Erhebung der Hundesteuer in Raft stehenden Vorschristen unverändert beibehalten werden. Die Mannigfaltigkeit dieser Bestimmungen ist aber so groß, daß micht üglich die Frage wegen des Maximalbetrages der Hundesteuer für sich allein den Gegenstand eines Spezialgesetzes bilden kann, sondern daß alsdann diese ganze Materie einheitlich und gleichmäßig zu regeln sein wird.

Eine solche einheitliche gesetzliche Regelung der Frage wegen der Erhebung der Hundesteuer ist auch schon wiederholi zur Erörterung öogen worden. Nachdem von verschiedenen Seiten dem Wunsche us druck gegeben worden war, daß die Einführung der Hundesteuer Ernerhin nicht ausschließlich von den Beschlüssen der Gemeindebehör⸗ den abhängig gemacht werden möge, wurde im Jahre 1868 die Frage in Erwägung gezogen, ob nicht die Provinzial und Kreisvertretungen zur Einführung der Hundesteuer in der Provinz oder im Kreise zu

„ermächtigen sein möchten und es wurde hierüber die Anhörung der Provinziallandtage in denjenigen Provinzen herbeigeführt, in welchen die Allerhöchste Ordre vom 29. April 1829 in Geltung steht. Von den Letzteren erklärte sich die Mehrzahl gegen eine Abänderung der bestehenden Vorschriften, die übrigen erkannten zwar das Bedürfniß einer Ausdehnung der Hundesteuer auf größere Bezirke an, äußerten jedoch über die Modalitäten der Erhebung einer solchen Steuer so verschiedene Ansichten, daß damals von einer weiteren Verfolgung dieses Gegenstandes Abstand genommen wurde.

Nachdem nach Einführung der Kreisordnung vom 13. Dezember 1872 von den Vertretungen verschiedener Kreise der Wunsch ausge⸗ sprochen worden war, die Hundesteuer als Kreissteuer einführen zu dürfen, wurde die Frage wegen einer anderweiten gesetzlichen Regelung wieder aufgenommen, und der Erlaß eines hierauf bezüglichen Spezial⸗ gesetzes in Erwägung gezogen.

Demnächst wurde jedoch dem Landtage der Entwurf eines Gesetzes über die Aufbringung der Gemeindeabgaben zur Beschlußfaffung vor— gelegt, dessen 8. S uber die Neueinführung besonderer direkter Ge— meindeabgaben, insbesondere auch einer Hundesteuer, sowie über die Erhöhung der Sätze derselben allgemeine Vorschriften zu geben be— stimmt war. Es ist aber dieser Gefetzentwurf nicht zum AÄbschluß ge— langt, und eine Wiederholung desselben im Hinblick auf die projektirten Reformen in dem, dem Gemeindeabgabewesen zum Grunde zu legenden Systeme der direkten Staatesteuer nicht in unmittelbare Aus— sicht zu nehmen.

Bei einer gesetzlichen Regelung der Hundesteuer wird zunächst dier Gesichtspunkt nicht aus den Augen gelassen werden dürfen, daß dieselbe, wenngleich sie sich ihrer äußeren Form nach als eine Steuer darstellt, doch im Wesentlichen keineswegs einen steuerlichen Zweck verfolgt, sondern eine Verminderung der Hunde herbeizuführen be— stimmt ist und sich damit den sicherheitspolizeilichen Maßnahmen an⸗ reiht, welche seit langer Zeit für nöthig erachtet wurden, um das Publikum vor dem durch Übermäßige Zahl und mangelhafte Beauf⸗ sichtizung von Hunden herbeigeführten Belästigungen und Gefahren zu schützen.

Das in solchem Sinne am 20. Februar 1797 ergangene Edikt wegen des Tollwerdens der Hunde (N. C. C. M. Bd. 16 S. 938) bestimmte in Wiederholung und Bestätigung der in Provinzial⸗Forst⸗ ordnungen und sonstigen für die einzelnen Landestheile schon früher ergangenen Vorschriften, daß Hunde, welche unbeaufsichtigt oder auf dem Lande ohne Knüttel umherlaufend betroffen werden, auf Kosten ihrer Herren zu tödten seien. Die so vorgeschriebene Knüttelung ist indeß als zweckmäßig nicht anzuerkennen und im Laufe der Zeit großen theils außer Uebung gekommen.

In neuerer Zeit ist durch Polizeiverordnungen, nicht ohne Nutzen, ein Maulkorbzwang für öffentlich umherlaufende Hunde eingeführt worden. Doch ist diese Maßregel im Allgemeinen auf die größeren Städte beschränkt geblieben und eine ganz allgemeine und strenge Durchführung derselben kaum in Aussicht zu nehmen.

Es hat ferner seither nicht an polizeilichen Vorkehrungen gefehlt, velche darauf gerichtet waren, da, wo die Tollwuth sich zeigte, die wuthkranken sowie die der Tollwuth verdächtigen Thiere zue tödten und die übrigen Hunde innerhalb eines gewissen Bezirkes zur Siche— rung derselben vor einer Berührung mit tollwüthigen Thieren einzu⸗ sperren oder an die Kette zu legen. In dieser Beziehung hatte bereits das Regulativ vom 8. August 1835 (Gesetz-⸗Samml. S. 246 ff) in den SS. M2 108 ausführliche Vorschriften mit gesetzlicher Kraft ertheilt. Demnächst hat das Gesetz vom 25. Juni 1875, betreffend die Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen (Gesetz-Samml. S. 306 ff.) in den S*. 46— 51 und endlich das Reichsgesetz vom 23. Juni 1886 (R. G. Bl. S. 153) in den §5. 34 39 diese Vorschriften dem Be— dürfnisse entsprechend erweitert und auf den ganzen Umfang der Monarchie ausgedehnt. Gleichwohl ist bisher alljährkich eine Anzahl von Fällen vorgekommen, in welchen Menschen von wuthkranken Hunden gebissen worden und demnächst an Wasserscheu oder Hunds— wuth gestorben sind. Die Zahl dieser Unglücklichen hat angeblich in den Jahren 1850 bis 1866 einschließlich im Jahre 2, und von 1867 ab, nach Erweiterung des Preußischen Staatsgebiets, bis zum Jahre 1874 durchschnittlich im Jahre 52 betragen. Allerdings sind diese Zahlen, welche nicht auf unbedingt zuverlässigen Angaben beruhen, wahrscheinlich etwas zu hoch gegriffen. Denn nach den seit dem Jahre 1875 veranlaßten genaueren Erhebungen ist die Zahl der be⸗ züglichen Todesfälle im Jahre 1876 auf 21, 1877 auf 13, 1878 auf 15, 1879 auf 10, 1880 auf 13, also durchschnittlich auf 14 —– 15 jähr— lich festgestellt worden.

Wie groß die Zahl der im ganzen preußischen Staate gegen⸗ wärtig gehaltenen Hunde ist, läßt sich, da es hierüber an algemeinen statistischen Aufnahmen fehlt, nicht angeben. Nur einmal und zwar bei der allgemeinen Zählung im Jahre 1867 sind die Hunde mit gejählt worden. Nach den Notizen im Band XXI. der preußischen Statistik Seite 295 waren am preußischen Staate 1622738 Hunde In Berlin hat die Zahl der Hunde betragen:

1. Dezember 1867 im vorhanden.

M J

tonarchie über die 1 *

geltenden Bestimmungen

verschiedenen Theilen der Vundesteuer gegenwärtig

Die in den Erhebung einer sind folgende:

J. In den Provinzen Ost. und Westpreußen,

Pommern, Posen, Schlesien, Sachsen, Westfalen und der Rhein“ provinz ist die Einführung der Hundesteuer von dem Beschlusse seder einzelnen Gemeinde abhängig. Die Allerhöchste Ordre vom 29. April 1829, welche durch die Amtsblätter im damaligen Umfange des Staates mit gesetzlicher Kraft (efr. Allerhöchste Ordre vom 24. Juli 1826, Gesetz⸗Samml. S. 73) publizirt worden ist, verleiht nur den Stadt gemeinden die Berechtigung, ohne ihnen jedoch eine Verpflichtung hierzu aufzuerlegen, eine Steuer und

von 3 Thalern jährlich auf das mittelst Ge⸗ meindebeschlusses einzuführen. Die durch die Amtsblätter publizirte Allerhöchste Ordre vom 18. Oktober 1834 dehnte die vor— stehend gedachten Vorschriften auf diejenigen Kommunen aus, welche nicht zum Stande der Städte gehören. Von der ertheilten Ermäch— tigung haben die Stadtgemeinden in der großen Mehrjzahl, jedoch nicht allgemein, die Landgemeinden dagegen nur selten Gebrauch ge⸗ macht.

II. In der Provinz Schleswig⸗Holstein bestimmt das

rom 20. März 1807 (Chronologische Sammlung für die tbümer pro 1806 und 1807 S. 85 ff.), daß die Hundebesißer in Städten und Flecken für jeden Hund, ausgenommen solche, die be—⸗ ständig an der Kette liegen, bel der Polizeibehörde ein Zeichen zu lösen und dafür, sowie bei der jedesmaligen jährlichen Vorzeigung des Zeichens 2 Thaler Schleswig⸗-Holstein Courant (3 Reichsbankthaler, 19i/s Reichsbankschillin) zu zahlen haben, welcher Betrag durch das Kanzlei Patent vom 24. Mai 1834 (Chronologische Sammlung pro 1834 S. 377) auf 1 Reichsbankthaler ermäßigt worden ist. Dagegen fehlt es an einer Vorschrift, welche auch in Landgemeinden die Er— hebung einer Hundesteuer zuläßt. Im Kreise Herzogthum Lauenburg besteht keine allgemeine Vor— schrift über die Besteuerung der Hunde; nur für die Stadt Lauenburg ist auf Grund des §. 72 der Städte⸗Drdnung vom 14. April 1863 (Offizielles Wochenblatt für das Herjogthum Lauenburg S. 522 ff.) eine Hundesteuer als Gemeindesteuer eingeführt worden.

III. In der Provinz Hannover wird eine Hundesteuer in einzelnen Stadt- und Landgemeinden, wie auch in einzelnen Amtsbezirken er⸗ hoben. Die diesfällige Berechtigung der Gemeinden ist nach den dort geltenden Gemeinde ⸗Verfassungsgesetzen niemals bezweifelt und durch das Ausschreiben des vormaligen Hannoverischen Ministeriums des Innern vom 2. September 1865, welches zugleich die bei der Ein— führung einer Hundesteuer zu befolgenden Grundsätze enthält, aus⸗ drücklich anerkannt worden. Dagegen erscheint die Befugniß der Amtsvertretungen, die Einführung einer Hundesteuer für den ganzen Amtsbezirk zu beschließen, nicht unzweifelhaft; sie wird indeß von den

Brandenburg,

Patent Herzog⸗

Verwaltungsbehörden auf Grund der §§. 27 bis 30 des Gesetzes

die Amtsęzertretung vom 28. April 1859 (Hannov. Gesetz⸗Samml. 3 ff.) als vorhanden angenommen. Eine allgemeinere Verbreitung hat die Hundesteuer in der Provinz Hannover nicht gefunden.

IV. Innerhalb der Provinz Hessen-Nassau sind verschiedene Vor⸗ schriften über die Besteuerung der Hunde ergangen:

I) Im Gebiete des vormaligen Kurfürstenthums Hessen wurde früher auf Grund der Kurhessischen Gesetze vom 31. Sktober 1833 und 26. Juni 1840 (Kurhessische Gesetz-Samml. 1833 S. 180 und 1810 S. 30) SFne Hundesteuer im Betrage von 2 Thalern in den Städten und Vorstädten, und von 1 Thaler 12 Gr. außerhalb der—⸗ selben als Staatssteuer erhoben. Durch S. 16 der Verordnung vom 28. April 18657 (Gesetz-Samml. S. 538) ist diese Steuer als Staats⸗ abgabe aufgehoben, deren Forterhebung aber den Gemeinden freigestellt worden.

2) Für die vormals Bayerischen Landestheile bestand früher eine polizeiliche Vorschrift der Regierung für Unterfranken und Aschaffen— burg vom 20. Mai 1862, wonach Seitens des beamteten Thierarztes jährlich zwei Mal Hundevisitationen vorgenommen werden mußten, für welche der Hundebesitzer eine geringe Abgabe zu zahlen hatte' Mit dem Wegfalle diefer Visitationen ist auch die gedachte auf die Hundehaltung bezügliche Abgabe in Abgang gekommen

3) Für die vormals Großherzoglich Hessischen Gebietstheile ist die auf der Großherzoglich Hessischen Verordnung vom 15. März 1853 (Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt S. 123) beruhende Hunde⸗ steuer von 2 Fl. durch die Verordnung vom 26. September 1857 Gesetz-Samml. S. 1666) als Staatsäbgabe aufgehoben und deren Forterhebung nach Maßgabe der Verordnung vom 19. März 1853 den Gemeinden gestattet worden.

4) Im Gebiete des ehemaligen Herzogthums Nassau besteht die Verordnung der früheren Landesregicrung vom 24. Sktober 1861 (Verordnungsblatt S. 150), durch welche die Entrichtung einer, den Gemeindekassen zufließenden Hundesteuer im Betrage von 2 bezw. 1 Fl., welcher event. auf 3 Fl. 360 Kr. bezw. 2 Fl. erhöht werden kann, obligatorisch festgesetzt ift.

Jedoch gilt

5) in der Stadt Wiesbaden seit dem 15. Dezember 1869 eine Polizeiverordnung, welche die Hundetare auf 3 Thlr. 9 . erhöht. 6) Für den ehemals Landgräflich Hessischen Amtsbezirk Homburg ist durch die Verordnungen vom 36. April 1823 Landgräflich Hessisches Gesetz-Archiv S. 52) und vom 9. Dezember 1855 (Homburger Amts⸗

blatt Nr. 0) eine obligatorische Hundesteuer von 3 Fl. pro Hund zum Vortheile des Arbeits- jetzt Armenversorgungs⸗Hauses zu Homburg vorgeschrieben. Diese Abgabe bildet einen wefentlichen Theil des Einkommens dieser, für die Aufnahme von Kranken aus dem ganzen Bezirke des Amtes Homburg bestimmten Anstalt.

7) In der Stadt Frankfurt a. M. besteht das Gesetz vom Juli 18350 (Frankfurter GesetzSamml. 139) und für die zur Stadt Frankfurt gehörigen Dorfschaften das Gefetz vom g. Juli 1839 (ibid. S. 142. Hiernach ist in der Stadt Frankfurt für Jeden Hund ohne Ausnahme eine Abgabe von 3 Fl., die in neuerer Zeit auf den Betrag von 9 M erhöht worden ist, zur Stadtkaffe, und in den zur Stadt Frankfurt gehörigen Landgemeinden eine Abgabe von 49 . jetzt l- 6, für jeden Hund zur Kasse der betreffenden Gemeinde zu entrichten.

V. In den Hohenzollernschen Landen wird von sämmtlichen ab⸗ Gesetzes vom 27. Juni 1875

gesäugten Hunden auf Grund des ; (Gesetz⸗Samml. S. 517) eine jährliche Abgabe von 8 erhoben, welche zu s / des Betrages für jeden Hund in die Landeskasse, zu 3 in die betreffende Gemeindekasse fließt.

Vollständige statistische Nachrichten darüber, in welchem Umfange die Einführung der Hundesteuer auf Grund der vorstehend bezeichneten Vorschriften stattgefunden, und welche Erträge dieselbe geliefert hat, sind nicht vorhanden. Nach den Angaben, welche in den Beiträgen zur Finanzstatistik der Gemeinden von L. Herrfurth (Ergänzungs⸗ heft VI. zu der Zeitschrift des Königlichen Statistischen Bureaus 1879 in Tahelle 1 Spalte 185 187 und Seite 112) enthalten sind, wurden im Jahre 18765 in 162 von den 170 Gemeinden mit mehr als 10650 Einwohnern Hundesteuern erhoben, welche zusammen einen Brutto— Ertrag von 962 752 M lieferten. Auf die Haupt- und Residenzstadt Berlin entfielen hiervor

Von der in der nunmehrigen Vorlage beabsichtigten einheit⸗ lichen Regelung der Hundesteuer ist nur der Bezirk der Hohen⸗ zollernschen Lande ausgenommen, da dort ein völlig eigenartiges Steuersystem besteht und die von jeher als Staatsabgabe erhobene „Hundstaxe“ erst kürzlich durch das Gesetz vom 25. Juni 1875 in einer den Verhältnissen entsprechenden Weise neu geregelt worden ist. Seitens des Kommunallandtags der Hohenzollernschen Lande sind bei Begutachtung dieses Gesetzes im Jahre 1875, Anträge, welche die Aufhebung der Hundesteuer als Staatssteuer und die Umwandlung derselben in Gemeindeabgaben bezweckten, abgelehnt worden.

Im Einzelnen sind bei Aufstellung der Vorlage insbefondere die nachstehenden Erwägungen maßgebend gewesen:

3

Eine Exreichung der polizeilichen Zwecke der Hundesteuer erscheint offenbar nur dann ausreichend gesichert, wenn dieselbe nicht vom Be lieben der einzelnen kommunalen Verbände abhängig bleibt, sondern, wie im F. 1 vorgesehen, allgemein und obligatorisch eingeführt wird.

Die Bestimmung, daß die Steuerpflichtigkeit der Hunde mit dem Aufhören des Saugens an der Mutter beginnen soll, ist aus der Allerhöchsten Kabinets⸗Ordre vom 29. April 1829 übernommen und hat sich in der Praxis als zweckmäßig bewährt.

(Schluß in der Ersten Beilage.‚

Statistische Nachrichten.

Nach Mittheilung des Statistischen Bureaus der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 29. Januar bis inkl. 4. Februar er. zur Anmeldung gekommen: 157 Eheschließungen, 909 Lebendgeborne, 40 Todtgeborene, 546 Sterbefälle.

Der „Börs. Cour.“ Königlich preußischen statistischen Bureaus angestellten Ermittelungen, daß während des Jabres 1881 die Hauptbrodfrucht Deutschlands, Roggen, wesentlich im Werthe, nämlich von 20,8 auf 19.7 gefallen sei. Die Gerstepreise zeigten am Anfang und Schluß des Jahr fast gleiche Höhe, 16,4 gegen 1655 ; Hafer ist unbedeutend von 15,0 auf 15,7 „6 gestiegen; die Mittelpreife für Kartoffeln sind aber bedeutend, nämlich von 5,8 S pro 109 kg im Januar auf 4,4 M0 im Dezember gefallen. Man sieht hieraus, daß die Hauptnahrungs⸗ mittel der Bevölkerung Deutschlands aus dem Bereich der Landwirth schaft, Roggen und Kartoffeln, während des Jahres 1851 eine wesentliche Preisabnahme gezeigt und dadurch zur wohlfeileren Ernährung der Bevölkerung in segensreicher Weise beigetragen haben. Wenn man nun die Jahresdurchschnittspreise der genannten fünf vegetabilischen Nahrungsmittel pro 1881 denjenigen der fünf vorhergehenden Jahre gegenüberstellt so erhält man folgende interessante Ziffern: Jahresdurchschnittspreise für 1090 kg in S. Weizen Roggen Gerste Hafer 1881 22,0 1880 21,9 1879 19.6 1878 10,2 1877 23,0

konstatirt auf Grund der Seitens des

3 2

Kartoffeln

. 5,

̃ eizen im Jahre 1881 Jahr 1889 fast gleich geblieben, wesentsich niedri— ger aber als derjenige im Jahre 1877 gewesen. Roggen hat aller⸗ dings im Jahre 1881 die höchsten Durchschnittspreise feit 6 Jahren Frreicht; dies ist lediglich eine Folge der schlechten Roggenernte des Vorjahres, was durch den Umstand noch klar gekennzeichnet wird daß Roggen im Auslande wie im Inlande mehrmals fo knapp war, daß sein Werth in der ersten Häfte des Jahres 188 stellenweise so⸗

gar denjenigen des Weizens übertroffen hat. Der Durchschnittsr reis