beste Erhöhung der Besoldung, die wir ihm haben ju Theil werden lassen können, ihm diese Sorge abzunehmen. Wir sind Überzeugt. daß wir dadurch den Beamten nicht blos materielle Vortheile zuwenden werden. sondern daß wit ihnen dadurch die Sorge von der Seele nehmen und sie fähig machen werden, mit voller Hingebung und Treue ihren Beruf zu erfüllen, die wir jetzt. wie gesagt, in aus⸗ gedehnterem Maße als früher in Anspruch nehmen müssen. Wenn das der Fall ist, so ist für uns die Erhöhung des Budgets, die ja in Zukunft in Aussicht steht, nur eine Frage zweiter Bedeutung, für uns liegt die Bedeutung in den Verhältnissen der Beamten zur Re⸗ gierung und umgekehrt, der Regierung zu den Beamten; die Beamten würden nicht mehr die Sorge für ihre Familien haben, sie würden, so weit es die Verhältnisse gestatten, obne zu schwerer Besorgniß ihrer Pflicht folgen können.
Das andere Gesetz könnte eher als ein solches aufgefaßt werden, welches den Charakter eines Finanzgesetzes hat. Die beiden ersten ere enthalten Bestimmungen über Erhöhung der Pensions— ätze und über eine Verschiebung des Zeitpunktes, mit welchem die Pension zu I des Gehalts erreicht werden kann. Aber, meine Herren, Sie werden ja, da Sie den Verhandlungen des Herrenhauses mit Aufmerksamkeit gefolgt sind, bemerkt haben. in welcher Weise die Regierung diese beiden Paragraphen mit dem oft genannten §. 30 in eine genauere Verbindung gebracht hat. Wir wünschen dringend, daß den Beamten aller Kategorien die Vortheile, die das Gesetz in Bezug auf die Pensionirung ihnen bietet, zu Theil werden können; aber wir sind auch nicht in der Lage, ihnen blos die Vortheile einer solchen Pensionserhöhung zu Theil werden lassen zu können, wir müssen dafur sorgen, daß der Beamtenkörper in sich ein fest geschlossenes, und, wie ich mit Nachdruck hinzufügen will, ein leistungsfähiges Ganze bleibe. Die Erfahrungen, die wir gemacht haben, sind, daß wir nicht alle Beamten als leistungsfähig betrachten können; wir haben die Erfahrung gemacht, daß die Schwer⸗ fälligkeit der Disziplinargesetzgebung in Bezug auf die unfrei⸗ willige. Pensienirung der Beamten, daß diese Gesetzgebung uns eine Kugel an das Bein bindet, mit der wir nicht vorwärts kommen können. Es ist eine schwerwiegende Frage, ob wir in die Lage ebracht werden können, alle diejenigen — wohl bemerkt, nicht alle
eamten, die etwa das 40. Jahr erreicht haben — sondern diejenigen Beamten, die das 49. Dienstjahr erreicht haben und nicht mehr dienstfähig sind, in einer leichteren Weise in die verbesserten Pensions— verhältnisse überführen zu können, als bisher. Das ist der Kernpunkt dieses Gesetzes, der für uns eine ähnliche große Wichtigkeit hat, wie die Fürsorge für die Wittwen, und Waisen, auf der anderen Seite das andere Gesetz. Wir haben uns nach diesen beiden Richtungen, hin gesagt, daß die Frage der Beamtenpragmatik, die darin, liegt;, eine weit überwiegende Bedeutung habe gegen die finanziellen Folgen, die dieses . aus⸗ üben werde, wir haben uns zugleich gef ak daß eben deshalb hier nicht Finanzgesetze vorlägen, sondern Gesetze, welche, ihren Schwer⸗ punkt in allgemeinen Verhältnissen und namentlich in Verhältnissen des Beamtendienstes hätten. Ich glaube, daß die Auffassung doch keineswegs als eine unrichtige oder als eine solche bezeichnet werden kann, die in gewisser Weise leichthin die Privilegien des Hauses zu er— schüttern geeignet wäre. Ich glaube, daß es sich in diesem Augen⸗ blick, soweit ich es übersehen kann, um die staatsrechtliche Frage handelt, alle anderen Bemerkungen, die noch zu machen seien, würden vorbehalten bleiben und ich habe meinerseits nur, zu erklären, daß, da schon, der Hr. Abg. Virchow, seinen Antrag guf Prüfung. diese Frage durch die Geschäftsordnungs⸗ kommission zurückgezogen hat, ich Namens der Staatsregierung aus— sprechen kann, daß wir es als selbstperständlich betrachtet haben und betrachten werden, wenn das Haus für beide Gesetze eine Kommission niedersetzt, in der ja diese Frage wahrscheinlich anch noch einmal zur Erörterung kommen wird und in der die Verhältnisse beider Gesetze gründlich werden erwogen werden.
Der Abg. Francke beantragte zunächst, die Gesetzentwürfe und den Antrag Virchow einer besonderen Kommission von 21 Mitgliedern zu überweisen. Bei der Prüfung der Frage, was unter Finanzgesetzen zu verstehen sei, müsse auf die Be— rathungen der Nationalversammlung zurückgegangen werden. In dem von derselben berathenen Verfassungsentwurf habe sich der Art. 62 noch nicht befunden Der Titel „Finanz— gesetze“ sei an eine Kommission verwiesen worden, in der Abg. Peter Reichensperger einen Artikel vorgeschlagen habe, nach welchem jede Einnahme und Ausgabe des Staates von der zweiten Kammer zuerst genehmigt werden müßte. In den auch von der Nationalversammlung acceptirten Motiven werde aber ausdrücklich gesagt, daß hierunter nur eigentliche Finanzgesetze zu verstehen seien, nicht aber solche, welche nur einen indirek— ten Einfluß auf die Einnahmen uwd Ausgaben hätten, z. B. ein Gesetz, betreffend die Organisation einer Behörde. Die Königliche Botschaft von 1850 habe sich diese Auffassung an— geeignet, wie schon der Wortlaut der Motive ergebe. Die damaligen Verhandlungen hätten keinen Anhalt für die Inter⸗ pretation des Begriffes „Finanzgesetz“ gegeben. Man könne sich daher nur an die Verfassung selbst halten, welche im Titel 8, von den Finanzen“ die Steuern, Gebühren 2c. behandele. Im Herren⸗ hause sei nun allerdings die Ansicht aufgestellt worden, daß es sich hier um ein Steuergesetz handele, welches den Beamten, auch den unverheiratheten, die vorläufig noch keine Aussicht hätten, jemals für ihre Beiträge ein Aequivalent vom Staate u beziehen, eine Abgabe auferlege. Aber in diesem Sinne i doch der Beitrag der Beamten nicht aufzufassen. Ebenso gut. wie ein Bauer zu seinem Knecht sagen könnte, er gebe demselben 3 Thlr. Lohn weniger, aber dafür Kartoffelland, welches für 6 Thlr. Extrag liefere, ebenso könne der Staat zu seinen Beamten sagen: er ziehe die 3 Prozent des Gehalts der Beamten ab, sorge aber für die Wittwen und Waisen derselben. Der Gesetzentwurf sollte also eigentlich heißen: Gesetz, betreffend die veränderte Besoldung der Staats beamten. Auch in der Wissenschaft verstehe man ünter Finanz⸗ gesetzen nur solche Gesetze, welche von Steuern, Gebühren, Negalien, Gefällen u. s. w. handelten (Redner citirte mehrere Stellen aus der „Finanzwissenschaft“ von Lorenz von Stein). Indessen müsse zugegeben werden, daß die Lösung dieser Frage schwierig sei und am besten in der Kommission zum Austrag gebracht werden könne.
Der Abg. von Seydewitz erklärte im Namen seiner, der konservativen Partei, daß sie den Wünschen des Vorredners, den Antrag des Abg. Virchow an eine Kommission zur gründ⸗ lichen Berathung nach allen Richtungen hin zu verweisen, beitrete. Auch seine Partei wolle keine Prärogative schaffen, dieselbe wolle die Rechte des Abgeordnetenhauses ebenso ge⸗ wahrt wissen wie die anderen Parteien. Seine Partei wünsche vor Allem, die Möglichkeit eines Konflikts nicht nur jetzt, sondern für alle Zeiten zu vermeiden durch ge⸗ naue Bestimmung des Begriffs „Finanzgesetz“. Schon im Jahre 1860 sei die Unklarheit des Begriffes „Finanz⸗ gesetz“ zur Sprache gekommen, ohne daß eine definitive Er⸗ klärung des Wortes erfolgt sei. Bei der Feststellung des Be⸗ griffes werde inan nicht umhin können, sich an die Praxis zu halten, welche die Regierung bisher geübt habe. Man werde auch anerkennen müssen, daß man nicht alle Gesetze für Finanzgesetze halten dürfe, die eine Geldbewilligung zur Folge hätten, man werde rielmehr in jedem einzelnen Falle zu er⸗ wägen haben, ob das betreffende Gesetz überwiegend vom Finanzgesichtspunkte aus gegeben sei, oder ob nicht vielmehr
andere Gesichtpunkte zu Grunde lägen. So werde dies auch bei den vorliegenden Gesetzen der Fall sein müssen. Er gebe dem Abg. Virchow zu, daß diese Gesetze mit einer Mehrbelastung der Staatskasse ver— bunden seien, sei aber doch mit seiner Fraktion der Meinung, daß die anderen Gesichtspunkte überwiegend seien. Es handele sich hier hauptsächlich um die Stellung preußischer Beamten, demnach habe kein Verstoß gegen die Verfassung, kein Eingriff in die Rechte dieses Hauses stattgefunden. Im Interesse des Zustandekommens der Pensionsgesetze, von denen doch das Wohl vieler Beamten abhänge, wünsche er, daß die Kommission von diesem Gesichtspunkte aus den Antrag des Abg. Virchow prüfen möge. Dem Herrenhause seien die Gesetze vorgelegt worden, nur damit dasselbe etwas zu be⸗ rathen habe. Das Abgeordnetenhaus werde bei Beginn einer jeden Session so mit Vorlagen überhäuft, daß dasselbe nicht einmal im Stande sei, sie sämmtlich durch— zulesen, und diese Gelegenheit möchte er benutzen, eine zweck— mäßigere Vertheilung der Vorlagen überhaupt zu empfehlen. 86. 24 des vorliegenden Entwurfs für die Relikten, welcher die Hinterbliebenen der Lehrer von den Wohlthaten dieses Ge⸗ setzes ausschließe und die Regelung der diese betreffenden An— gelegenheit einem besonderen Gesetze vorbehalte, wünsche seine Partei aus der Vorlege gestrichen zu sehen, weil die Lehrer in demselben Sinne Beamte seien, wie die anderen Kategorien.
Demnächst nahm der Justiz-Minister Dr. Friedberg, wie folgt, das Wort:
Meine Herren! Ich freue mich, daß der Antrag an dem Tage, an welchem derselbe unter Nr. 61 vorgelegt wurde, ein ganz anderes Ge⸗ sicht zeigte als er — und ich konstatire dies mit großer Befriedigung — heute zeigt, indem es heute ein friedliches ist, friedlicher und freundlicher als es damals war. Wenn man den Antrag und namentlich die Nr. 2 be⸗ trachtet, worin gefordert wurde, die Geschäftsordnungskommission soll beauftragt werden, darüber zu berathen, in welcher Weise das Privi⸗ legium des Hauses der Abgeordneten zu schützen ist, so mußte man daraus die Meinung entnehmen, man meine, es seien die Gesetze, die in der Nr. 1 erwähnt sind, von der Regierung vorgelegt worden mit Verletzung eines Privilegiums dieses Hauses, und es solle darum Vor— kehrung getroffen werden, daß ein derartiger Privilegiumbruch in der Zukunft nicht wieder vorkommen möge. Ich habe Hrn. Virchow Dank zu sagen, daß er diese scharfe Auffassung, wie sie aus der Nr. 2 ent⸗—⸗ nommen werden konnte, heute schon als eine nicht mehr zutreffende bezeichnet hat, und zwar nicht mehr zutreffend, weil die Erklärungen, welche Namens der Staatsregierung im andern Hause über die Frage abgegeben worden sind, ihm die Ueberzeugung geliefert hätten, daß es bei der Vorlegung jener Gesetze keineswegs die Absicht gewesen ist, in irgend ein Recht dieses hohen Hauses einzugreifen. Das Aeußerste, was jetzt noch aus in Frage stehe, könne dahin formulirt werden: Ist bei der Vorlegung der beiden Gesetzentwürfe wirklich der Artikel 62 der Ver— fassungsurkunde, welcher von Finanzgesetzentwürfen spricht, richtig aus—⸗ gelegt worden? Schon damit ist also dereits anerkannt, daß Art. 62 in seinem Ausdruck „Finanzgesetze“ der Interpretation fähig, vielleicht der Interpretation bedürftig ist. Aber, meine Herren, wenn hier die Meinung vertreten wird, daß es möglich sei, diese Interpretation durch eine Berathung in einer Kommission derart fest zu legen, daß in aller Zukunft jeder Zweifel darüber verschwinden müsse, dann fürchte ich, meine Herren, daß diese Voraussetzung eine irrige sein wird. Einer der Herren Vorredner hat sich' auf die Motive zur Proposition bezogen, welche die Regierung vor der definitiven Fest stellung des Art. 63 der Verfassungsurkunde den damaligen Landtage vorgelegt hat, und hat gemeint, daß man damals schwerlich an das englische Recht habe denken können, weil das englische Recht damals in Deutschland noch ziemlich unbekannt gewesen sei. So schlimm, möchte ich doch meinen, ist es damals mit der Kenntniß des englischen Rechtes in Preußen nicht bestellt gewesen, jn ich glaube, es ist sogar der Nachweis ziemlich deutlich zu führen, daß die Motive zu der Proposition 7 wesentlich aus einem Ausspruch Blackstone's darüher entnommen worden sind, weshalb demjenigen Hause, welches die Steuern bewilligt, welches ferner aus Wahlen hervorgeht, ein Vorrang in Steuer⸗ und Finanzangelegenheiten dem Hause der Lord gegenüber gegeben werden müsse. Verfolgen Sie nun geschäftlich die Kämpfe, die in England über diese Frage zwischen dem ersten und zweiten Hause, ich möchte sagen, Jahrhunderte lang geführt worden sind, so finden Sie dieselben ähnlich dem, was heute hier bei uns vorgekommen ist. Das eine Haus überwachte dort mit Eifersucht sein Recht, Steuern und Finanzen zuerst vorgelegt ju bekom— men, es überwachte namentlich sein Recht, daß das Haus der Lords sich nicht Initiative in Finanz! und Steuerfra— gen anmaßen dürfe; wie wenig es aber zu einem positiven Aus—⸗ spruch über die Grenzlinie zwischen beiden Häusern gekommen ist, dafür ist mir die Thatsache sehr bezeichnend erschicnen, daß in der Geschäfts— ordnung, die das englische Parlament sich noch im Jahre 1866 gegeben hat, der Frage, welche Gesetze dem Hause der Gemeinen zuerst vor gelegt werden müßten, drei ganz ausführliche Paragraphen gewidmet sind; zu dem einen heißt eß: „nach Beschlüssen vom 6. Juli 1860 beruht das Recht, Gelder der Krone zu bewilligen, allein bei den Gemeinen.“ Wäre das nun 1866 so ganz unzweifelhaften Rech⸗ tens gewesen, daß die Lords niemals sich auf Finanzfragen in erster Linie einlassen dürften, dann würde ein solcher Paragraph ja nicht nöthig gewesen sein, es würde ferner der Beschluß vom 6. Juli 1860 auch nicht habe gefaßt zu werden brauchen. In einem andern Para— graphen dieser Geschäftsordnung heißt es weiter: „Es ist das un⸗— zweifelhafte und ausschließliche Recht der Gemeinen, in dergleichen Bills Ziel, Zweck, Erwägungen, Bedingung, Beschränkung und Quali⸗ fizirung solcher Bewilligungen zu bestimmen; hierin darf von dem . der Lords nichts geändert werden. Daß man dies in einer Heschäftsordnung, die vor wenigen Jahren gegeben ist, noch ausdrück⸗ lich aufzunehmen für nöthig hielt, beweist, daß die Frage zwischen beiden Häusern immer, und bis in die neueste Zeit eine streitige ge⸗ wesen ist. In dieser Geschäftsordnung wurde gewissermaßen eine Resolution niedergelegt, in der das Haus seine Rechte dem Herren hause gegenüber wahrt. Meine Herren, wenn Sie nun die heute zwischen den beiden legislativen Körpern streitige Frage in Ihrer Kommission prüfen und erwägen werden, so bin ich ja überzeugt, daß bei den großen Summen von Intelligenz, die sich da zusammenfinden wird, sie auch dahin gelangen werden, eine Definition über dasjenige zu geben, was nach Ihrer Auffassung als ein „Finanigesetz' bezeichnet werden soll. Aber, meine Herren, daß eine solche Definition derart bündig und unverrückbar festgestellt werden könnte, daß nach Jahr und Tag nicht wieder doch die Frage auftaucht: paßt denn der gerade jetzt eingebrachte Gesetzentwurf in die von uns beschlossene Defini⸗ tion oder nicht? — das, meine Herren, glaube ich nimmermehr. Was in Staaten mit konstitutionellen Verfassungen durch die Jahrhunderte nicht möglich war, die Grenzlinien zwischen dem zu ziehen, was dem einen Hause unzweifelhaft als Privileg zusteht, was nicht, was ferner die Wissenschaft bisher noch nicht hat erreichen können, das, fürchte ich, meine Herren, wird auch Ihrer Kommission, so gründlich sie auch zu Werke gehen mag, nicht gelingen. Ich bitte, sehen Sie sich einmal die Aussprüche der Wissenschaft über unsern Art. 62 an. Wenn Sie die langen Sätze der wissenschaftlich darüber urtheilenden Männer — ich nenne beispielsweise von Rönne, unseren böchst geachteten Juristen und Stagtslebrer, ich nenne ferner dag Staaterecht von Schule — fassen Sie deren Aussprüche konzentrirt zusammen, so beißt es: Finanzgesetze, ja, das sind eben Finanzgesetze, und daran wird dann die Mahnung an die Regierung geknüpft, hütet Euch ja, Finanzgesetz⸗ entwürfe dem Ersten Hause zuerst vorzulegen, denn nach der Ver⸗ fassungturkunde sind Finanzgesetzentwürfe juerst immer dem zwelten Dause vorzulegen! — Ich habe die Auszüge daraus zur Hand, viel⸗ leicht darf ich sie vorlesen, um zu beweisen, daß ich wirklich nicht zu viel gesagt habe, als ich meinte: auch die Wissenschaft ließe uns bei der Frage im Stich. Herr von Rönne sagt:
Obgleich nach Art. 64 Al. 1 der Verfassungeurkunde jeder der
beiden Kammern das Recht zusteht. Gesetze vorzuschlagen, so rgiebt doch der Art. 62 Al. 3 der Ver faffungz⸗ urkunde, daß dies Recht für das Herrenbaus insoweit kein unbeschränktes ist. als demselben die Befugniß nicht zusteht, Finanzgesetze in Vorschlag zu bringen. Denn egs ist nach der letztgedachten Borschrift der Verfassungsurkunde ein verfassungs—= mäßiges Vorrecht des Hauses der Abgeordneten, mit Finanz. gesetzentwürfen zuerst, und bevor dieselben an das Herrenhaus gelangen, befaßt zu werden.
Im Staatsrecht von Schulze heißt es:
Materiell beschränkt in seiner Initiative ist außerdem das Herrenhaus in einem Punkt, indem dasselbe nicht das Recht hat, Finanzgesetze in Vorschlag zu bringen. Die Vorschrift des Art. 63 der preußischen Verfassungsurkunde, Al. 3, „daß Finanzgesetzent. würfe und Staatshaushalts-Etat zuerst der Zweiten Kammer vor— gelegt werden sollen“,
beschränkt allerdings nur die Initiative der Krone. Da aber der leitende Gedanke dieser Vorschrift ist, daß alle finanziellen Vor— schriften zuerst an das Abgeordnetenhaus gelangen sollen, weil man in diesem vorzugsweise die Steuerkraft des Landes, die Vertretung der Steuerzahlenden erblickt, — Sie hören da die Motive zur Pro— position 7 heraus, — o darf auch das Herrenbaus selbst nicht, ohne Verletzung dieser ratio legis, Finanzgesetzentwürfe einbringen, während es unzwei⸗ felhaft berechtigt ist, Bitten und Anträge in dieser Beziehung an die Krone zu richten.“
Ich glaube, meine Herren, das wird Ihnen nach dem Gehörten so gehen, wie es mir gegangen ist; viel klüger bin ich aber durch den Begriff „Finanzgesetze' nicht geworden, auch heute nicht durch daz Allegat aus Grimm, wenn anders ich richtig gehört habe. Wenn es aber in Fragen des konstitutionellen Staagtsrechts überhaupt, nament— lich aber, wo es sich um die Frage einer Grenzlinie zwischen den Gewalten der Krone und den Kompetenzen des einen oder des anderen Hauses handelt, schwer ist, mit positiven Bestimmungen aus Gefetzen die Grenzlinie unzweifelhaft zu ziehen, so glaube ich, ist das befte Kriterium bei allen solchen Zweifeln die Frage: welches ist die Ab— sicht der Regierung gewesen, aus welcher sie diese beiden in Rede stehenden Gesetzentwürfe dem anderen Hause zuerst vorlegte? Könnte nun in diesem konkreten Falle der Verdacht auch nur auftauchen, daß man, um das Vorrecht dieses hohen Hauses zu kränken, die Gesetzes— vorlage zuerst an das andere Haus gemacht habe — dann, meine Herren, würden Sie nicht nur im vollen Recht. sondern in der Aus— übung einer Pflicht sein, wenn Sie dagegen Verwahrung einlegten. Aber sehen Sie sich doch diese Gesetzentwürfe an; sie Find an sich zwar wichtiger, aber doch politisch unschuldiger Art, und es ist schon im anderen Hause ausgesprochen worden, daß in der That gar keine andere Absicht bei der Vorlage an das Herrenhaus obgewaltet hat, als die Absicht, berechtigten Klagen des Herrenhauses, daß seine Mitglieder sich hier tage⸗, wochen! und monatelang geschäftslos aufhalten müßten, abzuhelfen und daß die Regierung ihnen ein Material zur Thätigkeit hat geben wollen.
Der Gedanke, es könnte darin ein Angriff gegen die Privilegien dieses hohen Hauses gefunden werden, hat der Staatsregierung — und ich erkläre dies aus der Kenntniß der Berathung, die darüber stattgefunden — absolut fern gelegen und ich meine, mit einer solchen Erklärung, der Sie Glauben schenken werden, ist eigentlich der wesentliche Grund zu dem Antrage Nr. 61 beseitigt. Wenn Sie in der Kommission, in welcher Sie materiell dies Gesetz selbst berathen, auch diese incidente Verfassungsfrage mitberathen wollen, so kann ju dagegen von Seiten der Regierung nichts eingewendet werden. Ich will nur wünschen, daß das Ergebniß, was demnächst dem hohen Hause aus dieser Berathung vorgelegt werden wird, ein allseitig befriedigendes sein möge! . . ;
Der Abg. Dr. Reichensperger (Cöln) hielt ebenfalls die Durchberathung des Gesetzes in einer Kommission für noth— wendig. Es sei schwer, hier ein Urtheil zu fällen, da Präze— denzfälle, wenigstens zutreffende, nicht vorhanden seien. Aus den Erörterungen des Abg. P. Reichensperger, der leider durch Krankheit verhindert sei, hier zu erscheinen, gehe ebenfalls keine ge= naue Definition hervor und er glaube, es handele sich hier nicht um ein Finanzgesetz im Sinne des Art. 62 der Ver— fassung. Zur Interpretation könne man den Tit. 8 der Ver— fassung „von den Finanzen“ anziehen, der im Wesentlichen nur von den Steuergesetzen handele. Als ein Be— steuerungsgesetz könne man aber das vorliegende Gesetz nicht halten. Man könne der Regierung keinen Vorwurf machen, daß sie dem Herrenhause den Entwurf zunächst vor— gelegt habe. Das Gesetz aber, wie es eingebracht sei, bedürfe einer genauen Prüfung, ob es auch wirklich den Beamten die Hülfe gewähre, die nöthig sei. Namentlich sei der 5. 3, welcher die Gehaltsgrenze für die Pensionsberechtigung be— stimme, zu prüfen. Die bestehenden Versicherungsverhältnisse der Beamten seien durchaus ungenügende; von 100 Thlrn., die der Beamte einschließe, bekomme derselbe aus den bestehen⸗ den Kassen nur 4 Thlr. 10 Sgr. Rente jährlich. Eine ein⸗ gehende Prüfung der Vorlage sei nur im Interesse der Be⸗ amten selbst zu wünschen. .
Die Vorlage wurde mit dem Antrage Virchow an eine besondere Kommission von 21 Mitgliedern verwiesen.
Der Präsident theilte mit, daß der Abg. Frhr. von Schorlemer⸗Alst wegen Krankheit sein Ausscheiden aus der lirchenpolitischen Kommission beantrage. Das Haus erhob keinen Widerspruch dagegen.
Hierauf vertagte sich das Haus um
3½ Uhr auf Dienstag 1 Uhr.
Landtags⸗Angelegenheiten.
Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Errichtung einer neuen fiskalischen Packhofs anlage in Berlin. (Schluß aus Nr. 50 d. R.. A.)
Anlage B. Erläuterungsbericht zu dem Projekt 1II. für eine neue Packhofsanlage für Berlin. ö.
Als Bauterrain ist ein Theil des jetzigen Lehrter Güterbahn— bofs, sowie das südlich desselben gelegene Terrain bis zur Spree in Aussicht genommen, welches im Ssten von der Straße Alt⸗Moabit und der Moltkebrücke begrenzt wird. 6
Die Gebäudeanlagen beginnen unmittelbar an der Strasg Alt! Moabit, an welcher das Dienstgebäude für die Provizial Steuer, direktion als Eckbau so projektirt ist, daß der mit der Front gegen Nordosten gerichtete Flügel an der Straße Alt⸗Moabit liegt, wãb⸗ rend der Haupteingang sich an der abgestumpften Ecke gegenüber der Moltkebrücke hesindet und der zweite gegen Süden liegende lug . zum Packhofe hinabführende Zufahrtstraße auf der Nordseite
egrenjt.
Die südliche Seite dieser in einer Breite von 18 m angecrd, neten Zufabrtstraße ist durch eine Umwährung von Schmiedeeisen und massiven Pfeilern von dem Packhofterrgin getrennt. ;
Der Packhof erstrekt sich von der Moltkebrücke aus an dem rechten User der Spree in einer Ausdehnung von 475 m . Westen; er wird längs der Normaluferlinie der Spree durch ö * mauern eingefaßt, im Westen und Norden aber durch Umwährung mauern gegen den Lehrter Güterbahnhof abgegrenzt. ; aun
Die Verbindung mit dem letzteren wird durch Gleiseanlage hergestellt, welche auf der Westfeite in den Packhof eintreten und s
6 der nördlichen Grenze in der ganzen Ausdehnung derselben er⸗ tecken.
Vermöge der bequemen Verbindung für Landfuhrwerk von der Straße Alt. Moabit und der Moltkebrücke her, sowie wegen seiner Lage einerseitz an der Spree, anderseits an der Eifenbahn ist das ge⸗ wählte Terrain zur Anlage eines den vermehrten Bedürfnissen ent⸗ sprechenden Packhofs besonders geeignet, weil der Uebergangsverkehr der Waaren von den Schiffen zur Eisenbahn, fowie jur Abfuhr durch Landfuhrwerk oder jur Niederlage und umgekehrt ermöglicht wird, und weil mittelst der Verbindung des Lehrter Gäterbahnhofs mit der Ringbahn Gelegenheit geboten ist, von sämmtlichen in Berlin mün= . Bahnen Güter zuzuführen beziehungsweise nach denselben ab⸗ zusenden.
In baulicher Beziehung wird durch diese Anlage erreicht, daß die oberhalb der. Moltkebrücke bereits vorhandenen ißt mauern der Spree eine regelmäßige Fortsetzung von beträcht⸗ licher Länge erfabren und daß die Westseite der Straße Alt— Moabit jenseits der Moltkebräcke bis nahezu an die ' unter— fahrung der Lehrter Cisenbahn mit einem hervorragenden Gebäude
esetzt wird, Umstände, welche dem aufblühenden Stadttheile Moabit nur zum Vortheile gereichen können.
Die Größe des Bauterrains beträgt exkl. der im Projekt vor— gesehenen und in punktirten Linien angegebenen Fläche für die Er— weiterung circa 489 Aa, wovon rot. 75,70 a auf die Zufahrtstraße und die Baustelle des Dienstgebäudes für die Provinzial⸗Steuerdirektion kommen und 413,30 a auf den eigentlichen Packhof entfallen.
Der jetzige Padhof, soweit derselbe von dem Hauptsteueramt für ausländische Gegenstände benutzt wird, enthält nur 133350 a.
Was die Anordnung der projektirten Gebäude betrifft, so be— . dieselben nach ihren verschiedenen Zwecken in der Haupt⸗ ache in:
a. Dienstgebäuden,
b. Revisionshallen,
6. Niederlagegebäuden,
d. kleineren Gebäuden für verschiedene Zwecke.
Dienstgebäude für die Provinzial-Steuerdirektion.
Von den Dienstgebäuden erhält dasjenige für die Provinzial⸗ Steuerdirektion seine Stellung, wie schon oben erwähnt, an der Alt— Moabiterstraße, und steht somit in keinem direkten Zusammenhange mit dem Packhofe; dasselbe hat seinen Haupteingang an der abge— stumpften Ecke gegenüber der Moltkebrücke, und ist an der Ait— Maoabiterstraße 66,50 i lang, an dem zum Packhofe hinabführenden Zufahrtwege 55, 30 m lang.
Außer den Geschäftsräumen für die Erbschaftsstempelverwaltung, welche das Erdgeschoß einnehmen und den in einem Flügel des ersten Stocks, sowie im zweiten Stock befindlichen Geschäftszimmern für die Provinzigl⸗Steuerdirektion enthält dies Gebäude in einem Theile
des ersten Stocks eine Dienstwohnung für den Provinzial-Steuer— direktor, sowie zwei kleinere Wohnungen für den Botenmeister und den Portier im Erdgeschoß bezw. im Keller.
Da das Erdgeschoß in der Höhe der Alt-Moabiterstraße anzu— ordnen ist, zwischen dieser und dem Bauterrain aber ein Höhenunter—⸗ schied von circa 4,50 in besteht, so erhalten die Fundamente des Gebäudes eine die gewöhnlichen Verhältnisse übersteigende Höhe.
Dienstgebäude für das Hauptsteueramt.
Weiter westlich an der Zufahrtstraße folgt sodann das Dienst— gebäude des Hauptsteueramts für ausländische Gegenstände. Bei der Projektirung desselben sind die für den bauptsächlichsten steueramt— lichen Verkehr bestimmten Räume im Erdgeschoß angeordnet, im ersten Stockwerke aber nur solche Dienstzimmer untergebracht, in welchen das Publikum in der Regel nicht zu verkehren hat.
Der übrige Theil des ersten Stockwerks sowie das zweite Stock⸗ werk wird von den Dienstwohnungen derjenigen Beamten eingenom— men, welche im dienstlichen Interesse in unmittelbarer Nähe des Packhofs wohnen müssen, nämlich des Dirigenten des Hauptsteuer— amts, des Packhofvorstehers und zweier Aufseher. Außerdem sind im Kellergeschoß noch kleine Wohnungen für zwei Amtsdiener und für den Portier vorgesehen.
Die Zugänge zu den Wohnungen liegen außerhalb der Um— währung des Packhofs, ebenso der Eingang für das Publikum zu den Geschäftszimmern; dagegen stehen die letzteren mittelst eines Aus— gangs in der westlichen Giebelwand des Gebäudes mit dem Packhofe in Verbindung. An die südliche Frontwand des Geböudes schließt sich das Einfahrtsthor zum Packhofe nebst einem kleinen Aufsichtshäuschen für die den Eingang und Ausgang bewachenden Beamten an.
Maschinenhaus.
Nördlich vom Dienstgebäude für das Hauptsteueramt und eben— falls außerhalb des Packhofs ist ferner ein Maschinen- und Kesselhaus zur Aufnahme der Maschinen für den Betrieb der Hebevorrichtungen projektirt; dasselbe enthält in seinem oberen Geschosse eine kleine Wohnung für den Maschinisten.
Revisionshallen.
Das westlich vom Hauptsteueramt und vom Einfahrtsthore in einer Breite von i. m. 80 m sich ausdehnende Packhofterrain wird im Norden und Süden durch die Rexisionshallen eingeschlossen.
Diese erstrecken sich am Ufer der Spree in einer Länge von 90 m und neben der Eisenbahn in einer Länge von 75 m, und haben eine lichte Breite von 15 mz sie dienen zur zollamtlichen Abfertigung der Waaren und sind mit heizbaren Bureaus versehen. Die Umfassungs⸗ wände sind im untern Theile massiv, im oberen Theile wie die Dächer von Schmiedeeisen konstruirt; die Dachdeckung besteht aus Holzeement, der auf massiven Unterlagen von Ziegeln angebracht wird.
Die hohen Umfassungswände lassen eine genügende Beleuchtung der Hallen mittels der nicht nur unter, sondern auch über den Vor dächern — und hier namentlich in reichlichem Maße — angeordneten Fenster zu.
Auf beiden Langseiten der Revisionsballen sind Ladeperrons und Vordächer angeordnet, welche das Verladen der Güter im Trocknen gestatten. An den schmalen Seiten der Hallen sind Kopfbauten mit zwei Geschossen projektirt, welche zur Aufnahme von Bureaus, sowie von Zimmern für den die Packhofpolizei handhabenden Beamten, für den Rechnungsführer der Packhofarbeiter und für die Packhoffubrleute dienen, sowie auch zur Unterbringung einer Anzahl Komptoirräume für Spediteure benutzbar sind.
Niederlagegebäude.
An die Revisionshallen schließt sich das Niederlagegebäude an, welches entsprechend den beiderseitigen Hallen aus einem nördlichen und einem südlichen Flügel von je 97,80 i Länge besteht; der die⸗ selben auf der Ostseite verbindende, im Durchschnitt 70 m lange Querflügel ist mit zwei bequemen Durchfahrten für den Wagenverkehr verseben, durch welche man in einen Hof von durchschnittlich 57 i Breite gelangt; die Errichtung eines westlichen, ebenfalls mit. Durch- fahrten zu versehenden Querflügels ist erst für spätere Zeit in Aus- sicht genommen, wenn sich das Bedürfniß einer Erweiterung geltend machen sollte. .
Das Erdgeschoß des Niederlagegebäudes ist zur Benutzung für die Abfertigung in Aussicht genommen, und dient demgemäß dem selben Zwecke wie die Rexisionshallen; es ist deshalb mit einer lichten Höhe von 4,33 m projektirt.
Von den oberen Geschossen sind diejenigen in den beiden Lang⸗ flügeln für die eigentliche Niederlage bestimmt, während die oberen Geschosse des östlichen Flügels das Theilungslager aufnehmen werden.
Die sämmtlichen Decken des Gebäudes sind aus gewalzten eisernen Trägern mit dazwischen hergestellten Gewölben aus Ziegeln gebildet; zum Fußbodenbelage werden als die in Speicherräumen am besten
bewährten Materialien Bohlen von Kiefernholz gewãblt, welche auf Lagerhöljern mit Hohlräumen zu verlegen sind; die Dächer werden wie bei den Revisionshallen mit Holzcement auf massiver Unterlage abgedeckt und bieten den Blechabdeckungen gegenüber außer größerer Soliditãt den Vortheil, die Veränderungen der äußeren Temperatur weniger leicht auf die inneren Räume zu übertragen. In Abständen von 30 bis 35 m durchziehen Brandmauern mit schmiedeeifernen Tbüren die sämmtlichen Geschosse; sieben maffive Treppen vermitteln den Verkehr für die Arbeiter, während zum Hinauf⸗ und Hinab⸗ befördern der Güter acht bydraulische Aufzüge zu circa 26 Et? und zwei derartige Aufzüge zu 40 Ctr. Belastung dienen.
„Die Aufzüge, werden ungeachtet der beträchtlichen Hubhöhe iwischen Keller und Dachfußboden von circa 17 m direkt wirkend an— zuordnen sein.
Zur, Lagerung von Wein und Spirituosen ist die Anlage eines vollstaͤndigen Kellergeschosses unter dem Niederlagegebäude nothwendig, welches gegen den Eintritt des Wassers völlig gesichert sein muß. Die hierbei in Betracht kommenden Höhen, bezogen auf Normal Null, sind die Folgenden:
der Lehrter Güterbahnhof liegt mit der Schienenober— JJ S3, 50 RN. N. das jetzige Bauterrain durchschnittlich. . e,, vom Jahre 1855 G der Hochwasserstand wird nach erfolgter Kanalisirung der Unterspree voraus⸗ ö
Bei der tiefen Lage des Bauterrains von nur ca. 9,15 m über dem Hochwasserstande vom Jahre 1855 und ea. 1m über dem künftig in Aussicht genommenenen Hochwasser ist Behufs der wasserfreien Anlage der Keller die Sohle derselben mindestens O20 m über dem Hochwasserstande von 18565 anzulegen und somit eine Aufhöhung des Bauterrains bis auf 4 34462 über N. N. oder um 1, 12 m über S. 6. des Lehrter Güterbahnhofs erforderlich; denn das unter andern Um— ständen nicht fern liegende Unternehmen einer künstlichen Dichtung der Kellersohle und der Wände verspricht wegen der beträchtlichen Ausdehnung der Kellerräume gar keinen sichern Erfolg und ist in diesem Falle unbedingt auszuschließen.
Die Aufhöhung des Bauterrains wird sich aber nicht nur in Hinsicht der leichteren An⸗ und Abfuhr der Güter durch das Land— fuhrwerk als vortheilhaft bewähren, söondern erscheint auch in fanitärer Beziehung für den gesammten Verkehr auf dem Packhofe wünschens⸗ werth, wenn nicht nothwendig. Teer, ,, ,, .
Es ist demgemäß die Sohle der Keller auf z3,04 über R. X. projektirt und somit 20 em über dem bisherigen und circa 1 m über dem voraussichtlichen höchsten Wasserstande angenommen.
Einen wesentlichen Zweig der Zollabfertigung auf dem Packhofe bildet die des Spiritus. Für dieselbe ist deshalb der geräumige Platz, welcher südlich von der Zufahrtstraße zwischen dieser und dem Spree⸗ ufer in einer durchschnittlichen Breite von 50 m und in einer Länge von eirca 140 m verbleibt, in Aussicht genommen; auf diesem Platze wird zu dem Zwecke ein kleines Gebäude mit drei Bureaur errichtet, vor welchem drei Waagen unter Schutzdächern angebracht werden.
Für den zu erwartenden Umschlagsverkehr in Spiritus und andern Gütern ist zunächst das circa 105 m lange und durchschnittlich 7 m, breite Terrain westlich vom Niederlagegebäude bestimmt, welches für die künftige Erweiterung der Gebäude vorgesehen ist; dasselbe ist deshalb bereits bei der ersten Anlage in das Packhofsterrain einzu— schließen und wird von den Umwährungsmauern umgrenzt.
Was die für den Güterverkehr auf dem Packhofe anzulegenden Eisenbahngleise und Hebevorrichtungen anlangt, so find bei der Pro⸗ jektirung dieser Anlagen die Resultate der Besichtigung der Packhof— anlage in Magdeburg und der verschiedenen Zollabfertigungsstellen in Harburg und Hamburg leitend gewesen; namentlich bieten die Zoll— abfertigungestellen B. und C. in Hamburg, — der Hamburg-Venloer und der Berlin- Hamburger Eisenbahnen — Gelegenheit, die Zoll— abfertigung und Umladung der Güter vom Schiff zur Eisenbahn und umgekehrt zu beobachten.
Außerdem sind diese Verhältnisse sowie der muthmaßliche Umfang und die Art des Verkehrs auf dem neuen e'. auch durch den Dirigenten des hiesigen Hauptsteueramts, eingehend erwogen a Derselbe hat seine Bemerkungen hierüber wie folgt mit— getheilt:
„Die projektirte neue Packhofsanlage hierselbst, durch welche die dringend erforderliche Verbindung der Wasserstraße mit den Eisen⸗ bahnen hergestellt werden soll, wird auf die Gestaltung und fernere ef sf una des Berliner Handels zweifellos von günstigstem Ein— flusse sein.
Es läßt sich in Zukunft nicht allein eine wesentliche Zunahme des Eingangs von ausländischen, unter Zollkontrole stehenden Gütern zu Wasser, von Hamburg und Stettin her, sondern vornehmlich auch ein erheblicher Aufschwung des zur Zeit hier nur in geringem Um— fange bestehenden Umschlagsverkehrs insofern erwarten, als einerseits die gedachten Güter mittelst der Eisenbahnen zum Vertriebe über die Umgegend von Berlin hinaus bis nach Schlesien und dem auf dem rechten Ufer der Elbe belegenen Theile der Provinz und des König— reiches Sachsen gelangen, anderseits aber auch inländische Produkte und Waaren aus größerer Entfernung mit der Eisenbahn zum Weitertransporte auf dem Wasserwege nach Hamburg hierher kommen werden.
Vorauesichtlich wird dies insbesondere mit beträchtlichen Mengen Sprit der Fall sein, welcher unter dem Anspruche auf Steuervergü— tung ausgeführt werden soll und deshalb hierorts der zollamtlichen Abfertigung unterworfen oder wenigstens unter Kontrole in verschluß— fähige Kähne verladen werden wird.
Die Benutzung beweglicher Krahne vor den Gebäuden an der Wasserseite ist nicht zu befürworten, weil durch das dazu erforderliche breite Geleise der vorgedachte Hofraum auch verkleinert werden würde und in der That ein Bedürfniß zu derartiger Einrichtung nicht vor⸗ liegt. Nach den täglich hier zu machenden Wahrnehmungen ist näm— lich das Verholen der Schiffe auf der Spree weder zeitraubend noch erheischt dasselbe einen besonderen Kraftaufwand.
Auch würde hierin gemäß dem Urtheile hiesiger Sachverständiger nichts Wesentliches geändert werden, wenn künftighin große Elbkähne eingingen, da deren Konstruktion sogar beim Hochwasser auf allen Punkten der Spree das erforderliche Vor oder Zurückschieben ohne größere Anstrengung ermöglicht.
Unter diesen Umständen ist die Aufstellung fester bydraulischer Krahne in der Weise, daß sich die Zahl derselben jederzeit vermehren läßt, in Aussicht genommen. Sollte dagegen der hiesige Verkehr in der Folge einen derartigen Aufschwung erfahren, daß zu dessen Be⸗ wältigung die Anwendung beweglicher Krahne dringend geboten ware, so könnten dieselben für die in einem solchen Falle vorbehaltene Er— weiterung des Packhofes beschafft werden.“
In Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen sind in dem neuen Projekte die Revisionsballe und das Niederlagegebäude am Wasser unmittelber neben der Ufermauer dis ponirt und mit bis an die Uferlinie Lortretenden Ladeperrons versehen, während sich auf der Landseite Gleisanlagen für gleichzeitige Umladung auf Landfuhrwerk und ECisenbahnwagen befinden.
»Die Ufermauern und die Ladeperrons am Wasser werden serner in Abständen von 20 bis 25 m mit feststehenden bydraulischen Krahnen besetzt, wodurch die gleichzeitige Thätigkeit zweier Krabne beim Ent oder Beladen eines Schiffes unter mäßigem Verholen des letzteren ermöglicht wird.
Für die Ucherladung von den Revisionshallen auf das Landfuhr— werk und die Eisenbahnwagen oder umgekebrt erbält sodann jede ben auf der Seite des Hofes und der Eisenbahn noch einen feften rabn.
Endlich ist noch ein großer Krahn zum Heben bedeutender Lasten bis zu 300 Centner am Ufer östlich von der ersten Rerxisionshalle vorgesehen.
. Die Kesten der gesammten Anlage betragen, ausschließlich des Titels 1 für Grunderwerb nach den supperreridirten, speziellen Kostenanschlãgen:
Titel II. Erd⸗ und Pflasterarbeiten nebst Einfriedigungen 379 500 III. Stützmauern und Ufermauern ; 88 IV. Hochbauten
a. Diestgebände für die Prorinzial⸗ Steuerdirektion. S84 300 b. desgl. für das Haupt⸗ Steueramt . 477009 Thoranlagen. 14000 Maschinenhaus 56 000 Revisionshallen. 356 00 Niederlagegebãnde 1540000 15 66
g. Bureau für Spiritus⸗ abfertigung
3340020 269 000 137600 223 000
290000 4764000 ,
gez. Wolff,
Regie rungs⸗Baumeister.
V. Maschinenanlagen.
. XII. Insgemein und Entwässerung. VIII. Für Aufstellung der Projekte.
Summa
Berlin, den 20. Dezember 1881. gez. Weber, Königlicher Bauinspektor.
Anlage b. Denkschrifst⸗—
Die Königlichen Museen leiden seit mehr als zehn Jahren unter einer Beschränktheit der zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten, welche nicht nur die Vervollständigung der Sammlungen erschwert und zum Theil verhindert, sondern auch eine Aufstellung der vorhandenen Bestände, wie sie im Interesse einer ausgiebigen Benutzung und rich—⸗ tigen Würdigung derselben gleich nothwendig wäre, unmöglich macht. Wiederholt ist unternommen worden, diesem Uebelstande abzuhelfen. So wurden zuerst durch die Staatshaushalts⸗Etats für 1873 und 1875 die Mittel zur Herstellung einer Galerie für Gipsabgüsse bereit gestellt. Allein ehe an die Ausführung eines solchen Baues Hand angelegt werden konnte, hatte der Baurgth Orth im Hinklick auf die inzwischen beschlossene Ueberführung der Stadtbahn über die Museums— insel, den Gedanken angeregt, zum Behufe der besseren Ausnutzung des in der Nähe der Museen vorhandenen Terrains und der Vermei⸗ dung der von jener Anlage etwa drohenden Nachtheile, dieselbe in einen großen Gebäudekomplex einzuschließen, der, unter Belassung des Pack⸗ hofes, die Bedürfnisse der Kunstsammlungen, vielleicht auch anderer Kunstanstalten, befriedigen sollte. Eine für die Bearbeitung eines solchen Entwurfes bestimmte Summe fand in das Extraordinarium des Staatshaushalts-Etats für 1876 (Titel 78) Aufnahme, wovon zur Zeit annähernd 20 000 AÆ noch verfügbar sind. Inzwifchen konnte diese Kombination, wenn durchführbar, doch nur als ein Nothbehelf gelten. Es leuchtet ein, daß gerade, wo es sich um Gebäude für Kunstsammlungen handelt, eine möglichst freie Herrschaft über das zu benutzende Terrain und eine von fremden Räcksichten möglichst freie Grundrißgestaltung vor Allem wünschenswerth ist. Es würde des—⸗ halb in keinem Falle gerathen gewesen sein, in der bezeichneten Rich⸗ tung weiter vorzugehen, als die Nothwendigkeit und Möglichkeit der Verlegung des Packhofs mehr und mehr hervortrat und damit sich die Aussicht eröffnete, das von demselben eingenommene Terrain fuͤr die Zwecke der Königlichen Sammlungen rerfügbar werden zu sehen.
Wenn man die vorhandenen, seit Jahren zurückgedrängten Be⸗ dürfnisse der Königlichen Sammlungen in ihrem ganzen Umfange übersieht, und an der Hand der Erfahrung der letzten zehn Jahre die weiter zu erwartende Steigerung derselben erwägt, so wird man zu dem Schlusse kommen, daß das gesammte Terrain, welches auf der sogenannten Museumsinsel für diese Zwecke frei ist und durch Ver⸗ legung des Packhofes verfügbar wird, jedenfalls vollständig dafür in Anspruch genommen werden muß, ja vielleicht in absehrer Zeit noch einer Ergänzung bedürfen würde.
Nachdem für die ethnologischen Sammlungen durch das im Bau begriffene neue Gebäude gesorgt ist, sind es folgende Bedürfnisse, deren Befriedigung am dringlichsten ist.
1) Die Beschaffung von geeigneten Räumen für die pergamenischen Funde. Die Ordnung und Zusammensetzung der von dem perga— menischen Altar herrührenden Skulpturen hat die Herstellung größerer, zusammenhängender Partien des Gigantenfrieses ergeben, und die Möglichkeit scheint gesicheit, den Altar wenigstens zu einem großen Theil zu rekonstruiren. Da derselbe ungefähr 30 m ins Geviert maß, so wird hierfür allein ein Raum von mindestens 50 m ins Geviert erforderlich, der zur Unterbringung auch der übrigen pergamenischen Skulpturen und Architekturreste vielleicht noch nicht ausreichen würde.
2) Die Beschaffung neuer Räume für die Abgüsse nach den Skulpturen des Alterthums und der christlichen Epoche. Die Sammlung der Gipsabgüsse, welche bestimmt ist, eine Uebersicht über alle hervor⸗ ragenden Erscheinungen der Skulptur aller Zeiten zu gewähren, findet längst nicht mehr genügenden Raum in dem ihr zugewiesenen Hauptgeschoß des Neuen Museums. Die Aufstellung kann in Folge dessen weder den Anforderungen guter Beleuchtung und wirksamer Gruppirung, noch einer an bestimmte Prinzipien angeschlossenen Anordnung genügen und macht das Vorhandene unübersichtlich und vielfach ungenießbar. Dazu kommen unentbehrliche Erweiterungen. Die Abgüsse der Skulpturen von Olympia haben eine provisorische Aufstellung in unheizbaren Räumen der jur künftigen Fürstengruft gehörigen Gebäude finden müssen; ihre Eingliederung in die Sammlung kann um so weniger unterbleiben, als jene Räume anderen Zwecken bestimmt sind. Nicht minder ist die Vervollständigung der Abgüsse von Skulpturen der christlichen Epoche eine unabweisliche Forderung, da das Vorhandene nur die ersten Anfänge dessen bietet, was die Sammlung leisten kann und soll. Von einer großen Zahl von Skulpturen sind sogar die Formen schon vorhanden, während es an Plaz gebricht, um Abgüsse aus denselben zur Aufstellung zu bringen.
Bei Befriedigung dieser Bedürfnisse würde vor Allem darauf zu sehen sein, die gleichartigen Sammlungen in Zusammenhang zu brin⸗ gen. Das wünschenswertheste Ziel bleibt ein? Verbindung derselben nach den Hauptgruppen der antiken und der christlichen Kunst, wäh⸗ rend z. B. eine Zersplitterung unserer antiken Originaldenkmäler in getrennte Gebäude für die Verwaltung und das Studium gleich un— vortheilhaft wäre. Ebenso würde eine Verbindung der Skulpturen christlicher Zeit mit der Gemäldegalerie dem Beschauer die belebrend⸗ sten und anregendsten Zusammenstellungen bieten.
Die Beschaffung von Magazin- und Depoträumen, welche haupt- sächlich für die Skulpturen und Abgüsse nicht entbehrt werden kön⸗ nen, würde bei Neubauten durch Anlage gecigneter Souterrains zu erreichen sein. Ebenso würde eine auf die Tauer nicht zu entbehrende Erweiterung des Kupferstichkabinets voraussichtlich durchführbar wer den, sobald die Einrichtung neuer Gebäude die Zusammenlegung der gesammten antiken Originaldenkmäler ermöglicht.
3) Ein weiteres dringendes Bedürfniß ist die Erweiterung der Nationalgalerie. Das Erdgeschoß und das erste Stockwerk des Ge⸗ bäudes sind bereits gefüllt, und die Möglichkeit, noch ferner größere Bilder aufzustellen, so gut wie ausgeschlossen. Für kleinere Gemälde wird demnächst das oberste Geschoß, das theilweis bereits dafür in Gebrauch genommen ist, ganz bestimmt werden müssen, und damit die Möglichkeit wegfallen, es für wechselnde Ausstellungen zu benutzen, wie sie bisher dort unter allgemeiner Theilnahme und mit entschie— denem Erfolg baben reranstaltet werden können. Auch das zur Auf⸗ bewahrung und Benutzung der Vandzeichnungen dienende Gelaß ist völlig unzureichend. Da ein Anbau an das Gebäude unausfübrbar ist, obne seine architektonische Gestaltung zu jerstören, so wird die geforderte Erweiterung nur in einem besenderen Bau zu gewinnen 3 Es liegt nahe denselben mit den Räumen für die Kunstaus.
tellungen in Verbindung zu bringen, welche seit ciner Reibe von Jahren in einem vroviserischen Gebäude auf der Mufcumęinsel abze— halten werden und auch für die Zukunft cine für das Publikum bequem zugãngliche Lage verlangen. Diesen zahlreichen und auggedehnten Bedürfnissen, welche un⸗ mittelbar Befriedigung verlangen, steht nur (ine verhãltnißmãßig