sonders die schiedsrichterlichen Institute, die von der Regierung eingesührt worden. Nur zwei Beschwerden beständen auch jetzt noch weiter, auf die er die Aufmerksamkeit der Regierung hin⸗ lenken müsse. Zuerst sei es wünschenswerth, daß das Grundeigenthum auch anderen Kohlenbergwerken als Braun⸗ kohlenbergwerken gegenüber gesichert werde, und sodann mache sich der Mangel an gesetzlichen Bestimmungen darüber fühlbar, wer im Falle der Auflösung eines Bergwerkes sür etwaige entstandene Schäden haftbar gemacht werden solle. Die Titel 1—12 wurden hierauf genehmigt.
Bei Kap. 9 Tit. 13 äußerte der Abg. Dr. Schultz, daß eine Aenderung der Bergwerkssteuer nothwendig sei. Man sollte entweder den Bruttoertrag der Bergwerke besteuern oder, was richtig wäre, diese Steuer ganz beseitigen.
Der Regierungskommissar Ministerial-Direktor Dr. Serlo erklärte, daß eine Steuerreform bezüglich der Bergwerke in Aussicht genommen sei.
Der Abg. Schmidt (Sagan) wendete sich gegen die For— derungen des Abg. Dr. Schultz. Eine Verminderung oder gar eine Aufhebung der Bergwerkssteuer werde von bedenklichen Folgen sein. Nachdem sich überall eine Reaktion gegen das laisser aller geltend gemacht habe, sei er gespannt, ob die Regierung auch auf dem Gebiet des Bergbaues mit den alten Traditionen brechen werde. Redner wünschte eine Einschränkung des Berg— baues, insofern als er die Eröffnung von Bergwerken abhängig gemacht wissen wollte von einer staatlichen Konzession. Nach⸗ dem der Abg. Dr. Hammacher die letztere Forderung als nicht realisirbar nachgewiesen hatte, wurde die Debatte geschlossen und der Titel bewilligt.
Bei Kap. 14, dauernde Ausgaben Tit. 7 (Betriebslöhne der Werks-Unterheamten und Arbeiter) nahm der Abg. Dr. Hammacher das Wort, um zu konstatiren, daß die Be—⸗ schwerden, die in der Presse und auch im Reichs— tage von dem Abg. Frhrn. von Schorlemer⸗-Alst gegen die Bergwerksverwaltungen erhoben worden, unbegründet seien. Die Behandlung der Arbeiter sei eine durchaus humane, und der Lohn vollkommen den Zeitverhältnissen entsprechend.
Der Abg. Schröder erklärte, daß die Vorwürfe des Abg. Frhrn. von Schorlemer⸗Alst sich nicht gegen die Staatsregierung, sondern gegen die Privatbergwerke gerichtet hätten. Er habe übrigens aus der Rede des Abg. Dr. Hammacher nur entnehmen können, daß die Behauptungen des Abg. Frhrn. von Schor— lemer durchaus begründet gewesen seien.
Bei Schluß des Blattes nahmlder Abg. Dr. Schultz das Wort.
— Die zweite Sitzung des preußischen Volks— wirthschaftsraths am 1. d. M. wurde von dem Vor— ifa, Staats-Minister von Boetticher, um 11, Uhr eröffnet.
Erster Gegenstand der Tagesordnung war die General— berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend Abänderung der Gewerbeordnung. Der Vorsitzende schlug vor, über die Artikel dieses Gesetzentwurfs in folgender Reihenfolßt in Berathung zu treten: zu— nächst über Artikel 2, betr. Musikaufführungen, Schau— stellungen 2c., bei denen ein höheres Interesse der Kunst oder Wissenschaft nicht obwaltet, demnächst über Artikel 3, betr. die gewerbsmäßige Besorgung fremder Angelegenheiten ꝛc., das Gewerbe der Auktionatoren, Trödelhändler, Gesindevermiether 2c. sodann über Artikel 4, betr. den stehenden Gewerbebetrieb, ins⸗ besondere auf öffentlichen Wegen 2c. oder von Haus zu Haus, demnächst über Artikel 6, betr. den Geschäftsbetrieb der Handlungsreisenden, sodann über die Artikel 5 und 7 gemein⸗ sam, betr. den Gewerbebetrieb mit Druckschriften 2c. auf öffentlichen Wegen ꝛc., und den Gewerbebetrleb im Umher— ziehen, schließlich über die sonstigen Bestimmungen des Gesetz⸗ entwurfs, welche zu einer Generalberathung etwa noch Anlaß geben könnten. Die Versammlung trat diesem Vor— schlage bei.
Zum Artikel 2 erklärte Hr. Heimendahl, er stehe auf dem Boden der Vorlage, welche einem unzweifelhaften Bedürfnißgerecht werde, und wisse der Statsregierung Dank für dieselbe. Er glaube jedoch schon hier eine allgemeine Erörterung darüber anregen zu sollen, ob es sich nicht im Interesse der Behörden selbst, und um dieselben vor einem Mißtrauen zu schützen, welches ihnen von den Gewerbetreibenden entgegengebracht werden könnte, empfehle, anderweite Bestimmungen über das bei Ertheilung oder Versagung der Genehmigungen ꝛc. zu be— obachtende Verfahren, insbesondere in der Rekursinstanz, zu geben. Der Regierungskommissar, Geheime Regierungs⸗Rath Bödiker, wies demgegenüber darauf hin, daß der vorliegende Gesetzentwurf nur bestimmt sei, einzelne Materien der Ge⸗ werbeordnung anders zu regeln, dieselben theils abzuändern, theils zu ergänzen, ohne jedoch die Grundlagen der Gewerbe— ordnung selbst zu berühren. Die letzteren seien vielmehr so— wohl in materieller wie in formeller Beziehung unverändert gelassen; insbesondere blieben auch die in den §8§. 20, 21 a. a. O. enthaltenen Bestimmungen über das Verfahren be⸗ stehen und auf die in dem gegenwärtigen Gefsetzentwurf geregelten Materien lediglich anwendbar. Der Gesetz⸗ entwurf ziehe denn auch diese Konsequenz, etwa mit alleini⸗ ger Ausnahme des 8§. 33a2., welche aber in der Natur der Sache begründet sei. Wollte man annehmen, daß in einer oder der anderen in diesem Entwurf geregelten Materie die Interessen der Gewerbetreibenden, was das Verfahren anbe— lange, nicht voll gewahrt seien, so würde man die Schuld hieran den betreffenden allgemeinen Vorschristen der Gewerbe⸗ ordnung zuweisen und diese abändern müssen: doch vermöge er hierzu einen ausreichenden Anlaß nicht zu erkennen, da die S5. 20, 21 4. a. O. ja nur allgemeine Umrisse enthielten und diese die Interessen der Gewerbetreibenden durchaus befrie⸗ friedigen dürften. Hr. Kalle wünschte eine Abänderung des in 5. 33a. des Entwurfs gebrauchten Ausdrucks „gewerbs— mäßig“, weil der letztere dasjenige, was nach den Motiven gemeint zu sein scheine, nicht vollständig treffe und deshalb zu Mißverständnissen führen könne. Bedenklich erscheine ihm, daß in §8. 334. nicht der Rekurs, sondern nur die Beschwerde zugelassen sei. Hr. Dr. Jansen wünschte eine präzisere Fassung der Voraussetzungen, unter welchen die Behörden zur Ablehnung von Anträgen der Ge⸗ werbetreibenden berechtigt sein sollen, damit die Behörden durch das Gesetz gedeckt und dem Verdacht der Willkür nicht ausgesetzt seien.
Zum Artikel 3 gab Hr. Kalle zunächst der Befürchtung Ausdruck, daß derselbe in der gegenwärtigen Fassung auch die legitime Advokatur und das Notariat treffen könne; man werde durch eine andere Fassung der Bestimmung dafür Sorge tragen müssen, daß diese Anwendbarkeit unter allen Umständen ausgeschlossen sei. Demnächst ging der Redner auf die bereits mehrfach hervorgehobenen, auch von ihm oben
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angedeuteten Bedenken ein, daß der Entwurf dem Ermessen der Behörden bei Versagung einer nachgesuchten Ge⸗ nehmigiing einen zu weiten, ihnen selbst schädlichen Spielraum gewähre. Nachdem der Vorsitzende das von dem Redner vorgetragene Bedenken, es sei die Anwendbarkeit des §. 35 auf die Advokatur und das Notariat nicht ausgeschlossen, durch den Hinweis auf Artikel 1 des Entwurfs widerlegt hatte, erachtete Hr. Kade im Anschluß an die Ausführungen des Vorredners für erforderlich, die Behörden ins⸗ besondere der unteren Instanzen darüber nicht im Zweifel zu lassen, was unter dem Ausdruck „Unzuverlässigkeit“, der im ersten Absatz des 8. 35 gebraucht ist, zu verstehen sei. Der Redner wünschte sodann, daß den Auktionatoren die Befugniß zur Versteigerung von Immobilien versagt werde, wenn ihnen nicht auf Grund des §. 36 der Gewerbeordnung eine besondere Glaubwürdigkeit durch die zuständige Behörde beigelegt worden sei, und wies darauf hin, daß bei dem gegenwärtigen Rechts⸗ zustande, bei welchem jeder Auktionator befugt sei, sowohl Mobilien wie Immobilien zu versteigern, Unzuträglichkeiten für den Grundbesitz unvermeidbar seien. Hr. von Rath hätte gewünscht, daß der Gewerbebetrieb der Gesindevermiether, deren gemeinschädliches Treiben er eingehend schilderte, noch schärfer unter Kontrole genommen worden wäre, als dies in 5. 35 geschehen sei. Hr. Leuschner erachtete es im Gegensatz zu Hrn. Kalle nicht für angängig, in diesem Entwurf Bestimmungen über das Rekursverfahren zu treffen, weil sonst Kollisionen mit der in den östlichen Provinzen durchgeführten, auf dem Prinzip der Selbstverwal— tung beruhenden Organisation der Behörden zu besorgen seien. Im Uebrigen erklärte der Redner, daß er der Vorlage sympathisch gegenüberstehe, weil dieselbe die Einzelfreiheit in einer für das allgemeine Wohl unumgänglich nothwendigen Weise und praktisch zuträglicher beschränkte, als dies bis⸗ her der Fall gewesen sei. Hr. Wolff verwies insbesondere auf das gemeinschädliche Treiben der Winkeladvokaten und Auktionatoren, von denen thatsächlich ein weit größerer Pro— zentsatz, als sich amtlich habe feststellen lassen, unzuverlaͤssig sei. Dieselben könnten viel Schaden anrichten, bevor sie gerichtlich bestraft seien, und es erscheine daher angezeigt, die gegen sie gerichteten Bestimmungen des Entwurfs thun— lichst scharf zu fassen. Nachdem sodann Hr. Heimendahl sich dahin gusgesprochen hatte, daß seiner Ansicht nach eine allge— meine Regelung der das Rekursverfahren betreffenden Grund— sätze sehr wohl in diesem Entwurf erfolgen könne, in welcher Beziehung das Weitere der Detailberathung vorzu— behalten sei, und nachdem Hr. Kalle auf die verschiedenen Behörden kurz hingewiesen hatte, welche gegenwärtig im Geltungsbereich des Zuständigkeitsgesetzes über gewerbliche Konzessionen zu befinden haben, wies der Regierungskommissar Geh. Regierungs⸗Rath Bödiker wiederholt darauf hin, daß die für das Verfahren und für die Kompetenz der Behörden ge— gebenen Bestimmungen der Gewerbeordnung und der Landes— gesetze bestehen zu bleiben hätten, und erörterte, daß die vor— geschlagene Abänderung der §§. 20, 21 der Gewerbeordnung durch allgemeine Betheiligung von Organen der Selbstver— waltung an der Entscheidung der Konzessionssachen unaus— führbar sein würde, weil nicht in allen deutschen Staaten Selbstverwaltung bestehe und kein Staat genöthigt werden könne, dergleichen Behörden lediglich fuͤr die Ausfüh⸗ rung der Gewerbeordnung ins Leben zu rufen. Daß in 8. 334. statt des Rekurses nur die Beschwerde
gegeben set, r. sffertige sich schon daraus, daß dieser Para—
graph gesetzlich regele, was bisher nur der polizei⸗ lichen Einwirkung unterworfen gewesen sei. Schließlich sei darauf hinzuweisen, daß eine der wesentlichsten Garantien, welche die Entscheidung durch Behörden der Selbstverwaltung biete, schon gegenwärtig bestehe, da dergleichen Streitigkeiten in fast allen Staaten in einer der beiden Instanzen kontra— diktorisch behandelt würden. Hr. von Herford wünschte, daß der Gewerbebetrieb der Rechtskonsulenten von einer Konzession abhängig gemacht werden möge. Die in den Motiven hier— gegen geltend gemachten Gesichtspunkte müßten gegen den Schaden zurücktreten, welchen diese Leute anstiften könnten, ehe ihnen durch Entziehung der Befugniß die Möglichkeit wei— terer Benachtheiligungen des Publikums genommen werde. Demgegenüber führte Hr. Wolff aus, daß die Konzessions— ertheilung in neuerer Zeit eine gewisse Bedeutung erlangt und den Konzessionirten eine gewisse Legitimation beigelegt habe. Er glaube daher sich gegen die Konzessionirung der Rechtskonsulenten aussprechen zu müssen, weil ihnen dadurch ein Standesbewußt— sein und nach Außen eine Autorität gegeben würde, die er diesen Gewerbetreibenden im Allgemeinen nicht zugestehen möge.
Zum Artikel 4 erhob Hr. Kalle das Bedenken, daß die Fassung des 8. 426. Absatz 1 zu der Annahme nöthige, als müsse sich die Erlaubniß zu den in Nr. 1, 2, 3 daselbst nam— haft gemachten Verrichtungen auf alle derartigen Betriebe be⸗ ziehen, was nach den Motiven nicht beabsichtigt sei. Es empfehle sich, durch Einschiebung des Worts „gewisse“ erkenn— bar zu machen, was gemeint sei. Demgegenüber bemerkte der Regierungskommissar Geh. Regierungs⸗Räth Bödiker, daß die Inkongruenz nur eine scheinbare sei; das majus schließe das minus ein; die Behörde sei nach dem Entwurf nur befugt, nicht aber auch verpflichtet, generelle Anordnung zu treffen. Hr. Rosenbaum begrüßte es, daß die Vorlage die Wanderlager von dem stehenden Gewerbebetrieb aus⸗ schließen will, da dieselben ein Krebsschaden seien, welcher das solide, seßhafte Gewerbe auf das ärgste benachtheilige. Unter Darlegung des Verfahrens der Inhaber solcher Wander— lager glaubte der Redner aber, daß die in 8. 42 gebrauchten Worte „bei regelmäßiger Wiederkehr“ den beabsichtigten Zweck nicht erreichen lassen würden. Der Regierungs⸗Kominissar Geheimer Regierungs⸗Rath Bödiker erklärte, er könne dieses Bedenken nicht theilen, da jene Worte sich auf die sogenannten Saisongeschäste beziehen, und eine regel⸗ mäßige Wiederkehr des Inhabers der Wanderlager den— selben gerade sür die von ihm Geschädigten faßbar mache. Hr. Rosenbaum entgegnete darauf, daß die Inhaber der Wanderlager direkt gezwungen werden müßten, in ihrer Hei—⸗ math ein eigentliches stehendes Gewerbe zu betreiben, nicht blos daselbst einen Ort zu haben, den sie angeblich zu einer Niederlage für ihre Waare benutzten. Dies allein werde dazu führen, die große Schädlichkeit dieser Wanderlager zu beseiti⸗ h was bei ihrer Beweglichkeit sonst nicht erreicht werden würde.
Bei Art. 6 behielt sich Hr. Dr. Jansen für die Spezial⸗ berathung eine Erörterung darüber vor, wie dem Geschaͤfts⸗ betrieb der Handlungsreisenden im Verkehr mit Pri⸗ vaten entgegenzutreten sei. Die Vermehrung dieser Ge⸗ werbetreibenden sei insbesondere der Textilindustrie schäd⸗ lich, M zumal die Besoldung und die Spesen derselben
doch schließlich auf den Preis der Waare aufgeschlagen werden müßten, wodurch die letztere vertheuert werde. Hr. Kauffmann machte darauf aufmerksam, daß neben den Handlungsreisen⸗ den, welche im Dienst einer einzelnen Firma stehen, neuer⸗ dings sogenannte Agenten üblich geworden seien, welche mehrere Gewerbetreibende vertreten, und selbständiger eien, wie jene. Auf diese Agenten dürften die Vorschriften des §. 46 nicht Anwendung finden. Nachdem Hr. Kahle die Erörterung mehrerer hierher gehöriger Punkte für die Spezialberathung angekündigt hatte, schilderte Hr. Wolff die Wirkung des gegen— wärtigen Rechtszustandes dahin, daß man sich in seiner eigenen Behausung nicht mehr schützen könne vor den Handlungs— reisenden, welche das Publikum mit Mustern ꝛc. geradezu über— liefen, und welche sich namentlich seit der stärkeren Besteuerung der Wanderlager außerordentlich vermehrt hätten. Diese Muster⸗ reisenden helästigten aber nicht nur das Publikum, sondern schä⸗ digten auch den stehenden Gewerbebetrieb, da sie mit ihren Mustern Hausirhandel trieben und bei ihrem großen Umsatz den Preis für die Waare dergestalt bestimmten, daß die kleinen Gewerbe— treibenden und Handwerker zu billig verkaufen müßten und kaum noch die Miethe für ihr Geschäftslokal aufbringen könn— ten. Es sei dies umsomehr zu beachten, als die Rücksicht auf die Konkurrenz fast alle besseren Firmen nöthige, sich solcher Hausirer zu bedienen, wodurch ihre Anzahl naturgemäß wachse. Die Waare, welche von den letzteren vertrieben werde, sei meist geringwerthia, und daraus erkläre es sich, daß die Fabrikation schlechter Waare zugenommen habe. Hr. Rosenbaum möchte für die Goldwaareénindustrie erleichterte Bestimmungen für wünschenswerth halten, da es allgemein üblich geworden sei, daß die Juweliere in den Provinzialstädten ihren ganzen Bedarf von Reisenden beziehen, welche in gewissen Zeiträumen mit Waaren im Betrage von oft mehr als 100 000 6 von den großen Fabrikanten zu ihnen abgeschickt würden. Der Regierungskommissar Geheimer Regierungs— Rath Bödiker setzte auseinander, daß die Stellung der Handlungsreisenden speziell der Musterreisenden, nach dem vorliegenden Entwurf eine andere werden solle, als bisher. Gegenwärtig gelte der Geschäftsbetrieb dieser Reisenden als Ausfluß des stehenden Gewenbebetriebs ihres Auftraggebers, mögen sie mit Geschäftsleuten oder mit dem Publikum in Verbindung treten. Der Entwurf wolle die Reisenden als solche auf den Verkehr mit denjenigen Geschäftsleuten, welche mit ihrem Auftraggeber geschäftliche Beziehungen haben, beschränken; darüber hinaus, also namentlich bei einem Ver— kehr mit dem Publikum, sollten sie als Hausirer gelten und den für diese getroffenen Bestimmungen unterliegen. Wolle man für einzelne Betriebe den Verkehr der Handlungs— reisenden mit dem Publikum überhaupt verhindern, so seien entsprechende Anträge zu den 88. 56, 56 a. zu stellen. Was die Goldwaarenbranche anbetreffe, so seien die von Hrn. Rosenbaum hervorgehobenen Gesichtspunkte schon früher, ins— besondere bei den im Jahre 1869 im Reichstage gepflogenen Verhandlungen über den Entwurf der Gewerbeordnung er— örtert, aber wegen der Exemplifikationen, die dann unvermeid— lich sein würden, abgelehnt worden. Hr. Delius konstatirte, daß nach dem Entwurf trotz der gemachten Unterscheidung der beklagte Uebelstand verbleiben werde. Es müßten aber Mittel ge⸗ funden werden, um demselben abzuhelfen, und es empfehle sich zu dem Zwecke, einen von der Handelskammer in Osnabrück ge— machten Vorschlag in Erwägung zu ziehen, daß nur derjenige als Musterreisender fungiren dürfe, welcher durch einen Lehr— brief nach mehrjähriger Lehrzeit als tüchtig sich ausweisen könne. Hr. Kochhann fand die Ursache, aus welcher gegen— wärtig andere Grundlagen im Geschästsbetrieb gelten, wie früher, darin, daß der Gewerbebetrieb in großen Städten und in den Händen weniger Industrieller konzentrirt sei, daß die⸗ selben mit mäßigem Nutzen arbeiteten, deshalb billiger produ— zirten als die Gewerbetreibenden in der Provinz und nun ihre Produkte durch Musterreisende ins Land versendeten, die dann allerdings so billige Preise stellen könnten, daß die dortigen Häuser, welche nicht nach jenen Gesichtspunkten arbeiten und die Vortheile der Großstadt nicht genießen, mit ihnen nicht konkurriren könnten. Gegen diese Aeußerungen wendete sich Hr. Hessel mit der Ausführung, daß nicht die Centralisa— tion, sondern die schwindelhafte und schlechte Arbeit den billigen Preis bedinge. Zwischen großen und kleinen Städten bestehe darin kein Unterschied. Der Gewerbebetrieb der Muster— reisenden und Hausirer müsse aber schon um des willen ein— geschränkt werden, weil sie unproduktiv seien und sich der Ar⸗ beit entzögen.
Zu den Artikeln 5 und 7 erklärte Hr. Björnsen, daß die Klagen über die Hausirer überall dieselben seien. Man müsse darauf Bedacht nehmen, diesen Gewerbebetrieb zu be⸗ schränken, und es empfehle sich zu dem Zweck, die Wander— scheine nur für einzelne Bezirke und nur an Personen aus— zugeben, welche völlig einwandsfrei seien. Hr. Dr. Jansen wies darauf hin, daß das Hausirgewerbe insbesondere die Handwerker und den Kleinbetrieb schädige. Dies werde noch eine Vermehrung erfahren, wenn nach den Vorschlägen des Entwurfs die Musterreisenden jetzt auch in die Kategorie der Hausirer treten sollten. Auf die Anfrage des Hrn. Kiepert, ob in §. 56 auch das Reisen mit Wein, Bier und Liqueur sowie das direkte Beziehen dieser Waaren Seitens der Konsu— menten von den Reisenden getroffen werden solle, erklärte der Regierungskommissar, daß das Feilbieten und der unmittel⸗ bare Ankauf von Person zu Person zur sofortigen Abnahme für geistige Getränke aller Art versagt sein soll, und sür Branntwein und Spiritus gemäß §. 56a. Nr. 3 auch das Aufsuchen von Bestellungen untersagt ist. Hr. Kalle wies Hrn. Björnsen gegenüber darauf hin, daß die persönliche Integrität der Hausirer nach 8. 57 eingehend ge⸗ prüft werde, und meinte, daß diese Gewerbe weiteren Be⸗ schränkungen, als im öffentlichen Interesse erforderlich sei, nicht unterworfen werden dürfe. Der Standpunkt der Vor⸗ lage scheine ihm daher ein richtiger zu sein. Zu begrüßen sei das Verbot des Hausirens mit Schußwaffen 2c. und mit Werth⸗ papieren, Antheilscheinen ꝛc; in 8. 56 Nr. 10 solle man nicht nur die „erbaulichen“, sondern die „belehrenden“ Schriften er⸗ ziehlichen Inhalts nachgeben. Bei §. 57 Nr. 3 werde, wie in §8. 35, eine Beschränkung des Ermessens der Behörden an⸗ gezeigt sein; endlich vermöge Redner nicht zu ersehen, wes⸗ halb gegen die nach 5. 63 Absatz 2 zulässige Versagung der Genehmigung eines Druckschriftenverzeichnisses 2c. nicht der Rekurs, sondern nur die Beschwerde nachgelassen sei. Der Regierungskommissar führte auf das zuletzt hervorgehobene Bedenken aus, daß die Beschwerde dem Interesse des Gewerbe⸗ treibenden ebenso Rechnung trage wie dem öffentlichen Inter— esse. Letzteres verlange insbesondere eine nach dem subjektiven Ermessen der Behörde anzustellende Prüfung, für welche das Rekursverfahren nicht geeignet erscheine. Uebrigens enthalte
die Zulassung kes Haasirens mit Druckschriften schon eine Konzession gegenüber der weit verbreiteten Annahme, daß ein solcher Handel überhaupt verboten werden müsse, wie er denn bis zum Erlaß der Gewerbeordnung in fast allen deutschen Staaten verboten gewesen sei. Ueber diese Konzession hinaus könne nicht gegangen werden. Hr. Wolff führte im Gegen⸗ satz zu Hrn. Kalle aus, daß nicht nur die öffentlichen, sondern auch die wirthschaftlichen Interessen bei der Beurtheilung der Zulässigkeit des Hausirgewerbebetriebes in Betracht gezogen werden müßten, wobei insbesondere auf die Vertreibung von Schwindelwaaren durch die Hausirer hinzuweisen sei. Hr. Rosenbaum begrüßte den Aueschluß der Geheimmittel und erklärte, er nehme an, daß durch 5. 56 Nr. 7 auch Petroleum von dem Gewerbebetrieb im Umherziehen ausgeschlossen sein soll. Redner empfahl gleichfalls die Zulassung von Druck⸗
schriften rein wissenschaftlichen Inhalts und wünschte Auskunft darüber, wie die Bestimmung des §. 56 d. zu verstehen sei. Der Regierungskommissar beantwortete diese Anfrage dahin, daß Ausländern ein Recht auf Zulassung zum Betrieb des Wander⸗
gewerbes schon jetzt nicht zustehe, daß sie vielmehr nur dann zugelassen werden könnten, wenn sich ein Bedürfniß hierzu zeige. Ueber die Voraussetzungen habe der Bundesrath Be⸗ stimmungen erlassen: ob dieselben aufrecht erhalten oder etwa noch beschränkt werden sollen, darüber habe er keine Kenntniß. Hr. von Herford führte Klage über die Unzu— träglichkeiten, welche durch die slovakischen Drahtbinder, namentlich auf dem platten Lande, herbeigeführt würden. Der Regierungskommissar Bödiker erwiderte, er hoffe, daß die neuen Bestimmungen der §§. 42. 42 ., 44, 4h. des Ent⸗ wurfs zur Beseitigung dieses Nebelstandes führen werden, Hr. Sartori wünschte in der Spezialdiskussion eine Definition des Ausdrucks „Geheimmittel“ herbeizusühren. Hr. Kade möchte das Verbot des 5. 606. auch auf den Sonntag aus⸗ gedehnt, haben. Hr. Rosenbaum bemerkte, daß im Reichs—⸗ Gesundheitsamt ein reichliches Material darüber zu finden sei, was Geheimmittel sind. ö
Zu den übrigen Artikeln wurde das Wort nicht verlangt und dieser Gegenstand der Tagesordnung damit für erledigt erklärt.
Der Gesetzentwurf wurde an den permanenten Ausschuß verwiesen und soll demnächst im Plenum nochmals durch⸗ berathen werden. Zum Referenten wurde Hr. Dr. Jansen, zum Korreferenten Hr. Kochhann bestellt. J
Hierauf trat der Volkswirthschaftsrath in die General— besprechung über den Eatwurf eines Gesetzes, betreffend die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen.
Hr. von Risselmann sprach zunächst seine Sympathie für den Entwurf aus: derselbe werde, zum Gesetz erhoben, sicher wohlthätig wirken. Für die Spezialdiskussion mache er zu Frage 4 der Denkschrift darauf aufmerksam, daß häufig der Ersteher eines Grundstücks in die Lage kommen werde, Hypo— theken mit hohem Zinsfuß, sehr lange Kündigungsfristen oder sonstige lästige Bedingungen zu übernehmen. Es müsse eine Bestimmung dahin in den Entwurf aufgenommen werden, daß es dem Esteher gestattet sein soll, derartige Hypotheken bei der ersten von ihm zu leistenden Zins— zahlung zur Rückzahlung binnen der gesetzlichen Frist zu kündigen. Sodann sei ihm, und zwar auch von Sach— verständigen, die Befürchtung ausgesprochen worden, daß zur Umgehung des in Frage 5 der Denkschrift aufgestellten Grund⸗ satzes in die Verpsändungsverträge in Zukunft eine Klausel wegen sofsrtiger Fälligkeit der Hypothek im Falle der Zwangs— versteigerung werde aufgenommen werden; er stelle zur Er— wägung, ob nicht die Aufnahme derartiger Klauseln gesetzlich zu verbieten sein möchte. Hr. Paetsch wies zu 5. 39 Nr. 1 des Entwurfs darauf hin, daß nach den bestehenden Vor— schriften das versteigernde Gericht wicht verpflichtet sei, in die Bekanntmachungen von Versteigerungen städtischer Besitzungen die Bezeichnung von Straße und Hausnummer aufzunehmen. Ohne diese Bezeichnung könne sich aber das betheiligte Publikum schwer über das ausgebotene Grundstück orientiren: er stelle deshalb zur Erwägung, ob nicht eine entsprechende Verpflichtung sür die Gerichte in den vorliegenden Entwurf aufzunehmen sein werde. Hr. Sartori empfahl den Entwurf unter Bezugnahme auf die den Bestimmungen desselben im Wesentlichen entsprechende Praxis, die von Gerichten seiner engeren Heimath Holsiein bei vorkommenden Subhastationen seit 1879 geübt werde, und mit der alle Betheiligten zufrieden gewesen seien. Zu Frage 5 der Denkschrift gab Redner unter Anderem der Spezialdiskussion die Prüfung anheim, ob das Wort „brauchen“ richtig gewählt sei. Hr. Rosen⸗ baum hob die üblen Wirkungen des bisherigen Subhastations⸗ verfahrens und die bedenklichen Manipulationen hervor, zu welchem dasselbe von Leuten mißbraucht worden sei, die den Ankauf von Hypotheken gewissermaßen gewerbsmäßig betrieben hätten, um unter Benutzung derselben das Grundstück zur Subhastation zu bringen und unter vortheilhaften Vedingungen zu erstehen. Diesen Mißständen werde durch Annahme des Grundsatzes zu 4 der Denkschrift voraussichtlich vorgebeugt werden. Ob durch die Annahme dieses Grundsatzes und des⸗
jenigen zu 5 der Denkschrift der Realkredit nicht werde beschränkt
werden, lasse sich noch nicht übersehen; jedenfalls werde aber der alsdann noch bewilligte Kredit ein gesunder und gut fun— dirter sein. Schattenseiten des Entwurfs lägen in den Be— stimmungen über die Befriedigung der Hypothekengläubiger, wenn die Zwangsversteigerung auf Antrag des Konkürs⸗ verwalters ersolge, in der zu befürchtenden Mehrung der Prozesse, in der Schwierigkeit der Uebernahme der sogenann— ten Korrealhypotheken durch den Ersteher. Wer solle die Kosten zahlen, wenn bei der Versteigerung das niedrigste Gebot nicht erzielt werde? Hr. Kade hegte Bedenken bezüg⸗ lich der Bestimmungen über die Zwangsvollstreckung in Berg⸗ werkseigenthum, insbesondere in die Kohlenabbaugerechtig⸗ keiten in den vormals sächsischen Landestheilen, und behielt sich vor, hierauf in der Spezialdiskussion näher einzugehen. Im Uebrigen wolle er noch auf die Schwierigkeit der Behand⸗ lung von Kautionshypotheken aufmerksam machen und ferner zur Erwägung stellen, ob nicht die Interessenten von der Fest— stellung des „niedrigsten Gebots“ vorher zu benachrichtigen seien. Hr. Heimendahl erklärte sich im Ganzen mit dem Entwurf einverstanden: ob durch denselben der Realkredit werde ge⸗ hoben werden, sei freilich zweifelhaft. Hr. von Velsen fand, daß die Bestimmungen des Entwurfs über die Zwangsvoll⸗ streckung in. Bergwerkseigenthum in einzelnen Punkten noch ungünstiger seien als die jetzt bestehenden, und daß sie in anderen Punkten nicht die nöthige Abhülfe gewährten. Im Interesse der gemeinnützigen Knappschafts⸗ kassen, die jetzt mit ihren Forderungen wegen rückständiger Beiträge bei Subhastationen häufig Verluste erlitten, müsse verlangt werden, daß den rückständigen Knappschaftskassen⸗
beiträgen dasse lbe Vorzugsrecht verliehen werde, welches im
S8. R des Ent wurfs den Gemeindelasten gewährt sei. So⸗
dann müfe ben für immobile Kuxe ausgeschriebenen Zu⸗
bußen dasjenige Vorzugsrecht zugebilligt werden, welches
das Berggesetz denselben beizulegen beabsichtigt habe,
das aber in Entscheidungen des höchsten Gerichts⸗
hofes nicht anerkannt sei. Dieselben würden den in
8. 25 des Entwurss erwähnten Deichlasten gleichzustellen sein.
He. Lobeck hob hervor, daß sich in Neuvorpommern und Rügen
die Grundzüge des Entwurfs, insbesondere diejenigen zu 4
und 5 der Denkschrift, durch die Praxis bereits bewährt hätten.
Ein Uebelstand sei insofern hervorgetreten, als der Käufer
auch dann, wenn die Subhastation wegen geringer Beträge
an rückständigen Zinsen erfolgt sei, Kaufstempel und Gerichts⸗
kosten nach dem vollen Werthbetrage des subhastirten Grund— stücks habe entrichten müssen. Wenn bei der Versteige⸗ rung das niedrigste Gebot nicht erreicht werde, seien die Kosten dem die Subhastation betreibenden Gläubiger zur Last zu legen. Hr. Vorderbrügge macht auf die großen Nachtheile und Verluste aufmerksam, welche Bauhandwerker, die durch häufig in betrügerischer Absicht handelnden Unternehmer von Neubauten zu Lieferungen veranlaßt würden, dadurch erlitten, daß ihre Forderungen bei Subhastation dieser Bauten nicht realisirt würden. Er gebe zur Erwägung, oh nicht in die 85. Al bis 28 Bestimmungen dahin einzufügen seien, daß Bauhandwerkern, welche zu subhastirten Neubauten Lieferungen gemacht hätten, ihre hieraus rückständigen Forderungen von dem Ersteher bezahlt werden müßten. Hr. Wesenfeld wünschte Ausdehnung des Prinzips der Denkschrist, wonach das Ver⸗ fahren durch das Gericht von Amtswegen betrieben werden müsse, auf die Rheinprovinz, in welcher dieses Prinzip nicht Gültigkeit habe. Auch gebe das rheinische Verfahren nach vorgekommenen Brandschäden zu Verkürzungen der Gläubiger dadurch Anlaß, daß die Befriedigung derselben aus den von den Versicherungsgesellschaften gezahlten Versicherungssummen nicht gleichmäßig zu erfolgen brauche. Hr. von Rath sprach sich für den Entwurf und ferner dahin aus, daß für die Rheinprovinz eine Neuregelung des Hypothekenrechts und des Subhastationsverfahrens unbedingt erforderlich sei. Die bestehende auf dem französischen Recht basirende Hypotheken⸗ ordnung sei total veraltet, namentlich in Bezug auf ländliche Verhältnisse. Sie wirke so schädigend, daß der Rückgang des Bauernstandes unvermeidlich sei. Hr. Leuschner hielt gleich⸗ falls ein Vorzugsrecht für Knappschaftskassenbeiträge für un— bedingt erforderlich. Nicht so dringlich, aher immerhin wichtig sei die Frage des Vorzugsrechts für die Zubußen von immo— bilen Kuxen, da inzwischen die Mobilisirung der meisten Kuxen erfolgt sei. Uebrigens bedeuteten auch für die Kohlen-Abbaugerechtigkeiten der vormals sächsischen Landestheile die Bestimmungen des Entwurfs keine Ver⸗ schlechterung der gegenwärtigen Verhältnisse. Hr. Wolff erklärte sich gleichfalls für den Entwurf und außerdem für eine Neuregelung des rheinischen Hypothekenwesens, sowie für die von dem Mitgliede Vorderbrügge verlangte vorzugsweise Berücksichtigung der Forderungen von Handwerkern bei Subhastation von Neubauten. Hr. Dr. Jansen erläuterte die Reformbedürftigkeit des rheinischen Hypotheken- uud Sub⸗ hastationswesens aus eigener Erfahrung und stimmte dem Entwurf zu. Hr. Kochann äußerte seine Meinung dahin, daß die Annahme- des Grundsatzes 4 der Denkschrift für den Grundbesitz sich sehr wohlthätig erweisen werde. Aus der Adoption des Grundsatzes 5 könne eine Verschlechterung des Realkredits deshalb eintreten, weil in Zukunft der Gläubiger werde ge⸗ nöthigt werden können, den Ersteher als Schuldner anzu— nehmen und hierdurch der Garantie verlustig gehe, welche ihm die Persönlichkeit des früheren Besitzers vielleicht geboten habe. Die den Handwerkern bei Subhastation von Neubauten häufig durch die Unreellität der Bauherren erwachsenen Nachtheile rührten in vielen Fällen von der übergroßen Vertrauens— seligkeit und Leichtgläubigkeit der Handwerker selbst her, die ohne Prüsung der Verhältnisse zu Lieferungen sich verleiten ließen. Hr. Hessel sprach für die Vorlage, insbesondere für die Annahme des Grundsatzes 5 und nahm mit Hrn. Vorder— brügge die Handwerker gegen den Vorwurf der Leichtgläubig— keit und übergroßen Vertrauensseligkeit in Schutz.
Hiermit war die Debatte erschöpft. Die Vorlage wurde dem permanenten Ausschuß überwiesen. Zum Referenten be⸗ stellte der Vorsitzende Hrn. von Nathusius, zum Korreferenten Hrn. von Tiele⸗Winkler.
Sodann lud der Vorsitzende die Mitglieder der land— wirthschaftlichen Sektion ein, zur Berathung über die wegen Einführung einer Milchkontrole und bezüglich der Hundesperre ihr gemachten Vorlagen am Donnerstag, den 2. März, Mor— gens 10 Uhr, zusammenzutreten, und setzte auf die Tagesord— nung der an demselben Tage, Mittags 12 Uhr, stattfindenden dritten Plenarsitzung die Generalbesprechung der Vorlagen, betreffend die Kreirung von Staatspapieren auf Namen u. s. w., und des Gesetzentwurfs, betreffend die Anfertigung von Zünd— hölzern unter Verwen ung von weißem Phosphor. Nach der Plenarsitzung soll die erste Sitzung des permanenten Aus— schusses stattfinden, auf deren Tagesordnung der Vorsitzende die Spezialberathung des die Abänderung der Gewerbeordnung betreffenden Gesetzentwurfs setzt.
— Die Reichs bank hat heute den Diskont für Wechsel auf 41/9 und den Lombardzinsfuß auf 5i pCt. herabgesetzt.
— Zu dem am 1. d. Mts. bei der Militär-Turn—⸗ anstalt begonnenen 5monatlichen Lehrkursus ist wiederum eine größere Anzahl von Offizieren aller Waffengattungen kommandirt worden und hier eingetroffen.
— S. M. S. „Carola“, 10 Geschütze, Kommandant Korvetten⸗Kapitän Karcher, ist am 2. März er. in Sidney ein⸗ getroffen und beabsichtigt am 23. dess. Mts. die Reise fortzu⸗ setzen.
Elsaß⸗ Lothringen. Straßburg, 1. März. Der Statthalter hat, wie die „Els. Lothr. Itg.“ mittheilt, durch Erlaß vom 20. Februar d. J. auf Grund der von der Options⸗ kommission in ihrer zwölften Sitzung abgegebenen Gutachten die Option bezw. Auswanderung von S887 Personen als gültig anerkannt. ö
— 2. März. (W. T. B.) Die „El saß⸗Lothringsche Zeitung“ schreibt: Der Gesetzent wurf über das Reichs⸗ Tabaksmonopol ist, wie wir hören, den Handelskammern in Straßburg, Colmar, Metz und Mülhausen, sowie den landwirth⸗ schaftlichen Bezirks vereinen von Ober⸗ und Unterelsaß Seitens der Regierung zur Begutachtung mitgetheilt worden. Da Elsaß⸗ Lothringen daß einzige deutsche Land ist, welches praktische Erfahrungen über das Tabaksmonopol besitzt, darf man an⸗
nehmen, daß die Gutachten, welche von den berufenen Ver⸗
s stündigem sehr ; . Felsen erstiegen wir am 26. v. M. Vormittags 11 Uhr
Truppen beschossen.
tretern der Landwirths chat sowie des Handels und Verkehrs im Reichslande nunn iehr abzugeben sind, durch besondere Sachkenniniß und richtige Beurtheilung sich auszeichnen werden.
Oesterreich⸗ Un garn. Wien, 2. März. (W. T. B.) General Major Leddihn meldet vom 28. v. M.: Die Kolonne Czveits hat gestern Vormittag Ulok genommen. Oberst Arlow, dessen rechte Seitenhut auf die Insurgenten gestoßen war und dieselben unter Beibringung größerer Verluste geworfen hatte, war bis zu den Ulok beherrschenden Höhen vorgedrungen und ist heute zurückgekehrt, da Oberst Haas einer weiteren Unter⸗ stützung nicht benöthigt war. Die Kolonne Arlow hat keine Verluste gehabt. Die Befestigungen von Kalinodvie sind nahezu vollendet. — FM. Jovanovic meldet vom 1. d. M. Abends: General CEzveits telegraphirt: Nach beschwerlichen Marsche in den Pluzine⸗
rie Mörinje⸗Planina. Um 121, Uhr stieß die rechte Seiten⸗
hut bei dem östlich gelegenen Weiler Paschina Livada auf
100 Insurgenten, die sich dort festgesetzt hatten und unsere Die Insurgenten wurden von 2 Com— pagnien vertrieben, wobei die Hütten des Weilers in Brand geriethen und flohen in östlicher Richtung. Als wir um Ae Uhr bis auf eine Entfernung von 4 kin von Ulok ange— kommen waren, fanden wir die von Felskuppen gekrönten Höhen von Crveni⸗Clanae von starken Insurgentenbanden besetzt, ich ließ das Artilleriefeuer eröffnen, die Infanterie in Gefechtsstellung übergehen und auch von der Jafanterie das Feuer beginnen. Inzwischen wurde festgestellt, daß ein direkter Angriff unthunlich sei, weil ein ganz offenes Terrain zu passiren war, wobei man außerdem von einer in unserer eigenen rechten Flanke liegenden, sehr markirten Höhe beschossen werden würde, ich entschloß mich daher, diese durch 5 Steinkaraulen verstärkte Höhe anzugreifen. Während die Geschütze und die Infanterie⸗Abtheilung die Höhen beschossen, ließ ich dieselbe umfassen und zog sämmtliche Truppen auf die Höhe und ordnete trotz heftigen Schneesturms den Haupt— angriff an. Die steilen Abhänge der von Natur starken Stellung wurden erklommen und um 7 Uhr nach heftigem Gew hr— und Kartätschenfeuer genommen. Alle Anstrengungen des Feindes, den Schlüsselpunkt von Ulok zu retten, blieben erfolg— los. Der Feind war gänzlich geschlagen, floh nach allen Rich⸗ tungen, ließ mehrere Todte zurück und schleppte zahl— reiche Verwundete und Todte mit sich fort. Auf unferer Seite blieben vom 71. Infanterie⸗Regiment 8 Todte, 9 Schwer-, 6 Leichtverwundete. Ich besetzte die Umgebung, die ich in Kanonenschußstellung zu enfiliren und selbst im Rücken zu fassen in der Lage war. Am 27. Februar früh traf ich mit der über Slivlje vorgerückten Kolonne Sekulich zusammen und stellte den weiteren Vormarsch fest. Um 7 Uhr wurde der Angriff begonnen und stetig gegen die Brücke bei Ulok vorgerückt, während Sekulich als linke Staffel nach— folgte. Mittags wurden die letzten partiellen Wider— standsversuche einzelner fliehender Gruppen im Orte ge— brochen, um 4 Uhr Nachmittags wurde der Rest der Insurgenten durch halbstündiges Feuer auch vom rechten Narenta⸗Ufer vertrieben. Um 6 Uhr Abends rückte die Kolonne Haas über die Brücke auf das linke Narenta-Ufer, wo dieselbe Nachts mit meiner Kolonne in Verbindung trat. Beg Jazie, der Hauptaufwiegler bei dem s. 3. stattgehabten Angriff auf den Gensd'armerieposten bei Ulok, wurde ge— fangen und nach Nevesinje gebracht. Die Stärke der In⸗ surgenten betrug 800 bis 1000 Mann. Tungus kommandirte 250 Christen, Omer Cucic 350 Türken, CekuliFe eine gemischte Abtheilung von 200, Kurtovie eine solche von 200 — 306 Mann. Tungus soll mit seiner Familie nach Montenegro geflohen sein. Das Benehmen, die Opferwilligkeit, Tapferkeit und Ausdauer der Truppen ist im höchsten Grade lobenswerth.
— Aus Mostar, 21. Februar, wird der „Pol. Corr.“ geschrieben:
Im letzten Herbste wurde, als sich in Gacko und Umgebung in Folge der Mißernte große Noth fühlbar machte, von der bosnisch⸗— herzegowinischen Landesverwaltung die Inangriffnahme von Noth— standsbauten beschlossen. Als diesem Beschlusse vor Kurzem Folge gegeben wurde, zeigte sich ein solcher Andrang arbeitsuchender Indi⸗ viduen, daß der bewilligte Betrag erhöht und die Herstellung eines zweiten Straßenzuges von Gacko abwärts in Aussicht genommen werden mußte. Dieses Faktum sowie der Umstand, daß an diesen Nothstandsbauten ungeachtet der in nächster Nähe vegetirenden Em⸗ pörung ununterbrochen gearbeitet wird, charakterisirt besser, als es noch so viele Worte vermöchten, die ganze aparte Art des Landes und die seltsamen Verhältnisse in demselben. Während einige Mitglieder dieses oder jenes Hauswesens als Banditen und Empörer in den Bergen umherschweifen, geht der Rest, wenn auch vielleicht nur schein—⸗ bar, friedlicher Beschäftigung nach und bettelt um Arbeit Seitens desselben Staatswesens, gegen das sich einer oder der andere der An— gehörigen in Aufruhr befindet. .
Es geht daraus hervor, daß sich ein ganz falsches Bild von der Situation im Insurrektionsgebiete macht, wer etwa annimmt, daß alle friedliche Beschäftigung daselbst stockt. Die Behörden funktioniren ungehemmt inmitten der Insurrektionszone und die Existenz des Auf⸗ ruhres kündet sich ihnen hauptsächlich durch zahlreiche Klagen Über Diebstähle und Plünderungen an, mit denen dringende Bitten um Unterstützung meist Hand in Hand gehen. Die Landesverwaltung wird es gewiß an nichts fehlen lassen, um helfend einzugreifen und nachgewiesen unverschuldete Noth zu mildern. Hervorzuheben bleibt nur noch als höchst charakteristisches Faktum, daß die österreichisch⸗ ungarischen Behörden bis zum Augenblicke, wo die Regierungsbülfe eintritt, der dringendsten Noth aus Privatmitteln abzuhelfen bestrebt sind, wie z. B. in Foca, wo die Beamten und Offiziere die ersten und allernothwendigsten Unterstützungen an die Opfer der Plün⸗ derungen aus eigenem Vermögen gewährten.
Prag, 2. März. (W. T. B.) Die Stadtver⸗ ordneten haben beschlossen, nach Publizirung des Uni⸗ versitätsgesetzes eine Deputation an den Statthalter ab⸗ zusenden, um ihren Dank dem Kaiser zu übermitteln. Von der städtischen Vertretung wurde ein dreimaliges „Slava“ und Hoch auf den Kaiser ausgebracht.
Pest, 2. März. Das Unterhaus beendete die Be⸗ rathung des Antrags auf Einsetzung einer parlamen⸗ tarischen Kommission zur Untersuchung der angeblichen Mißbräuche im Kommunilations⸗Ministerium und nahm den Antrag Baroß, auf Uebergang zur Tagesordnung, an.
Großbritannien und Irland. London, 2. Mãärz. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Unterhauses antwortete der Unter⸗Staatssekretär Dilke auf eine Anfrage Ashmead Bartletts: die Grenze für das Vordringen Rußlands in Centralasien bilde den Gegenstand eines Meinungsaustausches zwischen der englischen und russischen
Regierung; dasselbe sei der Fall mit dem durch den jüngsten