— — —
8
r .
ö
befugt erklärten Behörden der Verwaltung der indirekten Steuern erhoben, bezw. zwangsweise eingezogen. Berlin, den 14. März 1882. ; . Der Minister des Innern: Der Finanz⸗Minister:
Im Auftrage: Bitter. Herrfurth.
Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal⸗Angelegenheiten.
Königliche Akademie der Wissenschaften.
Die Königliche Akademie der Wissenschaften hält am Donnerstag, den 23. März er., Nachmittags um fünf Uhr, eine öffentliche Sitzung zur Feier des Allerhöchsten Geburts⸗ tages Sr. Majestät des Kaisers und Königs, zu welcher der Eintritt auch ohne besondere Einladung durch Karten freisteht.
Berlin, den 18. März 1882.
Der vorsitzende Sekretar der Königlichen Akademie der Wissenschaften. E. du Bois⸗Reymond.
Königliche Akademie der Künste.
Bekanntmachung.
Zur Feier des Geburtstages Sr. Majestät des Kaisers und Königs wird die Königliche Akademie der Künste am Mittwoch, den 22. März d. J., Vormittags 11 Uhr, im großen Saale der Singakademie eine öffentliche Sitzung halten, zu welcher der unterzeichnete Senat hierdurch ergebenst einladet. .
Berlin, den 17. März 1882.
Der Senat der Königlichen Akademie der Künste. Taubert.
Ministerium des Innern.
Von der Königlich belgischen Regierung ist der diesseitigen Staatsregierung mitgetheilt worden, daß Behörden anderer Staaten in Rechtsangelegenheiten, in welchen die Gültigkeit, die Beweiskraft oder die Gesetzmäßigkeit einer Urkunde privat⸗ rechtlichen Inhalts, der Umfang der Befugnisse eines gesetz⸗ lichen Vertreters, die Geschäftsfähigkeit eines Minderjährigen oder andere, dem Gebiete des Privatrechts angehörige Umstände nach belgischem Recht zu beurtheilen sind, von den Betheiligten in nicht seltenen Fällen die Beibringung einer entsprechenden Bescheini⸗ gung des belgischen Herrn Justiz-Ministers verlangen. Es wird dabei hervorgehoben, wie ein solches Verlangen nutzlose Kosten und Weiterungen herbeiführe, da nach der in Belgien bestehenden Gesetzgebung der Justiz⸗-Minister zur Ertheilung von Bescheinigungen weder über die angegebenen noch über sonstige privatrechtliche Fragen oder über die Geltung einer, nicht ihrem Wortlaut nach in einem Gesetze enthaltenen Norm des belgischen Rechts ermächtigt sei. Nur in Betreff der Geltung solcher Vorschriften, welche förmlich in einem Gesetze enthalten seien, werde auf Ansuchen eines Betheiligten, sofern die Vorschristen in dem Gesuche be⸗ stimmt bezeichnet worden, von dem belgischen Herrn Justiz⸗
Minister eine Bescheinigung ertheilt, . die belgischen
Gerichte zur Ertheilung selbst derartiger Beschei
haupt nicht befugt seien. .
Ew. Hochwohlgeboren setze ich von dieser Mittheilung der Königlich belgischen Regierung zur gefälligen Beachtung in vorkommenden Fällen und geeigneten Benachrichtigung der Unterbehörden mit dem Bemerken ergebenst in Kenntniß, daß die gegenwärtige Verfügung in der nächsten Nummer des Ministerialblatts abgedruckt werden wird.
Berlin, den 28. Februar 1882.
Der Minister des Innern. Im Auftrage: Herrfurth.
An die Königlichen Regierungs⸗Präsidenten der Provinzen Ostpreußen, Westpreußen, Brandenburg, Pommern, Schlesien, Sachsen und zu Sigmaringen, sowie an die Königlichen Regierungen der Provinzen Posen, Schleswig⸗Holstein, Westfalen, Rheinprovinz, Hessen⸗Nassau und an die Königlichen Landdrosteien der Provinz Hannover.
igungen über
Ju stiz⸗Ministerium.
Versetzt sind: der Amtsrichter Habel in Tremessen an das Amtsgericht in Militsch, der Amtsrichter Polte in Gold⸗— berg an das Amtsgericht in Spremberg, der Amtsrichter Sachse in Neidenburg an das Amtsgericht in Rügenwalde und der Amtsrichter Thüm mel in Lauchstädt an das Amts— gericht in Wittenberg.
Der Kaufmann Otto Hubbe in Magdeburg ist zum Mitglied der Kammer für Handelssachen bei dem Landgericht in Magdeburg ernannt.
Der Amtsrichter Dr. Kaiser in Jacobshagen ist mit Pension in den Ruhestand versetzt.
In der Liste der Rechtsanwälte ist gelöscht: der Rechts—⸗ anwalt Dr. Röttig bei dem Landgericht in Neuwied.
In die Liste der Rechtsanwälte sind eingetragen: der Gerichtsassessor Hampel bei dem Amtsgericht in Krotoschin, der Gerichtsassessor Fränkel bei dem Landgericht in Lands— berg a. W. der Gerichtsassessor Thesing bei dem Amts⸗ gericht in Ragnit, der Gerichtsassessor Droehner bei dem Landgericht in Danzig, der Gerichtsassessor Bodlaender bei dem Landgericht J. in Berlin, der Gerichtsassessor Rosen berg bei dem Landgericht in Magdeburg, der Gerichtsassessor Bauermeister bei dem Landgericht in Hannover und der Gerichtsassessor Howahrde bei dem Amtsgericht in Lennep.
Dem Notar Justiz-⸗Rath Westram in Nimptsch ist die nachgesuchte Dienstentlafsung ertheilt.
Der Amtsrichter Reichens perger in Seehausen i. A., der Rechtsanwalt und Notar Justiz⸗Rath Stratmann in Münster und der Rechtsanwalt und Notar Richard in Iburg sind gestorben.
Ministerium der öffentlichen Arbeiten.
Der bei der Königlichen Regierung in Posen als tech⸗ nischer Hülfsarbeiter angestellte Land⸗Bauinspektor von Lu⸗ 4 ,. als Kreis⸗Bauinspettor nach Creuzburg O. /S. ver⸗ etzt worden.
Der Kreis⸗Bauinspeltor, zaurath Rotmann in Allen⸗ . ist in gleicher Amtseigenschaft nach Prenzlau versetzt worden.
; Der Bergassessor Borche ts zu Staßfurt ist zum Berg⸗ inspektor ernannt worden.
J
J Per sonalver änderungen.
Königlich Preußische Armee.
Ernennungen, Beförderungen und Versetzungen— Im aktiven Heere. erlin, 8. Märi. Frhr. v. Man teuffel, 8 Lt, vom Inf. Regt. Nr. 67, v. Schmidt, Sec. Lt. vom Inf. Regt. Nr. 42, Crus ius, Sec. Lt. vom Füs. Regt. Nr; 34, Kluge, Sec. Lt. vom Inf. Regt. Nr. 64, zur Dienstleist. bei der Gewehr⸗ und Munitionsfabrik iu Erfurt, v., Hüne feld, See. Lt. vom Inf. Regt. Nr. 128, v. Hanstein, Sec. Lt. vom Inf. Regt. N. 93, zur Dienstleist. bei der Gewehr⸗ und Munitionsfabrik in Danzig, v. J. April c. ab auf ein Jahr kommandirt. — 14. März. Detmering, Oberst und Commandeur des Hus. Regts. Nr. 2, unter Stellung à la suite dieses Regts., mit der Führung der 16. Kav. Brig. beauftragt. Frhr. v. Stein, Oberst⸗Lt. u. Comm. des Drag. Regts. Nr. 15, in gleicher Eigenschaft zum Hus. Regt. Nr. 2 versetzt. Wiegrebe, Oberst⸗Lt. von der Armee, zum Commandeur des Drag. Regts. Nr. 13 ernannt. Jouanne, Oberst⸗Lt. und etatsmäßigen Stabsoffizier vom Ulan. Regt. Nr. 7, unter Ver⸗ leihung des Ranges eines Regts. Commandeurs, mit Belassung seiner bisher. Unif., zu den Offizieren von der Armee versetzt. v. Leip⸗ ziger, Oberst-Lt., beauftr, mit der Führung des Hus. Regts. Nr. 14. v. Pelet⸗Narbonne, Oberst⸗Lt., beauftr. mit der Führung des Huf. Regts. Nr. 15, Frhr. v. Buddenbrock-Hettersdorff, Aberst-Lt., beauftr. mit der Führung des Kür. Regts. Nr, 6, zu Commandeuren der betreffenden Regtr., v. Thun, Major u. Escadr. Chef vom Ulan. Regt. Nr. 7, zum etatsmäß. Stabsoffizier ernannt. v. Vult ée, Pr. Lt. vom Husaren⸗Regt. Nr. 14 unter Beförderung zum Rittm. und Escadr. Chef, in das Ulan. Regt. Nr. versetzt.
Thies, Pr. Lt. vom Ulan. Regt Nr. 7, unter Beförder. zum
Rittm. und Escadr. Chef, in das Hus. Regt. Nr. 14, v. Mechow, Pr. Lt. à la suite des Hus. Regts. Nr. 9, unter Entbind. von dem Verhältniß als Turn⸗ und Fechtlehrer bei dem Mili är⸗Reitinstitut, in das Ulan. Regt. Nr. 7, versetzt. Frhr. v. Fritsch, Sex. Lt. vom Hus. Regt. Nr. 14, zum Pr. Lt. befördert. -
Abschiedsbewilligungen. Im aktiven Heere. Berlin, 11. März Graf Finck v. Finckenstein, See. Lt. vom Jäger⸗ Bat. Nr. 1, der Abschied bewilligt. Lindner, Major a. D., zuletzt Hauptm. und 1. Depot⸗Offiz. beim Train⸗Bat. Nr. 19, unter Er⸗ thei lung der 6am, zum ferneren Tragen der Unif. des gedachten Bats., zur Disp. gestellt.
Nichtamtliches. Deutsches Reich.
Preußen. Berlin, 18. März. Se. Majestät der Kaiser und König hörten heute Vormittag den Vortrag des General-Adjutanten von Albedyll.
— Ihre Majestät die Kaiserin und Königin wohnte gestern im Krankenhause Bethanien der Einsegnung einiger Diakonissinnen bei.
— Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz begab Sich gestern Mittags 1 Uhr nach Potsdam, speiste bei Ihren, en en Hoheiten dem Prinzen und der Prinzessin Wilhelm und kehrte mit dem 5 Uhr⸗Zuge nach Berlin zurück.
Am Abend besuchte Se. Kaiserliche Hoheit die Vorstellung im Opernhause.
— Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths' für Zoll- und Steuerwesen und für Handel und Verkehr, sowie der Ausschuß für Zoll- und Steuerwesen hielten heute Sitzungen.
— Der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des en , der Abgeordneten befindet sich in der Ersten eilage.
— In der heutigen (37.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Vize⸗Präsident des Staats⸗ Ministeriums von Puttkamer und die Staats-Minister Maybach und Bitter nebst mehreren Kommissarien bei⸗ wohnten, stand als erster Gegenstand auf der Tagesordnung die dritte Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend den weiteren Erwerb von Privateisenbahnen für den Staat. Der Finanz⸗Minister Bitter theilte mit, daß das Herrenhaus in der gestrigen Sitzung den Gesetz⸗ entwurf, betreffend die finanziellen Garantien, nahezu einstimmig angenommen habe. Der Abg. von Wedell⸗ Malchow sprach für unveränderte Annahme der Vor—⸗ lage. Der Abg. Dr. Hammacher (Essen) erklärte, daß auch er mit seinen politischen Freunden für die Vorlage stimmen werde, da durch die Annahme des Garantiegesetzes eine aus⸗ reichende Wehr gegen die finanziellen Gefahren geschaffen sei. Redner drückte sodann den Wunsch aus, daß über die Ver⸗ waltung der neu zu verstaatlichenden Bahnen ein Nach⸗ tragsetat vorgelegt werde. Weiter fragte er an, wie sich die Regierung bezüglich der braunschweigischen Bahnen verhalten, und welche Grundsätze man bezüglich der Neubauten beobachten werde, die von den anzukaufenden Bahnen projektirt worden seien. Zum Schluß motivirte Redner einen von . und dem Abg. Stengel eingebrachten Antrag zu dieser Vorlage, welcher lautet:
Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen:
Königliche Staatsregierung aufzufordern, für eine gesetzliche Ergänzung der Eisenbahngesetzgebung dahin Sorge zu tragen, daß die Eisenbahngesellschaften verpflichtet werden, auf Verlangen der Staatsregierung die von derselben im Interesse der Landesverthei⸗ digung für nothwendig erachteten Aenderungen und Erweiterungen ihrer Anlagen vorzunehmen, wenn der Staat die , . ent⸗ e Kosten trägt und außerdem für die dadurch herbeigeführte
eschädigung der Interessen der Eisenbahngesellschaft Ersatz leistet.
Der Staats⸗Minister Maybach erklärte, daß bezüglich des Nachtragsetats die Regierung es wie im Jahre 1880 halten, also einen solchen Etat einbringen werde. Bezüglich der braunschweigischen Bahnen sei mit Be⸗ timmtheit zu erwarten, daß die braunschweigische
legierung dem Erwerb der Aktien durch die preußische Ne⸗ gierung Schwierigkeiten nicht in den Weg legen werde. Die Neubauten anlangend, werde die Regierung sich so verhalten, daß sie Bauten, die bereits in Angriff genommen und für welche Gelder vorhanden seien, vollenden werde. Ueber die Bauten aber, die bisher nur projektirt, für welche Gelder nicht vorhanden
und für deren Ausführung auch keinerlei rechtliche Verpflich⸗ tung für den Staat vorhanden sei, werde man dem Hause eine Vorlage unterbreiten. Mit der Tendenz des Antrages Hammacher erkläre er sich einverstanden. Die Regierun werde in Erwägung ziehen, wie die Ausführung desselben si realisiren lasse.
Der Abg. Büchtemann trat für Verwerfung der Vorlage ein unter Hinweis auf die immer mehr wachsende Staats⸗ macht. Es sei ein Unrecht, blühende Privatindustrien zu ver⸗ nichten und das Heer der Beamten immer mehr zu vergrößern.
Damit war die Generaldiskussion geschlossen. In der Spezialdiskussion wurden die 88. 1—83 ohne Debatte ange⸗ nommen. .
Zu §. 9 lag ein Antrag des Abg. Büchtemann vor, welcher lautete:
Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen:
Hinter §. 9 folgenden ö. einzusetzen. a
Aenderungen der normalen Einheitssätze, welche für den Verkehr von e . Gütern, Vieh und Fahrzeugen auf den einzelnen für Rechnung des Staats verwalteten Eisenbahnen der Berechnung der Fahr. und Frachtpreise zu Grunde gelegt sind, werden jährlich im Staatshaushalt festgesetzt.
Der Abg. von Eynern erklärte sich mit der Tendenz des Antrags einverslanden. Die Fortschrittspartei habe damit einen Gedanlen aufgenommen, der schon früher von seiner Vartei vertreten worden. Nur zu dieser Zeit und an dieser Stelle halte er den Antrag nicht für angezeigt, er werde darum jetzt gegen denselben stimmen, um ihn bei Berathung des Gesetz— entwurfs, betreffend die Errichtung von Bezirks- und Landes⸗ eisenbahnräthen, wieder aufzunehmen.
Der Abg. Büchtemann beklagte, daß die Nationalliberalen . fett weigerten, eine in der That wirksame Garantie zu
affen.
Der Abg. von Wedell-⸗Malchow erklärte sich gegen den Antrag Büchtemann, weil derselbe nur geeignet sei, eine so . Vorlage noch in letzter Stunde zum Scheitern zu
ringen.
Bei Schluß des Blattes nahm der Staats⸗Minister Maybach das Wort. (In namentlicher Abstimmung ist die Vorlage in dritter Berathung mit A3 gegen 117 Stimmen angenommen worden).
— An Zöllen und gemeinschaftlichen Verbrauchs⸗ steuern sind im Reiche für die Zeit vom 1. April 1881 bis zum Schlusse des Monats Februar 1882, einschließlich der kreditirten Beträge (und verglichen mit der Ein⸗— nahme in demselben Zeitraum des Vorjahres) zur An— schreibung gelangt: Zölle 179 835 806 66 (4 12164 530 M ), Tabacksteuer 10 311 225 S6 (4 3643 290 M,, Rübenzuckersteuer 76 915 362 MS (=— 22 210815 S½ 9), Salzsteuer 34 654 010 M (308 446 ꝝ, Branntweinsteuer 37 928 778 6 (4 680 869 M6), Uebergangsabgaben von Branntwein 108 715 6 (— 4377 6, Brausteuer 16 498 958 S (— 73 566 6), Uebergangsabgaben von Bier 1 149 181 6 (64 147 801 h; Summe 356 462 055 ( 39077 808 S6). Spielkarten stempel 980 568 6(– 33331 ), Stempelabgabe für Werthpapiere, Schlußnoten 6132 000 M (4 221 883 MS, Rechnungen und Lotterieloose 4 553 548 M, = 45663 548 ch.
Die zur Reichskasse gelangte Ist⸗Einnahme, abzüglich der Bonifikationen und Verwaltungskosten, beträgt bei den nachbezeichneten Einnahmen bis Ende Februar 1882: Zölle 166024 013 M ( 15 909 392 Mοι, Tabacksteuer 6 527 443 (M6 (4 5141 197 06), Rübenzuckersteuer 67413 821 S (4 32381 161 S), Salzsteuer 33 660 168 Sa (4 469 360 ), Branntweinsteuer und Uebergangsabgabe von Branntwein 31 682 715 S (4 235 358 M6), Brausteuer und Uebergangs⸗ abgabe von Bier 14110970 6 (4 58 507 S); Summe 3195419130 S6 (4 54194 975 S6). Spielkartenstempel (einschließlich der Nachsteuer) 921 657 S (— S574 (h).
— Der Kaiserliche Botschafter, Fürst von Hohenlohe, hat Paris mit kurzem Urlaub verlassen. Wahrend seiner Abwesenheit fungirt als interimistischer Geschäststräger der Legations-Rath Dr. Freiherr von Thielmann.
Wiesbaden, 16. März. Nach Verlesung des Pro— tokolls stellte in der heutigen 4. Plenarsitzung des Kom⸗ munal⸗Landtages der Abg. Schneider einen Antrag, be— treffend die Hundesteuer. Derselbe wurde als dringlich an⸗ erkannt, und bestimmt, daß am Ende der Sitzung über den Antrag beschlossen werden soll.
Nach Vertheilung der neuen Eingänge wurde in die Tagesordnung eingetreten und zunächst auf Bericht der Ein— gabenkommission über eine Eingabe des Peter Schneider zu Ketternschwalbach zur Tagesordnung übergegangen.
Auf ferneren Bericht der Eingabenkommission über den Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Abänderung des Ge⸗ setzes vom 25. Dezember 1869 über die Landesbank in Wies⸗ baden wurde heschlossen, den Entwurf in der von der Kom⸗ mission beschlossenen Fassung anzunehmen und höheren Orts vorzulegen.
Auf Bericht der Eingabenkommission über die Erklärung der betreffenden Ressort Minister zu den von dem Kommunal⸗ Landtage am 4. April 1881 bezüglich der Erhaltung der nassauischen Gesetzgebung über die Führung und Einrichtung der Stockbücher gefaßten Beschlüssen, wurde beschlossen, dieselben zu den Akten zu nehmen.
Ferner hat die Eingabenkommission berichtet über den Bericht des ständischen Verwaltungsausschusses über die Er⸗ gebnisse der ständischen Verwaltung vom 1. April 1880 bis 31. März 1881 und wurde beschlossen, denselben unter aus— drücklicher Anerkennung der sehr guten Verwaltung zu den Akten zu nehmen.
Auf eine Beschwerde des Louis Görz zu Eisenbach in Betreff der zwangsweisen Beitreibung von Brandversicherungs⸗ beiträgen wurde das Rekursgesuch zurückgewiesen. Die Wahl des Bürgermeisters Raabe zum Kommunal⸗Landtage wurde für gültig erklärt, dagegen die Wahl des Stellvertreters desselben beanstandet. Auf die Berichte der Wegebaukommission wurde beschlossen, ein Gesuch der Gemeinde Lochum an den ständischen Verwaltungsausschuß abzugeben, sowie über ein Gesuch der Gemeinde Höchst zur Tagesordnung überzugehen.
Hinsichtlich des Ausbaues der Eisenbahnstrecke Wester⸗ burg⸗Hachenburg wurde auf Bericht der Wegebaukommission beschlossen, in gleicher Weise wie zu den Theilstrecken Ha⸗ damar⸗Westerburg und Hachenburg⸗-Altenkirchen die Mit⸗ benutzung der öffentlichen Wege ꝛc. zu gestatten und einen elk von 32 500 6 aus noch näher zu bestimmenden
onds zu den Grunderwerbskosten zu bewilligen.
Ein Gesuch des Bürgermeisters zu Odersberg, betreffend die Anlage eines Zufuhrweges zur Listnbahn fe rel. Löhnberg, wurde dem ständischen Verwaltungsausschusse überwiesen.
Ein gleiches Gesuch des Gemeinderaths zu Niederbrechen, betr. den
Bau der Straße vom Bahnhof Niederbrechen nach Kirberg, ward ebenfalls dem ständischen Verwaltungsausschusse über⸗ wiesen.
Zu der Vorlage des ständischen Verwaltungsausschusses, betreffend die anderweite Organisation des Ehausseeaufsichts⸗ wesens in specie das Institut der Wegemeister, ward be⸗ schlossen, die Wegemeister, da das Institut sich sehr bewährt habe, vom 1. April definitiv auf Lebenszeit anzustellen.
Dem Bexichte der Finanzkommission zu dem Schreiben des Ober⸗Präsidenten vom 2. Janua cr. und auf den wieder⸗ holten Antrag auf Bewilligung einer weiteren Staatsdotation zur Beförderung der Landesmelioration gemäß, wurde be⸗ schlossen, das Schreiben zu den Akten zu nehmen.
Hierauf motivirte der Abg. Schneider seinen Antrag, die Staatsregierung zu ersuchen, daß die Vorlage hinsichtlich der Ueberweisung der Hundesteuer an die Kreiskassen für den hiesigen Kommunalbezirk dahin eine Abänderung erfahre, daß die Hundesteuer nach wie vor den Gemeinden erhalten bleibe. Der Antrag fand einstimmig Annahme.
Württemberg. Stuttgart, 17. März. (W. T. B.) Der „Staatsanzeiger“ verweist die Angabe einiger Blätter, daß Württembergsich früher gegen den Tabackmonopol⸗ Entwurfausgesprochen, später aber demselben zugestimmt habe, in das Gebiet der Fabeln und bemerkt, daß die Regierung eine Erklärung über den Entwurf überhaupt noch nicht ab⸗ gegeben habe Ebenso erfunden sei die Behauptung, daß Meinungsverschiedenheiten über die Verwendung der Monopol— Erträgnisse existirten.
Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 17. März. (W. T. V.) Im Abgeordnetenhause legte der Finanz-Minister den Schiffahrtsvertrag mit Serbien vor. — Das Haus begann die Wahlresormdebatte. — Statthalter de Petris hat sein Reichsrathsmandat niedergelegt. — Die Verhandlung im Ringtheaterprozesse beginnt am 24. April.
— Amtlich wird gemeldet: Der Gensd'armerieposten von Ivzar Karaula bei Cainica wurde am 14. d. von mehr als 1060 Insurgenten aus der Gegend von Celebicvikoc angegriffen und nach tapferer Gegenwehr zum Aufgeben der Karaula ge⸗ zwungen, wobei von der Hülfsmannschaft 3 getödtet und 3 verwundet wurden. Die übrige Mannschaft des Postens rückte in Cainica ein. Die sogleich von Gorazda und Foca aus eingeleiteten Vorstöße blieben erfolglos, weil die Insurgenten wieder nach der Gegend von Celebic abgezogen waren. Die am 15. d. M. von Foca nach Cainica abgerückte Truppenkolonne fand Ivzar-Karaula verlassen und zerstört, wobei in Folge eines Mißverständnisses die Truppen mit einer türkischen Patrouille einige Schüsse wechselten. Ein türkischer Soldat wurde leicht verwundet. Das Truzpen— kommando hat Suleiman Pascha sein Bedauern über den Vorfall ausdrücken lassen.
— Die „Wiener Abendpost“ meldet in einer Correspondenz aus St. Petersburg vom 13. d. M., General Skobeleff habe vom Kaiser einen sehr ernsten Verweis erhalten und sich damit entschuldigt, daß er selbst nicht gewußt, was er gesprochen habe.
— 18. März. (W. T. B.) Gegenüber den von aus— wärtigen Blättern gebrachten Mittheilungen, daß Oesterreich— Ungarn entschlossen sei, Bosnien und die Herzegowina zu annektiren, versichert das „Fremdenblatt“, von Oesterreich— Ungarn sei keinerlei Aenderung der staatsrechtlichen Stellung der okkupirten Provinzen in Aussicht genommen oder gar schon angeregt; insbesondere sei der Botschafter Graf Wolken⸗ stein mit keiner Mission in dieser Beziehung betraut. — Dem
„Fremdenblatt“ zufolge ist der diesseitige Gesandte in Bukarest,
Graf Hoyos-Sprinzenstein, an Stelle des zum Botschafter in St. Petersburg ernannten Grafen Wolkenstein als Sektions— chef im Ministerium des Auswärtigen in Aussicht genommen. — Nach einer Meldung der „Neuen freien Presse“ aus Ra⸗ gusa ist der montenegrinische Minister des Auswärtigen, Radonic, nach St. Petersburg abgereist.
Zara, 17. März. Nach einer Meldung der Zeitung „Narodni List“ ist eine Deputation der Crivoscianer, welche den Fürsten von Montenegro um Aufnahme bat, von dem Fürsten streng empfangen worden. Der Fürst machte den Abgesandten ihr Verhalten gegen Oesterreich zum Vor— wurf und erklärte, daß er ihnen die Aufnahme zwar nicht verweigern könne, daß er aber eine strenge Beaussichtigung gegen sie anordnen werde.
Schweiz. Bern, 18. März. (W. T. B.) Die Staatsrechnung für 1881 ergiebt 43 383 026 Frs. Ein⸗ nahmen und 42717493 Frs. Ausgaben; wobei 1500 0900 Frs. zur antizipirten Amortisirung der Gotthardbahnsubsidien nicht budgetmäßig eingestellt waren.
Großbritannien und Irland. London, 17. März. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Oberhauses ant⸗ wortete der Staatssekretär Lord Granville auf eine An⸗ frage des Lord De⸗-La⸗Warr: Die englische Regierung habe vor einem Jahre das Recht der egyptischen Regierung, den Ausländern dieselbe Haussteuer wie den Eingeborenen aufzulegen, anerkannt. Die anderen Mächte seien einer ähn⸗ lichen zinficht gewesen; seitdem seien aber einige Bedenken in Bezug auf die Art der Einschätzung erhoben worden, und es finde darüber ein Schriftenwechsel statt, der noch nicht ab— geschlossen sei.
Im Unterhause lenkte Gorst die Aufmerksamkeit auf dasder Nord-Borneo⸗Compagnie gewährte Patent und beantragte die Aufhebung derjenigen Patentbestimmungen, welche die Sklaverei unter englischer Flagge billigen. Im Laufe der Debatte erklärte der Premier Gladstone: Wenn die gedachten Stipulationen gestrichen würden, so würde die Sklaverei doch fortdauern, während jetzt jene Gesellschaft ver⸗ pflichtet sei, der Sklaverei ein Ende zu machen, sobald dies ausführbar sei. Mit der Niederlassung seien unzweifelhaft Verantwortlichkeiten und Gefahren hinsichtlich der Beziehungen zu den fremden Staaten und den Eingeborenen verbunden, dieselben würden aber durch das Patent nicht vergrößert, sondern ver⸗ mindert. Das Risiko, daß Zustände ul. könnten, welche zu einer Annexion führen würden, sei immer mit solchen Fällen verbunden; aber solche Annexionen könnten nur verhindert werden, wenn den Engländern auf das Bestimmteste untersagt würde, die Reichsgrenzen zu überschreiten. Die Regierung könne solche Niederlassungen nicht gestatten, ohne gleichzeitig zu ver⸗ suchen, dieselben zu reguliren; sie mache im gegenwärtigen Falle das Experiment mit einer milden Kontrole. Der An⸗ trag Gorsts wurde schließlich mit 125 gegen 62 Stimmen abgelehnt.
Frankreich. Paris, 16. März. (Fr. Corr.) Im heutigen Ministerrath wurden die Erklärungen fest⸗ gestellt, welche der Minister der öffentlichen Arbeiten, Varroy, morgen in dem Kammerausschusse für den Papon⸗ schen Antrag, betreffend das Betriebsregime der Eifen⸗ bahnen, abgeben soll. Dieser Gegenstand neht in innigem Zusammenhange mit dem Budgetentwurf des Finanz⸗Ministers Léon Say. Nach diesem will die Regierung auf das ihr an den sechs großen Eisenbahnen zustehende Rückfaufsrecht für eine Periode von fünfzehn Jahren verzichten. Dagegen verlangt sie von den Bahnen — und diese Punkte wird Hr. Varroy morgen im Ausschusse näher erläutern — 1) Rückzahlung der ihnen vom Staate geleisteten Vorschüsse, welche für die Orleansbahn 2065, für die Ostbahn 135 und für die Lyonbahn 5 Millionen betragen, 2) ihre Mitwirkung an dem Bau der Nebenlinien, welche in das Freycinetsche Bautenprogramm fallen, 3) endlich eine Re⸗ vision der Tarife für den Personen- und Frachtenverkehr. Hr. Varroy wird anzeigen können, daß die Orleansbahn auf diese Vorschläge bereits eingegangen ist, und daß die Unterhand— lungen mit den anderen Gesellschafsten auf gutem Wege sind. Die Regierung wird definitive Eröffnungen hierüber noch vor der am 21. d. M. anstehenden Wahl des Budgetausschusses machen können.
Dem „Temps“ wird aus Tunis u. d. 15. März telegraphirt: „Der Ober-General hat den Generalen Jamais und Philebert seine Weisungen für eine entschiedene Aktion gegen die Aufrührer, Marodeurs und Räuher zukom—⸗ men lassen, die seit einigen Wochen wieder in Süden der Regentschaft ihr Wesen treiben. Es ist beschlossen, alle Zu⸗ gänge zu den südlichen Schotts, durch welche man nach der Grenze von Tripolis entfliehen kann, zu sperren; zwischen den beiden Kolonnen sollen die Gums operiren und sich über den ganzen Süden vertheilen. Man sagt, daß Ali ben Khalifa verkleidet in Tunis weile. Mehrere seiner Emissäre treiben sich unter den Stämmen herum; es wird auf sie ge— fahndet. Die Rebellen sind jetzt mit weittragenden Präzisions—⸗ gewehren bewaffnet. Uns ist z. B. ein Mann aus einer Ent—⸗ fernung von 800 m getötet worden. Diese Gewehre kommen aus Tripolis. Ein Italiener, Namens Rossi, verkauft sie den Arabern und befördert sie auch selbst an die Stämme.“
— 17. März. (W. T. B.) Die vom Handels⸗ Minister in der Eisenbahnkommission abgegebene Erklärung konstatirt, daß die vorgeschlagenen Konven⸗ tionen mit den Eisenbahngesellschaften die Wirkung haben würden, den Nettonutzen derselben um hundert Millionen jährlich zu verringern. Wenn man hierzu die 50 Millionen Eilgutsteuer hinzurechne, auf welche der Staat verzichten würde, so werde sich ein Nutzen von jährlich 150 Millionen für das Publikum herausstellen. Der Minister betonte ferner, daß die großen öffentlichen Arbeiten keine Verzögerung erleiden würden.
Algier, 18. März. (W. T. B.) Wie aus Oran telegraphirt wird, haben viele Kolonnen Befehl erhalten, in der Richtung auf Ainchair und Bouchair im Donimenca— gebiet sowie auf Oued Rheurles gegen die marokkanische Grenze vorzurücken.
Italien. Rom, 17. März. (W. T. B.) Eine De—⸗ pesche der „Agenzia Stefania“ aus Tunis über den bereits gemeldeten Zusammenstoß zwischen Italienern und dem Grafen Saucy und dem französischen Konsulatskanzler besagt: In der vergangenen Nacht erschienen der Kanzler des Rin z ich Konsulats und Graf Saucy mit zwei von französischen Zuaven eskortirten Italie— nern in dem italienischen Konsulat und erhoben gegen die Letzteren die Beschuldigung, daß sie von ihnen beschimpft und angefallen worden seien. Die Italiener erklärten, sie seien während eines Spazierganges von einem Individuum, das aus einer in der Nähe befindlichen Menschengruppe auf sie zugekommen sei, mit erhobenem Stock heftig angegangen worden und, während sie demselben gefolgt, habe einer von ihnen sowie Graf Saucy Schläge mit dem Stock erhalten. Das Konsulat behielt die Italiener provisorisch in Haft und ersuchte den französischen Konsul, den Grafen Saucy und den Konsulatskanzler, falls sie das gesetzliche Vorgehen gegen die italienischen Staatsangehörigen wünschen sollten, zur Ein⸗— reichung einer regelrechten Klage aufzufordern.
Nußland und Polen. St. Petersburg, 17. März. (W. T. B.) Der „Kronstädter Bote“ veröffentlicht die bei Gelegenheit der Feier des Jahrestages der Thronbesteigung des Kaisers vom Militär-Gouverneur und General⸗Adjutanten Kosakewitsch in Kronstadt gehaltene Rede. In derselben heißt es: „Der gesunde Menschenverstand sagt uns, daß jedes starke Reich sich dann frei entwickeln kann, wenn es sich in Freundschaft mit seinen nächsten Nachbaren befindet. Ich will nicht untersuchen, weshalb sowohl in der inländischen wie aus⸗ ländischen Presse Kriegsrufe laut wurden; aher ohne Zweifel wer⸗ den diese bald verschwinden, wenn das kriegerische Material dafür erschöpft ist und wenn man sich anderen Fragen zuwendet. Ohne Zweifel werden dann auch die heißblütigen Naturen, welche sich von dem militärischen Geiste hinreißen ließen, ruhiger und gleichgültiger auf die Dinge sehen, von denen sie sich früher haben hinreißen lassen. Wir wünschen unserm theueren Rußland auf dem Wege friedlicher Entwickelung ein Fortschreiten auf dem Wege, welchen uns unser Herr und Kaiser vorgezeichnet hat.“ Der Redner schloß darauf mit Segenswünschen für den Kaiser und mit einem begeisterten Hoch auf denselben.
Amerika. New⸗JYʒork, 17. März. (W. T. B). Nach den letzten Nachrichten aus Panama ist bei dem Erdbeben in Costa Rica kein Menschenleben zu beklagen gewesen, und ebenso wenig haben namhafte Verwüstungen stattgefunden.
Seitungsstimmen.
Wie bereits mitgetheilt, wurde in einer im Januar ab⸗ gehaltenen Versammlung von Landwirthen aus den Kreisen ildesheim und Marienburg eine Zustimmungsadresse an den ürsten Bismarck beschlossen und am 7. d. M. mit mehr als J000 Unterschriften ve le g an den Reichskanzler abgesandt. n e, ,. derselben ist am 15. d. M. das nach⸗ stehende, vom „Hildesh. Courier“ veröffentlichte Ant⸗ wortschreiben des Reichskanzlers zu Händen des Oekonomie— kommissars Brügmann an die obige Versammlung gelangt: Berlin, den 13. März 1882. Die von Bewohnern der Kreise des helm und Marienburg an mich gerichtete Adresse habe ich empfangen und freue mich des in
derselben ausgesprochenen Einverständnisses mit der Wirthschafts⸗ politik des Reicht. ö
Mit Ihnen kann ich bei einem Rückblick auf die Entwickelung unserer Gesetzgebung mich dem Eindrucke nicht verschließen, daß der Grundbesitz eine ungünstigere Behandlung erfahren hat, als der beweg⸗ liche Besitz Der Grundbesitz ist nicht nur prägravirt durch die auf ihm neben der Einkommensteuer lastende Grund⸗ und Häusersteuer, sondern auch durch indirekte, insbesondere durch übertriebene Stempelabgaben. Hierzu kommt, daß die Preise der landwirthschaftlichen Produkte wäh⸗ rend der letzten 30 Jahre zurückgegangen sind oder doch günstigsten Falls sich auf der früheren Höhe erhalten haben, während die Preise aller übrigen Erzeugnisse während eben jenes , . auf das Doppelte und Dreifache gesticgen sind. Auf diese Weise hat sich seit 1848 allmählich eine Verschiebung der Gleichheit vor dem 23 zum Nachtheile der grundbesitzenden und insbesondere der landwirth⸗ schaftlichen Bevölkerung vollzogen.
Eine gleiche Verschiebung hat in den letzten 20 Jahren zu Ungunsten der Industrie und der Gewerbe stattgefunden. Auch diesen gegenüber hat sich der vorwiegende Einfluß des materiell unproduk⸗ . Theils unserer Mitbürger auf die Gesetzgebung schädlich er⸗ wiesen.
Die Erkenntniß der angedeuteten Mißstände hat der Regierung die Pflicht nabe gelegt, Abhülfe zu erstreben. Mit Rücksicht darauf, daß die ländliche Bevölkerung 28. die städtische nur 17 Millionen beträgt, und daß das numerische Verhältniß der produzirenden und unproduktiven Bevölkerung sich für die erstere noch bedeutend günstiger stellt wenn man denen, die von der Landwirthschaft leben, die Zahl der Industriellen und Gewerbetreibenden zuzählt, glaubte die Regierung hoffen zu dürfen, daß sie bei der Durchführung ihrer Reformpläne die Unterstützung der Mehrheit der Nation finden werde, welche durch den bisherigen Gang der Gesetzgebung benachtheiligt wurde. Bei den letzten Wahlen hat es sich indeß gezeigt, daß die Erkennt⸗ niß der Nützlichkeit dieser Reformen nicht weit genug verbreitet ist, um den politischen Agitationen der Oppositionspartei das Gleich⸗ gewicht halten zu können.
Nachdem bei den Wahlen ein großer Theil der landwirthschaft⸗ lichen wie der industriellen Bevölkerung Mißtrauen gegen die Einsicht oder gegen die Aufrichtigkeit der Regierung kundgegeben hat, bleibt der Regierung nichts übrig, als sich ihren guten Willen zu bewahren und abzuwarten, ob sie in Zukunft eine ausreichende Unterstützung Seitens der parlamentarischen Körperschaften finden wird.
Ew. Wohlgeboren und allen an der Adresse betheiligten Herren danke ich verbindlichst für die Zusage Ihrer Mitwirkung zu Er⸗ reichung dieses Zieles.
v. Bismarck.“
— Aus einem Artikel des „Deutschen Handels⸗ blattes“, Wochenblatt für Handelspolitik und Volkswirth⸗ schaft, Organ des Deutschen Handelstages, heben wir fol⸗ gende Auslassungen hervor:
Unter den großen und bedeutsamen Thaten, welche die wirth⸗ schaftspolitische Geschichte des neuen Deutschen Reiches zu verzeichnen hat, steht die Verstaatlichung der preußischen Privatbahnen obenan und allmählich verstummen vor den Erfolgen dieser einschneidenden Reform die ehedem so lauten und rührigen Gegner derselben. Angesichts der bestehen⸗ den Verkehrs- und Transportverhältnisse, im Hinblick auf ihre zu künftige Entwickelung, in Anbetracht der Lage Preußen⸗Deutschlands im Herzen von Europa und der daraus sich ergebenden großen Auf⸗ gaben nationaler und internationaler Eisenbahntarifpolitik erweist sich mehr und mehr die Verstagtlichung der preußischen Bahnen als das Werk eines weitblickenden Staatsmannes, als das Ergebniß zeit⸗ nothwendiger Wirthschaftspolitik.
In Anknüpfung an die Einwirkungen der neuen Gotthardlinie auf den großen mitteleuropäischen Eisenbahnverkehr haben wir un⸗ längst an dieser Stelle einige wenige Andeutungen zu geben versucht über die Zukunft internationaler Tarifpolitik und ihrer Aufgaben. Man wird uns zugestehen müssen, daß das Deutsche Reich internationale Tarispolitik treiben muß, daß es zu Thatenlosigkeit verdammt sein würde, wenn die Regierung in ihren Entschlüssen sich abhängig wüßte von einer größeren oder kleineren Zahl Privatbahn⸗ direktionen, daß sie vollends darauf verzichten müßte, inmitten der internationalen Regelung der Verkehrsbeziehungen eine ziel bewußte nationale Tarifpolitik zu treiben, wollte sie als Vertreterin der das Gesammtwohl aufrecht erhaltenden Staatsidee sich den widerstreiten⸗ den Sonderinteressen von Privatunternehmungen unterordnen.
Was nationale Tarifpolitik in der Praxis zu bedeuten habe, zeigt der jüngste Kampf der österreichischen Eisenbahnen und Schiffahrts⸗ unternehmungen mit den deutschen Konkurrenzanstalten um die Be⸗ förderung des erheblichen Bedarfs an Kolonialwaaren aller Art, ins⸗ besondere an Kaffee, Reis, Petroleum, Baumwolle, Taback ꝛc, welchen Oesterreich⸗Ungarn über die deutschen Nordseehäfen bezieht. Nachdem dieser Bedarf lange Zeit hindurch von den deutsch⸗österreichischen Bahnen befördert worden war, versuchte man österreichischerseits, als die billigen Transittaren ihre Geltung verloren hatten, den ganzen Verkehr auf deutschem Gebiete von den Eisenbahnen abzulenken und dem Wasserwege zuzuwälzen und zwar mit Erfolg. Die österreichische Nordwestbahn hatte eine eigene Nordwest-Schiffahrtsgesellschaft zu diesem Behufe ins Leben gerufen und ihr weitgehende Tarifver⸗ günstigungen eingeräumt, um sie nicht nur konkurrenzfähig, sondern zugleich so überlegen zu machen, daß sie im Stande war, die übrige Elbeschiffahrt lahmzulegen. Es gelang ihr, den Transit⸗ güterverkehr nach Oesterreich⸗Ungarn auf diese Weise nicht nur vom Eisenbahnwege ab⸗ und dem Elbewege zuzulenken, sondern ihn auch der österreichischen Schiffahrt zu sichern, welche in Tetschen ihre Frach⸗ ten an die Bahn zur Weiterbeförderung ablieferte.
So benachtheiligt, wandten sich die deutschen Schiffer — als die Zunächstbetroffenen — beschwerdeführend an die deutsche Reichs- regierung.
Die deutschen Vorstellungen blieben nicht ohne Wirkung, we⸗ nigstens in der Form. Ende Februar d. J. wurden die betheiligten österreichischen Eisenbahngesellschaften veranlaßt, die der österreichi· chen Nordwestschiffahrt⸗-Gesellschaft bisher allein zugestandenen Tarif⸗
egünstigungen, und insbesondere Refaktien von dem kombinirten
Frachtsatze auch der deutschen Elbschiffahrts⸗Gesellschaft „Kette“ und den mit ihr verbündeten Privatschiffern zuzugestehen, womit immerhin etwas erreicht wurde, wenngleich dadurch die heimlichen Refaktien wegen der dehnbaren Tarifsätze und besondere Beeinflussungen einzelner Spediteure zu Gunsten der österreichischen Schiffahrt keineswegs als völlig beseitigt betrachtet werden können. ;
In dieser Erkenntniß beeilte man sich deutscherseits, einen neuen Weg für die österreichischen Transitwagren zu schaffen und so prompt und wirksam nationale Tarifpolitik zu trei⸗ ben. Es wurde von der deutschen Regierung ein am 1. März d. J. ins Leben tretender Seehafen⸗Ausnahmetarif für den Verkehr zwischen Hamburg und Bremen einerseits, Regensburg und m . andererseitz, bei Weiterbeförderung auf der Donau mit sehr
illigen Taxen herßestellt, welcher Tarif die Artikel Reis, Taback, Wolle, Pflaumen, 6 , und eine Reihe anderer Kolonial- waaren umfaßt und, wie Wiener Blätter zugestehen müssen, zweifels⸗ ohne geeignet ist, einen großen Theil des fraglichen Importverkehrs dem Donau- Umschlage zuzuführen, welcher schon im Vor- jahre, unterstützt von den Bemühungen der die Situation richtig er⸗ fassenden Donau. Dampfschiffahrts⸗Gesellschaft, eine bedeutende Stei⸗ gerung aufwies. Man ist in Wien ganz erstaunt darüber, wie die deutschen Bahnen so den Spieß umdrehen konnten. Während im Elbe Umschlage die österreichischen Bahnen den Verkebr biz an die Landesgrenze aher und auf deutschem Gebiete die Wasserstraße be⸗ nutzt wird, fahren im Donau-Umschlage die deutschen Bahnen die Transporte bis Regensburg und Passau und lassen den österreichischen Bahnen das Nachsehen. .
Mit Genugthuung wird man von diesem Vorgehen der preußisch⸗ deutschen Cisenbahnverwaltungen Akt zu nehmen haben. Schneller als seine treuesten Anhänger gehofft, bewährt i. das Staatsbahn ⸗˖ system und verheißt der deutschen Voltswirths aft in Zukunft eine