1882 / 69 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 21 Mar 1882 18:00:01 GMT) scan diff

gelehnt und 5. Ra. in der Fassung des Entwurfs ange⸗ nommen.

Demnächst wird auch §. 42b nach der Vorlage ange⸗ nommen.

Zu Artikel 5, spricht Hr. Kochhann die Befürchtung aus, es werde nunmehr beispielsweise den sogenannten fliegenden Buchhändlern die Befugniß zur Ausübung ihres Gewerbes z. B. deshalb versagt werden, weil sie oppositionelle Zeitungen verbreiteten.

Der Regierungsommissar Hr. Geheimrath Bödiker weist diese Besorgniß als unbegründet zurück und legt dar, daß im Artikel 5 nur die auch jetzt bestehende

innere Uebereinstimmung des 5§. 43 mit dem neuen Titel 3 der Gewerbeordnung beibehalten werden solle.

Artikel 5 der Vorlage wird darauf angenommen.

In der Diskussion über Artikel 6 der Vorlage bemerkt zu f 44 Hr. Jansen, der Entwurf treffe zweckmäßig das Hausiren der Geschäftsreisenden, welches unter dem Schein eines Reisens mit Mustern betrieben werde.

Hr. Heimendahl giebt der Ansicht Ausdruck, daß das Reisen der Gewerbtreibenden, soweit es das natürliche Be⸗ dürfniß überschreite, von selbst aufhören werde und schon im Abnehmen begriffen sei. Diese Rückkehr zu normalen Ver— hältnissen begünstige die Vorlage, welche er deshalb nur gut— heißen könne.

Nachdem Hr. Wolff, gleichfalls unter Empfehlung der Vorlage, den noch immer stattfindenden Mißbrauch der Rei⸗ senden zum Hausiren betont hatte, wird 5 44 nach dem Ent⸗ wurf und demnächst §. 44 a. ebenso ohne Debatte angenommen.

Zu Artikel 7 liegt folgender Antrag des Hrn. Hessel vor:

Hausirer, welche mit Waarenproben oder mit Waaren Privatleute besuchen, um Aufträge entgegenzunehmen oder Waaren zu verkaufen, haben in jedem Orte, in welchem sie dieses Gewerbe betreiben, eine Gewerbe— steuer zu entrichten, deren Ertrag der betreffenden Ge— meindekasse zufließt. Die Höhe der Steuer wird be— messen nach der Kopfzahl der Ortseinwohner. Die ver— schiedenen Handelsartikel sind dabei nach ihrem Werthe zu klassifiziren.

Behufs Erhebung der Steuer hat sich jeder Hausirer bei dem mit der Steuererhebung betrauten Gemeinde— beamten vor dem Beginn seines Gewerbebetriebes in der Gemeinde zu melden. Die Unterlassung oder Ver— spätung dieser Anmeldung wird bestraft.

Die Beschlußfassung über diesen Antrag wird bis nach erfolgter Durchberathung des Artikels 7 vorbehalten.

Nachdem 8. 55 ohne Debatte angenommen, werden zu §. 56 folgende Anträge gestellt.

Hr. Jansen beantragt:

in Absatz 2 Nr. 2 vor „gebrauchte Kleider“ einzuschal⸗ ten: „Gewebe aller Art, Konfektionsgegenstände“.

Hr. von Tiele beantragt:

in Absatz ? Nr. 2 hinter „Baumwolle“ hinzuzufügen: „Rübenkerne, Kleesamen und sämmtliche Oelsämereien.“ Hr. Graf Henckel beantragt: den Absatz 3 Nr. 6 wie folgt zu fassen: „Dynamit und ähnliche Sprengstoffe, auch Schießpulver und ähnliche Feuerwerkskörper“. Hr. Leyendecker beantragt: in Absatz 2 Nr. 10 die Worte: „Schriften und Bild⸗ werke patriotischen, religiösen oder erbaulichen Inhalts“ zu streichen. Hr. Kochhann beantragt: ebenda hinter „Bibeltheilen“ einzufügen: „Gesangbücher“.

Hr. Jansen wünscht, daß der Hausirhandel noch weiter als durch die Vorlage beschränkt werde, und daß neben den hier berücksichtigten Gesichtspunkten der öffentlichen Sicherheit, der Gesundheitspflege, der Sittlichkeit und Ordnung auch die geschäftliche Nothlage der kleinen Kauf— leute gegenüber den Hausirern Beachtung finde. Insbesondere in der Manufakturbranche werde durch Hausiren mit schlechten Fabrikaten, welchen durch Appretur ein bestechendes Aussehen gegeben sei, sehr vielfach Seitens der Hausirer ein Betrug gegen die Käufer ausgeübt, welchen sich ein angesessener Kaufmann nie würde erlauben können.

Hr. Heimendahl billigt das Ziel des Jansenschen Antrages, glaubt aber nicht, daß es gelingen werde, derartige Betrüge⸗ reien anders zu verhüten, als daß das kaufende Publikum vorsichtiger zu Werke gehe. Das Hausirgewerbe habe doch auch einen gewissen Nutzen, namentlich für entlegene und schwachbevölkerte Gegenden.

Hr. von Tiele bemerkt zur Begründung seines Antrages, daß die von ihm angeführten Früchte und Sämereien schon in geringen, leicht einzusammelnden Mengen einen solchen Werth hätten, daß in sehr bedeutendem Umfange kleine Diebereien davon auf dem Lande vorkämen; die Verwerthung des gestohlenen Gutes hesorge der Hausirer. Wenn man den Hausirhandel mit diesen Gegenständen verbiete, werde diesem Uebelstande abgeholfen werden.

Hr. Leyendecker wendet sich gegen den Jansenschen An— trag, weil derselbe zu weit gehe. Redner schlägt vor, die Aus⸗ nahmen im Absatz 2 Nr. 10 durch den Zusatz zu ergänzen: sowie belehrende Schriften erziehlichen Inhalts. .

Hr. Graf Henckel spricht sich unter Zustimmung zu den Bemerkungen des Hrn. Heimendahl gegen den Antrag Jansen aus.

Hr. Wolff erörtert die üblen Folgen, welche der Hausir— handel mit Geweben für die Fabrikation derselben gehabt habe, und wie jener Geschäftsbetrieb das stehende Detailgeschäft ruinire. Redner führt dies an einzelnen Beispielen aus dem Kreise Gladbach aus. Das Hausiren diene, mit verschwinden— den Ausnahmen, bei den heutigen Verkehrsverhältnissen keinem wirklichen Bedürfnisse mehr. Hr. Wolff überreicht dem Vor— sitzenden Abschrift einer an den Reichstag gerichteten Eingabe

von Ladenbesitzern in Konitz, welche mit den von ihm dar⸗ gelegten Anschauungen übereinstimmt.

Der Regierungskommissar, Hr. Geheime Regierungs— Rath Bödiker erläutert gegenüber den beantragten Ausdeh⸗ nungen der im Entwurf aufgeführten Verbote den Stand⸗ punkt der Vorlage nach Maßgabe der Bemerkungen auf Seite 32 der Begründung des Entwurfs. Gegen die im In— teresse des stehenden Gewerbes vorgeschlagene weitere Ein— schränkung des Hausirhandels spreche die Erwägung, daß seit nunmehr 13 Jahren auch diese Form des Handels die legitime Basis zahlreicher wirthschaftlicher Existenzen geworden sei, die man nicht ohne Weiteres vernichten dürfe. Gegen den Vorschlag des Hrn. Leyendecker spreche, daß, wenn man den e, . mit belehrenden Schriftwerken zulasse, fast für jedes Buch diese Art der Verbreitung würde in Anspruch ge⸗

Hr. von Risselmann spricht sich aus seiner Erfahrung für den Antrag von Tiele aus.

Hr. Heimendahl ist gegen eine weitergehende Beschrän— kung des Hausirhandels als diejenige, welche der Entwurf ins Auge faßt. Der Schaden der jetzigen Geschäftsverhältnisse liege in der zu großen Ausdehnung des Detailgeschäftes.

Hr. er erwidert, diese Ausdehnung sei nicht an sich, sondern nur deshalb zu groß, weil daneben ein so umfang⸗ reicher Hausirhandel bestehe. Letzterer aber sei verderblich, . ch eine betrügerische Fabrikation begünstige und sogar

erbeiführe.

Hr. Leyendecker zieht gegenüber den Einwendungen des Regierungskommissars seinen auf belehrende Schriften bezüg— lichen Vorschlag zurück, beantragt aber zugleich die Streichun der patriotischen, . und erbaulichen Schriften. Au auf diese finde die Erwägung Anwendung, daß die Begriffe sehr dehnbar seien.

Hr. Jansen erklärt, er habe durch seinen Antrag zu Nr. 2 die Frage einer weiteren Beschränkung des Hausirhandels nur anregen wollen, und ziehe nunmehr seinen Antrag zurück.

Bei der nunmehrigen Abstimmung wird Absatz 1 des f 56 angenommen, ebenso Absatz 2 Nr. 1; Nr. 2 unter Ab⸗

ehnung des Antrags von Tiele; ferner Nr. 3, 4 und 5, Nr. 6 nach Ablehnung des Antrages Graf Henckels, Nr. 7, 8 und 9g, Nr. 10 unter Annahme der Anträge Leyendecker und Koch⸗ hann. Der Schlußsatz des 8. 56 wird gleichfalls angenommen.

Der S§. 56a. der Vorlage wird nach einer Aufklärung des Regierungskommissars, Hrn. Geheimen Rath Bödiker, über die Tragweite der Bestimmung angenommen. Daran knüpft sich eine Besprechung über die Bedeutung des 5§. 56 Nr. 1 und sein Verhältniß zur bestehenden Gesetzgebung, an welcher sich außer dem Regierungskommissar die Herren Kochhann, Herz und Kiepert betheiligen.

Die §§. 56b., 56c. und 56d. werden ohne Debatte an— genommen.

Zu 5§. 57 wird Seitens der Herren Kochhann und Leyen— decker der unter Nr. 3 gebrauchte Ausdruck „schwindelhafte

wecke“ beim Gewerbebetriebe wegen seiner Unbestimmtheit emängelt. Nachdem die Herren Hessel und Graf Henckel die

Beibehaltung des Ausdrucks empfohlen und der Regierungs— kommissar Geheimrath Bödiker dieselbe mit dem Bemerken be— fürwortet, daß den Behörden, denen die Ausstellung der Hausirscheine obliege, nicht zu enge Grenzen für die Versagung solcher Scheine gezogen werden müßten, werden die Nummern U bis 5 des §. 57 der Reihe nach unverändert angenommen.

.Zu S§. 5JTa. beantragt Hr. Kochhann unter Nr. 5 die Worte:

„Ermittelungen angeordnet sind oder“

zu streichen, weil eine Versagung des Wandergewerbescheines durch die bloße Einleitung solcher Ermittelungen, sofern die—⸗ selben noch nicht zur . der Anklage geführt hätten, nicht genügend motivirt erscheine.

. ,, Hr. Geheimrath Bödiker macht für die Vorlage geltend, daß in den gedachten Fällen die Ver⸗ sagung nicht erfolgen müsse, sondern nur in das Ermessen der zuständigen Behörde gestellt sei, die von dieser Befugniß nur im Falle schwerer Beschuldigungen Gebrauch machen werde.

Bei der Abstimmung wird der Eingang und Nr. 1 bis 4 angenommen, in Nr. 5 die Worte: „Ermittelungen angeordnet sind oder“ gestrichen, sodann Nr. 5 und 6 gleichfalls an⸗ genommen. Ein Vertagungsantrag findet die Zustimmung der Mehrheit der Versammlung.

Der Vorsitzende setzt die nächste Sitzung auf Dienstag, den 14. d. Mts, Vormittags 11 Uhr, fest. Als Tagesordnung wird bestimmt: 1) die Fortsetzung der heutigen Berathung; 2) die Spezialdiskussion der Denkschrift zu dem Gesetzentwurf, betreffend die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Ver—⸗ mögen.

Protokol! der sechsten Sitzung des permanenten Ausschusses des Volkswirthschaftsraths.

Berlin, den 14. März 1882.

Die Sitzung wird von dem Vorsitzenden, Staats-Minister von Boetticher, um 111½ Uhr eröffnet.

Das Protokoll der gestrigen Sitzung des permanenten Ausschusses liegt zur Einsicht aus.

Als Kommissarien der Regierung sind anwesend: der Direktor im Reichsamt des Innern Bosse und der Geheime Regierungs-Rath Bödiker zum ersten Gegenstande der Tages— ordnung, und der Geheime Ober-Justizrath Hurlbaum zum zweiten Gegenstande der Tagesordnung.

Wiedereingetreten sind heute die Herren Dietze-Barby, Frhr. von Landsberg-Steinfurt und von Born⸗Dortmund.

Als Stellvertreter sind eingetreten: Hr. Lobeck für Hrn. Kade, Hr. Meyer⸗-Celle für Hrn. Baare.

Die Spezialberathung des Gesetzentwurfs über Abände⸗

rung der Gewerbeordnung wird fortgesetzt und zunächst §. 58 der Vorlage ohne Diskussion angenommen. Zu der Bestimmung der Nummer 3 im Absatz 1 des F. 59 fragt Hr. Kochhann an, ob auch Besitzer von Droschken⸗ fuhrwerk, welche außerhalb ihrer Wohnung ihre Dienste an⸗ böten, eines Wandergewerbescheines bedürfen würden.

Der Regierungskommissar Geheime Rath Bödiker bemerkt unter Hinweis auf die Motive der Vorlage, die Entscheidung hierüber werde von der zuständigen Behörde zu treffen und für dieselbe der Landesgebrauch maßgebend sein.

Hr. Wolff⸗Gladbach wünscht zu Nummer 3 des Absatz 1 Auskunft, wie die Kontrole geübt werden solle, daß nur selbst— gewonnene Erzeugnisse oder selbstgefertigte Waaren feilgeboten würden, und fragt weiter zu Absatz 2 an, ob nicht Unzuträg⸗ lichkeiten dadurch zu befürchten seien, daß einzelne Landes⸗ regierungen von der ihnen durch diese Bestimmung beigelegten Cern einen zu ausgedehnten Gebrauch machen würden.

Der Regierungskommissar Geheime Regierungs⸗Rath Bödiker beantwortet diese Anfragen dahin, daß die Ausübung der Kontrole über die Befolgung der Nummer 3 Absatz 1 vor⸗ wiegend dem Steuerfiskus, der hierbei meistinteressirt sei und überhaupt den Polizeiorganen obliegen würde; die Bestimmung im Absatz 2 des 5. 59 stimme überein mit dem jetzt geltenden 8. 63 der Gewerbeordnung und sei unentbehrlich. Letzteres wurde an einzelnen Beispielen nachgewiesen.

Der 5§. 59 wird ', angenommen.

Zu 5. 5a. he, Hr. Leyendecker, wie konstatirt werden solle, daß im einzelnen Falle die Voraussetzungen des 5§. 57 Ziffer 1 bis 4 vorlägen?

Nachdem der Geheimrath Bödiker bemerkt hat, daß es Sache der betreffenden Behörde sein werde, wie sie sich die

nommen werden.

Ueberzeugung von dem Vorhandensein der Voraussetzungen

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des 8. 57 Ziffer 1 bis 4 verschaffen wolle, wird der 8§. 59a. ohne Widerspruch angenommen.

Zu §. 69 ist von dem Referenten Dr. Jansen beantragt:

„in Absatz 1 statt der Worte „in dem ganzen Gebiete des Reichs“ zu setzen „in dem Gebiete der zuständigen Verwaltuugsbehörde, welche den Wandergewerbeschein ausgestellt hat.“

Der Antragsteller rechtfertigt diesen Antrag dadurch, daß es zur Herbeiführung einer Kontrole über die Wandergewerb⸗ treibenden erforderlich sei, den Gewerbebetrieb derselben auf einen gewissen Bezirk zu beschränken; auch sei diese Beschrän⸗ kung im Interesse der geringeren Belästigung des Publikums durch Hausirer erwünscht.

Hr. . spricht . für Annahme des An⸗ trages Jansen und für Beschränkung des Hausirgewerbes aus. Nachdem durch die neue Zollreform eine wirthschaftliche Besse⸗ rung der Verhältnisse far die Großindustrie und für die Land—⸗ wirthschaft angebahnt sei, müsse auch dem Kleingewerbe, dessen Existenz durch die wandernden Gewerbebetriebe bedroht fei, wirthschaftlich aufgeholfen werden. Es sei zu bedauern, daß dieser Zweck von der Vorlage nicht ins Auge gefaßt sei. Er behalte sich für die Plenarberathung die Wiederaufnahme des zu 5. 56 von dem Referenten Pr. Jansen gestellten, aber zu⸗ rückgezogenen Antrages vor.

Hr. Heimendahl-Crefeld bittet um Aufrechthaltung der Regierungsvorlage und Ablehnung des Antrages Jansen, der dem Gedanken der ö des Reiches und dem Prinzip der Freizügigkeit widerspreche.

Hr. Leyendecker hebt hervor, daß die durch den Antrag Jansen vorgeschlagene Beschränkung der Natur des Wander— gewerbebetriebes widerspreche und eine halbe Vernichtung dieses Betriebes bedeute. Das Gesetz werde nicht nur erlassen, um das Publikum gegen die Hausirer zu schützen, sondern auch um den Gewerbebetrieb dieser Leute zu regeln.

Nachdem noch der Korreferent Kochhann gegen den Jansenschen Antrag sich erklärt hat, wird dieser Antrag gegen 7 Stimmen abgelehnt und §. 60 der Regierungsvorlage an⸗ genommen.

Der 8. 50a. der Vorlage wird ohne Diskussion genehmigt.

Im Verlaufe der hierauf über den §. 60 b. der Vorlage eröffneten Diskussion wird von Hrn. Kamin-Berlin der Antrag gestellt, den 8 60. wie folgt zu fassen:

„Minderjährigen . ist in dem Wandergewerbe— scheine die Beschränkung aufzuerlegen, daß sie das Ge⸗ werhe nicht nach Sonnenuntergang, und minderjährigen Personen weiblichen Geschlechts kann außerdem die Be⸗ schränkung auferlegt werden, daß sie dasselbe nur auf öffentlichen Wegen, Straßen und Plätzen, nicht aber von Haus zu Haus betreiben dürfen.“

Hr. Kamien-Berlin rechtfertigt seinen Antrag durch das Interesse der öffentlichen Sittlichkeit unter spezieller Bezug⸗ nahme auf die Verhältnisse in Berlin, woselbst entgegen den bestehenden Polizeiverordnungen Hausirgewerbe aller Ärt von Minderjährigen beiderlei Geschlechts bis in die spätesten Nacht— stunden und an allen Orten betrieben würden.

Nachdem die Herren Spengler, Kochhann, Freiherr von Landsberg und Hessel mit Rücksicht auf die öffentliche Sittlichkeit und auf den Schutz des Eigenthums für den Antrag Kamien sich ausgesprochen haben, wird der S. 60 vb. in der von Kamien vorgeschlagenen Fassung ohne Widerspruch angenommen.

Zu 8§. 604. liegt ein Antrag des Dr. Jansen vor, den Absatz 1 des §. 60 c. der Vorlage wie folgt zu fassen:

„Der Inhaber eines Wandergewerbescheins ist ver— pflichtet, diesen während der Ausübung des Gewerbe⸗ betriebes bei sich zu führen und in dem Orte, wo er Gegenstände feilbieten will, der betreffenden Ortsbehörde vorzulegen. Unterläßt er dies, so kann die letztere ihm den Vetrieb bis zur Herbeischaffung des Wander⸗ gewerbescheins untersagen und eventuell den Antrag auf Zurücknahme des Wandergewerbescheins bei der zu⸗ ständigen Behörde stellen.

Ebenso hat derselbe auf Erfordern der Ortsbehörde die von ihm geführten Waaren vorzulegen und sich über den Erwerb derselben auszuweisen.“

Zur Rechtfertigung dieses seines Antrages wird von dem Referenten hervorgehoben, daß die Anmeldepflicht bei der Be—⸗ hörde solchen Personen, die von den Hausirern übervortheilt seien, dazu dienlich sein werde, die Namen der Schädiger zu erfahren, um sich demnächst an denselben schadlos zu halten. Die Pflicht der Vorzeigung der Waaren und des Ausweises über den redlichen Erwerb werde dazu führen, daß die Hausirer bessere Waaren vertrieben und nicht mehr, wie bisher häufig, unredlich erworbene Sachen führten.

Der Korreferent Kochhann erklärt sich gegen den Antrag Jansen. Die Anmeldepflicht würde den Hausirern viel Un— annehmlichkeiten bereiten, insbesondere durch den Zeitverlust auf den Amtsstellen der Polizeibehörden. Auch sei, nament⸗ lich auf dem Lande, der Vertreter der Polizeibehörde nicht immer gleich zur Stelle. Dadurch, daß die Polizei die Waaren sich vorlegen lasse, übernehme sie gewissermaßen eine Garantie für dieselben.

Der Regierungskommissar Geheime Rath Bödiker macht darauf aufmerksam, daß für die Hausirer die Pflicht zur An⸗ meldung bei der Polizeibehörde vor Erlaß der Gewerbe— ordnung in vielen deutschen Staaten, insbesondere auch in Preußen, gesetzlich vorgeschrieben gewesen sei. Auch der dem Reichstage des Norddeutschen Bundes vorgelegte Entwurf zur Gewerbeordnung habe die Anmeldung noch vorgeschrieben. Gegen diese Bestimmung seien indeß bei der Berathung im Reichs⸗ tage von den verschiedensten Seiten Bedenken erhoben worden und sei sie deshalb auf Antrag des Abg. Lasker gestrichen. Wenn jetzt Seitens des Referenten ihre Wiedereinführung beantragt werde, so sei dieser Antrag ja an sich diskutabel; dagegen sei der fernere Vorschlag, daß der Hausirer über den Erwerb seiner Waaren der Polizeibehörde gegenüber sich aus⸗ weisen müsse, auch wenn kein bestimmter Verdacht, daß sie aus einem Diebstahl oder einer Unterschlagung herrührten, vorhanden sei, nicht annehmbar. Das in diesem nz sich aussprechende weitgehende Mißtrauen gegen alle Hausirer sei in dieser Allgemeinheit nicht gerechtfertigt, außerdem sei nicht abzusehen, wie der an . in der Praxis realisirt werden solle. Wer gestohlene Waaren verkaufen wolle, werde sie unter ehrlich erworbene unterschieben oder die über letztere sprechenden Legitimationspapiere (Quittungen u. s. w.) für erstere verwenden. Die vom Antragsteller gewünschte Vor⸗ schrift werde regelmäßig illusorisch gemacht werden. Es werde sich deshalb getrennte Abstimmung über beide Vorschläge des Referenten empfehlen.

Hr. Heimendahl spricht sich für die Regierungsvorlag e

aus. Die Verpflichtung zur Anmeldung sei praktisch nicht durchführbar, auch die von dem Regierungskommissar er— wähnten Verhandlungen des Reichstags über den Entwurf der Gewerbeordnung hätten die Undurchführbarkeit dieser Ver⸗ pflichtung dargelegt. Die Einführung der Anmeldepflicht und der Verpflichtung zum Ausweis über den Erwerb ihrer Waaren werde die Hausirer, deren Gewerbebetrieb doch durch Annahme der vorhergehenden Paragraphen nun einmal an— . sei, doch zu sehr der polizeilichen Willkür preis— egeben. ö. Hr. Hessel-Berlin spricht sich für den Antrag Jansen aus; das Hausirgewerbe sei zur Unordnung ausgeartet und stelle ein Mittelding zwischen Arbeit und Vagabondage dar; die Leute müßten wieder an Arbeit gewöhnt und zu dem Ende Arbeitsstellen durch Kultivirung der bisher fast ertraglosen Moore und durch Kanalbauten geschaffen werden. Mit der Moorkultur und dem Kanalbau müsse durch den zuständigen Minister in demselben Maße vorgegangen werden, wie mit dem Ausbau und dem Erwerb der Eisenbahnen durch den Staat. Auch der Flachsbau sei mehr zu fördern.

Der Regierungskommissar, Ministerialdirektor Bosse, stellt zur Erwägung, ob nicht die Fassung des §. 604. nach der Vorlage genügende Garantie gegn ein unerwünschtes Ueber⸗ handnehmen der Hausirgewerbe biete. Der Entwurf bezwecke diejenigen Beschränkungen der Gewerbefreiheit herbeizuführen, die sich durch die gemachten Erfahrungen als erforderlich her⸗ ausgestellt hätten. Der Antrag Jansen verstoße gegen das bereits in der gestrigen Sitzung gutgeheißene Prinzip, daß das Hausirgewerbe erlaubt sein solle.

Hr. Wolff⸗M.⸗Gladbach will dies Prinzip zwar auch auf—⸗ rechterhalten, indessen soweit einschränken, als dies insbesondere im Interesse der kleineren stehenden Gewerbe, die durch das Hausirerthum die erheblichsten Beeinträchtigungen erlitten, nothwendig sei.

Der Korreferent Kochhann fragt an, ob Absatz 2 des

5. 60 c. der Vorlage auf den Fall des Hausfriedensbruchs sich

eziehe und hält die Anmeldepflicht auf, dem Lande für nicht durchführbar. Das Hausirgewerbe sei nicht so einträglich als von Vielen angenommen werde, auch führten die Hausirer nicht nur schlechte Waaren.

Der Regierungskommissar Bödiker nimmt zur Beant— wortung der auf Absatz 2 bezüglichen Anträge auf die Motive des Entwurfs Bezug, nach denen nicht an den Thatbestand des Hausfriedensbruchs, sondern an das heimliche Betreten fremder Wohnungen ohne Erlaubniß gedacht sei. Daß jeder Hausirer über den Erwerb seiner Waaren sich auf polizeiliches Verlan— gen solle ausweisen müssen, sei bisher wohl noch nirgendwo gesetzlich vorgeschrieben gewesen.

Hr. Kiepert-Marienfelde hebt hervor, daß ihm aus lang— jäühriger Erfahrung auf dem Lande kein Fall bekannt geworden ei, daß 6 direkt Betrug verübt hätten. Die Hausirer . dem ländlichen Gesinde unentbehrlich und ersparten dem— selben manchen zeitraubenden Gang in die Stadt. Der Jan⸗ sensche Antrag gebe das Hausirgewerbe der polizeilichen Will⸗ kür preis und schaffe nicht Ordnung für dasselbe, sondern vernichte es, .

Hr. Dietze-Barby tritt dem Vorredner bei und hält die Bestimmungen der Vorlage vom Standpunkte der Landwirth— schaft für genügend.

Hr. v. Landsberg-Steinfurt ist mit der Tendenz des Antrages Jansen in Betreff, der Anmeldepflicht einverstanden und hält die Unausführbarkeit derselben nicht für nachgewiesen, zumal demselben ähnliche Bestimmungen vor Erlaß der Ge⸗ werbeordnung vielfach bestanden . Daß das Hausirer⸗ thum für die Bedürfnisse des platten Landes unentbehrlich séei, könne seinerseits nicht so allgemein zugestanden werden; für manche Gegenden würde durch dasselbe vielmehr eine große Belästigung herbeigeführt. Wenn Hausirer stellenweise bessere Waaren führten, als das stehende Kleingewerbe produzire, so komme dies vielfach daher, daß das Kleingewerbe durch den Wanderbetrieb bereits zu große Einbußen erlitten habe.

Der Korreferent Kochhann hebt hervor, daß doch diejeni⸗ gen Waaren, die die Hausirer vertreiben, von dem kleineren Gewerbe produzirt würden, die Einschränkung des Hausir— gewerbes werde eine Abnahme der Produktion nach sich iehen. ech Hr. v. Risselmann-Kadow ist mit der Tendenz des An⸗ trages Jansen einverstanden, wird indeß gegen denselben stim⸗ men, da der Antrag gegen das einmal angenommene Prinzip der Freihe it des Hausirgewerbes verstoße.

Nachdem noch Hr. Heimendahl in gleichem Sinne sich ausgesprochen hat, wird zur Abstimmung geschritten.

Dieselbe wird auf Antrag des Dr. Jansen getrennt vor⸗ genommen und ergiebt die Ablehnung des Antrages, insoweit derselbe den Erwerbsnachweis vorschreiben will, gegen 3 Stimmen, insoweit derselbe die Anmeldepflicht statuiren will, gegen 6 Stimmen.

Der §. 60 c. ist somit in der Fassung der Regierungsvorlage angenommen.

Die 5§5§. 60. und 61 werden ohne Debatte angenommen.

Zu §. 62 wünscht Hr. Kamien die Aufnahme einer Be— stimmung, welche die Kinder vom Hausirbetrieb ganz fernhält. Nachdem Hr. Dr. Jansen die Aufrechterhaltung der Vorlage als Konsequenz der vorher gefaßten Beschlüsse für erforderlich erachtet, und der Regierungskommislar Hr. Bödiker unter Hin⸗ weis auf Seite 57 der Motive die Erklärung abgegeben hatte, daß ein Verbot des Mitumherführens von Kindern auch Sei⸗ tens der Regierung bereits ö jedoch nicht in Aussicht genommen sei, weil ein solches Verbot ungerechtfertigte Härten, z. B. Säuglingen gegenüber, mit sich bringen, und es genügen würde, den Behörden die Befugniß zur Untersagung bei⸗ ulegen: das selbständige Hausiren von Kindern sei durch 9 57a. 1 in Verbindung mit 5§. 62 Absatz 3 ausgeschlossen, wird §. 62 angenommen.

Zu §. 63 wünscht Hr. Kochhann die Worte: „der Bescheid ist vorläufig vollstreckbar“ zu streichen, steht aber auf die Ausführurgen des Regierungskommissars Hrn. Bödiker, daß die vorläufige Vollstreckbarkeit im öffent⸗ lichen Interesse nothwendig sei, um Hausirern, welche mit an— steckenden Krankheiten oder ekelhaften Gebrechen behaftet oder in schwere Ci ne, genommen seien, den Beginn oder die Fortsetzung des Gewerbebetriebs bis zur endgültigen Entschei⸗ dung unmbglich zu machen, von seinem Berlangen ab. S. 63 wird demnächst angenommen, ebenso ohne Debatte die Ar— tilel VIII., IX., X. und schließlich Artikel J. der Vorlage. Der ganze Gesetzentwurf wird sodann gegen die Stimmen der Hrrn. Dr. Jansen, Kamien, Kochhann, Lobeck und Wolff ange— nommen.

Von Hrn. Kade ist folgende Resolution eingebracht:

Der Volkswirthschaftsrath wolle beschließen:

in Erwägung, daß seit dem Jahre 1869 eine Anzahl neuer, das Leben, die Gesundheit oder das Vermögen anderer gefährdender Fabrikbetriebe eingeführt worden sind, erscheint es wünschenswerth, das Verzeichniß der in dem §. 16 der Gewerbeordnung u f rn der Konzessionspflicht unterliegenden gewerblichen Anlagen bei Gelegenheit der jetzt vorgelegten Novelle zur Ge— werbeordnung zu ergänzen.

In Abwesenheit des Herrn Antragstellers trägt

Hr. Lobeck die Gründe des Antrags vor, welche darin gipfeln, daß es eine ganze Reihe von Fabrikbetrieben gähe, welche Gefahren für Leib und Leben der Adjazenten mit sich bringen, welche aber der Konzessionspflicht nicht unterworfen wären. Speziell wird auf Unzuträglichkeiten exemplifizirt, die aus dem Betrieb einer Karbonisirungsanstalt entstanden seien. Hr. Lobeck befürwortet schließlich die Resolution mit dem Bemerken, daß die vorgetragenen Uebelstände ihm allerdings derart zu sein schienen, daß die Aufnahme von Karbonisirungs⸗ anstalten und ähnlichen Fabrikbetrieben unter die konzessions⸗ pflichtigen Anlagen sich empfehlen möchte. .

Der Regierungskommissar Hr. Bödiker giebt zu, daß die Fortentwickelung der Industrie neue Methoden und neue Betriebe schaffe, welche zweckmäßig den in 8. 16 der Gewerbe— ordnung aufgeführten konzessionspflichtigen Anlagen gleichzu⸗ stellen seien. Der Bundesrath sei aber schon nach 5. 16 Absatz 3 befugt, vorbehaltlich der Genehmigung des nächstfolgenden Reichstags derartige Ergänzungen des in 5. 16 Absatz 2 ent—

altenen Verzeichnisses zu beschließen, und habe von dieser Befugniß schon wiederholt Gebrauch gemacht. Entständen aus einem Fabrikbetriebe Uebelstände, welche es rathsam erscheinen ließen, zur Verhütung ähnlicher Vorkommnisse derartige neu— herzustellende Anlagen der Konzessionspflicht zu unterwerfen, so solle man hierauf gerichtete Anträge an die Landesbehörden richten, welche die Frage prüfen und je nach Befund einen entsprechenden Beschluß des Bundesraths anregen könnten. So habe der Bundesrath noch neuerdings auf die von einer Landesregierung ausgegangene Anregung den Herrn Reichs⸗ kanzler um Anstellung von Ermittelungen darüber ersucht, ob die Dégrasfabrikation von einer Genehmigung abhängig zu machen, und diese Genehmigungspflicht etwa auch auf ähnliche

Betriebe auszudehnen sei. Eine Enquete zur Feststellung aller

gewerblichen Anlagen, welche nachträglich unter das Verzeichniß des §. 16 a4. a. O. einzureichen sein möchten, empfehle sich nicht, und sei nach Obigem entbehrlich.

Die Resolution wird darauf abgelehnt. ö.

Verschiedene zu dem Gesetzentwurf eingegangene Petitionen werden durch die bisherigen Beschlüsse für erledigt erklärt; über eine andere Petition, welche das Innungswesen zum Gegenstand hat, und zu welcher Hr. Hessel die Wieder⸗ einbringung derjenigen Vorschläge empfiehlt, die zum §. 1090 e. des Gesetzes von 18. Juni 1881 vom Reichstag abgelehnt seien, wird zur Tagesordnung übergegangen, da sie zur Be⸗ rathung bei der gegenwärtigen Vorlage, welche mit dem Innungswesen sich nicht beschäftige, nicht geeignet sei.

Hr. von Risselmann bringt eine . ein, welche der Regierung empfiehlt, rücksichtlich des Hausirgewerbes zu dem vor Emanation der Gewerbeordnung vom 21. Juni 1869 für das Hausirgewerbe geltenden Rechtszustand zurückzukehren, zieht dieselbe jedoch, vorbehaltlich der Einbringung geeigneter Anträge im Plenum, nach einigen Bemerkungen des Vor⸗ sitzenden . des Hrn. Grafen Henckel von Donnersmarck für jetzt zurück.

Die Referenten für den permanenten Ausschuß sollen nach dem Beschluß der Versammlung dem Plenum mündlich Bericht erstatten. .

Damit ist dieser Gegenstand der Tagesordnung erledigt.

Bei dem zweiten Gegenstand der Tagesordnung:

Spezialberathung eines Gesetzes, betreffend die Zwangs⸗

. in das unbewegliche Vermögen, entspinnt sich zunächst eine kurze Debatte darüber, ob in Ab⸗ wesenheit des . Hrn. von Nathusius, welcher durch ein . zu spät benachrichtigt ist, in die Berathung ein⸗ zutreten sei. Nachdem die Hrrn. Graf Henckel, Dr. Jansen, von Tiele⸗Winkler und Kochhann sich geäußert, wird ein An⸗ . auf Vertagung abgelehnt und in die Berathung ein⸗ getreten.

Der Korreferent Hr. von Tiele⸗Winkler leitet die Debatte mit dem Hinweis darauf ein, daß die bisherige, die Zwangs⸗ vollstreckung in Immobilien betreffende Gesetzgebung keine ein⸗ heitliche, und in mehrfacher Beziehung verbesserungsbedürftig sei. Einer Anregung des Abgeordnetenhauses entsprechend, habe daher die Staatsregierung einen Entwurf zur anderweiten Regelung des Subhastationswesens aufgestellt und in dem⸗ selben den Grundsatz durchgeführt, daß die Rechte desjenigen Gläubigers, welcher dem die Subhastation betreibenden Gläu⸗ biger voranstehe, geschützt werden müßten ein ö welcher allein schon dazu nöthige, der Vorlage größtes Wohl⸗ wollen entgegenzubringen. Es unterlägen aber nicht der ganze 8 sondern nur zwei in demselben ausgesprochene Grundsätze der Beurtheilung des Volkswirthschaftsraths; der erste spreche aus, daß der Zuschlag nur auf ein Mindestgebot erfolgen dürfe, welches die sämmtlichen vorangehenden Real⸗ ansprüche decke hierdurch würde dem jetzt oft beklagten Mißbrauch des Rechts spät eingetragener Gläubiger entgegen⸗ getreten; der zweite besage, ij die Forderungen der voran⸗ gehenden Gläubiger nicht baar . zu werden brauchen, und erreiche dadurch den Vortheil, daß mehr Bieter heran⸗ gezogen und weniger Resubhastationen verursacht werden würden. Wenn man glaube, daß diesen Vorzügen insofern ein Nachtheil gegenüberstehe, als eine Anzahl von Grundstücken dann überhaupt nicht würden zur Zwangsversteigerung ge⸗ bracht werden können, so sehe er seinerseits hierin einen weiteren Vorzug. Redner befürwortet schließlich die Annahme des Entwurfs. ;

Hr. von Born führt aus, daß in Westfalen derartige arge Mißstände, wie sie in Folge des jetzigen Subhastations⸗ verfahrens in anderen Provinzen, z. B. in Schlesien, ent⸗ standen sein sollten, nicht hervorgetreten seien; insbesondere habe er nicht konstatiren können, daß man hier Subhastationen frivol eingeleitet oder frivol ausgebeutet habe. Der Entwurf stelle allerdings das seßhafte Eigenthum sicher, entwerthe aber die zweiten und weiteren Hypotheken, mit denen schon mancher strebsame Mann sich emporgearbeitet habe, und schädige dadurch das kommerzielle und industrielle Leben. Er müsse sich daher gegen die Vorlage aussprechen.

Ein Antrag auf Vertagung wird jetzt angenommen, die nächste Sitzung auf Mittwoch, den 15. März, Vormittags 11 Uhr, anberaumt und auf die Tagesordnung gesetzt: 1) Spezialberathung über die Grundzüge für die gesetzliche Regelung der Krankenversicherung der Arbeiter, 2) Spezial⸗ berathung über die Grundzüge für die gesetzliche Regelung der

Unfallversicherung der Arbeiter.

Jaserate für den Deutschen Reichs⸗ und Königl. Preuß. Staats⸗Anzeiger und das Central⸗Handels⸗ register nimmt an: die Königliche Expedition

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In der Börsen-

Steckbriefe und Untersuchungs-⸗Sachen. 13168

Steckbrief. Gegen den unten beschriebenen Kaufmann Emil Julius Adolf Hilscher, am 9. Mai 1849 in Breslau geboren, welcher flüchtig ist, soll eine durch vollstreckbares Urtheil der Straf⸗ kammer J. bei dem Königlichen Landgericht J. zu Berlin vom 16. Januar 1882 erkannte Gefängniß— strafe von neun Monaten vollstreckt werden. Es wird ersucht, denselben zu verhaften und in das Gefängniß des Ergreifungsortes abzuliefern. Berlin, den 11. März 1882. Königliche Staatsanwaltschaft beim Landgericht J. Beschreibung: Alter 323 Jahre, Größe 1 m 66 em, Statur klein, Haare schwarz, Stirn niedrig, Bart schwarzer Schnurrbart, Augen⸗ brauen schwarz, Augen schwarz, Nase gewöhnlich, Mund gewöhnlich, Zähne gut, Kinn oval, Gesicht länglich, Gesichtsfarbe gesund, Sprache deutsch. Besondere Kennzeichen: etwas verwachsen.

Steckbrief. Gegen den unten beschriebenen Handelsmann Meyer Hirsch, am 6. August 1849 zu Zirke geboren, welcher flüchtig ist, ist die Unter⸗ sfuchungshaft wegen Betruges verhängt. Es wird erfucht, denselben zu verhaften und in das Unter suchungsgefängniß ju Berlin, Alt-Moabit 1! / 12, abzuliekern. Berlin, den 15. März 1882. König⸗ siche Staatsanwaltschaft am Landgericht J. Be— schreibung: Alter: 329 Jahre. Größe 1m 63 em.

Haare: dunkelblond. Stirn:

Statur: untersetzt. Augenbrauen:

niedrig. Bart: schwarzer Vollbart. dunkel. Augen: grau. Nase; stumpf. Mund: ge⸗ wöhnlich. Kinn: rund. Gesicht: rund. Gesichts⸗ farbe: gesund. Sprache: deutsch. Kleidung: trug abwechselnd dunkle Stoffmütze auch schwarzen niedri⸗ gen Filzhut, blauen Ueberzieher.

Steckbriefs-Erledigung. Der gegen den Ar⸗ beiter Wilhelm Bläusdorf, wegen strafbaren Eigennutzes in den Akten 1II. J. 1993,81 unter dem 4. März 1882 erlassene Steckbrief wird zurück genommen. Berlin, den 17. März 1882. Der Untersuchungsrichter bei dem Königl. Landgericht II.

Steckbrief. Gegen den Arbeiter Johann Hoff⸗ mann, angeblich aus Mariack, Kreis Polnisch⸗War⸗ tenberg, zuletzt auf der Lindnerschen Ziegelei zu Birkenwerder, welcher flüchtig ist, ist die Unter⸗ suchungshaft wegen gefährlicher Körperverletzung ver⸗ hängt. Es wird ersucht, denselben zu verhaften und in das hiesige Amtsgerichtsgefängniß abzuliefern. , , 17. März 1882. Königliches Amts⸗ gericht.

Steckbriefs-Erledigung. Der unterm 2. Fe⸗ bruar 1882 hinter den Müllergesellen Franz Nauditt aus Neuenburg erlassene Steckbrief ist er⸗ ledigt. Potsdam, den 16. März 1882. Königliche Staatsanwaltschaft.

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Der unterm 2. Januar 1876 gegen den Schnh⸗ macher Bernhard Könitzer aus Berlin erlassene und zuletzt am 3. März 1881 erneuerte Steckbrief wird wiederholt erneuert.

Meiningen, den 16. März 1882.

Die Staatsanwaltschaft.

Der Handlungsreisende Carl Bölke aus Frankfurt a. O., zuletzt bei Kaufmann Bruck in Hirschberg i. Schles. beschäftigt, wird der Unter⸗ schlagung beschuldigt und hat sich entfernt. Es wird um Nachricht über den Verbleib des Bölke ersucht. Derselbe ist groß und breitschultrig, hat rothes Gesicht, trug blonden Schnurrbart. irschberg i. 3 den 18. März 1882. Der Erste Staats⸗ anwalt.

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Der Supernumerar oder Kaufmann Fritz Just, zuletzt in Potsdam, jetzt unbekannten Aufenthalts—⸗ orts, am 17. September 1852 zu Berlin geboren, und mehrfach bestraft, wird beschuldigt, als beur⸗ laubter Reservist ohne Erlaubniß ausgewandert zu sein, ohne von der bevorstehenden Auswanderung der Militärbehörde Anzeige erstattet zu haben Ueber⸗ tretung gegen §. 360 Nr. 3 des Strafgesetzbuchs. Derselbe wird auf den 8. Mai 1882, Vormittags 11 Uhr, vor das Königliche Schöffengericht hier selbst, Lindenstraße 54, zur Hauptverhandlung ge⸗

laden. Bei unentschuldigtem Ausbleiben wird der⸗ selbe auf Grund der nach §. 472 der Strafprozeß⸗ ordnung von dem Königlichen Landwehrbezirkskom⸗ mando vom 23. Januar 1882 zu Berlin ausgestell⸗ ten Erklärung verurtheilt werden. Potsdam, den 28. Februar 1882. Der Gerichtsschreiber des König⸗ lichen Amtsgerichts, Abth. V. Unger.

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Der Arbeiter Christian Worringer, zuletzt in Potsdam, gegenwärtig unbekannten Aufenthaltsorts, am 28. April 1843 zu Urfeld, Kreis Bonn, geboren, und mehrfach bestraft, wird beschuldigt, als Wehr= mann der Landwehr ohne Erlaubniß ausgewandert zu sein, ohne von der bevorstehenden Auswanderung der Militärbehörde Anzeige erstattet zu haben, Ueber⸗ tretung gegen §. 360 Nr. 3 des Strafgese abuchs. Derselbe wird auf Anordnung des n,, mts⸗ gerichts hierselbst auf den 8. Mai 1882. Vor⸗ mittags 11 Uhr, vor das Königliche Schöffen gericht hierselbst, Lindenstraße 54, zur Hauptverhand⸗ lung geladen. Bei unentschuldigtem Ausbleiben wird derselbe auf Grund der nach 8. 472 der Straf⸗ prozeßordnung von dem Königlichen Landwehrbezirks⸗ Kommando vom 31. Dezember 1881 zu Bonn aus⸗ gestellten Erklärung verurtheilt werden. Potsdam, den 25. Januar 1882. Unger, Gerichtsschreiber des Königl. Amtsgerichts, Abth. V.