Serbien hat nach amtlichen Mittheilungen einen Flächeninhalt von S880 geogr. Qu. Meilen oder 48 435 4Em und eine Bevölkerung (be- rechnet für Ende 1880 von 1700 272 Einwohnern, davon 865 422 männlichen und 834 850 weiblichen Geschlechts. Auf 1 Qu.⸗-Meile leben 1932 Seelen. Die Bevölkerung gehört der weitaus größten Mehr—⸗ zahl nach zum serbischen Stamme und zur griechisch⸗orientalischen Kirche. Sonst sind gezählt worden: 200 000 Bulgaren, 130 000 Wa— lachen, 100 000 Albanesen, 25 00 Zigeuner 2c., 100 000 Muha⸗ medaner, 50090 römische Katholiken, 500 Protestanten und über 2000 Israeliten. Die Hauptstadt Belgrad zählte Ende 1880 26 651 Ein⸗ wohner. — Die Hauptnahrungsquelle der Bewohner ist die Land⸗ wirthschaft. Von Obst wird in großem Maßstabe die Pflaume kul⸗ tivirt, von e , der Hanf und der Tabackz der Weinbau beschäftigt hauptsächlich die Bevölkerung in den Donaugegenden. Unter den Hausthieren nimmt das Borstenthier die wichtigste Stelle ein, und es gehört dessen Zucht zu den ansehnlichsten Erwerbszweigen des Landes. Im Jahre 1879 wurden gezählt 159 850 Pferde, 963 850 Stück Hornvieh, 3 480 509 Schafe, 586 850 Ziegen und 1678500 Schweine. Serbien ist waldreich. Der Bergbau, in alten Zeiten von großer Bedeutung, ist gegenwärtig wenig entwickelt; er ist auf Eisen, Zink⸗ und Kupfer⸗ erze und Steinkohlen gerichtet. Salz ist im Lande nicht zu finden. — Die Werthe des auswärtigen Handels Serbiens beliefen sich in den Jahren 1873 —1875 auf folgende Ziffern, in Francs: Einfuhr 26 675 638 bez. 31 788 19sß und 31219243; Ausfuhr z1 711207 bez. 35 881 376 und 35 014 874. Eisenbahnen sind in Serbien noch nicht im Betriebe. Die Länge der Staatstelegraphen⸗ linien betrug Anfang 1881 2189 km. — Der Elementarunterricht, der kein obligatorisch vorgeschriebener ist, wurde im Jahre 1874 in 520 Schulen ertheilt, welche 23 278 Kinder besuchten. Für den höheren Unterricht sorgen 7 Gymnasien, 11, Realschulen und 1 höhere Mädchenschule. In Belgrad bestehen eine Hochschule, die sich in 3 Fakultäten (die juristische, die technische und die philo—⸗ sophische) gliedert, ein theologisches Seminar, eine Kriegs und eine Artillerieschule. Endlich ist eine Ackerbau und Forstschule errichtet. Diese Daten über den Unterricht beziehen sich übrigens auf den Territorialbestand vor dem Berliner Frieden von 1878. — Die griechisch⸗orientalische Kirche Serbiens bildet eine eigene National- kirche mit vollständiger Selbstverwaltung. An ihrer Spitze befindet sich der Metropolit in Belgrad, welcher, gleich den von ihm abhängi⸗ gen Bischöfen, von der Synode aus der Zahl der eingeborenen Kloster⸗ geistlichen gewählt und vom Fürsten bestätigt wird. Die höchste geist⸗ liche Gewalt wird von der Nationalsynode ausgeübt, welche aus dem Metropoliten, als Vorsitzendem, dem ihm beigegebenen Titularbischofe und den 3 Eparchialbischöfen des Landes gebildet ist. Der Berliner Vertrag gewährleistet volle Glaubens⸗ und Religionsfreiheit. — Ser⸗ biens Unabhängigkeit wurde durch den Berliner Vertrag vom 13. Juli 1878 anerkannt. Die gegenwärtige . datirt vom 29. Juni (11. Juli) 1869. — Der Fürst muß sich zur griechisch-orienta⸗ lischen Kirche bekennen; seine Würde ist erblich in der männ— lichen Nachkommenschaft des jetzt regierenden Königs Milan Obrenowitsch IV. und zwar nach dem Rechte der Erstgeburt und der Linearsuccession. Bei der Ausübung der gesetzgebenden Gewalt ist der König an die Mitwirkung und Zustimmung der Nationalversammlung (Narodna Skupschtina) gebunden, welche entweder eine gewöhnliche, oder eine große ist. Die gewöhnliche Nationalversammlung wird regelmäßig alle Jahre einberufen und besteht aus vom Fürsten er—= nannten und aus dem Volke theils direkt, theils indirekt gewählten Abgeordneten, deren Mandatsdauer auf 3 Jahre festgesetzt ist. 1 Abge⸗ ordneter foll auf 3005 Steuerzahler gewähst werden, doch wählen jeder Kreis und jede Kreisstadt, wenn in ihnen auch weniger als 3000 Steuerzahler sich befänden, einen Abgeordneten. Die Stadt Belgrad wählt 2 Abgeordnete. Auf je 3 Abgeordnete kann der Fürst 1 Mitglied aus solchen Personen ernennen, welche sich durch Wissen und durch Erfahrung in den Staats⸗ geschäften auszeichnen. Die Wahlberechtigung besitzt jeder großjährige Serbe, welcher eine direkte Steuer zahlt; jeder Wahlberechtigte kann auch zum Wahlmanne gewählt werden; dagegen ist zur Wählbarkeit als Abgeordneter das vollendette 30. Lebens jahr nebst der jährlichen Zahlung von mindestens 6 Thalern an direkten Steuern vorgezeichnet. Aktive Soldaten sind weder wahl⸗ berechtigt, noch, gleich den Staatsbeamten und Rechtsanwälten, als Abgeordnete wählbar. Die Abgeordneten zur großen National⸗ versammlung werden vom Volke selbst gewählt und zwar in einer vierfach größeren Anzahl als für die gewöhnliche Skupschtina. Die große Nationalversammlung wird einberufen, um den Fürsten zu wählen, die Stellvertretung desselben anzuordnen, die Abänderung der Verfassung zu beschließen, Fragen von größerer Wichtigkeit zu ent⸗ scheiden oder wenn es der Fürst für nothwendig erachtet. — Adel wird nicht verliehen. — Jede Gemeinde hat einen (auf 2 Jahre ge⸗ wählten) Gemeindeausschuß als beschließendes Organ, neben welchem der Bürgermeister mit den Gemeinderäthen für die Voll⸗ ziehung zu sorgen hat. Die patriarchalische (südslavische) Institution der Hauskommunionen ist durch die, Gesetzgebung geregelt. — Die Staatsverwaltung wird von dem Ministerrath geleitet, welchen die für die einzelnen Ressorts (für das Aeußere, für das Innere, für Kultus und Unterricht, für die Justiz, für die Finanzen, für das Kriegswesen und für die öffentlichen Bauten) ernannten Minister bilden. Neben diesen ist ein Staatsrath errichtet, der, außer konsul⸗ tativen Befugnissen, über Beschwerden gegen ministerielle Entschei⸗ dungen in schwierigen administrativen Fragen, über Kompetenz konslikte ꝛc. zu erkennen hat. Die administrative Eintheilung des Fürstenthums ist in 21 Kreise, welche wieder in 75 Bezirke , . geschehen. Die Stadt Belgrad bildet ein selbständiges Verwaltungs ebiet. In jedem Kreise werden die Verwaltungsgeschäfte . Finanzsachen) von einem Kreisamte wahrgenommen, welchem für die Stadt Belgrad die dortige Präfektur gleich⸗ gestellt ist. Den Kreisämtern sind als politische Behörden die Be⸗ zirksämter untergeordnet. An ordentlichen Gerichten bestehen der Kassationshof in Belgrad, das Appellationsgericht ebenda, die Ge⸗ schworenengerichte, die Kreisgerichte und das Belgrader Stadtgericht, die Friedensgerichte in den Gemeinden. — Nach dem Budget für das Jahr 1881 sind die Staatseinnahmen mit 25 926 012 und die Staatsausgaben mit 25 714 543 Dinaren (1 Dinar — 1 Frank) fest⸗ gestellt. — Die Staatsschuld beträgt 315 Mill. Dinaren. — Was das serbische Kriegswesen betrifft, so ist zu bemerken: Alle Serben, mit Ausnahme der höchsten Staatsbeamten und der Geistlichen sind vom 20. bis zum 50. Lebensjahre wehrpflichtig Das Heer ist aus den stehenden Truppen und der Nationalarmee gebildet. Bei den ersteren, welche den Cadre für die Nationalarmee bilden und sich durch die Einreihung von Rekruten nach dem Loose *g , dauert die Dienstzeit ? Jahre, worguf der Uebertritt in die Nationalarmee erfolgt, die außerdem alle Waffenfähigen der vorgenannten Alters—⸗ klassen begreift und welche im Frieden nur zu Uebungen einberufen wird. Die Truppenformation ist folgende: im stehenden Heere: 16 Infanterie⸗Bataillone (2 4 Compagnien), welche in 3 Regimenter zusammengezogen sind, 4 Kavallerie⸗Escadrons, 28 Feld- und 4 Gebirgs⸗ Batterien (in 4 Regimentern zusammengezogen), J Pionier⸗ und 1 ,, e, . (G 3 Compagnien) J. Trainabtheilung; in der ationalarmee (im Frieden 22 Territorialkommanden formirend) 114 Infanterie Bataillone J. und ebenso viele II. Klasse, 40 Kaval⸗ lerie⸗Escadrons, 22 Artillerie⸗Compagnien, 22 Pionier⸗-Compagnien und 22 Sanitäts-, Train⸗· und Arbeiterzüge. Die organisagtions⸗ mäßige Stärke beträgt: Infanterie Friedensstand 6235 Mann, Kriegsstand 197 428è Mann, Kavallerie 473 bej. I652 Mann, Artillerie (96 8 ng im Frieden, 184 Geschütze im Kriege) 2608 bej. 4192 Mann, Genietruppe 764 bez. 4938, Kommanden und sonstige Branchen 511 bez. 5790, zusammen Friedensstand 10641,
Kriegsstand 220 000 Mann.
Gewerbe und Sandel.
Nach einer Veröffentlichung in der Beilage der italienischen „Gazzetta Uffieiale' vom 10. März d. J. sollen von den Militär- Kommissariats Direktionen der Divisionen zu Rom und zu Florenz bedeutende Lieferungen von Militärtuchen und Leinwand stoffen im k vergeben werden, und zwar:
1) von der Divisign zu Rom unter Anderem; ;
jwei Posten blaues Militärtuch, von 1,30 m Breite, im Werthe von 135 000 bez. 105 009 Lire,
ein , . Militärtuch, von 1,30 m Breite, im Werthe von 127 Lire,
ein Posten blaues Militärtuch, von 140 m Breite, im Werthe von 60 000 Lire,
ein Posten grauer baumwollener Futterstoff, von O, 2 m Breite, im Werthe von 60000 Lire,
ein Posten Leinwand, von O74 m Breite, im Werthe von 165 000 Lire,
verschiedene Posten rothes, gelbes und schwarzes Tuch zu Auf— schlägen, Baumwollen⸗ und Leinengewebe zu Decken, Zelten, Leibwäsche und dergl.;
2) von der Division zu Florenz unter Anderem: .
zwei Posten blaues Militärtuch, von 1,30 m Breite, im Werthe von 315 000 bez. 262 500 Lire, ö
ein Posten graues Militärtuch, von 1,30 m Breite, im Werthe von 212 500 Lire,
ein Posten Leinwand, von O74 m Breite, im Werthe von or oo Lire. .
ein Posten grauer Futterstoff, von 0562 m Breite, im Werthe von 90 000 Lire, .
ein Posten blaues Militärtuch, von 140 m Breite, im Werthe von 84 0900 Lire, ; .
verschiedene Posten Tuch zu Aufschlägen, Baumwollen⸗ und Leinen⸗ gewebe zu Decken, Zelten, Leibwäsche und dergl. .
Die Submission findet am 30 März um 1 Uhr Nachmittags in den Direktionen der Militär ⸗Kommissariate zu Rom bez. zu
lorenz statt. Ueber die speziellen Bedingungen ist das Nähere an rt und Stelle zu erfahren. .
— Die Blattern⸗Epidemie auf Haiti“) ist, neueren Nach⸗ richten zufolge, immer noch nicht im Abnehmen begriffen.
Die Sterblichkeitsziffer war zu Anfang vorigen Monats, wohl in Folge des Niedergangs von Regengüssen, bis auf 17 pro Tag gesunken, und . während der 3 Regentage nur 11 neue Erkrankungen gemeldet.
Mit dem Wiedereintritt der Trockenheit trat die Krankheit jedoch mit vermehrter Heftigkeit auf, so daß sich die Todesfälle am 10. 11. und 12. v. Mts. auf 103, 114 bezw. 198 beliefen, und in der Zeit vom 13. bis 20. v. Mts. täglich durchschnittlich 46 Todesfälle vorkamen.
— Nach dem Rechnungsabschluß der Berlinischen Feuer⸗ versicherungs-Anstalt für das Geschäftsjahr 1881 hat dieses Institut im verflossenen Jahre insgesammt 2511 472 M eingenommen (inkl. 700 342 S Prämienübertrag vom vorigen Jahre). Ausgegeben wurden im Jahre 1381 2211472 4M (inkl. 703 348 MÆ Prämien⸗ übertrag auf 1882), und es verblieb mithin ein Gewinn von 300 0M Davon wurden dem Extrareservefonds 22 800 6Sü überwiesen, zu Tan⸗ tiemen 26 200 44 verwendet und 252 900 M als Zins und Dividende mit 126 M pro Aktie oder 2160/0 des Bagreinschusses an die Aktionäre vertheilt. Für Feuerschäden im Jahre 1881 wurden liquidirt und bezahlt (abzüglich des auf Rückversicherungen gefallenen Antheils) 505 459 S, noch nicht liquidirt sind 106 000 M. Für Feuerschäden aus den Vorjahren waren 145 700 M reservirt; davon sind liquidirt und bezahlt worden 89 g81 „66, noch nicht liquidirt 5720 M, mithin hierbei 49 998 M erspart worden. Das Vermögen der Anstalt bestand ultimo Dezember 1881 aus dem Grundkapital von 6 000 000 46, dem Reservefonds von 600 000 1M, dem Extrareservefonds von 25 800 M und den Reserve⸗Prämien für laufende Versicherungen im Betrage von 703 348 .
— Dem Geschäftsberichte der Rheini schen Hypotheken bank in Mannheim pro 1881 entnehmen wir Folgendes: Der Bruttogewinn wurde erzielt durch den Ueberschuß der Aktivzinsen über die Passivzinsen mit 337 447 A6, durch die Provisionen und die von den Schuldnern zu entrichtenden Verwaltungsgebühren mit 54 811 , auf den Wechsel⸗ und Effektenkonti mit 18715 „, zu⸗ sammen 510 974 M4 Von diesem Gewinn sind in Abzug zu bringen: die Unkosten mit 125 266 e; auf dem Inventarkonto 3889 M. (so daß dasselbe noch 6000 S ' beträgt) und das bei der Begebung der Pfandbriefe entstandene, dem Jahre 1881 zur Last fallende Disagio im Betrage von 27 067 4M Von dem Reingewinn im Betrage von 354 752 S (1880 361 804 AM) entfallen gemäß den Statuten dem Reservefonds 5 oo, den Aktionären als erste Dividende 5H oso mit 150 000 M. Aus dem verbleibenden Reste sind die statuten⸗ und vertragsmäßigen Tantiemen zu entrichten mit 48 623 6. Zur Verfügung der Generglversammlung bleibt demnach die Summe von 138 390 M und der Saldo aus dem Jahre 1880 mit 9507 4A, zu⸗ sammen 147 898 M
— In der Generalversammlung der Vereinigten Bautzner Papierfabriken fand der Geschäftsbericht einstimmig Geneh— migung; ferner wurde dem Vorstande Decharge ertheilt und die Ver—⸗ theilung der Dividende mit 100 beschlossen.
Essen, 21. März. (Ess. Itg.) Die Chinesische Regie⸗ rung beabsichtigt dem Vernehmen nach, nach dem Vorgange von Japan, die einer neueren Konstruktion angehörigen Schiffe der chinesischen Flotte durchgehends und ausschließlich mit Kruppschen Geschützen zu armiren. In Betreff der zu Grabow bei Stettin auf der Werft des „Vulkan“ erbauten chinesischen Panzerkorvette Ting ⸗HYuen ; ist dies bereits geschehen, und ohne Zweifel wird auch die zweite dort in Bestellung gegebene gleichartige chinesische Korvette die gleiche Geschützausrüstung erhalten. Von den fünf Panzerschiffen der japanischen Flotte sind die vier Panzer „Rijodjo Kan“, ‚Foo⸗Soo“, Kon-⸗Go“, „Hi Yei“ bereits mit Kruppschen Geschützen armirt, und zur Zeit führt nur noch der Panzer⸗Widder „Aelsuma Kan“ seine ursprüngliche Geschützausrüstung von Armstrong-⸗Geschützen.
Breslau 21. März. (W. T. B.) Die Dividende der Aktien der Rechten Oder⸗Uferbghn ist auf 90 festgesetzt worden.
Pest, 22. März. (W. B. B.) Die Generalversammlung der ungarischen Kreditbank genehmigte einstimmig den Bericht der Direktion und ertheilte derselben Decharge unter gleichzeitiger Votirung ihrer Anerkennung für die ersprießliche Thätigkeit. Die Bilanz weist unter den Aktiven auf: Effekten 631 953. Debitoren 9 520 470, unter den Passiven: Reservefonds 775 476, Kreditoren 3 209 129, Saldo⸗ gewinn 1253 891 Fl.
London, 21. März. (W. T. B.) In der gestrigen Woll⸗ auktion waren Preise unverändert. —
Liverpool, 21. März. (W. T. B.) Bei der heute eröffneten Wollauktion wurden 13500 B. e et und davon 300) B. ver⸗ kauft. Das Geschäft war ziemlich lebhaft, Preise unverändert.
Glasgow, 21. März. (W. T. B.) Die Verschiffungen von Rohejisen während der letzten Woche betrugen 17644 gegen 7893 Tons in derselben Woche des vorigen Jahres.
New⸗JYJork, 2. März. (W. T. B). Weizenverschif⸗ fungen der letzten Woche von den atlantischen einigten Staaten nach Großbritannien 44 009, do. nach Frank⸗ reich 45 9009, do. nach anderen Häfen des Kontinents 20 9M, do. von Kalifornien und Oregon nach Großbritannien 75 0090, do. do. nach Frankreich 12000 Qrtrs.
Verkehrs⸗Anstalten.
Lugano, 19. März. (N. Zürch. Ztg.) Heute ist zum ersten Male die Nonte⸗ Cen erebahn befahren worden. Der Zug ging Mor- gens von Bellinzona ab und traf um 14 Uhr in Lugano ein. Unter⸗ wegs wie in Lugano überall festlicher Empfang durch die Be⸗
völkerun (W. T. B.) Der Lloyddampfer
Häfen der Ver
Ine st, 21. März. ; „Mars. ist heute mit der ostindischechinesischen Ueberlandpost aus Alexandrien hier eingetroffen. Southampton, 21. März. (W. T. B.) „Der Dampfer des Norddeutschen Lloyd „Main ! ist hier eingetroffen. New⸗JYork, 21. März. (W. T. B.) Der Dampfer „England“ von der National⸗Dampfschiffs⸗-Compagnie (C. Messingsche Linie) ist hier eingetroffen.
) efr. . R. A.“ Nr. 44 d. J.
dessen 6 Ecken hochstämmige Lorbeerbäume markiren.
Berlin, 22. März 1882.
Es wird darauf aufmerksam gemacht, daß Bücherzettel (offene gedruckte Bestellungen auf Bücher, Zeitschriften, Bilder und Musikalien, in denen die verlangten Werke handschrift⸗ lich bezeichnet sind bezw. der Vordruck ganz oder theilweise durchstrichen oder unterstrichen ist) außer im innern Deutschen Postverkehr nur noch im Verkehr mit Oesterreich-Ungarn nach der Taxe für Drucksachen befördert werden, im Verkehr mit anderen Ländern aber eine Portovergünstigung nicht genießen, sondern wie Briefe behandelt und demgemäß taxirt werden.
In Berlin wird in der Zeit vom 1. Juni bis 1. September eine große Sport⸗Ausstellung veranstaltet werden, welche zuvörderst das Interesse des großen Publikums für Sport erwecken soll, und dann eine kleine permanente Ausstellung vom 1. September 1882 ab, gewissermaßen eine Sport⸗ Akademie für den wirklichen Sportsman. Die kleinere permanente Ausstellung wird versuchen, ein Centralpunkt für allen kleinen Sport zu werden, die zerstreuten Jagd, Ruder, Segel⸗, Velociped⸗, Turn⸗, Athletik⸗ ꝛc. Vereine zu centralisiren und denselben nützlich zu sein; sie wird aus den eventuellen Erträgen der großen Ausstellung Preise für Preissuchen, Hundeausstellungen, Steeple⸗chase, Segel⸗ und Ruder⸗ regatten, internationales Preisturnen u. s. w., Velociped⸗ und Athletikmeetings aussetzen und daran mitarbeiten, in die professionelle Küstenbevölkerung durch Segel⸗ und Ruderpreise einen regen Wett⸗ eifer zu verpflanzen; sie wirs überhaupt den deutschen Sport nach jeder Richtung hin zu beleben und zu fördern suchen. Hierneben wird die Ausstellung dem Sportsman durch eine große Bibliothek, durch das Auslegen einer großen Anzahl Sportjournale, durch Modelle . Zeichnungen Gelegenheit zu Studien nach jeder Richtung hin
ieten.
Die große Sport⸗Ausstellung zerfällt in folgende Abtheilun gen Abtheilung J. Jagd⸗ und Schießsport. 1) Hohe und niedere Jagd. 2) Hunde⸗Zucht,⸗Dressur und⸗Wartung. 3) Tauben⸗ und Bogardus⸗ sport. Buͤchsen⸗ und Pistolenschießen. Armbrustschießen. 4) Forst⸗ kultur. 5) Bekleidung und Ausrüstung für Feld und Wald. Ab⸗ theilung IJ. Pferdesport. 1) Pferdezucht. 2) Turf. 3) Trabersport. 4) Trainiren, Pferdepflege und⸗Wartung. 5) Steeple⸗chase, Parforce⸗ jagd, Schlepp. und Schnitzeljagd, Dauerreiten. 6) Fahrsport. N Hetze, Windhundrennen. 3). Thierarzneikunde. Hufbeschlag. 9) Rüstzeug und Apparate für Reiter und Pferd. 10) Rennpreise. Abtheilung III. Wassersport. I) Segeln und Dampfen. 2) Rudern. 3) Fischen und Angeln. Fischzucht. 4) Schwimmen. 5) Eis⸗ sport. 6) Bekleidung und Ausrüstung für Mann und Boot. Abtheilung JV. Verschieder Sport. I) Fechten, Turnen. 2) Veloeiped. 3) Athletik (Gehen, Laufen, Springen. Werfen u. a. m) 4 Skaten. 5) Luftsport (Ballon, Tauben, Falken). 6) Spielsport (Cricket, Football, Billard, Schach, Kegel, Lawn fennis, Hockey, Golf, Feder ball). 7) Entdeckungsreisen. Gebirgsbesteigung. 8) Geflügelzucht. (Luxus und Praxis.) 9) Das Landhaus. Der Park. Der Garten. 10) Lady's home. Abtheilung V. Neue Erfindungen auf allen Ge— bieten des Sport und des Militärwesens. Abtheilung VI. Sport, Kunst, Luxus und Komfort in der Textil⸗, Leder⸗, Holz⸗, Porzellan, Glas⸗, Metallindustrie. Abtheilung VII. Bibliothek und Lesehalle. Eine möglichst vollständige Ausstellung der Sportliteratur und Journalistik aller Länder. Modelle, Zeichnungen und Bilder. Ab⸗ theilung VIII. Bureau für Auskunftertheilung über alle sportlichen Angelegenheiten.
Anmeldungen werden Blumenthalstraße 10 im Bureau der Sportausstellung angenommen.
Die Gedenkfeier zum fünfzigjährigen Todestage Goethe's in Wei mar am heutigen Tage verspricht eine sehr würdige zu werden. Die Feier wird eine dreitägige sein. Gestern Abend sollte im Weimarischen Hoftheater „Torquato Tasso“ als Festvorstel⸗ lung in Scene gehen und heute früh dann am Sarge Goethe's in der Fürstengruft eine ernste Feier stattfinden, bei welcher Hofrath Dr. Keil, Generalintendant von Losn und der Präsident des Allge⸗ meinen Schriftstellerverbandes, Hr. Dr. Fr. Friedrich aus Leipzig, unter Darbringung von Kränzen Reden zu halten gedachten. Da der übrige Theil dieses Tages der Geburtstagsfeier Sr. Majestät des Kaisers gilt, so findet das Arrangement des Künstlerfestabends erst morgen, Donnerstag, im Stadthause statt. Dieser 3. Theil der Gedenkfeier ist deklamatorisch⸗musikalischen Charakters. Als Denk⸗ schrift zu der Festfeier wird im Verlage von Edwin Schloemp in Leipzig eine von den Gebr. Keil in Weimar sorgfältig vorbereitete Schrift: Goethe, Weimar und Jena im Jahre 1806 er⸗ scheinen. Diese nach den Privatakten Goethe's zusammengestellte, dem Historiker Geh. Rath Professor L. von Ranke gewidmete Schrift wird einen wichtigen Beitrag zur Goethe⸗-Literatur und zugleich einen Beitrag zur Geschichte jener für Deutschland verhängnißvollen Kata—⸗ strophe bilden. Die Darstellung zeigt uns Goethe, den großen Dichter und Denker, in einem ganz neuen Lichte als Staatsmann und wird bei allen Literaturfreunden und Kulturforschern durch eine Anzahl bisher ungedruckter historischer Aktenstücke und Briefe Goethe's sicher großes Interesse erregen.
Das Goethedenkmal war heute, am 50 jährigen Todestage des Dichters, von der Thiergartenverwaltung gärtnerisch geschmückt worden. Man hat mit trefflichem Verständniß eine ernste, einfache, derade darum aber um so wirksamere Dekorationsart gewählt Laubgewinde aus roßbraunen Mahonien umschlingen das Gitter, Im Innern des Gitters stehen prächtige Jucca, deren dunkeles, tief saftiges Grün von trefflicher Wirkung ist. .
Weimar, 22. März. (W. T. B.). Anläßlich des 50 jährigen Todestages Goethe'sifand in der Fürstengruft eine Gedächtniß⸗ feier statt. An dem Grabe Goethe's wurden Lorbeerkränze nieder⸗ gelegt: Namens der Stadt Weimar und des Weimarsches Theaters, des deutschen Schriftstellerverbandes, der Concordia zu Wien, der deutschen Schillerstiftung, des Vereins Berliner Presse, des Sym⸗ posion zu Leipzig, der deutschen Frauen Prags und der Cotta'schen Verlagsbuchhandlung.
Zu dem am 26.8. im Victoria⸗Theater stattfindenden ein⸗ maligen Gastspiel der Fr. Niemann⸗Raabe, bei welcher Gelegenheit die Künstlerin in einer ihrer Glanzrollen, und zwar als „Lorle“ in „Dorf und Stadt“ auftreten wird, findet schon von morgen ab an der Kasse des Theaters der Vorverkauf der Billets statt.
Am Freitag, den 24. März, Abends 79 Uhr, findet im Arnim⸗ schen Saale (Unter den Linden 44 ein Wohlthätigkeits⸗ Concert statt, welches Frl. Jenny Meyer, unter Mitwirkung des Kgl. Kammermusikers Hrn. Posse, mit den Gesangsklassen ihres Kon⸗ servatoriums veranstaltet. Hr. Hof⸗Kapellmeister Radecke hat die Direk⸗ tion übernommen. Billets zu 2, ohne der Wohlthätigkeit Schran—⸗ ken zu setzen, sind bei Jenny Meyer, Wilhelmstraße 36, und in der Musikhandlung des Hrn. Weinholj, Kochstraße 2, zu haben. An der Abendkasse ist der Eintrittspreis auf 3.1 angesetzt.
Redacteur: Riedel.
Verlag der Expedition Keff⸗h. Druck! W. Elsner.
Sechs Beilagen (einschließlich Börsen · Bellage).
Berlin:
M 7O.
Erste Beilage
zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.
Berlin, Mittwoch, den 22. März
LS8SSGs2Z.
Aichtamtliches.
Preußen. Berlin, 22. März. Im weiteren Ver— laufe der gestrigen (39.) Sitzung setzte das Haus der Ab⸗ geordneten die zweite Berathung des Entwurfs des Stagtshaushalts-Etats für das Etatsjahr 1882583 mit der Diskussion über den Etat der Eisen bahn verwaltung (Einnahme Kap. 12) fort. Bei Kap. 12, Eisenbahndirektion zu Bromberg, 42 100 000 66, kam der Abg. Büchtemann auf die Ausführungen des Regierungskommiffars zurück, durch die seine (des Redners) Behauptungen keineswegs widerlegt seien. Allerdings habe die Ostbahn im letzten Jahre eine Erhöhung der Einnahmen erfahren; diese seien aber da—⸗ durch begründet, daß die letzte Ernte in Rußland besser aus— gefallen sei, als in den Jahren 1879 und 1880; auch die höheren Erträge der Hamburger und der Anhalter Bahn liehen sich auf finanzielle Maßnahmen der Verwaltungen zurückführen. Uebrigens sei der Regierungskommissar auf die Hauptpunkte seiner (des Redners) Auseinandersetzungen gar nicht eingegangen, und wenn der Abg. von Wedell-Malchow in der Verstaatlichung der Eisenbahnen gerade für die Landwirth— schaft einen so großen Vortheil sehe, so sollte derselbe doch wissen, daß die Ostbahn, welche hauptsächlich landwirthschaft— liche Distrikte durchschneide, immer Staatsbahn gewesen sei, die Erfahrungen des Abg. von Wedell im Eisenbahnwesen schienen überhaupt nur mangelhaft zu sein.
Der Ahg. von Wedell⸗Malchow erklärte, der Abg. Büchte⸗ mann habe dieselbe Rede schon einmal gehalten, und wenn derselbe sage, die Differenzialtarife, über die die Landwirthe sich beschwerten, beträfen hauptsächlich die Ostbahn, so erkläre er dem Abg. Büchtemann, daß er als Vorsitzender des deut— schen Landwirthschaftsrathes die Interessen der ganzen deut— schen Landwirthschaft vertrete. Was seinen Mangel an Kenntniß im Eisenbahnwesen anbetreffe, so bedauere er, wie er schon vorhin gesagt habe, nicht Eisenbahndirektor gewesen zu sein; wenn der Abg. Büchtemann ihm aber über diefen Mangel Vorwürfe mache, so sei das eine Ueberhebung, die er sich nicht gefallen lasse.
Der Abg. Büchtemann bemerkte, ihm läge jede Ueber⸗ hebung fern; auch habe er dem Abg. von Wedell aus seinem Mangel an Erfahrungen im Eisenbahnwesen keinen Vorwurf gemacht, obgleich derselbe sich selbst als Kampfrichter in den Streit zwischen ihm und dem Minister aufgeworfen habe, wobei der— selbe den Kampfpreis natürlich dem Letzteren zuerkannt habe.
Der Abg. von Wedell⸗Malchow bemerkte, wenn er n dem Wettstreit zwischen dem Abg. Büchtemann und dem Minister Letzterem den Kaufpreis zuerkannt habe, so habe er das nach bester Ueberzeugung gethan; dagegen erkläre er den Abg. Büchtemann für einen nur mäßigen Kenner des ganzen Eisenbahnwesens.
Hierauf wurde Kap. 11 bewilligt; desgleichen Kap. 12: Eisenbahndirektion zu Hannover 66 450 9006 MS, ebenso Kap. 13: Eisenbahndirektion zu Frankfurt a. M. 66 450 000 „M
Bei Kap. 14: Eisenbahndirektion zu Magdeburg 51 000 000 Mark, bat der Abg. von Ludwig den Minister um Auskunft darüber, ob die Tarife von Böhmen nach Hamburg niedriger seien, als von Sachsen nach Hamburg.
Der Regierungskommissar Geheime Regierungs⸗Rath Fleck konstatirte, daß die Einheitssätze von Sachsen nach Hamburg wegen der Konkurrenz der Schiffahrt auf der Elbe ganz er— heblich niedriger angesetzt seien, als von Böhmen aus.
Der Abg. Dirichlet erklärte, er sei nicht Eisenbahndirektor, nicht Rittergutsbesitzer, sondern nur Landwirth. Es möge ihm aber der Rittergutsbesitzer von Wedell⸗Malchow gestatten ... (der Präsident erklärte, hier im Hause heiße es nur „der Abg. von Wedell⸗Malchow, auch Hr. von Wedell⸗Malchow lasse er sich gefallen, aber der Ausdruck: „Herr Ritterguts⸗ besitzer“ von Wedell⸗Malchow sei hier nicht statthaft.) Also, der Abg. von Wedell⸗Malchow habe dem Hause die Mitthei⸗ lung gemacht, daß der Abg. Büchtemann seine heutige Rede schon einmal im Reichstage gehalten habe. Sie hätte dem Abg. von Wedell also Veranlassung geben sollen, sich damit zu beschäftigen, deshalb könne der Abg. von Wedell sich doch nichts damit entschuldigen, daß die Ausführungen des Abg. Büchtemann ihn unvorbereitet gefunden hätten.
Der Abg. von Wedell⸗Malchow erklärte, er werde seinem System, das er dem Abg. Dirichlet gegenüber vertreten habe, treu bleiben und — schweigen!
Bei Kapitel 15, Eisenbahndirektion zu Cöln (linksrheinisch) 44 220 000 S, klagte der Abg. Frhr. von Fürth über den schlechten Anschluß der Gin in Euskirchen. Er sei eines Tages mit der Bahn 1/9 Stunde später in Euskirchen ange⸗ kommen, als einer seiner Freunde, der die gleiche Strecke mit einem Privatfuhrwerk zurückgelegt habe. Auch sei dort für die Sicherheit der Passagiere so schlecht gesorgt, daß die Sicher⸗ heitspolizei einschreiten würde, wenn die Bahn eine Privat— bahn wäre. Redner wünschte sodann, daß die Eisenbahnstrecke Bonn⸗Euskirchen möglichst bald dem Vollbetrieb übergeben werden möchte, und daß man mit dem Baue der Strecke Sinzig⸗-Ahrweiler noch in diesem Sommer beginne, wie es dem Bonner Comits versprochen worden sei.
Hierauf ergriff der Minister der öffentlichen Arbeiten Maybach das Wort:
In Bezug auf die beiden Linien, welche der Herr Vorredner erwähnt hat, son nt ich ihn bei der nicht großen Ruhe des Hauses habe verstehen können, habe ich zu bemerken, daß der Vollbetrieb auf der Bahn von Bonn nach Euskirchen eingerichtet werden wird, 6. bald das Bedürfniß dazu vorliegt. Wir haben die Scekundärbahn von Euskirchen, konzessionirt als Sekundärbahn, von der rheinischen Bahn übernommen. Auch in Bezug auf die Linie von Sinzig nach Ahrweiler, deren der Herr Vorredner gedacht hat, ist der Staat lediglich in die Erbschaft getreten, die die rheinische Bahn hinter⸗ lassen hat, und es war bereits vor Eintritt der Staatsverwaltung die Frage, ob von Sinzig nach Remagen aus die Bahn nach Ahr⸗ weiler zu führen sei, zu Gunsten des letzteren Ortes entschieden. Ob auf die Dauer es Bedürfniß sein wird, von der Linie von Remagen nach Ahrweiler eine Abzweignng zu werfen nach Sinzig, vielleicht nicht von Ahrweiler aus, — es könnte auch ein , ,, sein — so wollen wir der Zukunft die Entscheidung vorbehalten. Bis jetzt ist ein derartiges Bedürfniß nicht anerkannt worden.
Kap. 15, sowie Kap. 16—18 (Eisenbahndirektion zu Cöln (rechtsrheinisch) 71 285 000 S, Main -⸗Neckarbahn
* 373 192 16 und Oldenburg⸗Wilhelmshavener Bahn 268 110 0) wurden genehmigt.
Bei Kap. 26, Privateisenbahnen, bei welchen der Staat betheiligt ist, Tit. 1, Oberschlesische Eisenbahn 4 572 798 M6, bemerkte der Referent Abg. Dr. Hammacher (Essen), innerhalb der Kommission sei eine Reihe von Beschwerden zur Sprache gekommen, die sich gegen die Höhe der Kohlen- und Kokstarife im Lokalverkehr der Oberschlesischen und Rechte Oder⸗Ufer⸗Eisenbahn richteten. Die Regierung habe erklärt, einen Druck auf Herabsetzung der Tarife nicht ausüben zu können, da Art. 45 des Reichs-Eisenbahn— gesetzes gesetzliche Handhaben für diesen Zweck nicht biete und sie uͤberdies vertragsmäßig bei Herabsetzung der Tarife jener Bahnen an die Zustimmung des Aufsichisrathes gebunden sei. Derselbe habe sich his jetzt gegen jeds Herabminderung der Tarife gesträubt, und erst in letzter Zeit sei die Zusage er— theilt, zum 1. Juli d. J, eine solche eintreten zu laͤssen. Die Kommission habe geglaubt, sich mit dieser Erklärung begnügen zu müssen, drücke indessen den Wunsch aus, daß es die Re— gierung an nichts fehlen lassen werde, in loyaler Weise einen Druck auszuüben, um eine weitere Herabsetzung der Tarife zu erlangen, und zwar in der Weise, daß sie Bahnen, die gegen Tarifherabsetzungen seien, Vortheile vorenthalte, deren Ver— leihung in ihrer Hand liege.
Der Abg. Graf von Saurma erkannte an, daß zwar für die Strecke Kattowitz-Breslau eine Herabsetzung der Kohlen— und Kokstarife eingetreten sei, aber nicht für die Zwischen—⸗ stationen, und doch drücke die Schlesier hier gerade der Schuh. Er glaube, daß die Regierung recht gut helfend eingreifen könne, da es ihr gelungen sei, durch Herabsetzung der Tarife für Stettin und Ost- und Westpreußen die englische Kohle von dem dortigen Markt zu verdrängen. Versage Preußen seine Hülfe, so bleibe ihm nur übrig, sich an das Reich zu wenden, dem die Kontrole über das Tarifwesen zustehe. Die Verdienste, die sich der Minister Maybach um den Verkehr Schlesiens durch die Oderregulierung erworben habe, seien dankbar anzuerkennen, um so mehr sei jetzt eine perfönliche Erklärung von dem Minister wünschenswerth, daß die Regie⸗ rung auf Grund des Art. 45 nichts zu Gunsten einer Herab⸗ setzung der Tarife thun könne.
ö ö nahm der Staats-Minister Maybach das ort:
Der Herr Referent hat schon ganz richtig ausgeführt, daß der ea ,, zur ö einer kö der , auf der Oberschlesischen und Rechte ⸗Oder⸗Ufer⸗Cisenbahn Zwangsmittel nicht zustehen. Die preußische Gesetzgebung läßt uns dabei im Stich, auch die Konzession der betreffenden Gesellschaft giebt keine Handhabe dazu. Dort sind wir gebunden an die Zustimmung des Verwaltungs— rathes und dieser hat bis vor ganz kurzer gi sich nicht geneigt finden lassen, auf eine Ermäßigung der Tarife, wie wir sie in an⸗ deren . haben, für die internen Bezirke Oberschlesiens einzugehen.
Auch die Reichsverfassung hilft uns nicht weiter. Sie giebt das Direktiv, dahin zu wirken unter Anwendung der gesetzlichen Mittel, — daß der Tarif auf, das Niveau des Einpfennigsatzes herabgesetzt würde. Die organische Durchführung des Art. 45 der Reichsverfassung besitzen wir noch nicht. Gesetzliche Mittel, um das Ziel des Art. 45 zu verwirklichen, haben wir zur Zeit noch nicht und auch im Reiche ist bei verschiedenen Verhandlungen anerkannt worden, daß keine gesetzlichen Mittel vor—⸗ handen sind, um eine Gesellschaft wider ihren Willen zu einer Herab— setzung ihrer Tarife zu zwingen. Nun hat aber auf mein Andringen, daß diese exzeptionellen Zustände in Oberschlesien, namentlich bei dem blühenden Zustande der Eisenbahnunternehmungen zu berechtigten Be⸗ schwerden Anlaß gebe und es gerecht sei, das Ziel, welches die Reichs— verfassung ins Auge, faßt, anzustreben, die Geseilschaft zugestanden, daß eine Tarifermäßigung eintreten soll und zwar vom 1. Juli ab. Zugleich ist zugestanden worden, eine weitere Ermäßigung für die⸗ jenigen Kohlen, die in Breslau auf die Oder . können. Es ist ganz richtig, wie der Herr Vorredner bemerkte, daß diese Ober— schlesischen Bahnen Kohlentarife haben, wie wir sie sonst kaum im Deutschen Reich besitzen; während wir sonst den 1⸗Pfennigtarif haben, ist bis jetzt dort sogar auf große Entfernungen der 1 Pfennigtarif an— gewandt worden. Wir müssen also, um dem Uebelstand, der gerade in Oberschlesien sehr drückend sich herausstellt, weil der Verkehr nach der südlichen und östlichen Grenze keineswegs die Förderung findet — ohne unsere Schuld — wie wir sie wünschen möchten — ich sage also, ich kann nach Lage der Gesetzgebung nicht versprechen, die Ge— sellschaften zu nöthigen, auf eine Ermäßigung der Tarife einzugehen. Ich möchte auch das Mittel, von dem vorhin die Rede gewesen ist, an Konzessionsertheilungen eine solche Bedingung zu knüpfen, nicht gerade empfehlen, denn die Entwickelung des Eisenbahnnetzes in Ober⸗ schlesien, wie in den anderen Landestheilen, die von der Oberschlesi⸗ schen Bahn durchschnitten werden, wird wesentlich von dem guten Willen der beiden Gesellschaften abhängen. Es giebt aber dort wenige Linien, von denen man von vornherein sagen kann, daß sie rentabel seien, und auch jetzt noch ist es von großem Interesse für die ober⸗ schlesischen nothleidenden Kreise, die Oberschlesische Gesellschaft zu be⸗ stimmen noch weitere Bauten zu übernehmen, von denen man keines⸗ wegs behaupten kann, daß sie sich von vornherein als rentabel darstellen werden. Also diese Gelegenheit zu benutzen, um Konzessionen in Be⸗ zug auf die Tarifermäßigung zu erlangen, würde ich nicht in Vor— schlag bringen. Aber ich wiederhole, soweit mir sonst Mittel zu Ge⸗ bote stehen, soweit mein Einfluß reicht, werde ich in voller Erkennt- niß, daß Oberschlesien in dieser Beziehung zurückgeblieben ist, Alles gaufbieten, um die Ermäßigung herbeizuführen, die nach den gegebenen n fer nothwendig und auch, wie ich glaube, recht gut an—⸗ gänglich ist.
Der Abg. von Lyskowski führte aus, wie seine Partei schon seit Jahren auf eine Herabsetzung der Tarife hinge⸗ arbeitet habe, die er um so mehr für berechtigt halte, als sie einen Verlust für die betreffenden Eisenbahnen in keiner Weise zur Folge habe.
Der Abg. von Uechtritz hob hervor, daß bezüglich der Tarife die Staatsregierung durch Verträge gebunden sei, die auch das Reich nicht brechen könne. Nur ein Mittel gebe es, eine Remedur herbeizuschaffen: die Verstaatlichung der 3161 bahnen. Redner machte noch auf einen anderen Uebelstand aufmerksam. Jede Herabsetzuug der Eisenbahntarife habe in früherer Zeit eine Steigerung der dehi e n e! bei der Grube zur Folge gehabt. Eine gesetzliche Regelung dieser Gruben⸗ preise sei deshalb nothwendig, wenn nicht die Wohlthat, die in der Herabminderung der ref für das Land liege, illuso⸗ risch gemacht werden sollte.
Die Einnahmen, der Oberschlesischen, der Stargard⸗ Posener und der Westholsteinischen Eisenbahn wurden
genehmigt, sowie die der Sekundärbahnen von Alt⸗ Damm nach Colberg und von Stargard nach Cüstrin. Bei der letzteren Bahn ersuchte der Abg. Schmidt (Stettin) um Beschleunigung des Baues der Bahn (mit Trajektoerbindung) nach Rügen. Der Minister, sowie der Abg. von Lattorf er— 3 daß an dieser Bahn mit allen Kräften gearbeitet werde.
Kap. 21, „Sonstige Einnahmen 114 850 6 wurde ohne Diskussion bewilligt. Damit war die Berathung der Ein⸗ nahmen erledigt.
Das Ordinarium der Ausgaben enthält in Kap. 23 die Summe von 33 310 000 M6 für Betriebsausgaben im Bezirke der Eisenbahndirektion zu Berlin.
Im Anschlusse an dieses Kapitel hatte die Vudgetkommis⸗ sion folgende Anträge gestellt:
Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen: **
a., Königliche Staatsregierung aufzufordern, mit dem nächsten Etat eine Uebersicht über die in jeder Beamtenkategorie angestellten etatsmäßig und diätarisch beschäftigten Eisenbahnbeamten zu geben,
b. über die Petitionen der Weichensteller der Magdeburg Halberstädter Eisenbahn zur Tagesordnung überzugehen,
(6. mit Rücksicht auf die Erklärungen der Königlichen Staats- regierung, daß sie mit einer theilweisen Revision der Gehälter der Eisenbahnbeamten beschäftigt fei, die auf Gehaltsaufbesserung ge⸗ richteten Petitionen der Eisenbahnbeamten der Königlichen Staate⸗ regierung als Material zu überweisen.
. Der Abg. Dr. Büchtemann hatte folgende drei Anträge eingebracht:
Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen:
I) die Staatsregierung zu ersuchen, die Stellen derjenigen höheren Baubeamten, welche im Staats⸗-Eisenbahndienst dauernd erforderlich sind, als etatsmäßige in den Etat einzustellen;
2) Königliche Staatsregierung aufzufordern, die Stellen der Weichensteller, Bahn⸗ und Brückenmeister, Portiers, Heizer und Bremser, soweit sie unter dem Titel der diätarischen Besoldungen aufgenommen sind, im nächsten Jahre als etatsmäßige in den Eklat aufzunehmen;
3) die Bemerkung im Etat, daß die Werkstättenvorsteher künftig nicht mehr etatsmäßig, sondern diätarisch anzustellen feien, zu streichen.
Der Abg. Rickert beantragte zu dem Antrage c der Kom⸗ mission, die Regierung aufzufordern, dem Landtage in nächster Session eine Nachweisung der Gehaltsverhältnisse der Eifen⸗ bahnbeamten zugleich vorzulegen.
Die Diskussion wurde zunächst über den Titel und den Antrag Büchtemann ad 1 eröffnet.
Der Abg. Büchtemann befürwortete seinen Antrag und beklagte sich darüber, daß zur Zeit die höheren Baubeamten sehr lange nur in diätarischen Verhältnissen sich befänden; er glaube, daß diesem Uebelstande am besten dadurch abgeholfen werden könnte, daß die dauernd erforderlichen Beamtenstellen etatsmäßig besetzt würden. Er empfehle demgemäß die An⸗ nahme seines Antrages.
Der Regierungskommissar Ministerial⸗Direktor Schnei⸗ der bezeichnete die Annahme, daß die Regierung dauernd er⸗ forderliche Stellen nur diätarisch wahrnehmen lasse, als irrig. Daß eine gewisse Zahl von Regierungs⸗Baumeistern zunächst nur diätarisch beschäftigt werden könnten, liege auf der Hand. Der Antrag sei überflüssig.
Der Abg. Berger begrüßte den Antrag mit Freuden. Auch ihm scheine eine Verringerung der etatsmäßigen Stellen innerhalb der Bauverwaltung vorzuliegen. 1876 seien 256, jetzt nur wenig mehr, nämlich 290 festangestellte technische Beamte vorhanden, obwohl das Staatsbahnnetz sich unver⸗ hältnißmäßig stärker ausgedehnt habe. Es sei kein gesunder Zustand, wenn die Beamten 12 Jahre lang und mehr auf ihre etatsmäßige Anstellung warten müßten. Die Juristen würden auch hier den technischen Beamten bedeutend vor⸗ gezogen. ;
. ie n ergriff der Staats⸗Minister Maybach das
zort:
Ek ist ja richtig, daß eine große Anzahl von Baumeistern aus älteren Jahren noch der etatsmäßigen Anstellung harrt, allein welchen Umständen ist das zuzuschreiben? Ich habe das neulich schon ange⸗ deutet: es ist die außerordentliche Ueberproduktion auf diesem Gebiet. Die Zahl Derjenigen, die auf Beschäftigung und Anstellung warten, ist eine so überaus große, daß wir, ich wüßte nicht, wie viele Stellen
schaffen müßten, um Allen etatsmäßige Stellen zu geben. Bei der Justiz und bei der Verwaltung ist das Verhältniß in etwas ein anderes, die Menge der Exspektanten ist da nicht so groß, und in Folge dessen erreichen sie rascher das Ziel, das sie anstreben. Das kann sich in einigen Jahren ändern. Nimmt der Zudrang zu dem Baufach ab. wie das ja in neuerer Zeit der Fall zu sein scheint, so dürfen wir hoffen, daß bessere Zustände auf diesem Gebiet eintreten werden. Wird die Bauthätigkeit, zu deren Hebung und Belebung wir das unsrige nach Kräften beitragen, wieder lebhafter, so wird sich auch Gelegenheit nicht blos zur Beschäftigung, sondern auch, soweit der 2 betheiligt ist, zur Anstellung finden, allein so rasch geht as nicht.
Wenn der Herr Abgeordnete dann sagt — ich habe seiner Rechnung nicht folgen können — es sei in früheren Jahren die Zahl der ange⸗ stellten Beamten so und so groß gewesen, und verhältnißmäßig müßte sie also jetzt so groß sein, so dann ich das Exempel doch nicht als richtig zugeben. Es handelt sich doch immer darum, daß wir für das wirkliche, dauernde Bedürfniß eine etatmäßige Stelle schaffen; wir können aber nicht die Stelle für den Mann suchen, sondern immer nur den Mann für die Stelle.
ch erinnere Sie daran, daß 1879 das hohe Haus einen Beschluß gefaßt hat, durch welchen die Regierung aufgefordert wurde, auf eine Vereinfachung des Geschäftsganges und eine Verminderung der Beamten im Interesse der Staatsfinanzen hinzuwirken. Nun, den Beschluß haben Sie noch nicht zurückgenommen; e Staatsregierung hat ihn beherzigt und deshalb wollen wir auch überall nur da, wo ein dauerndes Bedürfniß vorliegt, eine etatsmäßige Stelle. Insoweit könnte ich mich also mit dem Antrage einverstanden erklären, nicht aber, wo ein solches Bedürfniß nicht erkennbar ist. Das würde zu einer Belastung der Staatskasse führen, die durch nichts gerecht⸗ fertigt wäre. ;
Dann ist vorhin noch erwähnt worden, daß die Unterbeamten zu festen Stellen übergeführt werden müßten. Soweit das dauernde Bedürfniß in Frage kommt, kann man an sich damit ja einverstan⸗ den sein, aber auch da eum gran salis. Denn, sollten Sie eine solche feste Anstellung für alle Unterkeamten nöthig finden, dann brechen Sie damit über eine d Reihe von Privatbahnen den Stab. Ich könnte Ihnen Vertragsformulare vorlegen, nach welchen die Unterbeamten dort lediglich in der Hand ihrer Vorgesetzten sind. Ich glaube also, es liegt wirklich keine Veranlassung vor, dem An⸗