wufrecht erhalten wolle. Die Annahme der Mr. 3 erfolgte demnächst gleichfalls. Zu Nr. 4 liegt ein Anttag des Hrn. Grafen Henckel von Donnersmarck vor: Fatt ihrer Ausgaben“ zu setzen „der ihr obliegenden Minimalleistungen⸗. Mit dem Antrag soll, wie der Herr Antragsteller aus—⸗ führt, ausgedrückt werden, daß die Behörde eine Erhöhung Der Beiträge nur solle verlangen können, wenn dies zur Er— füllung der Minimalleistungen unabweislich sei. Nachdem der Regierungskonmmissar Hr. Lohmann darauf hingewiesen hatte, deß letzteres schon in der Fasiung der Vor⸗ lage liege, indem die Behörde nach derselben nur befugt sei, der Kasse die Alternative zu stellen, entweder eine Erhöhung der Beiträge oder eine Reduktion der Leistungen bis auf den gesetzlichen Minimalbetrag eintreten zu lassen, wird der Antrag jurückgezogen und Nr. 4 in der Fassung der Vorlage ange⸗ nNomm
men.
Zu Nr. 5 hat Hr. Kalle folgenden Antrag eingebracht: in dem Schlußsatz hinter Wochen“ einzuschalten: „und soweit es sich um die gesetzlichen Minimalleistungen der Kassen handelt, 1 Woche“, das Wort „und“ aber zu streichen.
Dieser Antrag wird angenommen, nachdem der Herr An— tragsteller ihn damit motivirt hatte, daß die während der ersten 6 Wochen erkrankenden neuen Mitglieder der Gemeinde nicht zur Laft fallen dürften, und nachdem Hr. Baare den⸗
selben befürwortet hatte. Mit dieser Modifikation wird dem⸗ nächst die ganze Nr. 5 angenommen.
Zu Nr. 6 stellt Hr. Graf Henckel von Donnersmarck fol⸗ genden Antrag:
in Alinea 1 hinter „Beiträge“ einzuschalten: „ein⸗ schließlich der Zuschüsse der Arbeitgeber“.
Hr. Kade wünscht, daß ausscheidende Arbeiter nur noch 1 Jahr hindurch der bisherigen Kasse angehören sollen, um letztere nicht zu überlasten, wogegen Hr. Dr. Jansen um⸗ gekehrt es für wünschenswerth hält, daß ausgeschiedene Ar— beiter, falls sie nur ihre Beiträge, einschließlich der Beiträge der Arbeitgeber, fortzahlen, recht lange Mitglieder der Kasse blieben, und Hr. Kiepert gleichfalls irgend eine Gefahr in der in der Vorlage enthaltenen Bestimmung nicht erblicken kann. Auch Hr Hessel tritt dem bei, zumal für Innungskassen analoge Vorschriften beständen.
Der Regierungskommissar Hr. Lohmann will sich dem Antrag Graf Henckel nicht widersetzen, weist aber darauf hin, daß in der Vorlage, welche von der Fortzahlung „der“ Bei⸗ träge, nicht „ihrer“ Beiträge spreche, schon derselbe Gedanke enthalten sei. Nachdem Hr. Kochhann den Wunsch aus— gesprochen, es möge diese Auffassung durch Annahme des Antrags ausdrücklich sanktionirt werden, um Zweifeln vor— Zubeugen, wird derselbe, und mit der hieraus sich ergebenden Modifikation die ganze Nr. 6 angenommen.
Zu dem Abschnitt C. „für Fabrikkrankenkassen“ liegt ein Antrag des Hrn. Grafen Henckel von Donnersmarck vor:
91 6 des Textes der Vorlage zu sagen, was
olgt: „Für Fabrikkrankenkassen greifen die Bestimmungen unter 1II. B. mit der Maßgabe Platz, daß der Be⸗ messung der Kassenleistungen sowohl wie auch der Beiträge zur Kasse anstatt des durchschnittlichen Tagelohns der Durchschnitt des wirklichen Arbeits⸗ verdienstes der betreffenden Arbeiterklasse, soweit derselbe drei Mark für den Arbeitstag nicht über— steigt, zu Grunde gelegt wird.“
Der Antrag wird angenommen, nachdem der Herr An⸗ tragsteller darauf hingewiesen, daß derselbe eine Konsequenz früherer Beschlüsse sei, und nachdem der Regierungs— kommissar Hr. Lohmann mit demselben sich einverstanden er— Elärt hatte. .
Zu Abschnitt JV. Pflichten der Arbeitgeber. A. Anmelde⸗ und Abmeldepflicht.
beantragt Hr. Baare:
in Nr. J statt: „am dritten Tage“ an beiden Stellen
zu setzen:; „innerhalb 8 Tagen“,
weil die dreitägige Frist zu kurz sei. Der Regierungskommissar Hr. Lohmann hält diese Ver— längerung der An⸗ und Abmeldesrist für die Gemeindekranken— versicherung für bedenklich, da der letzteren in Folge dessen viele, wenn auch kleine Krankenunterstützungen zufallen wür— den, welche in ihrer Häufung immerhin als eine Last er— scheinen müßten. Er vermöge nicht anzuerkennen, daß eine Kurze Frist besondere Schwierigkeiten biete, zumal größere Unternehmer, welche dadurch belästigt werden könnten, fast immer eigene Fabrikkrankenkassen haben würden, wodurch die ganze Bestimmung für sie ihre Bedeutung verliere.
Hr. Baare glaubt, daß eine Benachtheiligung der Ge— meindekrankenkassen wegen der Bestimmung der Rr. 3 nicht eintreten werde, und empfiehlt seinen Antrag im Interesse derer, welche isolirt wohnen, wogegen der Regierungskommissar Sr. Lohmann darauf aufmerksam macht, daß die Bestimmung in Nr. 3 die Gemeinden nur für den Fall sicherstelle, daß ein nicht angemeldeter Arbeiter wegen Krankheit unterstützt wer⸗ 1 8 1 . . den J,. des Beitrages für
welche nach vorübergehender Beschäfti ĩ i . r h geh Beschäftigung wieder
Hr. Heimendahl führt aus, daß für Ortskrankenkassen, in
denen ein rascher Wechsel der Arbeiter stattfinden könne, die Meldefrist eine kurze sein müsse, während die Frist für Fabrik— trankenkassen geräumiger bemessen sein könne, und beantragt:
a. in LV. A. 1 Zeile 2 statt: „spätestens am dritten Tage⸗
u , dn, kenkassen i ; lb b
„bei Ortskrankenkassen innerhalb 3, bei Fabrik⸗ krankenkassen innerhalb 5 Her le ö
h. ebendort Zeile 3 statt: „spätestens am dritten Tage“
zu setzen: „binnen gleicher Zeit“.
Hr. Herz beantragt mit kurzer Begründung:
ebendort an beiden Stellen statt- „spätestens am 3. Tage“ zu setzen: „innerhalb 5 Tagen“.
Hr. Vorderbrügge hält ini Interesse des Handwerks eine dreitagige Frist so lange für zu kurz, als nicht obligatorische Arbeitsbücher eingeführt seien. Gegenwärtig fei man oft ge— nöthigt, Handwerkgburschen, die sich als Gesellen ausgäben, anzunehmen, sie aber binnen wenigen Tagen wieder zu ent— lassen, weil sich herausstelle, daß der angebliche Göeselle ent⸗ weder nichts oder doch nur sehr wenig verstehe und für den Meister unbrauchbar sei. Für solche Fälle müsse die Frist etwa 6 Tage betragen, weil sich binnen 3 Tagen die Brauch⸗
e eit des Angenommenen nicht genügend herausstellen
für den Antrag Herz aus, weil man binnen 3 Tagen oft nicht wisse, ob der Arbeiter die Arbeit noch fortsetzen wolle oder nicht, und weil man deshalb nicht in der Lage sei, ihn schon innerhalb 3 Tagen abzumelden.
Hr. Dr. Jansen empfiehlt den Antrag Heimendahl, weil n e,. Arbeiter, die sich melden, oft sofort wieder ent⸗ assen müßten, wenn sie sich für die ihnen zugewiesene Arbeit nicht eignen, und weil in solchem Fall dem Fabrikbesitzer durch häufige An und Abmeldungen eine zu große Belästigung er— wachse. Nachdem der Regierungskommissar Herr Lohmann nochmals darauf hingewiesen hatte, daß für Fabrikkranken⸗ affen ein Bedürfniß zur Normirung der An⸗ und Abmelde⸗ frist nicht bestehe, die demnächst zu formulirende Gesetzestaxe also für diese Kasse eine solche Bestimmung nicht enthalten werde, wird der Antrag Baare zu Gunsten des Antrags Heimendahl zurückgezogen, der Antrag Herz abgelehnt, der Antrag Heimendahl angenommen. Nr. 1 mit dieser Modifi⸗ kation, Nr. B und Nr. 3 in der Fassung der Vorlage werden
demnächst ohne Diskussion angenommen, ebenso die Abschnit IV. B. und p 0. i ; .
Abschnitt IV. D. Besondere Verpflichtung der Fabrikkrankenkassen beantragt Herr Baare: — das Wort „unentgeltlich“ zu streichen, mit der Begründung, daß es jetzt üblich und bei großen Be— trieben, wo die Kasse oft von mehreren eigenen Beamten ver— waltet werden müsse, auch billig sei, daß die Rendantur— geschäfte gegen Remuneration, die aus den beiderseits ge— zahlten Beiträgen bestritten würden, besorgt würde. Er wünsche, daß dies beibehalten werde. Der Antrag wird abgelehnt, der Abschnitt in der Fassung der Vorlage angenommen, ebenso aus dem Abschnitt v. Organisation und Verwaltung der Orts— (nicht Gemeinde⸗) und Fabrikkrankenkassen ohne Debatte die Unterabschnitte X. und B, sowie der Unter⸗ abschnitt G., nachdem zu letzterem auf Anfrage des Hrn. Heimendahl, ob alle Funktionen in der Kasse unentgeltlich zu üben seien, der Regierungskommissar Hr. Lohmann erklärt
dahin ausgelassen hatte, Arbeiter hätten nicht Zeit, Ehren— ämter zu übernehmen. Nr. V. D. wird ohne Debatte angenommen. Zu Nr. V. E. haben die Herren Meyer, Graf Henckel von Donnersmarck, von Born und Dr. Jansen beantragt: statt: „mit berathender Stimme“ zu sagen „mit 1/3 Stimmberechtigung“. Hr. Graf Henckel von Donnersmarck verlangt zur Be— gründung dieses Antrags für die Arbeitgeber, welche 1 der Beiträge zahlen, auch eine entsprechende Stimmberechtigung, nach dem Grundsatze „gleiche Rechte, gleiche Pflichten“. Der der Vorlage zu Grunde liegende Gedanke, daß das dem Arbeitgeber eingeräumte Beanstandungsrecht ihm einen sehr großen, das Stimmrecht überwiegenden moralischen Einfluß gewähre, sei in dieser Ausdehnung nicht zutreffend, auch sei es zu vermeiden, in der Kassenverwaltung einen Unterschied zwischen dem Arbeitgeber und seinen Arbeitern herzustellen. SHr.. Dr. Jansen pflichtet dem Vorredner dahin bei, daß in Fabrikkrankenkassen dem Arbeitgeber nothwendig ein Stimm⸗ recht beigelegt werden müsse, weil eine blos berathende Mit⸗ wirkung die Stellung des letzteren herabdrücke. Für Ortskranken⸗ kassen liege die Sache allerdings etwas anders, doch erscheine es ihm auch hier angezeigt, dem Arbeitgeber eine beschließende Stimme einzuräumen.
Hr. Herz theilt diese Ansicht gleichfalls. Der in der Generaldebatte von dem Regierungskommissar vorgetragenen Auffgssung, als seien die Arbeiter bei der gegenwärtigen Or⸗ ganisation der Kassen unzufrieden mit der dominirenden Stellung der Arbeitgeber, müsse er auf Grund seiner eigenen Erfahrungen entgegentreten, da die Arbeiter vielmehr dem Ver— treter des Arbeitgebers volles Vertrauen zu schenken, ihn zum Vorsitzenden zu wählen pflegten, und es entschieden mißver— stehen würden, wenn demselben auch als Vorsitzenden dem— nächst kein Stimmrecht mehr zustehen sollte.
Hr. Kochhann will sich an und für sich dem Antrag nicht widersetzen, will dann aber auch, um einem Uebermaß von Rechten des Arbeitgebers vorzubeugen, das dem letzteren ein geräumte Beanstandungsrecht fortfallen lassen, und letzteres nur den Behörden zubilligen. Der Darstellung des Vorredners Herz über die in der Kassenverwaltung bestehenden Verhält— nisse zwischen Arbeitgeber und Arbeiter müsse er nach seinen Erfahrungen widersprechen. Redner beantragt: für den Fall der Annahme des Äntrages Meyer, Graf dengel. u. Gen. in V. E. die Worte „und haben das Recht“ bis „für unbegründet erklärt“ zu streichen. Hr. Baare hat durch Nachfrage bei den Vorständen mehrerer CLentralverbände von Industriellen seine Ansicht, daß dem Arbeitgeber Stimmrecht beigelegt werden müsse, durchaus bestätigt gefunden. Ebenso wichtig sei aber das Beanstandungs— recht; die Auffassung des Porredners Kochhann könne nicht getheilt werden, weil die Arbeitgeber nur 1 Stimmrecht hätten, also immer in der Minorität seien, und hiergegen ein Gegengewicht gefunden werden müsse. Eine bevorzugte Stel⸗ lung des Arbeitgebers liege übrigens auch im Interesse der Arbeiter selbst, da die Letzteren nicht einen so weiten Blick hätten, um übersehen zu können, wie weit die Verpflichtungen der Kasse reichen. Hr. Kamien tritt sür die Vorlage ein. Der Einfluß der Arbeitgeber sei gegenwärtig zu groß, die Arbeiter könnten gegen denselben nicht aufkommen, wie die Verhaäͤltnisse in der hiesigen Neuen Maschinenbauer⸗Krankenkasse zeigten. Hr. Graf Henckel von Donnersmarck triit i Vorredner Kamien mit der Ausführung entgegen, daß dergleichen Zu⸗ stände nur auf ein statuten⸗ und gesetzwidriges Handeln zu⸗ rückgeführt werden könnten, gegen welches ein Gesetz über⸗ haupt nicht schützen könne. Der Vorredner Kochhann habe nur scheinbar Recht: Benefizien ständen ja nur für die Ar⸗ beiter, nicht für den Arbeitgeber in Frage; letzterer habe nur die Aufgabe und . darauf sehen, daß man nicht undurch— , . nn . . welche die Arbeiter, bei denen ie Neigung bestehe, die Gegenwart auf Kosten d zu ann, , , , j . ö r, von Tiele⸗Winkler er Ansicht, daß die Orts— krankenkasse in dieser Frage ebenso en hie 2 müßte, wie die Fabrikkrankenkasse, weil erstere ebenso bedeutend sein könnte wie die letztere. Redner hält die Aufrechthaltung des dem Arbeitgeber eingeräumten Veto für unumgänglich, auch mtässe der letztere Stimmrecht erhalten; er brauche! aber nur das polle Stimmrecht, wie es auch andere Kassenmitglieder
Hr. Kochhann spricht sich im Interesse der Abmeldefrist
hatte, daß dies im Statut zu regeln sei, und Hr. Hessel sich
falls 1/3, wie beantragt worden, erhalten. Redner stellt fol⸗ genden Antra
den 22 Theil der Nr. V. E. wie folgt zu fassen:
versammlung, entweder selbst oder durch einen Ver⸗ treter, mit beschließender Stimme Theil zu nehmen und Beschlüsse derselben zu beanstanden.“
Hr. Kochhann vermag die Nothwendigkeit des Veto nicht anzuerkennen, da es Niemandem benommen sei, gegen Be⸗ schlüßsse, welche die Solvenz der Kasse betreffen, an die Auf⸗ sichtsbehörde Protest einzulegen oder durch Beschwerde die Auf⸗ hebung des Beschlusses anzustreben. Ein Gegengewicht gegen
berechtigung zustehe, sei nicht erforderlich, weil der Arbeitgeber immer einen erheblichen Theil der Arbeiter zu sich hinüber⸗ ziehen und dadurch seine Position verstärken könne. Eine einzelne Stimme dagegen könne demselben nichts nützen.
Der Regierungskommissar * Lohmann verzichtet darauf, die Vorlage D so zahlreiche Angriffe aufrecht zu erhalten, hat aber Bedenken dagegen, das Beanstandungsrecht neben der 13-Stimmberechtigung beizubehalten, da dies noch über das Hülfskassengesetz und über die Knappschaftskassen hinaus⸗ gehe. Auch dürse man die Stimmberechtigung nicht auf 1/6 normiren, sondern nach dem Verhältniß der Beiträge des Arbeitgebers zu den Gesammtbeiträgen bestimmen, weil nur letzteres den Verhältnissen der Ortskrankenkasse entsprechen würde. Es empfehle sich daher, die Fassung des Abschnitts ganz zu verändern.
Hr. Baar wünscht dagegen Beibehaltung der jetzigen Fassung unter Eliminirung der Worte „mit berathender Stimme“, welche durch eiue noch näher zu bestimmende Stimmberechtigung zu ersetzen seien.
Hr. Heimendahl will die ursprüngliche Vorlage aufrecht erhalten, da seine Erfahrungen und die beispielsweise in Elsaß⸗-Lothringen bestehenden Verhältnisse ihm die Ueber⸗ zeugung eingegeben hätten, daß das durch Beilegung des Beanstandungsrechts gewährte moralische Uebergewicht ein Stimmrecht aufwiege und überflüssig mache.
Hr. von Tiele-Winkler, während dessen Ausführungen der Vorsitzende wegen anderweiter Amtsgeschäfte den Vorsitz. an den Regierungskommissar, Ministerial-Direktor Bosse, ab gab, führt dem Vorredner Kochhann gegenüber aus, daß der einem Jeden zustehende Protest und das Beschwetderecht das Veto nicht im Mindesten ersetze, weil die Wirksamkeit des letz- teren in der aushebenden Kraft bestehe.
Hr. Freiherr von Landsberg macht die von dem Regie⸗ gierungskommissar vorgeschlagene neue Fassung, unter Bei⸗ behaltung des Beanstandungsrechts, in folgender Form zum Gegenstande eines Antrags:
den ersten Theil der Nr. V. E. wie folgt zu fassen:
Arbeitgeber, welche für die von ihnen beschäftigten Mitglieder einer Orts- oder Fabriktrankenkasse an diese Beträge aus eigenen Mitteln zu zahlen ver— pflichtet sind, haben Anspruch auf Vertretung im Vorstand und in der Generalversammlung der Kasse.
Die Vertretung ist nach dem Verhältniß der von dem Arbeitgeber aus eigenen Mitteln zu zahlenden Beiträge zu dem Gesammtbetrage der Bei— träge zu bemessen. Mehr als ein Drittheil der Stimmen darf ihm weder in der Generalversamm— lung noch im Vorstande eingeräumt werden. Die Vertreter haben das Recht, die Beschlüsse der General⸗ versammlung und des Vorstandes zu beanstanden. Beanstandete Beschlüsse (u. s. w. wie in der Vorlage).
„Hr. Herz zieht den letzteren dem Antrag von Tiele vor, will aber dem Arbeitgeber nicht schlechthin die Befugniß, eine Stimme zu führen, geben, sondern ihm die Berechtigung lassen, an der Generalversammlung durch mehrere Vertreter sich zu betheiligen, deren Jedem eine Stimme zuzugestehen sei. Mehr Stimmen brguche eine gut geleitete Fabrik nicht, um den nöthigen Einfluß auf ihre Arbeiter auszuüben. Er beantragt daher folgende einfache Abänderung des Textes:
an Stelle der Worte: „mit berathender Stimme“ zu
sagen: „mit beschließender Stimme“.
Hr. Graf Henckel von Donnersmarck modifizirt den von ihm und Anderen eingebrachten Antrag wie folgt:
s. Stelle der Worte: „mit berathender Stimme“ zu
agen:
„nach Maßgabe ihrer Beitragspflicht, jedoch mit nicht
mehr als 1sz . . h
Hr. Spengler empfiehlt den Antrag Herz, da die anderen Anträge zu einem Uebergewicht des Arbeitgebers über die Arbeiter führen würden, welches bei dem an und für sich großen moralischen Einfluß des ersteren zu einer Schädigung. der letzteren führen möchte. Hr. Baare empfiehlt gleichfalls den Antrag Herz: Stimm— recht für jeden Vertreter des Arbeitgebers und das Bean⸗ standungerecht des letzteren seien zur Aufrechterhaltung der Disziplin ununigänglich nothwendig. Er selbst sei 27 Jahre hindurch im Vorstand einer Krankenkasse gewesen, ohne daß jemals Differenzen stattgefunden hätten; das wäre nicht möglich gewesen, wenn ihm kein Stimmrecht zugestanden hätte 3 neuerdings habe er sich von den Sitzungen fern gehalten, weil er zu viel bewilligt habe, und das sei ein Beweis, daß der Arbeitgeber ein warmes Herz für seine Arbeiter habe.
(Schluß in der Dritten Beilage.)
hätten, und solle daher nicht mehr wie eine Stimme, keinen⸗
„Arbeitgeber, welche zur Beitragsieistung aus eigenen Mitteln verpflichtet sind, haben das Recht, an den Sitzungen des Vorstands und der General⸗—
Majorisirung durch die Arbeiter, denen allerdings / Stimm-
Dritte Beilage
zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.
M J7O.
Berlin, Mittwoch, den 22. März
1222.
(Schluß aus der Zweiten Beilage.)
Hr. Graf Henckel von Donnersmarck verlangt über den Antrag von Tiele namentliche Abstimmung. Nachdem das Verhältniß der Anträge von Tiele und Herz zu einander er⸗ örtert worden, legt Hr. Kalle seine Ansicht dahin dar, daß er die Vorlage im Ganzen sür harmlos halte. Für Fabrik⸗ krankenkassen würde sie ausreichen; er könne nicht zugeben, daß der Arbeitgeber, dessen moralischer Einfluß schon ein sehr großer sei, durch die Bestimmungen der Vorlage herabgedrückt werde. Für Ortskrankenkassen empfehle sich dagegen, den Arbeitgebern je eine Stimme beizulegen, weil dieselben nicht einen so großen moralischen Einfluß besäßen, wie die Fabrik⸗ besitzer, und weil sie unter einander wohl nicht immer einig sein würden. Die nähere Ausführung dieses Gedankens möge man der Regierung überlassen, welche bei der Redaktion des Gesetzestextes das Richtige dann wohl treffen werde. Nachdem Hr. Neubauer seine Zustimmung zum Antrag Herz ausgesprochen, und die Nothwendigkeit des Beanstandungsrechts hervorgehoben hatte, konstatirt Hr. Graf Henckel von Donners marck, daß über die Nothwendigkeit des letzteren Uebereinstimmung zu bestehen scheine, und die Meinungsverschiedenheiten nur das Maß des Stimmrechts beträfen, wogegen Hr. Kochhann in erster Linie dem ursprünglichen Antrag Meyer, Graf Henckel und Genossen mit dem von ihm gestellten Amendement, in zweiter Linie dem Antrag von Tiele zustimmen möchte, weil die Zahl der Vertreter, die der Arbeitgeber in die General⸗ versammlung schicken könne, nicht beschränkt sei und deshalb der Antrag Herz einen Mißbrauch nicht ausschließe.
Hr. Baare führt aus, daß die moralische Autorität des Arbeitgebers herabgesetzt werde, wenn ihm nur eine berathende Stimme in der Generalversammlung und im Vorstande der Fabrikkrankenkasse gegeben werde, er müßte mit Stimmrecht Theil nehmen.
Hr. Heimendohl hält das Recht des Arbeitgebers, Be— schlüsse über Angelegenheiten der Krankenkasse zu beanstanden, für wichtiger als den Umfang seines Stimmrechts und befür⸗ wortet den Antrag von Tiele.
Indem sich Hr. Kalle dem anschließt, macht er darauf aufmerksam, daß dieser Antrag sich nur auf Fabrikkranken⸗ kassen beziehe. Bei Ortskrankenkassen lägen die Verhältnisse anders und es bedürfe hier, wegen der größeren Zahl der Arbeitgeber einer anderweiten Regelung des Stimmverhält⸗ ni sses, etwa nach Maßgabe der Beiträge.
Hr. von Ruffer ist gegen die Betheiligung der Arbeit⸗ geber mit blos berathender Stimme und befürwortet den An— trag Graf Henckel. .
Hr. Herz weist darauf hin, daß sein Antrag auch die Ortskrankenkassen einschließe. Auch hier würden immer die Arbeiter die Majorität haben.
Nachdem Hr. Vorderbrügge den Antrag Herz empfohlen, wird die Debatte geschlossen.
Bei der Abstimmung wird von dem Antrage des Frhrn. von Landsberg zunächst der auf die Beanstandung der Be⸗ schlüsse bezügliche Theil und sodann der Rest angenommen. ö . erledigen sich alle übrien Anträge, sowie die
orlage.
Die Abschnitte V. F., G., H. werden ohne Debatte an⸗ genommen.
Zu Abschnitt VI. Beaufsichtigung der Kassen werden die Absätze A., B. 1, 2, 3, C. 1, 2 und D. 1 ohne Widerspruch festgestellt. ;
Zu Abschnitt D. 2 bemerkt Hr. Herz, daß viele Fabriken, z. B. in der Zuckerindustrie, nur campagneweise arbeiten, andere, z. B. Mühlenwerke, langwierigen Reparaturen unter⸗ worfen werden müßten, welche zu vollständiger Betriebseinstel⸗ lung nöthigten. In solchen Fällen dürfe eine Auflösung be⸗ stehender Krankenkassen nicht erfolgen.
Nachdem der Regierungskommissar erwidert hatte, daß dies auch nicht beabsichtigt werde, vielmehr nur eine Sicher⸗ stellung der Verwaltung der Kasse während der Zwischenzeit erzielt werden solle, wird die Nr. 2 angenommen.
Die Abschnitte VI. D. 3, ;
VII. Verhältniß der Knappschastskassen zur Krankenversicherung und VIII. Uebergangsbestimmungen Absatz A. Zu Abschnitt VIII. B. liegen folgende Anträge vor. Hr. Kalle beantragt: z VIII. B zu streichen und statt dessen zu setzen: ⸗ „Kassen, welche bisher neben den nach den Vorschriften dieses Gesetzes zulässigen Leistungen Invaliden⸗, Witt— wen⸗ und Waisenunterstützungen gewährt haben, müssen die Krankenversicherung, soweit sie die gesetzlichen Mi⸗ nima leistet, eventuell unter Ueberweisung eines ent⸗ sprechenden Theils des vorhandenen Kapitals abzweigen und besondere Rechnung darüber führen.“ Hr. Graf Henckel beantragt: unter VIII. B. La. zu bestimmen: „Die Arbeitgeber haben mindestens ein Drittel, die Arbeiter höchstens zwei Drittel zu den Prämien beizu⸗ tragen,“
und bei ei. B. 1c. in der letzten Zeile hinter „ihre“ zu
agen:
laa sowie die den Arbeitgebern obliegenden Beiträge fort⸗ zahlen. Weigern sie letzteres, so ermäßigt sich der Pensionsanspruch für die Zukunft nach Maßgabe des Ausfalls der Prämie.“
Hr. Kalle billigt den Zweck der Uebergangsbestimmung, welchen er darin findet, für Kassen, welche bisher neben der Krankheitsversicherung eine Invaliditäts,, Wittwen⸗ ꝛc. Pen⸗ sionsversicherung übernommen haben, die Sicherheit herbei⸗ zuführen, daß nicht durch Erfüllung der übrigen statutarisch gleichberechtigten Nebenverpflichtungen eine Gefährdung der Leistungsfählgkeit bezüglich der durch Gesetz obligatorisch zu machenden Krankenkasse entstehe. Dazu genüge aber die Aus⸗ scheidung der Krankenversicherung, soweit sie die gesetzlichen Minima leistet, eventuell unter Ueberweisung eines ent⸗ sprechenden Theils des vorhandenen Kapitals. Die eingehen⸗ dere Regelung, wie die Vorlage sie versuche, sei nicht er⸗ schöpfend und es sei bedenklich, einzelne solche Bestimmungen
festzusetzen, wenn man auf eine vollständige Regelung der Verhältnisse der Pensionskassen für jetzt verzichten müsse.
Der Regierungskommissar Hr. Geheimer Rath Lohmann bemerkt, daß neben dem von Hrn. Kalle hervorgehobenen Zwecke die Uebergangsbestimmungen den Gesichtspunkt im Auge hätten, zu entscheiden, inwieweit zugelassen werden solle, daß ein Zwang zum Beitritt zu den Invaliden-, Wittwen-, Waisen⸗ unterstützungskassen ausgeübt werde. Einen solchen Zwang kenne der Gesetzentwurf nur für Krankenkassen; scheide man diese aber aus den bestehenden Kassen aus und stelle man den Beitritt bezüglich der übrigen Kassenzwecke in das Belieben der Arbeiter, so würden die Kassen zu klein werden, um, unter Beibehaltung der bisherigen Beiträge, leistungsfähig zu bleiben. — Ein Beitrittszwang für die bestehenden Invaliden⸗- c. Kassen könne nicht eingeführt werden, so lange nicht die In— validitäts⸗ 2c. Versicherung gleich der Krankenversicherung obligatorisch gemacht werde, denn ohne dieses Korrelat seien die versicherten Arbeiter in Gefahr, durch unfreiwilligen Be⸗ rufs⸗- oder Ortswechsel erworbene Pensionsansprüche zu ver— lieren. Den einmal bestehenden Invaliden⸗ ꝛc. Kassen solle trotzdem das Fortbestehen gestattet werden, nur müßte dies davon abhängig gemacht werden, daß jene Kassen die in den Grundzügen aufgeführten Garantien ihrer Leistungsfähigkeit erfüllten, was bei dem Vorschlage des Herrn Kalle nicht sicher⸗ gestellt sei.
Hr. Baare theilt die Bedenken des Regierungskom missars gegen den Antrag Kalle, und bestätigt, daß die bestehenden Kassen ihren mehrfältigen Verpflichtungen zur Pensions⸗ zahlung ost nur in Folge des Umstandes gerecht werden könnten, weil die Krankenversicherung Ueberschüsse liefere. Redner fragt an, wie bei einer großen bestehenden Kasse mit erheblichem Vermögen die Aussonderung der Krankenkasse ge⸗ dacht werde.
Nachdem der Regierungskommissar die Frage an der Hand der Grundzüge beantwortet, bemerkt Hr. Spengler, daß mit demselben Rechte, wie die Knappschaftskassen, auch andere Fabrikkassen ein ausnahmsweises Fortbestehen beanspruchen könnten. Die segensreiche Wirksamkeit vieler solcher Kassen würde gestört werden durch die Verwirrung, welche in Folge der entworfenen Uebergangsbestimmungen hineingetragen werde. Redner beantragt, den Abschnitt B. durch folgende Bestimmung zu ersetzen:
Kassen, welche bisher neben den nach den Vorschriften dieses Gesetzes zulässigen Leistungen Invaliden⸗, Wittwen⸗ und Waisenunterstützung gewährt haben, bleiben von der Verpflichtung einer der nach Maßgabe der neuen gesetzlichen Bestimmungen zu errichtenden Krankenkassen befreit, sofern obige Kassen durch ihre Organisation und Vermögensverhältnisse der betreffenden Aufsichts⸗ behörde die Garantie bieten, den Bedingungen, welche in Absatz A. näher bezeichnet sind, in vollständiger Weise nachkommen zu können. ;
Hr. Kalle erkennt an, daß einem Beitrittszwang zu In⸗ validen⸗ ꝛc. Pensionskassen der gesetzliche Boden nach der Vor⸗ lage fehle; dasselbe gelte aber auch schon jetzt, da durch Orts⸗ statut nur der Beitritt zu einer Krankenkasse obligatorisch ge⸗ macht werden könne, der weitergehende Zwang zur Inva⸗ liditäts⸗ 2c. Versicherung beruhe nur auf den Statuten der betreffenden Kassen. An diesem Verhältnisse brauche nichts geändert zu werden, und die Arbeiter hätten ein großes Inter⸗ esse daran, daß die segensreiche Einrichtung der Invaliden⸗ c. Kassen aufrecht erhalten würde.
Auf eine Bemerkung des Hrn. Baare bestätigt der Re⸗ gierungskommissar, daß in den weiterbestehenden Invaliden⸗ 2c. Kassen die Anwartschaft auf Pension nur durch Fortentrich⸗ tung der Beiträge einerseits gewahrt, andererseits der Kasse möglich gemacht werde. Diejenige Quote des Kassenvermögens, welche zur Deckung der Krankenlöhne erforderlich sei, müsse vor⸗ weg genommen werden, und nur der Rest bleibe für die Unter⸗ stützungen der Invaliden 2c. übrig. Da derselbe nicht ausreichen werde, so sei die unter Nr. 1 a., b., e. vorgesehene Erhöhung der Beiträge nothwendig. Die Bemerkungen des Hrn. Kalle träfen zwar für Fabrikkrankenkassen zu, weil hier der Beitritt zur Invaliden⸗ ꝛc. Kasse in den Arbeitsvertrag aufgenommen werden könne; bei Ortskrankenkassen lägen aber die Ver⸗ hältnisse anders. .
Die Herren Kochhann und Graf Henckel treten den Aus⸗ führungen des Regierungskommissars bei.
Hr. v. Tiele spricht sich für die Erhaltung der bestehenden Kassen aus.
Hr. Kalle führt aus, die Lebensfähigkeit der Invaliden⸗ rc, Kassen werde nach seinem Vorschlage dieselbe bleiben, wie nach der Regierungsvorlage, da die Ausgleichung etwaiger Ueber⸗ schüsse aus der Krankenversicherung mit etwaigen Mehraus⸗ gaben für die Invaliden- ꝛc. Versicherung beibehalten werden könne.
Schließlich macht Hr. Herz noch von einem ein⸗ gegangenen Schreiben Mittheilung, welches aus den Ver⸗ hältnissen der Kranken⸗ und Sterbekasse, der Invaliden⸗ und der Wittwenkasse der Buchdrucker in Braunschweig Vor⸗ schläge zu dem vorliegenden Gegenstand macht. Dasselbe wird durch die Verhandlungen für erledigt erklärt.
Bei der Abstimmung werden die Anträge der Herren Kalle und Spengler abgelehnt und demnächst der Abschnitt B. der Vorlage mit den Abänderungen des Antrages Graf Henckel zu Nr. 14. und c. angenommen, ebenso schließlich die ganze Vorlage mit den beschlossenen Abänderungen. ᷣ
Der Vorsitzende beraumt die nächste Sitzung auf Freitag, den 17. März 1882, Vormittags 11 Uhr, an und setzt auf die Tagesordnung: Spezialberathung der Grundzüge für die gesetzliche Regelung der Unfallversicherung der Arbeiter.
Protokoll der neunten Sitzung des permanenten Ausschusses des Voltswirthschaftsraths.
Berlin, den 17. März 1882.
Die Sitzung wird von dem Vorsitzenden, Staats⸗Minister von Boetticher, um 111 Uhr eröffnet. ;
Als Kommissarien der Staatsregierung sind anwesend: der Direktor im Reichsamt des Innern Hr. Bosse, der Ge—⸗ eime Ober⸗Regierungs-⸗Rath Hr. Lohmann, und die Ge⸗ eimen Regierungs⸗Räthe Bödiker und Magdeburg.
Das Protokoll der gestrigen Sitzung liegt zur Einsicht auf. Hr. Dietze nimmt wieder an den Verhandlungen Theil. Als Stellvertreter sind eingetreten: Hr. von Herford für Hrn. Kiepert, Hr. Leuschner für Hrn. von Tiele-Winkler und Hr. Burghardt für Hrn. Neubauer. . .
Auf der Tagesordnung steht die Spezialberathung der Grundzüge für die gesetzliche Regelung der Unfallversicherung der Arbeiter. Zu derselben führt zunächst Hr. Baare als Referent aus, das Thema sei in der Generaldebatte bereits im Wesentlichen erschöpft. Er (Referent) habe seine Meinung schon dahin ausgesprochen, daß die vorliegenden Grundzüge eine wesentliche Verbesserung gegenüber der vorjährigen Regie⸗ rungsvorlage enthalten, namentlich insofern, als alle gering⸗ fügigen Unfälle, welche nur eine Arbeitsunfähigkeit von weniger als 13 Wochen zur Folge haben, ausgeschieden seien. Bei der Regelung der Unfallversicherung müsse von dem ö ausgegangen werden, das Risiko über möglichst weite Kreise, wenn ö über das ganze Reichsgebiet, zu vertheilen, da— gegen die Kontrole auf ein möglichst enges Gebiet zu be⸗ schränken. Wünschenswerth sei, die Versicherungsgenossen⸗ schaften mehr geographisch abzugrenzen, als nach Gefahren⸗ klassen. Auch müsse ein Theil des Risikos auf das Reich übertragen werden.
Der Korreferent Hr. Kalle bemerkt, er habe bereits früher ausgeführn, daß er sich von den Vorzügen der jetzt vorliegenden Grundzüge nicht habe überzeugen können. Je mehr er sich damit beschäftigt habe, desto weniger habe er den Gedanken der Vorlage Sympathie abgewinnen können. Hätte er seinen eigenen Auffassungen und Wünschen erschöpfenden Ausdruck geben wollen, so hätte er dem Entwurf der Regierung einen vollständigen Gesetzentwurf gegenüberstellen müssen. Im Inter⸗ esse der geschäftlichen Behandlung der Sache habe er indeß davon Abstand genommen. Redner faßt 6 seine von der Regierungsvorlage abweichenden Ansichten in folgender, von ihm zur Verlesung gebrachten Erkläruug zusammen:
„Der Zweck des Gesetzes ist: den Arbeitern, insbesondere den in der Großindustrie beschäftigten, für den Fall, daß sie durch einen Unfall bei der Arbeit an ihrer ,,, geschädigt werden, eine ihre und ihrer Familie Existenz sichernde Unterstützung zu gewähren.
Um die Erreichung dieses Zweckes zu garantiren, schreibt das Gesetz die Versichtrung vor. Nach der vorjährigen Vor⸗ lage sollte diese Versicherung erfolgen bei einer Reichsver⸗ sicherungsanstalt, nach der jetzigen durch Zwangsgenossenschaften;
sicherungsprämien durch öffentlichs Kassen vorgesehen. Die Heranziehung öffentlicher Mittel läßt sich rechtfertigen, wenn es erwiesen oder wenigstens sehr wahrscheinlich wäre, daß die Betheiligten ohne eine derartige Unterstützung nicht in der Lage sind, die für die Erfüllung des J erforderlichen Mittel aufzubringen; letzteres ist aber keineswegs der Fall, und sind die Gründe für die Einstellung eines Reichszuschusses notorisch in außerhalb des eigentlichen Zwecks der Vorlage liegenden Erwägungen zu suchen; mit Rücksicht hierauf und da gegen einen derartigen Zuschuß vom Finanz- wie vom sozial⸗ politischen Gesichtspunkte aus sich schwerwiegende Bedenken erheben lassen, ist derselbe zu verwerfen. .
Sieht man aber vom Reichszuschuß ab — und auch Die⸗ jenigen, die ihn für nöthig halten, müssen mit der Möglichkeit rechnen, daß der Reichstag ihn verwirft — so entfallen bei gesetzlicher Regelung der Ünfallversicherung all die Rücksichten, denen um der finanziellen Betheiligung des Staates willen Rechnung zu tragen ist und es bleibt nur übrig, dafür zu sorgen, daß das von dem Gesetzgeber gewollte Recht auf den Bezug von Unterstützung schnell, sicher und in richtiger Be⸗ 6 festgestellt und daß die finanziellen Mittel zur Deckung der als berechtigt anerkannten Ansprüche handen sind. ;
Die Frage, wie das Recht auf den Bezug der Unter⸗ fang d. h. also die Thatsache, daß die Erwerbsunfähigkeit Folge eines Unfalls bei der Arbeit ist, festgestellt werden soll, ist in den dem Volkswirthschaftsrath vorgelegten „Grund⸗ zügen“ nicht gewürdigt; sie erscheint aber um so wichtiger, weil durch die ,, welche nunmehr zwischen Unfall⸗ und Krankenkassen hergestellt werden sollen, die Möglichkeit von Konflikten wesentlich gesteigert wird. Ohne auf Einzeln⸗ heiten einzugehen, will ich bemerken, daß die befriedigende Lösung der vorliegenden Schwierigkeiten nur möglich ist, wenn gleichzeitig mit der Unfallversicherungspflicht die Unfallanzeige⸗ pflicht gesetzlich geregelt wird.
Bei der Bemessung der Höhe der Entschädigungen werden allerdings w aus Arbeitern und Arbeitgebern zu⸗ sammengesetzte Kommissionen, wie sie die „Grundzüge“ vor⸗ shlagen zu empfehlen sein. Solche Kommissionen können aber auch ohne Zwangsgenossenschaften gebildet werden. Ebenso läßt sich, ohne die Zwangsgenossenschaft zur Regel zu machen, die finanzielle Sicherung der Entschädigung der Ansprüche der Versicherten bewerkstelligen durch Bestimmungen über die Höhe und die Art der Belegung der Deckungsfonds.
Mit Rücksicht hierauf und andererseits darauf, daß die Bildung von Zwangsgenossenschaften dem Reiche ref Staate eine Verantwortlichkeit auflegen, welche sie wenigstens zur Zeit nicht übernehmen dürfen, weil ihnen die mit der nöthigen Sachkenntniß ur fr r, Organe fehlen, spreche ich mich gegen Zwangsgenossenschaften als Regel aus. An ihrer Stelle wuͤnsche ich freiwillig zusammentretende Genossenschaften mit ler e e, Staats- resp. Reichsanstalt (oder auch mehrere solche Anstalten) für diejenigen Betriebe, welche nicht in einer freien
jederzeit vor⸗
Genossenschaft Platz finden. ,, welche sich an bereits organisirte oder
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in beiden Fällen wird die Uebernahme eines Theils der Ver⸗
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