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Königreich Preußen.
Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht: den bisherigen Gesandten in Washington, Wirklichen Ge⸗
heimen Rath Dr. von Schlbzer zu Allerhöchstihrem
außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister bei dem päpstlichen Stuhle zu ernennen.
Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht:
den bisher bei der Ministerial⸗Baukommission in Berlin angestellten Bauinspektor Hermann Weber zum Regie—⸗ rungs⸗ und Baurath,
den Superintendenturverweser, Metropolitan Schmeißer in Rodenberg zum Superintendenten der Diözese Rinteln, und
den bisherigen Pfarrer Hugo von Schalscha⸗Ehren⸗ eld in Oels zum Domherrn bei der Kathedralkirche in
reslau zu ernennen; sowie
dem General⸗Staatskassen⸗ Buchhalter, Rechnungs⸗Rath . . Charakter als Geheimer Rechnungs⸗Rath zu ver⸗ eihen; un
dem Direktor des Königlichen Gymnasiums zu Hohenstein in Ostpreußen, Dr. Kühne, die nachgesuchte Entlassung aus dem preußischen Staatsdienste zu ertheilen.
Gesetz, enthaltend Bestimmungen über Gerichtskosten und über Gebühren der Gerichtsvollzieher.
Vom 21. März 1882.
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen ꝛc. verordnen, unter Zustimmung der beiden Häuser des Land⸗ tages der Monarchie, was folgt:
ö
Soweit die in dem Ausführungsgesetze vom 10. März 1879 (GesetzSamml. S. 145) in Bezug genommenen Vor⸗ schriften des Gerichtskostengesetzes vom 18. Funi 1878 (Reichs⸗ Gesetzbl. S. 141) und der Gebührenordnung für Gerichts⸗ vollzieher vom 24. Juni 1878 (Reichs-Gesetzbl. S. 166) durch das Reichsgesetz vom 29. Juni 1881 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 1785 Abänderungen oder Zusätze erfahren haben, gelten dieselben auch für die Anwendung des i fete vom 10. März 1879.
5 Die Beglaubigungen der Unterschriften unter den zu Ein— tragungen oder Löschungen in einem Grund⸗ oder Hypotheken- buche (Stockbuche, Schuld⸗ und Pfandprotokolle) erforderlichen Anträgen und Urkunden sind stempelfrei. 3
§. 3.
An Stelle des 8. 15 des Ausführungsgesetzes vom 10. März 1879 treten die folgenden Bestimmungen:
Für die Erledigung der in dem Handelsgesetzbuch und in den Einführungsgesetzen zu demselben, sowie in dem Gesetze vom 4. Juli 1868, betreffend die privatrechtliche Stellung der Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften, den Gerichten zu⸗ gewiesenen, von den deutschen Prozeßordnungen nicht betroffenen Angelegenheiten, welche eine Entscheidung des Gerichts erfordern, mit Ausnahme der in den 88. 3, 13, 14 des gegen⸗ wärtigen Gesetzes erwähnten, werden drei Zehntheile der Sätze des 8. 8 des deutschen Gerichtskostengesetzes mr
Wird der Antrag vor Erlaß einer Entscheidung in der Hauptsache oder über das Verfahren zurückgenommen, so wird ein Zehntheil der erwähnten Sätze erhoben.
für die höhere Instanz finden die §§. 45, 46 und für alle Instanzen die Vorschriften der S8. 2, 101 des deutschen Gerichtskostengesetzes entsprechende Anwendung.
Erfolgt in den Fällen der Artikel 348, 365, 407 des Handelsgesetzbuches die gerichtliche Vernehmung von Sachver— ständigen, so werden für dieselbe nochmals zwei Zehntheile der vollen Sätze (8. 8) erhoben.
§. 4. Die Vorschrift des Artikels XII. H. Absatz 3 des Gesetzes vom 7. März 1870, betreffend die Gerichtskosten im Bezirke
des Appellationsgerichts zu Wiesbaden (Gefetz Samml. S. 193), wird aufgehoben.
§. 5.
Der §. 4 des Gesetzes, betreffend den Ansotz und die Er— hebung der Gerichtskosten, vom 10. Mai 1851 (Anlage) tritt auch für die Provinz Hannover, das Gebiet der vornialigen freien Stadt Frankfurt und den Bezirk des Ober⸗Landesgerichts zu Cöln in Kraft.
Die Gebührenfreiheit entbindet nicht von der Bezahlung der baaren Auslagen (5. 79 des Deutschen Gerichiskosten⸗ gesetzes vom 18. Juni 1878).
Urkundlich unter Unserer ' , , m e Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Insiegel.
Gegeben Berlin, den 21. März 1882.
d. 6) Wilhelm. von Bismarck. von Puttkamer. von Kameke.
Maybach. Bitter. Lucius. Friedberg.
von Boetticher. von Goßler.
Auszug
aus dem Gesetze, betreffend den Ansatz und die Erhebung der Gerichtskosten,
vom 10. Mai 1851.
§. 4.
Von der Zahlung der Gerichtskosten sind befreit:
1) der Fiskus und alle öffentliche Anstalten und Kassen, welche für Rechnung des Staates verwaltet werden oder bie— sen gleichgestellt sind;
2) alle öffentliche Armen⸗, Kranken-, Arbeittz⸗ und Besse⸗ rungeanstalten, ferner Waisenhäuser und andere milde Stif⸗ tungen, insofern solche nicht einzelne Familien oder bestimmte Personen betreffen, oder in bloßen Studienstipendien bestehen, sowie endlich die Gemeinden in den die Verwaltung und Mittel der Armenpflege betreffenden Angelegenheiten;
3) alle öffentliche Volksschulen;
4 alle öffentliche gelehrte Anstalten und Schulen, Kirchen, r rn Kaglaneien, Vikarien und Küstereien, jedoch nur insoweit, als die Einnahmen derselben die etatsmäßige Aus— kale einschließlich der Besoldung oder des statt dieser über— assenen Nießbrauchs, nicht Üübersteigen, und dieses durch ein Attest der denselben vorgesetzten Behörden oder Dheren be— . wird. g. aber in Prozessen oder anderen
7 ten derselben solche Ansprüche, welche lediglich das iig Interesse derjenigen berühren, welchen die Nußung des betreffenden Vermögens für ihre Person zusteht, zugleich mitverhandelt werden, haben letztere, wenn sie sich
nicht etwa zum Armenrecht qualifiziren, die auf ihren Theil verhältnißmäßig fallenden Kosten zu tragen; ;
) Vilitärpersonen rücksichtlich der von ihnen bei der Mobilmachung errichteten einseitigen und wechselseitigen Testa⸗ mente, sowie deren Zurücknahme und Publikation. Auch sind die Provokationen auf Todeserklärung der im Kriege vermißten Militärpersonen kostenfrei zu bearbelten; ö
6) dem Finanz⸗Minister wird die Befugniß eingeräumt, in Uebereinstimmung mit dem betreffenden Ressort⸗Minister auch solchen Privatunternehmungen, welche nicht auf einen besonderen Geldgewinn der Unternehmer gerichtet sind, sondern einen gemeinnützigen, nicht auf einzelne Familien oder Kor⸗ porationen bes rankten weck haben, eine Gebührenfreiheit vorbehaltlich Unserer in Üebereinstimmung mit den bei ihrem nächsten Zusammentreten darüber zu hörenden Kammern zu ertheilenden Genehmigung zu bewilligen.
Was die bisher solchen Unternehmungen, z. B. Pensions—⸗ und Versicherungsanstalten, Bürger⸗Rettungsinstituten u. s. w. bereits bewilligten Befreiungen betrifft, so behält es im Allge⸗ meinen dabei sein Bewenden; wenn aber in einzelnen Fällen die Befreiung zweifelhaft ist, so ist darüber gemeinschaftlich von den Ministern der Finanzen und der Justiz zu entscheiden.
Im Uebrigen werden alle, gewissen Ständen und den nur zum Vortheil einzelner Klassen der Staatsbürger errich⸗ teten Instituten, z. B. den ritterschaftlichen Kreditinstituten, bewilligte Befreiungen aufgehoben.
Die einer Partei bewilligte Befreiung soll in keinem Falle der anderen Partei zum Nachtheil gereichen; insbeson— dere wird die dem Fiskus zugestandene Befreiung von einem verhältnißmäßigen Beitrage zu den Kommunkosten im Kon— kurse (Allgemeine Gerichtsordnung Th. J. Tit. 50 5§. 531) aufgehoben.
Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal⸗Angelegenheiten.
Der Gymnasial⸗Direktor Heß in Rendsburg ist in gleicher Eigenschaft an das Gymnasium Christianeum in Altona ver— setzt worden.
Der bisherige ordentliche Lehrer Gustav Vieluf am Gymnasium in Hirschberg ist zum Oberlehrer befördert worden.
Bei dem Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal⸗Angelegenheiten ist der Geheime Registratur⸗AUssistent
Gustav Emil Johannes Rogge als Geheimer Re—
gistrator angestellt worden.
Ministeriüm der öffentlichen Arbeiten.
Der Regierungs- und Baurath Kirchhoff in Marien⸗ werder ist der Königlichen Regierung in Coblenz und der Re— gierungs- und Baurath Weber der Königlichen Regierung in Marienwerder überwiesen worden.
Bekanntmachung. Nach Vorschrift des Gesetzes vom 10. April 1872 (Gesetz⸗Samml. S. 357) sind bekannt gemacht:
1) der Allerhöchste i vom 7. Dezember 1881, betreffend die Verleihung des Rechts zur Erhebung des Chausseegeldes nach dem 14 fachen Betrage der Sätze 3 Chausseegeldtarifs vom 29. Februar 1510 an die Gemeinden Dorstselb, Marten, Oespel, Kley und Lütgen« dortmund im Landkreise Dortmund auf der von ihnen erbauten Chaussee von Dorstfeld Über Bahnhof Marten und Lütgendortmund nach der Witten⸗Fastroper Provinzialchaussee, durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Arnsberg, Jahrgang 1882 Nr. 1 S. 3, ausgegeben den 7. Januar 1882;
2) der Allerhöchste Erlaß vom 25. Januar 1882, betreffend die Verleihung des Enteignungsrechts an den Kreis Wongrowitz für die zum Bau einer Chaussee von Kaliska an der Wongrowitz⸗Exiner Chaussee über Lekno, Bogdarka, Slembowo bis zur Schubiner Kreis= grenze in der Richtung auf Znin erforderlichen Grundstücke, sowie des Rechts zur Erhebung des tarifmäßigen Chausseegeldes auf dieser Straße, durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Brom— berg Nr. 10 S. 69, ausgegeben den 10. März 1883;
3) das unterm 6. Februar 1882 Allerhöchst vollzogene Statut für den Deichverband der Waterneversdorf⸗Neudorfer Niederung im Treise Plön durch das Amteblatt der Königlichen Regierung zu Schleswig Nr. 11 S. 97 bis 103, ausgegeben den 9. Mär; 1882;
4) das unterm 6. Februar 1882 Allerhöchst vollzogene Statut für den Deichverband der Fuhlensee⸗Niederung im Kreise Eckernförde durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Schleswig Rr. I] S. 103 bis 195, ausgegeben den 9. März 1883;
5) der Alleryöchste Erlaß vom 8. Februar 1882, betreffend die Verleihung des Rechts zur Erhebung des tarifmäßigen Chausseegeldes an den Kreis Teltow auf der von demselben erbauten Chausser von Mittenwalde nach Kleinziethen bis zur Berlin-Glasower GChaussee sowie auf der das Dorf Waßmannsdorf mit der Hauptlinie verbin- denden Zweigchaussee, durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Potsdam Nr. 12 S. 99, ausgegeben den 24. März 1882 G das unterm 1. März 1882 Allerhöchst vollzogene Statut i die Entwässerungsgenossenschaft der Ilmenau-Niederung durch das
mteblatt für Hannover Nr. 12 S. 257 bis 2573, ausgegeben den 17. März 1882.
Aichtamtliches. Deutsches Reich.
Preußen. Berlin, 4. April. Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin empfingen heute den Besuch Sr. Königlichen Hoheit des Großherzogs von Hessen mit den Prinzessinnen Victoria und Elisabeth, Hoheiten.
Se. Majestät der Kaiser und Konig nahmen den Vortrag des General⸗-Adjutanten, General-Lieutenants von Albedyll entgegen.
Ihre Majestät die Kaiserin und Königin besuchte gestern mit Sr. Kaiserlichen und Königlichen Hoheit dem Kron— prinzen das Kunstgewerbe⸗Museum.
Abends wohnte Ihre Majestät der liturgischen Andacht der Charwoche im Dome bei. t
— Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz nahin gestern Vormittag 111M militärische Meldungen entgegen uünd empfing von 12 Uhr ab den Ober— Präsidenten von Schlicckmann, den Ober -Präsidenten von Bardeleben, den Regierungs⸗Präsidenten Nasse und den Ober⸗ Postdirektor Schiffmann in Audienn.
„Um. 3 Uhr besuchte Höchstverselbe mit Ihrer Majestät der Kaiserin das Kunstgewerbe⸗Museuni und begab Sich Abends um An Uhr zum Empfange Sr. Königlichen Hoheit des Groß⸗ herzogs von Hessen und Ihrer Hoheiten der Prinzessinnen Victoria und Elisabeth von Hessen nach dem Pole damer Bahnhof.
— Nachdem nach erfolgter Zustimmung der Staats— regierung durch päpstliches Breve vom 10. Februar d. J. der seitherige Domherr, Kapitular⸗Vikar Dr. Bernhard Höting in Osnabrück zum Bischof von Osnabrück ernannt und von dem⸗ selben die zur Uebernahme seines Amis erforderliche An—⸗ erkennung Sr. Majestät des Königs nachgesucht worden ist, hat die Aushändigung der vom 24. März d. J. datirten Landesherrlichen Anerkennungs⸗-Urkunde an den Bischof Dr. Höting am 3. April d. J. durch den Ober⸗Präsidenten der Provinz Hannover stattgefunden.
— Amtlichen Nachrichten zufolge hat der inter—⸗ nationale Gesundheitsrath in Alexandrien mit Rücksicht darauf, daß die Cholera in Bombay jeden epidemi— schen Charakter verloren hat, die Quarantäne für die Bombay und Aden berührenden Schiffe unter der Bedingung aufgehoben, daß bei der ärztlichen Untersuchung auf den selben kein unterwegs vorgekommener choleraverdächtiger Fall konstatirt wird. Die übrigen indischen Häfen sind bereits vor einigen Wochen außer Kontumaz erklärt worden.
Ebenso ist Seitens des Gesundheitsrathes den noch in El⸗Wisch und Tor in Quarantäne liegenden Mekkapilgern freie Pratik gegeben und, da die Pilgerzeit vorüber ist, auch keine Cholerafälle im Hedjas mehr vorgekommen sind, das auf die Pilger bezügliche Reglement vom 15. November d. J. außer Kraft gesetzt worden.
— Nach einem Spezialerlaß des Ministers des Innern vom g. v. M. sind durch die Vorschrift des zweiten Absatzes des 8. 42 des Zuständigkeitsgesetzes vom 26. Juli 1876 mit der Befugniß, über Beschwerden gegen die nach Nr. 1 bis 4 a. a. O. vom Kreisausschusse gefaßten Beschlüsse zu befinden, nicht auch die sonstigen AufsichtsUbefugnisfe in den frag— lichen Kommunalangelegenheiten auf den Provinzialrath über⸗ gegan ge. .
ie erwähnte Vorschrift enthält eine Ausnahme von der im 8. 24 des Zuständigkeitsgesetzes gegebenen, jetzt in den §. 55 des Organisationsgesetzes vom 26. Juli 1880 über— gegangenen Regel, wonach die Beschwerden gegen Beschlüsse des Kreisausschusses an den Bezirksrath stattfindet, und ist als solche strikte zu interpretiren.
Dem Vorbehalte im S§. 60 des Zuständigkeitegesetzes ist daher nur die Bedeutung beizulegen, daß das Recht, über Be— schwerden der fraglichen Art zu beschließen, dem Bezirksrathe nicht zustehe. Im Uebrigen aber sind die aus dem Aussichts⸗ rechte fließenden Befugnisse, insbesondere das Recht der Initiative gegenüber den Kreisausschüssen auch in den in 8. 42 des Huständigkeitsgesetzes bezeichneten ländlichen Kom— munalangelegenheiten in höherer Instanz dem Bezirksrathe übertragen und stehen dem Provinzialrathe um so weniger zu, als der Bezirksrath nach 8. 60 cit. die letzte Aufsichtsinstanz in Angelegenheiten der Landgemeinden ꝛc. bildet.
Dabei bleibt es selbstverständlich dem Provinzialrath unbenommen, den Kreisausschüssen entstehenden Falles An⸗ regungen in Bezug auf die Regelung der im §. 42 des Zu— ständigkeitsgesetzes behandelten Kommunalverhältnisse zu geben.
Sollten indessen die Kreisausschüsse solchen Anregungen nicht entsprechen und sollte der Provinzialrath auch nicht seine Ansicht hei Gelegenheit der Beschlußfassung über die nach §. 42 Abs. 2 1. c. an ihn gelangenden Beschwerden durch Ab— änderung der angefochtenen Beschlüsse des Kreisausschusses zur Geltung bringen können, dann bleibt nach Lage der de gebung nur übrig, dem Bezirksrathe von der Sache Kenntniß zu geben, und ihm, als der gesetzlich zuständigen Aufsichts— behörde, das Weitere zu überlassen.
— Im Laufe der letzten Jahre ist wiederholt die Frage zur Erörterung gelangt, ob die Gemeindekirchenräthe und die Kirchen vorstände als öffentliche Behörden im Sinne der die Befugniß zur Wiederincourssetzung von Pa— pieren auf Inhaber betreffenden gesetzlichen Vorschristen und des §. 35 der Grundbuchordnung anzusehen seien. Die gleiche Frage hat hinsichtlich der Verwaltungen der städtifchen Sparkassen und der Kreissparkassen schon früher zu Meinungsverschiedenheiten Anlaß gegeben. Bei den über den Gegenstand in neuerer Zeit zwischen dem Justiz-Minister und den übrigen betheiligten Nessort-Ministern sowie, in Betreff der Befugniß der Gemeindekirchenraͤthe und der Kirchen vor“ stände zur Wiederincourssetzung, mit der Hauptverwaltung der Staatsschulden stattgzefundenen Verhandlungen ist nach der Allgemeinen Verfügung des Justiz-Ministers vom 21. v. M. eine allseitige Uebereinstimmung dahin festgestellt worden, daß die Frage sowohl für die Gemeindekirchenräthe und die Kirchen⸗ vorstände, wie auch, sofern nicht besondere Bestimmungen des Statuts der Kasse in dem einzelnen Fall eine andere Auf— fassung begründen, für die städtischen Sparkassen und die Kreissparkassen zu bejahen sei.
— Die landergesetzlichen Vorschriften über die Zwange— vollstreckung wegen Geldforderungen getzen den Fiskus, Gemeinden und andere Kommunal— verbände (Provinzial-Kreis- und Amtsverbände) sowie gegen solche Korporationen, deren Vermögen von Staatsbehörden verwaltet wird, sind, nach einer allgemeinen Versügung des Justiz⸗-Ministers, vom 24. v. M., insoweit nicht dingliche Rechte verfolgt werden, durch die Deutsche Civilprozeßordnung nicht berührt (8. 15 Nr. 4 E. G. zur C. P. O.). Nach den Vorschristen der allgemeinen Gerichtsordnung (§. 33 J. 35 und 8§§. 153 und 242 des Anhange) sind solche Zwangsvoll— streckungen den Gerichten zugewiesen und dürfen daher von Gerichtsvollziehern im Auftrage des Gläubigers nicht bewirkt werden (5. 674 Abs. 1 C. P. O.)
— In einer Untersuchung wider einen Hülfsschreiber bei dem Sekretariat einer Staa: sanwaltschaft wehen eines Amte—⸗ vergehens verneinte die Strafkammer die Beamtenguali— tät des Hülfsschreibers, obwohl der Angellagte für seine Dienstobliegenheiten instruktionsgemäß eidlich verpflichtet war. Die dagegen vom Staatsanwalt eingelegte Nevision wurde vom Reichsgericht, J. Strassenat, durch Urtheil vom 16. Januar d. J., verworfen, indem der Gerichtshof be⸗ gründend ausführte: „Wenn auch der 8. 359 Strafgesetzbuchs eine Definition des Beamten nicht ausstellt, so ist doch der bestrittene, dem Urtheile der Strafkammer zu Grunde gelegte Satz, daß als Beamter nur eine solche bersan angesehen wer⸗ den könne, welche unter öffentlicher Autorität für Zwecke des Staates thätig werde, sür richtig zu halten. Wer ohne eigene Verantwortlichkeit Dienste zu staatlichen Zwecken leistet, wird regelmäßig als Beamter nicht angesehen werden können. Ob er es sei, wird im Einzelfalle aus der Anstellung und der Art der ihm obliegenden Dienste festzustellen sein.“
— Zur Absolvirung einer mehrwöchentlichen Uebung sind auch in diesem Jahre bei den hiesigen Garde⸗-Infanterie-Regi—⸗
mentern sowie beim Eisenbahn⸗Regiment Offiziere des Beurlaubtenstandes einbeordert worden und zum großen Theil bereits am 1. d. Mts. hier eingetroffen.
— Der Standesbeamte darf nach einem Urtheil des Reichsgerichts, II. Strassenats, vom 20. Januar 8. J, im Geltungsbereich des preußischen allgemeinen Landrechis die vom Vormunde genchmigte Eheschließung eines Mündels nicht vornehmen, wenn die Genehmigung des vormund⸗ schaftlichen Gerichts fehlt.
S w angnenkcot Wolfe, 4 Geschütze, Kom— mandant Korvetten-Kapitän Strauch, ist am 19. Februar d. J. in Shanghai eingetroffen.
Bayern. München, 3. April. (W. T. B) Die Abgeordnetenkammer nahm anläßlich der heute fort— gesetzten Berathung des Kultusetats den Antrag an, die Krone zu bitten, das bisher simultane Lehrerseminar zu Bam⸗ berg in ein konfessionell katholisches umzuwandeln. — Auf eine Anfrage des Abg. Haus wegen des Beitritts von Lehrern zu Freimaurerlogen antwortete der Kultus-Minister von Lutz: die Freimaurer in Bayern unterwürfen sich dem Ver— einsgesetze, meldeten ihre Vorstände an und legten ihre Mit— gliederliste vor; dieselben seien daher nicht als geheimer Verein zu betrachten, dem Beamte nicht beitreten dürften.
Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 4. April. Die „Wiener Zeitung“ veröffentlicht die Ernennung des IFrhrn. von Kraus zum Statthalter von Böhmen und die Ausführungsverordnung zu dem Gesetze vom 20. Dezember 1879 betreffend die Zulassung der österreichisch-ungarischen Aktiengesellschaften, Versicherungsgesellschaften und Erwerbsgenossenschasten zum Geschästsbetriebe in Bosnien und der Herzegowina.
— Feldmarschall-Lieutenant Dahlen meldete am 26. v. M.:
Nach Beendigung der Operation in der Zagorje sind nunmehr genügende Kräfte verfügbar, um das rechte Brinaufer zwischen Foca und Gorazda bis zur Grenze Montenegros und bis zur Grenze des Sandschaks gründlich zu durchstreifen und hat General-Major Obadich den bezüglichen Befehl erhalten. Am 29. v. Mts. berichtete FM. Dahlen, nach einer in Foca eingelangten Meldung hätten stärkere Insurgentenbanden aus der Gegend von Perusica, auf deren Nachhut von unseren Truppen Feuer ge⸗ geben worden sei, die Absicht gezeigt, entlang der montenegrinischen Grenze Foca zu erreichen. Unterm 1. April zeigte FME. Dahlen an, eine Abtheilung seiner Truppen sei am 28. v. Mts. bei Ifzar Karaula auf Insurgenten gestoßen; die angeblich unter der Führung Ibrahim Beys, Kutalijas, Jussuf Beys, Cengies und Gacanins aus Gacko gestanden hätten, die Insurgenten seien nach kurzem Feuergefecht zum kleineren Theil gegen die Grenze des Sandschaks, zum größeren Theil in der Richtung von Vikoc zurückgegangen. — Die Vorhut der österreichischen Truppenabtheilung unter Oberst Zambauer traf am 28. März früh auf dem Marsche nach Zecevoglova auf 50 Insurgenten, die nach kurzem Feuergefechte flohen, einen Todten und eine Parthie Lebensmittel zurückließen und 2 Verwundete mit sich schleppten. Am Fuße des Plesberges traf die Truppenabtheilung abermals auf Insurgenten, welche unter Zurücklassung zweier mit Lebensmitteln beladenen Lastthiere die Flucht ergriffen. Die Truppenabtheilung lagert mit ihrem Gros auf dem Plesberg und auf dem Zecevoglovaberg, eine Abtheilung derselben hat Bastaci besetzt, es herrscht starker Nebel und Schneefall. Die aus Cemerno entsandte Kolonne traf bei Kolicihan und Krekovi 300 Insur— genten an und warf dieselben in nordwestlicher Richtung zurück. General⸗ Major Obadich rückte am 29. v. M. aus Foca über Karaula Rabakie auf Kuslat. Nach Passirung von Rudaglavica erhielt die Vorhut Mit⸗ tags von den Insurgenten Feuer, dieselben wurden indeß mit Hülfe der gleichzeitig eintreffenden Seitenkolonne nach halbstündigem Gefecht zurückgeworfen. Beide Kolonnen lagerten bei Palizi, während das Gros Obadichs über Vakup und Borze und mit einer Seitenkolonne über Vrbieca und Hocevo gegen Celebie marschirte. Die Seiten kolonne wurde bei Vrbica um 8 Uhr Morgens angegriffen, vertrieb indeß die Insurgenten, welche bei Hocevo nochmals in Gruppen von 0 bis 89 Mann eine ausgedehnte Stellung nahmen. Das Gefecht, in welches auch das Gros mit der Artillerie eingriff, dauerte bis 11 Uhr Vormittags. Die Insurgenten flohen mit Hinterlassung der Lebensmittel. Gegen Mittag traf die aus Cainiea vorgegangene Kolonne mit General⸗Major Obadich beinahe gleichzeitig in Celebie ein. Die erstere hatte nördlich von dem Orte ein kurzes Teuergefecht. Eine stärkere Abtbeilung verfolgte die Insurgenten gegen Velenie, wo sich dieselben nochmals stellten. Es erfolgte ein heftiges Feuergefecht, welches bis zum Anbruch der Nacht dauerte. Die Kolonne aus Foea war an diesem Tage in Hum eingetroffen und hatte ihre Verbindung mit dem Corps Obadichs hergestellt, nur die eine Ab— theilung in Grdjevie und die andere in Bastaci detachirt. Der letztere Ort wurde ohne Erfolg von den Insurgenten beschossen. Die Kolonne Obadich fand auf dem Wege sieben frische Gräber mit Leichen von Insurgenten, die am 29. v. M. gefallen waren. Eine Kolonne, welche über Hanorahovica gegen Osanica gerückt war, wendete sich nach Kreci, wo Insurgenten signalisirt worden waren. Nachrichten von derselben fehlen. Auf unserer Seite betrug der Verlust am 29. v. M. bei Rudaglavica vom 14. Jäger-Bataillon ein Schwer⸗ verwundeter und ein Leichtverwundeter, am 30. v. M. bei Velenie vom 77J. Regiment 1 Mann todt, 2 Mann verwundet, vom 14. Jäger⸗ Bataillon 2 Schwerverwundete und 2WLeichtverwundete. FM. Dah: len berichtet unterm 2. d. Abends: Nachdem durch das Gefecht bei Velenie sichergestellt war, daß Jasulgenfen zwischen dem Visberge und der Tara standen, entsendet General⸗Major Obadich am Il. März zwei Kolonnen gegen Visovo. Nach einem kurzen Feuer— gefecht gingen die Insurgenten gegen Velenie zurück, von den ver⸗ einigten Kolonnen gegen den Rogjet⸗ Berg verfolgt. Wäh— rend einige Abtheilungen die Kuppe desselben erstiegen, be—⸗ orderte Major Prjedak eine Abtheilung gegen Stanjexobrdo. Als letztere sich um 95 Uhr Morgens am Höhenrande des Stanjewo ent⸗ wickelte, wurde in der Thalschlucht des Tara eine auf zwei Plãtten übersetzende Viehheerden durch den Fluß treibende Infurgenten. Abtheilung erblickt. Die Trurpen eröffneten das Feuer auf die Ucberfuhr; ämmtliche Abtheilungen und eine Batterie eilten an den Rand des Stanjevobredo und beschossen die Insurgenten mit großem Erfolge. Viele der letzteren stürzten in die Tara, eine Plätte verfankt. und Die Ucbersetzung des Flussegß wurde eingestellt. Etwa 2090 Insurgenten dürsten das senseitige Ufer erreicht haben. Die enormen Schwierigkeiten des Abstiens von dem Felsen machten es unmöglich, die flußaufwärts Fliehenden zu erreichen. 39 gefallene In · lurgenten wurden aufgefunden, die Zahl der Ertrunkenen ist nicht er⸗ mittelt werden. Die Truppen hat:en keinen Verlust. — In der Krivoscie halten sich noch Infurgenten an einigen Punkten in der Nähe der montenegrinischen Grenze auf und beunrußigen die Truppen. — Am 26. März fand ein verlustloses Geplänkel bei Poljovae statt. — Am 1. April wurde ein Jäger des 109. Bataillons des Tiroler- regiments bei Grkovae durch einen Fernschuß leicht verwundet.
— Aus Ragusa, 27. März berichtet man dem „Pester Lloyd“:
Unmittelbar nach der vor vierzehn Tagen erfolgten Verkündigung der Ausnahmegesetze für Süd- Dalmatien wurde auf den Inseln und dem Festlande die Entwaffnung der Bevölkerung zum großen Theile durchgeführt. Starke Gensd armerie · Abtheilungen, an vielen Orten verstärkt durch Militärassisten;, erschienen gleichzeitig und überraschend an verschiedenen Orten, die die Entwaffnung lei⸗ tenden politischen Beamten fordersen die Bevölkerung zur Abgabe
aller Arten von Waffen und Munition auf und stellten derselben ein⸗ dringlichst die schweren Folgen vor, welche ein Verstecken von Waffen bei den heutigen Ausnahmegesetzen nach sich jzöge. Alle Räumlich— leiten und die Umgebung eines jeden einzelnen Hauses wurden von den Gensd'grmen gründlich durchsucht. Die Bevölkerung seit jeher gewöhnt, selbst bei der friedlichsten Beschäftigung im Hause und am Felde mit einem kleinen Arsenale herumzugehen, zeigte sich durch diefe Maßregel zwar sehr ernst gestimmt, widersetzte sich jedoch nirgends, so daß — wenigstens bisher — die Entwaffnung ohne Zwischenfall vor sich gegangen. Die Waffen wurden von den Inseln nach dem Fest⸗ land tranportirt und nebst den der sestländischen Bevölkerung abge— nommenen, in den Zeughäusern von Ragusa, Castelnuovo und Cattaro deyonirt. Es befanden sich darunter auch fehr viele kost⸗ bare, werthvolle Gegenstände. In. Morinje wurden sogar zwei, kleine Kanonen gefunden. Die Behörden stellen übrigens verläßlichen Personen von guter Gesinnung ohne Weiteres Waffenpässe aus. Ja in einigen Theilen Süd -Dalmatiens, so z. BS. im Canali⸗ Thale, haben die Behörden selbst an die Gemeinden Wänzl⸗Gewehre nebst Patronen vertheilt, damit die sich freiwillig hiezu meldende Bevölkerung befähigt werde, die Gensd'grmerie im Sicherheitsdienste zu unterstützen. —Am 8. März, an welchem die Operationen gegen die Krivoscie eröffnet wurden, hatte sich glücklicher Weise freundliches Wetter eingestellt, welches nicht nur die Bewegungen der Truppen während der dreitägigen Operation begünstigte, sondern auch die Befestigungsarbeiten in den besetzten Stellungen erleichterte. Na— türlich sind diese Befestigungen nur flüchtige, provisorische. Die dauernden Befestigungen, welche sich auf allen beherrschenden Punkten, und zwar nicht nur der Krivoscie, sondern in allen Theilen Süd⸗Dalmatiens entlang der montenegrinischen Grenze erheben sollen, werden erst später in Angriff genommen. — Der von Wien gekom- mene General⸗-Genie-Inspektor Freiherr von Salis rekognoszirt seit vorigen Donnerstag, 23. März, die Krivoscie, wie auch alle an- deren Theile der Bocca, um endgültig die Punkte festzustellen, auf welchen Wachtthürme (Kulas), Sperrforts, Defensivkasernen u. s. w. errichtet werden sollen. — Seit vier Tagen herrscht regnerisches Wetter, und das ist gut, nicht nur für die Felder, sondern auch für die Truppen in der Krivoscie und auf dem Kordon von Zubci, denn die Cisternen werden mit Wasser gefüllt, und Menschen Und Thiere können sich wieder laben.
Großbritannien und Irland. London, 1. April. (Allg. Corr.) Gestern ist das Finanzjahr 18615182 abge⸗ laufen, und die Berichte über das Staafseinkommen und bie Staatsausgaben liegen nun vor. Das Einkommen geht um 22 9000 Pfd. Sterl. über die Voranschläge hinaus. Es hat S5 822 000 Pfd. Sterl. betragen und war veranschlagt auf S5 100 990 Pfd. Sterl. Die Zölle (19287 000 Pfd. Sterl.) haben 107 000 Pfr. Sterl. mehr eingebracht als veranschlagt, die Accise (27 240 0090 Pfd. Ster) 200 000 Pfd— Sterl, weniger, und die Stempelsteuer blieb auch um 30 0090 Pfd. Sterl. zurück. Sie beträgt 12 260 000 Pfd. Sterl. Vermögen ⸗ und Einkommensteuer hat 405 000 Pfd. Sterl. (im Ganzen 9945 000 Pfd. Sterl.) mehr ge— bracht, als von ihr erwartet wurde, und die übrigen Cinnahmequellen haben zusammen mit 17 000 000 Pfd. Sterl. den Voranschlag um 440 000 Pfd. Sterl. übertroffen. Auf der anderen Seite steht die Gesammtausgabe mit S5 511 0060 Pfd. Sterl., so daß ein Ueberschuß von 311 000 Pfd. Sterl. bleibt, der in dem Voranschlage auf 295 000 Pfd. Sterl. ange⸗ setzt war. Wie Mr. Gladstone angekündigt hat, wird er am 24. April das Budget vorlegen.
Frankreich. Paris, 2. April. (Cöln. Ztg.) Das „Journal officiel“ meldet die Ernennung Lallemands zum Befehlshaber des J. und die Beibehaltung Dumonts im Kommando des XVIII. Armee⸗-Corps. Für zwei andere Befehlshaber ist die gesetzliche Frisl ihres Kommandos auch bereits abgelaufen: General Saussier, Kommandant des XIX. Corps in Algerien, wurde am 31. März 1879 ernannt; der zweite ist General Appert, Kommandant in Touloufe, der Ende Mai die Altersgrenze erreicht. — Die „Corr. Havas“ meldet: „Die gestrigen Er— klärungen des Hrn. de Freycinet auf die Frage, die ihm Hr. de Broglie bezüglich der tunesischen Frage stellte, welcher zufolge er die Reorganisation Tunesiens auf diploma⸗ tischem Wege vornehmen will, giebt der Nachricht von der bevor— stehenden Abreise des Hrn. Marquis de Noailles nach Kon— stantinopel eine gewisse Bedeutung. Seit einiger Zeit herrschte eben der tunesischen Angelegenheit wegen eine gewisse Span— nung zwischen Frankreich und der Türkei, die jetzt nachgelassen hat. Die Gegenwart des Hrn. de Noailles in Konstanti⸗ nopel wird die Annäherung noch mehr fördern. Was das Zurückziehen der französischen Truppen aus Tunesien betrifft, so hängt es von vielen Umständen und namentlich von der Wehrhaftigkeit der einheimischen Truppen ab. Es ist Auf⸗— gabe des General Lambert, die Reorganisation der Armee des BVeys vorzunehmen. Erst wenn die reorganisirte Armee im Stande sein wird, die Ordnung in der Regentschast aufrecht zu erhalten, wird man daran denken können, die französischen Truppen zurückzuziehen.“
Dem „Temps“ wird aus Tunis vom 1. April, Abends, telegraphirt:
Ich habe genaue Erkundigungen eingezogen und kann versichern, daß die Gerüchte hinsichtlich eines neuen Aufstandes unter den west— lichen Stämmen unbegründet sind. Die größte Ruhe herrscht in jenen Regionen, aber es fanden in der letzten Zeit ziemlich zahlreiche Garnisonwechsel und Uebungsmärsche statt, aus denen dann eine auf⸗— ständische Bewegung gemacht wurde. General Forgemol ist beute zu einer Truppenschau nach Teburbar abgegangen, um die Bataillone zu inspiziren, die übermorgen den Marsch nach Mateur und weiter an— treten sollen. Morgen wird der neue Minister⸗Resident, Hr. Cambon, mit dem General⸗Consul Challet an Bord des Avisodampfers HSirondelle! hier erwartet. Der General Forgemol hat Befehl ertheilt, daß die Truppen morgen bereit sein sollen, Hrn. Cambon die militärischen Ehren zu erweisen. — Die maltesische Kolonie läßt in der neuen Kathedrale für die Königin Victoria ein Tedeum singen. Die Kathedrale wird gegenwärtig zum Empfang der römischen Abgesandten, welche nächstens dem Kardinal Lavigerie die Insignien seiner neuen Würde überbringen sollen, festlich geichmückt. — Aus dem Süden werden einige unbedeutende Bewegungen der Einheimischen gemeldet. — Der Jahregtag der sizilianischen Vesper ist bisher ruhig verlaufen. Zahl- reiche Patrouillen durchkreuzen die Stadt in allen Richtungen, um Zusammenstöße zwischen Italienern und Franzosen zu verhindern.
Nußland and Polen. St. Petersburg, 3. April. (W. T. B.) Das „Journal de St. Pétersbourg“ er⸗ klärt die Nachricht für absurd, daß die Naturalisirung derjenigen Ausländer, welche 5 Jahre in Rußland wohnen, verlangt werde; von einem derartigen Projekte sei keine Rede. In Wahrheit handele es sich darum, daß den fremd⸗ ländischen ländlichen Arbeitern, welche nach Ablauf ihrer Kontrakte eine Landkonzession nachsuchten, der Bescheid ertheilt wurde, derartige Konzessionen könnten nur russi⸗ schen Unterthanen gemacht werden. — Die ebenso unbegrün⸗ dete Nachricht, daß die Londoner Stock-exehange daran denke, die russischen Fonds von der offiziellen Cotirung auszuschließen, hat, dem „Journal de St. Petergsbourg“ zu⸗ folge, hier nur wenig Eindruck gemacht. Der russische Kredit
sei ein solider und werde ein solcher bleiben; die regelmäßig eingehnden Steuern und die Hülfsmittel des Staatsschatzes seien genügend, um allen Anforderungen zu entsprechen. — Der „Neuen Zeit“ zufolge soll der Posten des St. Peters⸗ burger Ober⸗Polizeimeisters mit demjenigen des Stabschefs des Gensd'grmerie⸗Corps vereinigt werden.
— 4. April. (WB. T. B.) Laut Meldung des „Re⸗ gierungs-⸗Anzeigers“ ist das Todesurtheil des Kriegsgerichts gegen die Mörder des Generals Strelnikoff gestern Morgen mittelst Stranges vollzogen worden. Die authentischen Namen derselben sind noch unbekannt, da sie in dieser Beziehung falsche Angaben ge⸗ macht haben.
Amerika. New⸗York, 31. März. (Allg. Corr.) Das Repräsentantenhaus diskutirt die Tarifbill. 168 Redner
haben sich zum Worte gemeldet. Die Diskussion wird mehrere Wochen dauern.
Zeitungs stimmen.
In Beantwortung der s. 3. mitgetheilten aus Jugenheim (bei Bergzabern in der bayerischen Rheinpfalz) von 75 taback⸗ bauenden Gemeindetürgern eingegangenen Adresse hat der Reichskanzler, wie die Augsburger Allgemeine Ztg.“ mit⸗ theilt, an einen dortigen Tabackbauer folgendes Schreiben gerichtet:
„Ew. Wohlgeboren, sowie allen an der Adresse vom 15. d. Be⸗ theiligten, danke ich verbindlichst. Die Bevölkerung der Pfalz ist wegen ihrer Sachkunde auf dem Gebiete des Tabackbaues vor anderen dazu berufen, über das Monopol ein Urtheil abzugeben, und es gereicht mir daher zur Ermuthigung, von dorther eine Zustimmung gerade zu der Zeit zu erhalten, wo die Frage des Tabäckmonopols den gesetzgebenden Körperschaften zur Entschließung vorgelegt werden soll. v. Bism arck.“
Die „El saß-Lothringische Zeitung“ widmet dem Reichskanzler zu seinem 68. Geburtstag einen Artikel, der wie folgt schließt:
Seit 1871 hat die deutsche Politik es verstanden, Deutschland den Frieden zu erhalten. Darauf ist unablässig ihre Arbeit gerichtet, während ebenso unermüdlich die Heeresleitung bemüht ist, allen An= forderungen, welche eine plötzlich eintretende Lage an sie stellen könnte, gewachsen zu bleiben. Ueber Allem wacht in treuer Pflicht⸗ erfüllung und Sorge Kaiser Wilhelms Königsauge. Und diefen Frieden, welchen Deutschlands Politik und Bereitschaft, vor Allem Kaiser Wilhelms Ansehen und Einfluß dem Welttheile auferlegt — der Kanzler nutzt ihn, die mühsam errungene Ruhepause, aus, um das wirthschaftliche Leben der Nation, wie vordem das politische und militärische, auf eine eigene nationale Basis zu stellen. Dies — und daneben die Stärkung des monarchischen Staatsgedankens und der Macht der Staatsgewalt — ist die Bedeutung der innern Kämpfe, welche wir durchleben und deren Zeugen wir sind.
Bei allen Schwierigkeiten der gegenwärtigen Lage besteht doch kein Zweifel, daß sie zum Heile Deutschlands nach den Plänen des Kanzlers enden werden, und in nicht allzuferner Zeit wird die Nation den Aufwand von Kraft und Zeit und Bitterkeit bedauern, welcher in diesen Kämpfen so unnöthig verschwendet worden ist. Umsomehr, als der Reichskanzler für sich, für seine Amtsthätigkeit, kaum noch die Vortheile genießen wird, welche er für das Reich anstrebt. Gerade deshalb will. er es aber noch auf feste Füße gestellt sehen für den Fall, daß seinen Nachfolgern vielleicht nicht die Muße bleiben sollte, in Frieden an der innern Gestaltung weiter zu bauen.
Möge es dem Kanzler vergönnt sein, die Vollendung seines Werkes zu schauen und ihm die Kraft aus der Höhe noch für eine lange Reihe von Jahren, als die für ihn wie für Deutschland werth—⸗ vollste Gabe, zu diesem 1. April bescheert werden. Müßte er sein Werk unvollendet verlassen — gar Viele von denen, die ihn heute anfeinden, würden dereinst mit bitterer Reue das Steuerruder in seine Hand zurückwünschen.
Wir hier im Elsaß, denen bei dem Blick auf das alte Deutsch⸗ land die Parteigegensätze nur um so kleiner und unverständlicher, ja unverständiger erscheinen, empfinden sehr wohl, was für Deutschland wie für das Ausland der Name Bismarck an der Spitze der Ge⸗ schäfte des Reiches bedeutet; wir empfinden hier, mehr als es drüben jenseit des Rheines der Fall zu sein scheint, wie und worauf im Aus—⸗ lande gerechnet wird. Möge Deutschland noch oft am 1. April den Fürsten Bismarck zu seinem Geburtstage als Reichskanzler, als Kanzler Kaiser Wilhelms, beglückwünschen können!
— Das „Deutsche Tageblatt“ gelangt am Schlusse ihrer neuesten vergleichenden Monatsübersicht über Ein- und Ausfuhr der wichtigsten Waarenartikel, sür den Monat Februar 1882 bezw. 1881, zu folgenden Ergebnissen:
Den guten Anfang, welchen der Januar gemacht, setzt der Fe⸗ bruar mit bestem Erfolge fort; das Gesammtbild gestaltete sich sogar noch bedeutend günstiger, da auch auf den bisher mehr oder minder zurückgebliebenen Industriegebieten nunmehr die erfreuliche Erschei⸗ nung einer steigenden Ausfuhr, in manchen Fällen auch begleitet von einer abnehmenden Einfuhr zu Tage tritt.
In runden Zahlen ausgedrückt, betrug die Zunahme in der Aus— fuhr gegen den entsprechenden Zeitraum des Vorjahres für Roheisen 14500 t, für Eisenfabrikate 8oh0 t, für Baumwollenwaaren 640 t, für Wollenwaaren 370 t, für Seidenwaaren 170 t, für Leinenwaaren 100 t.
Gerade in den hervorragendsten Industriezweigen zeigt sich also eine ebenso erhebliche wie erfreuliche Steigerung. — Ein Gleiches gilt für Leeder und Lederwaaren und seit lange auch zum ersten Mal wieder für Holz und Holjwaaren; bei ersterem betrug die Zunahme, und zwar namentlich durch die feineren Lederwaaren herbeigeführt. 320 t, beim Hol 9200 t und bei Holjwaagren, auch hier wieder den feineren Arten N60 t; zur weiteren Vervollständigung seien auch noch einige andere, nicht in unserer Uebersicht enthaltene Artikel angeführt, welche ebenso eine Zunahme in der Ausfuhr aufzuweisen haben: Glas und Glaswaaren 135 *. Papier und Pappwaren 3800 t, Maschinen aller Art 3400 4, musi⸗ kalische Instrumente 440 t, Thonwaaren 700 t, von Chemikalien allein Kali 65090 t, Cement 8000 , Pech 1509 t, Eisenerje 55 t.
Ueber die in der Ein- und Ausfuhr der verschiedenen Getreide- arten sich zeigenden Verhältnisse wird eine richtige Beurtheilung erst im weiteren Verlauf des Jahres sich ergeben können. — Anders liegt die Sache in Betreff der Mehl -Ein und Ausfuhr, in welche wir dieses Mal, abweichend gegen sonst, außer dem eigent ⸗ lichen Mehl auch noch Stärke, Kraftmehl und geschrotene oder geschälte Körner mit eingeschlossen haben; bier ergiebt sich neben eine Ausfuhrzunahme von 76090 t gleichzeitig eine Einfuhrabnahme von 550( 0 t, mithin ein recht erfreuliches Resultat, dem immer weitere und noch bessere Folge hoffentlich nicht fehlen wird. — In der Ein⸗ und Ausfuhr von Vieh aller Art machen Veränderungen von erheb= licher Bedeutung sich nicht bemerkbar, die Gesammtbewegung auf diesem Gebiete bleibt eine lebhafte.
Kolonial⸗ und Materialwaaren aller Art ergaben abermals be⸗ trächtliche Einfuhrzunahme, was auch selbst der abgesagteste Gegner der jetzigen Wirthschaftspolitik als ein ungünstiges Zeichen zu deuten nicht 2 gebracht hat; eine Zunahme, der Ausfuhr zeigt sich beim Wein mit 520 t, beim Branntwein mit dem gewaltigen Quantum von 19 300 t und wie ir, um auch den Dritten im Bunde nicht iu vergessen, noch hinzufügen wollen, beim Bier mit 2500 t. — Die Juckerausfuhr bleibt big jezt um circa 13000 binter der des Vor= sabres zurück, welche bekanntlich einen ganz abnormen, nahezu ängst⸗ lichen Umfang erreichte, übertrifft aber dabei doch noch um mehr als das Doppelte die des Jahres 1880.