sondern zu anderen Zwecken in die Wohnung ihres Gatten dringt oder t en dessen ausdrückliches Verbot darin ver⸗ weilt, macht dadurch nach einem Urtheil des Reichs⸗ gerichts, III. Strafsenats, vom 4. Februar d. Is, des Hausfriedensbruchs schuldig.
— Entläßt ein Gefängnißwärter einen Strafgefangenen vor abgelaufener Strafzeit aus der Haft, in der allerdings —— — irrthümlichen Annahme, die Strafzeit des Gefangenen sei bereits abgelaufen, so ist nach einem Urtheil des Reichsgerichts, J. Strafs, vom 2. Januar d. J., der Gefängnißbeamte wegen fahrlässiger Beförderung der Ent⸗ weichung eines Strafgefangenen aus 5. 347 Abs. 2 zu be— strafen, selbst wenn der Gefangene bei seiner Entfernung aus dem Gefängniß sich in dem Glauben befunden hatte, daß seine Strafzeit abgelaufen sei.
Bayern. München, 17. April. (Allg. Ztg.) Die Kammerder Abgeordneten berieth heute den Gesetzentwurf über eine anderweitige Regelung der Verhältnisse der bestehen⸗ den Vicinalbahnen und den Vieinaleisenbahn⸗Haufonds. Dem Ausschußantrage gegenüber beantragte der Abg. von Schlör die Interessenten mehr begünstigende Abänderungen der Artikel J bis 4 und begründete diese Abänderungen in einem sehr umfassenden, die gesammte Entwicklung des Vieinalbahn⸗ wesens darlegenden Vortrage. Im Laufe der Debatte erklärte sich der Staats-Minister Frhr. von Crailsheim, für den Fall, daß dem Regierungsentwurfe nicht beigestimmt würde, für den Antrag von Schlör. Die Berathung wird morgen fortgesetzt.
Baden. Karlsruhe, 17. April. (Köln. 3.) Die großen Fortschritte, welche die Genesung des Groß erzogs jetzt macht, erweist am deutlichsten der Umstand, daß die Großherzogin nun schon wiederholt Baden-Baden auf kurze 2ü verlassen hat, um die unter ihrem Protektorat stehenden
chulen des Frauenvereins in verschiedenen Städten des Landes zu besuchen. Wie man vernimmt, sind alle größeren Reisepläne an unserem Hofe aufgegeben und ist Badenweiler und später die Mainau zu längerm Aufenthalt des Groß— herzogs und der Großherzogin in Aussicht genommen. — Seit heute veröffentlicht die hin, meteorologische Centralstation die Witterungsaussichten für den folgenden Tag. Den Zeitungen des Landes wie den Gemeinden, Landwirthen und sonstigen Interessenten ist ein Abonnement auf diese Mit— theilung und die damit gleichzeitig zur Versendung kommende
Wetterkarte unter sehr günstigen Bedingungen erbffnet worden.
essen. Darmstadt, 19. April. (Darmst. 3) Der Großherzog und die Prinzesin Victoria werden am Sonntag, den 23. ds. Mts, nach England abreisen, um den Vermählungsfeierlichkeiten des Herzogs von Albany mit der Prinzessin Helene von Waldeck beizuwohnen.
Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 19. April. (WB. T. B.) Die nächste Plenarsitzung der österreichischen Delegation ist auf Sonnabend anberaumt. Heute Abend findet hier ein Ministerrath der ungarischen Minister statt, zu welchem jämmtliche ungarische Minister bis auf den Justiz⸗Minister Pauler eingetroffen sind. Der Ministerrath wird sich mit den Differenzen bezüglich des Zolltarifs beschäftigen. — Der bisherige Administrator Loenhart in Karlsburg ist . Bischof von Siebenbürgen ernannt worden.
— In dem Vierer⸗Ausschusse der ungarischen Dele— gation erklärte der Finanz⸗Minister Graf Szapary, die Be⸗ deckung des außer ordentlichen Kredits werde theilweise durch gemeinsame Aktiven erfolgen. Soweit diese nicht aus— reichten, werde der Rest in der üblichen Weise bedeckt, indessen die Entscheidung der Parlamente darüber eingeholt werden. Der Ausschuß nahm den Antrag des Referenten an, wonach 21 700 009 Fl. mit dem Zusatze bewilligt worden, daß hiervon 5 699 900 Fl. zu Fortifikationen und zu Straßenbauten zu verwen⸗ den seien. Im Laufe der Debatte motivirte der Kriegs⸗Minister
egenüber der von den Delegirten Eber und Hegedues geforderten
eduktion des Truppenstandes die Nothwendigkeit ber Auf⸗ rechthaltung des gegenwärtigen Truppenstandes auf weitere drei Monate, indem er versicherte, er werde bestrebt sein, mit den bewilligten Summen auszukommen. Der Delegirte Max Falk sprach sich gegen eine etwaige Errichtung einer neuen Nilitã bg rene aus. — In der Spezialberathung nahm der
Ausschuß die ,, unter Streichung eines Betrages
von 2033090 Fl. an. orgen Mittag wird eine kurze Ple⸗ Hal unf e Feststellung des Berichtes des Referenten Baroß abgehalten werden.
20. April. (W. T. B. Den Morgenblãättern zufolge hat die Komm ission des Herrenhauses zur Vorberathung des Wahlreformentwurfs denselben unverändert in der Fassung des Abgeordnetenhauses angenommen.
Prag, 20. April. (W. T. B.) Ein Cirkular des ver—⸗ fassungstreuen Wahlcomitgss zeigt den verfassungs— treuen Wählern des Großgrundbesitzes an, daß das Eomite das Kompromißanerbieten der Konservatlven ablehne und Wahlenthaltung anempfehle.
Großbritannien und Irland. London, 18. April. (Allg. Corr) In den irischen Zuständen hat sich, wie der „Times“ aus Dublin geschrleben wird, seit der Ver⸗ tagung des Parlaments für die Osterferien wenig oder gar keine Besserung bemerklich gemacht. In manchen Orten, schreibt der Berichterstatter, weigern sich die Pächter absolut, irgend einen Pachtzins zu bezahlen, selbst wo die weitestgehen⸗ den Nachlässe angeboten worden sind. Mit solchen Leuten läßt sich auf keine andere Weise als durch die strenge Macht des Gesetzes verfahren, und dieses Mittel erzeigt sich da wirk—⸗ sam, wo die Gutsherren die Mittel besitzen und entschlossen sind, dieselben gegen diejenigen Pächter zur Anwendung zu bringen, welche im Stande sind, zu zahlen, aber die Zahlung des Pacht- eldes verweigern. An vielen Orten wird mit großem Erfolge sᷣ verfahren. Während das ganze Land degorganisirt und * hohem Grade demoralisirt ist, erscheint es weder billig noch vernünftig, allgemeine Schlüsse und Betrachtungen aus einzel— nen Vorfällen abzuleiten. Der ganze moralische Aspekt des Landes ist eben ein verworrener, und während es in dem— 2 viele dunkele Flecken giebt, hestehen doch auch viele ichte und grüne Stellen. Es ist eine bemerkenswerthe That— sache, daß längs der Küsten von Galway und Mayo, an Orten, wo vor einem und zwei Jahren noch Scenen des Auf— ruhrs und der Gewalt sowie beständige Konflikte mit der olizei und dem Militär an der Tagesordnung waren, die Pächier nicht nur ihre fälligen und rücknändigen Pachtzinse entrichtet
haben, sondern sogar ihre Quittungen darüber herumzeigen, als wenn sie auf dieselben stolz wären, und ihre genugthuende Befriedigung darüber aussprechen, daß sie sich nicht von dem Rathe haben verleiten lassen oder demselben gefolgt sind, der nur den Verlust ihres Pachtbesitzes für sie zur Folge gehabt haben würde. Es ist alle Ursache vorhanden, daß die Pacht⸗ zinszahlungen viel allgemeiner werden und die Aussichten im Ganzen sich wesentlich 25 würden, wenn die Gemüther der Gutsherren wie der Pächter nicht so sehr gestört wären über den schließlichen Erfolg der Landakte und die Politik der Regierung in Bezug auf dieselbe, und je eher dieser Unsicher— ö. 9 Ende gemacht wird, desto besser wird es für alle Par⸗ eien sein.
— 19. April. (W. T. B) Das Unterhaus nahm heute mit 87 gegen 85 Stimmen in zweiter Lesung die Bill an, welche bestimmt, daß die Wahldistrikte die Wahl⸗ kosten zu tragen haben, und daß, wo mehrere Kandidaten auftreten, der Gewählte die Majorität sämmtlicher Stimmen haben, andernfalls sich einem zweiten Wahlgange unterziehen muß, in welchem die relative Majorität entscheidet. Die Re⸗ gierung unterstützte die Bill.
Frankreich. Paris, 18. April. (Fr. Corr.) Der heutige Ministerrath beschäftigte sich mit dem Pröjekt der Herstellung eines inneren Meeres in der algerischen Sahara, für welches der Major Roudaire vom Generalstabe in einer Reihe von Missionen eingehende Vorstudien gemacht hat. Es würde sich darum handeln, die Landschwelle von Gabes zu durchbrechen und das Wasser des Mittelmeeres in den Süden der Provinz Constantine zu leiten, den es schon in fruͤheren , bedeckt hat, wie dies die salzhaltigen Sümpfe, die man
chotts nennt, bekunden. Dieses innere Meer würde nicht nur klimatisch heilsame Wirkungen hervorbringen, wie man solche an den Ufern des Suezkanals beobachtet hat, sondern auch mit einem Schlage eine Handelsstraße nach der afrikani— schen Sahara schaffen und zumal eine strategisch hochwichtige Schutzlinie für die algerischen Departements bieten, die dadurch für alle Folge gegen die Einbrüche der Nomadenstämme der Wüste gedeckt wären. Die Kosten des Unternehmens werden von dem Major Roudaire auf circa 60 Millionen veranschlagt. Der Ministerrath hat sich seine Entscheidung noch vorbehalten.
Der „Temps“ macht über das Ergebniß der Ge— meindewahlen vom letzten Sonntag folgende übersichtliche Mittheilungen: Etwa tausend Gemeinden hatten ihre Ver— tretungen zu vervollständigen. In den meisten Städten trug die republikanische Partei den Sieg davon; doch erlitt sie, wie man bald sehen wird, auch einige Schlappen. Die Theil— nahmslosigkeit der Wähler war groß, s5 daß in einer ge— wissen Anzahl von Städten gar keine Wahl zu Stande kam; in, dem großen Toulouse fehlte es sogar, ein beispiel— loser Fall, an jeglichem Kandidaten. In Villefranche stimmten 122 von 1000 Wählern, in Arles 293 von 70060 Wäh— lern. In Rouen, Sens, Bar⸗le⸗Duc, Saint⸗Quentin und vielen anderen Städten ist wegen der übergroßen Anzahl der Ent⸗ haltungen ein zweiter u nn nöthig. In Douai wurden zwei Gegner der republikanischen Sache, in Bayeux ein solcher ge⸗ wählt; in Ecully Rhone) wurden die Republikaner von den Kleri— kalen aus dem Sattel nn, Die Sozialdemokraten hatten einige Erfolge. Wie schon erwähnt, siegten sie in Besseges; ferner sind sie in Ballornge mit den Repüblikanern in Rombaiz und Alais (Gard); in Narbonne streiten sich zwei Sozial= demokraten um die Palme. In Dijon erzielte die republi— kanische Liste 1709 und die sozialdemokratische 100 Stimmen. In Chalons-⸗sur⸗Saone agitirte der Abg. Boysset perfönlich gegen die Gambettisten, was nicht hinderte, daß die letzteren mit 1700 gegen 700 Stimmen das Feld behaupteten. In Folge der zahlreichen Stichwahlen, die auf nächsten Sonntag verschoben werden mußten, werden die Ernennungen der neuen Maires häufig erst am 30. April vor sich gehen können.
Italien. Rom, 15. April. (It. C.) Die Kam mer hat ihre Sitzungen wieder aufgenommen. Unter den zur Berathung im Plenum reifen Gesetzvorlagen befindet sich auch die Über die Armee⸗Organisation und die Territorialeintheilung der militärischen Zonen. Der Berichterstatter über diese umfassende Gesetzvorlage konstatirt sofort im Eingange seines Berichtes den günstigen Eindruck, welchen das Elaborat des Kriegs-Ministers allenthalben hervorgerufen habe, sei es, weil dasselbe den Er— wartungen des ganzen Landes entspricht, sei es, weil es mit Ernst und Energie das bisher in der Heeresorganisirung Mangelnde ersetzt. Ganz geringe Detailfragen abgerechnet, besteht somit zwischen den Vorschlägen des Kriegs⸗-Ministers und den Anträgen der Kommission das vollste Einverständniß, welches zu der gegründeten Hoffnung berechtigt, daß die par— lamentarische Erledigung dieses Gesetzes auf keinerlei Hinder⸗ nisse stoßen werde.
Italien. Rom, 19. April. (W. T. B.) Der neu ernannte preußische Gesandte beim päpstlichen Stuhl, von Schlözer, suchte heute bei dem Kardinal Staats sekretär . eine Audienz beim Papste nach, um demselben eine Kreditive zu überreichen.
Serbien. Belgrad, 20. April. (W. T. B.) Der König hat heute, von der Königin, dem Thronfolger und den Ministern begleitet, eine Rundreise durch das Land angetreten.
Rußland und Polen. St. Petersburg, 19. April. (W. T. B.) Der „Regierungs⸗Anzeiger“ enthält über die gegen die Juden gerichteten Ausschreitungen und über die sofort dagegen ergriffenen Maßregeln folgende Mittheilungen: In eresnegowatopie und Wissunsk wurden in sieben jüdischen Häusern die Fenster eingeschlagen; der Ge— hülfe des Kreispolizei⸗ Chefs wurde zur Herstellung der Ord⸗ nung abgesandt. In Dubossary brachen am 13. d., Nachts, ebenfells Unruhen aus, wobei Thüren und Fenster von Häu— sern judischer Besitzer und auch das Waarenlager eines südi⸗ schen Kaufmanns demolirt wurden. Sechs Verwundun—⸗ gen durch Steinwürfe sind vorgekommen, ein Jude ist tödtlich verletzt. Die 6367 wurde noch in der⸗ selben Nacht durch die Polizei wieder hergestellt In Letischewg erneuerten sich am 15. d. die gegen die Juden ge⸗ richteten Unruhen; in drei Schänken daselbst wurde der Vor⸗ rath von Branntwein ausgegossen, zwei Häuser sammt den darin befindlichen Gegenständen wurden zerstört, 40 Personen verhaftet, die Ruhe Nachts um 12 Uhr wieder hergestellt. — Aus Valta berichtet der Gouverneur, daß die Ordnung da—⸗ selbst ebenfalls wieder hergestellt sei und daß die Läden und Hand⸗ lungen nunmehr wieder in ihren früheren Zustand gebracht werden. Gegen 50 Protokolle seien aus Anlaß der dortigen Unruhen aufgenommen und dem Friedengrichter zugestellt wor⸗ den. Am 13. d. traten in der Kolonie Dobroe mit Revolver
bewaffnete Individuen aus Nikolajeff ein und beraubten die jü⸗ dischen Einwohner in Prossomikoff. Bei der Arretirung derselben durch Eisenbahn⸗Gensd' armen und Bahnarbeiter wurde Arbeiter Namens Kowtunoff am Kopfe verwundet. Ein Pole Namens Olschewsky, ein türkischer Unterthan, Namens Feld⸗ mann, und ein Jude, Namens Balanoffsky, wurden sestgenom⸗ men und nach Nikolajeff zur Untersuchung abgeführt, um dem Kriegsgericht übergeben zu werden. — In Karpowitsch be⸗ gannen die Unruhen am 12. d. M. Ein Haufe von ca— 209 betrunkenen Bauern zerstörte die im Dorfe befindliche Schãnke sowie das Haus und den Laden des jüdischen Einwohner Kahan. Das Inventar wurde theils vernichtet, theils ge⸗ stohlen. Der Schaden wird auf 4000 Rubel angegeben. Mu Hülfe aus anderen Orten herangezogener Bauern wurde Nachtz die Ruhe wiederhergestellt. In der Nacht vom 14. zum 15. d. erneuerten sich indessen die Unruhen mit verstãärkter Kraft. Ein Volkshaufe versuchte des Besitzthum Kahans zu zerstören, wurde jedoch durch rechtzeitiges Einschreiten der Po⸗ lizei daran verhindert. Hierbei wurden 6 der Rädels führer verhaftet. Zwei aus Nowosybkowo herangezogene Compagnien Soldaten stellten alsbald die Ordnung wieder her. Weitere Verhaftungen wurden vorgenommen; die Untersuchungen werden energisch betrieben. Um weiteren Exzessen vorzubeugen sind die erforderlichen Maßregeln ergriffen. ö
General Swerjeff ist zum Gehülfen des General⸗ In⸗ specteurs des Ingenieurwesens ernannt. — Der neu ernannte e Botschafter Jaurés ist gestern Abend hier ein— getroffen.
Amerika. Washington 19. April. (W. T. B.) Der Präsident Arthur hat dem Kongreß eine Botschaft zugehen lassen, in welcher er demselben die Frage der Zu⸗ sammenherufung eines Kongresses der amerikanischen Staaten unterhreitet, welcher in Gemäßheit der im vorigen Jahre von dem Staatssekretär Blaine erlassenen Einladung den Zweck
verfolgen soll, Kriege zu verhindern.
Afrika. Egypten. Einem Telegramme des „Journal des Debats“ aus Kairo zufolge hat das Kriegsgericht die 13 tscherkessischen Offiziere zur Verbannung verurtheilt.
Seitungsstimmen.
Die „Leipziger Zeitung“ enthält folgende vom 17. D. M. datirte Correspondenz aus Thüringen:
In den thüringischen Staaten scheint sich an den maßgebenden Stellen ein Umschwung in der Stellung zum Tabackmonopol voll zogen zu haben oder zu vollziehen, nachdem nun dem Bundesßrath die folgenden drei Abänderungen des Entwurfs zugegangen sind: D. daß nicht der Reichskanzler, sondern die Bundesregierungen die Tabach, baubezirke bestimmen; 2) daß ohne Ausnahme Alle, welche aus dem Rohtabackgeschäft Erwerb gezogen haben, in bestimmten Verhãältnissen entschädigt werden; 3) daß die Erträgnisse des Monopols an die Einzelstaaten nach Maßgabe der Bevölkerung vertheilt werden .... Während nun in dieser Frage die Stimmen noch getheilt, die Erfolge unsicher sind, scheinen die Abänderungen in der Gewerbeordnung, welche in einem dem preußischen Volkswirthschafte— rath zur Begutachtung zugegangenen Gesetzentwurf enthalten sind, auf eine allgemeine Zustimmung, namentlich in gewerblichen Kreisen, rechnen zu dürfen, indem sowohl für die sittlichen wie für die mate— riellen Schäden, welche sich aus den Mängeln der gegenwärtigen Gewerbeordnung entwickelt haben, Abhülfe geboten wird. Wenn der Entwurf scharfe Bestimmungen gegen Musikaufführungen und Schaustellungen unkünstlerischer Natur, gegen Winkelkonsu⸗ lenten, Trödler, Gesindevermiether, Tanz⸗, Turn, und Schwimm— lehrer, Geschäftsreisende, Waarenwanderlager und Kolportage schlechter Schriften aufstellen muß, so ist dies ein Beweis, wie schwer in diesen Punkten von dem Prinzip des „laisser aller“ gesündigt ist. Wir wissen auch in Thüringen davon zu sagen, wie die Wanderlager die soliden Geschäfte nicht selten ruinirt oder wenigstens an den Rand des Verderbens gebracht haben; wie von den Colporteuren schlechter Buchhandlungen namentlich die Landbevölkerung mit unfitt— lichen Sensationsromanen überschwemmt und zum Theil betrogen ist! Nicht nur in Preußen ist die Zahl der Winkelkonfulenten fo groß Rö), auch in Thüringen und in anderen deutschen Staaten sind sie wie Pilze aus dem Boden gewachsen und haben leichtsinnig zu Prozessen verführt, welche bei dem gegenwärtigen kostspieligen Ge— richtsverfahren nicht selten den Ruin eines der beiden Betheiligten herbeiführen mußten. Der Schwerpunkt des Entwurfs ruht in Art. 7, der eine ganze Reihe höchst wichtiger Bestimmungen gegen den Gewerbetrieb im Umherziehen enthält. Der Wunsch aber ist all. gemein, daß dem Weitergreifen des sittlichen und materiellen Scha— dens, welchen das deutsche Volk aus dem fortschrittlichen Liberalismus und seinem Manchesterprinzip erlitten hat, durch diesen Ge setzentwurf ein Halt geboten sein möge.
— Der „National-⸗Ztg.“ wird über die Waaren⸗ ausfuhr Deutschlands nach Nord⸗Amerika berichtet:
Das verflossene, am 31. März endigende Vierteljahr hat, Dank der günstigen Lage des Geschäfts in den Vereinigten Staaten, aber— mals einen bedeutenden Aufschwung des Exports nach Amerika zur Folge gehabt. Von dem General-Konsulat der Vereinigten Staaten werden uns die betreffenden Ziffern zur Verfügung gestellt. Nach den— selben hat Berlin in den genannten drei Monaten für 12656050 mehr erportirt als in den entsprechenden drei Monaten des Jahres 1881. Leipzig übertrifft uns noch, sein Plus beträgt 1 400 360 4 Damhurg erreicht gar ein Plus von nahezu zwei Millsonen Mack; der Expert aus Bremen hat sich um 1159 009 6 gehoben, fast ebensoviel der aus Barmen. Selbst Dresden, dessen Erport stets im Rück. gang, gewesen, hat eine Besserung in Höhe von 440 000 0 zu verzeichnen, dasselbe gilt von Sonnenberg, das nach langer Pause wieder eine Hebung des Geschäfts im Betrage von 156 005 4 aufweist. Chemnitz hat ein Plus von 27 Millionen Mark. Nech sind die Ziffern für ganz Deutschland nicht zusammen gestellt, es fehlen noch Crefeld, Frankfurt a. M., Stettin und viele andere Plätze. Eine vorläufige Uebersicht aber läßt bereits er= kennen, daß in den ersten drei Monaten dieses Jahres für in runder Ziffer zwanzig Millionen Mark nach Nordamerika allein mehr erpor— tirt worden ist, als in den ersten drei Monaten des vorigen Jahres. Wie uns erläuternd mitgetheilt wird, hat sich sowohl die Höhe der einzelnen Fakturen, wie die Gesammtzabl derselben gehoben. Seit dem 1. Avril läßt sich in dieser sonst ruhigen Zeit bid Zunahme konstatiren, so daß auch das zweite Quartal betreffs des Exports nach Amerika ein günstiges zu werden verspricht.
— Der Schlesischen Zeitung“ schreibt man aus Weimar, 17. April:
Nachdem es festgestellt, daß die Mehrjahl der Regierungen der thüringischen Kleinstaaten im Bundesrath für das Tabackmonopol stimmen wird, werden in der Presse Aeußerungen der Verwunderung und Entrüstung darüber laut, daß man vor der Gefährdung einer rade in Thüringen so schwungvoll betriebenen Industrie nicht zurück. chrecke. Dieser Einwand erscheint, zum wenigsten so weit e ich dabei um unsere speziellen Verhältnisse handelt, nicht besonders tichhaltig, denn die thüringische Tabackindustrie, d. h. die Fabrilation von Taback, ist keineswegs eine sehr bedeutende. Natürlich haben die Regierungen die Interessen dieses Industriejweiges nichts deste⸗ weniger ernstlich erwogen; sie scheinen aber zu der Erkenntn . zu sein, daß die Schädigung, die der beimischen Taback= ndustrie durch das Monopol zugefügt werden würde, den Vor⸗
theilen nachsteht, welche der Gesammtheit der Bevölkerung aus der erheblichen Vermehrung, der Reichseinnabmen erwachsen müßte. Hier in Weimar z. B. beträgt das Einkommensteuerertragniß 1886 009 1M, bei einem Einkommensteuersatz von etwa 3 pro Mark. Vorausgesetzt, das Tabackmonopol ergäbe im Vergleich zu dem jetzigen Ertrage aus dem Tabackjoll und der Tabacksteuer an Netto- gewinn auch nur ein Plus von etwa 100 Millonen Mark, so würden der weimarischen Staatz kasse etwa Soh O00 M jahrlich zufließen, und es könnte dann eine Verminderung der Einkommenstener um' etwa 0 0 stattfinden.
— Der von Dr. Victor Böhmert und br. Arthur von De, herausgegebenen „Social-Correspondenz⸗ wird emeldet: 8 Ein besserer Geschäftsgang macht sich in Chemnitz bemerkbar, besonders in den für die Maschinenbau-Anstalten eingehenden Auf⸗ traͤgen, so daß die meisten dieser Fabriken ihr Arbeiterpersonal ver⸗ mehren, wenn sie auch noch keine höheren Löhne zahlen können. Auch in Strumpfwagren dürfte das Geschäft bald wieder die frühere Höhe erreichen. Es sind große Bestellungen aus Amerika und dem Drient eingegangen und so findet auch die weibliche Hausindustrie diefer Branche vollauf Beschäftigung.
Landtags ⸗ Angelegenheiten.
Dem Hause der Abgeordneten ist folgender Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Vertretung des lauenburgi— schen Landeskommunalverbandes, vorgelegt worden:
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen ꝛe. verordnen, mit Zustimmung beider Häuser des Landtages der Monarchie, was folgt: -
Artikel J.
Der lauenburgische Landeskommunalverband (8. 8 des Gesetzes vom 23. Juni 1876) wird vom 1. Oktober 1882 ab, an Stelle der mit diesem Zeitpunkte außer Wirksamkeit tretenden Ritter- und Land⸗ schaft des Herzogthums Lauenburg, durch eine Kreisversammlung ver⸗ treten, welche nach den Bestimmungen der 8§§. 84 bis 114 der Kreis ordnung für die Provinzen Ost. und Westpreußen, Brandenburg,
. 13. Dezember 1872 . Pommern, Schlesien und Sachsen vom 19. Mär; I881 zu bil⸗
den ist.
. Labe kommen für die Veranlagung der größeren ländlichen Grundbesitzer zur Grund⸗ und Gebäudesteuer, an Stelle der im 8. 86 a. a. O. 1 Bezug genommenen Gesetze vom 21. Mai 1861, die Lauenburgischen Gesetze vom 15. Februar 1875 in Anwendung.
Artikel II. In Betreff:
1) der Versammlungen und Geschäfte des Kreistages,
2) des Kreishaushaltes,
3) des Kreisausschusses,
4) der Kreiskommissionen und
5) der Oberaufsicht des Staates über die Kreisverwaltung treten die Vorschriften der 85. 115 bis 139, 164 Absatz 2, 167, 168
⸗ . 13. Dezember 1872 und 176 bis 180 der Kreisordnung vom 19g. Mar. 186 vom 1. Oktober 1882 ab auch für den Lauenburgischen Landes— kommunalverband in Kraft. Artikel III.
Die Einführung der Bestimmungen in Artikel J. und II. erfolgt mit den Maßgaben, daß bis auf Weiteres —
1) an Stelle des Regierungs⸗-Präsidenten und des Bezirksrathes die Bezirksregierung fungirt, .
2) an Stelle der Klage bei den Verwaltungsgerichten die Be— schwerde an die vorgesetzte Verwaltungsbehörde stattfindet und
3) für das Disziplinarverfahren gegen Mitglieder des Kreisaus⸗ schusses und gegen Kreisbeamte die Borschriften des Gesetzes, betreffend die Dienstvergehen der nicht richterlichen Beamten vom 21. Juli 1852 uneingeschränkt in Anwendung kommen.
Artikel IV.
Noch vor dem 1. Wtober 1882 ist zur Wahl der Kreistags abgeordneten, sowie zur Wahl der Mitglieder des Kreis ausschusses nach den Bestimmungen dieses Gesetzes zu schreiten. Für die dabei vorzunehmen zen Vertheilungen und Wahlen sind die dem Kreisaus⸗ schusse beziehungsweise dem Kreistage übertragenen Befugnisse von dem Landrathe wahrzunehmen.
Artikel V.
Mit dem 1. Oktober 1882 treten alle dem gegenwärtigen Gesetze zuwiderlaufenden Bestimmungen, insbesondere auch die AÄrtikel III. und IV. des Lauenburgischen Gesetzes vom 7. Dezember 1872 über die Einrichtung der e ge Landesverwaltung außer Kraft.
Jedoch verbleibt es bei den Vorschriften des 5. 20 Absatz 2 des gedachten Gesetzes bezüglich der Pensionirung, Wittwen ꝛc. Versor⸗ gung und Gewährung von Wartegeldern für die zur Zeit im Dienste des Landes kommunalverhandes stehenden Beamten, insbesondere auch diejenigen, deren Amt durch die Bestimmungen des gegenwärtigen Gesetzes in Wegfall kommt. — t
Fee eich bewendet es bei den bisherigen Bestimmungen über das Erforderniß der Bestätigung des Direktors der Lauenburgischen Gelehrtenschule und der höheren Beamten, sowie bei der Bestätigung des Forstbetriebsplanes. ;
Im Uebrigen ist die Einrichtung der Verwaltung des Vermögens des bisherigen Lauenburgischen Landeskommunalverbandes durch Statut festzustellen. . ö .
Die dienstlichen Verhältnisse der Kreisbeamten sind durch ein von dem Kreistage zu erlassendes Reglement zu ordnen. Dieses, so⸗ wie die sonst für einzelne Verwaltungszweige und Einrichtungen zu erlassenden Reglements bedürfen der ministeriellen Genehmigung.
Die Mitglieder der Kommission, welche in Gemäßheit des Lauenburgischen Gesetzes vom 24. Dezember 1875 zur Verwaltung der, auf Grund des Lauenburgischen Gesetzes vom 8. Dezember 1866 auf— genommenen Domanialanleihe berufen ist, bedürfen auch fernerhin der Bestätigung des Königs.
Artikel VI. . .
Der Minister des Innern ist mit der Ausführung dieses Gesetzes beauftragt und erläßt die hierzu erforderlichen Anordnungen und In struktionen.
Urkundlich ꝛc.
Begründung.
Nach §. 8 des Gesetzes vom 23. ͤ die Vereinigung des Herzogthums Lauenburg mit der preu—⸗ ßischen Monarchie, sollte der als kreisständischer Verband auf⸗ recht erhaltene lauenhurgische Landeskommunalverband bis zur ander weitigen gesetzlichen Regelung, jedoch längstens bis zum 1. Mär; 1878, bon der Ritter, und Landschaft in deren bisherigen, durch das König⸗ liche dänische Patent vom 20. Dezember 1853 geregelten Zusammen⸗ setzung vertreten werden. . . .
Diese Frist wurde, nachdem der Seitens der Königlichen Staats⸗ regierung dem Landtage der Monarchie in der Session von 1877178 vorgelegte Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Kreisverfassung im Kreise Derzogthum Lauenburg, abgelehnt worden war, durch das auf den Antrag des Landtages ersassene Gesetz vom 16. März 1875 bis zum Srlasse einer neuen Kreis und Provinzialordnung für die Pro— vinz Schleswig ⸗Holstein, spätestens bis zum 1. März 1880. und sodann durch das Geseß vom 5. Februar 1880 bis zum J. Oktober 1882 verlängert. . .
. Bestimmung dieser letzten Frist ging die Staatsregierung don, der Annahme aus, daß bis zum 1. Oktober 1882 eine neue Kreisordnung für die Provinz Schleswig-Holstein würde in Kraft treten können. . . ö
Auch ist dem Landtage der Monarchie in der Session 188081 ein Entwurf des bezeichneten Gefetzes vorgelegt und darin das Inkraft ⸗ treten des letzteren zum 1. April 1883 vorgeschlagen worden. Dlese Ge setzentwürfe sind aber über die geschäftsordnungsmäßige erste Be=
Juni 1876, betreffend
rathung im Hause der Abgeordneten nicht hinaus gekommen und es läßt sich zur Zeit noch icht übersehen, wann eine neue Kreigordnung für die Provin; Schleswig -⸗Holstein in Kraft treten wird.
Die Staatsregierung war bei der, Kraft Allerhöchster Ermächti⸗ gung vom 14. Tanuar i887 im Landtage der Monarchie erfolgten Vorlegung des Entwurfes einer Kreisordnung für die Previn; Han—
nover von der Ansicht ausgegangen, daß es angänglicz fei, in den
; 1 13 Dezember 1872 nicht zum Geltungsbereiche der Kreisordnung vom 19. Mar 1881 gehörigen Provinzen neue Kreis nud Provinzialordnungen, unabhängig von der in Aussicht genommenen Revision des Gesetzes über die Sr⸗ ganisation der allgemeinen . . 26. Juli 1880 und
3. Juli 1875 des Verwaltungegerichtsgesetzes vom 3 1880, einzuführen. Auch lag es in der Absicht der Stagtsregierung, wie es für die Provinz Han⸗ nover geschehen war, für die Provinz Schleswig-Holstein den Entwurf einer zum Inkrafttreten am 1. April 1883 bestimmten neuen Kreis und Provinzialordnung ebenfalls noch in der gegenwärtigen Session des Landtages der Monarchie vorzulegen.
Inzwischen ist nun aber Seitens der Kommission des Hauses
der Abgeordneten zur Vorbergthung der Entwürfe der Kreis- und Provinzialordnung für die Provinz Hannover mit überwiegender Stimmenmehrheit eine Abänderung der Entwürfe dahin beschlosser. worden, daß die in Rede stehenden Gesetze erst nach dem Erlasse eines für die Provinz Hannover geltenden Zuständigkeitsgesetzes und dann gleichzeitig mit dem Organisationsgesetze und dem Verwaltungs⸗ gerichtsgesetze in Kraft treten sollen. Ebenso hat der Provinzial⸗Landtag der Provinz Schleswig⸗Hol⸗ stein, welchem in der letzten Session desselben die Entwürfe einer Kreis. und einer Provinzialordnung für jene Provinz zur Begut— achtung vorgelegt worden waren, die dringende Bitte ausgesprochen, mit der Einführung einer neuen Kreis- und Provinzialordnung nicht eher vorzugehen, als bis über die geplante Revision der Verwaltungs organisationtgesetze eine Entscheidung getroffen sei. Es wird hiernach auf das nahe Zustandekommen einer neuen Kreisordnung für die Provinz Schleswig-Holstein nicht mehr gerechnet werden können, da nicht zu ermessen ist, ob über die Grundzuͤge der Reviston des Srga— nisationsgesetzes ein Einverständniß unter den Faktoren der Gesetz⸗ gebung in Bälde zu erzielen sein wird, und da die Verständigung über ein Zuständigkeitsgesetz, wie der Versuch im Jahre 1881 gezeigt hat, mit großen Schwierigkeiten verbunden ist.
Bei, dieser Sachlage sieht die Staatsregierung sich in die Noth⸗ wendigkeit versetzt, abgesondert für den Kreiß Herzogthum Lauenburg, dessen Kreisvertretung — die Ritter und Landschaft — am 1. Sk— tober 1882 außer Wirksamkeit tritt, eine die Vertretung dieses Ver⸗ bandes betreffende Gesetzes vorlage dem Landtage der Monarchie noch in der e rt en Session zugehen zu lassen. Wenn es früher, mit Rücksicht auf das voraussichtlich baldige Inkrafttreten einer Kreisordnung für die Provinz Schleswig⸗Holstein, für zulässig hat erachtet werden können, die Anordnung wegen Ver⸗= tretung des Kreises durch die Ritter⸗ und Landschaft zweimal durch Gesetz zu verlängern, so kann doch ein gleiches Vorgehen gegen— wärtig, bei verändertem Stande, der Angelegenheit, als mit den Staats- und Kreisinteressen vereinbar nicht erachtet werden. Die Staatsregierung theilt vielmehr die Bedenken, welche den Landtag der Monarchie bei der Beschlußfassung über das Einverleibungsgesetz vom 23. Juni 1876 veranlaßt haben, die Vertretung des Verbandes durch die Ritter⸗ und Landschaft auf die Zeit bis zum 1. Mär; 1878 zu beschränken. Diese Bedenken beruhen zunächst in der Bevorzugung der Ritterschaft bei der Zusammensetzung sowohl der Ritter⸗ und Landschaft, als des Verwasltungsausschusses derselben (des Landschafts⸗ kollegiums), ferner in der Verknüpfung des Vorsitzes in beiden Körperschaften mit dem Besitze eines bestimmten Gutes und der AÄngehörigkeit zu einer bestimmten Familie, und in der Lebenslänglichkeit des Amtes sowohl des D — als des⸗ jenigen der ritterschaftlichen Mitglieder des Landschaftskollegiums. Außerdem ist gegen die jetzige Organisation der schwerwiegende Ein— wand zu erheben, 4j der Landrath völlig außerhalb der kreis kommu— nalen Verwaltung steht und dadurch in seiner gesammten Stellung geschädigt wird, und daß den ständischen Oberbeamten durch das lauenburgische Gesetz vom 7. Dezember 1872 im Abfchnitte III., dem Verwaltungsausschusse gegenüber, eine mit dem Intereffe der be⸗ deutenden und umfangreichen Kreiskommunalverwalkung nicht verein— bare selbständige Stellung angewiesen ist.
Mußte es hiernach für ausgeschlossen erachtet werden, die Ver— tretung des Lauenburgischen Landeskommunalverbandes durch die Ritter⸗ und Landschaft über den 1. Oktober 1882 hinaus zu ver⸗ längern, so ergab sich die Nothwendigkeit, für den Verband eine andere Vertretung und andere Verwaltungsorgane durch Gesetz zu schaffen, und es konnte nicht zweifelhaft sein, daß dabei auf die be— aährten Best ber ene, 13. Dezember 1872 währten Bestimmungen der Kreisordnung vom 19. Mär; 189 zurückjugehen war, welche auch dem Entwurfe der Kreisordnung für die Provinz Hannover zu Grunde gelegt worden sind und unzweifethaft demnächst auch dem Entwurfe der Kreisordnung für die Provinz Schleswig-Holstein — wie es in der entsprechenden Vorlage an den Provinziallandtag bereits geschehen ist — zur Grundlage dienen werden, mithin für den Kreis Herzogthum Lauenburg unbe— denklich schon jetzt getroffen werden können, * denselben der Gefahr eines doppelten Ueberganges in der Organisation der Kreisvertretung und der Kreiskommunalverwaltung auszusetzen. Insbesondere wird
2 88 s und 80 der Kreie 13. Dzbr. 1872 auch die in den 88. S6 und 89 der Kreisordnung vom 19. März 188 vorgesehene Abgrenzung des Wablverbandes der größeren ländlichen Grundbesitzer und des Umfanges der Vertretung desselben, als den Vexhältnissen des Kreiseg Herzogthum Lauenburg wohl entsprechend, unbedenklich definitiv in Geltung gesetzt werden können.
Zu dem hiernach aufgestellten Gesetzentwurfe ist im Einzelnen noch Folgendes zu bemerken:
1) Der Artikel III. enthält en,, . X sttretnm der 5 ⸗ 3. Dezem 1872 R Vorschriften der Kreisordnung vom 19. — * zu knüpfen den Maßgaben, welche zunächst und bis auf. Weiteres dadurch ge= hoten werden, daß das Gesetz über die —Organisalion der allgemeinen Landes verwaltung und das Verwaltungsgerichtsgesetz im Kreife Herzog thum Lauenburg nicht in Geltung treten.
2) Der Art. V. ist aus dem in der Session 1880/81 dem Land⸗ tage der Monarchie vorgelegten Entwurfe einer Kreisordnung für die Provinz Schleswig ⸗Holstein entnommen und findet seine Begründung in folgenden Bemerkungen: ;
Die Abschnitte III. und IV. des lauenburgischen Gesetzes vom 7. Dezember 1872 enthalten Bestimmungen über die Einrichtung der ständischen Landes verwaltung und die staatliche Oberaufsicht. Diese Be⸗ lan, . und die sich daran schließenden Vorschriften des Statuts
350. Juni Ü 2. J. vom jg August 1873 stehen, soweit sie (8. 16) den ständischen Ober⸗
beamten, dem Landschaftskollegium und dem Erblandmarschall gegen= über eine selbständige Stellung in der Vermögen verwaltung. anweisen, mit den, aus §§8. 139, 135 und 137 der Kreisordnung
ij. ber 1875 gustandiakel j Deember 18! sich ergebenden Zuständigkeiten des Kreig⸗
vom 19. Mar 188 ae,.
aueschusses und des Landraths in Widerspruch und werden im Uebrigen durch die betreffenden jur Einführung gelangenden Bestim⸗ mungen jener Kreisordnung ersetzt. Eine ausdrückliche Aufhebung des vorhin gedachten Statutes konnte unterbleiben, da dasselbe durch die Aufhebung der Behörde und der Verwaltungseinrichtung, auf welche es sich bezieht, seine Wirksamkeit obne Weiteres verliert.
Es erscheint jedoch geboten, für die zur Zeit im Dienste des Landeskommunalverbandes stehenden Beamten, ö auch für diejenigen, deren Amt durch die Aenderung der Ver and verwaltung in Wegfall kommt, von den zur Aufhebung gelangenden gefetzlichen Bestimmungen diejenigen aufrecht zu erhalten, welche im 8. 29 Äb— satz 2 des eier, vom 7. Dezember 1872 bezüglich der Pensionirung,
Wittwen⸗ ꝛc. troffen sind.
Auch wird, der Aufhebung der Abschnitte III. und L. jenes Ge⸗ setzes gegenüber, eine Ausnahme binsichtlich der für den Direktor der lauenburgischen Gelehrtenschule (6. 19), für die höheren Beamten der Verwaltung (G. 18 Absatz lj und für den Forstbetriebsplan (8. 25 Absatz 3) vorbehaltenen Bestätigungsreckte zu machen sein. Die Aufrechthaltung dieser Rechte entspricht, was die höheren Beamten und den Forstbetriebs⸗ plan betrifft, der Bedeutung der Verwaltung, insbesondere auch der Forstöerwaltung, und der Wichtigkeit der daran sich knüpfenden öffent⸗ lichen Interessen. Der Vorbehalt landesherrlicher Bestätigung für den Direktor der Gelehrteaschule ist ein Korrelat zu dem, im 5. 9 Satz 1 des Gesetzes vom 7. Dezember 18727 zugestandenen Wegfalle des landesherrlichen Kompatronats über jene Schule.
Der Umfang und die Mannigfaltigkeit der Vermögens verwaltung erheischen zugleich eine anderweitige umfassende neue Regelung der⸗ selben. Solche wird durch ein vom Kreistage e 1 nach 15 . 2 §. 176 zu 1 der Freigordnung vom s . der landes⸗ herrlichen Genehmigung bedürfendes Statut zu geschehen haben. Außerdem bedarf es in Folge der Aufhebung der Bestimmungen im F; 20. Absatz 2 des Gesetzes vom 17. Dezember 18723 für die bei der Vermögensverwaltung künftig anzustellenden Kreisbeamten eines Regle⸗ ments über ihre dienstlichen Verhältnisse.
Für Reglements über besondere Einrichtungen des Kreises ist nach den allgemeinen Bestimmungen die Bestätigung der Aufsichts⸗ behörde nicht erforderlich. Es erscheint aber geboten, für den Kreis Herzogthum Lauenburg sowohl das Reglement über die dienstlichen Verhältnisse der Beamten als sonstige, in Beziehung auf einzelne Verwaltungszweige und Einrichtungen zu erlassende Reglements an die Genehmigung der zuständigen Minister zu knüpfen, da das dem Kreise zustehende Vermögen des bisherigen , Landes⸗ kommunalverbandes, nach §. 11 des Gesetzes vom 7. Dezember 1872, in gleicher Weise wie das Vermögen der Provinzialverbände zur Er— richtung von Anstalten bestimmt ist, hinsichtlich welcher auch den Provinzialverbänden gegenüber für den Erlaß von Reglements auf die staatliche Genehmigung nicht hat verzichtet werden können.
Zur Verwaltung der auf Grund des lauenburgischen Gesetzes vom 8. Dezember 1866 aufgenommenen Domanialanleihe von 1700009 Thlrn. war nach 5§. 5 a. a. O. eine landesherrlich zu ernennende Kommission berufen. ( .
Nachdem die Verpflichtung zur Verzinsung und Tilgung dieser Anleihe durch 5. 4 des Rezeffes vom 19. 21. Juni 1871 und §. 6 des lauenburgischen Gesetzes vom 7. Dezember 1572 auf den Landes⸗ kommunalverband übergegangen war, wurde durch §. 1 des lauen⸗ burgischen Gesetze vom 24, Dezember 1875 dem Verbande auch die Verwaltung der Anleihe übertragen und dabei (8. 1 Absatz 2) Folgendes bestimmt:
„Die Mitglieder der zur Führung dieser Verwaltung in Ge⸗ mäßheit des Gesetzes vom 8. Dezember 1866 beru enen Kom⸗ mission werden fönfůi von der Ritter⸗ und Landschaft ge⸗ wählt, jedoch bleibt die Bestätigung derselben Unserer (des Landesherrn) Allerhöchsteigenen Entschließung vorbehalten.
Hiernach wird es sich empfehlen, die landesherrliche Bestätigung der vom Kreistage zu wählenden Mitglieder der Verwaltungskommission auch für die Zukunft vorzubehalten.
Versorgung und Gewährung von Wartegeldern ge⸗
Statistische Nachrichten.
Den im Druck erschienenen „Aktenstücken des 15. hannoverischen Provinziallandtags“ entnehmen wir über den Finanz-Etat der hannoverischen Provinzialstände pro 182 folgende Angaben: Die Einnahmen pro 1882 sind veranschlagt auf: 5 G33 827 c gegen 14922628 im Jahre 1881 und rot. 5 494 406 ½ wirkliche Einnahme des Jahres 1889, die Ausgaben auf 5 O07 807 gegen 4 924 778 bejw. 5 130 734 . Es ergiebt sich also im Etat für 1882 ein Ueberschuß von 5020 16 gegen 26569 bezw. rot. 363 671 6 Von den einzelnen Positionen des Etats führen wir in Nachfolgendem folgende an, indem wir die korrespondirenden Positionen des Etats pro 1851, sofern sie ab⸗ weichen, gegenüberstellen. In dem feststehenden Ordinarium, welches wie im Vorjahre mit 4 151 559 „½ abschließt, finden sich folgende Positionen: in Gemäßheit des Gesetzes vom 7. März 1868, betr. die Ueberweisung einer Summe von jährlich 500 605 M an den pro— vinzialständischen Verband der Provinz Hannover 1 5006090 S; in Gemäßheit des Gesetzes vom 8. Juli 1875, betr. die Ausführung der F8. 5 und 6 des Gesetzes vom 306. April 1373 wegen der Dotation der Provinzial⸗ und Kreisverbände, aus der Königlichen Verordnung vom 12. September 1877 a. zur Gewährung von Zuschüssen für Armen⸗ und Wohlthätigkeitsanstalten 1170 „S6, b. zur Durchführung der Kreisordnung und der zu erlassenden ähnlichen Gesetze 284 076 4, e. zu sonstigen Zwecken 2 346313 M An Zinsen stehen in der Ein⸗ nahme 35 000 M gegen 188139 M½ i. J. 1881. Das Landarmen⸗ und Korrigendenwesen hat eine Einnahme von 528 328 M gegen 461 780 4 und zwar aus den in Gemäßheit des §. 29 des Gesetzes, betr. die Ausführung des Bundesgesetzes über den Unter“ stützungswohnsitz vom S8. März 1871, von den Amts ver⸗ bänden und selbständigen Städten jur Deckung der Kosten des Landarmen⸗ und Korrigendenwesens eingehenden Beiträgen 527 328 gegen 469 780 6 Die Aufkünfte von den Chausseen beziffern sich auf 125 00 6 — Von der Ausgabe theilen wir folgende Positionen mit: Kosten des Provinzial-Landtags 24 100 S6, Kosten des stän⸗ dischen Verwaltungsausschusses 7967 , Kosten des Tandes⸗Direk⸗ toriums 74 840 6½ gegen 71 420 im Jahre 1881, Kosten der ein⸗ jelnen Landschaften (Aversum zur Bestreitung der Besoldungen, Ver⸗ sammlungs⸗, Bureau und Bauunterhaltungskosten) 76 7560. , Unter haltung und Ergänzung der ständischen Bibliothek 2600 , für Kunst und Wissenschaft 219 337 ½ gegen 215917 , und zwar: 1) dem Provinzial ⸗Museum zu Hannover 15900 ½, 2) der naturforschenden Gesellschaft zu Emden so0 6, 3) der Gesellscaft für Kunst und vaterländische Alterthümer zu Emden 500 , 4) dem Verein für Kunde der Natur und der Kunst zu Hildesheim 1600 6, 5) dem Museumèverein ju Lüneburg 30 6, 6) dem naturwissenschaftlichen Verein für das Fürstenthum Lüneburg zu Lüneburg 30 „, 7) dem historischen Ver⸗ ein zu Osnabrück 600 M, 8) dem Verein für Geschichte und Astei= thümer der Herzogthümer Bremen und Verden und des Landes Dadeln zu Stade 600 , 9) dem Museum fur Kunst und Wissen⸗ schaft zu Hannover 7809 6, 10) dem Architekten. und JIngenieur— verein zu Dannover 1200 , 11) zur Herausgabe des Sudendorfschen Urlundenwerks 630 e, 123) dem joologischen Garten zu Hannover V0 M, 13) dem Museumeverein zu Osnabrück 600 M. Die drei Irrenanstalten zu Hildesheim, Göttingen und Osnabrück nehmen 119514 M in Anspruch gegen 116 986 1. J. 1881, die Taubstummen⸗ anstalten zu Hildesheim, Stade, Osnabrück und Emden 194 517
egen 191 689 , die Hebammenlehranstalten zu Hannover, Celle und
Cle bl 38 784 M gegen 40 281 ., die , Lebr⸗ anstalten 45 660 40 gegen 48 619 , die Blindenanstalt zu Hanne⸗ der 18 Q 0 0, die Miotenanstalt zu Langenhagen 16009 . die Rettungsanstalten 7309 M gegen 9300 M Für das südische Schul · und Synagogenwesen sind ausgeworfen 16 500 M; zu Beihülfen an milde Stiftungen und Vereine, gemeinnützige und wohltbätige An= stalten sowie an Hülfsbedürftige 38 668 * gegen 338 638 ; für die Zwanggerziehung verwahrloster Rinder 70000 A6 gegen 41 0909. Für Chausseen, Landstraßen und Gemeindewege sind in Ansatz ge⸗ bracht 224 252 6 gegen 3228 859 46 und jwar: A. an Verwal- tungekosten 224 909 6 gegen 228 259 ,. B. für die Unterhaltung der Chausseen 1248 362 6 gegen 1952 50 Æ, C. für den Land⸗ straßenbau 901 0 M, D. Beihülfe für Gemeindewege 180099 4 Behuf Bildung eines Fonds für Zuschüsse zu Landesmeliorationen sinden sich in der Ausgabe: 40 80 6 gegen 403090 Der Pensiensfonds ist dotitt mit 52 4090 4 gegen 48 759 A. der Reservefonds für berorstebende Bauten mit 115 299 M 9
egen 107 000 4 Bebufs Ansammlung des Fondg zur Durchführung der