1882 / 98 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 26 Apr 1882 18:00:01 GMT) scan diff

w b

/

Verwaltung führen könne. Würde sein Antrag jetzt abgelehnt, so würde die Zeit bald kommen, wo die nationalliberals Partei bedauern werde, nicht schon früher energischer aufge⸗ treten zu sein.

des Abg. Büchtemann abgelehnt.

Ebenso wurden die §§. 27 und 23 ohne des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend den Erwerb des

zweiten Lesung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Einsetzung von Bezirks⸗-Eisenbahnräthen und eines Landes⸗Eisenbabnrathes für die Staatseisenbahn⸗ verwaltung. Von den Abgg. Büchtemann und Richter war beantragt worden, folgenden 5. 206 e , , Vom 1. Januar 1883 ab wird eine Eisenbahnkommission

beider Häuser des Landtages 1 *. um denselben die fort⸗

laufende Kenntniß auf dem Gebiet des Tarifwesens der Staatz eisenbahnen zu ermöglichen. Die Kommission besteht aus je drei Mitgliedern der beiden Däuser des Landtages, welche von denselben mit absoluter Stimmen mehrheit auf drei Jahre gewählt werden. ; Wenn vor Ablauf dieser Zeit ein Mitglied der Kommission aufhört, Mitglied des Hauses zu sein, so scheidet dasselbe aus der Kommission aus. Die nach Ablauf der dreijährigen Amtsdauer k Mitglieder fungiren bis zum Eintrit! ihrer Nach⸗ olger. Die Kommission wählt aus ihrer Mitte einen Vorsitzenden und einen Stellvertreter desselben. Die Beschlüsse der Kommifsion werden nach Mehrheit der Stimmen gefaßt. Zu einem Beschluß ist die Anwesenheit von wenigstens fünf Mitgliedern erforderlich. Die Kommission wird nach Maßgabe des Beschlusses derselben

vom Vorsitzenden berufen. Die Berufung muß auf den Antrag von drei Mitgliedern erfolgen. ]

Die Eisenbahnkommission erhält von der Centralverwaltung der preußischen Staatsbahnen fortlaufend Kenntniß von den . welche dieselbe auf dem Gebiete der Eisenbahntarife ri

Sie ist berechtigt, durch eines oder mehrere Mitglieder sich an e,, , ngen des Landes⸗Eisenbahnrathes behufs Kenntnißnahme U betheiligen. . Sie ö. berechtigt, von der Centralverwaltung der Eisenbahnen Auskunft über die Vorgänge auf, dem Gebiete des Eisenbahntarif⸗ wesens zu fordern und derselben ihre Bemerkungen mitzutheilen.

Bei dem jährlich regelmäßigen Zusammenkritt des Landtages erstattet die Kommission beiden Häusern des Landtages Bericht über ihre Thätigkeit. .

Namens der Kommission beantragte der Abg. Graf von

Schwerin⸗Putzar: . Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen: Den Antrag der Abgg. Richter und Büchtemann, auf Ein⸗ schaltung eines §. 20. abzulehnen.

Der Abg. Büchtemann führte aus, daß sein Antrag lediglich bezwecke, dem Landtage auf dem Gebiet der Staatseisenbahn⸗Verwaltung ein Kontrolrecht in wirk⸗ samer Weise zu sichern, wofür die Institution des Landes⸗ Eisenbahnrathes nicht genügende Gewähr biete. Von konser— vativer Seite habe man innerhalb der Kommission die Befürch⸗ tung ausgesprochen, daß die Annahme des Antrags dem Landtag einen direkten Eingriff in die Verwaltung einräumen werde. Eine solche Tendenz liege aber seinem Antrage fern; die Eisenbahnkommission solle nur dazu dienen, den Landtag permanent über das Tarifwesen der Staatseisen⸗ bahnen unterrichtet zu halten. Die Nationalliberalen hätten geäußert, daß dieser Antrag über das mit der Regierung ver⸗ einbarte Kompromiß hinausgehe und auch nur dazu dienen könne, die Institution des Landes-Eisenbahnrathes zu Falle zu bringen, da sich der Vertreter der Regierung entschieden gegen den Antrag erklärt habe. Er glaube aber, daß sich der Widerstand der Regierung leicht brechen lassen werde, wenn man von der Annahme dieses Antrags die Zustimmung zur Verstaatlichung der Anhalter Bahn abhängig machen werde. Alle Einwendungen, die man erhoben, erwiesen sich demnach als hinfällig, und er bitte darum, seinen Antrag an— zunehmen. Der Abg. von Quast sprach sich gegen

en Antrag, aus, weil derselbe eine unberechtigte Inter— essenpolitik in das Haus hineintragen würde und sodann den Rechten der Krone Abbruch thue, weil naturgemäß jede Erweiterung der Kompetenzen der Landesvertretung zu 1 Beeinträchtigung der Königlichen Machtbefugnisse führen müsse.

Der Abg. Dr. Hammacher rechtfertigte eingehend gegen— über den Auslassungen des Abg. Büchtemann die Stel— lung, die die nationalliherale Partei in dieser Frage eingenommen habe. Des Weiteren hob er hervor, daß alle 2 ormationen, welche die vom Abg. Büchtemann vorgeschlagene

isenbahnkommission dem Landtag verschaffen solle, durch den Landes⸗-Eisenbahnrath beschafft werden könnten. Diese Eisen⸗ bahnkommission erscheine ihm wie ein homöopathisches Pulwver. Sollte sie aber eine Wirkung haben, so würde diese darin be⸗ stehen, daß sie aktuell und vituell die Thätigkeit des Landes Eisenbahnrathes annullire.

Der Abg. von Eynern erklärte, daß die nationalliberale Partei dem Antrag gegenüber eine einmüthige Stellung ein⸗ nehme und denselben ablehne, weil die Regierung die Annahme desselben als unmöglich bezeichnet habe.

Der Abg. Richter wies auf den Widerspruch hin, der darin bestehe, daß dieser Antrag einmal als ein homöoyathisches Pulver, ein ander Mal als ein Eingriff in die Rechte der Krone bezeichnet werde. Der eine sage, durch den Antrag solle ein nichtiges, der andere ein politisch bedenkliches Einspruchsrecht gegen Maßnahmen auf dem Gebiet der Verwaltung konstituirt wer— den. Die Fortschrittspartei beabsichtige aber gar nicht, ein solches Einspruchsrecht zu schaffen. Wie sie früher gegen eine Be⸗ theiligung parlamentarischer Mitglieder an dem Landes⸗-Eisen⸗ bahnrath gekämpft, so stehe sie auch noch jetzt allem gegenüber, was zu einem Eingriff des ane en n fn Körpers in die

Die Diskussion wurde hierauf geschlossen, und der Antrag

Das Haus berieth sodann den §. 21. Derselbe lautet: Die Verhandlungen des Landeseisenbahnrathes werden von dem Minister der öffentlichen Arbeiten unter Beifügung einer übersicht: lichen Darstellung des Ergebnisses und der darauf .

Entscheidungen ebenso wie die Normaltransportgebühren für Per⸗ sonen und Güter dem Laudtage regelmäßig mitgetheilt.

Die Kommission beantragte: ö Nach dem Antrage der Abgg. Dr. Hammacher (Essen) und

Lauenstein, a. Alinea 1 die Worte der Bezirkseisenbahnräther zu streichen; b. Alinea 2 Zeile 1 zwischen den Worten „dieselben“ und Behufs Theilnahmer einzuschalten die Worte „sowie auch die Mitglieder der Bezirkseisenbahnräthe“; 2) in der Ueberschrift die Worte des Landeseisenbahnrathes, der Vezirksgeisenbahnräthe und der Sachverständigen“ zu streichen. Durch die Beschlüsse ad II. den Antrag des Abg. v. Quast (ad 1 auf Einschaltung eines neuen 5. Ja. und ad 2 auf Aenderung des 5. 21) für erledigt zu erklären. Das Haus trat dem Antrag ohne n Debatte bei.

iskussion erledigt.

Berlin⸗Anhaltischen Eisenbahnunternehmens für den Staat.

In Bezug auf die seitens eines Ortsarmenverbandes beanspruchte Erstattung von Verpflegungsgeldern für einen Staatspensionär ist vom Reichsgericht, IV. Civilsenat, durch Urtheil vom 9. März d. J. eine Entschei⸗ dung gefällt worden, welcher folgender Fall zu Grunde lag: In der Irrenanstalt zu Owinsk wurde der wahnsinnig ewordene Gerichtskanzlist M. aus Posen aufgenommen. e nahm bei der Aufnahme an, daß M. mittellos sei, und der Ortsarmenverband zu Posen verpflichtete sich, für den M. jährlich 300 M. Verpflegungsgelder an die Kasse der Irren⸗ anstalt zu zahlen. Später erfuhr der Magistrat zu Posen, daß M. ne Staatspension von jährlich 1209 M. bezog, und der Armenverband forderte deshalb von dem Vormund des M. die Erstattung der jährlich mit 300 S zu zahlenden Verpflegungsgelder aut der Pension des . Da der Vormund zu zahlen sich weigerte, so klagte der Ortsarmenverband seinen Anspruch ein. Der Armenverband wurde jedoch in beiden Instanzen mit seiner Klage abgewiesen, und die von ihm eingelegte Revision wurde vom Reichsgericht zurückgewiesen, indem es begründend ausführte: Pensionen werden jedem unmittel⸗ baren Staatsbeamten, der sein Diensteinkommen aus der Staatskasse bezieht, bei seinem Ausscheiden aus dem Staats— dienste unter den Vorbedingungen des §. 1 des Gesetzes vom 27. März 1872 gewährt. Von einem Eintreten des Klägers (Armenverhands) in die Pensionsrechte des Verklagten kraft esetzlicher Cession kann daher nicht die Rede sein. In dieser eziehung kommt noch besonders in Betracht, daß näch 5. 26 des Pensionsgesetzes vom 27. März 1872 das Recht auf den Bezug der Pension weder abgetreten noch verpfändet werden kann. Ferner bestimmt 5. 749 Abs. 1 Nr. 8 und Abs. 2 C. Proz. Ordn., daß Pensionen bis zum Betrage von 1500 Mark überhaupt nicht und bezüglich des Mehrbetrages nur zum dritten Theile einer Pfändung unterworfen sind. Un⸗ abhängig von dem speziell aus der Pension geltend gemachten Ersatzansprüche des klagenden Armenverbands ist zwar ein Erstattungsanspruch auf Grund der nützlichen Verwendung im Prinzip gerechtfertigt. Da der Kläger nicht etwa aus Libera— lität, sondern gezwungen durch das Gesetz die Verpflegung des Verklagten in der Irrenanstalt übernommen hat, fo würde der letztere, in dessen Nutzen unbedenklich die Verpflegungs⸗ gelder verwendet werden, an sich zur Erstattung verpflichtet sein. Da aber nach eigener Behauptung des Klägers die Pension das einzige Vermögensobjekt des Verklagten bildet, dieselbe nur 1209 S6 beträgt, also dem Verklagten nicht ent⸗ zogen werden kann, so erscheint die Versionsklage so lange unstatthaft, als nicht feststeht, daß der Verklagte zum Besitze eines anderweiten Vermögens gelangt ist.“

Der Kaiserliche Botschafter am Königlich großbritanni—⸗ schen Hofe, Graf zu Münster, ist nach London zurückgekehrt und hat die gef aft der dortigen Botschaft wieder über⸗ nommen.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Großherzoglich ,, Staats⸗-⸗Minister Turban ist von Berlin wieder ab gereist.

S. M. S. „Moltke“, 16 Geschütze, Kommdt. Kapt. z. S. Pirnet, C am 14. März er. gon Valparaiso nach Eo— quimbo in See gangen. ͤ

S. M. S. „Stosch“, 16 Geschütze, Kommdt. Korv. Kapt. Glomsda, von Buchholtz, hat am 8. März Manila

verlassen und ist am 14. dess. Mts. in Hongkong einge⸗ troffen.

Bayern. München, 25. April. (W. T. B.) Die Kammer der Reichsräthe hat den Etat der Militär— verwaltung pro 1882.83 einstimmig unverändert genehmigt und sich auch der ablehnenden Rückäußerung der Abgeord— netenkammer bezüglich des Kredits für den Bau von Kafernen angeschlossen.

Die Kammer der Abgeordneten hat heute das Nachtragspostulat von 229 909 46 zu Bauten behufs Erhöhung der Sicherheit der beiden Hoftheater gegen Feuersgefahr ab— gelehnt, obgleich der Regierungskommissar nachgewiesen hatte, daß die Baupflicht des Staates zweifellos sei und die Theater bei Ablehnung der Forderung entweder geschlossen oder die⸗ jenigen Anordnungen, welche die Feuerpolizei auch von jedem Privatunternehmer verlange, trotzdem getroffen werden müßten. Der Präsident theilte mit, daß die Session der Kammer am nächsten Sonnabend werde geschlossen werden.

Baden. Karlsruhe, 26. April. (W. T. B.) Gutem Vernehmen nach sind die Verhandlungen der Regierung mit dem päpstlichen Stuhle über die Besetzung des Erzbis⸗ thums Freiburg zum Abschluß gebracht worden.

Elsaß⸗Lothringen. Straßburg, 24. April. Der gestern bereits im Auszuge mitgetheilte Erlaß des Statt halters an den Staaissekretär in Betreff des Ober⸗Schul⸗

raths hat nach der „Els. Lothr. Itg.“ folgenden Wortlaut:

; Straßburg, den 11. April 1882. Mit Ew. Ercellenz habe ich schon viel über wünschengwerthe Reformen auf dem Gebiete der Unterrichte verwaltung gesprochen. Wenn ich das Behandelte zusammenfasse, so scheinen folgende Punkte besonderer Beachtung werth:

I. Aenderung der Qrganisation. Einen Hauptmangel der jetzigen Drganssation erkenne ich darin, daß die Bearbeitung auch der wichtigeren Unterrichtsangelegenbeiten einzelnen Technikern überlassen ist, ein Verhältniß, welches kaum in einem anderen deutschen Lande besteht und das um so leichter geändert werden kann, als es hier an Kräften, die zur Mitarbeit geeignet er⸗ scheinen, nicht fehlt. Eg wird sich empfehlen, bei Sr. Majestät dem Kaiser auf Erlaß einer Allerhöchsten Verordnung anzutragen, durch welche diesem Mangel abgeholfen wird. Ich denke mir die Grundzüge der neuen Organisation so, daß zur obersten Beaufsichtigung und Leitung des gesammten höheren und niederen Unterrichts weseng, soweit dieselbe dem Ministerium zusteht, jedoch mit Ausschluß der UÜniversität und der landwirthschaftlichen und gewerblichen Fachlehranstalten, eine in Verbindung mit dem Ministerlum stehende technische Centralbehörde gebildet wird. Dieselbe würde den Namen Ober⸗Schulrath führen und unter dem Vorsitze Ew. Exzellenz, bezw. unter dem stellverkretenden Vorsitze eines Ministerial Raths mit dem Titel Direfter, aus der ersorder— lichen Anzahl sachverständiger Mitglieder zu besiteben haben, welche theils als ordentliche, ihelis als außerordentliche zu berufen wären. Dieselben können außer den Begzirkepräsidien auch der 2 Straßburg sowie dem höheren Lehramte und sonstigen sachverstän- digen Kreisen entnommen werden.

In diesem Ober⸗Schulrath wären alle organisatorischen Maß ·

Bei Schluß des Blattes begann die zweite Berathung

n. alle wichtigeren Ge ier der laufenden Verwaltung lollektiv ju bearbeiten und die Hy chäfts führung durch eine besondere

Sowohl die Gesammtheit der Mitglieder wie jedes einzelne Mitalied des Obher-Schulraths wird befugt fein, Anträge zu stellen und wird deshalb den Mitgliedern Gelegenbeit zu geben sein, sich über den Zustand der Schulen an Ort und Stelle zu unterrichten

II. Revisien der Regulative nebst den dieselben ergänzenden ; 5 Verfügungen.

Bei der Neueinrichtung des Schulwesens in den ersten Jahren nach dem Kriege war es naturgemäß geboten, auf die damaligen Ver⸗ hältnisse besondere Rücksicht zu nehmen. Die in jener Zeit entstan—⸗ denen Regulative und Ausfůührungsbestimmungen tragen die Spur i Rücksichtnahme. Injwischen haben die Verhältnisse sich wel- ach, geändert und manche, durch frühere Spezialfälle veranlaßte Vor— schriften entsprechen heute ihrem Zweck nicht mehr.

Schon diese Gründe fordern eine Revision der für das höhere Schulwesen geltenden Reglements. Außerdem ist insbesondere in dem Regulatiy vom 10. Juli 1873 und den dasselbe ergänzenden allge⸗ meinen Verfügungen meines Erachtens die * nicht genügend zur Geltung gelangt, wie viel Anstrengung des eistes der Jugend zuge—⸗ muthet. werden kann, ohne daß der Körper darunter leidet.

Die körperliche Gesundheit und geistige Frische der die Schulen besuchenden Jugend darf nicht gefährdet werden. Wenn es sich darum handelt, welches Maß der Ausdauer und Arbeit von den Schülern auf den verschiedenen Klassenstufen gefordert und namentlich wie hoch die Zahl der Unterrichts— und häuslichen Arbeitsstunden angesetzt werden soll, so ist vorweg die normale Leistungsfähigkeit der ent⸗ sprechenden Altersstufen festzustellen und erst dann zu berückfichtigen, welche Kenntnisse und Fertigkeiten wünschenswerth sind. Die Frage, welche Bedingungen innezuhalten sind, damit die Pflege der körper lichen Entwickelung der Schüler in den höheren Unterrichtsanstalten nicht gehemmt werde, ist eine wesentlich medizinische.

Ich halte es deshalb für nöthig, zunächst von einer Kommission von medizinischen Sachverständigen ein motivirtes Gutachten darüber einzuziehen, in wie weit die gegenwärtige Einrichtung des höheren Schulwesens in Clsaß Lothringen den Grundsätzen entspricht, welche die medizinische Wissenschaft im Intereffe der physischen und psychi⸗ schen Entwickelung unserer Jugend aufzustellen hat, und welche Mi⸗

Förderung der Wehrbarkeit und der geistigen Frische der Nation von der ärztlichen Wissenschaft erhoben werden.

Wegen Zusammensetzung der Kommission sehe ich den gefälligen Vorschlägen Ew. Excellenz entgegen und knüpfe daran die Bitte, daß bei der großen Wichtigkeit der Fragestellung, und da ohne Zweifel Ihre Wahl auf medizinische Capacitäten fallen wird, Ew. Excellenz den Vorsitz dieser Kommission selbst übernehmen wollen.

Es wird sich empfehlen, der Kommission eine fummarische Ueber⸗ sicht der gegenwärtigen Bestimmungen Über Aufnahme, Schülerzahl,

ahl der, Lehr⸗ und häuslichen Arbeitsstunden, Erholungspaufen, Ferien, mitzutheilen, wie ich sie in der Anlage habe zufammenftellen assen. Zuziehung von Schultechnikern als Aus kunftspersonen ist dem Vorsitzenden überlassen.

2). Auf Grund des Gutachtens dieser Medizinalkommission wird demnächst durch den Ober⸗Schulrath vom schultechnischen Stand punkte aus zu prüfen sein, wie die für Unterrichts- und häusliche Arbeitsstunden zugestandene Zeit am zweckmäßigsten ausgenutzt werden kann und wird er hiernach den Entwurf zu neuen Regulativen c. auszuarbeiten haben.

. Dabei werden noch folgende Gesichtspunkte besonders zu berück⸗ sichtigen sein:

a. Auch zur Bethätigung und Uebung körperlicher Kraft und Ge— wandtheit muß die Schule selbst Gelegenheik und Anleitung oder wenigstens die erforderliche freie Zeit gewähren, damit das junge Geschlecht im Gleichmaß körperlicher und geistiger Ausbildung heranwachse.

b, Die Schulen sollen nicht nur Unterrichtsanstalten, sondern auch, Erziehungsanstalten sein. Demzufolge sollen fie sich derjenigen Schüler, die wenig begabt sind und sich langfam entwickeln oder deren Fleiß und Betragen zu wünschen übrig läßt, mit besonderer Liebe und Treue annehmen und nur in den äußersten Fällen dazu übergehen, Schüler von der Anstalt auszuschließen, zumal hierdurch meist in den ganzen Entwicklungsgang der davon Betroffenen einge⸗ griffen wird.

e. Damit die Schulen ihrer Bestimmung als Erziehungsanstalten gerecht werden können, dürfen ihre einzelnen Klassen nicht zu stark anwachsen und nicht zu viele Lehrer, namentlich in den unteren und mittleren Klassen, sich als Fachlehrer in den Unterricht theilen. Das Vielerlei des Lernens darf nicht das Entfcheidende sein. Das, was gelehrt wird, gründlich lernen lassen, das Denkvermögen der Schüler entwickeln und sie gewöhnen, den Gedanken auf den vorliegenden Gegenstand wirklich zu konzentriren, muß das Hauptziel der Schul— thätigkeit sein. Durch Verfolgung diefes Zieles arbeitet die Schule gleichzeitig ihren Erziehungsaufgaben wirksam vor.

d. Bei der Einrichtung des Lehrplang ist zwar auf die beson⸗ deren Verhältzisse Elsaß Lothringens sorgsam Rücksiccht zu nehmen. Allein einerseits bringt das staatsrechtliche Verhältniß des Landes es mit sich, daß auch auf dem Unterrichtsgebiete die Ordnungen des Reiches maßgebend sind, andererseits fordert gerade das Interesse der Bevölkerung, daß die elsaß lothringischen Schulen in ihren Rechten hinter denen der deutschen Bundesstaaten nicht zurückstehen.

e. Ein besonderes Augenmerk wird der Ober-Schulrath darauf zu richten haben, ob und wie weit gegenüber dem bisherigen Zwie⸗ spalt zwischen humanistischen und realistischen Anstalten das Prinzip der Einheitsschule durchgeführt werden kann.

3) Der vom Ober-⸗Schulrath aufgestellte Entwurf der revidirten Regulative 2c. wird alsdann einer ad hoc zu berufenden Kommission vorzulegen sein, die aus hervorragenden Männern des Landes zu be— stehen hat, und wegen deren Zusammensetzung ich demnächst Ew. Excellenz Vorschlägen entgegensehe.

Im Allgemeinen nehme ich an, daß in dieser Kommission sich befinden werden:

die Bischöfe von Straßburg und Metz oder deren Vertreter, ein Geistlicher einer der beiden protestantischen Konfessionen, ein Mitglied eines der drei israelitischen Konsistorien,

ö ner Professoren der Kaiser⸗Wilhelms⸗Universität Straß⸗

burg,

e, eine entsprechende Anzahl weder im unmittelbaren Landes— dienste noch im öffentlichen Lehramte stebender Landesan ehöriger, wo⸗ bei die von dem vormaligen Ober⸗Präsidenten in bie projektirte Landesschulkommission berufenen Herren vorzugsweise zu berũcksichtigen sein werden.

Den Sitzungen dieser Kommission werden die Mitglieder des Aber. Schulraths behufs Ertheilung von Auskunft beiwohnen. Die Kommission wird namentlich vom allgemein ethischen und praktischen Standpunkte aus sich darüber auszusprechen haben, ob wesentliche Aenderungen oder Ergänzungen an dem Entwurf der Regulative ꝛc. wünschenswerth erscheinen.

E. Manteuffel,

General ⸗Feldmarschall.

Sr. Excellenz dem Kaiserlichen Staattzsekretär Herrn Staats- Minister Hofmann bier.

Desterreich⸗ Ungarn. Wien, 25. April. (WB. T. B) Die ö sterreichische Belegation beschloß auf un eschmälerter Bewilligung des von der Regierung w, . Kredit⸗ betrages 7 bestehen.

Da ein Einvernehmen der beiden Delegationen bezüglich der Höhe des Pazifikationkredits nicht zu er⸗ zielen ist, so wird morgen die gemeinsame Abstimmung über den verlangten Kredit staltfinden. Die Finanzsektion des Gemeinderathes hat sich für die Betheiligunz der Kommune

Instruktion zu regeln.

Wien an der Hygiene-Ausstellung in Berlin aus gesprochen.

nimalforderungen auf dem genannten? Gebiete zur Erhaltung und

Der „Polit. Corresp.“ wird bezüglich der Freilassung des Correspondenten Evans gemeldet, die Staats anwaltschaft in Ragusa habe das Ersuchen, denselben sirafgerichtlich zu verfolgen, zurückgezogen, worauf Evans sofort am 23. d. aus der Haft entlassen worden sei. Dadurch berichtige sich auch die Nachricht verschiedener Blätter, daß Evans auf Weifung des Justiz⸗-Ministeriums freigelassen sei. Das Ministerium habe keinen derartigen Auftrag ertheilt, es vielmehr den ge⸗ setzlich berufenen Organen überlassen, ihr Amt nach dem Ge— setz und dem Ergebniß der Untersuchung selbständig aus⸗

zuüben. . ;

26. April. (W. T. B) Bei Jelovido (südwestlich Crkvice) wurde am 23. d. eine Abtheilung, welche zum Wasser⸗ holen kommandirt war, von In surgenten, die über Pazum gekommen waren, aus Hinterhalten beschossen. Hierbei wurden vier Mann schwer verwundet. Die Bedeckungs⸗ mannschaften vertrieben, unterstützt durch herbeigeeilte Abtheilungen der Feldwachen, nach kurzem Gefechte die etwa 30 Mann starke Insurgentenabtheilung. Am 15. und 22. d. wurde das Terrain zwischen Trebinje, Leubinje, Nevesinje und Gaczko von 26 neben einander vor- rückenden Compagnien durchstreift, wobei kleinere Insurgenten⸗ banden bis zu 50 Mann stark bei Koseindol, Krslac und auf der Baba Planina zersprengt wurden. Die Insurgenten ver⸗— loren mehrere Todte und Verwundete, sowie Lebensmittel und Munition; 7 Insurgenten wurden gefangen. Die Truppen hatten keine Verluste.

In heutiger gemeinsamer Sitzung beider Dele— gationen wurde der geringere Pazifikationskredit nach dem Beschlusse der ungarischen Delegation mit 59 gegen 45 Stim— men genehmigt.

Belgien. Brüssel, 23. April. Die letzte Volks— zählung vom 31. Dezember 1880 hat für Bel— gien eine Gesammtbevölkerung von 5521 028 Einwohnern (1876 von 5 336 186) ergeben. Da auf je 40 000 Seelen ein Volksvertreter zu wählen ist, würde die Deputirten— kamm er fortan 139 Mitglieder zählen müssen. Nach Art. 54 der Verfassung soll aber der Senat genau halb sosviel Mit— glieder haben als jenes Haus. Deshalb hat die Regierungs— vorlage die Zahlen auf 138 und 69 angesetzt und Fich sonst genau nach den Vorschriften des Gesetzes vom 20. April 1878 gerichtet, das sein Dasein dem Ministerium Malou verdankt.

Großbritannien und Irland. London, 24. April. (Allg. Corr.) In dem am Sonnabend abgehaltenen Ministerrath bildete der Vorschlag des früheren Marine— Ministers Smith zur Erweiterung der Landerwerbungsklaufel der Landakte einen der Hauptgegenstände der Berathung. Das Ministerium hat beschlossen, bereitwilligst die Unter⸗ stützung der Opposition zu dem Zweck der Am führung der praktischen Gesetzgebung in dieser Richtung anzunehmen. Auf konservativer Seite wird alle Anstrengung gemacht, die

ganze Partei zur Unterstützung des Vorschlags zu vereinigen.

Der Oberhaus-Ausschuß zur Prüfung der Wirksamkeit der irischen Landakte hat den Entwurf des vorläufigen Berichtes über die stattgehabten Erhebungen zu Ende gebracht. Derselbe beschästigte sich ausschließlich mit den Landerwerbungsklauseln und bildet eine wesentliche Grund— lage für die Stellung, welche der frühere Minister Smith mit seinem Vorschlage auf Ausdehnung derselben ein— genommen hat. Der Bericht wird den Mitgliedern beider . des Parlaments vor der Debatte über die Smithsche Resolution im Unterhause vorgelegt werden.

Von einem Theile der Mitglieder der Oppositionspartei werden Anstrengungen gemacht, die Regierung zu bewegen, die Weiterverhandlung des ersten Paragraphen der Vorlage zur Beförderung der Geschäftsverhandlungen bis nach der Abstimmung über den zweiten Paragraphen zu verschieben. Dieser zweite Paragraph bestimmt, daß während der Interpellationsverhandlungen kein Ver— tagungsantrag statthaft sein soll, ausgenommen mit der ausdrücklichen Zustimmung des Hauses. Der gestrige „Observer“ versichert dagegen, daß die Regierung standhaft auf dem Entschlusse besteht, den ersten Paragraphen der neuen Geschäftsordnungsvorlage, den Debattenschluß durch einfache Majorität betreffend, zuerst zur Erledigung zu bringen und keiner der nachfolgenden Bestimmungen den Vorrang der Ab⸗ stimmung über den ersten Paragraphen die Eloture— klausel einzuräumen, noch irgend eines der vielen zu demselben angemeldeten Amendements anzunehmen.

265. April. (W. T. B.) In der heutigen Unter hau sk sitzung erwiderte der Unter⸗-Staatssekretär Dil ke auf eine Anfrage Mac Coans: die Regierung habe keine Nachricht über die Lage Midhat Pascha's in Taif und dessen Familie in Smyrna erhalten; der Botschasfter Lord Dusserin sei indessen telegraphisch angewiesen worden, über den Thatbestand Erkun— digungen einzuziehen. Anläßlich der Debatte über den Budgetbericht und die Resolutionen zum Budget er⸗ llärte der Schatzsekretär Caven dish auf eine Anfrage Wolffs: die Regierung habe es für unnöihig gehalten, sich wegen der gestern im Budgetbericht erwähnten, von den Einkünften Ey⸗ perns zurückbehaltenen 0 060 Pfd. Sterl. mit der Pforte ins Einvernehmen zu setzen, da dieselben zur Deckung der seiner Zeit für die Pforte bezahlten Zinsen der von England und Frankreich garantirten türkischen Anleihe verwendet wür— den. Der Bericht und die Resolutionen wurden angenommen. Das Haus setzte sodann die zweite Lesung der Bill, be⸗ treffend die Wahlbestechung fort.

Frankreich. Paris, 23. April. (Cöln, Zt.) Das „Journal officiel“ veröffentlicht heute die Dekrete über Tunesien, denen folgender Bericht voransteht:

Die zu verschiedenen Zeiten mit dem Bey von Tunis abge—⸗ schlossenen Abkommen, namentlich der Vertrag vom 12. Mai 1851. führten zu dem Ergebniß, daß der französischen Regierung eine mehr oder minder ausgedehnte Leitung über gewisse Verwaltungszweige der Regentschaft übertragen ist. So sind seit dem Vertrag vom 12. Mai die auswärtigen Angelegenbeiten der direkten Ueberwachung det Minister⸗Residenten unterworfen und kein internationaler Alt kann ohne unsere Zustimmung unterzeichnet werden. Desgleichen hat Frank⸗ reich kraft der Abkommen vom 4 April 1868, 5. Juli 1865 und 23. März 1879 eine hervorragende Stellung in dem Finanzausschuß, welcher in Wirklichkeit die Haupteinkünste der Regentschaft ver⸗ waltet. Bei mehreren Gelegenheiten wurden die öffentlichen Bauten von ung geleitet; die Eisenbahn von Tunig nach Algier wird B. von französischen Agenten überwacht und ein Defizlt in der

innahme wird durch un sere Garantie gedeckt. Ich übergehe mit Stillschweigen andere Thatsachen der nämlichen Ari. Dieses Ein⸗ treten unsererseits wird augenscheinlich in der uuf durch die natür⸗ liche Wirkung unseres Protektorats noch zunehmen. Wir bereiten augenblicklich die Drganisation eines Corpg eingeborener Truppen vor. Wir prüfen gleichfalls die Errichtung eines französischen Gerichts ˖ hof und die Gründung einer höhern Anstalt für den Elementar⸗

unterricht. Schon läßt sich der Zeitzunkt voraussehen, wo die Regentschaft auf ihrem Gebiet eine mehr oder weniger genaue Ver⸗ tretung unserer verschiedenen Verwaltungeszweige darbieten wird. Bis jetzt gebörte die Sorge für diese Organisation allein dem Minister des Aeußern an. Derselbe würde aber schwerlich im Stande sein, allen neuen Forderungen der durch den Vertrag vom 12. Mai geschaffenen Lage zu genügen. In der That ist das Ministerium des Aeußern nicht dazu eingerichtet, so verschiedenartigen Bedürfnissen zu ent⸗ sprechen. Es kann nicht allein so verwickelten Ansprüchen genügen, welche aus Verwaltungen entstehen, die in Frankreich von mehreren ministeriellen Departements abhängen. Der Augenblick scheint uns gekommen, eine mit der Natur der Dinge mehr im Einklang stehende Organisation anzunehmen. Die beschränkten oder nicht be⸗ schränkten Verwaltungszweige, welche nach dem Beispiel der fran— zösischen in Tunesien funktioniren und von uns abhängig sind, müssen direkt mit den entsprechenden ministeriellen Departements verbunden werden. Die Thätigkeit des Justiz⸗Ministers muß sich beim französischen Tribunal, die des Unterrrichts⸗Ministers bei unseren Unterrichtsanstalten, die des Ministers der öffentlichen Bauten bei den Hafen- und Eisenbahnarbeiten u. s. w. zur Geltung bringen. Der Minister des Aeußern wird sich alsdann auf seine natürliche Rolle beschränken, d. h, auf die diplomatische Thätigkeit und die Fragen internationalen Interesses. Da indeß alle Verwaltungsange⸗ legenheiten, welcher Art sie auch sein mögen, in fremdem Lande auf politische Schwierigkeiten stoßen können, so wird es gut sein, daß die von den zuständigen Ministern gefaßten Beschlüsse und gegebenen Weisungen von diesem besondern Standpunkt aus vom Minister des Aeußern geprüft werden. Ich schlage also vor, daß alle zwischen den verschiedenen ministeriellen Depgrtements und unserem Minister⸗ Residenten in Tunis gewechselten Mittheilungen dem Minister des Aeußern zu Gesicht kommen, der sie nur zurückhalten wird, wenn sie Fragen diplomatischer Ordnung aufwerfen. Der Minister⸗ Resident wird so mit einem doppelten Charakter bekleidet sein. Er wird zugleich der diplomatische Vertreter der Republik und der direkte Agent, der verschiedenen ministeriellen Departements fein. Ich glaube, daß diese mit der genügenden Biegsamkeit für alle Fälle der Zukunft versehene Organisation dem Wunsche der öffentlichen Meinung ent— spricht, die in Tunesien wie in Frankreich inständig die Verbesserung des gegenwärtigen Zustandes und den Beginn der Reformen verlangt, welche die Folge des Vertrages vom 12. Mai sein müssen. Wenn Sie auf diese Ansichten eingehen, so bitte ich Sie, die nachstehenden Dekrete zu unterzeichnen. Ich bitte ꝛc. Der Conseils⸗Präsident, Minister des Aeußern G. de Freyeinet.

Es folgen nun zwei Dekrete. Das erste bestimmt: 1) Die verschiedenen in Tunesien unter der Leitung der fran⸗ zösischen Regierung funktionirenden Verwaltungszweige und Anstalten werden in den Grenzen, in welchen diese Leitung ausgeübt wird, unter das entsprechende Ministerium der fran⸗ zösischen Republik gestellt. 2) Der Minister⸗-Resident in Tunis wird der direkte Vertreter aller dieser Verwaltungszweige sein und mit den französischen Ministern, von denen er Wei⸗ sungen erhält, korrespondiren. 3) Die zwischen dem Mi⸗ nister⸗Residenten und den Mitgliedern der sranzösischen Regie— rung gewechselten Mittheilungen gehen durch die Hände des Ministers des Aeußern, damit er sie vom diploma— tischen Standpunkt aus prüfe. 4) Die Organisationspläne und Kredite, welche diese verschiedenen Verwaltungszweige verursachen können, werden dem Gutachten des Ministers des Aeußern unterbreitet, der sie mit dem zuständigen Minister unterzeichnen wird. Das zweite Dekret betrifft die Grün— dung eines besonderen Bureaus für die tunesischen Angelegenheiten im Ministerium des Aeußern. Dasselbe wird vom diplomatischen und internationalen Standpunkt aus mit der Prüfung der auf die politische, administrative und finanzielle Organisation der Regentschast Bezug habenden Pläne, Anträge, Reklamationen und Gesuche, sowie mit der allgemeinen Correspondenz betreffs Tunesiens betraut. Das neue Bureau besteht aus einem Redacteur, welcher das Amt eines Bureauchefs versieht, und zwei Attachés.

24. April. Bei den gestrigen engeren Gemeinde⸗ rathswahlen war die Theilnahme fast ebenso gering wie am Sonntag zuvor, und in einigen Orten, wie z. B. in Vannes, hatten die Klerikalen wieder ganz unverhoffte Siege.

Aus Tunis wird u.. d. 24. April gemeldet Der Minister⸗Resident Cambon ist heute von hier abgereist, um die Küsten und den Süden Tunesiens zu hesuchen. Eine starke Abtheilung bildete das Geleit bis Zaghuan und Ham⸗ manet, wohin er sich zu Wagen begiebt. Im letzteren Orte erwartet ihn das Panzerschiff „Reine Blanche“, welches ihn nach den verschiedenen Häfen bringen wir,. Seine Reise dauert ungefähr 14 Tage. .

(Fr. Corr.) Dem „Temps“ wird aus Tunis unter dem 21. April telegraphirt:

Heute früh um 10 Uhr ist Tgieb⸗Bey, der zweite Bruder Mahommed-el⸗Saddocks, auf freien Fuß gesetzt worden. Der neue französische Gesandte hatte sich seit seiner Ankunft in Tunis mit dieser Angelegenheit beschäftigt; aber der Souverän sträubte sich und zeigte große Abneigung. Er fürchtete, daß sein Bruder unter dem Einfluß gewisser Persoönlichkeiten die alten Umtriebe wieder aufnähme, oder daß er nach Frankreich und selbst nach Paris ginge, um gegen ihn oder seine Familie zu intriguiren. Es gelang unserem Minister, alle diese Besorgnisse, zu zerstreuen, und gestern entschloß sich der Bev, in die Freilassung seines Bruders zu willigen. Taieb-⸗Bey schrieb einen Brief, in welchem er die in der Familie bestehenden Verhältnisse und Erbfolge⸗ ordnung ausdrücklich anerkennt und verspricht, nach keiner Veränderung der letzteren zu streben. Er verpflichtet sich, den Befehlen seines Bruders zu gehorchen, nicht zu intriquiren und die Regentschaft nicht zu verlassen. Er erklärt sich bereit, jeden Diener und jede Persönlich⸗ keit, welche dem Bey oder dem französischen Gesandten verdächtig scheinen könnte, aus seiner Umgebung zu entfernen. Heute früh be⸗ suchte Taieb seinen fürstlichen Bruder in Kasar⸗Sald, die Beiden umarmten sich, und die Versöhnung war eine vollstãndige. Im Publikum macht die Sache einen guten Eindruck. Noch im Laufe des Tages stattete Taieb⸗Bey dem französischen Gesandten, Cambon, einen Dankbesuch ab.

Türkei. Konstantinopel, 25. April. (W. T. B) Die Pforte erklärt das Gerücht, betreffend die demnächstige Absendung eines türkischen Spezialkommissars nach Egypten, formell für unrichtig

Rumänien, Bukarest, 26. April. (W. T. B.) Die rumänische Regierung hat beschlossen, nach dem 1. Mai d. J., an welchem der sür die Konvertirung der Aktien der rumänischen Eisenbahnen festgesetzte Termin abläuft, die Auflösung und Liquidation rer Gesellschaft zu bewirken, deren Aktien fast sämmtlich im 9 der Regierung sind. Die nach der Liquidation denjenigen ltionären, welche die Konvertirung nicht vor dem 1. Mai bewirkt haben, zu zahlende Entschädigungesumme wird bestimmt niedriger sein, als die sür die Konvertirung kene gt. Ein Gesetzentwurf in diesem Sinne soll den Kammern sosort vorgelegt werden.

Dänemark. Kopenhagen, 25. April. (W. T. B.) Das vandsthing nahm mit 37 gegen 21 Stimmen eine der Regierung günstige Tagesordnung bezüglich der Be⸗— festigungs vo rlgge an. Das Cenirum und die Linke hatten dagegen gestimmt.

Zeitungsstimmen.

In dem zweiten der Wiener Briefe des Deutschen Ta ge bla tts“ über das deutsche Tabackmonopol lefen wir:

Seit dem Anschwellen der sozialdemokratischen Bewegung ist man in Deutschland zu der Erkenntniß gekommen, daß den sog. ar⸗ beitenden Klassen aufgeholfen werden muͤsse. Arbeiterfreundliche Ver⸗ eine traten ins Leben, großherzige Industrielle brachten ansehnliche Opfer für die Wohlfahrt ihres Perfonals, der Staat verschärfte die Fabrikgesetzgebung und schützte die Schwachen gegen gewissenlose Ausbeutung, in der Gesellschaft endlich vollzog sich ein Umschwun der Gesinnungen zu Gunsten einer schöpferischen Sozialpolitik. Das deutsche Volk wird abweichend. von den Erfah— rungen in England und Frankreich auf eigenem Wege zu einer friedlichen Entwickelung der Arbeiterfrage gelangen, wozu es bereits einen viel verheißenden Anlauf genommen, indem es das Problem von einem neuen ethischen Gesichtspunkte aus, unter Heranziehung der Staatzidee, ins Auge gefaßt hat. Iun, das Tabackmonopol ist eine bemerkenswerthe Episode in diesen Bestrebungen; es fördert sie nur an, einem Punkte, innerhalb der Tabackindustrie, aber in diesem Punkte zur völligen Verwirklichung. Nach der Ein führung des Tabackmonopols wird es für die Angehörigen dieser Industrie keine Arbeiterfrage mehr geben und einer bisher von diesen Kreisen wirkungs⸗ und aufopferungsvoll entstammenden Pro⸗ paganda das Lebensbslut mit einem Male unterbunden sein. Und warum? Nicht weil die Arbeiter wie man sagt, Beamte und Stants⸗ diener werden und sich dem Drucke ihrer Vorgefetzten unterwerfen müssen, sondern weil mit einem Schlage ihre bisher in wirthschaft⸗ licher, sozialer und sittlicher Hinsicht unsichere, ungenügende, niedergehende, bedenkliche, oft bemitleidenswerthe Lage zu einer nach diesen Richtungen hin leidlich befriedigenden um— geschaffen wird. Freilich, die Arbeitersfchaar der Taback⸗ industrie wird vermindert, ihre Leistungsfähigkeit aber er— halten bleiben, weil ihre Qualität verbessert, ihre Arbeit zweckent⸗ sprechend organisirt werden wird. Tabakstaub und Tabakdunfst, meist auch eine überwarme Temperatur finden sich in allen Arbeitsräumen der Tabakindustrie; sie sollen an und für sich nicht unmittelbar ge⸗ sundheitsschädlich sein, aber nur dann, wenn die Arbeiter ein solides regelmäßiges Leben ohne ausschweifende Excesse führen. Blicken Sie nun einmal um sich unter die Cigarrenarbeiter Ihrer Gegend. Fast überall in Deutschland stehen sie inmitten der fabrikarbeitenden Be— völkerung an solidem Lebenswandel, daher auch an physischem Wohl- sein hintenan, während der Gesundheitszustand der Arbeiter in den k Desterreichs und Frankreichs durchweg ein ausgezeich⸗ neter ist.

Es folgen als Illustration zu dem Gesagten einige Aus⸗ züge . den Berichten der Fabrikinspektoren. Dann heißt es weiter:

So stellt sich die freie deutsche Tabackindustrie in ihrem Schaffen dar welch ein trübes Bild! Und nun wird es begreiflich, daß dieser Industrie die deutsche Sozialdemokratie ihre eifrigften Anhänger verdankte. Wie anders schaut es in den Staatsbetrieben Frank— reichs und Oesterreichs aus! Nicht nur für Licht, Tuff und Reinlichkeit ist da ausreichend gesorgt, sondern auch Für di- Sicherung der ganzen wirthschaftlichen, sozialen und sitt— lichen Existenz der Arbeiter. Da wird nicht in wüstem Durcheinander, sondern in centralisirter Organisation das Höchste geleistet und der rücksichtslose Konkurrenzkampf der Arbeit ums Dasein hat seine Härten verloren. In Desterreich, wo der Arbeiter gesetzlich noch keinen besonderen Schutz genießt, wo in Folge dessen vielfach die traurigsten Zustände herrschen, gewährt die Tabackregie ihren Arbeitern Alterspensionen und Krankenversorgungen; sie subventionirt Krippen, Kleinkinderbewahranstalten, Konsumpereine 2c. zu Gunsten ihrer Arbeiter, unterhält Fabrikschulen c. 2ꝛc. In gleicher Weise hat die französische Monopolverwaltung für ihr Personal gesorgt. Die jugend⸗ lichen Arbeiter werden in eigenen Fortbildungsschulen weiter heran= gebildet, die Mädchen in Handarbeiten c. Auch in Frankreich ist kein Arbeiter vom anderen abhängig, jeder empfängt unmittelbar von der Verwaltung seinen Lohn. Wie in Oesterreich, so werden auch in Frankreich vorzugsweise Arbeiterinnen beschäftigt, namentlich bei der ig arrenfabritatlon, wo sie durch Tüchtigkeit zu Vorarbeiterinnen sich aufschwingen können

Lassen Sie mich zuletzt noch des Tabackbauers gedenken, welcher meiner Ansicht nach unter dem Monopol weit besser daran ist, weil er der Gefahr, mit Lug und Trug übertölpelt zu werden, ein für alle Male enthoben ist. ; ö

Wenn man die südwestdeutschen Tabackbauer frägt, weshalb sie trotz der beschränkenden, beaufsichtigenden und sonstwie belästigenden Maßregeln, wie sie das Tabackmonopol unvermeidlich mit sich führen muß, sich mehr und mehr zu Gunsten desselben umgestimmt fühlen, seit es der Verwirklichung nahe gerückt zu sein scheint, so wiederhole ich, was ein unbefangenes Blatt, der „Pfälzische Kurier“, in einer Polemik einem Interessentenorgan der Mannheimer Tabackhändler zurief, daß die Kniffe und Schikanen der Tabackhändler, ihrer Agen⸗ ten und Makler dem Tabackbauer noch viel mehr zuwider sind als das ganze Tabacksieuergesetz mit sammt seinen Scherereien, und daß, gerade um diese Leute los zu werden, der Tabackbauer sich nach dem Monopole sehnt.“ ....

Die „Nordd. Allg. Ztg.“ hat von der schwäbischen Grenze, 20. April, eine Zuschrist erhalten, in welcher die in einem badenschen landwirthschaftlichen Organe aufgestellte Be⸗ hauptung, daß „der badensche Tabackbau durch die neuerdings gemachten ernstlichen Veranstaltungen für Einführung des Reichs⸗Tabackmonopols in seinem bisherigen Vestande und in seiner ferneren Entwickelung bedroht scheine“ bekämpft wird.

Es sei uns gestattet', heißt es in der citirten Zuschrift, „in Bezug auf das Reichstabackmonopol vom landwirthschaftlichen Stand⸗ punkte aus anderer und entgegengesetzter Meinung zu sein und dies kurz damit zu begründen und zu beweisen, daß es für jeden Land⸗ wirth ein Hauptvortheil ist, seine Erzeugnisse schnell, sicher und vor— theilhaft zu veräußern, und daß dies dem Tabackbauer nur beim Monopol erreichbar sei, wo er jedes Jahr seine ganze Tabackernte sicher um guten und festen Preis sofort versilbern kann, ohne den 11 noch mit einem Unter- oder Zwischenhändler theilen zu müssen.

a es im Interesse der Monopolverwaltung liegt, gute preiswürdige Waare zu erhalten, so wird sie auch nicht unterlassen, den Taback⸗ bauern die nöthige Belehrung im rationellen Betriebe des Tabackbaues zu geben und für unentgeltliche Abgabe von Sämereien der besten Tabacksorten jzu sorgen. Es wird also durch das Monopol die fernere Entwickelung des Tabackbaues nicht bedroht, sondern gefördert und gehoben. Diese und noch andere Gründe lassen sich zu Gunsten des Reichs⸗Tabackmonopols aufführen, gegen welches zu polemisiren der prattische Bauer keinen Grund hat. Im Uebrigen ist der Tabac einmal der beste und steuerfähiaste Lurug⸗ konsumartikel und das Monopol die geeignetste Besteuerungsweise desselben, um mit möglichster Schonung und Entlastung der mittleren und armen Klassen dem. Reiche die absolut nothwendigen Mittel zu beschaffen. Wir sind mit der deutschkonservativen Partei in Stuttgart der Ansicht, daß das Monopol der erböhten Tabacksteuer vorzuziehen ist, da durch diese nur ein Monopol für das Großkapital, berbeigefübrt würde Zu unserem großen Kanzler haben wir das volle Vertrauen, daß er für Entschädigung Aller, die durch Einführung des Monopole in Schaden und Rar bei kommen sollten, also nicht nur einzelner hersonen, sondern auch ganzer Gemeinden, Bezirke und Lander nach . und Billigkeit Sorge tragen werde, Vor Allem aber dürften die Arbeiter sich beruhigen, da eg ja bekannt ist, daß der Lenker unseres Reichs vorzugswelse bestrebt ist, die Lage der arbeitenden Klasse möglichst zu verbessern“.