1882 / 104 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 04 May 1882 18:00:01 GMT) scan diff

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8 sind beim Monopol auseinander zu halten: die Tabackhauer, die 2 die r eren, die Händler, die Raucher. Leicht lãßt sich nachweisen, daß für alle diese Treise ein Nachtheil eintritt; aber derselbe wird meist übertrieben. Merkwürdig ist, daß die Anregung zur jetzigen Tabackfrage von den elsassischen Tabackbauern ausge gangen ist, die doch ven jeber das Monopol gehabt und nun durch die reie Konkurrenz Schaden erlitten. Die Kontrole über die Taback= bauer ist heim Monopol nicht schärfer als bis jetzt, die gefährlichen Schwankungen der Preise werden durch das Monopol beschränkt; der Saup gewinn bleibt beim Monopol nicht mehr dem Zwischenhändler, sondern dem Anbauer; das Monopol soll vorzugsweise deutsche Tabacke führen, also mehr Vortheile als Nachtheile für den Tabackbauer. Was die Tabackarbeiter betrifft, so sind die Wahlreden gewisser Leute voll der schlimmften Unrichtigkeiten. Statt daß, wie man sich nach Frankreichs Verhältnifsen ausgerechnet hat, von 109 00 Arbeitern nur 20 000 bleiben würden, würden umgekehrt allerhöchstens 20000 entlassen werden. Das braucht, nicht so. schlimm zu werden, wenn man den Uebergang richtig erleichtert Ferner meint man, die Regierung würde möglichst an Arbeitern sparen und Maschinen einführen Würden das die Privatfabrikanten, wenn es solche Maschinen giebt, nicht thun? Die Regierung würde doch nicht so thöricht sein, durch eine solche Maßregel sich höchst unpopulär zu machen. Dann ist aber die äußere Lage des Arbeiters, die Monopol⸗ Fahrikrãume viel besser und gesunder als die engen, elenden. Privat⸗ Institute. .. . Jedenfalls wird, wie die meisten Staatsinstitute be—= weisen, im Allgemeinen für die äußere Lage der Arbeiter viel besser gesorgt als in Privatfabriken. Die Händler aber können theils andere Handelsobjekte fuchen, theils können sie auch in den Dienst der Mo⸗ nopolverwaltung eintreten und würden vielleicht hier und da eine kleine Einbuße, dafür aber durch Tie feste eine gesicherte Stellung, ähnlich wie die Beamten haben, könnten aber auch noch andere Artikel daneben halten. Wenn man in Fortschrittskreisen meint, es würden vor allen Dingen Militäranwärter herangezogen werden, so haben wir weder so viele, noch hätten sie alle die technische Fähigkeit. Schließlich der Raucher. Was sind da wieder während der Wahlcampagne für Unwahrheiten geschrieben und gesagt! Man sehe doch in dieser Frage nicht immer auf Frankreich, fondern auf das uns viel ähnlichere Oesterreich. G. sollte der billigste Rauchtaback kosten, während nach dem neuesten Gesetztarif fast der theuerste nicht theurer wird, als 3 Aber wie schlecht wird der Taback sein! Freilich findet der Deutsche an den Monopol Cigarren Oesterreichs und Frankreichs meist etwas, zu mäkeln, und doch, weiß ich, daß viele Oesterreicher und Italiener lieber ihre Monopol⸗ Cigarren rauchen, als die deutschen. Ferner wird aber durch das Monopol garautirt, daß man in dem größten und kleinsten Orte immer dieselbe Qua— lität zu demselben Preise bekommt, und zwar immer reinlich fabri⸗ zirt. Schließlich zahlt nicht mehr die schlechteste und die beste Cigarre dieselbe Steuer, sondern es wird abgestuft und die ärmeren Klassen fahren dabei viel besser als bisher. Trotzdem freilich ist der Ueber— gang ungemein einschneidend und er wird nur dadurch gemildert, daß man sich sagt: es handelt sich um Erhöhung der Einnahmen zum Wohle des Reiches, zur Durchführung der großen sozialen Reformen, und ich bin überzeugt, daß, hätten wir das Monopol wie andere Länder schon seit Jahrzehnten, auch wir würden es als eine Wohl— that empfunden haben.

selben das recht wieder gut zu machen. des deutschen Volkes, dafür zu sorgen, daß das wiedererstandene und mehr denn je im Auslande hoch gerühmte, aber auch gefürchtete Deutsche Reich nicht länger bei den einzelnen Staaten um die von denselben ungerne bezahlten Matrikularbeiträge betteln muß, sondern daß umgekehrt die Reichsverwaltung seine Ueberschüsse an die Einzel⸗ staaten abführt. Eine Tarifreform in dem Sinne einer Erhöhung der Zölle und indirekten Steuern wäre nur eine halbe Maßregel, da sie einerseits die nöthigen Mittel zur Bestreitung der Reichsbedurfnisse doch nicht aufbringen, anderseits aber für gewisse durch sie betroffene Industriezweige, welche die Steuer nicht mehr voll auf den Konsu— menten zu überwälzen vermöchten oder welche ihr Geschäft redu⸗ ziren müßten, sehr empfindlich werden könnten. Die Einführung des Tabackmonopls ist die einzige und rationelle Lösung des schwie⸗ rigen Steuerproblems für das Deutsche Reich. Es ist von allen Seiten und allen Parteien anerkannt, daß der Taback kein Nahrungs⸗ mittel, sondern nur ein Genußmittel und deshalb in allererster Reihe ein vorzügliches Steuerobjekt ist, das eine Verbreitung hat, fast gef und intensiver, als das zum Leben nöthige „tägliche Brod“. s folgt aber daraus auch, daß der Taback diejenige Steuersumme voll und ganz aufbringen muß, den er bei einer vernünftigen Staatswirthschaftspolitik aufbringen kann. Das Monopol allein ist aber im Stande, dies fertig zu bringen; dasselbe vereinigt alle Vorzüge direkter und indirekter Besteuerung in sich, ohne deren Nachtheile zu haben. Jeder Entgang der Tabacksteuer ist aber geradezu eine Schä— digung der nationalen Steuerkraft, weil das Fehlende durch andere „weniger geeignete! Steuern qufgebracht werden muß. Alle Rücksich⸗ ten der Privatproduktion müssen in den d, ,. treten, und sie können dies um so mehr, da ja eine namhafte sehr hohe Ent schädigung der Fabrikanten und Händler in Aussicht genommen wird. Tabackbauern und Arbeiter sollten aber wie Ein Mann für das Mono⸗ pol eintreten, denn für sie ist bei der Monopolverwaltung besser und andauernder gesorgt, als ät. Berücksichtigt man die Tausende und Abertausende von Ceninern Rüben⸗, Kraut⸗ und Kartoffel⸗ blätter z., welche als Taback und Cigarren verarbeitet‘ werden, so wird der Tabackbau durch das Monopol nicht nur nicht leiden, son—⸗ dern er wird noch an Umfang zunehmen. Wäre von den Anhängern des Monopols nur eine Spur von Agitation unter der Bevölkerung wahrnehmbar, es hätten dann nicht die Gegner sich so breit machen und behaupten können, bei uns in Baden wolle man das Monopol nicht'. Bei richtiger Belehrung dürften im eren Großherzogthum trotz des Votums der Zweiten Kammer die Anhänger des Monopols nicht wenige sein! Schattenseiten, welche beim Tabackmonopol für Händler, Zwischenhändler c. vorhanden sind, müssen zurüctreten, wenn es sich um das Wohl des ganzen Reiches, wenn es sich um Einführung einer Steuerquelle handelt, gegen welche wegen ihrer a , alle anderen verschwinden müssen. Die drückende Sorge für Beischaffung der dem Staate zu seiner Existenz absolut nöthigen Mittel wird nicht eher von uns weichen, als bis der Taback zu der vollen ungeschmälerten Steuer herangezogen ist, die er ertragen kann, und das ist nur auf dem Wege des Monopols möglich und denkbar. .. Fürst Bismarck it auch jetzt wieder der klare, seines Ziels bewußte Kopf, der weiß, daß ohne Tabackmonopol eine bleibende, dauernde Besserung unserer Staats⸗ finanzen nicht zu erwarten ist, und wie seiner Zeit nach der Schlacht ven Königgrätz seine politischen Gegner vor der Größe seines Genies sich gebeugt und seine Anhänger geworden sind, l werden auch, das hoffen wir zurersichtlich, seine jetzigen wirt schaftlichen Gegner in nicht zu ferner Zeit mit uns Anhängern des Monopols um die Ehre ringen, dem Fürsten⸗Reichskanzler für die Einführung des Tabackmonopols und damit eintretender gem ier Eröffnung einer neuen segengreichen, fruchtbringenden Aera Rubmeg⸗ und Dankeskränze um seine Stirne zu winden. Fürst Bismark. der durch die Begründung des Deutschen Reiches sich un verwelklichen, unauslöschlichen Dank um das deutsche Volk er⸗ worben und verdient bat, wird auch noch, so Gott will, die Früchte

für sein muthvolles, entschlossenes Vorgehen auf wirthschaftlichem Gebiete ernten.

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Statistische Nachrichten. .

Dem Verwaltungeberichte des Kreisausschusses des Kreises Heiligenbeil für das Etatsjahr 1881ñ382 entnehmen wir, daß der Kreistag in der Zeit vom 1. April 1881 bis dahin 1882 vier Sitzun. en gehalten und in denselben über 30 Gegenstände Beschluß 8 at. Die Zahl der Sitzungen des Kreisausschusses in dem Geschäfts- jahre vom J. Dejember 1830 bis dahin 1881 betrug 9, die Zahl der JFournalnummern 2946. Die Zahl der bei dem Kreisausschusse in seiner Eigenschaft als Kreisverwaltungsgericht eingegangenen Streit⸗ fachen war 40. Davon sind 33 erledigt, und zwar: durch Vorbescheid 5, durch Rücknahme der Klage, Vergleich, Anerkenntniß 10, durch Entscheidung auf kontradiktorische Verhandlung oder bei dem Ausbleiben einer Partei 23. Die Zahl, der dem Kreis-Ausschusse in seiner Eigenschaft als Kreisverwaltungsbehörde obgelegenen Geschäfte (eingegangenen Sachen) bezifferte sich auf 317, wovon 308 erledigt sisd. Bemerkt wird. daß von den Streit sachen nur 4 in die zweite Instanz gingen, so daß die Thätigkeit derselben für den Kreis in minimalen Grenzen sich bewegte, Die . keiten, welche dem Bau der Eisenbahn von Allenstein nach Kobbel⸗ bude mit Abzweigung. von Mehlsack nach Braunsberg durch die Ver⸗ weigerung der unentgeltlichen Landhergabe Seitens des Kreises Heils⸗ berg noch bis in die neueste Zeit entgegenstanden, sind nun endlich als ge⸗ hoben zu betrachten, indem die Stadt Guttstadt sich bereit erklärt hat, mit 2 der ihr von verschiedenen Korporationen und Privaten gewährten Beihülfen im Gesammtbetrage von 189 909 den zum Bahnbau erforderlichen Grund und Boden der Königlichen Direktion der Ostbahn bereit zu stellen. Die landespolizeiliche Prü⸗ fung des ganzen Projekts ist erfolgt und steht, wie der Bericht be⸗ merkt, der Beginn des Baues sonach mit Sicherheit im Laufe dieses Frühjahrs zu erwarten. Der Bau des Hafens bei Rosenberg ferner, welcher im vorigen Jahre in Angriff genommen wurde, hatte mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen. Es bleiben noch für eirea drei Wochen Baggerungsarbeiten rückständig, welche in diesem Frühjahre zur usführung kemmen sollen. Schon der vorige Sommer, insbesondere aber auch die letzten Winter⸗ monate haben gezeigt, wie segensreich der Hafen für den allgemeinen Verkehr und namentlich auch für die Fischerbevölkerung wirkt. Wäh⸗ rend in früheren Jahren mit Eintritt des Frostes die Fischerkähne auf Land gezogen werden mußten und dis zur völligen Haltbarkeit des Eises der Fischereibetrieb völlig eingestellt werden mußte, finden die ersteren jetzt im Hafen eine völlig geschützte Lage und waren die Besitzer . hen im Stande, das weiter vom Ufer ab schwache Eis leicht zu durchbrechen und dem Fischereigewerbe fast ununterhrochen nachzugehen. Auch der allgemeine Verkehr, zu Wasser nach Pillau, Königsberg zc. ist in erheblicher Weise erleichtert. Von der im Bau begriffenen Chaussee von Lauterbach, nach Wolittnick ist die Strecke von Lauterbach bis Bladiau im vergangenen Jahre vollständig fertig gestellt. Die Schwierigkeit der Be⸗ schaffung des erforderlichen Steinmaterials auf der Reststrecke von Bladiau nach Wolittnick hat die Vollendung der letzteren verzögert; dieselbe soll im Laufe dieses Sommers erfolgen. Von mehreren Seiten sind ferner Anträge auf Erbauung neuer Chausseen gestellt, denen gegenüber der Kreisausschuß, insbesondere mit Rücksicht darauf, daß der Provinzialausschuß dem Provinzial-Landtage die Aufnahme einer größeren Anleihe zur Weiterfüͤhrung der Chausseebauten in der Pro— vinz vorschlägt und es durchaus angezeigt erscheine, daß der Kreis

Heiligenbeil, welcher zur Verzinsung und Tilgung jener Anleihe heran⸗

gezogen werde, von den durch dieselbe bereit gestellten Mitteln seinen Antheil in Anspruch nehme, eine wohlwollende Haltung einnehmen zu müssen geglaubt habe und eine bezügliche Vorlage demnächst dem Kreistage machen werde. Zunächst ist der Bau einer Chaussee von Zinten über Schwengels, und Maggen bis zur Kreisgrenze in der Richtung auf Augam, im Anschluß an die von dem Pr. Eylauer Kreise projektirte Chaussee von Landsberg nach jenem Punkte bean⸗ tragt worden. Diese Chaussee hat den Zweck, die Verbindung von Zinten nach den Städten Landsberg und Pr, Eylau herzustellen resp. zu erleichtern und außerdem den im südöstlichen Theile des Kreises be⸗ legenen Ortschaften einen bequemen Zufuhrweg zum Bahnhofe Zinten zu verschaffen. Die Interessenten haben sich mit der Uebernahme der Baukosten einverstanden erklärt, während die Unterhaltungs⸗ kosten, mit Rücksicht auf die Bedeutung dieser Chaussee, welche über die lokalen Verkehrsinteressen weit hinaus⸗ gehe, auf die Gesammtheit des Kreises übergehen solle. Die Landwirthschaftsschule wird gegenwärtig von 84 Schülern besucht; der Bau des neuen Schulhauses ist soweit vorgeschritten, daß dasselbe in diesem Herbste bezogen werden kann. Mit der Ein⸗ richtung des Versuchsfeldes wird im laufenden endl; vorgegangen werden. Bei der Sparkassenverwaltung bezifferte sich der Betrag der Einlagen am Schlusse des Jahres 1880 rot. 198 952 S6. Der Zuwachs„ während des Jahres 1881 betrug: a durch neue Einlagen 52 726 S6, b. durch Zuschreibung von Zinsen 7921 „, an Einlagen wurden im Jahre 1881 zurückgenommen 44511 S6, so daß der Be⸗ trag der Einlagen am Schlusse des Jahres 1881 sich auf 215 089 4

belief. Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Die in Leipzig am 6. Mai erscheinende Nr. 2027 der „Illustrirten Zeitung“ enthält folgende Abbildungen: Galerie schöner Frauenköpfe: 1X. Studienkopf von Paul Thumann. Nach einer Photographie aus dem Verlag von Gustav Schauer in Berlin. Porträts aus dem deutschen Reichstag: 14. Rudolf Gneist. Das durch den brasilianischen Pöbel niedergebrannte Ausstellungs—⸗ gebäude in Porto Alegre (Brasilien) Ein Leipziger Meßbild: An der Ecke der Grimmaischen Straße und des Augustusplatzes. Original⸗ zeichnung von F. Waibler. Der einarmige Klavier rirtuos Géza Graf Zichv. Der neue Krystallpalast in Leipzig. 2 Abbildungen: LI Ansicht der Gartenseite. Nach einer Zeichnung des Architekten C. Planer. 2) Der große Saal. Nach einer Skizze des Architekten C. Planer gezeichnet von G. Broling. Prof. Dr. Friedrich Zöllner, KH am 25. April. Elbansicht von Bad Schandau in der Sächsischen Schweiz. Driginalzeichnung von B. Straßberger. Daß neue Kurhaus nebst Hotel und Pension zum Bad in Schandau. e, , m, von B. Straßberger. Die Bauten der Berliner Stadtbahn. 5 Abbildungen. Originalzeichnungen von Armin Wegner: 1) Brücke über den Landwehrkanal im Thiergarten. 2) Ecke der neuen Halle des Schlesischen Bahnhofs. I) Unterführung der Char⸗ lottenburger Chaussee. 4) Spreebrücke bei Schloß Bellevue. 5) Spree⸗ viadukt und Unterführung der Michaelbrücke. Die Kunstreiterin Emilie Loisset. Polytechnische Mittheilungen: Das Telephon nach Böttchers System. 4 Figuren. Himmelserscheinungen: Der große Sonnenfleck in seinen Veränderungen vom 14. bis 23. April 1882. 6 Abbildungen. Nordlicht, beobachtet am 23. April, Nachmittags 4 Uhr 40 Minuten in der Nähe von Soltau.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Parchim, 1. Mai. (Meckl. Anz) Der Wonnemonat ist ins Land gekommen, und es pflegt der Landmann am 1. Mai seine Saaten mit prüfendem Blicke zu n Wir dürfen wohl an⸗ nehmen, daß in diesem Jahre alle mehr oder weniger mit dem An⸗ blick derselben zufrieden sein werden. Die Wintersaaten, Roggen und Weizen, waren schon recht gut entwickelt in den Winter gekom⸗ men, auch war die Witterung nicht nur während des ganzen Winters ungemein milde, sondern es waren auch die Monate März und AUrril für das Gedeihen genannter Saaten außerordentlich günstig. Die mit Mitte März eingetretene Wärme, deren Eindringen in den Erdboden weder durch kalte Winde noch durch Nachtfröste wesentlich gien wurde, brachte die Vegetation frühzeitig zum Erwachen. Dieselbe war Anfang April schon sehr weit in ihrer Entwickelung. Nach einer alten Bauernregel soll am Maitag der Roggen so boch sein, * sich eine Krähe darin verstecken kann; in diesem Jahre ist er bereit so hoch, daß er einer Gans ein bequemes Versteck bieten dürfte. Wir berichteten vor etwa 4 Wochen über das Auftreten des sogenannten . im Roggen auf der Domsühler⸗ und Jieslübber

eldmark. Derselbe scheint sich glücklicherweise nicht weiter verbreitet zu haben und ist 6 auch von den genannten Feldmarken gänzlich verschwunden. Der Weljen bat ein frisches, kräftiges Aussehen,

ist kraus und üppig und bedeckt völlig den Boden. Beide Saaten, Roggen sewobl wie Weizen, berechtigen zu den schönsten Hoffnungen. Auch die Delsaaten versprechen einen guten Ertrag. Dieselben stehen schon seit etwa acht Tagen in voller Blüthe und haben theil= weise schon Schoten angesetzt. Von Ungeziefer, das ja so häufig be⸗ sonders die Blüthe des Rübsen beimsucht, und dessen Auftreten man der milden Witterung wegen in diesem Jabr ganz besonders fürchtete, ist bisher nichts zu verspären. Die Weiden haben ein sehr gutes Aussehen und werden unserm Vieh, das mit heute seinen Weidegang beginnt, reichliche Nahrung bieten. ; ;

Frau stadt, 25. April. Der ‚Pos. Ztg.“ schreibt man: Die überaus schöne Witterung in den letzten Tagen hat auf das Wachs- thum der Saaten äußerst günstig eingewirkt und der üppige Stand derselben berechtigt zu den besten Aussichten. In der letzten it klagte man allerdings schon von allen Seiten über ah. Trockenheit, und deshalb wird der gestrige kräftige Gewitterregen sehr willkommen sein. Leider hört man immer noch sehr über Mäu se kalamität klagen; für diese Nagethiere scheint der schneelose gelinde Winter besonders günstig gewesen zu sein. Die Vegetation ist, in diesem Frühjahre überhaupt schon weit vorgeschritten, die Obst bäume prangen in schön⸗ stem Blüthenschmuck und versprechen auch in diesem Jahre wieder eine reichliche Ernte. Unsere Landleute werden in diesem Jahre von nicht zu unterschätzendem Verluste betroffen, und zwar dadurch, daß das in den letzten Jahren so überaus florirende Kartoffelgeschäft seit 8 v. J. vollständig lahm liegt; an Export, wie dies bisher gewesen, ist gar nicht zu denken. Die Preise sind in Folge dessen in fabelhafter Weise heruntergegangen, zumal man jetzt mit Freuden den Sack mit 120 1.50 6 los zu werden sucht. Jedermann er⸗ hoffte im Frühjahr ein besseres Geschäft; man hat sich aber leider sehr getäuscht und überall findet man noch große Quantitäten an Kartoffeln vor.

Gewerbe und HSandel.

Nach einer Veröffentlichung in der italienischen, Gazzetta uffiziale“ vom 26. v. M. soll von der Königlichen Präfektur in Foggia am 8. d. M., Mittags 12 Uhr, im dortigen Präfekturgebäude die Lieferung einer Quantität Eichenschwellen (quercus robur) für die Eisenbahnstrecke Candela⸗Ponte Santa Venere im ungefähren Betrage, von 55 060 Lire im Submissionswege vergeben werden. 1a . speziellen Bedingungen ist das Nähere an Ort und Stelle einzusehen.

Die Blattern-Epidemie auf Haiti,) welche 45 Monat gedauert hat und welcher allein in Port au Prince circa 140900 Menschen, d. h. 13 o der Stadtbevölkerung zum Opfer ge— fallen sind, ist nach den neuesten Nachrichten seit Ende März als er⸗ loschen zu betrachten.

Wien, 4. Mai. (W. T. B. In der heutigen Gengeral⸗ versammlung der Kaiser Franz-Josefsbahn konstatirte der . des Verwaltungsrathes, Frhr. von Suttner, den erfreulichen Aufschwung der Betriebsverhältnisse. Die Einnahmen betrugen 8 872 001 Fl. Die Ausgaben 4715 868 Fl., der Reinertrag somit 4156133 Fl. gegen 3 886 745 Fl. im Vorjahre. Da zur Tilgung und Verzinsung des Anlagekapitals 4959 357 Fl. erforder⸗ lich sind, so wird der Staatszuschuß mit 803 224 Fl. gegen 1069 423 F1I. im Vorjahre, in Anspruch genommen. Der Verwaltungsrath sprach die Hoffnung aus, daß die Bahn in wenigen Jahren des Staats zuschusses werde entbehren können. ;

Glasgow, 2. Mai. (W. T. B) Die Verschiffungen von Roheisen während der letzten Woche betrugen 18056 gegen 13147 Tons in derselben Woche des vorigen Jahres.

Libau, 3. Mai. (W. T. B) Die Generalversammlung der Aktionäre der Libauer Kommerzbank beschloß die Liquidation.

New⸗York, 1. Mai. (W. T. B.). Weizenverschif⸗ fungen der letzten Woche von den atlantischen Häfen der Ver— einigten Staaten nach Großbritannien 38 006, do. nach Frank—⸗ reich 6000, do. nach anderen Häfen des Kontinents 7000, do. von Kalifornien und Oregon nach Großbritannien 75 000, do. do. . 7000, do. do. nach anderen Häfen des Kontinents. Ortrs.

New⸗Pork, 3. Mai. (W. T. B) Die Waarenausfuhr aus den Vereinigten Staaten im Monat März d. J. überstieg den Werth der Waareneinfuhr um 6 Millionen Dollars. Die Aus⸗— fuhr von Metallgeld in dem gleichen Zeitraum überstieg die Einfuhr um 3* Mill. Doll.

Verkehrs⸗Anstalten.

Southampton, 3. Mai. (W. T. B.) Der Dampfer des Norddeutschen Lloyd „Donau“ ist hier eingetroffen.

New⸗ Jork, 2. Mai. (W. T. B.) . Der Dampfer „England? von der National⸗Dampfschiffs⸗Compagnie— (C. Messingsche Linie) ist hier angekommen.

ef. R. A. Nr. 81 de 1882.

Berlin, 4. Mai 1882.

Der Frühling holt nach, was der Winter versäumt hat. In den Alpen hat ein furchtbarer Schneesturm getobt. Der Simplon ist ganz unpassirbar und der Postdienst eingestellt. Im Süden Englands richtete am Sonnabend Nachmittag und fast während der ganzen Nacht zum Sonntag ein ungewöhnlich heftiger Sturm fürchterliche Verheerungen an. In London wurden Haäͤuser abgedeckt, Schornsteine herabgeweht, Bäume entwurzelt und viele Personen ver⸗ letzt. In Brighton fiel ein umgewehter Schornstein durch das Dach in die unteren Etagen und begrub die Insassen unter den Trümmern. In Portsmouth wurden drei Personen auf offener Straße getödtet und ertranken zwei Matrosen im Sunde. In Dover, Plymouth, Ramsgate, Exeter, Windsor, Bristol, * und verschiedenen an⸗ deren Orten richtete der Sturm ebenfalls große Verheerungen zu Wasser und zu Lande an Bei Swanage gerieth ein Schiff auf den Strand und ging bald darauf, wie man fürchtet mit Mann und Maus zu Grunde. Schiffunfälle, verknüpft mit Verlust an Menschen⸗ leben, werden auch von anderen Küstenplätzen gemeldet.

In Folge eingetretener Umstände sind die Mitglieder des Stif⸗— ungsvereins des Civil-Waisenbauses zu Potsdam zu einer außerordentlichen Generglversammlung am Mitt— woch, den 7. Juni d. J, um 44 Uhr Nachmittags, im nf lte bn, Neue Königestr. 61 in Potsdam, eingeladen worden.

Die Dienstag⸗Vorstellung der Meininger Hoftheater⸗ e sellschaft (.Wallensteins Lager! und Piccolomini“) beehrten 64 Majestät der Kaiser mit Allerböchstihrem Besuche und wohnten derselben von Anfang bis zu Ende bei.

Central Skating Rink. Die JItalienische Oper bringt morgen die humorreiche Donizetti'sche Oper Don Pasquale“ in der Bf n Malvetzi, Brogi, Caracciolo, zur Aufführung. Am Sonnabend wird sodann Lucresia Borgia“ wiederholt. Dle Vorbereitungen zum ‚Maskenball“' sind im Gange.

Redacteur: Riedel. Verlag der Eypedition (Kessel). Druck: W. El gner. Sechs Beilagen (einschließlich Börsen Beilage).

Berlin:

Er ste Beilage

zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

M HO 4.

Berlin, Donnerstag, den 4. Mai

1882.

Aichtamtliches.

Preußen. Berlin, 4 Mai. Im weiteren Verlaufe der vorgestrigen (16. Sitzung des Herrenhauses folgte als nächster Gegenstand der Tagesordnung die ein⸗ malige Schlußberathung über den Gesetzentwurf, betreffend die Ausdehnung der Wirksamkeit des nassauischen evangeli⸗ schen Centralkirchenfonds und der nassauischen evange⸗ lischen Pfarr⸗Wittwen⸗ und Waisenkasse auf die vormals hessischen Theile des Konsistorialbezirks Wiesbaden.

Der Berichterstatter Herr Eggeling beantragte, dem Gesetz⸗ entwurfe in der vom Abgeordnetenhause beschlossenen Fassung die verfassungsmäßige Zustimmung zu ertheilen. Das Haus genehmigte den Art. 1 ohne Debatte. Dem Art. 2 hat das Abgeordnetenhaus folgende Fassung gegeben:

„Für die Aufnahme der im Art. 1 bezeichneten vormals hessischen Gemeinden in den Centralkirchenfonds und die Pfarr— wittwen⸗ und Waisenkasse wird dem nassauischen evangelischen Centralkirchenfonds eine Rente von jährlich „Siebentausend Mark“ gewährt, von welchen zweitausend Mark zu Gunsten der vorbezeich⸗ neten hessischen Gemeinden auf die dem Centralkirchenfonds gegen⸗ Über zu übernehmenden Lasten zu verrechnen sind.“

Der Referent bat, dieser Fassung zuzustimmen.

Der Regierungskommissar Geheime Finanz-⸗Rath Leh⸗ nerdt erklärte, daß der Schlußsatz, in welchem es sich um die

weitausend Mark handelt, von dem Abgeordnetenhause dem

aragraphen zugefügt sei. Die Regierung sei jedoch trotz der geringen Höhe der Summe nicht in der Lage, diesem Be— schlusse zuzustimmen, und müsse bei ihrer ursprünglichen Vor— lage aus prinzipiellen Gründen bestehen bleiben.

Herr Dr. Dernburg bat um Annahme des Beschlusses des Abgeordnetenhauses, da es sich hier um einen armen Landes— theil handele.

Bei der Abstimmung wurde der 58. 2 in der vom Ab⸗ geordnetenhause beschlossenen Fassung angenommen und schließ⸗ lich die ganze Vorlage.

Der nächste Gegenstand der Tagesordnung war der mündliche Bericht der Kommission für Handel und Gewerbe über den Gesetzentwurf, betreffend die Errichtung einer neuen fiskalischen Packhofsanlage in Berlin.

Der Referent, Herr von der Osten, beantragte Namens der Kommission die unveränderte Annahme der Vorlage, und das Haus trat diesem Antrage ohne Diskussion bei.

Als letzter Gegenstand stand auf der Tagesordnung der mündliche Bericht der 9. Kommission über den Gesetzentwurf, betreffend die Fürsorge für die Wittwen und Waisen der unmittelbaren Staatsbeamten.

Auf Vorschlag des Referenten Herrn Dr. Dernburg be— schloß das Haus, in eine Generaldebatte nicht einzutreten und in der Spezialberathung die 88. 1—19 en bloc anzunehmen. Auch 5. 320 wurde ohne Debatte mit den im Abgeordneten—⸗ hause vorgenommenen redaktionellen Aenderungen angenommen. Ebenso empfahl bei 5§. 21 der Referent die unveränderte An— nahme der Beschlüsse des Abgeordnetenhauses durch die Aus⸗ dehnung dieses Paragraphen auf die kurhessischen Beamten.

Der Regierungskommissar Geheime Ober⸗Finanz⸗Rath Germar bat, diesem Beschlusse des Abgeordnetenhauses nicht zuzustimmen und die ursprüngliche Vorlage der Staatsregie⸗ rung anzunehmen.

Herr Dr. Weigel empfahl die Annahme der Beschlüsse des Abgeordnetenhauses, denn es sei ein Bedürfniß für die kur⸗ hessischen Beamten und ihre Hinterbliebenen, solche Bestim— mungen in das Gesetz einzufügen.

8. 21 wurde in der vom Abgeordnetenhause beschlossenen Fassung mit großer Majorität angenommen. Hierauf wurden die 558. 22 bis 24 und dann das ganze Gesetz in der er⸗ wähnten Fassung genehmigt, und dadurch die vorliegenden Petitionen für erledigt erachtet. Schluß der Sitzung 2 Uhr 40 Minuten.

Wir tragen heute den Wortlaut der Reden nach, welche der Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten von Goßler und der Justiz-Minister Dr. Friedberg in der Sitzung des Herrenhauses vom 1. d. M. bei der Berathung über den Gesetzentwurf betreffend Abänderungen der kirchenpolitischen Gesetze, gehalten haben

Der Staats⸗-Minister von Goßler führte aus:

Meine Herren! Nach der Rednerliste, die mir mitgetheilt ist, haben jetzt die Herren geendigt, welche gegen die Vorlage sich ge⸗ meldet haben, und Sie werden es daher für angezeigt halten, daß ich nach dem Gange Ihrer Berathungen mir nun erlaube, diejenigen Einwendungen zu entkräften, welche gegen die Vorlage im Ganzen und im Einzelnen erhoben worden sind. Aus den Ausführungen des letzten Herrn Redners klingt sowohl am Anfange als am Schlusse die Ueberjeugung hindurch, daß die Staats⸗ regierung mit der Vorlage sowohl von 1880 als von 1882 einen richtigen. Schritt gethan hat nach der Richtung, durch die Befriedigung der Klagen der katholischen Mitbürger das Wohl des Staates zu fördern. * diesem großen Ziele fühlen wir uns Alle einig, und wenn der Herr Redner damit geschlossen hat, daß er sagte, ein fauler Frieden sei schlimmer als ein brennender Krieg, so stimmen wir auch darin vollständig mit ihm überein. Aber soweit haben wir uns geändert, daß wir im Stande sind, objektiv zu diskutiren und zu fragen, ob die Gründe, welche zu der ab⸗ weichenden Meinung führen, begründet sind oder nicht. Nun waren die wichtigsten Einwendungen, welche erhoben worden sind, die politischen Einwendungen, welche der Herr Vorredner in sehr eingehender Weise jum Gegenstande seiner Ausfübrungen gemacht bat. Er hat wiederholt wenn ich mich recht entsinne zweimal darauf hingewiesen, es sei ein Febler, mit der gegenwärtigen Vorlage vorzugehen, weil den Errungenschaften und den Vortheilen der NRoꝛelle von 1889 gegenüber entsprechende Aequivalente Seitens der katholischen Kirche, beziehungsweise Seitens der römischen Kurie nicht gewährt worden seien. Ich habe nun nicht die Aufgabe, die Kurie oder die römisch ⸗katholische Kirche in meiner amtlichen Stellung zu vertheidigen; ich will es sogar zugeben, daß, wenn man ein kauf⸗ männischetz Konto aufmachen wollte, das Konto des Staates vielleicht ein etwas völligeres und das Saldo zu seinen Gunsten ein etwa größeres sein möchte.

Aber, meine Herren, das sind nicht die Gesichtspunkte, auf denen die Fe, e, zorlage beruht oder auf welcher die Vorlage von 1880 beruhte. Der Ausgangspunkt beider Vorlagen war 6 der, daß, nachdem man in den Besprechungen zu Wien in Prinzivien⸗ een zu einer Verständigung nicht gelangt war, der Staat 1 die

rage vorlegen mußte, ob der gegenwärtige Zustand des Staates,

welcher auf den bestehenden Gesetzen beruhte, auch ein er- wünschterer war oder nicht. Diese Frage ist von allen Seiten verneint, auch von den entschiedensten Vertretern der Gesetze von 1873 und 1874. Nun entsteht allerdings die Frage: soll man seitens des Staates warten auf eine Verbesserung der Zustände, bis die sogenannte Gegenpartei mit Gegenleistungen oder Vorleistungen eingetreten ist? Diese Ansicht hat die Staatsregierung nicht gehabt, sondern sie hat sich einfach gesagt, wenn sie in der Lage ist, durch ihre einseitige Gesetzgebung, durch eine Verständigung mit den Parteien dahin zu kommen, daß eine Reihe von Klagen, die ja allseits als begründet anerkannt worden sind, eine Reihe von Härten, die aner kannt worden sind, eine Reihe von gleichgültigen Machtmitteln entbehrt werden können, daß es dann dem nobile officium, der wohlwollenden Stellung des Staates seinen Unterthanen gegenüber entspreche, Wandel auf dem Boden der Gesetzgebung zu schaffen. Nun will ich ja, meine Herren, zugeben, daß Alles eine Grenze haben kann, ich will gar nicht verkennen, daß bei einer Verschiebung der Verhältnisse wir sind gar nicht Herren über unsere Politik, sie hängt nicht immer von unseren eigenen Entschließungen ab —, man auf den Standpunkt kommen kann, wo ein Ende gemacht werden muß mit einem derartigen einseitigen Vorgehen. Aber, meine Herren, so liegen die Verhältnisse gegenwärtig nicht; die Erfahrungen der Novelle von 18890 sind durchaus günstige; das haben alle Redner an⸗ erkannt, namentlich auch der erste Herr Vorredner, welcher gegen die Vorlage gesprochen hat. Man ist durchaus darüber einig, daß die Novelle von 1880 wohlthätig gewirkt hat, daß die Regierung ver⸗ ständigen Gebrauch davon gemacht hat.

Meine Herren! Was sollten wir überhaupt für einen anderen Maßstab finden, als die günstigen Erfahrungen einer Novelle, die doch nur 14 Jahre gewirkt hat, als wir zur zweiten Vorlage schritten. Die Staatsregierung kann unmöglich, wie die politische Situation sich gestaltet hat, rechnen mit den politischen Fraktionen und Parteien; das ist überhaupt nicht die Stellung der Staatsregierung gewesen und kann sie in der gegenwärtigen Frage am wenigsten sein. Die Pflichten der Staatsregierung sind auf die katholischen Unterthanen gerichtet und dort ist die Kraft eingesetzt worden, welche die Regierung in allen diesen Sachen entwickelt hat. Das wollen wir aber doch auch nicht verkennen, daß ein Vortheil der gegenwärtigen wie der früheren Vor— lage immer derjenige gewesen ist, daß wir in der Lage waren, in dem Zeitraum, der zwei Jahre rückwärts liegt, über die wichtigsten Prin⸗ zpien der Maigesetzgebung uns zu unterhalten, und die gegenwaͤrtige Diskussion gewährt, glaube ich, die sichere Hoffnung und Ueberzeugung daß wir nach dieser Richtung einen ganz außerordentlichen Fortschritt gemacht haben. Ich will mir jede Kritik gefallen lassen, nur nicht die, daß ich die Bedürfnisse der katholischen Bevölkerung verkenne und ohne Verständniß für die Interessen des Staats in diese Dis⸗ kussion eintrete. Der Charakter des Wohlwollens hat meines Er⸗ achtens auch die heutige Diskussion beherrscht. Meine Herren, wenn ich in einzelnen Ausführungen mich gegen den Herrn Vorredner wende, so werden Sie sicherlich anerkennen, daß das nur geschieht, um die Wahrheit zu fördern.

Auch dies wird der Herr Vorredner nicht verkennen, daß eine eminente Verschiebung in der politischen Parteigestaltung, in unserem öffentlichen Leben eingetreten ist und eintreten mußte. Wenn Sie die Diskussionen des letzten Lustrums mit prüfendem Auge durch⸗ mustern, werden Sie zu allen Zeiten der Klage begegnen, es möchte doch endlich einmal die Partei, welche als die Vertreterin der katho⸗ lischen Unterthanen der preußischen Monarchie sich charakterisirt, aus ihrer Zurückhaltung, aus ihrer unfruchtbaren Qpposition heraus⸗ treten, sie möchte endlich einmal sich betheiligen bei der Regulirung der Grenze zwischen Staat und Kirche. Meine Herren! Ist das nicht ein Betreten dieses Weges? Das vorliegende Gesetz, enthält es bloß Abstriche? Nein, wie Graf Brühl ganz richtig gesagt hat, es ist auch ein organischer Ausbau vorhanden. Art. 3 ist, wenn wir uns auf den Standpunkt der Jahre 1873 und 1874 versetzen, ein ganz unendlicher , in unserer politischen Entwickelung, indem wir einen Artikel vor uns haben, für den die Vertreter des Centrums und der Konservativen eintreten, der aus dem badischen Liberalismus hervorgegangen ist. Meine Herren, Ich halte es in der That für den Anfang einer ganz neuen politischen Entwickelung, wenn wir an der Hand der gegenwärtigen Vorlage dazu gelangen, an die Regelung unserer öffentlich⸗rechtlichen Zustände heranzutreten.

Meine Herren, daß eine derartige Parteiverschiebung im Lande, in der Presse vor allen Dingen, in den Diskussionen des Parlaments Einwendungen und Widerstand hervorruft, ist naturgemäß. Alle die⸗ jenigen Parteien, welche sich vielleicht mit der Hoffnung getragen haben, daß sie bei der Regulirung gewisse Vortheile für sich erwerben würden, sind genöthigt, auf diesen Erfolg zu verzichten, aber die Stellung der Staatsregierung wird dadurch auf keine Weise vinkulirt. Die Staatsregierung hält daran fest, daß sie niemals vergessen darf, daß hinter den Parteien das Volk steht und insbesondere unsere katholischen Mitbürger.

Meine Herren, gehe ich nun über zu den Ausführungen des Hrn. Adams, der einen Grund für seine ablehnende Haltung vornehmlich aus dem Fortfall der Artikel 4 und 5 der Regierungsvorlage her⸗ leitet, so fühle ich mich gedrungen, gerade Herrn Adams auch hier, wie schon in der Kommission Dank zu sagen für die sehr eingehende und ernste Würdigung, welche er den Artikeln 4 und 5 der Vorlage gewidmet hat. Er hat meines Erachtens mit vollem Recht hervor⸗ gehoben, daß, wenn auch nicht gerade der Kernpunkt, so doch eine ganz außerordentlich wichtige Maßnahme in diesen beiden Artikeln vorgeschlagen worden ist, und daß wir in der That haben hoffen können, daß, wenn die Artikel die Annahme in den gesetzgeberischen Körperschaften gefunden hätten, wir einen wichtigen Fort- schritt zur Erreichung eines erträglichen mods vivendi gemacht baben würden. Hr. Adams hat meines Erachtens ganz richtig den Saß hingestellt, daß es ungemein schwierig ist, ohne diese beiden Artikel sich eine rasche Erledigung der gegenwärtig bestehenden Kon flikte und eine segentzreiche Thätigkeit der Bischöfe zu denken. Ich gebe das durchaus zu; denn die Staatsregierung hatte bei Vorlage der Artikel 4 und 3 zwei Gesichtspunkte: einmal die anderweitige Regulirung des Einspruchsrechts, sowie den Fortfall des kirchlichen Gerichtshofes und die Substituirung des Kultus ⸗Ministers, und sodann ging die Absicht dahin, den Umfang der Anzeigepflicht ungefähr dem jenigen Zustand anzupassen, welcher nicht allein der früheren Rechts—⸗ lage in den älteren Provinzen der Monarchie und in den neuen Landes⸗ theilen entsprach, sondern auch der Rechtslage derjenigen Länder, mit denen Preußen sich im Großen und 4 in gleicher öffentlich⸗ rechtlicher Lage befindet. Es ist auf das Aeußerste zu bedauern, daß, abwobl, wie Derr Adams richtig gesagt hat, bezüglich des Umfangs der Anzeigepflicht das päpstliche Schreiben vom Jahre 1880 sich auf ziemlich gleicher Linie befindet, die Artikel 4 und 5 doch aus Grün⸗ den, welche vielleicht nicht ganz zum Ausdruck gekommen sind, An nahme nicht gefunden haben. Herr Adams richtet die Frage an die Staatsregierung: wie denkt sich die Staatregierung, daß die Sache sich weiter entwickeln werde? wie kann die Staatsregierung hoffen, * ohne diese Artikel das Gesetz diejenigen segensreichen Wirkungen äußert, die wir erhofft baben ?

Meine Herren! Diese Frage zu beantworten, ist eigentlich kaum eich der Staatsregierung. Ich balte es an und für sich für mög- ich, aber immer nur für inöglich, daß, nachdem die Staatsregierung diesen eminenten Beweis ihrer Friedensliebe und ihrer Neigung, die

schwierige Materie der Maigesetzgebung in den Bereich der Dis⸗ kussion zu ziehen, gegeben hat, vielleicht auch der Papst geneigt ist, den Grundfätzen wieder praktischen Fortgang zu verschaffen, denen er in dem Breve vom Jahre 1880 Ausdruck gegeben hat. Ein gewisses . von Selbstüberwindung mag dazu gehören, wenn überhaupt von Selbstüberwindung hat die Rede sein können bei dem Bestreben, es zu erreichen, daß die katholischen Unterthanen des preußischen Staats sich wohl fühlen in diesem Staate; aber wenn die preußische Re⸗ gierung in diesem Bestreben soweit, wie geschehen, gegangen ist, so darf man es vielleicht für möglich halten, daß auch von der anderen Seite ein gleicher Schritt geschieht. Aber, wenn das auch nicht der Fall sein sollte, ein Gewinn bleibt doch immer, mögen die Art. 4 und 5 nun angenommen werden oder nicht. Die Staatsregierung hat den Muth gehabt, Artikel 4 und 5 zur Diskussion zu stellen, und sie hat die große Genugthuung, zu konstatiren, daß sie bei allen Par⸗ teien volles Verständniß gefunden hat, insbesondere auch bei den Ab⸗ geordneten des Centrums, welche doch immer nur gesagt haben, zur Zeit seien die Artikel für sie unannehmbar, und diesen Gewinn werde ich mir nicht verkümmern lassen.

Nun folgert Herr Adams weiter, daß, weil die Artikel 4 und 5 ausscheiden, es unmöglich sei, eine solche Vorlage anzunehmen. Dies kann nicht der Standpunkt der Staatsregierung sein. Eine solche Auffassung wäre nur denkbar, wenn die beiden ausscheidenden Artikel so in Konnex mit den andern Artikeln ständen, daß man in der That zu einer Art lex imperfecta gelangte; aber wie ich bereits an einer andern Stelle auszuführen mir erlaubt habe, liegt diese Gefahr nicht vor; die beiden Artikel regeln eine in sich abgeschlossene Materie, sie sind wichtig für die Ausfüllung eines friedlichen Rahmens, aber die andern Artikel, namentlich der Artikel 3, wegen der Erleichterung der Vorbildung, haben ihren selbständigen Werth, und aus dem Gesichtspunkt, daß, wenn man nicht Alles haben kann, man nichts haben will, kann die Kö⸗ nigliche Staatsregierung sich nicht entschließen, den Beschlüssen Ihrer Kommission ihre Zustimmung zu versagen. Die Herren gingen dann weiter auf diejenigen Theile über, welche positiv in den Beschlüssen Ihrer Kommission zum Ausdruck gelangt sind, und da habe ich zu⸗ nächst zu meiner Befriedigung zu konstatiren, daß alle Herren, welche gesprochen haben, aus dem Begriff der Fakultät heraus, welcher namentlich in Artikel 1 zur Anwendung gekommen ist, einen präju⸗ dißiellen Einwand gegen das Gesetz nicht hergeleitet haben. Gerade fei Dr. Dove hat mit Recht darauf, hingewiesen, es sei nichts

chlimmer, als in dieser Frage mit Schlagwörtern um sich zu werfen, und daß, wenn man ein Wort zum Schlag⸗ wort gemacht, man sich der Möglichkeit beraubt, mit kritischer Objektiyität, an die Erörterung einer solchen Frage heran⸗ zutreten. Er hat darauf hingewiesen, daß man vor allen Dingen immer die Sache selbst sich ansehen und sich klar machen

unter den Herren, die bisher gesprochen haben, und Keiner in dem hohen Hause wird der Staatsregierung den Gedanken zumuthen wollen, als ob sie darauf ausginge, die Regulirung der Grenzen zwi⸗ schen Staat und römisch-⸗katholischer Kirche einer administrativen Willkür, einem freien administrativen Ermessen zu überlassen. In keiner Maßnahme des Staates ist zu einem solchen Verdacht ein Grund zu finden, sondern es kann sich immer nur darum handeln, ob es überhaupt oder für eine gewisse Uebergangszeit angezeigt ist, daß zwei Grenzen hergestellt werden, innerhalb deren die Staatsregierung nach Maßgabe ihres politischen Pflichtbewußtseins wählen kann.

Sehr viel schwieriger war die Ausführung, welche Herr Dr. Dove in Ansehung des sogenannten Bischofsparagraphen machte. Ich bin ja seinen Ausführungen mit vollem Interesse gefolgt, habe aber doch nicht erkennen können, daß er den 5. 2 nach seiner politischen oder noch nach seiner staatsrechtlichen Seite hin irgendwie erschüttert hätte. Meine Herren, die Frage für die Staatsregierung ist zu⸗ nächst eine politische, und die Frage, wie man einem poli⸗ tischen Gedanken einen staatsrechtlichen Ausdruck giebt, ist die sekundäre. Der politische Gedanke ist aber meines Erachtens nicht ein so gearteter, daß wir den starken Aeußerungen, denen wir in der Presse begegnen, und die auch einen Anklang in der Rede des Hrn. Dr. Dove finden, Folge zu leisten brauchten. Der Ausgangspunkt der Erwägungen für Art. 2, wie der Vorlage von 1880, war einfach der: ist es, nachdem die bischöflichen Sitze besetzt oder in der Besetzung begriffen sind, überhaupt rationis, zu erwägen, wie die vier von den preußischen Bisthümern besetzt werden können, hinsichtlich deren ein Absetzungsurtheil Seitens des kirchlichen Ge⸗ richtshofes erlassen worden ist? An und für sich wird man geneigt sein, eine solche Frage zu bejahen; denn von der Ordnung von vier Bisthümern hängt gar nicht die Existenz des Staates ab, aber es ist immerhin erwünscht für den Staat, daß in jenen vier Bisthümern diejenige Ordnung herrsche, welche nach der preußischen Staatsver⸗- fassung die regelmäßige ist, daß sie mit Bischöfen oder Bisthums⸗ verwesern besetzt werden, welchen die Jurisdiktion und die höchste geistliche Gewalt zusteht. Oder wollen wir abwarten, bis eine höhere Macht die Bischöfe abiuft? Das ist kein christlicher, vielleicht ein polilischer Gedanke, er war aber nicht der Gedanke der Staatsregierung; denn diese fragte sich einfach: wenn wir in acht Bisthümern zu geordneten Zuständen gelangt sind, wie können wir in den übrigen vier Bisthümern ähnliche oder die gleichen Zustände schaffen? Da lag die Antwort nahe: daß es Sache der römischen Kurie sei, die Erledigung der vier bischöflichen Stühle an⸗ zuerkennen. Dem gegenüber müßte man sich selbst den Einwand machen, ob, nachdem der Artikel 1 der Gesetzesvorlage von 1880 ausdrücklich ausgesprochen hat, daß die Absetzungèurtheile des kirchlichen Gerichtshofes in faturo nicht mehr die Erledigung der Stelle zur Folge haben und andere daselbst einzeln auf⸗ gefübrte Rechtsnachtheile nicht eintreten, pro praeterito die Kurie in die Lage kommen könne, ibrerseits eine Erledigung der kirchlichen Sitze anzuerkennen. Entweder schaffte die Kurie durch Renunciation oder in einer anderen Weise eine Sedisvakanz, oder der Staat legte sich die Frage vor: was könntest du deinerseits dazu thun, um den Weg zu ebenen, diejenigen Bisthümer, hinsichtlich deren die Absetzung ausgesprochen ist, in ordnungsmäßiger Weise zu besetzen? Da bot sich jedoch der Gedanke dar, daß, wenn für die Zukunft der Landes- herr in der Lage ist, durch Gnadenakte eine solche Besetzung auch staatlicherseits für diejenigen Bistbümer berbeizuführen in Ansehung deren auf Unfähigkeit zur Bekleidung des Amtes erkannt worden ist, man auch für die Vergangenheit sich fragte, ob eg nicht angezeigt sei, Sr. ajestãt die Möglichkeit zu gewähren, durch einen Gnadenakt, durch einen landesherrlichen Akt die Wiederbesetzung der fraglichen vier Big⸗ thümer zu gestatten. Gegen diese tbeoretischen Auseinandersetzungen werden Bedenken nicht geltend zu machen sein; auch in den Aug⸗ fübrungen des Hrn. Dr. Dove sind sie nicht durchgeklungen. Die Frage ist für die Herren vielmehr die: erscheint es überbaupt möglich, Sr. Majestät die Fakultät zu gewähren, durch Erweiterung des. Begnadigungsrechts oder des Anerkennungsrechtg gelegt Bischõfe wieder einzusetzen? und dadurch bekommt Sache eine meineg. Grachteng für den Standpunkt der Herrn Dpponenten nicht erwünschte Gestalt. Man wird dech anerkennen müssen, daß, so lange etz eine e k 2 æ— erade darin die bohenjollern in eminenter se ibren er · annt baben, darauf ihr besondere Augenmerk zu richten; wag frommt dem Besten des Staates, was frommt den verschiedenen