1882 / 104 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 04 May 1882 18:00:01 GMT) scan diff

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Konfessionen im Staate, wenn nach der einen oder anderen Seite hin Konzessionen, oder wie Sie es nennen wollen, gemacht werden ollen. Weshalb nun nach dieser Richtung bin eine Be— fn besteht, weiß ich nicht. Auf diesem Gebiete bestebt viel . wie ich glaube versichern zu können, eine absolute Zuver⸗ lässigkeit, und die Herren irren, wenn sie annehmen. daß, wenn der Art. 2 Gesetz wird, damit eo ipso die Begnadigung der Bischöfe ausgesprochen wäre. Die Schwierigkeit aber der Lage, wenn Se. Majestät dazu übergehen sollte, derartige Akte zu vollziehen, liegt klar zu Tage, und die Staatsregierung kann noch nicht sagen, unter welchen Voraussetzungen es angebracht wäre, Sr. Majestät Vor⸗ schläge zu machen; aber Se. Majestät in die Lage zu versetzen, durch einen einseitigen Akt Ordnung zu schaffen und den bestehenden Widerstreit auszugleichen, gegen ein derartiges Vorgehen verstehe ich eigentlich einen Angriff nicht. Kommt man über dieses politische Bedenken hinweg, so ist die Frage eine untergeordnete: wie drückt man den Gedanken staatsrechtlich aus? Ich will Ihnen zugeben, daß man vom Standpunkt unseres Staatsrechts aus dar— über streiten kann, wie er zu formuliren sein möchte. Bei der Vor lage von 1880 ist dieser Punkt in eingehender Weise erwogen worden. Dem gegenüber bezeichnen, wie ich glaube, die Vorschläge des Abge— ordnetenhauses, welche Ihre Kommission acceptirt hat, feine Verbes⸗ serung, wenngleich sie deshalb nicht ungnnehmbar sind. Vom Stand— punkte des Herrn Dr. Dove soll das Vorschiehen des Königlichen Be⸗ gnadigungsrechts ein Moment sein, um sich für die Verwerfung zu entschließen. Das kann ich aber doch nicht anerkennen; denn, wenn nach den Beschlüssen des Abgeordnetenhauses so präzise ausgesprochen werden soll, daß Alles von der Gnade der Krone abhängt, so weiß ich nicht, wie der Staat nicht zu seinem Rechte kommt. .

Meine Herren! Ich glaube, daß wir über diese Frage in der Spezialdiskussion uns noch weiter verständigen werden. Eine andere Bemerkung des Herrn Dr. Dove, von der ich aber nicht verstanden habe, ob sie für ihn den Grund zur Ablehnung oder nur ein Be⸗ denken enthält, geht dahin, daß das sogengnnte Kulturexamen ohne Aequivalent aufgehoben werden soll. In der Spezialdiskussion wird auch dieser Punkt noch, der Erörterung unterliegen. Das ba—⸗ dische Vorbild, worüber wir von Herrn Dr. Dove eine treffliche Arbeit besitzen, unterscheidet sich von der Vorlage dadurch, daß das preußische Staatsexamen stehen geblieben ist und daß nur Diepensqatienen eintreten ollen unter gewissen Voraussetzungen. Wir treten hierbei guf einen Boden, der nicht blos in Baden besteht, und zwar ohne Beschwerde, sondern auch auf einen Boden, der sich bereits in Hessen, und Sachsen vorfindet. Auch in den beiden Staaten ist ein gewisses Examen stehen geblieben für die Fälle, welche sich nicht der Gründe erfreuen, die hier in Absatz 2 des Artikels 3 vorgeschlagen sind. Wie dem auch fei, ich bin der Meinung, daß die Einwendun⸗ gen, welche gemacht sind, ihre Berechtigung haben und gewiß schwer— wiegend sind; aber die Einwendungen treffen Einzelheiten und sind von der Kommission, vielleicht auch durch meine Ausführungen, widerlegt oder wenigstens auf ein geringeres Maß zurückgeführt worden. Es ist ja das Geschick solcher Vorlagen, daß sie Niemanden absolut befriedigen; es wird immer den Cinen oder Anderen geben, der noch ein Separatbedenken hat. Die Königliche Staatsregierung ist gleich- falls nicht von ernsten Bedenken frei. Gleichwohl ist die Vorlage in ihrer vorliegenden Gestalt eine erfreuliche; und nach der Ueberzeugung der Königlichen Staatsregierung dürfte der Entwurf auch in der rudimentären Gestalt der Hoffnung entsprechen, an welcher die König—⸗ liche Staatsregierung stets festgehalten hat, nämlich im Interesse des Vaterlandes und, der katholischen Bevölkerung dem Frieden eine Förderung angedeihen zu lassen.

Nach den Ausführungen der Herren Dr,. Beseler und Adams ergriff der Staats-Minister Dr. Friedberg das Wort zu folgender Rede: .

Der jetzige Art. 2 der Regierungsvorlage hat, wie schon der ent⸗ sprechende Paragraph bei den Berathungen des Entwurfs vom Jahre 1880, wiederum das eigenthümliche Schicksal erlebt, daß er Angriffe erfahren hat, welche von den entgegengesetzten Seiten gekommen sind. So wird er heute angegriffen von dem Herrn Dr. Beseler, obgleich dieser anerkennt, daß an sich, damit ein Bischof wieder in die Diözese zurückkehren könne, welcher dereinst durch den kirchlichen Gerichtshof entsetzt worden ist, eine Bestimmung durch Gesetz gegeben sein müsse. Von dem Herrn Redner, der vor ihm gesprochen hat, 2 Adams, wird er angegriffen, weil er eine Beschtänkung des Begnadigungs rechts enthalte. Meine Herren! Ich weiß kaum etwas Neues anzuführen, um diesen letzten Vorwurf, den ich allerdings für den schwersten halte, zu entkräften. Ich beschränke mich auf das Anerkenntniß, daß Nichts der Regierung schwerer zum Vorwurf ge⸗— macht werden dürfte und gemacht werden müßte, als daß sie um eines äußeren Zweckes willen einen Vorschlag in der Gesetzgebung gemacht hätte, der das höchste und heiligste Recht der Krone, das der Begna— digung, zu begrenzen oder gar zu alteriren geeignet wäre. Das ist aber mit dem Vorschlag im 5§. 2 keineswegs der Fall. Es handelt sich hier nicht um die Frage, ob das Begnadigungsrecht beschränkt werde, sondern es handelt sich darum, ob durch einen Ausspruch Königlicher Machtvollkommenheit auf einem Gebiete eimas hergestellt werden könne, das überhaupt außerhalb der Königlichen Gewalt liegt; und ein solches Gebiet ist die Frage über die Besetzung eines Bischoßssitzes. Schon bei den Berathungen des Jahres 18890 ist von einem der Herren Redner, wie ich glaube, mit Recht ausgeführt worden: Gnade gehe nur so weit, wie die Strafe gebe. Wo die Strafe aushöre, höre auch die Gnade auf und es könne darum durch die Gnade nicht etwas hergestellt werden, was nicht durch die Strafe verloren gegangen sei. Die Strafe gegen die durch den Gerichtshof entsetzten Bischöfe hat darum ihre Grenze in dem, was als Strafe gegen sie erkannt ist, und darum können die Geldstrafen, auch Leibesstrafen sind ja ausgesprochen worden, kurz alles, mas die Natur einer eigentlichen Strafe hat, durch die Gnade beseitigt werden. Ein Vischofesitz wird aber nicht besetzt durch den König, und darum kann auch die Königliche Gnade allein den verloren gegangenen Bischofssitz nicht wieder herstellen. Hätten die Maigesetze nicht die Bestimmung getroffen:

„die Entlassung aus dem Amt hat die rechtliche Unfähigkeit zur

Ausübung des Amis, den Verlust des Amtseinkommens, und“ hier kommen die entscheidenden Worte:

die Erledigung der Stelle zur Folge“, dann ließe sich über die Frage streiten, jetzt aber steht das Gesetz entgegen. Ob dieses so hätte gefaßt werden sollen, ob der weltliche Gestetzgeber berechtigt war oder auch nur gut daran gethan hat, sich in seinem weltlichen Gesetze so auszudrücken, darüber, meine Herren, können wir jetzt nicht mehr diekutiren. Es ist das Gesetz einmal da und es ist dies ein Gesetz, welches, wie der Herr Referent Ihnen sehr mit Recht zu Gemüthe geführt bat, schließlich doch auch mit Ihrer Zustimmung und an letzter entscheidender Seite durch die Königliche Sanktion in die Geseßzsammlung als Gesetz aufgenemmen worden ist. Da wir nun in dem Gesetz die Satung baben, daß durch den verurtheilenden Ausspruch des kirchlichen Gerichtsbofes das Amt verloren gebe, die Stelle erledigt seir, so mußte, wenn man überhaupt an die Möglichkeit einer Wiederherstellung ent- setzter Bischöfe auf ihren Bischofesitz denken wollte, der Geseßgeber ein Mittel suchen, um die Wiederkehr eines entsetzten Bischoss in die frühere Diszese rechtlich möglich zu maden. Das Mittel zu einer solchen rechtlich zulässigen. Wiederkehr glaubt der jezt Ihnen vor⸗ liegende Gesetzentwurf darin gefunden zu haben, daß et im Artikel 2 vorschlug:

Einem Bischof, der auf Grund des Gesetzes vom 12. Mai 1873

aus seinem Amt durch gerichtliches Urtheil entlassen worden ist.

kann von dem Könige die staatliche Anerkennung als Bischof feiner

früberen Diszese wieder ertheilt werden.“ Weil man das Ziel, die Möglichkeit der Rückkehr eines oder des an— deren entsetzten Bischofs als ein zum Frieden führendes Mittel im Auge hatte, machte die Regierung diesen Voischlag.

Nun bekenne ich gern, daß ich die Veränderung, welche das Ab—= geordnetenhaus mit diesem Artikel vorgenommen bat, keincswegs als eine Verbesserung ansehe, ja ich glaube rielmehr und spreche es bier

unumwunden aus, ich halte den Artikel für verschlechtert. Aber er ist meines Erachtens nicht in dem Maße alterirt worden, daß darum von Seiten der Staatsregierung Ihnen anzurathen wäre; verwerfen Sie den Artikel! Denn es stände dann zu erwarten, daß überhaupt auf dem Wege, den wir betreten haben, ein Gesetz nicht zu Stande kommen würde; diesen Schaden hielte ich für größer, als der darin liegen fann, kaß wir einem Paragraphen zu⸗ stimmen, den ich allerdings nicht für glücklich gefaßt halte, der aber sachlich immerhin zulässig erscheint. Denn so weit gehe ich nicht, wie Hr. Dr. Beseler, wenn er sagt: diese Aenderung sei vorgenommen, um damit den Triumph der Kirche über den Staat zu stabiliren. und wer ihm zustimme, trage dazu bei, daß von dem Centrum dieses Ziel erreicht werde. Ich glaube in der That nicht, daß das Centrum derart bescheiden ist, um zu glauben, daß es durch die Annahme dieses Artikels einen großen Sieg für sich errungen habe. Ich glaube, daß die Ziele und Zwecke des Centrums höher liegen und auf rein kirchlichem Gebiete ja auch böher von ihm gesteckt werden dürfen. Wenn Hr. Dr. Beseler weiter fragt; was ist denn die Absicht der Regierung gewesen, als sie diesen Artikel in den Entwurf hinein⸗ gebracht hat? und sich selbst die Antwort dahin giebt, sie habe sich damit ein Verhandlungsmittel für den Staat schaffen wollen, so muß ich gestehen, daß ich von dieser Absicht der Regierung nicht authen⸗ tisch unterrichtet bin. J

Ich weiß nicht, ob die Regierung wirklich diesen Zweck denn .Verhandlungsmittel für den Staat“ soll doch wohl heißen „Ver⸗ handlungsmittel mit der Kurie‘ dabei im Auge gehabt hat. Soviel ich die Zwecke der Regierung kannte, glaubte sie ganz schlicht durch die gesetzliche Möglichkeit, daß der eine oder der andere entsetzte Bischof zurückgeführt werden könne, würde sie ein Mittel mehr zum Frieden gewinnen, und um diese Möglichkeit sich zu verschaffen, hat sie den Artikel in das Gesetz hineingenommen. Nun ist freilich die Aendexung, die das Abgeordnetenhaus hinein gebracht hat, indem es statt der Worte: „kann von dem Könige die staatliche Anerkennung wieder ertheilt werden! die Worte substituirte: „so gilt derselbe wieder als staatlich anerkannter Bischof u. s. w.“, meines Erachtens zu bedauern. Denn während nach dem Gesetzentwurf zwei Akte nöthig sein sollten, der eine: der Begnadigung, und der andere: daß der König dem Begnadigten die Anerkennung als Bischof solle geben können, schweißt der Gesetzent⸗ wurf, wie er vom Abgeordnetenhause hierher gekommen ist, diese beiden Akte zusammen und alterirt damit in gewissem Sinne das Königliche Begnadigungerecht. Soweit trete ich Hrn. Dr. Beseler bei. Aber, meine Herren, wenn ich mich frage: kann durch diese Aenderung ein praktisch wirklicher Schade geschehen, kann dadurch das Begnadigungsrecht des Köniss wirklich beeinträchtigt werden? so sage ich: Nein! Denn wenn der König von seinem Gnadenrecht Gebrauch macht, wird er es erst dann und nur einem solchen entsetzten Bischof gegenüber thun, von dem er will, daß er demnächst als staatlich an—⸗ erkannter Bischof in seiner früheren Diözese fungire. Der praktische Schaden, den die gewählte Fassung erzeugen kann, ist somit nicht groß, wenngleich der gewählte legislative Ausdruck für den Gedanken vergeben Sie mir die Bezeichnung ein schielender ist, vielleicht sogar ein nicht ohne Absicht schielender. Aehnlich verhält es sich mit der Streichung des Wortes „früheren“. Denn auch darin trete ich dem Herrn Dr. Beseler bei, der richtigere Ausdruck war der der Re⸗ gierungsvorlage, und dadurch, daß das Wort „frühere“ gestrichen wor— den ist, schafft der Artikel die Möglichkeit, daß man das hineinlegen kann, was von Herrn Dr. Beseler als voraussichtlich hineinzulegende Absicht des Centrums bezeichnet worden ist.

Nun hat doch aber schon der nachfolgende Herr Redner aner⸗— kannt, daß, wenn der Gesetzentwurf ursprünglich gelautet hätte: „Gilt er als Bischof seiner Diözese“, vielleicht diese hier gehörten . gedanken gar nicht aufgekommen wären, der Artikel vielmehr als ganz unverfänglich hätte gelten können. Und weil dem so ist, gilt meines Erachtens auch von dieser Aenderung des Abgeordnetenhauses dasselbe, was ich von der ersten gesagt habe, sie kann einen praktischen Schaden nicht zur Folge haben.

Nun aber halte ich und ich darf hier wohl den Ausdruck wiederholen, den ich bereits in der Kommission gebraucht habe, einer blos theoretischen Differenz wegen, einer Differenz, die ich als theoretisch schwer genug anerkenne es nicht gerathen, daß um dieses Wortes „früheren“ willen eine Debatte wieder angeregt werde und zwar auf dem allerhäkelsten Gebiete, auf dem Staat und Kirche sich niemals werden zusammenfinden können. Darüber, wo die Grenzen des einen aufhören und die Grenzen des andern anfangen, darüber, ich wiederhole es, wird ein Einverständniß nie erzielt werden, und ich halte es darum auch nicht für gerathen, das Wort „frühere! wiederherzustellen, oder wie der unter Nummer 93 gestellte Antrag statt dessen es will: die Worte „seiner Diszese“ zu streichen. Ich will nicht sagen, daß dadurch die Möglichkeit des Scheiterns des Gesetzes herbeigeführt werden würde Denn ich glaube, daß allenfalls das Abgeordnetenhaus die Eliminirung der Worte seiner Diözese“ zugeben würde. Aber die bloße Möglichkeit, darum unangenehme, unersprießliche, jedenfalls den Frieden nicht fördernde, sondern die Gegensätze nur verschärfende Debatten wieder aufleben zu lassen, ist mir die Streichung der Worte nicht werth, und darum bitte ich Sie, trotz der unerwünschten Aenderung, welche der Paragraph erlitten hat, ihm, wie er aus dem anderen Hause herüber⸗

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gekommen ist, Ihre Zustimmung zu ertheilen.

Im weiteren Verlaufe der vorgestrigen (58.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten wurde die eiste Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betieffend die Verwendung der in Folge weiterer Reichssteuerreformen an Preußen zu üherweisenden Geldsummen, sortgesetz.

Nach dem Abg. Rickert ergriff der Finanz-Minister Bitter wie folgt, das Wort:

Meine Herren! Der Hr. Abg. Rickert hat in sehr drastischer Weise die Regierung aufgefordert, sich darüber zu erklären, weshalb sie den vorliegenden Gesetzentwurf erst gegen Ende der jetzigen Session eingebracht habe. Ich muß ja anerkennen, daß während der letzten Ueberarbeitung dieses Gesetzentwurfs, namentlich der Motive und, wie ich Hrn. Rickert gleich hinzufügen will, in Bezug auf das statistische Material für das Schulwesen noch Lücken auszufüllen waren, die zu unserem Bedauern die Vorlegung des Gesetzentwurfs einige Zeit verzögert haben. Es ist aber, wie ich glaube, doch un— richtig, die jetzige Sachlage mit dieser etwas späteren Vorlegung in Verbindung bringen zu wollen. Die Frage beruht auf einer ganz anderen Grundlage. Der Reichstag und dieses hohe Haus haben im vorigen Jahre übercinstimmend und sehr dringend darauf angetragen, daß die Sitzungen des Reichstags mit der Budgetberathung vor dem JZusammentritt dieses Hauses stattfinden sollten. Wir haben uns die Schwierigkeiten die daraus hervorgehen würden, nach der einen, wie nach der anderen Seite hin, keineswegs verborgen. Wir sind auch der Meinung gewesen, daß, wenn im Reiche die Netbwendigkeit einer wiederholten Berufung des Reichstages eintreten sollte, es kaum zu vermeiden sein würde, daß beide Körperschaften eine Zeitlang miteinander tagen müßten. Nun ist der Landtag, wie Sie wissen, erst mit dem 15. Ja⸗ nuar zusammengetreten, und wir stehen jetzt allerdings nach einer sebr angestrengten Arbeit im 3. Monat der Berathungen. Daß nun ein Geses von allerdings erheblicher Tragwelle erst später vorgelegt werden konnte, als dies sonst der Fall gewesen sein würde, das glaube ich, kann doch wirllich nach keiner Seite hin ein Schlaglicht werfen, welches als Angriff auf die Würde des Parlaments, dieses hoben Hauses betrachtet werden könnte, und gegen diese Auffassung lege ich auf das bestimmteste Verwahrung ein. Hr. Richert hat bei dieser Gelegenbeit Jeäußert, daß eine schwerwiegende Session vorgelegen habe, und daß wir, wie er meint, und viele von den Derren des Hauses am Ende ihrer Kräfte wären. Ich kann ihm die Versicherung gehen, daß wir wenigsteng, die wir hier siken, keinet= wegs die ganze Zeit in Ruhe zugebracht haben. Auch wir sind nahezu am Gade unserer Kräfte, und wir hun unsere Schuldigkeit doch, und wir werden sie thun, so lange wie es nöthig ist.

Er bat hinzugefügt, daß es unter diesen Umfständen kaum mög-

lich sein würde, den parlamentarischen Verkehr hierselbst in denjenigen Formen zu erhalten, in denen es erwünscht sei. Ich meinerseits, meine Herren, kann Ihnen die Versicherung geben. daß, was auch gescheben möge, und welche Angriffe auch gegen uns oder gegen mich gerichtet werden möchten, ich die parlamentarischen Formen und die parlamentarischen Rücksichten niemals aus den Augen setzen werde, und ich glaube das von jedem meiner Herren Kollegen mit derselben Bestimmtheit erklären zu können. jo diese Bemerkung halte ich nicht für begründet. Wenn das hohe Haus dazu übergehen sollte, uns gegenüber die parlamentarischen Formen nicht mehr beob⸗ achten zu wollen, dann werden wir das abwarten.

Hr. Rickert hat sowohl am Anfang seiner Rede, als am Schluß derselben mit besonderer Betonung hervorgehoben, daß es nothwendig sei, mit Bezug auf diese Geschäftslage der Regierung diejenige Ant⸗ wort zu geben, die nach der Geschäftsordnung möglich sei, und welche zugleich in Kürze und Gründlichkeit die Frage erledige. Ich muß ge⸗ stehen, daß ich mir nicht recht ein Bild davon machen kann, wie er sich die Berathung dieser nach vielen Seiten hin so ins Detail ein⸗ gehenden schwierigen Fragen im Plenum denkt, nachdem er selbst eben die Bemerkung gemacht hat, daß in der „Kreuzzeitung“ in einem Artikel über die Schulfrage verschiedenes statistisches Detail gegeben worden sei, was er von mir verlangt haben würde. Ich bin bereit, und wir Alle werden bereit sein, jedes Detail, was von uns verlangt werden wird, in ausgiebigster Weise zur Stelle zu schaffen und vorzulegen, aber, wenn es hier im Hause in zweiter Berxathung im Plenum verlangt werden sollte, daß wir plötzlich Details und statistische Nachweise vorlegen sollen, auf die wir nicht vorbereitet sind, so wird Hr. Rickert sich sicher selbst die Antwort geben, daß die Staatsregierung dann nicht daran Schuld ist, wenn sie dergleichen Anfragen nicht beant ; worten kann. Ich bin der Meinung, daß es ganz unmöglich ist, ein solches Gesetz wie das vorliegende in zweiter Berathung im Plenum zu erledigen, ohne daß vorher eine Kommissionsberathung stattgefun— den hat, und ich erkläre, Namens der Staatsregierung, daß wir den größten Werth darauf legen müssen, daß diese Kommissionsberathung stattfinde, damit wenigstens alles das, was von Seiten der Kommissions⸗ mitglieder verlangt werden kann und . werden wird, dort klar⸗ gestellt werde. Wenn man nachher ohne diese Kommissionsberathung uns den Vorwurf machen wollte, daß die Sache nicht gehörig vorbereitet sei, dann wird man wenigstens die Ueberzeugung haben müssen, daß es nicht an der Regierung liegt, wenn nicht eine genügende Vorbe⸗ reitung slattgefunden hat. Daß die Regierung ihr Möglichstes gethan hat, dafür verweise ich Sie auf, die Begründung der Vorlage, die eine so ausführliche, eine so ins Detail eingehende ist, die alle Schwierigkeiten und Bedenken, welche uns entgegentreten könnten, so weit wie möglich zu erschöpfen sucht, daß unsererseits wenigstens alles geschehen ist, was hat geschehen können.

Herr Rickert hat uns auf die Geschichte der Finanzreform ver⸗ wiesen, uns darauf aufmerksam gemacht, daß früher und im Anfange nur eine Summe von 120 Millionen, jetzt eine solche von 180 Millionen zur Erfüllung. unserer Zwecke im Reiche erforderlich sei. Die Geschichte der Finanzreform ist sehr bekannt, sie ist im vorigen Jahre als besondere Beilage zum Verwendungsgesetz sehr genau dargelegt worden und wird sich ja in aller Händen befinden. Aus dieser selben Geschichte der Finanzreform möchte ich aber doch in Bezug auf dasjenige, was Hr. von Benda für die nationalliberale Partei vorhin ausgeführt hat, nur das hervorheben, was der damalige Herr Finanz⸗Minister in einer Denkschrift, die auf S. J angedeutet, als die Ziele der Re⸗ form dargestellt hat; das ist also die Ueberweisung der Hälfte der Grund⸗ und Gebäudesteuer an die Kommunalverbände, die Besei⸗ tigung der 4 untersten Stufen der Klassensteuer und Verbesserung des Gewerbesteuergesetzes hauptsächlich zum Vortheil des Kleingewerbe⸗ betriebes. Das find die Ziele, die auch in diefem Augenblick noch für uns im Wesentlichen maßgebend sind; sie sind vervollständigt worden, nach Maßgabe der Erweiterung der Verhandlungen, aber eine Aen⸗ derung und ich glaube, Hr. von Benda und die nationalliberale Partei wird sich damals noch im Wesentlichen mit diesen Zielen einverstanden erklärt haben, ist in diesem Punkte nicht eingetreten.

Was beabsichtigen wir denn eigentlich mit der Reform? Man spricht so vieles dagegen, man wendet sich gegen Einzelnheiten, man wendet sich gegen die Mittel, man wendet sich gegen die ganze Idee, so daß ich glaube, die eigentlichen Zielpunkte, die an sich ja ganz klar liegen, noch einmal rekapituliren zu sollen; ich werde dabei nicht sehr lang sein.

Die Reform hat im Jahre 1879 begonnen und sich die Aufgabe gestellt, die Vermehrung der Einnahmen aus den Zöllen und Ver⸗ brauchssteuern herbeizuführen, um das Reich, wie vorhin ganz richtig ausgeführt ist, finanzied selbständig zu stellen, in sich zu konsolidiren. Ich glaube, daß bei dieser Reform noch niemals ausgesprochen worden ist, daß dieser Grundgedanke einen anderen Zweck habe, als den Reichsgedanken in sich abzuschließen. Nebenbei ist es die Absicht gewesen, den Einzelstaaten die Mittel für die unentbehrlichen Ausgaben zu liefern, soweit sie nicht aus den in ihrem Ermessen vorhandenen Mitteln zu bestreiten sind, ohne daß die direkten Steuern übermäßig von ihnen angespannt zu werden brauchen. In Folge der steigenden Kulturentwickelung des Reichs und der Einzelstagten wachsen die Bedürfnisse der Staaten in einem un— erwarteten Maße, ich brauche Sie blos an Dasjenige zu erinnern, was vorhin in Bezug auf die Vermehrung des Schulwesens in Preu⸗ ßen angeführt ist und einen schlagenden Beweis dafür liefert, daß man mit demjenigen, was man im Augenblick hat, ich kann sagen leider, nicht auf die Dauer auskommen kann, so daß man darauf be⸗ dacht sein muß, um die Kulturaufgaben, die an das Reich sowohl als ich will mich auf Preußen beschränken an Preußen herantreten, so weit es irgend möglich ist, erfüllen zu können, die Mittel vorzu—⸗ sehen; denn nur dann können wir diejenige Stellung in Europa ein- nehmen, die uns durch die Geschichte und unsere eigenthümliche Ent— wickelung zugefallen ist.

Die Ansprüche an die Staatskasse steigen also in bohem Grade und wir in Preußen sind genöthigt, diesenigen Ueberschüsse, welche aus den Erträgen der Zölle und Tabacksteuer in die preußische Kasse fließen, soweit sie nicht durch Steuererlasse festgelegt sind, für diefe Kulturentwickelung und Vermehrung der Ausgaben in Anspruch nehmen zu müssen. Infolgedessen und da die Kommunalabgaben allen diesen Bedürfnissen folgen ich erinnere Sie nur an alle die großen Ausgaben, die jede einzelne bedeutende Stadt in sich zu 1ösen bat in Bezug auf das Schulwesen, auf sanitäre und fommunale Bedürf⸗ nisse daß also in Folge dessen die Kommunalsteuern, welche den Staatssteuern folgen und sie bei weitem überwiegend ju einer Höhe gelangt sind, die leineswegs eine so dauernde und drückende bleiben kann, ohne daß das Gleichgewicht sowohl im Staat als namentlich in den Kommunen auf das allerempfindlichste gestört wird, müssen die Mittel zu ihrer Verwendung geschafft werden.

Wenn nun Preußen in der Lage gewesen ist, aus denjenigen Ueberschüssen, die ich vorher bezeichnet habe, 20 Millionen an Steuer⸗ lassen zu bewilligen, so hat das keinen anderen Grund, als wie ich es wiederholt ausgedrückt habe: es ist die Absicht gewesen, zu zeigen, daß die preußische Stagtsregierung es mit der Ausführung der Ge—⸗ setze, ins besondere des 6. vom 16. Juli 1889, sowie sie dieseg auffaßt, ernst hält, zumal im Sinne der Entlastung der ärmeren Volkeklassen. Mit jenen erlassenen 20 Millionen ist aber bei Weitem nicht der Druck der Gommunen und der Einzelnen bei ung beseitigt und zwar um so weniger, als es ja bekannt ist, daß die Kommunal⸗ steuern in einer steigenden Progression sich bewegen. In dem Herr futhschen Werke über die Statistik ist nachgewsesen, daß seit dem Jahre 1876 die gesammten Kommunalabgaben sich um 153 Millionen vermehrt haben. Denken Sie sich nun die Entwickung eines Jeitraumt von 2 Jahren dazu, und fragen Sie sich, in welcher Weise den Be— dürfnissen der Kommunen Rechnung getragen werden soll, was für ungehenre Summen erfordert werden, wenn der steigenden Entwicklung dieser Verhaltnisse Rechnung getragen werden soll. Allerdings balten wir es für eine sehr erwünschte Folge dieser Verhältnssse und nament= lich einer richtigeren Vertheilung der indirekten Steuern ju den direkten Steuern, daß auch in Bezug auf die Kommunen die Er—⸗

kenntniß der Nothwendigkeit der weiteren Entwicklung des indirekten Steuersystems Fortschritte macht. Ich betone das hier ausdräcklich, weil vorhin die Bemerkung gemacht ist, daß die direkten Steuern für die Kommunen nicht von erheblichem 6 seien. Ich erinnere daran, daß. bevor die gesammten Kommunalbedürfnisse einseitig fast überall auf die direkten Steuern gelegt wurden, die städtischen in⸗ direkten Abgaben in ihrer Gesammtsumme 22) Proz. betragen haben.

etzt sind sie auf 409 gefallen, und dieser große Ausfall, meine ö ist es, der in den Kommunen, namentlich in den größeren

tädten, in einer so außergewöhnlichen Weise und durch die direkten Umlagen so sehr drückend wird. Daß die indirekten Steuern auch jetzt noch eine sehr erhebliche Bedeutung haben, ergiebt sich daraus, daß beispielsweise in Breslau 270 /o, in Potsdam 30 o, in Posen 33 a, in Coblenz 35 0, in Fulda 60 0½, in Schmalkalden 38 , der Kommunalsteuereinnahmen durch indirekte Steuern auch jetzt noch erhoben werden. Wenn man bedenkt, daß einzelne Gegenstände, z. B. das Fleisch, Wild, Geflügel, Brennholz und Braumal;, sehr wohl der indirekten Besteuerung unterworfen werden können, fo wird es nützlich sein, daran zu denken, daß diese indirekten Steuern in Zukunft weitere Kreise zu ziehen haben werden, wenn den Kommunen nachhaltig geholfen werden soll. Ich erkläre das ausdrücklich, weil vorhin die Frage gestellt ist, warum die Staatsregierung das Kommunalsteuergesetz nicht wieder vorgelegt habe. Ich erinnere daran, daß das Kommunalsteuergesetz mehrmals vorgelegt, vom Hause aber nicht durchberathen, sondern in der Kommission liegen geblieben ist, und daß die Regierung vergeblich versucht hat, in diesem Kommunalsteuergesetz den nach unserer Meinung unaus— bleiblichen Paragraphen einzufügen, der die indirekten Steuern den Städten nach eigenem Ermessen und nach ihrer Autonomie über⸗ lassen sollte. . ö .

Es ist gefragt worden, womit wir die Bedürfnisse dieses Ver⸗ wendungsgesetzes decken wollen. Ja, meine Herren, das ist eine Frage, die hier schon so oft erörtert worden ist, daß ich kaum glaube, sie weiter erörtern zu müssen, aber ich erkläre im Namen der Staatsregie⸗ rung, daß sie bei dieser Frage, wie das Verwendungsgesetz jetzt vorliegt, hauptsächlich mit auf die Erträge des Tabackmonopols gerechnet hat und rechnen mußte. Wenn das Tabackmonopol nicht genehmigt werden sollte, dann wird die weitere Bestimmung über das Verwendungsgesetz an ich einer näheren Erwägung unterworfen werden müssen; im Augen⸗ lick aber stehen wir vor dieser Frage nicht, sondern blos vor der Frage, die uns immer und auch heute wieder gestellt worden ist, wie die etwaigen Steuerbewilligungen im Reich verwendet werden follen? Diese Frage ist es, welche hier erledigt werden soll. Es darf aber freilich behauptet werden, daß man recht genau weiß, was mit den Geldüberschüssen gemacht werden soll, welche aus dem Reich an Preußen werden überwiesen werden.

Die Steuerreform im Reich steht mit der preußischen Steuer reform in einer untrennbaren inneren Verbindung; eine ohne die an⸗ dere ist nicht zu denken, beide gehören zusammen und beide stehen in vollstän⸗ digster Wechselbeziehung miteinander. Dabei ist aber zu bemerken, daß die Reform der direkten Steuern in Preußen mit der Reichssteuerreform in keinem Zusammenhang steht. Ich wüßte nicht, weshalb diese Steuerreform, wie sie in Preußen für die direlten Steuern gedacht ist, mit dem Reiche in Verbindung gebracht werden müßte. Um aber die wiederholt ausgesprochene Absicht, welche die Regierung bei dieser Vorlage hat, und da man wiederholt dangch gefragt hat, ganz außer Zweifel zu stellen, ist sie genöthigt, gewesen, in dem Gesetz klar zu legen, welche Verwendungen sie für diejenigen Mittel in Anspruch nimmt, die ihr vom Reich überwiesen werden könnten und es ist dies um so nothwendiger gewesen, als von allen Seiten fortwährend die Behauptung, so oft sie auch widerlegt ist, immer von Neuem auf— tritt, daß man nicht wüßte, was mit dem Gelde, das das Reich uns überweisen würde, gemacht werden sollte. Die Ziele, welche die preußische Regierung bei dieser Gesetzgebung hat, sind einfach die ß der Klassensteuer, namentlich gänz—⸗ liche Freilassung des Einkommens von weniger als 1200 A6, die Ueberweisung der Hälfte der Grund⸗ und Gebäudesteuer an die Kom munalverbände und die Uebernahme der persönlichen Schullasten auf den Staat; für den letzteren werden zugleich die Mittel für Erhöhung der Beamtengehalte in Anspruch genommen.

In dieser Beziehung in Bezug auf die Erhöhung der Beamten⸗ ehalte sind vorher Bemerkungen gefallen, die ich eigentlich sehr schwer egreife. Der Hr. Abg. von Rauchhaupt hat gesagt, er wisse nicht,

wie die Beamtengehalte bei der schwankenden Natur der Ueberweisun⸗ gen aus dem Reiche sichergestellt werden sollten. Ich glaube, er hat vielleicht ebensowenig wie, der Hr. Abg. Rickert diejenige Stelle der Motive gelesen, die sich mit dieser Frage beschäftigen. Es ist Seite 24 im letzten Absatz ganz ausführlich diese Frage behandelt, es ist mitgetheilt worden, daß die Erhöhung der Beamtengehalte nach einem festzustellenden Normalplan erfolgen solle, und es sind sogar für alle einzelnen Begmtenkategorien diejenigen Summen genannt worden, die für sie in Aussicht genommen worden sind und zwar nicht etwa als schwankende, sondern als feststehende Zahlungen. Wir können ja natürlich nicht darauf rechnen, daß die Verwendungssummen, die wir vom Reiche erwarten, nur die schwankende Natur einer auf- und abgehenden Rente haben könnten, sondern wir müssen darauf rechnen, und das liegt auch in der Natur der Sache, daß sie eine gewisse Stabilität haben, die sie auch behalten werden. Wir sind daher keineswegs im weifel gewesen, daß die Beamtengehalte ihre volle Sicherheit und bleibende Stetigkeit haben würden, sobald die Ueberschüsse in Form einer Rente von der Reichsregierung überwiesen sein werden.

Ich gehe auf das Einzelne des Gesetzes nicht im Augenblick ein, ich möchte aber, was die Ueberweisungen für Schulwecke anbetrifft, noch an eine Bemerkung des Herrn von Rauchhanpt anknüpfen, der, wenn ich nicht irre, gesagt hat, es sei zu fürchten oder es werde ge⸗ fürchtet, daß die Schulen, wenn sie durch dieses Gesetz die Deckung der versönlichen Schulkosten erhalten sollten, gewissermaßen zu Staats ie hen gemacht, der Familie, der Kommune entfremdet werden ollten.

Ich kann ihm versichern, daß diese Auffassung innerhalb der Staatsregierung bisher auch nicht andeutungsweise ihre Stelle ge⸗ funden hat. Kein Mensch hat daran gedacht, daß dadurch, daß durch die Mitwirkung der direkten Steuern die persönlichen Schullasten den Gemeinden und jwar nicht vom Staate direkt, sondern durch die Ueberweisung an die Kreise gedeckt werden sollen, die Schulen irgend⸗ wie verstaatlicht werden, aus ihren bisberigen Verhaäͤltnissen zu der Gemeinde, aus ihrem nothwendigen Zusammenhang mit der Familie etrennt werden konnten. Wo ein solcher Gedanke seinen Ursprung at finden können, ist mir völlig unbegreiflich. Unsererseits wenigstenðd hat kein Mensch daran gedacht, daß ein solcher Gedanke irgendwo und irgendwie Dla greifen könnte.

Sr. Rickert bat demnächst die Bemerkung gemacht, daß ja in⸗ direkte Steuern in Preußen auch noch erhoben würden, daß es an diesen nicht feble. Ich möchte darauf aufmerksam machen, daß dies doch nur mit einem gewissen Vorbehalt zu verstehen ist. Wenn wir ein Kapitel im Etat über indirekte Steuern haben, so enthält diefer Ftat allerdings diesenigen indirekten Steuern, wel be in Preußen er⸗ hoben werden. Aber eg sieht auch zu gleicher Zeit dabei, welche Summen an die Reichs kassen abgeführi werden. Gz ist eine durch⸗ laufende Rechnung, die der indirekten Steuern. Ich fübre im Ein⸗ lelnen als Etatspositionen an: 1) Zölle 122665 105 M, davon an die Reiche kasse abzuführen 116 865 15 6, was für Preußen übrig bleibt, sind Erhebung. und Verwaltungékosten. Bei der Tabac. steuer bleiben von 3 86 C60 M J 6c Ge , an die Reichekasse abʒu ˖ führen, bei der Rübenzuckerstener 62 676 55 , bei der Salzsteuer nt , an die Reichskasse abzjufübren, Branntwein teuer I M0000 u. s. w. u. s. w. Also es kieibt an den indirekten Steuern, welche , . früber für eigene Rechnung innerhalb det Zollverbandes einzog, sebr wenig übrig, gerade soviel, daß wir einen bwankenden, nicht schr boben Griräg behalten. Hr. Rickert bat dabei auch darauf bingewiefen, daß die Kommunen ssch in der 6r— bebung ja an den Branntwein halten fönnten. Ja, meine Herren, vor 2 Jahren baben wir dem hohen Haufe ein Gesetz vorgelegt über eine Branntwelnsteuer, eine Schankstener, die wir nicht etwa für

taatgrechnung erheben wollten, sondern die wir für die Kommunen

bestimmt hatten; das war ausdrücklich ausgeführt. Wethalb hat man sie denn nicht angenommen? Weil wir das G⸗tränk denjenigen Klaffen der Bevölkerung, die eben nur den Schnaps für sich haken und bezahlen können, nicht allein besteuern woslten, fondern zu gleicher Zeit auch das Bier und den Wein, die Getränke des Reichen. Und da muß ich sagen, ich bedauere noch heute, daß dieses * nicht angenommen worden ist; es würde den Kommunen jedenfalls eine nicht unerhebliche Summe für ihre Kommunalwirthschaft eingebracht, und nebenbei sehr nützlich gewirkt haben.

Nun möchte ich noch auf eine Bemerkung eingehen, die der Hr. Abg. von Rauchhaupt ausgesprochen hat in Bezug auf den §. 1 des Gesetzes. Er hat an mich die Frage gerichtet, wie es zu versteben sei, wenn die Erträge aus dem Tabackmonopol an Preußen über⸗ wiesen würden, ob damit nur der preußische Ertrag der Tabacksteuer, wie er jetzt eingeht, seine Erledigung gefunden habe, oder ob diese Einnahme eine dauernde sein werde? Ich möchte ihn erinnern an das Verfahren, das wir haben eintreten lassen in der Stempelsteuer. Die Reichsstempelsteuer hat an Preußen einen Ueberschuß von etwa 7 Millionen Mark geliefert. Wir haben davon als densenigen Be—⸗ trag, den Preußen bisher für die Stempelsteuer vereinnahmt hafte, etwa 600 000 M für die preußische Staatzkasse etatsmäßig zurück⸗ behalten und. würden in gleicher Weife auch denjenigen Betrag zurückbehalten, den. Preußen an der Tabacksteuer bisher nachweislich gehabt hat. Ich glaube, daß das durchaus nothwendig ist; ich wüßte wenigstens nicht, auf welche Weise wir einen erheblichen Theil von demjenigen, was das Reich für die Verwaltung an Preußen

3 ersetzen sollten. Ich glaube, daß sich hiernach die Frage er⸗ edigt.

Im Allgemeinen kann ich nur wiederholt die Bitte ausspre en, daß das hohe Haus dem Antrage des . Abg. Rickert 3 Berathung im Plenum nicht folgen möge. Die Berathung in der Kommission kann sehr schnell vor sich gehen, ohne daß eine Ueber⸗ bürdung der. Mitglieder eintritt. Sie wird von Seiten der Regierung die allereifrigste Förderung finden durch alle diejenigen Nachrichten, die sie etwa noch für wünschenswerth halten möchte. Sie wird aber nicht überflüssig, denn es ist ganz unmöglich nach unserer Ansicht und nach meiner persönlichen Ueberzeugung, ein solches Gesetz, wie das vorliegende, mit seinen vielen Details und in dem großen Rahmen, in dem eg doch ein⸗ mal eingespannt worden ist und in dem es bleiben muß, in einer Be⸗ rathung zu erledigen, in der eine mehr vertrauliche, mehr eingehende und nicht lediglich oratorische Behandlung nicht wohl stattfinden kann Ich halte es für kaum denkbar, daß im Plenum alle in, die sich an dieses Gesetz knüpfen und K können, ihre Erledigung finden.

kann also Namens der Regierung nur die dringende Bitte aussprechen, daß das hohe Haus das Gesetz in die Kommission ver⸗ weise und von dort aus erst (im Plenum) die zweite Berathung stattfinden lassen möge.

Der Abg. Freiherr von Minnigerode erklärte, bei der Rede des Abg. Rickert habe er beinahe das Gefühl gehabt, als ob derselbe auf der rechten Seite Platz nehmen würde, freilich im letzten Augenblick habe der Abg. Rickert wieder ein= gelenkt. Wenn der Abg. von Rauchhaupt auch eine Kritik ausgeübt habe, an dem vorliegenden Gesetz, so beruhten doch die Konsequenzen, die Abg. Rickert aus derselben hergeleitet habe, auf einem Mißverständniß. Es sei die Aufgabe erster Lesungen, etwaige Bedenken gegen eine Vorlage vorzubringen. Auch der Abg. von Rauch⸗— haupt habe darum seine Hauptbedenken vorangeschickt, und die Rede des Abg., von Rauchhaupt sei in dieser Beziehung eine oratorische Leistung. Das beweise die Rede Rickerts, die kei⸗ nen einzigen neuen Gedanken enthalte. Die Linke sei die Veranlassung zu dieser ganzen Gesetzgebung, dieselbe habe im Reichstag die Bewilligung neuer Steuern abhängig gemacht von der Fixirung der Verwendungszwecke derselben in den Einzelstaaten. Der Abg. Rickert sel hierfür erst am 28. Mai 1851 noch eingetreten, und trotzlem wolle die Linke heute gegen eine kommissarische Berathung der Vorlage ein— treten. Um allen Zweifel zu heben, wolle er hervor⸗ heben, daß seine politischen Freunde in der Hauptsache auf, dem Boden dieses Gesetzes ständen. Sie seien ein— verstanden mit der Richtung, die dasselbe verfolge und aner— kennten die Bedürfnisse, auf deren Abstellung es gerichtet sei. Der Grundgedanke, der hier verfolgt werde, lasse sich nicht mehr verdunkeln. Möge dessen Verwirklichung auch noch auf Jahre hinausgeschoben werden, kommen werde sie, denn hier lägen Mißstände vor, die nur auf dem Wege indirekter Steuern beseitigt werden könnten. Was nun die Klassensteuer— reform betreffe, so habe der Abg. von Benda gemeint, daß eine direkte Steuerreform nach dieser Richtung auch in Preußen möglich sei ohne das Reich. In begrenzter Form wolle er zugeben, aber wolle man weiter gehen, und auch die Gewerbesteuer be⸗ seitigen, die mit so großen Schäden behaftet sei, so be⸗ zweifle er, ob dies möglich sein werde ohne Zuschüsse von Seiten des Reichs. Bezüglich der Volksschulen stehe er ganz auf dem Standpunkt des Ministers. Er könne nicht zugeben, daß durch dieses Gesetz die Volksschulen zu Staatsschulen ge— macht, und die Interessen der Familie und der Kirche ganz in den Hintergrund geschoben würden. Handele es sich doch nur um eine Zubuße, um eine Erleichterung der Kommunen durch den Staat, ein Gedanke, der in Preußen sehr nahe liege, das nicht nur das Land der Soldaten, sondern auch der Schulen von jeher gewesen sei. Der Abg. von Benda sage: was solle das alles nutzen, die Lasten würden bleiben wie zuvor. Darüber freite seine Partei selbstverständlich nicht. Die Lasten würden sich sogar steigern mit den steigenden Bedürsnissen. Uebrigens glaube auch Niemand im Volk, daß mit diesem Gesetze Er— svarnisse gemacht werden sollten, und auch von der rechten Seite werde nicht behauptet, daß es ein Goldregen sei. Es handele sich einfach darum, wie die Lasten besser * werden könnten. Der Abg. von Venda, dem der Abg. von Nauchhaupt zu seinem (des Redners) Bedauern in diesem Punkte beipflichte, meine, daß man mit der Grund- und Gebäudesteuer ruhig noch warten könne. Er sehe die Sache nicht so gemüthlich an. Für die Provinz Sachsen mit ihrem großartigen Industriebetrieb möge dies ja zutreffen, aber wo habe man einen anderen Theil des Landes, der gleich situirt sei. Er könne aus seinen Erfah— rungen nur konstatiren, daß baldige Abhülse überall da drin⸗

end geboten sei, wo nicht ein großer Fabrikbetrieb bestehe.

er Abg. Rickert habe erklärt, daß er gegen eine indirelte Be⸗ steuerung in den Städten nichts einzuwenden habe. Nun Über diesen Punkt ließe sich eine Verständigung zwischen dem Abg. Rickert und der Rechten herbeiführen, 14 Partei werde gern eine derartige Reform, freilich nur auf dreitester Basis, in Erwägung ziehen. Was nun die Frage der Veamten doigtionen betreffe, so lasse sich allerdings daruber reiten, ob diese Position redaktionell in dieses Gesegz gehöre. Allein sie berühre ein Moment, en das man i 6 die Dauer nicht ablehnend verhalten könne, nachdem die Gehälter der ustizbeamten bedeutend aufgebessert seien. Der Abg. von da meine, daß die Regierung nur Hoffnungen errege, die sie nicht be⸗ friedigen könne. Aber es handele sich hier n vage Doffnungen, sondern um Pläne auf finanzieller Bafig. wolle noch kurz bei dem Antrag Richter verweilen. Er darse wohl aussprechen, daß derselbe in seinem wesentlichen Theile nichts Neues enthalte, nur Gedanken, die auch von seiner

Derselbe lege nur Zeugniß ab von uge, der durchs Land gehe. Auffallend auch der Antrag Richter basire auf der schwan⸗ kenden Ueberweisungsform, die der Abg. Rickert so heftig angegriffen habe, und weiter, daß der trag nur von der Gebaudesteuer spreche, also nur ein Benefizium für die Städte schaffen wolle. Hier eige sich so recht, daß die Fortschritts⸗ 6 eine städtische Partei sei. Er . seine Partei 2 durchaus auf dem Boden dieses Gefetzes, und werde daher für eine kommissarische Berathung . stimmen. Eine solche könne recht gut den Plenarsitzungen des Reichs⸗ tags parallel gehen, und er hoffe, daß in der Kommission die Bedürfnisse, die dieses Gesetz veranlaßt hätten, so klar dar⸗ 64 würden, daß auch die jetzigen Gegner sich mit seiner

artei vereinigen würden.

Der Abg. Dr. Windthorst bemerkte, wenn er so oft diese allgemeinen Erörterungen über Steuerreform, über direkte und indirekte Steuern, über die verschiedenen Ziele höre, so bekomme er immer den Eindruck, daß kaum zwei im Hause dasselbe meinten und recht ost die Empfindung, daß man so Reden halte, um für die Wahlcampagne Materlal zu schaffen. Er seinestheils glaube, daß die Frage, welche hier vorliege, so umfangreich und ernst sei, daß, wenn man sie wirklich gründlich lösen wolle, man einer außerordentlichen Session benöthigt wäre. Man müßte sich das ganze Steuersystem des Landes im Verhältniß zum Reiche klar machen, bestimmt wissen, was man hier berathen und was aufgeben wolle, vor Allem, was für Pläne vorhanden seien in Beziehung auf die Reform, ehe man solche kleinen Stucke, wie sie hier gefordert würden, ins Leben rufe. In Bezug auf die Schulen müßte man erfahren, wie die Familie und Gemeinde gestellt fein solle gegenüber dem Staat im Allgemeinen. Eine solche Frage lasse sich aber ohne ein vollständiges Schuldotationsgesetz das Mindeste, wöͤrauf seine Partei bestehen müsse gar nicht beantworten. Darüber könne doch kein Zweifel bestehen, daß, wenn in solchem Maße Schullasten zu Staatslasten ge⸗ macht werden sollten, der Staat nothwendig noch mehr wie jetzt zum alleinigen Herrn der Schule werden müsse. Auf diesen Plan gehe seine Partei nicht ein. Ehe er nicht wisse, wie die Rechte der Eltern, Gemeinden und der Kirche gestellt seien, wolle seine Partei auch dem Staate nicht überantworten, was dem Menschen am Theuersten sei. Daß der Staat Absichten, wie er sie angedeutet, habe, sei ihm un⸗ zweifelhaft. Die Tendenz der Zeit gehe nach dieser Richtung. Man sehe das in den benachbarten Staaten, und Preußen habe bereits einige Etappen auf diesem Wege überschritten. Was die Gehälterfrage betreffe, so fei er allerdings der Mei⸗ nung, daß einzelne Kategorien der Verwaltung so die Landräthe der Gehaltsaufbesserung bedurften Vor Allem sei es klar, daß die geringeren Klassen der Beamlen besser gestellt werden müßten. Aber diese Frage könne doch nur geregelt werden durch ein besonderes Besoldungsgesetz oder beim Etat, wie das bisher geschehen. Auch darüber würden Alle einverstanden sein, daß die Kommunen ent— lastet werden müßten, und, wenn die Regierung eine derartige Tendenz verfolge, so müsse das Haus es dankbar anerkennen und unterstützen. Es sei aber die Frage, ob das so nebenher geschehen könne. Er könne diese Fragé nicht beantworten, ohne die Kommunalbesteuerung in den einzelnen Provinzen studirt zu haben. Er könne also auch nicht sagen, wie es anzufangen sei, da ihm das Material fehle. Aber es falle ihm auf, daß Niemand daran denke, ob nicht auf anderen Gebieten zu sparen sei. Im Etat habe man große Positionen bewilligt, die man füglich hätte entbehren können. Er wolle nicht, daß diese Diskussion ins Land hinausgehe, ohne daß nicht wenigstens eine Stimme die Nothwendigkeit einer Be— schneidung des Etats betont habe. Nach den Aeuße⸗ rungen, welche man von der Regierungsbank gehört habe, liege es auf der Hand, daß diese Vorlage in der Voraussetzung gemacht worden sei, daß das Tabackmonopol angenommen werden würde, und dies sei für ihn der Grund, weshalb er nicht näher auf dieselbe eingehen werde, weil man für seine Partei dadurch ein Präjudiz schaffen wolle. Diese Pandorabüchse sollte erst im Reichstage feiner Partei gereicht werden. Sodann wisse man gar nicht, was man von den neuen Steuern im Reich selbst gebrauche, das dem Hause vorgelegte Programm gewähre also nicht die ge⸗ gr Garantie für seine Verwirklichung. Wenn das 8 dürfniß auf der einen Seite da sei und das Geld auf der andern, so sei ein Programm ganz überfluͤssig. Man habe ja gesehen, mit welcher Leichtigkeit man Verfassungsparagraphen beseitige, warum solle man nicht ein Programm aus dem Fenster werfen? Man lebe ja in der heutigen Zeit von Gesetzeseinfällen. Deshalb verstehe er den Werth 1 den die Regierung auf dieses Gesetz lege, aus dem sel st eine Kommission nichts Gedeihliches . könne. Nach seiner Meinung seien auch alle bisherigen Redner gegen das Gesetz gewesen, am günstigsten habe noch der Abg. von Minnigerode geurtheilt, aber auch dieser sei nur für den Grundgedanken des Gesetzes allerdings auch ohne denselben zu deßiniren. Wenn auch die Regierung den besten Willen habe, der Kommission Materigl zu liefern, so könne sie dies doch gar nicht ohne Sicherheit in der Steuerresorm, ohne eine solche in Bezug auf die Schulreform, ohne die Bezeich⸗ nung der Beamtenkategorien, die Gehaltserhöhungen haben sollten, und ohne Sicherheit auf dem Gebiete der ——

besteuerung. Und glaube man denn, daß sich das Herren⸗

haus mit solcher Leichtigkeit und in kurzer Zeit schlüssig

machen werde? Auch er meine, daß die Ausdehnung der

jetzigen Session sich ungebührlich in die Länge ziehen würde,

wenn man auf kommissarische Verathung eingehen würde. Möge

sich doch die a 5 Augen führen, daß, wenn man e

des Oesteren einen Gesetzentwurf immer wieder vor die Vollg⸗ vertretung bringe gegen ihren Willen, die letztere schließlich unwillig werde, und mit einer unwilligen Volksvertretung konne eine Regierung gar nichts machen. Von seinen Freunden seien übrigens auch nur einige geneigt, in eine solche Kommission einzutreten bei der jetzigen Geschäftelage. In anderen Frak⸗ lionen werde das nicht besser sein, und, sei die Frage wirklich so wichtig, so möge sie in einer besonderen Session geregelt werden. Er könne sich übrigens der Annahme nicht ver— irc, als ob man mit dieser Vorlage nur auf die Seffent⸗ leit einwirken wolle. Komme das Monopol nicht, so s man, da seien die bösen Menschen, die das Gute, was d Regierung gewollt habe, vereitelt hätten. Mit R cht auf diesen 8268 Zweck der Vorlage wolle er, daß diefelbe hier in voller entlichteit berathen werde, und stimme deshalb für eine Berathung im Plenum.

Der Abg. i, von Jedlitz und Neukirch erklärte, er sei mit seinen politischen Freunden für die Verathung des Ent⸗