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se vergleicht, so bat sich im Laufe des Jahres 1880 eine ortwährend steigende Tendenz ergeben, 1881 auch noch, 1887 aber wieder eine e 1 Tendenz. Es ist also nach keiner Richtung 6 erklären, daß der Schmalzpreis nie wieder den früheren Standpunkt erreichen würde. Es bildet das Schmalz einen Welt- bandelsartikel, die Preisfluktuationen in diesen Waaren sind außer ordentlich groß, und es ist schwer zu sagen,“ welche Gründe für die Erhöhung oder Erniedrigung mitgewirkt haben. Ich glaube deshalb, daß sich das abfällige Urtheil über den Schmalzzoll aus den vor getragenen Preisen in keiner Weise rechtfertigen läßt. Ich will aber auf diese Seite der Frage gar nicht eingehen. Ich glaube, daß es keinen ungeeigneteren Zeitpunkt geben kann, um die Aufhebung des Schmalzzolles zu beantragen, als den jetzigen. Meine Herren, es wird Ihnen ja bekannt sein, daß in Oesterreich die Einfuhr von Schmalz vollständig verboten ist, und daß in Frankreich die Einfuhr von gmerikanischem Schweinefleisch untersagt ist. Es wird Ihnen ferner bekannt sein, daß sehr erhebliche sanitätspolizeiliche Bedenken auch in Deutschland bereits geäußert worden find gegen die Einfuhr von Schweineschmalz und Schweinefleisch aus Amerika. Es liegt mir nicht ob, diese Bedenken hier eingehend zu prüfen und zu würdigen,
ich deute nur darauf hin und möchke dabei hervorheben, daß von vielen Seiten ausdrücklich im sanitätspolizeilichen Interesse verlangt wird, daß auch in Deutschland Einspruch gegen die Einfuhr von Schweine⸗ schmalz und Fleisch erhoben werden soll. —⸗
Dieser Sachlage gegenüber würde es in der That vollständig ungerechtfertigt sein, nunmehr durch Aufhebung des Schmalzzolls die Einfuhr von amerikanischem Schmalz wieder zu begünstigen und zu befördern. Ich glaube also nicht — kann es freilich Namens der. verbündeten Regierungen nicht erklären — ich glaube nicht, daß dieser Antrag irgendwie Berücksichtigung finden wird. Ich beschränke mich zunächst auf diese Bemerkungen.
Der Abg. von Wedell⸗-Malchow erklärte, seine politischen Freunde und er ständen dem Antrage Schmidt wohlwollend gegenüber, und würden gegen den Antrag Barth stimmen. Der Zoll auf Schmalz sei ein landwirthschaftlicher Zoll und seine Partei werde sich nicht gefallen laffen, daß man irgend eine Bresche in diese landwirthschaftlichen Zölle lege. Man möge über die Schutzzölle denken, wie man wolle, ihre Wirkungen mögen auch nach der einen oder andern Seite hin überschätzt werden, sie seien aber einmal da, es seien die ver— schiedensten Interessen gegeneinander abgewogen worden, und seine Partei könne sich hier keinen Einbruch gefallen lassen. Was der Abg. Barth hier gegen den Schmalzzoll angeführt 6. sei schon 1879 sorgfältig erwogen worden. Uuch die Preis— chwankungen seien, wie der Kommissar gezeigt habe, kein Argu⸗ ment dagegen. Wenn einmal Schutzzölle existirten, so müͤsse auch eine gewisse Gleichmäßigkeit vorhanden sein. Dieser Zoll von 5 per Pfund belaste den Konsumenten gar nicht. Hebe man denselben aber auf, so beschränke man das Absatzgebiet für das deutsche Schmalz, und schädige dadurch die Landwirth— schaft. Die Linke spreche immer von dem armen Mann; er wolle einmal gegen die Linke den armen Mann auf dem Lande ins Gefecht führen. Die Verwerthung des von dem— selben geschlachteten Schweines hänge wesentlich davon ab, welchen Preis derselbe für das Schmalz erziele. Dem Gesetz— entwurf selbst stehe seine Partei sympathisch gegenüber. Der Stand des Mühlengewerbes in Deutschland sei nach sorg— fältig von ihm eingezogenen Erkundigungen ein sehr pre⸗ kärer. Viele Mühlen hätten ihren Betrieb einstellen müssen. Große Etablissements seien zwangsweise verkauft, und hätten sehr geringe Preise erzielt. Es sei die höchste Zeit, diesem Gewerbe zu helfen, und er bedauere sehr, daß es nicht ein Jahr früher geschehen sei. Es würde viel Unglück erspart worden sein. Doch sei zu hoffen, daß nach Einführung dieser Bestimmung es wieder möglich sein werde, den Export zu ver⸗ rößern und diejenigen Exportländer, die Deuischland ver⸗ oren habe, wie Holland, Belgien, England, Schweden einiger— maßen wiederzugewinnen. Auch die Mühlen im Binnenland würden einen Nutzen haben, denen die großen Etablissements für Export wegen Mangels an Absatz erhebliche Konkurrenz gemacht hätten. Namens seiner Freunde könne er dem Hause die Annahme des 5. 1“ nur warm ans Herz legen. 5. 2 enthalte Zollerlcichterungen, die zum Theil schon 1879 hätten gewährt werden können, zum Theil aber einer sachlichen Prüfung bedürften, bevor man darüber ent⸗ scheiden könne. Seine Partei werde in der zweiten Lesung bestimmte Stellung nehmen. Was die geschäftliche Behandlung betreffe, so sei seine Partei für Plenarberathung, da alle diese Dinge 1879 und später ausführlich hier erörtert worden seien, event. sei es ja nicht ausgeschlossen, einzelne Positionen einer Kommission zu überweisen.
Der Abg. Dr. Stephani war der Meinung, daß vor allen Dingen den durch die Zollgesetzgebung getroffenen Gewerben Ruhe gelassen werden müsse, um die Wirkung der neuen Zölle beobachten zu können. Eher werde ein Gewerbe einen schlechten Tarif er⸗ tragen, als ein fortwährendes Rütteln an den Grundsätzen der Zollpolitik. Diese, seine und seiner Freunde Anschauung, die zunächst bezwecke, eine ehrliche Probe auf die Grundsätze der . . zu machen, hindere nicht, heute schon Mängel im
arif zu beseitigen, die eine Aenderung des Systems nicht mit sich führten. Die Zustände in Deutschland krankten an einem ununterbrochenen Schwanken aller Verhältnisse; hier, und namentlich auf dem Gebiete der Zollgesetzgebung Ruhe u schaffen, halte er für dringend nöthig, und könne deshalb fur mehrere der vorgeschlagenen Zolländerungen stimmen; da⸗ gegen müsse er sich gegen die Aufhebung des Schmalzzolles erklären, die eine Verletzung des Systems darstellen würde, obwohl er seiner Zeit gegen diesen Joll gestimmt habe. Er Ef daß in nicht zu serner Zeit eine Aenderung des ganzen Systems der gegenwärtigen Zollpolitik stattfinden werde.
Der Abg. Dr. Bamberger bemerkte, die ältesten Leute er⸗ innerten sich gewiß nicht einer so friedlichen Zolldebatte, wie die heutige sei. Man werde es daher einem alten Zöllner nicht verdenken, wenn deiselbe auch seinen Theil an dem Feste rellamire. Auch er meine, daß die Linke die Novelle im Ganzen nur mit einem Gefühl der Vefriedigung entgegen⸗ nehmen könne. Denn wenn auch einzelne Vertheuerungen sie verunstalteten, so komme es seinen politischen Freunden, den prinzipiellen Gegnern des Tariss, im Gegensatz zum Vorredner vielmehr darauf an, sich einmal klar zu werden, und dem Volke klar zu machen, wie es mit Prinzipienfragen stehr, um die man früher gestrüten habe, und welchen Weg man in den 3 bie 4 Jahren seit dem neuen Zolltarif in der allge— meinen Denkungsweise in Deutschland zurückgelegt habe. Er wisse zwar, man thue sich sehr viel zu Gute darauf, prinziploßs zu sein, wenn man sich einen Praktiker nennen wolle, aber Niemand habe noch behauptet, daß man aller und jeder Logik entsagen müsse, um nur nicht in den Verdacht zu kommen, ein Theoretiker zu sein. Und bei diesem Appell an die Logik werde man bei Prüfung der Vor— lage und ihrer Motive entdecken, daß hier von der Regierung
Satz hingeworfen, derselbe werde sich zu Zollerleichterungen niemals, zu Zollerhöhungen immer breit finden lassen. Er (Redner) habe diesen Satz, wie so manchen andern, ber vom Bundesrathetische dem Hause entgegengeschleudert sei, niemals als sehr ernst und bitter gemeint, fondern als eiwas auf⸗ gefaßt, was man im überschäumenden Gefühl des Siegers zur Ermunterung der eigenen Schaaren den Gegnern provozirend an den Kopf geworfen habe. Aber ebenso wenig bewahrheite die Vorlage den anderen berühmten Satz, daß das Ausland den Zoll zahle; sie sage vielmehr ausdrücklich, daß der Zoll die Preise so vertheuere, daß der Ausländer den Deutschen die Waare nicht mehr abkaufe, wenn Deutschland sie dem Auslande über den Durchschnittspreis des Weltmarktes aufdringen wolle, und die Vorlage beweise, daß wenn der Ausländer zum Konsumenten werde, Deutschland ihn nicht zwingen könne, den Zoll zu bezahlen, den man für den Inländer auferlege. Worin liege denn. das Geheimniß, daß dieser so eifrig ver— theidigte Satz preisgegeben sei? Einfach deshalb, weil man den Ausländer nicht zwingen könne, den Zoll zu bezahlen, wie den Inländer. Der müsse pariren, zahlen, entbehren, denn derselbe stehe innerhalb des Bannes der Grenze, aus dem es kein Entrinnen gebe, und man merke demselben nicht eher etwas an, als bis es zu der Kalamität komme, daß ein Zoll den Konsumenten keschränke, verletze und dadurch auch die an der Konsumtionsfähigkeit interessirte Produktion schä— dige. Aber der Ausländer lasse sich nicht zwingen, der empöre sich, der sage: quod non! und hier werde im Wege der Export⸗ industrie der Beweis geliefert, daß der Inländer geschaͤdigt werde. Man hätte es auch nicht entdeckt, daß die Zölle die Konsumtionspreise vertheuerten, wenn nicht bei der Mühlen⸗ industrie speziell das Exportinteresse geschädigt würde, für welches die Schutzzöllner von jeher ein besonderes faible hätten, weil sie denn doch auf dem merkantilistischen Stand⸗ punkte ständen, daß das Verkaufen und Geldeinnehmen die Hauptsache sei, und nicht das Produziren. Weil es sich hier um den Export, um das Verkaufen handele, des⸗ halb erkenne man den Fehler an. Aber glaube man nur nicht, den Trost zu haben, daß man nun wirklich lediglich mehr hinausschaffe und weniger hereinschaffe. Durch Vermeh⸗ rung des Exports vermehre man auch den Import. Es sei merkwürdig, die Freihändler gälten immer für Diejenigen, die den sogenannten Krämerstandpunkt einnähmen; wenn man aber der Sache näher ins Gesicht sehe, und wenn man ein verletzendes Wort gebrauchen wolle, dann sei der Standpunkt des Schutzzöllners viel eher der des Krämers, denn derselbe wolle nur immer Geld einnehmen, während der Standpunkt des großen Verkehrs und der Produktion der sei, möglichst viel Güter zu erzeugen, und dazu gehöre auch das Güterein— tauschen. Denn das Geld einnehmen, spiele im Welthandel eine verschwindend kleine Rolle. Deutschland habe beispiels⸗ weise 1880 für 3 Milliarden exportirt, darunter Export an Edelmetallen und Geld 50 Millionen, und Deutschland habe 2900 Millionen importirt, darunter 35 Millionen Edelmetalle. Man sehe, der ganze Welthandel gehe nur in Waaren vor sich, und deswegen sei die ganze Theorie des Schutzzolles gegen den Waarenimport gänzlich verfehlt. Sein Freund Stephani verstehe die ehrliche Probe doch in einem allzu buchstäblichen Sinne. Kein Mensch werde verlangen, es solle bei 66 einzelnen Artikel erst versucht werden, ob die aare, wie der Zolltarif sie behandele, wirklich das Ausland schädige oder nicht. Man würde dann so lange warten, bis alle Produktions- und Industriezweige ruinirt wären 31 habe man doch einen handgreiflichen Fall, daß der
oll die Waare vertheuüere, und daß die vertheuerte Waare die Industrie schäbige, und so sei es auch mutatis mutandis mit allen Industrien, die sich der fabrikate vom Auslande her bedienen Dpposition des Abg. Stephani gegen die Aufhebung des Schmalzzolles betreffe, so wolle er demselben zugeben, daß er einen gewissen Grund habe, wenn er den Schmalzzoll für einen integrirenden Theil des sog. landwirthschaftlichen Schutz⸗ . halte. Er unterscheide sich vielleicht da von manchem einer eigenen Gesinnungsgenossen. Er sehe die landwirth⸗ schaftlichen Zölle nicht als diejenigen an, die vor allen Dingen um jeden Preis beseitigt werden müßten. Er wolle nicht ent⸗ scheiden, was schädlicher, was ungerechter sei, die landwirth⸗ schaftlichen oder die industriellen Zölle, aber ihm sei eins klar: der ganze Anstoß gegen das frühere gemäßigte Zollsystem sei von der Industrie ausgegangen. Es sei den Liberalen ja so oft vorgeworfen worden, daß, wenn sie nicht die Eisenproduzenten gereizt hätten, man nicht die Tarifreform bekommen hätte. Die Industrie, trotzdem sie außerordentlich bevortheilt sei, werde es auch zuerst fühlen, mehr als die Landwirthschaft, denn sie könne besser rechnen als diese; ihre ganze Thätigkeit sei darauf angelegt, sich Rechenschaft von dem Zusammenhange der Dinge zu geben, die Ziffern drängten sich ihr viel mehr auf, die Wirkungen seien viel drastischer, sie werde auch viel eher an dem jetzigen europäischen Absperrungssystem rütteln. Er würde deshalb auch nicht der Aufhebung des Schmalzzolles zugestimmt haben, wenn er geglaubt hätte, daß diese einzelne Position in ihrer Beseitigung einen wesentlichen Eingriff in die sog. landwirthschastlichen Zölle bilde. Wenn das Schmalz wirklich schädlich oder gar gistig sein sollte, so befremde es ihn doch, wie man es durch einen höheren Zoll weniger schäd⸗ lich zu machen suche. Man hätte doch in diesem Falle die Einfuhr des Schmalzes verbieten sollen. Steige aber der Preis des Schmalzes, so solle man ihn durch den Zol nicht noch verstärken. 8 Bezug auf 8. 1 stehe er ganz auf dem Standpunkt des Regierungsvertreters, er werde in jedem einzelnen Falle genau prüfen, finde sich aber eine Industrie in solcher Kala⸗ mität, wie die Müllerei, so müsse geholfen werden. Habe man einmal gesündigt, so müsse man auch bereuen können. Es sei aber Zeit, daß man sobald wie möglich mit Beseitigung der gleichartigen Zölle vorgehe, und auch hier wolle er nicht langer eine „ehrliche Probe“. In zweiter Lesung werde sich nament⸗ lich über die Bestimmung des Wiederverkaufs ausländischen Getreides noch reden lassen. — Den Antrag aus Barmen könne er nur aufs Wärmste empfehlen, auch hier müsse man nach dem Prinzip verfahren: seine Fehler baldmöglichst wieder gut zu machen. Die ganze Vorlage in zweiter Lesung im Plenum zu behandeln, halte er nicht für thunlich; für die Position 1, 2 und 3 sei das wohl möglich, nicht aber für die übrigen. Er befürworte das haupt— sächlich im r f der Abkürzung der Session. In den letzt⸗ genannten Positionen sei man einseitig auf Wunsch einzelner
Rohstoffe und Halb— müßten. Was die
Interessengruppen vorgegangen; man i nicht die Gesetze
und dann die Motive gemacht. Der Schieferzoll solle einge— führt werden zu Gunsten des . weil dieser noch e
Prinzipien anerkannt würden, die fie bis jetzt fortwährend verleugnet habe. Der Reichskanzler habe einmal den kühnen
nicht genug entwickelt sei, und keine Mittel besitze; die Inter⸗ essen des Baugewerbes seien dabei ganz außer Ucht gelassen.
Das Motiv der Vorliebe für das Ausländische könne doch bei einem Schieserdach nicht in Betracht kommen, wie etwa beim Champagner. Er wünsche also, daß hierfür eine Kommission ein⸗ gesetzt werde; er werde dann wohl noch Gelegenheit haben — 1 Bedenken anzubringen. Auch wünsche er nicht, daß die deutsche Industrie durch lange Reden hier in pieno noch mehr beunruhigt würde; das Tabackmonopol habe in diefer Beziehung bereits mehr als genug gethan. Ein anderer Punkt, der in der Kommission besser behandelt werden könne, als hier in plene, sei das Kapitel der Zollkuriosa, oder vielmehr
ollstandalosa. Hier hätten die Schutzzöllner dem Hause zu
eweisen gesucht, daß jeder Zoll ein „gutes, harmloses Ding“ sei, das Niemanden schade. Die Herren sollten die deutschen Industrieverhältnisse besser studiren, dann würden diefelben die Zölle nicht für so harmlos halten. Man habe sich an der Mühlenindustrie, an der Barmer Industrie, an der Kratzenindustrie überzeugt, wie der Zoll ein⸗ greife in die Konsumtion und namentlich in die für Deutsch⸗ land so wichtige Exportindustrie. Man habe eine Reihe ge⸗ lehrter und ungelehrter Landsleute, die sich jahraus jahrein quälten, irgendwo im Ozean eine wüste Insel zu finden, die man mit deutschen Bauern bevölkern könnte, die dann in i. kunft ihre wollene Jacken aus Deutschland kommen la sen könnten, um die deutsche Industrie zu heben. Es gebe eine viel einfachere Art, die Exportindustrie Deutschlands zu för⸗ dern, das sei: sie so wenig als möglich beim Bezug ihrer Rohprodukte zu belästigen. Diesen Weg habe man betreten, und entgegen dem Kollegen Stephani hoffe er, daß man nicht dabei stehen bleiben, sondern daß man dazu kommen werde, die Industrie noch weiter zu entlasten.
Hierauf ergriff der Bevollmächtigte zum Bundesrath Staatssekretär des Reichsschatz Amts Scholz das Wort:
Ich habe nicht recht verstanden, wie der geehrte Herr Vorredner ich die Aufgabe der Kommission denkt, die er dem hohen Hause vor⸗ chlägt zur Berathung eines Theiles der Gesetzes vorlage zu wählen, wenn er meint, daß diese Kommission zu gleicher Zeit geeignet sein würde, das Kapitel der Zollkuriosa in nähere Behandfung zu nehmen. Ich finde in der Gesetzesvorlage oder einem Theile derfelben, der der Kom⸗ mission zur Vorberathung überwiesen werden könnte, kaum eine Handhabe für die re fon sich zu gleicher Zeit mit diesen Zoll⸗ skandalosa, wie der Herr Abgeordnete sich nachher verbessert hat, zu beschäftigen. Ich glaube, es war wohl nur eine etwas gewaltsam herbeigeführte Gelegenheit, diesem Kapitel in den Berathungen hier einen Platz zu geben und ich möchte darauf nur mit der Erwiderung begegnen, daß der Bundesrath mit den neuen Bestimmungen über die Tara, welche den begründeten Klagen nach dieser Richtung abzuhelfen geeignet sind, befaßt ist, 16 die Ausschüsse ihre Berathung bereits beendigt haben, und da in der That in Kürze das erwartet werden kann, was der Herr Ab⸗ geordnete in Zweifel zu ziehen schien. .
Ich bin nicht der Meinung, irgend ein Wort gegen den Vorschlag des geehrten Herrn Abgeordneten sagen zu wollen, die Nrn. 4,
und 6 des 5§. 2 kommissionell zu berathen; ich möchte im Gegentheil glauben, daß sich das gewiß empfiehlt; ich möchte nur gegen die Unterstellung Verwahrung einlegen, als ob die Regierung bei Nr. 1, 2 und 3 auf irgend einem anderen Wege zu ihrem Vorschlag gekommen sei, wie bei Rr. 4, 5, 5. Genau dieselbe Art und Weise des Vorgehens ist bei der einen wie bei den anderen Nummern eingeschlagen. .
Ich habe im Anfange der Rede des Herrn Abgeordneten, wie ich mir notirt habe, gehört, daß er gesagt hat, diese Vorlage sei eine wahre Sammlung von Beispielen, an denen man überall, das Prinzip des ganzen Tarifes eigentlich zu erörtern in der Lage wäre, und es sei ein gewisser Triumph für die andere Seite des Hauses, welche an dem Zustandekommen dieses Tarifs nicht mit Theil genommen habe, zu sehen, wie überall die Prinzipien verleugnet werden 37 die früher gnerkannt worden sind. Ich habe nachher in der Rede des Herrn Abgeordneten mit Freuden gehört, wie er den Standpunkt der Regierung bei dem Vorschlag zur Erleichterung des Müllergewer⸗ bes in ganz objektiver und freundlicher Weife anerkannt hat,
daß die Regierung dabei nicht ihre Prinzipien verleugne, sondern in
dankenswerther Weise eine Ausnahme zulasse, von deren Nothwendig⸗ keit sie sich überzeugt habe, 1 sie nachgebe in einem Punkte, wo sie wiederholten einmüthigen Aeußerungen des Reichstages gegenüber gestanden habe. Also auf die Mühlenindustrie konnte sich der allgemeine Eingangsvorwurf des Herrn Abgeordneten kaum beziehen. Bezüglich des Walzdrahtes hat er eben falls anerkannt, lee. die Regierung ganz konsequent ihrer Stellungnahme zur Sache hier diese Verbesserungen vorgeschlagen hat. Ebenso hat er anerkannt, daß in Bezug auf die Perlmutterschalen nichts anderes geschehen sei, als wie was im Tarif ursprünglich schon bei den Elfenbeinstücken geschehen sei. Ich habe mich vergeblich be⸗ müht, dies in Einklang zu bringen mit der allgemeinen Anschuldi⸗ gung, es liege eine Vorlage vor, bei der allgemeine — ver⸗ leugnet werden müßten und die Ihnen zum Triumphe ge⸗ reiche. Ich kann vielleicht Aufschluß darin finden, daß der Herr Abgeordnete gemeint hat, zwei große Sätze, die der Herr Reichskanzler früher ausgesprochen habe, seien schlagend widerlegt. Der Herr Reichskanzler habe einmal gesagt, Zollerleichterungen werde er niemals, Zollerhöhungen gerne zustimmen, Nun, daß solch ein Ausspruch nicht in dem Sinne zu verstehen ist, daß absolut kein Fall denkbar sein sollte, in dem nicht eine Zollerleichterung als nothwendig, zweckmäßig, als im Sinne der Regierung anerkannt und dann auch zugelassen werden würde, das brauche ich wohl kaum auszuführen. Man könnte einen allgemeinen Satz kaum jemals aus- sprechen, wenn man der Gefahr ausgesetzt wäre, in der Weise inter pretirt zu werden. Ist die Zustimmung der Regierung nicht aber auch schon früher zur Erleichterung des Flachszolls aut gesprochen Da haben Sie schon, wenn Sie meinen, einen Triumph in der Rich⸗ tung zu bedürfen, den Triumph einer zugestandenen Zollerleichterung bereits gehabt.
Der andere Satz, den der Herr Abgeordnete als nun schlagend widerlegt ansieht, ist, daß das Ausland den Joll bejahlt. Meine Herren, es ist ein höchst gefährliches Thema, hierauf immer wieder zurückzukommen. Ersteng ist von keiner Seite jemals behauptet worden, das Ausland müsse unbedingt und unter allen Umständen den Zoll bezahlen.
Es ist das nicht in dem Sinne unbedingt geschehen, es ist stets anerkannt worden, daß es auch zahlreiche Kombinationen giebt, wo nicht das Ausland den Zoll bezahlt. Nun aber, der Herr Abgeord⸗ nete scheint anzunehmen, es stehe fest, daß das Ausland den Zoll nie mals bezahlen 8961 Ich will ihm das aber gar nicht antbun, ich will nicht sagen, daß er das behauptet, aber wenn daß Jemand behauptet, so ist das doch auch offenbar falsch. Der Herd Abge⸗ ordnete meint, die Erklärung des Räthsels liege fehr nahe, der In⸗ länder werde gejwungen, der Ausländer werde nicht gejwungen durch das Zollgesetz. Gewiß wird der Ausländer durch daz Zollgesetz nicht gejwungen, seine Waaren zu importiren, aber eg giebt doch tausend andere Dinge, wie die Gesetze eines fremden Landes, wodurch man doch zum Export und zum Import und vielleicht auch gerade zum Import in das Land ge⸗ jwungen wird, wo der Zoll erhoben wird. Ich will z. B. unsere Rübenzuckerindustrie erwähnen; dieselbe ist in einem Maße entwickelt, daß, glaube ich, darüber wird Niemand einen Widerspruch erbeben, sie unmöglich den Zucker, den sie . kann.
. produzirt, im Inlande Nehmen Sie den a e. andere Länder, wohin bisher der Export unserer Zuckerindustrie gegangen ist, einen Zoll oder einen höheren Zoll auf den Zucker legen, meinen Sie da, daß unsere Nübensuckerfabrikanten sagen werden: von diesem Gesetze lasse ich mich nicht zwingen, ich führe meinen Zucker nicht dahin aus? Gewiß wird es keinem Menschen einfallen,
so zu verfahren, die Fabrikanten werden zwar nicht durch das für Deutschland nicht geltende Gesetz gejwungen werden. wohl aber durch die Macht der , gezwungen werden, unter Umständen diesen fremden Zoll zu tragen. Es wäre ja auch gar nicht erklãr · lich, daß, so wie man die geringste Nachricht liest von Zollerhöhungen in, Rußland, Oesterreich, so viel Socgen losgehen, wenn uns das Alles nichts anginge, wenn uns das nicht zwänge“; wir hãtten ja kaum nöthig, die Zeitungsartikel darüber zu lesen, geschweige uns ernstliche Mühe zu geben, solche Schädigungen von unseren Landes genossen abzuhalten. 1 . *
In ähnlicher Weise, meine Herren, scheint mir die Kampfesweise des Herrn Abgeordneten bezüglich des Schmal zʒolles anfechtbar zu sein. Er hat Ihre Heiterkeit erregt und gewissermaßen die Aeuße— rungen vom Regierungstische darüber dem Lächeln preisgeben wollen, indem er deduzirt hat: Ja, Gesundheit macht man doch nicht mit
öllen, man macht ein giftiges Ding doch nicht weniger giftig durch öhexren Zoll. Wo hat es sich nun in aller Welt um eine Zoll⸗ erhöhung für Schmalz gehandelt? Wo hat die Regierung iemals den Gedanken ausgesprochen, sie schlage Ihnen einen höheren Schmalzʒzoll aus FGesundheitsrücksichten vor? Das ist keinem Menschen eingefallen.
Die Thatsache ist die: es liegt jetzt ein Antrag vor auf Er⸗ mäßigung oder Abschaffung des Schmalzzolles und da wird als mehr nebensächliche, zur Erwägung zu stellende Rücksicht unter anderen geltend gemacht, der Zeitpunkt wäre jetzt gewiß nicht recht geeignet, wo es sich gerade um Untersuchungen darüber handelt, ob die Schmalz— einfuhr nicht überhaupt zu verbieten sei. Ich glaube, meine Herren, nach alle dem, daß die Rede des geehrten Herrn Abgeordneten in diesem Falle als wirklich zu Triumphen Veranlassung gebend oder von solchen zeugend nicht angesehen werden kann.
Der Abg. Dr. Reichensperger (Crefeld) fand, daß der Abg Vamberger den einen Gedanken besonders stark urgirt habe, daß durch Zollmaßregeln die Industrie nicht gehoben werden könne. Aber habe nicht die Navigationsakte, die Kon⸗ tinentalsperre und Schutzzollsystem in Nordamerika nicht nur die bestehenden Industriezweige gehoben, sondern ganz neue ins Leben gerufen? Er möchte sich jetzt nur noch eine Anfrage erlauben, die nicht in das Gebiet der Zollkuriosa oder Zollskandalosa fallen solle, sondern einen ernsten Gegenstand betreffe. Nach Position 21 des Tarifs würden Lederwaaren mit 70 (M6, nach Position 27 Papiertapeten mit 24 M verzollt. Nun liege ihm ein Fall vor, in dem imitirte Ledertapeten mit einem Zoll von 70 , belegt seien. Er lege dem Hause hier eine Probe vor; jeder könne sich leicht überzeugen, daß es sich hier einfach um Papiertapeten handele, und trotzdem sei diese Imitation von der Zollbehörde als Ledertapete angesehen worden. Er möchte Seitens der Vertreter der Bundesregierungen sich Auskunft über diesen Fall erbitten.
Demnächst nahm Reichsschatzamt Burchard das Wort:
Meine Herren! Ich weiß zwar nicht, ob diese Anfrage in der Generaldebatte über den vorliegenden Gegenstand so recht ihre Stelle zu finden hat, und möchte auch darauf hinweisen, daß diejenige Ent— scheidung, welche dem Herrn Vorredner Anlaß zu der Ausstellung ge—⸗ geben hat, nicht etwa eine Entscheidung des Bundesraths ist, sondern der preußischen Zollverwaltung, daß es also in diesem Haufe und von dieser Stelle aus in der That schwer ist, auf den Gegenstand einzu⸗ gehen. Ich will aber doch auf die Anfrage nicht jede Antwort unterlassen, und möchte darauf hinweisen, daß die Handhabung des Zolltarifs nothwendigerweise im Allgemeinen, ganz abgesehen von dem speziellen
all, den ich jetzt einer Prüfung gar nicht unterziehen kann, die Auf— 5 ung zu Grunde liegt, daß wirkliche Imitationen von Waaren so behandelt werden müssen, wie die Waaren selbst.
Man kann unmöglich den Zollbeamten in die Nöthigung ver— setzen, genau zu prüfen, ob hier die Waare selbst oder eine weit⸗ gehende Imitation vorliegt, sondern der Zollbeamte muß sich an die allgemeine landläufige Bezeichnung der Waare halten. Ob das nun im vorliegenden Falle genau zutrifft, vermag ich nicht zu übersehen, ich vermag nur zu erklären, daß der Bundesrath sich mit dem Gegen stande noch nicht beschäftigt hat. ;
Der Abg. Sandtmann erklärte, alle Parteien seien wohl Über jede kleine Erleichterung, welche irgend einer Industrie und einem Gewerbe gewährt werde, erfreut, und so gehe es auch ihm in Bezug auf die Erleichterung für die Mühlenindustrie und die Kratzendrahtfabrikation. Auf der anderen Seite aber sei diese Freude sehr verkümmert durch die Erhöhungen, welche diese Vorlage bringe und so gewiß jene Erleichterungen aus rein sachlichen Erwägungen entsprungen und jedenfalls als eine Sühne für die Irrthümer der Zollgesetzgebung von 1879 anzusehen seien, so wenig möchte er es für gerechtfertigt halten, wenn schon jetzt Erhöhungen versucht würden, und da— mit aufs Neue für eine ganze Anzahl von Industrien und Gewerben wie für den Handel diejenigen Fatalitäten wachgerufen würden, über die man sich gerade im Allgemeinen beklage. Einmal sei es durchaus nothwendig, daß sowohl der Handel als die Industrie in möglichster Ruhe erhalten würden, um ihre Geschäfte nach allen Richtungen hin vernünftig und tüchtig wahrnehmen zu können, und zum anderen würden gerade diese Veränderungen im Zolltarif in den verschiedenen Positionen nur dazu beitragen, ähnliche unangenehme Vorfälle, wie man sie mit dem Namen „Zoll⸗ kuriosa“ belegt und nun bereits so vielsach kennen gelernt habe, aufs Neue zu schaffen. Seine Partei könne daher nur Erleichterungen da, wo sie durch die Erfahrung geboten würden, so viel als möglich eingeführt wünschen, weitere Er⸗ schwerungen durch Zollerhöhung aber müsse seine Partei durchaus als unerwünscht ansehen und ihnen ent⸗ gegentreten. Veispielsweise liege in Bezug auf Seiler⸗ waaren kein Vedürfniß nach Erhöhung des Tariss vor, und wenn die Motive sagten, daß die 1879 eingesührten Zollsätze eine Abnahme der Einfuhr kaum bewirkt hätten, so dürften doch die Zahlen dafür sprechen, daß das ganz erheblich der Fall gewesen sei. Im Jahre 1877 seien 6961 Doppelcentner und 1873 7600 Doppelcentner eingeführt, während im Jahre 1880 nur 5832 und 1881 4765 Doppel centner eingeführt seien. Das seien aber vorzugsweise Seilerwaaren, welche der Schifffahrt dienten, und wenn auf der einen Seite das Interesse für die Seilerindustrie betont werde, so sei auf der anderen Seite nicht minder das Inter⸗ esse der Schiffahrt ein wesentliches, und die hier vorgeschlagene Erhöhung dürse auf minbdestens jo i! des Werthes ver⸗ anschlagt werden. In Bezug auf Honig fei bereits von ver⸗ schiedenen Seiten daruf hingewiesen, daß die Erhöhung von 3 auf 20 M eine so kolossale fei, daß in Wahrheit weitgehende Interessenkreise der Fabrikation davon auf das stärkste berührt würden; während auf der einen Seite doch eben nur das Interesse der Bienenzüchter berücksichtigt sei, das nicht einmal davon berührt würde, siänden auf der andern Seite auch viele Aeußerungen des Gewerbes der Kuchenbäckerei dem ent— i daß es sehr schwierig erscheine, denselben nicht ent⸗
der Direktor im
prechen zu sollen. Beim Schieser liege die Sache aber so, aß, wenn überhaupt von der Industrie selbst in früheren Jahren nur ein Zollsatz von 1 6 als der höchst gewünschte und erreichengwerthe betrachtet sei, und man denselben jetzt voll gewähren wolle, man damit doch zu weit gehen würde.
Es dürfe nicht übersehen werden, daß die Interessenkreise in Deut schland sehr verschieden seien. Er m te darauf hin⸗ weisen, daß an den Seeküsten vorzugsweise englischer Schiefer nur deshalb gebraucht werde, weil mit der besseren Qualität der Waare zugleich ein billigerer Preis sich verbinde und es nicht möglich sein würde, bei den theuren Landfrachten dort deutschen Schiefer zu gleichen Preisen zu bekonmmen. Es möge allerdings aner— kannt werden, daß die Regierung bei einzelnen ihrer Bauten im Norden deutschen Schiefer verwendet habe, aber es fei ein Unterschied, ob bei einem großen und solide aufzurichtenden Ge⸗ bäude ein schwerer Schiefer verwendet werde, oder ob allge⸗ mein dazu die Nothwendigkeit vorliegen sollte. Der englische Schiefer könne viel feiner gespalten werden, und in Folge dessen könne das Dachgerüst viel schwerer sein. Durch die Erhöhung des Schieferzolles würde man also dem ganzen Baugewerbhe gleichsam einen Zwang anthun, in jedem einzel⸗ nen Falle Rücksicht auf die Konstrufktion des Daches wegen des größeren Gewichts nehmen zu müssen, und es würde um so mehr zu weit führen, als es nicht an Anzeichen fehle, daß es der Schieferindustrie nicht so schlimm ergehe, wie es in ihren Aeußerungen zu Tage getreten sei, und sie auf anderer Seite selbst ihr Geschäft als ein günstiges darstelle. Wenn weiter auf Palmitin und andere Fette eine Zollerhöhung beantragt sei, so wäre es wünschenswerth, diese Zölle wenn nicht ganz abzuschaffen, so doch zu erniedrigen. Gerade bei diesen Fetten lägen fatale Schwierigkeiten vor. Namentlich habe der Talg außerordentlich fatale Vorfälle bei seiner Verzollung hervor⸗ gerufen. Dadurch sei nicht allein die Basis jedes ruhigen Handels in dem Ärtikel erschüttert, sondern es seien auch nam⸗ hafte kaufmännische Firmen in Zollprozesse verwickelt worden. Man müsse vor Allem für möglichste Klarheit in den Bestim⸗ mungen sorgen. Das aber werde am besten erreicht, wenn der Zolltarif längere Zeit in Wirksamkeit sei. Man sollte den Erleichterungen freudig zustimmen, dagegen den Er— höhungen, die proponirt würden, mindestens eine sehr genaue Prüfung vorangehen lassen, die seines Erachtens nur zu einer Ablehnung führen müsse. .
Der Abg, Dr. Braun protestirte im Namen des gesetzgebe⸗ rischen Rechts des Hauses gegen die vom Direktor Burchard soeben geäußerte Anschauung. Der Abg. Reichen sperger habe auf die Kontinentalsperre hingewiesen. Aber dieselbe habe Napo— leon zu Grunde gerichtet, denn sie allein habe ihn gezwungen, immer weiter zu erobern. Und ebenso seien die Industrien zu Grunde gegangen, die durch sie ins Leben gerufen seien. Was aber von einer Gesinnung zu halten sei, die durch ein solches System im Lande hervorgerufen werde, davon ein Beispiel. Als der Befreiungsruf schon erklungen sei, habe die Stadt Düsseldorf Napoleon noch 4 Pferde wegen seiner außerordentlichen Verdienste um die nationale Arbeit votirt, und alle übrigen schutzzöllnerischen Städte aufgefordert, ihrem Beispiel zu folgen. Dem Antrag Bamberger, die Vorlage theilweise an eine Kommission zu verweisen, schließe er sich an, da verschiedene Punkte der genaueren Feststellung bedürften und die Motive jeder thatsächlichen Mittheilung ermangelten. Fälle, wo das Ausland den Zoll trage, könnten wohl im Mittelalter vorgekommen sein, aber niemals in der jetzigen Zeit, wo die Welt immer enger werde, und das Prinzip der internationalen Arbeitstheilung sich immer mehr Geltung ver— schaffe. Die Maßregeln zu Gunsten der Mühlenindustrie seien ihm lieb, aber sie kamen zu spät durch Verschulden der Re— gierung. Auch hier wolle man den Brunnen zudecken, nachdem das Kind hineingefallen sei. Die Majorität dieses Hauses glaube auch wohl nicht, daß dieser verspätete Schritt ausreichen werde gegen entstandene Thatsachen, die Mühlenetablissements in Holland, und gegen gefahrdrohende Maßregeln, wle man sie jetzt in Oesterreich⸗Ungarn erlebe. Er wolle der Regierung damit nicht Vorwürfe machen über die Vergangenheit, fondern dieselbe warnen vor der Zukunft. Betrachte er die Vorlage, so finde er in ihr Gutes und Schlechtes gemischt, bona mixtä malis, die Kommission werde Mühe haben, Korn und Spreu von einander zu scheiden. Wie auf der rechten Seite die handelspolitische Gesetzgebung gehandhabt werde, davon lege Zeugniß die Art ab, die Erhöhung des Zolles auf Honig von 3 auf 20 6 Die Molive bezögen sich hierbei auf eine Versammlung von Bienenzüchtern, die ein dahingehendes Verlangen kundgegeben hätten. Früher dagegen hätten, wie er aus Erfahrung wisse, sich diese respektabeln Gentlemen auf ihren Wanderversammlungen mit der Technik ihres Gewerbes, „der Apistik“ beschäftigt, heute wollten sie gar Fragen der Wirthschaftspolitit regeln. Weiter fei interessant, daß die Motive von österreichischen Bie⸗ nenzüchtern redeten, die an jener Versammlung — man wisse nicht wo und wann sie siattgefunden habe — theilgenommen hätten. Habe man denn in Oesterreich auch die Thürklinke zu der deutschen Gesetzgebung in der Hand? Er könne sich des Argwohns nicht erwehren, als ob diese Erhöhung überhaupt nur durch jene Oesterreicher ver⸗ anlaßt sei, die dadurch die ihnen lästigen Konkurrenten aus Amerika vom deutschen Markte verdrängen wollten. Deutsch— land produzire gar nicht so viel Honig, als es zu seinem eigenen Bedarf nöthig habe. Wozu also die Einfuhr durch Prohihbitivzölle einschränken? Damit fördere man nur die gesundheitsschädlichen Surrogate. Der Direktor Burchard sage weiter, daß für die Honigkuchenbäckerei vorzugsweise Micers run, in Verwendung komme. Er (Redner) vermisse den
lachweis hierüber und seine Informationen besagten, daß diese Behauptung unrichtig sei. seines Zolles zu theuer, und sodann sei die dunkle Farbe def⸗ selben für die Honigkuchenbäckerei nicht verwendbar. Man wende vielmehr Starkesyrup an, wie ihm aus Thorn mit— getheilt sei. Er möchte den Direktor Burchard daher ersu—⸗ chen, dem Hause eine Statistik der Stoffe, die für die Honig⸗ kuchenfabrilation in Verwendung kamen, vorzulegen. Die bayerische Negierung werde besonders im Stande sein, werih— volles Material zu liefern, wo die Lebkuchenfabrikation in Nürnberg eine so bedeutende Rolle spiele. Uebrigens hätte die Regierung doch auch noch andere Gründe als die Bienenzüchter hören sollten. Eines Mannes Rede sei keines Mannes Rede, man solle sie hören alle beede.“ Wenn. die Regierung anfangen wolle, dem armen Manne zu 26 so mache sie ihm zunächst das Schmalz billiger, — päter vielleicht den Lebkuchen. Wenn die kleinen Leckermäuler, die Kinder, wüßten, was hier vorgehen solle, so würde das Haus mit Petitionen überschwemmt werden. Das sei eben das falsche System der ganzen Wirthschafts politik: man kämpfe mit drakonischen Gesetzen gegen Nahrungsversäls ungen an, die man durch die Zollpolitik befördere. Auf die utzzöllner passe der Syruch, der auf die alten Götter angewender wor—
Zuckersyrup sei erstens wegen
den: „Zuerst machten sie die Freihändler schuldig und dann
Figur zu spielen mit seiner Zollpolitik.
ihr Tarifwesen berunt.
strasten sie sie noch.“ Die Schutzzöllner seien ja wohl auch alle gut national; nun, so sorge man dafür, daß den Frei⸗ händlern das nationale Getränk, der Meth — ü 8 ein recht gutes Getränk — nicht durch den hohen Honigzoll genommen werde. . das Haus ihm, Deutschland fange an die komische
Er komme so viel im Ausland herum,
Man lache Deutsch⸗ and überall aus. Immer höre er über Ueberfluß an Parla⸗
mentarismus klagen. Nun so höre die Reichsregierung doch auf, das Haus beständig mit Zollerhöhungen zu befassen, zumal wenn wie hier thatsächliches Materia
; . für dieselben nicht vor⸗ handen sei, denn auch die Deutschen könnten im Hinblick auf sagen: Claudite jam rivos pueri, sat prata bi-
Hierauf nahm der Direktor im Reichsschatzamte
Meine Herren! Ich will auf die Art der Diskussion, die der
Burchard das Wort:
Herr Vorredner eingeschlagen hat, nicht näher eingehen, vielmehr nur bemerken, daß die Vorlage vom Standpunkte der Kinder aus nicht
geprüft worden ist, und ich glaube, das lag wohl auch nicht in der Aufgabe der Regierung.
Wenn ich nun auf die sachlichen Bedenken eingehe, welche der Herr Abgeordnete angeführt hat, so möchte ich an das anknüpfen, was er zuletzt bemerkt hat, an den Hinweis auf das Ausland. Er meint, es wäre etwas Exorbitantes, daß wir den Honigzoll fo hoch ansetzten. Gerade das Beispiel, auf welches in den öffentlichen Blättern wiederholt hingewiesen worden ist, das lehrt etwas ganz Anderes. Die Schweiz ist ja, wie die Herren vielleicht wiffen wer⸗ den, schon vor einigen Jahren über einen neuen Zolltarif Üübereinge⸗ kommen, der zwar noch nicht eingeführt, aber Festgestellt ist und von dem Bundesrath jeden Augenblick eingeführt werden kann. In diesem neuen Zolltarif ist der Zoll auf Honig von 3 Fr. auf 8 Fr. erhöht worden, während der Zoll auf gemeinen Syrup, der jetzt 3 Fr. ist, auf 1,50 Fr. herabgesetzt worden soll und der Zoll auf raffinirten Zucker, der jetzt 7 Fr. beträgt, auf 38 Fr. erhöht werden soll; mit anderen Worten: es soll der Zoll auf Honig fortan eben so hoch sein, wie der Zoll auf raffinirten Zucker.
Meine Herren! Wenn wir das auf den deutschen Tarif über⸗ tragen, so würde es heißen, daß wir eine Tariferhöhung auf 30 M vorschlagen müßten. Das haben wir nicht gethan, aber auf 20 6. Es zeigt dies, daß die Verwunderung des Auslandes, auf die der Herr. Vorredner in sehr beweglicher Weise hingewiesen hat, nament⸗ lich in Bezug auf die Schweiz, auf welche wiederholt hingewiesen ist, nicht zutrifft. .
Dann hat der Herr Vorredner die Art der. Motivirung stark bemängelt, in sehr eingehender Weise sich über die Ergänzung worte ausgelassen und daran die Ausführungen geknüpft, es würden wohl die österreichischen Bienenzüchter dafür gewesen sein, daß wir unseren Zoll nicht erhöhen, er begriffe das nicht recht. Run steht aber im Eingange, die deut schen Mitglieder der internationalen Wander- versammlung haben sich für die Erhöhung ausgesprochen. Daraus geht doch unzweifelhaft hervor, daß die österreichischen es nicht gethan haben, die österreichischen haben dagegen protestirt. Es war natürlich nicht der Ort, dies in der Vorlage weiter auseinanderzusetzen, aber ich glaube, wer sich bemühte, die Vorlage zu prüfen, konnte aus dieser Fassung der Motive deutlich erkennen, daß eben die deutschen Mitglieder nicht protestirt haben. ü
Dann hat der geehrte Herr Abgeordnete Zweifel dagegen, was ich eben gesagt habe, geäußert, ö Syrup ein Surrogat für die Honigkuchenbäckerei ist. Er hat behauptet, das sei nicht richtig be—⸗ züglich der Thorner und bezüglich der Nürnberger Lebkuchen. Ich bestreite gar nicht, daß es nicht zutrifft für diese beiden Sorten, dies sind eben die allerfeinsten. Wohl aber trifft es zu — ich werde mir erlauben noch nähere Aufschlüsse darüber zu geben — bezüglich der gewöhnlichen Bäckereien; insbesondere bezüglich der Braunschweiger, die Sie ja alle kennen, trifft dies im vollen Umfang zu, und Syrup, der eingeführt wird, bleibt nicht zollfrei, sondern unterliegt einem Zoll von 15 66; gerade der vom Auslande eingehende Rohzuckerfyru hat vorzugsweise seine Verwendung zur Bäckerei, während Run kel⸗ rüben⸗Syrup oder Melasse meist nur zu Brennereizwecken und als⸗ dann zollfrei eingeht.
Der Herr Vorredner hat dann gesagt, nicht Syrup aus Roh⸗ zucker, sondern Stärkesyrup wäre Surrogat, und der ginge frei ein. Auch das ist nicht richtig, auch dieser Syrup unterliegt einem Zoli von 15 4 (Zuruf! Glocke des Präsidenten.)
Ich habe so verstanden, ich glaube nicht unrecht gehört zu haben.
Dann hat der Hr. Vorredner gemeint, wir könnten doch nicht genug Honig fahriziren. Es ist auch nicht Zweck des Vorschlages, daß wir soviel Honig produziren sollen, wie nöthig ist für inländische Zwecke. Dieser Erfolg wird voraussichtlich nicht ganz eintreten und zwar aus klimatischen Ursachen nicht; aber die Vorlage verfolgt neben dem Zweck des erhöhten Schutzolls auch den Zweck der aus— gleichenden finanziellen Gerechtigkeit und von diesem Standpunkte aus, ich habe mir vorher schon dies zu bemerken erlaubt, bitte ich die Vorlage gleichfalls zu prüfen. Es ist meines Erachtens mit der Ge⸗ rechtigkeit nicht zu vereinbaren, daß ein so werthvoller Ärtikel wie
onig, der zu Konsumzwecken dient und zwar zu Konfumzwecken der ohlhabenden, mit so geringer Abgabe belastet wird.
Ein schädliches Surrogat ist der Stärkezucker auch nicht und ich glaube, daß die Deduktionen, welche an diese Auffassung geknüpft worden sind, nicht zutreffend sind. Ich habe wenigstens nicht gehört, daß, wenn man in Backwgaren Stärkesyrup bringt, dies eine . schung ist, die nach dem Nahrungemittelgesetz verfolgt werden muß.
Za glaube auch, daß die Sympathien, die das Methtrinken bei dem Herrn Vorredner erweckt, keine so sehr eingehende Beachtung verdienen, denn von Bier erhebt man eine Abgabe, warum soll man nicht schließlich auch von Meth eine Abgabe erheben?
Ich möchte dann übergehen auf die Vorwürfe, die der Herr Vor⸗ redner hergeleitet bat, daß jetzt erst der 8. J der Vorlage eingebracht werde. Er hat gesagt, man möchte sich doch daraus die Lehre neß⸗ men, * man mit solchen Sachen nicht so eavalierement umgeben dürfe. Ich glaube, die Regierung würde bei den schwerwiegenden Bedenken, die sie gegen die Bestimmung hatte, sich ihrerseits einem derartigen Vorwurf ausgesetzt haben, wenn sie ihrerseitz auf den Än-= trag sofort eingegangen wäre, und trotz der vielen entgegenstebenden Bedenken den Vorschlag schon damals ohne Erkenntniß einer dringen⸗ den Nothwendigkeit abgegeben hätte. Wenn sie so verfahren wãre, würde sie sich dem Verwurf ausgesetzt haben, daß * ohne Prüfung der Verhältnisse vorgehe, während sie sich jetzt nach Erkenniniß der wn, eit in die Lage versetzt sieht, so vorzugehen.
Schließlich möchte ich besüglich der Eingangsworte des Herrn Vorredner hinsichtlich der Imitationen bemerken, daß meine Worte vorhin vielleicht nicht die richtige Deutung gefunden haben; ich habe nur allgemein gesagt, daß die Waaren aus Imitationen auf dem Hebiete, wo solche sich bauptsächlich bewegen, alfo des Bernsteins, Flfenbeins, Schildpatte, die als Imitationen in dem Sinne sich lundgeben, daß man nicht ohne Westeres erkennen kann, ob sie echte Waaren sind oder Imitationen, daß solche ebenso wie echte Waaren zu behandeln sind, daß also der Abfertigung ⸗ beamte nicht eine chemische oder technische Prũfung anstellen soll, ob das wirklich echte Waaren oder Imitationen sind, und nicht auf die Behauptung eines jeden Zollpflichtigen bin, das —— echte Waaren oder das sind Imitationen, naber einzugeben bat. diesem Sinne soll die Imitatien wie die Waare selbst bebandeln werden; ich babe aber bGüqlich des zur Sprache gebrachten Falles angegeben, daß ich außer Stande sei u sagen, ob die angefochtene Tar tung zutreffend ist oder nicht. ir Fall ist, wie ich böre, bereits an den Bundesrath gelangt, aber noch nicht einer abschließenden Erwãgung unterbreitet; er wird erwogen werden, und wenn sich dabei beraug⸗ 23 daß die Ledertavete in der That als eine Lederlapete nicht anzu=
ehen, daß sie nur oberflächlich diesen Anschein bat, so — glaube — wir der Bundetzrath kein Bedenken tragen zu entscheiden, daß diese