1882 / 131 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 07 Jun 1882 18:00:01 GMT) scan diff

Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für Zoll- und Steuerwesen und für Rechnungswesen sowie der Ausschuß desselben für Zoll- und Steuerwesen hielten heute Sitzungen.

Der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Reichstags befindet sich in der Ersten Beilage.

In der heutigen (13.) Sitzung des Reichstags, welcher der Staats⸗-Minister von Boetticher und mehrere andere Bevollmächtigte zum Bundesrath nebst Kommissarien desselben beiwohnten, theilte der Präsident dem Hause mit, daß eine Uebersicht über die Ergebnisse des Heeresergänzungsgeschäftes in dem Jahre 1881/82 eingegangen sei.

Das Haus trat hierauf in die Tagesordnung ein. Erster Gegenstand derselben war: die zweite Berathung des von den Abgg. Dr. Barth und Genossen eingebrachten Gesetzent⸗ wurfs, betreffend die Abänderung des Zolltarifgesetzes vom 15. Juli 1879. Derselbe lautet:

Der Reichstag wolle , dem nachstehenden Gesetz⸗ entwurf die 2 mn , 9 mmm zu ertheilen: 8 6 betreffend die Abänderung des Zolltarifgesetz es vom 15. Juli 1879.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König

von Preußen 2e.

verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung

des Bundesraths und des Reichstags, was folgt: Der Zolltarif zu dem Gesetze vom 15. Juli 1879 (Reichs— Gesetzblatt Seite 207) wird in nachstehender Weise abgeändert: Der Eingangszoll fällt fort für Schmalz von Schweinen und

Gänsen Nr. 26 c. 1. Der Abg. Dr. Barth suchte

richtig zu stellen, die von dem Direktor schatzzmnt Burchard bei Gelegenheit der ersten Lesung der Vorlage gemacht worden. Er habe Erkundigungen eingezigen und in Erfahrung gebracht, daß in Dester⸗ reich die Einfuhr von Schweineschmalz niemals verboten gewesen sei. Es sei übrigens auch ganz überflüssig, den Import des Schmalzes zu inhibiren, da Schmalz doch nicht trichinenhaltig sein könne, besonders bei der Art, wie das exportirte Schmalz in Amerika präparirt werde. Auch bezüglich Frankreichs stellten sich nach den Erkundigungen, die er eingezogen, die Dinge etwas anders, als sie der Bundesrathskommissar dargestellt habe: Dort sei die Einfuhr von amerikanischem Schweinefleisch allerdings für kurze Zeit verboten gewesen, allein das Verbot sei zurück— genommen worden, nachdem man sich überzeugt habe, daß die Trichinose, in Folge deren das Verbot erlassen fei, nicht von amerikanischem Schweinefleisch herrühre.

Bei Schluß des Blattes nahm der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Direktor im Reichs-Schatzamt Burchard das Wort.

Die Bestimm ung des 8. 24 der Reichs⸗Konkurs⸗Ordnung, welcher zufolge Rechtshandlungen, die der Gemein— schuldner in der dem anderen Theile bekannten Absicht, seine Gläubiger zu benachtheiligen, vorgenommen hat, anfechtbar sind, findet nach einem Urtheil des Reichsgerichts, III. Civilsenats, vom 4. April d. J, auch auf die Fälle Anwen⸗ dung, in welchen die anzufechkende Rechtshandlung zu einer Zeit vorgenommen worden, in der der Schuldner sich noch nicht in dem Zustande der materiellen Irsolvenz befunden hat, ferner auch auf die Tilgung von Schulden durch Hingabe von Waaren oder sonst in anderer als geschuldeter Weise.

Der General⸗Lieutenant von Kleist, Commandeur der 1. Garde⸗Infanteric⸗-Division, ist von Urlaub aus Mecklen⸗ burg hierher zurückgekehrt.

Der General-Lieutenant Wiebe, Inspecteur der 1. Fuß Artillerie⸗Inspektion, ist behufs Abhaltung des Prü—⸗ an e g bießent auf dem Schießplatz bei Lockstedt nach Holstein abgereist.

Sigmaringen, 5. Juni. (Schwäb. Merk.) Heute trafen die erbprinzlichen Herrschaften, welche sich meh⸗ rere Monate in Obermais bei Meran aufgehalten haben, hier wieder ein. Die wee ffn Gesundheit Ihrer Königlichen Hoheit der Frau Erbprinzessin, wegen derer Wiederherstellung ein längerer Aufenthalt im Süden auch im verflossenen Winter leider nöthig geworden war, scheint sich wesentlich ge— bessert zu haben.

Württemberg. Stuttgart, 6. Juni. (St. A. f. W.) In der heutigen Sitzung der Kammer der Abgeordneten theilte der Präsident von Hohl mit, daß der feierliche Schluß der Session morgen um 10 Uhr erfolgen werde, und hielt dann folgende Ansprache an die Kammern:

Die Arbeit eines sechsjährigen Landtags wäre nun gethan. Nach menschlicher Voraussicht werden wir bis zum Ablauf dieser Landtagtperiode nicht mehr in Thätigkeit treten. Wenn wir, zurückschauen, so fällt das schwerste Stück Arbeit in die fl des ersten Landtags, welcher am 6. Februar 1877 eröffnet und den 31. Januar 1880 geschlossen wurde, Zwei Dauptfinanzetats beschäftigten uns in dieser Zeit und daneben nicht weniger als 25 Gesetzeentwürfe. Außer den Gesetzen über die Rechts⸗ verhältnisse der Volksschullehrer und der * an den höheren

einige Bemerkungen im Reichs⸗

Mädchenschulen, dem Forststraf⸗ und Forstpolizeigesetz, die ich als die wichtigeren nenne, waren es vornehmlich die geg re g wefls⸗ zu den vier großen Reichsjustizgesetzen: verfassungsgesetz, zur ordnung und Reichs⸗Konkurgordnung; sodann eine Anzahl weiterer Landetgesetze, deren gänzliche oder iheilweise Umgestaltung durch die

set nämlich zum Reichgerichts— Reichscivilprozeßordnung, Reichsstrafprozeß⸗

lannt geseze —ñ ann über einzelne

rinzixien, die in diesen Reichsgesetzen zur Durchführung gelangt nd, i man fann sogar der Ansicht sein, wie es viele der einsichtévollsten Männer sind, daß Manches anders ge⸗ macht würde, wenn wir wieder am Beginn der Arbeit stünden. Aber darüber besteht Einmüthigleit, daß die erlangte Einheit auf den ge— nannten Rechtsgebieten für das deutsche Volk eine große Errungen— schaft ist, an deren Einführung in das Rechtsleben unseres Landes mitgearbeitet zu haben für uns Alle wohl ein mühevolles aber auch ein ebrenvolles Stück Arbeit war. Und dabel haben wir da, wo Mängel der neuen Gesetzgebung drückend wirkten und rasche Abhülfe verlangten, z. B. im Gerichte kostenwesen, uns nicht Hiebe ten, sondern den dringenden Wünschen des Landes nach Ab- ülfe Ausdruck gegeben und ein Eintreten der Königlichen Staats⸗ regierung im Bundesrath für Revxision nicht ohne Erfolg befürwortet. 8 anderen Gebieten der Reichsgesetzgebung, wo wir das Gleiche gethan bleibt der Erfolg theilweise noch zu erwarten.

Während in die Zelt des ersten Landtags me Antheil, an der Arbeit der Durchführung des großen Werke der eichs · Justiz · Drga⸗ nisation fällt. so kennzeichnet den jwesten Landtag, welcher am'4. Februar 183 eröffnet wurde, und nun zu Ende geht, die sorgen⸗ volle Arbeit an der Herstellung des Gleichgewichts in unserem Landeshaushalt aus Anlaß der Feststellung des Finanzetals von 1881353. Diese sorgenvollen Arbeilen des Winters 1sshss find noch anz in Erinnerung. Vier große Gesetze standen damit im

. Reichsgeseßze veranlaßt war. Man

Spertelgesetz, die Malzsteuer und das Gesetz über unsere Staats- schuld. Der uns leitende Gedanke war: bei Aufbringung der zur Deckung des Staatsbedarfs erforderlichen Steuern die Er⸗ höhung der direkten Steuern aus Grund und Boden, Ge⸗ bäuden und Gewerben zu vermeiden, so lange noch andere weniger drückende und die Last allgemeiner vertheilende Steuergquellen uneröffnet oder doch nicht im Maße ihrer Ertrags⸗ fähigkeit eröffnet waren. Und bei dem wichtigen Gesetze über unsere Stagtsschuld haben wir in der Frage der Fortfetzung oder Einstellung der Tilgungen der kleineren Hälfte unserer Eisenbahnschuld zwischen den zwei sich bekämpfenden Ansichten einen versöhnenden Mittelweg eingeschlagen, welcher der jetzigen schwer belasteten Generation die allgemein gewünschte Erleichterung bringen soll und die Pflicht der Tilgung in vorgesehener Zeitfrist im Grundsatz zu wahren ge—

eignet ist. :

Was an uns war, haben wir gethan; wir wollen er— warten daß unsere Hoffnung auf Besserung der Finanz⸗ lage des Landes nicht getäuscht werden möge. Und wenn wir Anderes, worüber wir ja in den letzten Tagen im Hause gesprochen haben, auf diesem zweiten Landtag nicht in Angriff genommen haben, so wissen wir Alle in diesem hohen Hause und erkennen es alle gerechten und billigen Männer im Lande, daß für Weiteres, zumal nicht Dringendes, offenbar Raum und Zeit nicht gegeben war. Unsere ganze Kraft hatten wir einzu— setzen gehabt für zwei große Aufgaben; die Neugestaltung der gemein⸗ samen Einrichtungen für unser Rechtsleben, sodann die Anbahnung und Herstellung der Ordnung in unserem Landeshaushalt, von welcher die Wohlfahrt des Landes und seiner Burger abhängt.

Baden. Karlsruhe, 7. Juni. (W. T. B.) Der Großherzog und die Großherzogin haben sich von Badenweiler nach Schloß Mainau begeben.

Baden, 7. Juni. (W. T. B.) Ihre Majestät die Kaiserin ist heute früh von hier nach Berlin abgereist.

Mecklenburg⸗Schwerin. Schwerin, 4. Juni. Gestern und heute wurde hier das hundertjährige Ju⸗ biläum des Mecklenburgischen Grenadier-Regi— ments Nr. 89, von dem das erste und dritte Bataillon hier— selbst, das zweite aber in Strelitz in Garnison steht, gefeiert. Die Stadt Schwerin schenkte dem Regiment einen sschönen Ehrenschild aus vergoldeter Bronze mit passender Inschrist, die Damen, welche Angehörige im Offiziercorps haben oder hatten, der Offiziersmesse einen großen silbernen Tafelaufsatz, die Reserve— und Landwehroffiziere des Regiments ebenfalls zwei große silberne Fruchtaufsätze. An hundert Offiziere in und außer Dienst, die früher dem Regiment angehört, darunter General-Lieutenant von Kleist, Commandeur der ersten Garde⸗Infanterie⸗Division, General⸗Major von Conring aus Straßburg, dann der kommandirende General des XI. Armee⸗Corps, zu dem das Regiment gehört, von Tres— kow aus Altona, und eine große Zahl ehemaliger Unter⸗ Offiziere und Grenadiere aus ganz Mecklenburg waren zu diesem Feste nach Schwerin gekommen. Die Festlichkeiten be— standen in Aufführungen lebender Bilder und militärischer Züge im Thalia⸗Theater vor dem Offizier-Corps des Regi— ments und von diesem eingeladenen Gästen und aus einem Feldgottesdienst in der Garnisonkirche, Tafel in der Offizier— messe, festliche Speisung der Mannschaften in den Kasernen und cheute 6, festliche Spiele der Soldaten und ihrer Gäste auf dem kleinen Exerzierplatz, Tanzbelustigungen in verschiedenen Sc. Uu, s. w., denen auch der Groß— herzog, der zu diesam Zwecke die Rückreise von Palermo nach Schwerin in fünf Tagen gemacht hatte, mit seiner Familie beiwohnte, wie denn auch in Privatkreisen noch manche kleinere Vereinigungen von früheren Kameraden statt⸗ fanden, die jetzt in allen Armee⸗-Corps des deutschen Reichs⸗ heeres dienen.

Elsaß⸗Lothringen. Straßburg, 5. Juni. (Els.Lothr. Ztg.) Der Kaiserliche Statthalter hat durch Erlaß vom 31. Mai d. J. auf Grund der von der Options kommission in ihrer vierzehnten Sitzung abgegebenen Gutachten die Option bezw. Auswanderung von 210 Personen als gültig anerkannt.

Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 5. Juni. (W. Itg.) Gestern Vormittags um 11 Uhr fand in der Schloßkapelle zu Schönbrunn die Firmung der Frau Erzherzogin Marie Valerie statt.

Wie der „Polit. Corresp.“ aus Seraje vo gemeldet wird, haben die Assentirungs-Kommissionen in Bosnten ihre durch die Pfingstfeiertage unterbrochene Thätigkeit wieder auf— genommen. Im Stellungsbezirke Visola (Kreis Serajevo) ist von 419 Stellungspflichligen die größte Anzahl erschienen; die Losung der ersten und zweiten Altersklasse wurde am d. M. anstandslos vorgenommen und die Assentirung selbst am folgenden Tage in durchaus befriedigender Weise vollzogen, wobei das Kontingent von 386 Mann gedeckt wurde. Im Stellungsbezirke Zwornik (Kreis Dolnj Tuzla) ergab die am 2. d. M. anstandslos durchgeführte Rien. die Deckung des rorgeschriebenen Kontingents von 34 Mann.

Pest, 5. Juni. (W. Ztg.) Das Abgeordnetenhaus votirte heute den Gesetzeniwurf über den Verkauf der ära— rischen Ueberlandfelder endgültig. Sodann wurde die Be— rathung des Gesetzentwurss über die Gründung von 120 Stiftungsplätzen an den gemeinsamen Offizier⸗Bildungs⸗ anstalten für ungaxische Jünglinge sortgesetzt. Otto Herman (Unabhängigkeits⸗Partei) reichte solgende zwei Beschlußanträge ein: erstens, das Abgeordnetenhaus möge den Honved⸗Minister anweisen, daß derselbe den detaillirten Lehrplan sämmtlicher gemeinsamen militärischen Lehranstalten, von den untersten bis zu den höchsten, dem Hause unterbreite, damit dasselbe in den Stand gesetzt werde, sich von der Richtung und dem Geiste der militärischen Erziehung zu überzeugen; zweitens, das Gesammt⸗Ministerium möge den ihm gesetzlich gebührenden Einfluß dahin geltend machen, daß dem Offizierscorps aus der Konstitutionslehre mit beson— derer Rücksicht auf das Verhältniß zwischen der Armee und den steuerzahlenden Bürgern Unterricht ertheilt werde und daß die Kenntniß derselben in den Rahmen der Offiziersprüfung und unter die pflichtgemäß vorgeschriebenen Gegenstände der militärischen Erziehungsanstalten aufgenommen werbe. Schließlich beantwortete der Justiz⸗Minifter die von dem Abg. Szederkenyi gestellte Interpellation in Betreff der vor dem Inelebentreten des Strafgesetzes bestandenen Arbeits⸗ hauser. Das . nahm die Antwort zur Kenntniß, worauf die Sitzung geschlossen wurde.

Der Kaiser hat den Fürst⸗

7. Juni. (W. T. B.) erzbischoFß von Wien, Ganglbauer, zum Prälaten dee

Leopold Ordens ernannt und ihm gleichzeitig das Großkreuz

usammenhang: das Geseßz über die Eibschaftesteuer, das allgemeine

dieses Ordens verliehen.

Schweiz. Bern, 5. Juni. (W. T. B.) Der Nationa rath beschloß heute mit 65 gegen 20 Stimmen auf den An⸗ trag Morels folgende Resolution: Der Nationalrath bringt im Namen des Schweizervolks dem Andenken Gari— baldi's seine Huldigung dar und schließt sich der Trauer * * welche der Tod dieses großen Patrioten Italien versetzt.

Großbritannien und Irland. London, 5. Juni. (Allg. Corr. Am Sonnabend fand im ganzen Lande die , Feier des 63. Geburtstages der Königin att.

Der an das Kriegs⸗-Ministerium gerichtete Bericht der Departement s-Kommission, welche ernannt worden war, um die Möglichkeit der Vertheidigung des unter— seeischen Kanal-Tunnels zu prüfen, ist, wie der „Observer“ erfährt, jetzt dem Herzog von Cambridge zur Be— gutachtung unterbreitet worden.

6. Juni. (B. T. B.) Im Unterhause antwortete heute der Unter⸗Staatssekretär Dilke auf eine Anfrage Bourke's; am 2. Juni habe der Admiral Seymour berichtet, daß die Erdwerke in Alexandrien nicht armirt seien; seitdem sei der Regierung die Nachricht geworden, daß sie ar' mirt worden seien. Dem Deputirten Wolff entgegnete il ke: sämmtliche Mächte, mit Ausnahme der Pforte, hätten sich günstig über die Idee der Konferenz aut gesprochen; die Pforte habe, die Konferenz zwar nicht ab— gelehnt, halte sie jedoch nicht für nothwendig. Die Pforte sei vor dem Erlaß der Einladungen zur Konferenz nicht be— fragt worden, wie dies auch anläßlich der Konferenz im Jahre 1876 nicht geschehen sei; trotzdem seien damals die Vorberei⸗ tungen zur Konferenz eifrig betrieben worden; die Pforte habe erst vierzehn Tage später zugestimmt. Von den Groß⸗ mächten seien keine formellen Antworten eingegangen, sondern nur mündliche Erklärungen. Arabi Bey habe die Ein— stellung der kriegerischen Vorbereitungen angeordnet. Auf eine weitere Anfrage Northeote's erwiderte Dilke: die Mächte be— folgten das Beispiel von 1876 und hielten mit ihren formellen Antworten zurück, bis sie sich untereinander geeinigt. Der türkische Botschafter Musurus Pascha habe gestern in einer Unterredung mit Lord Granville im Allgemeinen konstatirt, daß die Derwisch Pascha ertheilten Instruktionen im Wesentlichen dieselbe Basis wie die für die Konferenz vor— geschlagene hätten. Das Haus begann hierauf die Be— rathung des Art. 3 der irischen Zwangsbill.

Frankreich. Paris, 5. Juni. (Fr. C) Der Ge— meindergth hat heute eine Sitzung gehalten und auf An— trag Havelaque's beschlossen, sich bei dem Leichenbegängnisse Garibaldi's durch eine Deputation vertreten zu lassen und derselben die Summe von 3060 Fr. auszusetzen.

Die kleine Republik Andorra steht bekanntlich unter dem doppelten Proteltorat des französischen Staatsoberhaupts und des spanischen Bischofs von Urgel. Diese beiden Pro⸗ tektoren ernennen abwechselnd alle zwei Jahre den Oberrichter und alle Jahr einen der Vögte der Republik, wofür ihnen die Einwohner des Thals von Andorra einen jährlichen Tribut von je 960 Fr. zahlen. Bisher vertrat der Präfekt der Arrisge, der seinen Sitz in Foix hat, den Präfidenten der franzö⸗ sischen Republik, und er war es, der seit 1806 jährlich den Huldigungseid von drei Abgeordneten von Andorra entgegennahm. Das „Journal officiel“ veröffent⸗ licht nun einen Bericht des Ministers des Innern an den Präsidenten der Republik, in welchem ausgeführt wird, daß in Folge der Entwicklung der Kommunskatione— wege der eigentliche Berührungspunkt zwischen Andorra und Frankreich nicht mehr in der alten Grafschaft Foix, sondern in der Cerdagne liege. Demgemäß verfügt ein dem Bericht beigeschlossenes Dekret, daß die erwähnten Funktionen von dem Präfekten der Arriege auf den Präfekten der Ostpyrenäen übergehen sollen; gleichzeitig wird der unter dem letzteren stehende Unterpräfekt von Prades mit der dauernden Vertre— tung Frankreichs den Autoritäten von Andorra und dem Bischof von Urgel gegenüber beaustragt.

. 6. Juni. (W. T. B.) In einer gestern von dem Finanz-Minister Léon Say in Saint-Quentin gehaltenen Rede konstatirte derselbe die günstigen Ernteaussichten und sagte: die Ernte würde Frankreich der Nothwendigkeit überheben, beträchtliche Kapitalien zu expor— tiren, werde den Markt erleichtern und eine Herabsetzung des Zinssußes für 1883 zulassen. Die Regierung werde alsdann sehen, welche Arrangements bezüglich der öffentlichen Schuld sich würden treffen lassen.

Italien. Rom, 6. Juni. (W. T. B.) Der Sekretär der Mailänder Leichenverbrennunge⸗Gesellschast, Dr. Pini, ist gestern nach Caprera abgereist, um die Verbrennung der Leiche Garibaldi's nach dem System Gorini vorzubereiten. Der Herzog von Genua, der General Carava, Oberst Morozzo und der Ceremonienmeister Tolomei und della Stufa werden den König bei den Leichenfeierlichkeiten vertreten.

6. Juni, Abends. (W. T. B.) Morgen Nachmittag werden sich die an den Leichenfeierlichkeiten au Caprera theilnehmenden offiziellen Persönlichkeiten nach Eivita vecchig begeben, von wo aus die Ueberfahrt nach Caprera ersolgt. Am nächsten Sonntag soll auf dem Kapitol eine Feier zu Ehren des Andenkens an Garibaldi statt—

finden.

7. Juni. (W. T. B.) Die Verbrenn ung und Beisetzung der Leiche Garibaldis wird morgen Vor⸗ miltag um 11 Uhr stattfinden. Die Minister Zanardelli und Ferrero werden persönlich den Leichen seierlichkeiten beiwohnen;

die übrigen Minister lassen sich vertreten.

Türkei. Konstantinopel, 6. i. (W. T. B.) Wie verlautet, hätte der englische Botschasier Lord Dufferin den Vorschlag gemacht, die Konferenz solle formell zu⸗ jammentreten, sich aber dann sofort vertagen, bis das Resultat der Mission Derwisch Paschas vorliege. Eine Meldung der „Agence Havas / zufolge sollen die Admirale des englischen und des französischen Geschwaders Derwisch Pascha nach Kairo begleiten.

Einer Mittheilung der „Times“ aus Konstantinopel ufolge hat der französische Votschafter. Noailles, den inister des Aeußern, Said Pascha, in Erwiderung auf das

jüngste Cirkular der Pforte benachrichtigt, daß die franzö⸗ sische Regierung durch die Argumente der Pforte nich Überzeugt worden sei und dabei beharre, daß die Konferenz sofort zusammentrete.

Nusilaud und Polen. St. Petersburg, 4. Juni. St. Pet. Ztg.) Der „Regieru ngs⸗Anzeiger“ 2

ichte gestern den Kaiserlichen Ukas über die Aufhebung

des Generalgouvernements von Westsibirien und

die gleichzeitige Gründung eines neuen, des sogenannten Steppen-Generalgouvernements“ mit dem Verwal⸗ iungssitze in Om s k. Die russische St. Petersburger Zeitung“ bemerkt dazu: „Die gegenwärtige Reform hat die wichtige Be— deutung, daß sie: 1) zwei Gouvernements, das von Tobolsk und das von Tomek, unmittelbar der Centralverwaltung unter—⸗ ordnet und auf diese Weise sie dem Europãischen Rußland näher bringt, wodurch es möglich gemacht wird, in kürzester Zeit die lokalen Gesetzesbestimmungen bezüglich der Ver— waltung zu beseitigen, und 2) daß sie die an China renzenden Gebiete einer centralen und gemeinsamen Ver⸗ waltung in Omsk unterstellt. Bisher grenzte das chinesische Reich an Turkestan und Westsibirien. In den letzten Unterhandlungen mit der Pekinger Regierung traf es sich häufig, daß die Kundgebungen und Erklärungen der beider— seitigen Generalgouverneure sich widersprachen. Das erregte Mißtrauen, und Verschleppungen und Schwierigkeiten im diplo⸗ matischen Verkehr waren die Folge davon. Nunmehr werden alle Angelegenheiten bezüglich der Westgrenze Chinas in der Verwaltung des Generalgouverneurs der Steppengebiete con—

centrirt werden können.“ Der „Regierungs⸗

7. Juni. (W. T. B.) anzeiger“ veröffentlicht die Ernennung des Generals General ⸗Gouverneur des

Kolpakowsky zum Steppengouvernements und zum Kommandirenden des neukreirien Omskschen Militärbezirks, sowie des Generals Tschernajeff zum General-Gouverneur von TDur— kestan und zum Kommandirenden des Turkestanschen Militär- ezirks. ö

heut, Sn. fi. T. B) Großfürst Wladimir is gestern nach dem Auslande abgereist. . Nikolaje w, 5. Juni. (W. T. B.). Der Greoßfürst Alexis, welcher gestern hier eingetroffen ist, besichtigte heute die Admiralität und beabsichtigt morgen die Reise nach Sewa⸗ stopol und Batum fortzusetzen.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 6 Juni. (W. T. B.) Anläßlich der silbernen Hochzeit des Kö⸗ nigspaares ist die Hauptstadt festlich geschmückt. Aus den Provinzen sind viele Deputationen zur Beglückwünschung des Jubel paares eingetroffen. Nach einem feierlichen Gottesdienste in der Schloßkirche findet heute Galadiner und zugleich eine Speisung der Armen statt. Sämmtliche Zeitungen enthalten sympathische Artikel anläßlich des Festes.

Amerika. New⸗-⸗York, 3. Juni. (Allg. Corr.) Hier eingegangenen Nachrichten zufolge hat, General Fuero mit 400 Mann mexikanischer Reiterei am 25. v. M. eine Bande marodirender Apache-Indianer in Chihuahua an— gegriffen. In dem Gefechte blieben 37 Indianer todt auf dem Platze, und eine Anzahl wurde zu Gefangenen gemacht. Die Berluste der Mexikaner beschränkten sich auf 9 Todte, darunter ein Offizier, und 14 Verwundete, einschließlich zweier Offiziere.

ö . römisch⸗katholische Bischof von Cleveland (Ohio) hat einen Hirtenbrief erlassen, worin er droht, alle katho— lischen Frauen, welche Mitglieder des weiblichen Zweiges der Landliga werden oder dessen Versammlungen anwohnen, zu exkommuniziren.

Seitungsstimmen.

Das „Deutsche Tageblatt“ stellt eine vergleichende Uebersicht über die Ein- und Ausfuhr der wichtigsten Waaren⸗ artikel in der Zeit vom 1. Januar bis ultimo April 1882 resp. 1881 auf und knüpft daran folgende Bemerkungen;

Im Großen und Ganzen hat unsere heutige Uebersicht dieselben Resultate aufzuweisen, wie solche für die ersten 3 Monate dieses Jahres erfreulicher Weise zu verzeichnen waren: Stetige Zunahme der Ausfuhr auf den hervorragendsten Gebieten unserer Industrie; Abnahme der Einfuhr bei denjenigen Artikeln, in deren Erzeugung wir dem Auslande ausreichende Konkurrenz zu machen im Stande sind; Steigerung der Einfuhr namentlich solcher Lebensbedürfnigrtikel! welche wir selbst nicht produziren, deren zunehmhslder Bezug aber für die unverminderte Konsum⸗ tionsfähigkeit der Bevölkerung ein nicht zu, unterschätzendes Zeugniß ablegt. Eine von der bisherigen abweichende Erscheinung bieten dieses Mal nur Eisen, Ganz und Halbfabrikate, deren Ausfuhrmenge um 4700 t gegen den entsprechenden Zeitraum des Vorjahres zurück⸗ gegangen ist, und zwar sind es Eisenbahnschienen, welche diesen Aus⸗ fall verschuldet haben; deren Ausfuhrmenge blieb um 31 000 t zurück, von welchem recht beträchtlichem Quantum jedoch Eisendraht, ein seit lange schon von den Vereinigten Staaten ungemein stark begehrter Artikel, allein 22 09000t an Mehrausfuhr wieder einbrachte. Der Gesammt⸗ ausfall ist ja nur ein geringer, wir machen nur des halb besonders auf denselben aufmerksam, weil wir seit länger schon in der Lage waren, regelmäßig das Gegentheil berichten zu können; aller Wahr⸗ scheinlichkeit nach wird ein Ausgleich auch bereits in allernächster Zeit stattfinden. ö

In der gesammten Textilindustrie zeigt sich dagegen, ohne Ausnahme, recht beträchtliche Zunahme der Ausfuhr: bei Baum⸗ wollenwaaren von 700 t, Wollenwaaren 500 t, Seidenwaaren 280 t, und Leinenwaaren 336 t, ebenso bei Leder und Lederwaaren von 670 t und bei Holzwaaren von 1220 t, auch die Ausfuhr von Holz, meistens geschnittenen Hölzern, wuchs um die ansehnliche Menge von 40000 t.

Die Mühlenindustrie betreffend, sei darauf verwiesen, daß das Minus der Einfuhr und das Plus der Ausfuhr zusammen gegen den entsprechenden Zeitraum des Vorjahres 225090 t ausmachen, also immerhin doch schon eine Besserung zu erkennen ist, deren weite⸗ res Fortschreiten wir durch steigende Exportzahlen hoffentlich bald darzuthun in die Lage kommen werden. .

Beachtenswerth erscheint die stetige Gmb, der Einfuhr von roher Wolle 7009 t gegen das Vorjahr in Verbindung mit der steigenden Ausfuhr von Schafvieh mehr als 100900 Stück gegen das Vorjahr; die heimische Wollproduktion scheint danach nicht mehr lohnend zu sein. ö ; ̃

Die Einfuhr von Kolonialwaaren zeigt sich überall im Steigen begriffen, auch für Wein findet dasselbe statt, wie ebenso eine Zu— nahme der Ausfuhr; die Tabackeinfuhr nimmt zwar zu, bleibt jedoch noch immer weit hinter der erwarteten Menge zurück.

Die Petroleumeinfuhr zeigt sich um 11 000 * geringer, unsere neue beimische Produktion dieses Artikels wird darauf, bis jetzt jedoch, wohl noch ohne großen Einfluß geblieben . . ;

Einen außerordentlichen Ausfall gewahren wir in der Einfuhr amerikanischen Schmaljes; derselbe betrug nicht weniger denn 400 t.

Die Ziffern der Steinkohleneinfuhr weisen mit immer größerer Deutlichkest darauf hin, daß es hohe Zeit ist, endlich einmal den ersten Spatenstich zum Bau eines Kanals zu thun.

Der „Staattz-Anzeiger f. Württ.“ enthält fol⸗ gende Notiz:

Wie wir vernehmen, sind in den letzten Tagen aus mehreren Städten des Landes (Biberach, Schorndorf, Urach, Vaihingen) sowie aus dem sechsten Reichstagswablkreis (Tübingen, Reutlingen, Rotten⸗ burg) Adressen zu Gunsten des Tabackmonopols an den Reichskanzler

abgegangen. Dieselben schließen sich an den Wortlaut der Rejolu⸗ tion der Heilbronner Versammlung vom 8. Mai an unter gleich⸗ zeitiger Beibringung des Nachweises, daß die betreffende Resolution —— eine Mehrheit von ; der Versammelten angenommen worden ist. Die Adresse aus dem sechsten Wahlkreis allein trägt mehr als 4000 Unterschriften. . ;

Die neueste Wiesbadener Zeitung“ knüpft in ihrem Leitartikel an eine Aeußerung der „Vol ksztg.“ an, nach welcher eine Besserung unserer gewerblichen und wirthschaft— lichen Verhältnisse nur eintreten kön ne, wenn Ersparnisse in der Staatsverwaltung, und zwar an demjenigen Theile der— selben gemacht würden, an welchem allein mit durch— greifendem Erfolge Verminderungen eintreten könnten, dem Heere und der Marine. Die „Wiesb. Ztg.“ bemerkt hierzu:

So weit also wären wir wieder gekommen, daß von der Fort⸗ schrittspartei an unserem Heer und an der Marine gerüttelt wird! Die Forderung nach Verminderungen mit durchgreifendem Erfolge beim Heer und der Marine“ bedeutet nichts Anderes, als an die Heerverfassung, und damit an die Grundpfeiler des Reiches die Axt anzulegen. Freilich versichert auch die Fortschrittspartei, daß sie nicht an „eine Wehrlosmachung des Reiches“ denke. Welche andere Folge würde aber jene Forderung, wenn sie durchgesetzt würde, bei den be⸗ stehenden thatsächlichen Verhältnissen haben können?

Die beste Widerlegung solcher Angriffe auf die deutsche Heer— verfassung geben die Worte, welche Hr. Rickert, der jetzige Führer der Sezessionisten, vor zwei Jahren bei Berathung der Militärnovelle in Bezug auf diese Punkte, gegenüber gleichlautenden Aeußerungen der Fortschrittspartei, gesprochen hat. Hr. Rickert erkannte unumwun— den an, daß in Deutschland die Steigerung der Militärlasten im Verhältniß zu derjenigen in den anderen großen Militärmächten, namentlich Frankreich, Rußland und England, die „bescheidenste Zahl“ ausmacht, daß ferner unsere tüchtige und umsichtige Kriegsverwaltung es allen anderen vorausthut, wo es sich um eine sparsame Verwaltung und Durchführung der Militärorggnisation handelt“, daß Deutschland jährlich für sein Heer 105 Millionen Mark weniger ausgiebt als Frankreich, obwohl es 6 Millionen Einwohner mehr hat, daß die effektive und etatsmäßige Friedenspräsenzstärke in Frankreich um 30 000 Mann höher ist, daß es „eine Nothwendigkelt im Interesse des Deutschen Reiches ist, den militärischen Anstrengungen Frank— reichs und Rußlands zu folgen“, und daß auch das Volk finanziell und wirthschaftlich hierzu sehr gut im Stande ist, da in Deutschland bisher nur 16— 17 S½, in Frankreich 53 M an direkten und indirek— ten Steuern pro Kopf erhoben werden.

Die Fortschrittspartei hat in der Monopolkommission die An— nahme der Resolution Lingens durchgesetzt. Ueber die Art ihrer Ausführung läßt die „Volkszeitung“ keinen Zweifel, und es muß ihr zugegeben werden, daß, da auf anderen Gebieten Ersparnisse in irgendwie nennenswerthem Umfange nicht gemacht, werden können, die bis jetzt zurückgestellten Bedürfnisse der Kommunen ohne Steuer— reform und ohne Vermehrung der indirekten Einnahmen des Reichs nur auf dem von ihr angedeuteten Wege ihre Befriedigung finden könnten. Wollen nun die übrigen Parteien die Konsequenzen, welche die Fortschrittspartei aus der Resolution Lingens zieht, auch ihrerseits ziehen? Wollen sie durch Unterstützung der gegen jede Steuerreform gerichteten Resolution auch nur den Schein erwecken, daß sie auch im Uebrigen den Absichten der Fort— schrittspartei in Bezug auf eine Reduktion des Heeres und der Marine beistimmen? Die Wehrkraft des Reichs würde geschwächt werden, wenn auch nur ein Theil der auf sie verwandten Summen zu denjenigen Zwecken, für welche die Steuerreform bestimmt ist, Verwendung finden sollte. Wer also die Wehrkraft des Reiches un⸗ angetastet erhalten will und wer also den von dem Organ der Fort⸗ schrittspartei empfohlenen Ersatz der Steuerreform verwirft, der muß auch die Resolution Lingens verwerfen. Sie annehmen heißt, wie die Sachen liegen, nichts anderes, als die Bestrebungen der Fort⸗ schrittspartei, welche auf eine Schwächung der Wehrkraft hinauslaufen müssen, bewußt oder unbewußt zu stärken. . ;

Aus dem oberschlesischen Industriebezirk, d. d. 1. Juni, schreibt man der „Schlesischen Zeitung“: ;

Die gedeihlichen Folgen der seit vorigem Jahre erfreulicherweise fast ununterbrochen fortschreitenden Lebhaftigkeit in der Betriebs⸗ Thätigkeit der meisten im diesseitigen Berg- und Hüttenrevier vor— handenen industriellen Anlagen, sowohl kleineren als größeren Genres, geben sich nach verschiedenen Richtungen hin deutlich kund. Vom Steinkohlenbergbau kann dies augenblicklich aus Gründen, die in der Natur der Dinge liegen, nicht ebenfalls gelten. Allein, wo man auf industriellem und gewerblichem Gebiete sonst hinblickt, wird man gewahr, daß! nicht blos in den großen industriellen Anlagen, sondern auch bei den in der Umgegend und darüber hinaus bestehen⸗ den gewerblichen Werkstätten, ferner in Ziegeleien, Steinbrüchen, Eisenerz“ und Eisensteingräbereien im Verhältniß nicht minder flott gearbeitet wird, als z. B. in den bedeutenden, auf die Gewinnung sehr werthvoller Montanprodukte en masse abzielenden Anlagen Mancherlei Eisensteingräbereien z,, die bis vor wenigen Monaten noch infolge des damals sehr gesunkenen Werths der Eisensteine „in Fristen“ lagen, sind längst wieder in Betrieb gesetzt und prosperiren.

Statistische Nachrichten.

Summarische Uebersicht über die Zahl der Stu⸗ direnden an der Königlichen vereinigten Friedrichs Universität Halle ⸗Wittenberg im Sommer⸗Semester 1882. Im Winter⸗Semester 1881/82 sind immatrikulirt ge⸗ wesen 1351, nach Aufstellung der betreffenden Nachweise wurden noch immatrikulirt 27; zusammen 1378. Davon sind abgegangen 386. Es sind demnach geblieben 992. Dazu sind in diesem Semester gekommen 385. Die Gesammtzahl der immatrikulirten Studirenden beträgt daher 1377. Die evangelisch'theologische Fakultät zählt PVrenßen 344, Nichtpreußen 45; zusammen 389. Die juristische Fa—⸗ kultät zählt Preußen 137, Nichtpreußen 6; zusammen 143. Die medizinische Fakultät zählt Preußen 173, Nichtpreußen 20; zu⸗ sammen 193. Die philosophische Fakultät zählt a. Preußen mit dem Zeugniß der Reife 371, b. Preußen ohne JZeugniß der Reife auf Grund des §. 3 der Vorschriften vom 1. Oftober 1879 145; zu⸗ sammen 516, e. Nichtpreußen 136; zusammen 652. Summa 1377. Außer diesen immatrikulirten Studirenden besuchen die Universität als Hospitanten 37. Es nehmen mithin an den Vorlesungen über haupt Theil 1414.

Der Verein zur Beförderung des Gewerbfleißes hat eine KLommission beauftragt, festzustellen, für welche Gewerbzweige in Deutschland und den benachbarten Ländern Fachschulen bezw. Lehr⸗ werkstätten bisher thatsächlich eingerichtet sind, um daran Vorschläge in Betreff der Ausbildung jener Anstalten zu knüpfen. Der von dem Dr. Hermann Grothe erstattete eingehende Bericht ist in einem Ergänzungsheft der Verhandlungen des Vereins GBerlin, Verlag von Leonhard * 7. abgedruckt, und entnehmen wir dem Bericht die nachfolgende Uebersicht der in den einzelnen Staaten bestehenden technischen Fachschulen: .

In Frankreich wird der mittlere gewerbliche Fachunterricht auf den Eeoles d'arts et metiers zu Chalongs, Air und Angers gelehrt, welche Schulen mit Werkstätten verbunden sind; diese 3 Gewerbe⸗ schulen haben zusammen Raum für 909 Schüler. Neuerdings sind noch einige Ecoles industrielles oder Ecoles supérieuses de commereo et d'industrie für Spezialitäten hinzugetreten; in Limoges für Keramik, Lille für Leinenspinnerei und ⸗Weberei, Nevers für große Eisenkon⸗ struktionen, Roubair für Weberei, Rouen, Bordeaur. In Paris gehören die Ecole centrale des arts et mannufaetnures und das Con- gervatoire des arts et metiers in die Sphäre der höheren technischen

achbildung. Außer den staatlichen mittleren Fachschulen giebt es in geen mn noch zahlreiche kommunale und private, so die Institution Delahaye zu Paris, Inst. Notre Dame zu Nanteg, Springer in

Paris, St. Nicolas, Ecole eommunale de la Rue Tournefort. Die

Ecole la Martinière in Lyon ist ein Uebergang zur niederen Stufe, zu welcher diejenigen ebenfalls Ecoles d'arts et mèétiers oder Eeoles supèrieures de commerce et Seoles industrielles benannten Gewerbe⸗ schulen gehören, welche zum Theil für die Staatsgewerbeschulen vor⸗ bereiten. Viele dieser Schulen sind Spezialfachschulen geworden, so die Ecole nationale d' horlogerie in Cluses, die Schule für Textil⸗ industrie in Epinal, die Ecole supérieure d'industrie in Rouen, das Institut industriel in Lille für Flachsspinnerei, die Ecole des arts industriels in Roubaix, die Webschule zu Lyon, Spitzenklöppelschulen in Dieppe, Creuzot, Bayeux, St. Brienc u. s. w., für Weidenkultur und Korbflechterei in Origny sur le Thou u. s. w., für den Stein⸗ schnitt in Clermont⸗Ferraud, Grenoble und Neuilly⸗sur⸗Seine, für Ebenisterie, Möbelfabrikation, Schriftsetzerei, Papierindustrie u. s. w. Auch mit den Waisenhäusern sind Werkstätten verbunden.

In Belgien bestehen keine Anstalten für die technische Aus⸗ bildung in der mittleren Sphäre, dagegen waren im Jahre 1879 32 Ecoles industrielles vorhanden, die den Arbeiter eine höhere theoretische Ausbildung geben sollen, 59 ateliers d'appreutissage und zahlreiche Zeichnenschulen. ö e

In Italien hat die Regierung dahin gewirkt, daß sich im Lande 50 und einige Arbeitsschulen und Industrieschulen (8cuole professionali, industrialih mit 20000 Schülern gebildet haben, viel⸗ fach abhängig und unterstützt vom Minister für Ackerbau und Handel. Ihnen gesellen sich die seüole d'arte zu als Zeichnen-, Modellir⸗ schulen und dgl.,, auch eine Anzahl Seuole professionali Feminili, viele von Gesellschaften unterhaltene Fortbildungsschulen und Privat⸗ institute. Höhere technische Bildung erzielen die Institute teenici. welche theils Provinzial-, theils Kommunalschulen sind, und dann in den Seestädten noch die Instituti tecnici e nautici hinzutreten; —ᷣ‚ Schulen waren auf der Mailänder Ausstellung 1881 67 ver⸗ reten.

In den Niederlanden sind professionelle Schulen (Ambachts⸗ school) in Amsterdam (seit 1861), Rotterdam, Arnheim, Haag, Gro⸗ ningen und Utrecht. Eine höhere Stufe bilden die Maschinistenschool in Amsterdam und die Akademie von Beeldende Kunsten en technische Wetenschappen in Rotterdam. . .

In Spanien wird schon im Elementarunterricht auf die Technik (nociones de agricultura, artes, industia, comercio y nauti ca) Rücksicht genommen. Höhere technische Unterrichtsanstalten sind die Ingenieurschulen (für Ingenieros de Caminos, Canales y Buertos, de Minas, de Montes u. s. w.) und 6 Feldmesserschulen. ;

Portugal besaß bis zum Jahre 1873 nur zwei theoretische technische Institute, zu Lissabon und Oporto. Mit dem letzteren wurde sodann eine mechanische Werkstätte für Präzisionsinstrumente verbunden. Weitere Reformen scheinen mit dem Tode des Direktors der polytechnischen Schule zu Lissabon, Fradesso da Silveira, ins Stocken gekommen zu sein. ö

Rußland hat an höheren technischen Schulen seit 1825 das technische Institut zu Moskau, 1831 das technologische Institut in St. Petersburg, 1847 die technische Schule in Helsingfors und 1861 die Polytechnische Schule in Riga. Hierzu sind viele, meist mit Werkstätten verbundene Anstalten für den mittleren und niedrigen Unterricht, auch Kunstgewerbeschulen und das polytechnische Museum in Moskau getreten.

In Schweden und Norwegen ist man bemüht gewesen, der Hausindustrie durch Abead⸗ und Sonntagschulen zur Fortbildung der Arbeiter und Handwerker sowie durch Arbeits- und Nähschulen möglichst aufzuhelfen. In Gothenburg werden in 21 Werkstätten 1600 Kinder unterrichtet, nahe der Stadt befindet sich eine großartige Arbeitsschule. In Stockholm ist der Unterricht in der Hausindustrie an die eigentlichen Volksschulen geknüpft. Fast alle Städte in Schweden besitzen Industrieschulen. ö ö

Dänemark besitzt in Kopenhagen eine polytechnische Lehranstalt und eine Gewerbschule für die mittlere Sphäre der technischen Aus⸗ bildung. Seit 1873 entstanden auf Clauson Laas' Anregung zahl⸗ reiche Handarbeitsschulen. j

England besitzt keine polytechnische Schule. An mehreren kõnig · lichen Anstalten und Colleges werden regelmäßige Vorträge über technische Wissenschaften gehalten, auch sind in neuerer Zeit mit diesen Colleges Werkstätten verbunden. Dem mittleren technischen Unter⸗ richt dienen namentlich Fachschulen für Textilindustrie. In London haben die Stadt und Gilden auch eine Centralanstalt mit Lehr⸗ werkstätten begründet.

In Amerika sind bemerkenswerth das Worcester County free Institute für Industriewissenschaften und besonders Cooper Union, eine großartige Maschinenhalle in New⸗YJork. Theoretischer Unter⸗ richt wird auf den meisten Universiläten und Colleges, deren es einige 80 ersten Ranges und mehr als 159 andere giebt, ertheilt. Neuer⸗ dings ist auch eine Webschule in Philadelphia eingerichtet worden.

Die Schweiz besitzt in dem eidgenossischen Polytechnikum eine Höhere technische Lehranstalt, auf der mittleren Stufe stehen Industrieschulen ohne Werkstätten. Auch sind Handwerkerschulen vorhanden. . .

Oesterrreich⸗Ungarn hat technische Hochschulen in Wien, Prag (2), Brünn, Gratz, Lemberg und Pest. Die Staatsgewerbe⸗ schulen bestehen aus mehreren an sich vollständigen Fachschulen. Unter den mittleren technischen Lehranstalten ist das technologische Museum in Wien hervorzuheben. Zahlreich sind die Fachschulen; unterstützt werden vom Staate: 29 für Spitzenkloppelei, Stickerei, Posamentierarbeit, Weberei und Wirkerei, 22 für Holz und Stein industrie, 6 für keramische und Glasindustrie, 7 für Metallindustrie, 5 verschiedene, zusammen 69.

In Deutschland sind höhere technische Lehranstalten zu Berlin, Hannover, Aachen, Dresden, Münster, Stuttgart, Braunschweig und Narlsruhe. Die durch Beuth in Preußen eingerichteten 24 Provinzial gewerbeschulen sind theilweis wieder eingegangen. In Barmen ist im Jahre 1863 eine höhere und niedere Gewerbeschule begründet worden, sräter in Crefeld eine höhere Tertilschule, in Remscheid und Iserlohn Fachschulen für Kleineisenindustrie bezw. Metall⸗ und Bronzeindustie, Montabaur und Wiesbaden keramische Fachschulen, in Heinsberg (Aachen) Lehrwerkstätte für Korbflechterei, in Glashütte eine Uhrmacherschule u. A., zahlreiche private Bau— gewerkschulen und Fortbildungsschulen, im Ganzen 213 gewerbliche Fachschulen. In Ham burg besteht eine allgemeine Gewerbeschule und damit verbundene Schule für Bauhandwerker, außerdem eine sehr besuchte Fortbildungsanstalt (fur Mädchen) Sachsen besitzt die Lunstgewerbeschulen in Dresden und Leipzig, 20 Web. und Wirkschulen, 31 Klöppel. Näh und Stickschulen, 3 Sxpinn⸗ schulen, 2 Holzindustrieschulen, 3 Strohflechtschulen, 1 ach⸗ schule für Blecharbeiter, 1 dgl. für Instrumentenmacher, 1ẽ41Uhr⸗ macherschule, 2 Musikschulen, 4 Schisferschulen, verschiedene Fach⸗ zeichnenschulen. Dem mittleren technischen Unterricht dienen 5 Werk⸗ meisterschulen und eine höhere Gewerbeschule in Chemnitz, dem höch⸗ sten Unterricht das Polvtechnikum in Dresden. Im de, Sach sen⸗ Coburg Gotha sind Baugewerbeschulen zu Gotha und Coburg, auch die Unterweisung in der Korbflechterei sindet werk⸗ stattartig statt. In Greiz und Gera befinden sich Webschulen. Braunschweig besitzt eine sehr bemerkenswerthe Schule des Ver⸗ eins zur Förderung des Kunstgewerbes und die Baugewerbeschule zu Holzminden; Mecklenburg das Fischereischulschiff in Wigmar und die Baugewerbeschule zu Schwerin. Besonders ausgebildet ist das Gewerbeschulwesen in Württemberg durch die Centralstellen, die Wanderlehrer, Vereine und 153 gewerbliche Fortbildungsschulen. In Baden vertritt das Polytechnikum in Karlsruhe den böberen, 44 Gewerbeschulen den niederen gewerblichen Unterricht. In Karlg⸗ ruhe besteht auch eine Baugewerkschule und eine Kunstgewerbeschule. Im Großherzogthum Hessen giebt es 48 Handwerker⸗Fortbildungs⸗ schulen, eine Baugewerkschule und die polytechnische Schule zu Darm- stadt. In Bavern sind viele der 251 Feiertagsschulen mit gewerb⸗ lichen Fortbildungeschulen verbunden; auch bestehen 45 technische Mittelschulen (Kreisgewerbeschulen) und verschiedene Fachschulen. Die höhere mittlere Stufe des Unterrichts halten 4 Industrieschulen inne. In Elsaß Lothringen zeichnen sich besonders die Mähl= hauser technischen Unterrichtsanstalten aus. Straßburg besitzt eine

Winterschule für Bautechniker und eine Handfertigkeitsschule.