1882 / 131 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 07 Jun 1882 18:00:01 GMT) scan diff

Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für Zoll⸗ und Steuerwesen und für Rechnungswesen sowie der Ausschuß desselben für Zoll⸗ und Steuerwesen hielten heute Sitzungen.

Der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Reichstags befindet sich in der Ersten Beilage.

In der heutigen (13.) Sitzung des Reichstags, welcher der Staats⸗Minister von Boetticher und mehrere andere Bevollmächtigte zum Bundesrath nebst Kommissarien desselben beiwohnten, theilte der Präsident dem Hause mit, daß eine Uebersicht über die Ergebnisse des Heeresergänzungsgeschäftes in dem Jahre 1881/82 eingegangen fei.

Das Haus trat hierauf in die Tagesordnung ein. Erster Gegenstand derselben war: die zweite Berathung des von den Abgg. Dr. Barth und Genossen eingebrachten Gesetzent⸗ wurfs, betreffend die Abänderung des Zolltarifgesetzes vom 15. Juli 1879. Derselbe lautet:

Der Reichstag wolle beschließen: dem nachstehenden Gesetz— entwurf die verfassungsmäßige Zustimmung zu ertheilen:

K betreffend die Abänderung des Zolltarifgesetz es vom 15. Juli 1879.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König

von Preußen 2e.

verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung

des Bundesraths und des Reichstags, was folgt:

Der Zolltarif zu dem Gesetze vom 15. Juli 1879 (Reichs Gesetzblatt Seite 207) wird in nachstehender Weise abgeändert:

Der Eingangszoll fällt fort für Schmalz von Schweinen und Gänsen Nr. 26 e. 1.

Der Abg. Dr. Barth suchte einige Bemerkungen richtig zu stellen, die von dem Direklor im Reichs⸗ schatzamt Burchard bei Gelegenheit der ersten Lesung der Vorlage gemacht worden. Er habe Erkundigungen eingezogen und in Erfahrung gebracht, daß in Dester— reich die Einfuhr von Schweineschmalz niemals verboten gewesen sei. Es sei übrigens auch ganz überflüssig, den Import des Schmalzes zu inhibiren, da Schmalz doch nicht krichinenhaltig sein könne, besonders bei der Art, wie das exportirte Schmalz in Amerika präparirt werde. Auch bezüglich Frankreichs stellten sich nach den Erkundigungen, die er eingezogen, die Dinge etwas anders, als sie der Bundesrathskommissar dargestellt habe: Dort sei die Einfuhr von amerikanischem Schweinefleisch allerdings für kurze Zeit verboten gewesen, allein das Verbot sei zurück— genommen worden, nachdem man sich überzeugt habe, daß die Trichinose, in Folge deren das Verbot erlassen fei, nicht von amerikanischem Schweinefleisch herrühre.

Bei Schluß des Blattes nahm der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Direktor im Reichs-Schatzamt Burchard das Wort.

Die Bestimm ung des 8. 24 der Reichs⸗Konkurs-Ordnung, welcher zufolge Rechtshandlungen, die der Gemein⸗ schuldner in der dem anderen Theile bekannten Absicht, seine Gläubiger zu benachtheiligen, vorgenommen hat, anfechtbar sind, findet nach einem Urtheil des Reichsgerichts, III. Civilsenats, vom 4. April d. J, auch auf die Fälle Anwen⸗ dung, in welchen die anzufechkende Rechtshandlung zu einer Zeit vorgenommen worden, in der der Schuldner sich noch nicht in dem Zustande der materiellen Irsolvenz befunden hat, ferner auch auf die Tilgung von Schulden durch Hingabe von Waaren oder sonst in anderer als geschuldeter Weise.

Der General⸗Lieutenant von Kleist, Commandeur der 1. Garde⸗Infanteric-Division, ist von Urlaub aus Mecklen— burg hierher zurückgekehrt.

Der General-Lieutenant Wiebe, Inspecteur der 1. Fuß⸗Artillerie⸗Inspektion, ist behufs Abhaltung des Prü— , , n auf dem Schießplatz bei Lockstedt nach Holstein abgereist.

Sigmaringen, 5. Juni. (Schwäb. Merk.) Heute trafen die erbprinzlichen Herrschaften, welche sich meh⸗ rere Monate in Obermais bei Meran aufgehalten haben, hier wieder ein. Die angegriffene Gesundheit Ihrer Königlichen Hoheit der Frau Erbprinzessin, wegen derer Wiederherstellung ein längerer Aufenthalt im Süden auch im verflossenen Winter leider nöthig geworden war, scheint sich wesentlich ge— bessert zu haben.

Württemberg. Stuttgart, 6. Juni. (St. A. f W.) In der heutigen Sitzung der Kammer der Abgeordneten theilte der Präsident von Hohl mit, daß der feierliche Schluß der Session morgen um 10 Uhr erfolgen werde, und hielt dann folgende Ansprache an die Kammern:

Die Arbeit eines sechsjährigen Landtags wäre nun gethan. Nach menschlicher Voraussicht werden wir bis zum Ablauf dieser Landtagsperiode nicht mehr in Thätigkeit treten. Wenn wir zurückschauen, so fällt das schwerste Stück Arbeit in die ö, des ersten Landtags, welcher am 6. Februar 1877 eröffnet und den 31. Januar 1880 geschlossen wurde, Zwei Hauptfinanzetats beschäftigten uns in dieser Zeit und daneben nicht weniger als 25 Gesetzesentwürfe. Außer den W cen über die Rechts⸗ verhältnisse der Volksschullehrer und der Lehrer an den höheren Mädchenschulen, dem Forststraf⸗ und hi lm ge e , die ich als die wichtigeren nenne, waren es vornehmlich die Ausführungsgefetze zu den vier großen Reichsjustizgesetzen: nämlich zum Reichsgerichts— verfassungsgesetz, zur Reichscivilprozeßordnung, Reichsstrafprozeß— ordnung und Reiché-⸗Konkurtordnung; sodann eine Anzahl weiterer Landesgesetze deren gänzliche oder theilweise Umgestaltung durch die enannten Reichsgesetze veranlaßt war. Man kann über einzelne . die in diesen Reichsgesetzen zur Durchführung gelangt nd, streiten, man kann sogar der Ansicht sein, wie es viele der einsichtsvollsten Männer sind, daß Manches anders ge— macht würde, wenn wir wieder am Beginn der Arbeit stünden. Aber darüber besteht Einmüthigleit, daß die ft Einheit auf den ge⸗ nannten Rechtsgebieten für das deutsche Volk eine große Errungen— schaft ist, an deren Einführung in das Rechtsleben unseres Landes mitgearbeitet zu haben für uns Alle wohl ein mühevolles aber auch ein ebrenvolles Stück Arbeit war. Und dabei haben wir da, wo Mängel der neuen Gesetzgebung drückend wirkten und rasche Abhülfe verlangten, z. B. im Gerichtes kostenwesen, uns nicht zurückgehalten, sondern den dringenden Wünschen des Landes nach Ab—⸗ hülfe Ausdruck gegeben und ein Eintreten der Königlichen Staatz— regierung im Bundegrath für Revision nicht ohne Erfolg befürwortet. * anderen Gebieten der Reichsgesetzgebung, wo wir das Gleiche gethan bleibt der Erfolg theilweise noch zu erwarten.

Während in die Zelt des ersten Landtags unfer Antheil an der Arbeit der Durchführung des großen Werke der Reichs ·˖ Justiz Orga⸗ nisation fällt. so kennzeichnet den zweiten Landtag, welcher am 4. Februar 1880 eröffnet wurde, und nun zu Ende geht, die sorgen⸗ volle Arbeit an der Herstellung des Gleichgewichts in unserem Landeshaushalt aus Anlaß der Feststellung des Finanzetats von 1881383. Diese sorgenvollen Arbeiten des Winters 15s 5j sind noch anz in 26 Erinnerung. Vier große Gesetze standen damit im

usammenhang: das Gesetz über die Erbschaftesteuer, das allgemeine

Spertelgesetz, die Maljstener und das Gesetz über unsere Staats⸗ schuld. Der uns leitende Gedanke war 3 bei Aufbringung der zur Deckung des Staatsbedarfs erforderlichen Steuern die Er⸗ höhung der direkten Steuern aus Grund und Boden, Ge⸗ bäuden und Gewerben zu vermeiden, so lange noch andere weniger drückende und die Last. allgemeiner vertheilende Steuerguellen uneröffnet oder doch nicht im Maße ihrer Ertrags⸗ fähigkeit eröffnet waren. Und bei dem wichtigen Gesetze über unsere Staatsschuld haben wir in der Frage der Fortsetzung oder Einstellung der Tilgungen der kleineren Hälfte unserer Eisenbahnschuld zwischen den zwei sich bekämpfenden Ansichten einen versöhnenden Mittelweg eingeschlagen, welcher der jetzigen schwer belasteten Generation die allgemein gewünschte Erleichterung bringen soll und die Pflicht der . in vorgesehener Zeitfrist im Grundsatz zu wahren ge— eignet ist.

Was an uns war, haben wir gethan; wir wollen er⸗ warten, daß unsere Hoffnung auf Besserung der Finanz⸗ lage des Landes nicht getäuscht werden möge. Und wenn wir Anderes, worüber wir ja in den letzten Tagen im Hause gesprochen haben, auf diesem zweiten Landtag nicht in Angriff genommen haben, so wissen wir Alle in diesem hohen Hause und erkennen es alle gerechten und billigen Männer im Lande, daß für Weiteres, zumal nicht Dringendes, offenbar Raum und Zeit nicht gegeben war. Unsere ganze Kraft hatten wir einzu⸗ setzen gehabt für zwei große Aufgaben; die Neugestaltung der gemein⸗ samen Einrichtungen für unser Rechtsleben, sodann die Anbahnung und Herstellung der Ordnung in unserem Landeshaushalt, von welcher die Wohlfahrt des Landes und seiner Burger abhängt.

Baden. Karlsruhe, 7. Juni. (W. T. B.) Der Großherzog und die Großherzogin haben sich von Badenweiler nach Schloß Mainau begeben.

Baden, 7. Juni. (W. T. B.) Ihre Majestät die Kaiserin ist heute früh von hier nach Berlin abgereist.

Mecklenburg⸗Schwerin. Schwerin, 4. Juni. Gestern und heute wurde hier das hundertjährige Ju— biläum des Mecklenburgischen Grenadier-Regi— ments Nr. 89, von dem das erste und dritte Bataillon hier— selbst, das zweite aber in Strelitz in Garnison steht, gefeiert. Die Stadt Schwerin schenkte dem Regiment einen schönen Ehrenschild aus vergoldeter Bronze mit passender Inschrist, die Damen, welche Angehörige im Offiziercorps haben oder hatten, der Offiziersmesse einen großen silbernen Tafelaufsatz, die Reserve— und Landwehroffiziere des Regiments ebenfalls zwei große silberne Fruchtaufsätze. An hundert Offiziere in und außer Dienst, die früher dem Regiment angehört, darunter General-Lieutenant von Kleist, Commandeur der ersten Garde ⸗Infanterie⸗Division, General⸗Major von Conring aus Straßburg, dann der kommandirende General des XI. Armee⸗Corps, zu dem das Regiment gehört, von Tres— kom aus Altong, und eine große Zahl ehemaliger Unter— Offiziere und Grenadiere aus ganz Mecklenburg waren zu diesem Feste nach Schwerin gekommen. Die Festlichkeiten be— standen in Aufführungen lebender Bilder und militärischer Züge im Thalia⸗Theater vor dem Offizier Corps des Regi⸗ ments und von diesem eingeladenen Gästen und aus einem Feldgottesdienst in der Garnisonkirche, Tafel in der Offizier⸗ messe, festliche Speisung der Mannschaften in den Kasernen und (heute Nachmittag) festliche Spiele der Soldaten und ihrer Gäste auf dem kleinen Exerzierplatz, Tanzbelustigungen in verschiedenen Sälg u. s. w., denen auch der Groß— herzog, der zu dem Zwecke die Rückreise von Palermo nach Schwerin in fünf Tagen gemacht hatte, mit seiner Familie beiwohnte, wie denn auch in Privatkreisen noch manche kleinere Vereinigungen von früheren Kameraden statt— fanden, die jetzt in allen Armee⸗Corps des deutschen Reichs— heeres dienen.

Elsaß⸗Lothringen. Straßburg, 5. Juni. (Els.Lothr. Ztg. Der Kaiserliche Statthalter hat durch Erlaß vom 31. Mai d. J. auf Grund der von der Optionskommission in ihrer vierzehnten Sitzung abgegebenen Gutachten die Option bezw. Auswanderung von 210 Personen als gültig anerkannt.

Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 5. Juni. (W. Ztg.) Gestern Vormittags um 11 Uhr fand in der Schloßkapelle zu Schönbrunn die Firmung der Frau Erzherzogin Marse Valerie statt.

Wie der Polit. Corresp.“ aus Serajevo gemeldet wird, haben die Assentirungs-Kommissionen in Bosnien ihre durch die Pfingstfeiertage unterbrochene Thätigkeit wieder auf— genommen. Im Stellungsbezirke Visoka (Kreis Serajevo) ist von 419 Stellungspflichtigen die größte Anzahl erschienen; die Losung der ersten und zweiten Altersklasse wurde am D. M. anstandslos vorgenommen und die Assentirung selbst am folgenden Tage in durchaus befriedigender Weise vollzogen, wobei das Kontingent von 36 Mann gedeckt wurde. Im Stellungsbezirke Zwornik (Kreis Dolnj Tuzla) ergab die am 2. d. M. anstandslos durchgeführte , die Deckung des rorgeschriebenen Kontingenis von 34 Mann.

Pest, 5. Juni. 32 Ztg.) Das Abgeordnetenhaus votirte heute den Gesetzeniwurf über den Verkauf der ära— rischen Ueberlandfelder endgültig. Sodann wurde die Be⸗ rathung des Gesetzentwurfs über die Gründung von 120 Stistungsplätzen an den gemeinsamen Offizier-Bildungs— anstalten für ungarische Jünglinge sortgesetzt. Otto Herman (Unabhängigkeits⸗Partei) reichte solgende zwei Beschlußanträge ein: erstens, das Abgeordnetenhaus möge den Honved⸗Minister anweisen, daß derselbe den detaillirten Lehrplan sämmtlicher gemeinsamen militärischen Lehranstalten, von den untersten bis zu den höchsten, dem Hause unterbreite, damit dasselbe in den Stand gesetzt werde, sich von der Richtung und dem Geiste der militärischen Erziehung zu überzeugen; zweitens, das Gesammt⸗Ministerium möge den ihm gesetzlich gebührenden Einfluß dahin geltend machen, daß dem Qffizierscorps aus der Konstitutionslehre mit befon— derer Rüchsicht auf das Verhältniß zwischen der Armee und den steuerzahlenden Bürgern Unterricht ertheilt werde und daß die Kenntniß derselben in den Rahmen der Offiziersprüfung und unter die pflichtgemäß vorgeschriebenen Gegenstände der militärischen Erziehungsanstalten aufgenommen werbe. Schließlich beantwortete der Justiz-Minister die von dem Abg. Szederkényi gestellte Interpellation in Betreff der vor dem Inslebentreten des Strafgesetzes bestandenen Arbeits— häuser. Das Haus nahm die Antwort zur Kenntniß, worauf die Sitzung geschlossen wurde.

7. Juni, (W. T. B.. Der Kaiser hat den Fürst⸗ erzbischoß von Wien, Ganglbauer, zum Prälaten des Leopold'Drdens ernannt und ihm gleichzeitig das Großkreuz dieses Ordens verliehen.

Schweiz. Bern, 6. Juni. (W. T. B.) Der Nationa rath beschloß heute mit 63 gegen 20 Stimmen auf den An⸗ trag Morels solgende Resolution: Der Nationalrath bringt im Namen des Schweizervolks dem Andenken Gari— baldi's seine Huldigung dar und schließt sich der Trauer 3 ö welche der Tod dieses großen Patrioten Italien versetzt.

Großbritannien und Irland. London, 5. Juni. (Allg. Corr). Am Sonnabend fand im ganzen Lande die . Feier des 63. Geburtstages der Königin

att.

Der an das Kriegs-Ministerium gerichtete Bericht der Departements-Kommission, welche ernannt worden war, um die Möglichkeit der Vertheidigung des unter— seeischen Kanal-Tunnels zu prüfen, ist, wie der „Qbserver“ erfährt, jetzt dem Herzog von Cambridge zur Be— gutachtung unterbreitet worden.

6. Juni. (W. T. B.) Im Unterhause antwortete heute der Unter⸗Staatssekretär Dilke auf eine Anfrage Bourke's; am 2. Juni habe der Admiral Seymour berichtet, daß die Erdwerke in Alexandrien nicht armirt seien; seitdem sei der Regierung die Nachricht geworden, daß sie ar' mirt worden seien. Dem Deputirten Wolff entgegnete Dil ke: sämmtliche Mächte, mit Ausnahme der Pforte, hätten sich günstig über die Idee der Konferenz aus⸗ gesprochen; die Pforte habe die Konferenz zwar nicht ab— gelehnt, halte sie jedoch nicht für nothwendig. Die Pforte sei vor dem Erlaß der Einladungen zur Konferenz nicht be— fragt worden, wie dies auch anläßlich der Konferenz im Jahre 1876 nicht geschehen sei; trotzbem seien damals die Vorberei⸗ tungen zur Konferenz eifrig betrieben worden; die Pforte habe erst vierzehn Tage später zugestimmt. Von den Groß— mächten seien keine formellen Antworten eingegangen, sondern nur mündliche Erklärungen. Arabi Bey habe die Ein— stellung der kriegerischen Vorbereitungen angeordnet. Auf eine weitere Anfrage Northcote's erwiderte Dilke: die Mächte be— folgten das Beispiel von 1876 und hielten mit ihren formellen Antworten zurück, his sie sich untereinander geeinigt. Der türkische Botschafter Musurus Pascha habe gestern in einer Unterredung mit Lord Granville im Allgemeinen konstatirt, daß die Derwisch Pascha ertheilten Instruktionen im Wesentlichen dieselbe Basis wie die für die Konferenz vor— geschlagene hätten. Das Haus begann hierauf die Be— rathung des Art. 3 der irischen Zwangsbill.

Frankreich. Paris, 5. Juni. (Fr. C.) Der Ge— meinderath hat heute eine Sitzung gehalten und auf An— trag Havelaque's beschlossen, sich bei dem Leichenbegängnisse Garibaldi's durch eine Deputation vertreten zu lassen' und derselben die Summe von 3060 Fr. auszusetzen.

Die kleine Republik Andorra steht bekanntlich unter dem doppelten Protektorat des französischen Staatsoberhaupts und des spanischen Bischofs von Urgel. Diese beiden Pro⸗ tektoren ernennen abwechselnd alle zwei Jahre den Oberrichter und alle Jahr einen der Vögte der Republik, wofür ihnen die Einwohner des Thals von Ändorra einen jährlichen Tribut von je 960 Fr. zahlen. Bisher vertrat der Präfekt der Arriège, der seinen Sitz in Foix hat, den Präfidenten der franzö⸗ sischen Republik, und er war es, der seit 1806 jährlich den Huldigungseid von drei Abgeordneten von Andorra entgegennahm. Das „Journal officiel“ veröffent⸗ licht nun einen Bericht des Ministers des Innern an den Präsidenten der Republik, in welchem ausgeführt wird, daß in Folge der Entwicklung der Kommunikatione— wege der eigentliche Berührungspunkt zwischen Andorra und Frankreich nicht mehr in der alten Grafschaft Foix, sondern in der Cerdagne liege. Demgemäß verfügt ein dem Bericht beigeschlossenes Dekret, daß die erwähnten Funktionen von dem Präfekten der Arriege auf den Präfekten der Ostpyrenäen übergehen sollen; gleichzeitig wird der unter dem letzteren stehende Unterpräfekt von Prades mit der dauernden Vertre— tung Frankreichs den Autoritäten von Andorra und dem Bischof von Urgel gegenüber beaustragt.

6. Juni. (W. T. B.) In einer gestern von dem Finanz-Minister Léon Say in Saint-Quentin gehaltenen Rede konstatirte derselbe die günstigen Ernteaussichten und sagte: die Ernte würde Frankreich der Nothwendigkeit überheben, beträchtliche Kapitalien zu expor⸗ tiren, werde den Markt erleichtern und eine Herabsetzung des Zinssußes für 1883 zulassen. Die Regierung werde alsdann sehen, welche Arrangements bezüglich der öffentlichen Schuld sich würden treffen lassen.

Italien. Rom, 6. Juni. (W. T. B.) Der Sekretär der Mailänder Leichenverbrennunge⸗-Gesellschaft, Dr. Pini, ist gestern nach Caprera abgereist, um die Verbrennung der Leiche Garibaldi's nach dem System Gorini vorzubereiten. Der Herzog von Genua, der General Carava, Oberst Morozzo und der Ceremonienmeister Tolomei und della Stufa werden den König bei den Leichenfeierlichkeiten vertreten.

6. Juni, Abends. (W. T. B.) Morgen Nachmittag werden sich die an den Leichenfeierlichkeiten auf Caprera theilnehmenden ossiziellen Persönlichkeiten nach Civita vecchia begeben, von wo aus die Ueberfahrt nach Caprera ersolgt. Am nächsten Sonntag soll auf dem Kapitol r Feier zu Ehren des Andenkens an Garibaldi statt inden.

7. Juni. (W. T. B.) Die Verbrenn ung und Beisetzung der Leiche Garibaldis wird morgen Vor⸗ mistag um 11 Uhr stattfinden. Die Minister Zanardelli und Ferrero werden persönlich den Leichenseierlichkeiten beiwohnen; die übrigen Minister lassen sich vertreten.

Türkei. Konstantinopel, 6. Juni. (W. T. B.) Wie verlautet, hätte der englische Botschafier Lord Dufferin den Vorschlag gemacht, die Konferenz solle formell zu⸗ sammentreten, sich aber dann sofort vertagen, bis das Resultat der Mission Derwisch Paschas vorliege, Eine Meldung der „Agence Havas“ zufolge sollen die Admirale des englischen und des französischen Geschwaders Derwisch Pascha nach Kairo begleiten.

Einer Mittheilung der „Times“ aus Konstantinopel ufolge hat der französische Votschafter. Noailles, den

inister des Aeußern, Said Pascha, in Erwiderung auf das jüngste Cirkular der Pforte benachrichtigt, daß die f ranzy— sische Regierung durch die Argumente der Pforte ic Überzeugt worden sei und dabei beharre, daß die Konferenz sofort zusammentrete.

Nustlaud und Polen. St. Petersburg, 4. Juni. St. Pet. Itg.) Der „Regierungs⸗Anzeiger“ veröffent⸗ ichte gestern den Kaiserlichen Ukas über die Aufhebung

des Generalgouvernements von Westsibirien und die gleichzeitige Gründung eines neuen, des sogenannten

Steppen⸗Generalgouvernements“ mit dem Verwal⸗ iungssitze in Omsk. Die russische St. Petersburger Zeitung“ bemerkt dazu: „Die gegenwärtige Reform hat die wichtige Be⸗ deutung, daß sie: 1) zwei Gouvernements, das von Tobolsk und das von Tomek, unmittelbar der Centralverwaltung unter—⸗ ordnet und auf diese Weise sie dem Europäischen Rußland näher bringt, wodurch es möglich gemacht wird, in kürzester Zeit die lokalen Gesetzesbestimmüngen bezüglich der Ver— waltung zu beseitigen, und 2) daß sie die an China grenzenden Gebiete einer centralen und gemeinsamen Ver⸗ waltung in Omsk unterstellt. Bisher grenzte das chinesische Reich an Turkestan und Westsibirien. In den letzten Unterhandlungen mit der Pekinger Regierung traf es sich häufig, daß die Kundgebungen und Erklärungen der beider— seitigen Generalgouverneure sich widersprachen. Das erregte Mißtrauen, und Verschleppungen und Schwierigkeiten im diplo— matischen Verkehr waren die Folge davon. Nunmehr werden alle Angelegenheiten bezüglich der Westgrenze Chinas in der Verwaltung des Generalgouverneurs der Steppengebiete con— centrirt werden können.“

7. Juni. (W. T. B.) Der „Regierungs—⸗ anzeiger“ veröffentlicht die Ernennung des Generals Kolpakowsky zum General- Gouverneur des Steppengouvernements und zum Kommandirenden des neukreirten Omskschen Militärbezirks, sowie des Generals Tschernajeff zum General-Gouverneur von Tur⸗ kestan und zum Kommandirenden des Turkestanschen Militär— bezirks.

7. Juni. (W. T. B) Großfürst Wladimir ist gestern nach dem Auslande abgereist. . Nik olajew, 6. Juni. (W. T. B.). Der Großfürst Alexis, welcher gestern hier eingetroffen ist, besichtigte heute die Admiralität und beabsichtigt morgen die Reise nach Sewa— stopol und Batum fortzusetzen.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 6 Juni. (W. T. B.) Anläßlich der silbernen Hochzeit des Kö— nigspaares ist die Hauptstadt festlich geschmückt. Aus den Provinzen sind viele Deputationen zur VBeglückwünschung des Jubelpaares eingetroffen. Nach einem feierlichen Gottesdienste in der Schloßkirche findet heute Galadiner und zugleich eine Speisung der Armen statt. Sämmtliche Zeitungen enthalten sympathische Artikel anläßlich des Festes.

Amerika. Ne w⸗YJork, 3. Juni. (Allg. Corr.) Hier eingegangenen Nachrichten zufolge hat General Fuero mit 400 Mann mexikanischer Reiterei am 25. v. M. eine Bande marodirender Apache⸗Indianer in Chihuahua an— gegriffen. In dem Gefechte blieben 37 Indianer todt auf dem Platze, und eine Anzahl wurde zu Gefangenen gemacht. Die Berluste der Mexikaner beschränkten sich auf 9 Todte, darunter ein Offizier, und 14 Verwundete, einschließlich zweier Offiziere.

ö I. römisch⸗katholische Bischof von Cleveland (Ohio) hat einen Hirtenbrießf erlassen, worin er droht, alle katho⸗ lischen Frauen, welche Mitglieder des weiblichen Zweiges der Landliga werden oder dessen Versammlungen anwohnen, zu exkommuniziren.

Seitungsstimmen.

Das „Deutsche Tageblatt“ stellt eine vergleichende Uebersicht über die Ein- und Ausfuhr der wichtigsten Waaren⸗ artikel in der Zeit vom 1. Januar bis ultimo April 1882 resp. 1881 auf und knüpft daran folgende Bemerkungen:

Im Großen und Ganzen hat unsere heutige Uebersicht dieselben Resultate aufzuweisen, wie solche für die ersten 3 Monate dieses Jahres erfreulicher Weise zu verzeichnen waren: Stetige Zunahme der Ausfuhr auf den hervorragendsten Gebieten unserer Industrie; Abnahme der Einfuhr bei denjenigen Artikeln, in deren Erzeugung wir dem Auslande ausreichende Konkurrenz zu machen im Stande sind; Steigerung der Einfuhr namentlich solcher Lebensbedürfnißzgrtikel! welche wir selbst nicht produziren, deren zunehm der Bezug aber für die unverminderte Konsum⸗ tionsfähigkeit der Bevölkerung ein nicht zu unterschätzendes Zeugniß ablegt. Eine von der . abweichende Erscheinung bieten dieses Mal nur Eisen, Ganz und Halbfabrikate, deren Ausfuhrmenge um 4700 t gegen den entsprechenden Zeitraum des Vorjahres zurück— gegangen ist, und zwar sind es Eisenbahnschienen, welche diesen Aus⸗ fall verschuldet haben; deren Ausfuhrmenge blieb um 31 0090 t zurück, von welchem recht beträchtlichem Quantum jedoch Eisendraht, ein seit lange schon von den Vereinigten Staaten ungemein stark begehrter Artikel, allein 22 000t an Mehrausfuhr wieder einbrachte. Der Gesammt⸗ ausfall ist ja nur ein geringer, wir machen nur deshalb besonders auf denselben aufmerksam, weil wir seit länger schon in der Lage waren, regelmäßig das Gegentheil berichten zu können; aller Wahr— scheinlichkeit nach wird ein Ausgleich auch bereits in allernächster Zeit stattfinden.

In der gesammten Textilindustrie zeigt sich dagegen, ohne Ausnahme, recht beträchtliche Zunahme der Ausfuhr: bei Baum⸗— wollenwaaren von 700 t, Wollenwaaren 500 t, Seidenwaaren 280 t, und Leinenwaaren 336 t, ebenso bei Leder und Lederwaaren von 670 t und bei Holjwaaren von 1220 t, auch die Ausfuhr von Holz, meistens geschnittenen Hölzern, wuchs um die ansehnliche Menge von 490000 t.

Die Mühlenindustrie betreffend, sei darauf verwiesen, daß das Minus der Einfuhr und das Plus der Ausfuhr zusammen gegen den entsprechenden Zeitraum des Vorjahres 22500 t ausmachen, also immerhin doch schon eine Besserung zu erkennen ist, deren weite⸗ res Fortschreiten wir durch steigende Exportzahlen hoffentlich bald darzuthun in die Lage kommen werden. .

Beachtenswerth erscheint die stetige Zunahme der Einfuhr von roher Wolle 7009 t gegen das Vorjahr in Verbindung mit der steigenden Ausfuhr von Schaspieh mehr als 109000 Stück gegen das Vorjahr; die heimische Wollproduktion scheint danach nicht mehr lohnend zu sein. .

Die Einfuhr vn Kolonialwagren zeigt sich überall im Steigen begriffen, auch für Wein findet dasselbe statt, wie ebenso eine Zu— nabme der Ausfuhr; die Tabackeinfuhr nimmt zwar zu, bleibt jedoch noch immer weit hinter der erwarteten Menge zurück. ;

Die Petrolcumeinfuhr zeigt sich um 11 60 t geringer, unsere neue heimische Produktion dieses Artikels wird darauf, bis jetzt jedoch, wohl noch ohne großen Einfluß geblieben sein. ̃

Einen außerordentlichen Ausfall gewahren wir in der Einfuhr amerikanischen Schmalzes; derselbe betrug nicht weniger denn 400 t.

Die Ziffern der Steinkohleneinfuhr weisen mit immer größerer Deutlichkest darauf hin, daß es hohe Zeit ist, endlich einmal den ersten Spatenstich zum Bau eines Kanals zu thun.

Der „Staats⸗Anzeiger f. Württ.“ enthält fol⸗ gende Notiz:

Wie wir vernehmen, sind in den letzten Tagen aus mehreren Städten des Landes (Biberach, Schorndorf, Urach, Vaihingen), sowie aus dem sechsten Reichstagswablkreis (Tübingen, Reutlingen, Rotten⸗ burg) Adressen zu Gunsten des Tabackmonopols an den Reichskanzler

abgegangen. Dieselben schließen sich an den Wortlaut der Resolu— tion der Heilbronner Versammlung vom Mai an unter gleich⸗ zeitiger Beibringung des Nachweises, daß die betreffende Resolution durch eine Mehrheit von 3 der Versammelten angenommen worden ist. Die Adresse aus dem sechsten Wahlkreis allein trägt mehr als 4000 Unterschriften. ; ; .

Die neueste „Wiesbadener Zeitung“ knüpft in ihrem Leitartikel an eine Aeußerung der „Volksztg.“ an, nach welcher eine Besserung unserer gewerblichen und wirthschaft— lichen Verhältnisse nur eintreten könne, wenn Ersparnisse in der Staatsverwaltung, und zwar an demjenigen Theile der— selben gemacht würden, an welchem allein mit durch⸗ greifendem Erfolge Verminderungen eintreten könnten, dem Heere und der Marine Die „Wiesb. Ztg.“ bemerkt hierzu:

So weit also wären wir wieder gekommen, daß von der Fort⸗ schrittspartei an unserem Heer und an der Marine gerüttelt wird! Die Forderung nach ‚Verminderungen mit durchgreifendem Erfolge beim Heer und der Marine“ bedeutet nichts Anderes, als an die Heerverfassung, und damit an die Grundpfeiler des Reiches die Art anzulegen. Freilich versichert auch die Fortschrittspartei, daß sie nicht an zeine Wehrlosmachung des Reiches“ denke. Welche andere Folge würde aber jene Forderung, wenn sie durchgesetzt würde, bei den be— stehenden thatsächlichen Verhältnissen haben können?

Die beste Widerlegung solcher Angriffe auf die deutsche Heer⸗ verfassung geben die Worte, welche Hr. Rickert, der jetzige Führer der Sezessionisten, vor zwei Jahren bei Berathung der Militärnovelle in Bezug auf diese Punkte, gegenüber gleichlautenden Aeußerungen der Fortschrittspartei, gesprochen hat. Hr. Rickert erkannte unumwun— den an, daß in Deutschland die Steigerung der Misitärlasten im Verhältniß zu derjenigen in den anderen großen Militärmächten, namentlich Frankreich, Rußland und England, die „bescheidenste Zahl“ ausmacht, daß ferner unsere tüchtige und umsichtige Kriegsverwaltung es allen anderen vorausthut, wo es sich um eine sparsame Verwaltung und Durchführung der Militärorganisation handelt“, daß Deutschland jährlich für sein Heer 105 Millionen Mark weniger ausgiebt als Frankreich, obwohl es. 6 Millionen Einwohner mehr hat, daß die effektive und etatsmäßige Friedenspräsenzstärke in Frankreich um 30 M0 Mann höher ist, daß es „eine Nothwendigkelt im Intereffe des Deutschen Reiches ist, den militärischen Anstrengungen Frank⸗ reichs und Rußlands zu folgen“, und daß auch das Volk finanziell und wirthschaftlich hierzu sehr gut im Stande ist, da in Deutschland bisher nur 16—17 S6, in Frankreich 53 e an direkten und indirek ten Steuern pro Kopf erhoben werden.

Die Fortschrittspartei hat in der Monopolkommission die An— nahme der Resolution Lingens durchgesetzt. Ueber die Art ihrer Ausführung läßt die „Volkszeitung“ keinen Zweifel, und es muß ihr zugegeben werden, daß, da auf anderen Gebieten Ersparnisse in irgendwie nennenkwerthem Umfange nicht gemacht, werden können, die bis jetzt zurückgestellten Bedürfnisse der Kommunen ohne Steuer“ reform und ohne Vermehrung der indirekten Einnahmen des Reichs nur auf dem von ihr angedeuteten Wege ihre Befriedigung finden könnten. Wollen nun die übrigen Parteien die Konfequenzen, welche die Fortschrittsparte! aus der Resolution Lingens zieht, auch ihrerseits ziehen? Wollen sie durch Unterstützung der gegen jede Steuerreform gerichteten Resolution auch nur den Schein erwecken, daß sie auch im Uebrigen den Absichten der Fort— schrittspartei in Bezug auf eine Reduktion des Heeres und der Marine beistimmen? Die Wehrkraft des Reichs würde geschwächt werden, wenn auch nur ein Theil der auf sie verwandten Summen zu denjenigen Zwecken, für welche die Steuerreform bestimmt ist, Verwendung finden sollte. Wer also die Wehrkraft des Reiches un— angetastet erhalten will und wer also den von dem Organ der Fort— schrittspartei empfohlenen Ersatz der Steuerreform verwirft, der muß auch die Resolution Lingens verwerfen. Sie annehmen heißt, wie die Sachen liegen, nichts anderes, als die Bestrebungen der Fort— schrittspartei, welche auf eine Schwächung der Wehrkraft hinauslaufen müssen, bewußt oder unbewußt zu stärken. 1 .

Aus dem oberschlesischen Industriebezirk, d. d. 1. Juni, schreibt man der „Schlesischen Zeitung“:

Die gedeihlichen Folgen der seit vorigem Jahre erfreulicherweise fast ununterbrochen fortschreitenden Lebhaftigkeit in der Betriebs⸗ Thätigkeit der meisten im diesseitigen Berg⸗ und Hüttenrevier vor⸗ handenen industriellen Anlagen, sowohl kleineren als größeren Genres, geben sich nach verschiedenen Richtungen hin deutlich kund. Vom Steinkohlenbergbau kann dies augenblicklich aus Gründen, die in der Natur der Dinge liegen, nicht ebenfalls gelten. Allein, wo man auf industriellem und gewerblichem Gebiete sonst hinblickt, wird man gewahr, daß nicht blos in den großen industriellen Anlagen, sondern auch bei den in der Umgegend und darüber hinaus bestehen⸗ den gewerblichen Werkstätten, ferner in Ziegeleien, Steinbrüchen, Eisenerz⸗ und Eisensteingräbereien im Verhältniß nicht minder flott gearbeitet wird, als z. B. in den bedeutenden, auf die Gewinnung sehr werthvoller Montanprodukte⸗ en masse abzielenden Anlagen Mancherlei Eisensteingräbereien c“, die bis vor wenigen Monaten noch infolge des damals sehr gesunkenen Werths der Eisensteine „in Fristen“ lagen, sind längst wieder in Betrieb gesetzt und prosperiren.

Statistische Nachrichten.

Summarische Uebersicht über die Zahl der Stu— direnden an der Königlichen vereinigten Friedrichs Universität Halle ⸗Wittenberg im Sommer-⸗Semester 1882. Im Winter ⸗-Semester 1881382 sind immatrikulirt ge⸗ wesen 1351, nach Aufstellung der betreffenden Nachweise wurden noch immatrikulirt 27; zusammen 1378. Davon sind abgegangen 386. Es sind demnach geblieben 992. Dazu sind in diesem Semester gekommen 385. Die Gesammtzahl der immatrikulirten Studirenden beträgt daher 1377. Die evangelisch-theologische Fakultät zählt Preußen 344, Nichtpreußen 45; zusammen 389. Die juristische Fa—⸗ kultät zählt Preußen 137, Nichtpreußen 6; zusammen 143. Die medizinische Fakultät zählt Preußen 173, Nichtpreußen 20; zu⸗ sammen 193. Die philosophische Fakultät zählt a. Preußen mit dem Zeugniß der Reife 371, b. Preußen ohne Zeugniß der Reife auf Grund des 5§. 3 der Vorschriften vom 1. Oktober 1879 145; zu⸗ sammen 516, e. Nichtpreußen 136; zusammen 652. Summa 1377. Außer diesen immatrikulirten Studirenden besuchen die Universität als Hospitanten 37. Es nehmen mithin an den Vorlesungen über haupt Theil 1414.

Der Verein zur Beförderung des Gewerbfleißes hat eine

TLommission beauftragt, festzustellen, für welche Gewerbzweige in

Deutschland und den benachbarten Ländern Fachschulen bezw. Lehr— werkstätten bisher thatsächlich eingerichtet sind, um daran Vorschläͤge in Betreff der Ausbildung jener Anstalten zu knüpfen. Der von dem Dr. Sermann Grothe erstattete eingehende Bericht ist in einem Ergänzungsheft der Verhandlungen des Vereins (Berlin, Verlag von Leonhard Simion) abgedruckt, und entnehmen wir dem Bericht die nachfolgende Uebersicht der in den einzelnen Staaten bestehenden technischen Fachschulen:

In Frankreich wird der mittlere gewerbliche Fachunterricht auf den Eeoles d'arts et metiers zu Chalons, Air und Angers gelehrt, welche Schulen mit Werkstätten verbunden sind; diese 3 Gewerbe⸗ schulen haben zusammen Raum für 900 Schüler. Neuerdings sind noch einige Eeoles industrielles oder Ecoles supérieuses de commeres et d'industrie für Spezialitäten hinzugetreten; in Limoges für Keramik, Lille für Leinenspinnerei und ⸗Weberei, Nevers für große Eisenkon⸗ strultionen, Roubair für Weberei, Rouen, Bordeaur. In Paris gehören die Ecole centrale des arts et mannfaetures und das Con- servatoire des arts et metiers in die Sphäre der höheren technischen Fachbildung. Außer den staatlichen mittleren Fachschulen giebt es in Frankreich noch zahlreiche kommunale und private, so die Institution Lelahayg zu Paris, Inst. Notre Dame zu Nantes, Springer in Patris, St. Nicolas, Eeole eommunale de la Rue Tournefort, Die

Ecole la Martinière in Lyon ist ein Uebergang zur niederen Stufe, zu welcher diejenigen ebenfalls Ecoles d'arts et mèétiers oder Eecoles

zahlreiche Zeichnen

In Italien hat die Regierung dahin gewirkt, daß sich im

Lande 50 und einige Arbeitsschulen und Industrieschulen (8cuole professionali, industrialih mit 20 000 Schülern gebildet haben, viel⸗ fach abhängig und unterstützt vom Minister für Ackerbau und Handel. Ihnen gesellen sich die Schole d'arte zu als Zeichnen⸗, Modellir⸗ schulen und dgl., auch eine Anzahl Scuol professionali Feminili. viele von Gesellschaften unterhaltene Fortbildungsschulen und Privat⸗ instituté. Höhere technische Bildung erzielen die Institute tecniei, welche theils Provinzial⸗, theils Kommunalschulen sind, und dann in den Seestädten noch die Instituti tecnici e nautici hinzutreten; . Schulen waren auf der Mailänder Ausstellung 1881 57 ver' reten. In, den Niederlanden sind professionelle Schulen (Ambachts⸗ school) in Amsterdam (seit 18617. Rotterdam, Arnheim, Haag, Gro⸗ ningen und Utrecht. Eine höhere Stufe bilden die Maschinistenschool in Amsterdam und die Akademie von Beeldende Kunsten en technische Wetenschappen in Rotterdam.

In, Spanien wird schon im Elementarunterricht auf die Technik (nociones de agricultura, artes, industia, comercio nautica) Rücksicht genommen. Höhere technische Unterrichtsanstalten sind die Ingenieurschulen (für Ingenieros de Caminos, Ganales Y Puertos, de Minas, de Montes u. s. w.) und 6 Feldmesserschulen.

Portugal besaß bis zum Jahre 1873 nur zwei theoretische technische Institute, zu Lissabon und Oporto. Mit dem letzteren wurde sodann eine mechanische Werkstätte für Präzisionsinstrumente verbunden. Weitere Reformen scheinen mit dem Tode des Direktors der Polytechnischen Schule zu Lissabon, Fradesso da Silveira, ins Stocken gekommen zu sein.

Rußland hat an höheren technischen Schulen seit 1825 das technische Institut zu Moskau, 1831 das technologische Institut in St. Petersburg, 1847 die technische Schule in Helfingfors und 1861 die polytechnische Schule in Riga. Hierzu sind viele, meist mit Werkstätten verbundene Anstalten für den mittlecen und niedrigen Unterricht, auch Kunstgewerbeschulen und das polytechnische Mufeum in Moskau getreten.

In Schweden und Norwegen ist man bemüht gewesen, der Hausindustrie durch Abend- und Sonntagschulen zur Fortbildung der Arbeiter und Handwerker sowie durch Ärbeits- und Nähschulen möglichst aufzuhelfen. In Gothenburg werden in 21 Werkstätten 1600. Kinder unterrichtet, nahe der Stadt befindet sich eine großartige Arbeitsschule. In Stockholm ist der Unterricht in der Hausindustrie an die eigentlichen Volksschulen geknüpft. Fast alle Städte in Schweden besitzen Industrieschulen.

Dänemark besitzt in Kopenhagen eine polytechnische Lehranstalt und eine Gewerbschule für die mittlere Sphäre der technischen Aus— bildung. Seit 1873 entstanden auf Clauson Laas' Anregung zahl⸗ reiche Handarbeitsschulen.

England besitzt keine polytechnische Schule. An mehreren könig lichen Anstalten und Colleges werden regelmäßige Vorträge über technische Wissenschaften gehalten, auch sind in neuerer Jeit mit diesen Colleges Werkstätten verbunden. Dem mittleren technischen Unter⸗ richt dienen namentlich Fachschulen für Tertilindustrie. In London haben die Stadt und Gilden auch eine Centralanstalt mit Lehr⸗ werkstätten begründet.

In Amerika sind bemerkenswerth das Worcester County free Institute für Industriewissenschaften und besonders Cooper Bnion, eine großartige Maschinenhalle in New-Jork. Theoretischer Unter⸗ richt wird auf den meisten Universitäten und Colleges, deren es einige 80 ersten Ranges und mehr als 150 andere giebt, ertheilt. Neuer dings ist auch eine Webschule in Philadelphia eingerichtet worden.

Die Schweiz besitzt in dem eidgenossischen Polytechnikum eine höhere technische Lehranstalt, auf der mittleren Stufe stehen Industrieschulen ohne Werkstätten. Auch sind Handwerkerschulen vorhanden.

Oesterrreich⸗Ungarn hat technische Hochschulen in Wien, Prag (27), Brünn, Gratz, Lemberg und Pest. Die Staatsgewerbe⸗ schulen bestehen aus mehreren an sich vollständigen Fachschulen. Unter den mittleren technischen Lehranstalten ist das technologische Museum in Wien hervorzuheben. Zahlreich sind die Fachschulen; unterstützt werden vom Staate: 29 für Spitzenklovpelei, Stickerei, Posamentierarbeit, Weberei und Wirkerei. 22 für Holz und Stein industrie, 6 für keramische und Glasindustrie, 7 für Metallindustrie, 5 verschiedene, zusammen 69.

In Deutschland sind höhere technische Lehranstalten zu Berlin, Hannover, Aachen, Dresden, Münster, Stuttgart, Braunschweig und Varlsruhe. Die durch Beuth in Preußen eingerichteten 24 Provinzial gewerbeschulen sind theilweis wieder eingegangen. In Barmen ist im Jahre 1863 eine höhere und niedere Gewerbeschule begründet worden, sräter in Crefeld eine höhere Textilschule, in Remscheid und Iserlohn Fachschulen für Kleineisenindustrie bezw. Metall- und Bronzeindustie, Montabaur und Wiesbaden keramische Fachschulen, in Heinsberg (Aachen) Lehrwerkstätte für Korbflechterei, in Glashütte eine Uhrmacherschule u. A., zahlreiche private Bau— gewerkschulen und Fortbildungsschulen, im Ganzen 213 gewerbliche Fachschulen. In Ham burg besteht eine allgemeine Gewerbeschule und damit verbundene Schule für Bauhandwerker, außerdem eine sehr besuchte Fortbildungsanstalt (fur Mädchen). Sach sen besitzt die Lunstgewerbeschulen in Dresden und Leipzig, 20 Web⸗ und Wirkschulen, 31 Klöppel⸗. Näh⸗ und Stickschulen, 3 Spinn⸗ schulen, 2 Holzindustrieschulen, 3 Strobflechtschulen, 1 Fach⸗ schule für Blecharbeiter, 1 dal. für Instrumentenmacher, 1 Uhr⸗ macherschule, 2 Musikschulen, 4 Schisserschulen, verschiedene Fach⸗ zeichnenschulen. Dem mittleren technischen Unterricht dienen 5 Werk⸗ meisterschulen und eine höhere Gewerbeschule in Chemnitz, dem höch⸗ sten Unterricht das Polytechnikum in Dresden. Im Herzogthum Sach sen⸗ Coburg Gotha sind Baugewerbeschulen zu Gotha und Coburg, auch die Unterweisung in der Korbflechterei sindet werk⸗ stattartig statt. In Greiz und Gera befinden sich Webschulen. Braunschweig besitzt eine sehr bemerkenswerthe Schule des Ver⸗ eins zur Förderung des Kunstgewerbes und die Baugewerbeschule zu Holijminden; Mecklenburg das Fischereischulschiff in Wismar und die Baugewerbeschule zu Schwerin. Besonders ausgebildet ist dag Gewerbeschulwesen in Württemberg durch die Centralstellen, die Wanderlehrer, Vereine und 153 gewerbliche n In Baden vertritt das Polytewnikum in Karlsruhe den böberen 44 Gewerbeschulen den niederen gewerblichen Unterricht. In Karlg⸗ ruhe besteht auch eine Baugewerkschule und eine Kunstgewerbeschule. Im Großherzogthum Hessen giebt es 18 Handwerker-Fortbildungs- schulen, eine Baugewerkschule und die polvtechnische Schule zu Darm- stadt. In Bavern sind viele der 251 Feiertagsschulen mit gewerb- lichen Fortbildungsschulen verbunden; auch besteben 45 89 Mittelschulen (Kreiegewerbeschulen) und verschiedene Fachschulen. Die höbere mittlere Stufe des Unterrichts halten 4 Industrieschulen inne. In Elsaß Lothringen zeichnen sich besonders die Mähl= hauser technischen Unterrichtsanstalten aus. Straßburg besitzt eine Winterschule für Bautechniker und eine Handfertigkeitsschule.

——

rr /