— Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz kam gestern feu M/ Uhr nach Berlin, um der em Tempelhofer Felde beizu⸗
wohnen, und stieg bei Bude 4 zu Nach Schluß der Besichtigun
Kavallerie⸗Besichtigung auf
Pferde.
wieder von dort mit dem 12 . nach Potsdam.
Abends gegen 9 Uhr
Kronprinz zur Verabschiedung v Kaiserin und Königin wieder in Berlin ein und gab Ihrer Majestät vom Palais nach dem Lehrter Bahnhof das Geleit.
„Demnächst kehrte Höchstderselbe um 10 Uhr nach Polsdam
zurück
tra
heute Morgen kam Se. Kaiserliche Hoheit zu den Kaval⸗
leriebesichtigungen von Potsdam nach Berlin.
— Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für Handel und Verkehr und für Rechnungswesen traten heute
zu einer Sitzung zusammen.
— Der Schlußbericht über die gestrige ꝛ̃ des Reichstags befindet sich in der Ersten bezw. Zweiten
Beilage.
— In der heutigen (19) Sitzung des Reichstages, welcher der Staate⸗-Minister von Boetticher und mehrere andere zum Bundesrath nebst Kommissarien desselben beiwohnten, stand auf der Tagesordnung die dritte Berathung Gesetzes, betreffend die Feststellung zum Reichshaushalts-Etat für das Etatsjahr 1882/83, auf Grund der in zweiter Be⸗
Bevollmächtigte
des Entwurfs eines eines Nachtrags
rathung unverändert angenommenen Vorlage. Die Vorlage wurde ohne Debatte erledigt.
Es folgte die Fortsetzung der zweiten Berathung des eines Gesetzes, betreffend das Reichs-Taback— monopol in Verbindung mit dem Antrage der Abgg. Aus⸗— feld und Genossen, auf Grund des Berichts der Vi, Kom—
Entwurfs
mission.
Hierzu beantragte der Abg. von Ludwig: Der Reichstag wolle beschließen:
nach Beendigung der Debatte über §. 1 wird die Vorlage noch⸗ mals der VII. Kommission überwiesen zur Berichterstattung über
folgende Punkte:
L Aus welchen Gründen sind die Verschiedenheiten in den ziffer⸗ mäßigen Angaben der Motive der Gesetzesvorlage und der An—
gaben des Kommissionsberichts entstanden und welche Zahlen sind
die richtigen?
2) Bedürfen die deutschen Einzelstaaten Zuschüsse aus Reichs⸗
mitteln zur Herstellung geordneter Finanzverhältnisse
und welchen
Betrag eventuell, erreichen dieselben? 3) Durch welche Mittel kann eventuell das Reich diese Summe
beschaffen? Der Abg. Groß sprach
man das Monopolprojekt wieder aufgenommen habe, dem sich die J 1878 fast einstimmig abe.
dasselbe ausgesprochen des 5. 2 befürch «e er schlimm würden argen Vexationen ausgesetzt sein.
sein Bedauern darüber aus, daß trotz⸗ gegen Von den Bestimmungen es für die Tabackbauer; dieselben von Seiten der Regiebeamten
Der Unter⸗Staatssekretär Dr. von Mayr hob hervor, daß die Tabackenquete von ganz anderen Voraussetzungen aus egangen
sei. Sie habe den Erkrag des Monopols auf ca. 50 — 70 berechnet, während er sich nach der auf ca. 160 Millionen belaufse. Da
illionen egenwärtigen Vorlage rage es sich doch, ob
nicht unter diesen veränderten Umständen sich eine Majo⸗ rität der Enquetemitglieder für das Monopol gefunden haben
würde.
Die Furcht der Tabackbauer vor dem Monopol
könne nicht so groß sein, da sich eine erhebliche Anzahl zu
Gunsten des Monopols ausgesprochen habe.
Daß die Ein⸗
führung der Regiebeamten zu keinerlei Bedenken Veranlassung
geben könne, zeige das Elsaß,
wo die Tabackpflanzer sich bereits
wieder nach dem französischen Monopol zurücksehnten. Der Abg. von Benda trat für die Kommission ein, deren
Bericht gestern angegriffen Meinung gewesen, daß es so zu erledigen, daß
im Plenum noch vor Schlu
eine
sei. Die Kommission sei der darauf ankomme, die Vorlage Durchberathung derselben
ß der Session möglich gemacht
werde. Sie habe sich daher darauf beschränkt, die Grunde zu relapituliren, die gegen das Monopol sprächen. Aber sie habe
die Möglichkeit gelassen, daß zelne Paragraph wieder
in der Spezialdebatte jeder ein⸗ aufgenommen werden könnte.
Wenn dies nicht geschehen sei, so liege der Grund hierfür
darin, daß die Majorität geglaubt habe,
die Vorlage werde
nach Ablehnung des 5. 1 von der Regierung zurückgezogen
werden.
Der Unter⸗Staatssekretär Dr. von Mayr erklärte, daß die Regierung gar nicht legitimirt sei, eine Vorlage zurück⸗
leben, wenn nicht ein Bundesrathebeschluß vorliege.
ei aber nicht der Fall.
Das
Der Abg. von Massow erklärte Namens seines Freundes,
des Abg. von Hammerstein,
daß die Minorität der Meinung
gewesen sei, daß die Vorlage nicht möglichst schnell, aber
gründlich hätte erledigt werden müssen.
Kommission könne von objektiv erachtet werden.
Der Bericht der
seinen Freunden nicht als durchaus
Der Abg. Frhr. von Minnigerote schlug vor, die Dis⸗ kussion und Abstimmung nach Hauptabschnitten vor sich gehen
zu lassen. Widerspruch hiergegen erhob sich nicht.
Demnach
wurden die Abschnitte J. — IX. und damit die ganze Vorlage
ohne wesentliche Debatte abge Bei Schluß des Blattes der zu dieser Vorlage gestellte
— Der Reichstagsabgeor
lehnt. trat das Haus in die Berathung n Anträge und Resolutionen ein.
dnete Herr von Kardorff hat
bei der Begründung seiner an das Reichs⸗Eisenbahn⸗Amt ge⸗
richteten Interpellation über Oberschlesischen und Re
die Kohlentgrife auf der chte⸗Oder⸗Ufer⸗Eisenbahn
in der Sitzung des Reichstags am 9. d. M. verschiedene Ve⸗
merkungen thatsächlicher Natur einfließen lassen,
Richtigstellung bedürfen. Bei beiden
nach
II. August
1843 und
das Recht der Abänderun Durch den Betriebe überlassu
welche der
preußischen Gesellschaftsbahnen hat der Staat den ihnen ertheilten Allerhöchsten Konzesssonen vom 13. November S. 317 resp. 109 das Recht der Genehmigung
1865 (G. S. nicht oder Ermäßigung ihrer Tarife. ngsvertrag vom 17. September
1856 (G. S. S. 860) ist bei der Oberschlesischen Bahn dieses
Recht dahin erweitert, daß men kann, jedoch (5. 8s) an di raths der Gesellschaft gebunden 1. Januar 1854 in Gültigkeit herabgegangen werden soll. —
der Staat auch den Tarff bestim⸗ e Zustimmung des Verwaltunge⸗ ist, wenn unter die Sätze des am ewesenen Tarifs der Ostbahn ieser Tarif bestimmte für Stein⸗
begab Sich Höchstderselbe
e. Kaiserliche Hoheit der on Ihrer Majestät der
Sitzung
lohlen einen Frachtsatz von 2 3 pro Ctr. und Meile. Der bisherige Frachtsatz der Oberschlesischen Bahn war geringer als 2 3, er ist auf Andrängen des Ministers der öffentlichen Arbeiten vom 1. Juli d. J. ab weiter ermäßigt; damit aber den Intentionen der Regierung noch nicht genügt. ;
Der Herr Abgeordnete nimmt Bezug auf eine Aeußerung des gedachten Ministers über die Mitwirkung des Reichs bei der Tariffeststellung auf Grund des Art. 45 der Neichsver⸗ fassung. Diese Bezugnahme trifft nicht zu; der Minister hat von solcher Mitwirkung gesprochen nur in Rücksicht auf Tariferhöhungen — in besonderem Hinblick auf die be— kannte 20 prozentige Tariferhöhung vom Jahre 1874.
Der Herr Abgeordnete bemerkt ferner, daß, wie ihm be⸗ richtet worden, die zum 1. Juli d. J. eintretende Kohlen⸗ tarifermäßigung auf der Oberschlesischen durch eine Gegen⸗ konzession erkauft sei, welche die Einnahmen der Nieder⸗ schleisch Märkischen Eisenbahn in wesentlichem Maße schädigen werde. — Auch diese Angabe ist eine irrige. .
Ebenso entspricht, gemäß den amtlichen Aufzeichnungen, das, was der Herr Abgeordnete — Zeitungs⸗Nachrichten — über angebliche Aeußerungen des Regierungs-Kommissarius in der Kommission des Abgeordnetenhauses, betreffs der Ver⸗ weisung auf den Wassertransport und die an eine Tarif⸗ agitation sich etwa knüpfenden Baissespekulationen anführt, nicht dem wirklichen Sachverhalt.
Dem Herrn Abgeordneten ist es, wie er angiebt, un⸗ erklärlich“, weshalb die preußische Regierung nicht im Wege der Landesgesetzhebung sich die Ermächtigung geben lasse, die
Dieser Weg ist allerdings durch den §. 49 des Eisenbahn— gesetzes vom 3. November 1838 offengehalten, allein unter dem ausdrücklichen Vorbehalte, „daß in solchem Falle, — wenn dadurch eine Beschränkung der Einnahmen oder eine Vermehrung der Ausgaben der Gesellschaft herbeigeführt wer— den sollte, der Staat dafür eine angemessene Geldentschädigung gewähren soll.“
Der Staat würde also den beiden Gesellschaften sür den Verlust am Nettoertrage Ersatz leisten müssen, wenn er die Kohlentarife zwangsweise ermäßigen sollte. Einzig und allein dieser Umstand, und kein anderer, verbietet das von dem Herrn Abgeordneten empfohlene Vorgehen.
Soviel zur Richtigstellung des Sachverhalts, wobei unter— geordnetere — nicht zutreffende — Anführungen des Inter⸗ pellanten übergangen werden mögen.
Der Kaiserliche Gesandte am Königlich dänischen Hofe, Wirkliche Geheime Rath von Philipsborn, hat einen ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub angetreten. Während seiner Abwesenheit von Kopenhagen fungirt als interimistischer Ge⸗ schäftsträger der Legationsfekretär Frhr. von Gutschmid.
— Der General⸗Inspecteur des Militär-Erziehungs- und Bil dungswesens, General-Lieutenant von Struͤ bberg, hat sich zur Besichtigung der Kriegsschulen in Anclam und Neisse , des Kadettenhauses in Wahlstatt auf Dienstreisen be⸗ geben.
Bayern. München, 14. Juni. (W. T. B.) Groß⸗ fürst Wladimir und Gemahlin sind heute Abend t Uhr 25 Min. hier eingetroffen und von dem russischen Gesandt— schaftspersonal empfangen worden. Ihre Kaiserlichen Hoheiten werden heute Abend 15 Uhr mittels Extrazuges nach Kissingen weiterreisen.
Sach sen⸗Weimar⸗Eisenach. Eisenach, 13. Juni. Die gestrige vierte Sitzung der deutsch-evangelischen Kirchen konferenz begann mit der zweiten Lesung des revidirten Textes des kleinen lutherischen Katechismus, nach .. Beendigung auf Grund der Kommissionsanträge beschlossen wurde:
I) den nunmehr festgeste llten Textvorschlag der fünf Hauptstücke durch den Druck veröffentlichen zu lassen, die Urtheile der einzelnen Kirchenregierungen darüber zu erbitten, auch von anderweitig er⸗ folgender Kritik Kenntniß zu nehmen, um auf der nächsten Konferenz über die von ihr definitiv zur Einführung zu empfehlende Tertgestalt Beschluß zu fassen;
2) die anderen Bestandtheile des kleinen Katechismus, als unter den heutigen Verhältnissen im Katechismus entbehrlich, unberücksichtigt zu lassen und daher von bestimmten Vorschlägen in dieser Hinsicht abzusehen;
3) mit der erforderlichen Kommission zu beauftragen.
Hierauf erstattete Prälat Dr. von Müller (Stuttgart) sein Referat über die Frage der wechselseitigen Anerkennung der Fähigkeitsatteste für das geistliche Amt, welches erst in der heutigen fünften Sitzung zu Ende kam. Darnach folgte der Vortrag des Korreferenten Geheimen Raths Dr. Dove (Göttingen), woran sich eine längere Debatte anschloß, welche zu folgenden Beschlüssen führte:
Den e, , . die wechselseitige Anerkennung solcher Atteste für den Fall des Nachweises der Erfüllung bestimmten Voraus⸗ setzungen hinsichtlich der Vorbildung und Prüfung der Gesuchsteller in Vorschlag zu bringen, auch denselben zu empfehlen, bei der Ein— richtung der theologischen Prüfungen überall den Grundsatz kollegialisch zusammengesetzter Prüfungsbehörden und, wenigstens bei der ersten Prüfung die Mitwirkung beruflicher Vertreter der theologischen Wissen⸗ schaft durchzuführen.
Noch wurde über die pro 1880 82 abgelegte Rechnung für die Konferenzkasse berichtet, hierfür Decharge ertheilt und für die neue zweijährige Rechnungsperiode eine Matrikular umlage im 14 fachen Betrage des Beitragssimplums beschlossen.
Während der Sitzung war ein Telegramm von dem Kabinet Sr. Majestät des Kaifsers eingelaufen, worin in Aller höchstem Austrage mitgetheilt wird, daß Se. Majestät durch die frommen Segenswünsche, mit denen die Mitglieder der Konferenz die heilige Taufe All er— höchstihres Urenkels begleitet haben, auf das Freudigste be— a. sind und sür die warme Theilnahme recht herzlich danken assen.
weiteren Vorbereitung die bisherige
Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 14. Juni. (W. T. B.) Fürst Alexander von Bulgarien ißt heute Abend aus Darmstadt hier eingetroffen und in der ofburg abgestiegen. — Die Kgiserin ist heute Abend nach Feldafin abgereist.
Die „Polit. Corresp.“ meldet, daß der Fal half! Ruß⸗ lands, von Du bril, welcher vom Kaiser in den Reichsraih berufen ist, hier bereits seine Abberusung notisizirt hat.
Wie hiesigen Blättern aus Agram gemeldet wird, hat gestern Nacht jwischen Studenten, welche singend von einem Commers zurückkehrten, und Polizisten ein Zusammenstoß stattgesunden, bei welchem 2 Wachmänner und 6 ober 7 Stu
denten schwer verwundet worden sind; 17 Studenten sind verhaftet worden.
Kohlentarife der beiden gedachten Privatbahnen herabzusetzen.
15. Juni. (W. T. B Der Kaiser empfing heute Morgen den Fürsten von Bulgarien und stattete dem⸗ selben später einen Gegenbesuch ab. — Wie das „Fremden⸗ blatt meldet, hat die Fregatte „ Lau don“ Befehl erhalten, unverzüglich nach Alexandrien abzugehen. — Aus Triest wird hiesigen Blättern gemeldet, daß am Sonntag mehr als
1090 flüchtige Europäer aus Alexandrien daselbst ein—⸗ treffen würden.
Großbritannien und Irland. London, 13. Juni. (Allg. Corr.) Der Marinesckretär der Admiralität, Vize⸗ Admiral Robert Hall, starb gestern in London plötzlich an einem Herzleiden. — Einem dem Parlament unterbreiteten amtlichen Ausweise zufolge bergen die irischen Staats⸗ gefängnisse gegenwärtig noch 263 Verdächtige gegen * im Mai, 511 im April, 587 im März und 512 im Februar.
= 14. Juni. (W. T. B) In der heutigen Unterhaus— sitzung erklärte Wolff, daß ihn Dilkess gestrige Antworten nicht befriedigt hätten, und regte deshalb eine Bebatte ü ber Eg yp⸗ ten an. Im Laufe derselben sagte der Unter⸗Staatssekretaͤr Dilke: eine Diskussion ohne den Schriftenwechsel, der zum Verständnisse der Lage absolut nothwendig, sei unthunlich. Der Generalkonsul Malet gehe in Alexandrien in ein Hotel, woraus seine Ansicht über die Sicherhest der Europäer ersichtlich sei. Dem Admiral Seymour müsse die diskretionare Verfügung be⸗ züglich einer Landung von Truppen überlassen werden; der— selbe, habe eine genügende Streitmacht, wenn eine Landung nöthig sei. Andere Mächte würden dann wahrscheinlich diesem Beispiele folgen. Die Beziehungen Englands zu dem' Sultan seien sehr befriedigende. Dieser habe dem Lord Dufferin gegenüber seine völlige Uebereinstimmung mit England ausgedrückt. Dilke sprach sein Bedauern über Wolffs Aeußerungen bezüglich des Bünd⸗ nisses mit Frankreich aus und bezeichnete dieselbe als sehr schädlich. Im weiteren Verlauf der Debatte erklärte Gladstone: die Regierung habe die Pflicht, die Ziele ihrer Politik, nicht aber die Mittel zu deren Erreichung anzugeben. Die Ziele seien wie folgt zusammenzufassen: wir suchen Aufrechterhaltung aller festgestellten Rechte und aller Bestimmungen zur Verbür= gung jener Nechte, Redner bedauerte ernstlich die von mehreren Deputirten bezüglich Frankreichs gebrauchten Ausdrücke; denn die französische Regierung habe unzweideutig erklärt, sie wolle loyal und herzlich mit der englischen Regierung zusammen— wirken. England theile diese Gesinnung, und alle europäischen Mächte cooperirten herzlich mit England. Ebenso bestehe vollstän⸗ diges Einvernehmen mit dem Sultan. Wenn es je einen Moment gegeben, wo der Geist der Cooperation zwischen der türkischen und der englischen Regierung stark, klar und unzweideutig ge— wesen, so sei es der gegenwärtige. Die Regierung stimme mit Frankreich überein; sie halte dafür, daß der Ursprung der jüngsten Unruhen ein zufälliger sei. Natürlich hätten, dieselben, einmal ausgebrochen, entflammbares Material gesunden und seien zu solchen Dimensionen an— gewachsen, daß sie die Aufmerksamkeit Europas erregt hätten. Aber ohne eine Prophezeihung zu versuchen, glaube er die Versicherung geben zu dürfen, daß, obwohl die auf der Frage einwirkenden Interessen viele und verschiedene seien, sie in dem gegenwärtigen Momente Alle sest vereint seien in der Verfolgung des gemeinsamen Zweckes. Der Sultan wirke in völligem Einklange mit dem Khedive, der Khedive wirke un— zweifelhaft in völligem Einklange mit England, und er, Red⸗ ner, glaube bestimmt, in völligem Einklange mit den Ansichten jeder Regierung Europas. Hinsichtlich Deutschlands glaube er sagen zu dürfen, daß Deutschland nicht einmal, sondern zwei⸗ mal innerhalb der letzten paar Tage in Konstantinopel die Vor— stellungen unterstützt habe und daß es im Interesse aller Par⸗ teien und im Interesse der Souveränetät des Sultans sei, daß die Konferenz in Konstantinopel zusammentrete. (Beifall.) Dil ke erklärte sodann: die Konsuln hätten Derwisch Paschaä nicht aufgefordert, an Arabi Pascha zu appelliren, sondern nur verlangt, daß Maßregeln zum Schutze von Perfonen und Eigenthum getroffen würden. Die Regierung ziehe Nichts von ihren bisherigen Erklärungen zurück. — Nach längerer Debatte wurde der Gegenstand verlassen und trat fodann das Haus in die weitere Spezialdebatte über die irische Zwangsbill ein.
Frankreich. Paris, 13. Juni. (Fr. C.) Im Paxiser Gemeinderath stellte gestern Hr. Monteil den Polizeipräfekten wegen der die Straßen immer unsicherer machenden Zuhälter, Vagabunden und Bettler zur Rede und behauptete: die Straßenpolizei lasse es an der nöthigen Energie fehlen. Der Präfekt bestritt dies und erklärte, die Gesetzgebung sei eben nicht streng genug gegen diese Art von Leuten. Was das Personah der Polizei be⸗ treffe, so habe er, Camescasse, demselben Achtung vor der Republik beigebracht und übernehme die volle Verantwort— lichkeit für dasselbe. Hr. Maillard beantragte hierauf, der Gemeinderath möge sein Tadelsvotum vom X. Juni nochmals bekätigen, wogegen Hr. Murat die einfache Todesordnung vorschlug. Die letztere wurde mit 21 gegen 16 Stimmen ab' gelehnt, und sodann der Antrag Maillard angenommen; da sich aber der Rath nicht in beschlußsähiger Zahl befand, so wurde dieses Votum für ungültig erklärt. — Ein Theil' der Gemeinderäthe wollte den Polizei-Prefekten von den Ein— ladungen zum Stadthaus-Bankett ausschließen. Der Präsident der Republik hat jedoch erklärt: in diesem Falle würde auch er die Einladung nicht annehmen, und seinem Beispiele müßten natürlich die Minister und alle anderen offiziellen Persönlichkeiten solgen. — Man meldet, daß in circa 14 Tagen den Kammern' ein neues Gelbbuch über die 6 e Frage mitgetheilt werden soll, welches die Zeit des Ministeriums Gambetta umfasse und einen Einblick in die diplomatische Thätigkeit des Letzteren gewähre.
= 13. Juni. (Föln. Itg.) Morgen wird der spanische Botschafter dem Präsidenten der Republik den Orden des Goldenen Bließes überreichen. — Im Mi⸗ nisterrath im Elysée wurde mitgetheilt, daß Humbert offiziell sein Entlassungegesuch en engem, habe und während seines vierwöchentlichen Urlaubs der Minister des . unter Beistand seines Unter⸗Staatssekretärs und seines abinetechefs das Justiz-⸗Ministerium führen werde. Der Con— seils⸗Präsident de Freycinet legte hierauf die Depeschen über Egypten vor, woraus erhellt, daß die Europãer über die feindselige Haltun der Mohamedaner eh be⸗ unruhigt sind und wenig Vertrauen zu einem wirksamen Schutze durch die öh chen Truppen haben und sich daher der Mehrzahl nach auf die französischen und englischen Schiffe urückziehen. Hr. de Freycinet theilte sodann mit, daß von Frankreich und England Schritte zum fofortigen Zusammen
treten der Konferenz geschehen seien; zwischen England und
rankreich herrsche in Betreff der Ergreifung der Maßregeln, . in Alexandrien oder Kairo neue Unruhen ausbrechen sollten, Einvernehmen; die Admiräle hätten für diesen Fall Vollmachten zum Einschreiten. Hr. de Freycinet erklärte feöner, daß, wenn er vor Erscheinen des Gel— ben Buches, das in sechs bis acht Tagen vertheilt werden solle, über Egypten interpellirt werden würde, er mehrere Auszüge von Aktenstücken vorlesen werde, um den Beweis zu liefern, daß die heute Morgen in der „République Fran— Zaise“ entwickelte Politik Gambetta's unmittelbar zum Kriege, den Frankreich nicht wolle, geführt haben würde. In Bezug auf die Metzeleien in Alexandrien bestätigte Hr. de Freycinet, dieselben seien nicht mit Vorbedacht angelegt, sondern durch einen Malteser hervorgerufen worden, der einen Araber Messerstiche versetzte; Arabi habe die Verpflichtung übernom— men, für Aufrechterhaltung der Ruhe zu sorgen, und werde eine Proklamation erlassen. Im üebrigen zeigte sich Hr. de Freycinet geneigt, das türkische Einschreiten anzunehmen, damit der gefährlichen Lage in Egypten ein Ende gemacht werde.
Marseille, 14. Juni. (W. T. B.) Das Mittel—⸗ meergeschwader erwartet im Hafen von Toulon den letzten Befehl zum Abdampfen. Das Transportschiff „Sarthe“ ist heute gegen Mittag mit Truppen und Proviantvorrät hen in der Richtung nach Alexandrien in See gegangen. Der Dampfer „Correze“ wird ebenfalls zum Truppentransport ausgerüstet.
Italien. Rom, 14. Juni. (W. T. B.) Bei Berathung des Budgets des Aeußern genehmigte die Deputirten⸗ kammer heute die Errichtung neuer Ministerposten in Peking, Montevideo und Tanger. Der Minister des Aeußern, Maneini, theilte mit, daß auf Reklamation bei der Pforte der Gouverneur von Benghazi, Ali Kamala, wegen der dem Reisenden Mamoli widerfahrenen schlechten Behand—⸗ lung abgesetzt worden sei. Bei den Unruhen in Alexan— drien seien 4 Italiener getödtet worden. Eine Truppenlandung scheine nicht mehr erforderlich, da die Ruhe wiederhergestellt sei.
Türkei. Konstantinopel, 14. Juni. (W. T. B) Der französische und der englische Botschafter sind unter Unterstützung der anderen Mächte bei der Pforte erneut für den baldigen Zusammentritt der Konferenz ein—⸗ getreten.
— 14. Juni. (W. T. B.) Der Sultan drückte dem englischen Botschafter sein Bedauern wegen der den Unruhen in Alexandrien zum Opfer gefallenen eng⸗ lischen Stagtsangehörigen aus. Der Ministerrath ist seit gestern anläßlich der egyptischen Frage im Kaiserlichen Palais versammelt; eine Entscheidung soll jedoch noch nicht getroffen sein. Auf der Admiralität Und im Arsenal werden für alle Eventualitäten Vorbereitungen getroffen.
Rußland und Polen. St. Petersburg, 14. Juni. (W. T.. B.). Nach dem neuesten Bulletin über das Befinden der Kaiserin war die vergangene Nacht etwas unruhig in Folge des nervösen Zustandes; Puls und Temperatur normal, Appetit vorhanden. Der Zustand des Kindes ist ein ausge— zeichneter.
— 15. Juni. (W. T. B.) Die Kommission, welche zur Berathung einer Organifation der ländlichen Be— völkerung eingesetzt worden war, ist durch einen Kaiser— lichen Ukas aufgelöst worden. Die Obliegenheiten derselben werden den zuständigen Departements des Reichsraths und Senats überwiesen.
Afrika. Egypten. Alexandrien, 14. Juni. (W. T. B.) Der Gouverneur von Alexandrien erklärte in einer Proklamation an die Bevölkerung: die Ankunft des Khedive und Derwisch Paschas fei eine Bürgschaft für die Aufrechthaltung der Ordnung, und die Bürger dürften mit Vertrauen ihre Geschäste wieder aufnehmen. — Eine türkische Fregatte ist außerhalb des Hafens signalifirt worden. — Bei dem Empfange der Patriarchen, des diplo— matischen Corps, der Beamten und europäischen Rotabilitäten richtete der Khedive Worte der Beruhigung an die Ver— sammelten und sagte: die Stadt sei in vier Quartiere ein— getheilt, von denen jedes eine starke Garnison habe; es sei kein Grund zu der Befürchtung vorhanden, daß die Unruhen sich erneuern würden.
Wie der „Times“ aus Alexandrien vom 14. 8. ge— meldet wird, haben der Khedive und Derwisch Pa scha die Pforte gemeinschaftlich ersucht, 13 900 Mann türkischer Truppen nach Egypten zu senden. In Alexandrien haben 450 Verhaftungen stattgesunden; es wird beabsichtigt, eine internationale Kommission zur Aburtheilung der Theilnehmer an den letzten Ruhestörungen einzusetzen.
Kairo, 14. Juni, Abends. (W. T. B.) Das „Reu⸗ tersche Bureau“ meldet: Die Panik ninimt zu; der all⸗ gemeine Fortzug der europäischen Bevölkerung dauert fort; mehrere Bankinstitute sind geschlossen, ebenso das Bureau der europäischen Finanzeontroleure; Eolbin hat sich gestern nach Alexandrien begeben, Bredif wird heute Abend abreisen; alle ihre Beamten sind auf Urlaub gegangen. Voraussichtlich werden alle Buregur der egyptischen Verwaltung und auch die Staatsschuldenkasse nach Alexandrien verlegt werden. Wie es heißt, hätte der französische diplo— matische Agent um seine Abberusung ersucht und heute einie Versammlung der hier lebenden französischen Staats— angehörigen zusammenberufen, in welcher er erklärte: er müsse e Rin. die Verantwortung für ihre Sicherheit zu über— 1ehmen.
Seitungèstimmen.
Die „Weimarische Zeitung“ schreibt unter dem 13. Juni:
Die zweistündige Rede, die Fürst Bismarck gestern im Reichs tage gehalten hat, bedarf keines Kommentars. Seine Ausführungen sind Üübergus treffend und von überzeugender Klarheit, gleichviel welchen Gegenstand sie auch berührten. Und es waren wenige
ragen, die nicht berührt wurden. Denn der Reichsfanzler beschäftigie ich keinetzwegs mit dem Tabackmonopol allein, fondern äußerte sich über ast alle Angelegenheiten, die das Reich betreffen. Auch unsere aus⸗ wärtigen Bejlehungen streifte er wenigstens, indem er sie erfreulicher Weise als friedlich bezeichnete und hervorhob, daß namentlich die Dauer des mitteleuropälschen Bündnisses als gesichert erscheine. Natürlich aber liegt der Schwerpunkt der Rede doch in den Aus⸗
hrungen zum Tabackmonopol und in den Mahnungen, die der
anzler mit ergreifendem Ernst an den Patriofigmus der Bevölke— rung richtete.
Es ist ein düsteres Bild. das der Kanzler entrollte, als er die Statistik der Pfändungen bei Erhebung der Klassensteuer ziffernmäßig erörterte. Diese Zahlen beweisen allerdings schlagend die Nothwen⸗ digkeit einer Steuerreform durch eine vermittelst erböhter Einnahmen aus indirekten Steuern bewirkte Möglichkeit zur Herabsetzung der direkten. Als das geeignetste Mittel, um dies Ziel zu erreichen, bezeichnete der Kanzler eben das Tabackmonopol, das ja keineswegs Selbstzweck ist, sondern das vorgeschlagen wird, weil keine andere Steuer so berechtigt und zugleich so einträglich ist. Wir glauben, daß der Reichskanzler in seinen Berechnungen Über die Ergebnisse des Tabackmonopols etwas optimistisch ist, allein so viel steht fest, daß keine andere Steuerreform gleichen Ertrag zu bringen vermag. Aus der Unpopularität des Monopols machte Fürst Bismarck kein Hehl; allein nicht darauf, ob das Vorgeschlagene populär, sondern ob es nothwendig und vernünftig sei, komme es ihm an, eine Anschauungsweise, der wohl jeder unbefangene Beurtheiler vollste Anerkennung nicht verfagen wird. Ebenso widerlegte er durch— schlagend die aus dem „sozialistischen⸗ Charakter hergeleileten Gründe gegen dasselbe mit dem Hinweise darauf, daß dann jede im Interesse der Gesammtheit vorgenommene Expropriatton sozialistisch sei. Aus⸗ drücklich erklärte er, daß mit dem Votum gegen das Monopol nicht die Steuerreform und auch nicht die höhere Besteuerung des Tabacks beseitigt werde. Wie sollte dies auch anders sein. Mit Recht wird der Mann gepriesen, der an öffentlicher Stelle wirkend immer wieder auf die Forderungen zurückkommt, deren Erfüllung er seiner pflicht⸗ treuen Ueberzeugung nach als durch das Gesammtwohl geboten erachtet. Mit großer Entschiedenheit wendete sich Fürst Bismarck gegen den Fraktionspartikularismus, der die Reichsregierung immer in die Lage bringe, mit dem einen Reichsgegner zu verhandeln, um den anderen abzuwehren. Es ist vollkommen zutreffend — und wir dürfen wohl mit Genugthuung darauf hinweisen, daß derselbe Gedanke an dieser Stelle wiederholt seinen Ausdruck gefunden hat —, daß die deutschen Dynastien die Bürgschaft sind für die Erhaltung der Einheit Deutschlands, während der Traktionspartikularismus uns nach Frankfurt zurückzuführen droht. Der Kanzler schloß mit dem pathetischen Zuruf: Seien Sie einig und hüten Sie den nationalen Gedanken! Der Zuruf gilt nicht den Abgeordneten allein, er gilt dem ganzen Volke, fuͤr dessen höchste Güter Fürst Bismarck mit der
ganzen Energie in der Vertheidigung seines so großartigen und die unabweislich beherrschenden
Zukunft Deutschlands eintritt. . . .
— Der „Schwäbische Merkur“ sagt über dieselbe Rede des Reichskanzlers:
Der kaum genesene Kanzler des Deutschen Reichs hat sein Wort eingelöst, daß er zur Verhandlung des Tabackmonopols im Reichstage sich stellen werde und wenn er sich dahin tragen lassen müßte. So traurig sind nun zwar seine Gesundheitsumftände nicht mehr; doch hat er, sich zum Sitzen bequemen müssen, um die Anstrengung seiner zweistündigen Rede auszuhalten. Es war gewiß ernst gemeint, wenn er am Schlusse sagte, er habe das Gefühl, daß er nicht mehr oft an dieser Stelle sprechen werde. Um so tieferen Eindruck müssen die Worte des Mannes, der Deutschland auf feinen jetzigen Platz gerückt, auf Jeden machen, der nicht in das Parteitreiben fö6 kief versunken ist, um, wie leider gestern geschehen, mit Zischen die Mahnung an die nationalen Rücksichten aufzunehmen. Nur Eines ist an diesem Zischen, das uns vor den andern Völkern beschämt, erfreulich: die Opposition, welche zischte, als der Kanzler den nationalen Appell erließ, hat sich offenbar, getroffen gefühlt. Sie will die Wahrheit nicht hören und möchte sie durch Zeichen des Mißfaslens ersticken. Das Herz des Volkes — denn die Nation ist ja nicht auch herzlos, wie der Kanzler der parlamentarischen Mehrheit es gestern nachgesagt hat — ist gewiß nicht bei den Zischenden drinnen im Reichstag, sondern bei denen, die draußen den Kanzler mit freudigen Zurufen begrüßten! — Mußte es denn so weit kommen, daß der Kanzler selbst bange Besorgnisse für den Bestand des Reichs ausfprach, wenn dessen Auto⸗ rität gegen außen noch länger durch den Parteizwiespalt erschüttert würde? Mußte der, der uns von dem Alp des Bundestags befreite, selbst, dieses Nachtgesicht wieder heraufbeschwören? Sind wir da wieder angelangt? Wahrlich, es thut Noth, den ganzen Ernst dieser Lage uns vorzuführen, um noch zur rechten Zeit zur Be— sinnung zu kommen. Der Kanzler hat freilich auf einen Umstand hingewiesen, der noch gute Aussichten giebt: es ist die Sammlung der deutschen Regierungen um den nationalen Gedanken; in der That das größte Werk seiner inneren Diplomatie, die Regierungen so um die Kaiserliche Gewalt geschaart zu haben, daß der afte Partikularis⸗ mus der Bundesstagten, an dem sonst Alles zu Schanden ging, fast zerstoben scheint. Aber es muß jedem aufrichtigen Vaterlandsfreund leid thun, daß es nun die volksthümliche Einrichtung, der lang er— sehnte Reichstag, sein soll, in welchen die hemmenden Elemente sich gerettet haben
— Die „Staatsbürger-Zeitung“ äußert sich über die Rede, wie folgt:
Die Reichsregierung hat vollständig Recht daran gethan, daß sie die zweite Berathung über das Tabackmonopol trotz der Aussichts⸗ losigkeit desselben im Plenum des Reichstages durch das Zurückziehen der Vorlage nicht inhibirte. Hat doch die Rede des Reichskanzlers so⸗ wohl wie die weitere Diskussion der Vorlage Dinge zu Tage geför⸗ dert, die dem bei weitem größeren Theile der Bevölkerung vollständig
Programmes
Hier liegt die der gezwungen bei
— Die „Reußische Landes-Zeitung“ bringt einen Beitrag „Zum Schieserzoll“, in welchem sie sagt:
Trotz aller eingehenden Darlegungen aus technischen und Beruf⸗ kreisen ist am vergangenen Freitag die Erhöhung des Schieferzolles im Reichstage durch die vereinten liberalen Parteien gefallen. Auch bier zeigt sich recht deutlich wieder, daß nicht der Zweck, sondern nur das Prinzip entscheidet. Unsere Freihändler lassen lieber das baare Geld Deutsch⸗ lands in englische Taschen wandern und dafür fremdländischen Schiefer den Markt beherrschen, als daß sie auf das uns am nächsten siegende Rücksicht nehmen. Natürlich nur des so hoch gepriesenen Prinzips halber; sie nehmen keine Rücksicht darauf, daß beute Tausende von Arbeitern in den deutschen Schieferbrüchen weniger beschaftigt werden, als vor Jahren und daß eine ganze Anzahl abbauwürdiger Schieserbrüche zum Erliegen gekommen sind. Wenn wir speziell von unserer Gegend ausgehen so würde die von der Regierung vorgeschlagene geringe Erhöbung des Schiefer⸗ zolles ein ganz neues Leben in unsere darniederliegenden Schiefer⸗ brüche und damit in unser ganzes wirthschaftliches Leben gebracht haben, hunderte von Arbeitern hätten wieder Beschäftigung gefunden und die gedrückten Löhne der Schieferarbeiter hätten a essel wer den können. Doch dafür hat die Fortschritts⸗ und Freihandelspartei kein Verständniß, eine Jollerhöhung, mag sie noch so begründet sein, geht gegen ihr Prinzip und deshalb muß sie fassen. Der
Freihandel, der nur Händlern Kapitalien in die Taschen spielen läßt, Arbeitern und Handwerkern aber immer mehr den Boden unter den Füßen wegzieht, muß aufrecht erhalten werden. Die geringe Zollerhöhung hätte Niemanden weiter geschadet, als einigen Händlern mit englischem und französischem Schiefer, dagegen aber in ganze Länderstriche im lieben Vaterlande wieder neues Leben gebracht, mancher in den letzten Jahren zum Erliegen gekommene Bruch hätte wieder aufgenommen werden können. Es hätte wieder eine gerechte Ausgleichung uuseres Produkts gegenüber dem durch außerordentlich niedrige Wasserfrachten begünstigten englischen Schiefer stattgefunden. Denn thatsächlich stellt sich die Wasserfracht aus England bis nach. Dretzden billiger, als die Landfracht von einzelnen unserer Schieferbrüche, z. B. dem Franzensberg, der nach Aussage aller Sach⸗ verständigen den besten Schiefer des ganzen Reviers liefert, aber in⸗ folge der ungünstigen Lage und ungünstiger Konkurrenzverhältnisse zum Erliegen gekommen ist, bis zur Bahn. England standen von früher her für seinen Verkehr ganz andere Mitte zu Gebote und man ist von ganz anderen Gesichtspunkten bei geschäftlichen Entri⸗ rungen ausgegangen als in Deutschland. Bei Aufmachung eines nur einigermaßen abbauwürdigen Schieferbruchs oder Erzgrube hat man die Arbeit nicht eher begonnen als bis man die Bahn an Ort und Stelle gebaut hatte und diese wurde wieder so angelegt, daß sie mit den nächsten Kanälen oder Hafenplätzen in Ver⸗ bindung stand und eine Umladung vom Eisenbahnwaggon in die Schiffe mit Leichtigkeit auszuführen war. Man hat sich also in England erst die Verkehrswege geschaffen und dann ist man an die Ausbeutung gegangen. In unserer Gegend, sowohl Reuß wie Mei⸗ ningen, aber liegen die Schieferbrüche weit ab von allen Verkehrs⸗ straßen, ihre Produkte kosten schon an Fracht und Umladung, bis sie an die Bahn kommen, so viel, ja noch mehr, wie man in England auf hunderte von Meilen dafür ausgiebt. Fast der ganze norddeutsche Markt ist daher dem deutschen Produkt verschlossen.
Besieht man sich aber die Kalamität beim rechten Lichte, so liegt sie nur in unseren eigenen Händen. Wir wollen es nicht anders haben, das zeigen wir ja nur zu deutlich bei den Wahlen. Da wird nut auf solche Volksbeglücker gehört, die den meisten Dunst vormachen, die am meisten auf Bismarck und die Regierung losziehen, sie am besten in den Schmutz treten können. Auf eine ruhige vernünftige Stimme, auf eine Stimme, die warnend auftritt, wird nicht gehört. Auch beim Schieferzoll ist der Abgeordnete für Reuß j. L., Pr. Max Hirsch, und der Ab⸗ geordnete für den Saalfelder Kreis, Lasker, gegen den Schieferzoll eingetreten, sie haben dagegen gestimmt und damit ganz im entgegen⸗ gesetzten Interesse ihrer Wahlkreise. Mögen die Arbeiter und die Geschäftsleute, die wieder vom Arbeiter mit leben müssen, aber für die Wahl der jetzigen Reichstagsabgeordneten so energisch ins Zeug gegangen sind, sich bei diesen selbst bedanken. Ein noch weiteres Klagen über schlechte Löhne, schlechten Geschäftsgang, ist ja nur eine Ironie ihrer eigenen Handlungsweise.
Gewerbe und Handel.
Das unterm 3. Juli 1877 Seitens der Norwegischen Regierung erlassene Verbot der Einf uhr von Kartoffeln aus Deutsch⸗ land nach Norwegen ist unterm 3. dss. Mts. wieder aufge⸗ hoben worden.
Das für Schweden ergangene analoge Verbot ist bereits früher außer Kraft gesetzt worden.
— Nach, Mittheilungen aus Italien sollen von italienischen Be⸗ hörden demnächst folgende Lieferungen im Submissionswege vergeben werden:
am 26. Juni d. J, Vormittags 11 Uhr, von der Artillerie⸗ Direklion der Gewehrfabrik zu Brescia 30 006 Stück geschmiedeter Stahlbarren für Gewehrläͤufe, Modell 1870, im Werthe von 72 009 Lire,
2) am 28. Juni d. J., Vormittags 11 Uhr, von der Artillerie—⸗ Direction der Waffenfabrik zu Torre Annunziata 246090 Gewehr⸗ schäfte, Modell 1870, im Werthe von 84 000 Kre.
Näheres über die speziellen Bedingungen ist an Ort und Stelle zu erfahren.
—. Von dem Königlichen Bau-Inspektor Hilgers zu Wies⸗ baden ist ein Handbuch zum Beurfheilen und Veranschlagen von Neu- und Reparaturarbeiten an Wohn und Wirthschaftsgebäuden herausgegeben worden. Dasselbe ist betitelt: Die Bau⸗Unter⸗ haltung in Haus und Hof“ und im Verlage von Edmund Rodrians Hof⸗Buchhandlung daselbst erschienen. (Preis 2 M 80 pro eingebundenes Exemplar. Der Minifler der öffentlichen Arbei⸗ ten hat auf dieses Werk mit dem Bemerken aufmerksam gemacht, daß dasselbe für zweckentsprechend und empfehlenswerth zu erachten und namentlich zum Gebrauch für nicht technische Verwaltungsbeamte geeignet sei.
Neu-⸗Brandenburg, 15. Juni. (W. T. B.) Wollmarkt. Die. Zufuhr beträgt 4505 Ctr, Die Wäscen find gut. Das Ge— schäft entwickelt sich lebhaft bei einem Aufschlage von 10—15 M gegen die Preise des Vorjahres. Für Mittelwäschen werden 158 — 170 46, für Kunstwäschen 170 —= 178 gezahlt.
Landsberg a. W., 14. Juni. (W. T. B.) Wollmarkt. Die Zufuhr betrug 3509 Gtr. Um 10 Ühr früh war das Geschäft be⸗ endet, der Markt ziemlich geräumt. Preise stellten sich 6-9 4 böher als im Vorjahre. Der Durchschnittspreis betrug 171 , . 177 46, geringere 162 S, Rustikalwollen 144
auptkäufer waren Fabrikanten aus Neudamm, Zielenzig. Aus- wärtige Händler waren nur vereinzelt am Markt.
Altenburg, 15. Juni. (W. T. B Die Verwaltung der Altenburg Zeitzer Fisenbahn schlägt eine Dividende von S! / o 9 für Stammaktien, 7iss o für Stammprioritäfen vor.
Wien, 14. Juni. (W. T. B.) Die heutige Generalversamm—⸗ lung der Reichenberg⸗Pardubitzer Bahn beschloß, den Juli⸗ Coupon mit 4 Fl. einzulöfen.
London, 14 Juni. (W. T. B.)
ü In der gestrigen Woll auktion waren Preise unverändert.
Berlin, 15. Juni 1882.
In der Kreissynode Berlin]. referirte am 12. d. M. der Pre⸗ diger Schmidt vom Rummelsburger Waisenhause über das Propo⸗ nendum des Konsistoriums, betreffend die Mitwirkung der kirchlichen Organe bei der Fürsorge für das sittliche Wohl und die chriftliche Erziehung der Waisen: Wenn auch cine Anzahl Prediger und Ge⸗ meinde ⸗Kirchenraͤthe zu den Waisenräthen gehörten, so biete dies für die christliche Erziehung der Waisen nicht die mindeste Garantie, denn die erwähnte Zugehörigkeit hänge vom bloßen Zufall ab. Solle etwas Ersprießliches in dieser Beziehung geschehen — und das sei in Rücksicht auf die gesammten Verhältnisse der Welt stadt dringend erforderlich — dann müsse eine organische Verbindung der Gemeinde Kirchenorgone mit den Waisen⸗ räthen angestrebt werden. Es müsse die Hinzuziehung der Gemeinde⸗ Kirchenorgane zu den Sitzungen der Wassenraͤthe durch Vorstellung bei den Behörden 28 veranlaßt werden. Auch seien regelmäßige Versammlungen der Vormünder, in Verbindung mit den Gemeinde⸗ Kirchenorganen, zu veranlassen. — In der Debaite pflichteten sämmt⸗ liche Redner dem Referenten bei und gelangte ein in den Ausfüh⸗ rungen des Referenten gipfelnder Antrag einstimmig zur Annabme — Prediger Behrendt referirte sodann über das Proponendum, betreffend die Fürsorge für die aus Strafanstalten und Gefangnissen Entlassenen. Die Synode beschloß, eine aus drei Geistlichen und zwei Laien zu bildende Kommission mit dem Auftrage zu wäblen: sich des Naäheren mit der Angelegenheit zu befassen, resp. weitere statistische Erhebungen anzustellen und auf Grundlage derselben einer im September d. J. zu berufenden öffentlichen Ver sam mung von Bewohnern des Synodal⸗
kreises weitere vraktische Vorschläge zu machen. Der Kreissynode Friedrichswerder lagen in ihrer gestri⸗