1882 / 155 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 05 Jul 1882 18:00:01 GMT) scan diff

nach einem Cirkularerlaß des Ministers des Innern vom 1. v. M. verschiedentlich diesseitige Polizeibehörden insbe⸗ sondere Polizeikommissarien Anträge auf vorläufige Fest⸗ nahme flüchtiger Verbrecher direkt an die Polizeibehörde in Rotterdam gerichtet. Der Minister bemerkt, daß es ihm im Einverständnisse mit dem Minister der Aus⸗ wärtigen Angelegenheiten überhaupt nicht angemessen erscheine, wenn derartige Requisitionen nach dem Auslande statt von dem verantwortlichen Chef der Polizeibehörde von einem untergeordneten Beamten erlassen würden, und ver⸗ anlaßt die Regierungs⸗Präsidenten ꝛc., die Polizeibehörden an die genaue Beachtung der hier in Frage stehenden Vorschriften * erinnern und dieselben zugleich in der zuletzt gedachten eziehung mit geeigneter Weisuß zu versehen.

Die Königliche Akademie der Wissenschaften hielt am 29. Juni ihre statutengemäße öffentliche Sitzung zur Feier des Leibnizischen Jahrestages.

Der ständige Sekretär, Herr Auwers, eröffnete die Sitzung mit einer . in welcher er die Bedeutung der Leibnizi— schen Periode für die Umgestaltung der Verhältnisse praktisch astronomischer Forschung darlegte. Darauf hielten die seit dem letzten Leibniztage in die Akademie eingetretenen Mit— ö Herren Tobler, Wattenbach, Diels und Landott ihre

ntrittsreden, welche von den Herren Mommsen als Sekre— tar der philosophisch⸗historischen und du Bois Reymond als

Sekretar der physikalisch⸗mathematischen Klasse beantwortet wurden.

Schließlich fand die Beurtheilung der Bewerbungsschrif— ten um den für dieses Jahr ausgeschriebenen Steinerschen Preis, die Ertheilung desselben an zwei Bewerber und die Ausschreibung neuer Preisfragen der Steinerschen Stiftung, . Klasse und der Charlotten⸗Stiftung

att. .

In der öffentlichen Sitzung am Leibnitz⸗Tage des Jahres 1880 ist in Erfüllung der Bestimmungen der Steinerschen Stiftung ver⸗ kündet worden, daß die Akademie, um die Geometer zu eingehenden Untersuchungen über die Theorie der höheren algebraischen Raum— kurven zu veranlassen, beschlossen habe, zur Konkurrenz um den Steinerschen Preis jede Arbeit zuzulassen, welche irgend eine auf die genannte Theorie sich beziehende Frage von wesenklicher Bedeutung vollständig erledigen werde.

Es sind drei Bewerbungsschriften rechtzeitig, am 27. und 28. Fe⸗ bruar d. J. eingegangen. Außerdem hat die Akademie am 28. Februar d. J. von Hrn. H. Valentiner in Kopenhagen eine Schrift, betitelt: „Beiträge zur Theorie der Raumkurven“ zugeschickt erhalten, welche, da sie den Namen des Verfassers enthielt, von der Konkurrenz aus— zuschließen und nach dem Inhalte des von Kopenhagen, den 26. Februar 1882 datirten Begleitschreibens vom Verfasser selbst auch nicht zur Konkurrenz um den Steinerschen Preis bestimmt war. Hr. Valentiner erklärt in seinem an die Akademie gerichteten Briefe, daß ihm die Zeit zur Ausarbeitung einer eigentlichen Bewerbungsschrift zu kurz gewesen sei, und nur dazu genügt habe, um seine bereits im Dezember 188 in dänischer Sprache veröffentlichte Inauguraldissertation über die Theorie der Raumkurven ins Deutsche zu übersetzen und Einiges hinzuzufügen; er wünscht durch die Einsendung seiner Arbeit nur die Priorität seiner Resultate gegenüber Denjenigen festzustellen, die in anderen an die Akademie eingeschickten Abhandlungen über die Theorie der Raumkurven enthalten wären. Diesem Wunsche hat die Aka— demie nicht anders entsprechen können, als daß sie bei der Berathung über die Ertheilung des Steinerschen Preises den Beschluß gefaßt bat, Hin. Valentiner seine aus äußeren Gründen zur Konkurrenz nicht zuzulassende Arbeit unverzüglich zur Disposition zu stellen und ihm hierdurch die Möglichkeit zu geben, die Priorität seiner Resultate durch deren Veröffentlichung zu wahren.

Die erste der drei Bewerbungsschriften, welche den äußeren für die Zulassung zur Konkurrenz gestellten Bedingungen genügen, trägt das Steinersche Motto: „Hierbei macht weder die synthetische noch die analytische Methode den Kern der Sache aus, der darin besteht, daß die Abhängigkeit der Gestalten von einander und die Art und Weise aufgedeckt wird, wie ihre Eigenschaften von den einfacheren Figuren zu den zusammengesetzteren sich fortpflanzen. Die Arbeit besteht aus zwei sowohl dem Gegenstande als der Behandlungsweise nach ganz verschiedenen Theilen. Im ersten Theile werden nach ein ander in vier Abschnitten die Curven behandelt, welche auf spe iellen Flächen, nämlich auf der allgemeinen Fläche dritter Ordnung, auf der kubischen Regelfläche, auf der Fläche vierter Ordnung mit doppeltem Kegelschnitt und auf derjenigen mit einer Doppelgeraden liegen. Im zweiten Theile werden Untersuchungen über allgemeine Raumkurden, ohne vorherige Fixirung einer Fläche, auf welcher sie liegen sollen, auf die Cavley'sche Darstellung durch sogenannte Moaoide gegründet und dabei namentlich Bestimmungen über die Zahlen erlangt, welche für die Anzabl der scheinbaren Doppelvunkte von Raumkurven gegebener Drdnung auftreten fönnen. Die beiden Theile der Abhandlung fowie deren einzelne Abschnitte sind in ganz verschiedenem Maße durch— gearbeitet, relativ am meisten der erste Abschnitt, welcher sich mit den auf Flächen dritter Ordnung liegenden Raumkurven beschäftigt. Dieses größere oder geringere Maaß der Durcharbeitung entspricht aber keineswegs der größeren oder geringeren Bedeutung der be— handelten Fragen, sondern es waren dem Verfasser, wie er selbst in der Einleitung freimüthig erklärt, subjektive Gründe hierfür beftim= mend. So hat er sich im vergangenen Dezember durch das Erscheinen der Valentinerschen Inauguraldissertation, deren Inhalt sich, wie er sagt, zum guten Theile mit seinen Untersuchungen im zweiten Theile seiner Abhandlung deckt und vielfach noch weiter gebt‘, bewegen lassen, von weiterer Durcharbeitung der darin behandelten allgemeinen Theorie der Raumkurven abzustehen und die letzten zwei Monate der Frist auf die eingehendere Bearbeitung des ersten Theiles zu verwenden. Die ganje Abbandlung läßt desbalb die systematische Entwickelung und vielfach auch selbst die übersichtliche Anordnung des Stoffes, die Scheidung des Wichtigeren von dem minder Wichtigen vermisen, aber sie entkalt in ibrem ersten Theile und namentlich in dessen erstem Abschnitt eine gründliche und umfassende geometrische Unter⸗ suchung der auf gewissen spejiellen Flächen liegenden Kurven und in beiden unterschiedenen Theilen eine Anzabl von wertbrollen Reful⸗ taten, die jedoch nicht als solche anerkannt werden können, welche wie es in der Preigaufgabe beißt auf die Theorie der Raum —— bezügliche Fragen von wesentlicher Bedeutung vollständig er⸗ edigen ).

Die zweite Bewerbungeschrift bat das Abelsche Motto: On doit donner an probleme une forme telle, qu'il soit toujours possible de le reésondre“, und den Titel: Zur Grundlegung der Theorie der algebraischen Raumkurven . Sie lst, dem Titel entsrrechend, ein Versuch gründlicher und umfassender Darstellung der Theorie der algebraischen Raumfkurven, und es ist vor Allem anzuerkennen, daß darin die fundamentalen algebraischen Gesichts punkte und jwar so⸗ wobl diejenigen, welche für die Klassisikation der Raumkurven, d. b. für bre Zusammenfassung in verschledene Arten, als auch die enigen, welche für die Entwickelung ihrer Gigenschaften maßgebend sind, mit Klarbeit erfaßt und mit Bestimmtbest berrorgeboben werden. Die Entwickelung der Theorie seltst ist eine durchaus systematische und durchweg wobl geordnete. Dabei bat es sich der Verfasser angelegen sein lassen, dem Leser die Uebersicht und dag Verständniß zu erlelch⸗ tern, indem er seiner umfangrelchen Arbeit ein genaues Inhaltever- leichniß und eine Ginleitung vorausschickle, in welcher er die auf den Gegen land bejügliche Literatur sorgfältig angegeben, deren Inhalt und Grgebniß fur dargelegt und Taran eine näbere Auseinander- ang der von ibm selbst in seiner Arbeit benußten Methoden und Er dabei erlangten Resultate gefnürft bat. Die Arbeit ist in drei Abschnitte eingetbeilt und giebt im ersten Abschnitt eine Untersuchung

solche mittelst Schnitte allgemeiner Flächen und im dritten Anwen⸗ dungen auf die Raumkurven der einzelnen Ordnungen (bis zur sieb⸗ zehnten Ordnung hin), denen im Schlußparagraphen noch Anwen⸗ dungen auf die Geometrie spezieller Flächen angeschlossen sind. Alle diese Untersuchungen sind in sorgfältiger gediegener Weise geführt und auf tiefe algebraische Erkenntniß gegründet; einige derselben sind freilich, wie der Verfasser selbst eingesteht, noch keineswegs bis zum

Abschluß geführt, und auch viele der entwickelten Resultate bedürfen

noch einer weiteren Durcharbeitung. Aber diejenigen, vom Verfasser

selbst als die hauptsächlichsten hervorgehobenen Untersuchungen, welche sich auf die Konstantenzahl der Raumkurven beziehen, sowie die Ergebnisse dieser Untersuchungen, sind doch schon in der Form, wie sie vorliegen, von der Art, daß die Akademie darin, wenn sie dieselben im Zusammenhang der ganzen systematischen Ent⸗ wickelung betrachtet, einen wesentlichen Fortschritt in der Theorie der algebraischen Raum kurven erkennen und hiervon Anlaß nehmen kann, der an sich vortrefflichen Arbeit den Preis zuzuertheilen.

Die dritte Bewerbungsschrift ist mit dem Luerezschen Motto ver⸗ sehen: ‚Variam semper dant otia mentem“, in französischer Sprache geschrieben und „Mémoire sur la classification des courbes gauches algsbriqnes“ betitelt. Die sehr umfangreiche und äußerst sorgfältige

Arbeit ist durch eine übersichtliche Darlegung des gesammten Inhalts eingeleitet und in sechs Kapitel eingetheilt, welche von sehr ver— schiedener Ausdehnung sind. Das erste Kapitel enthält im Wesent⸗ lichen nur die Grundlagen der Entwickelung, drei kürzere Kapitel, welche zusammen noch nicht den vierten Theil der ganzen Arbeit ausmachen, nämlich das zweite, vierte und fünfte, behandeln die Kurven auf den Oberflächen zweiten, dritten, vierten und fünften Grades; das letzte Kapitel giebt als Anwendung der allgemeineren Resultate eine Klassifikation der Kurven bis zum 20. Grade und eine solche der Kurven 120. Grades. Das dritte Kapitel, welches allein beinahe die Hälfte des Umfanges der ganzen Arbeit hat, ist auch seinem Inhalte nach das vorzüglichste; es enthält die Darlegung eines eigenthümlichen Verfahrens, aus zwei gegebenen ganzen Funktionen zweier Variabeln eine Reihe solcher Funktionen herzuleiten, welches, angewendet auf die bei der Cayley'schen Darstellung der Raum⸗ kurven vorkommenden Funktionen von einer Raumkurve zu einer anderen führt, die der Verfasser als die adjungirte“ bezeichnet. Die in diesem Kapitel gegebenen algebraischen Entwickelungen und die daraus erlangten geometrischen Resultate enthalten eine wesentliche Bereiche⸗ rung der Theorie der Raumkurven und geben der Arbeit den Anspruch auf Ertheilung des Steinerschen Preifes, wenngleich dieselben im Uebrigen, bei allen ihren Vorzügen, hinsichtlich der algebraischen Prinzipien für die Klassifikation der Kurven und auch hinsichtlich der systematischen Entwickelung der zweiten Bewerbungsschrift nachsteht.

Hiernach hat die Akademie beschlossen, dem Verfasser der erst— genannten Bewerbungsschrift mit dem Steinerschen Motto: „Hierbei

macht weder die synthetische noch die analytische Methode u. s. w.“ den Steinerschen Preis nicht zuzuerkennen, dagegen einem jeden der beiden anderen Bewerber, deren Schriften, die eine mit dem Abelschen Motto: „On doit donner au problème ete.“B, die andere mit dem Lucrezschen Motto: „Variam semper dant otia mentem, beide von der Akademie für preiswürdig erachtet worden sind, den vollen aus⸗ gesetzten Preis von 1800 16 zu ertheilen.

; Indem die zu den beiden gekrönten Abhandlungen ge— hörigen Zettel eröffnet wurden, ergab sich als Verfasser der mit dem Motto: „On doit donner au problème etc.“ be- zeichneten:

Dr. Max Noether, Professor an der Universität Erlangen, und als Verfasser der mit dem Motto; „Variam semper dant otia mentem“ bezeichneten: Georges⸗Henri Halphen in Paris.

Der dritte Zettel mit dem Motto: „Hierbei macht weder u. s. w. wurde sogleich uneröffnet verbrannt.

Die den Statuten der Stistung gemäß jetzt zu stellende neue Preisfrage betreffend, wurde Folgendes verkündet:

Die bis jetzt zur Begründung einer rein geometrischen Theorie der Kurven und Flächen höherer Ordnung gemachten Versuche sind hauptsächlich deswegen wenig befriedigend, weil man sich dabei ausdrücklich oder stillischweigend auf Sätze gestützt hat, die der analytischen Geometrie entlehnt sind und groͤßtentheils allgemeine Gültigkeit nur bei Annahme imaginärer Elemente geometrischer Gebilde besitzen. Diesem Uebelstande abzuhelfen, giebt es, wie es scheint, nur ein Mittel: es muß der Begriff der einem geometrischen Gebilde an⸗ gehörigen Elemente dergestalt erweitert werden, daß an die Stelle der im Sinne der analytischen Geometrie einem Gebilde assozürten imaginären Punkte, Geraden, Ebenen wirklich existirende Elemente treten, und daß dann die gedachten Sätze, insbesondere die auf die Anzahl der gemeinschaftlichen Elemente mehrerer Gebilde sich be⸗ ziehenden, unbedingte Geltung gewinnen und geometrisch bewiesen werden können. Für die Kurven und Flächen zweiter Ordnung hat dies von Staudt in seinen „Beiträgen zur Geometrie der Lage“ mit vollstän⸗ digem Erfolge ausgeführt. Die Akademie wünscht, daß in ähnlicher Weise auch das im Vorstehenden ausgesprochene allgemeine Problem in Angriff genommen werde, und fordert die Geometer auf. Arbeiten, welche dieses Problem zum Gegenstande haben und zur Erledigung desselben Beiträge von wesentlicher Bedeutung bringen, zur Bewer⸗ bung um den im Jahre 1884 zu ertheilenden Steinerschen Preis einzureichen. Selbstverständlich muß in diesen Arbeiten die Unter⸗ suchung rein geometrisch durchgeführt werden; es ist jedoch nicht nur zulässig, sondern wird auch ausdrücklich gewünscht, daß die erhaltenen Resultate auf analvtisch⸗geometrischem Wege erläutert und bestätigt werden. Die ausschließende Frist für die Einsendung der Bewerbungs—⸗ schriften, welche in deutscher, lateinischer oder französischer Sprache verfaßt sein können, ist der J. März 1884. Jede Bewerbungsschrift ist mit einem Motto zu versehen und dieses auf dem Aeußeren des versiegelten Zettels, welcher den Namen des Verfassers enthält, zu wiederbolen. Die Ertbeilung des Preises von 1800 M erfolgt in der offentlichen Sitzung am Leibnijtage im Juli 1884. Die philosophische Preisfrage der philosophisch⸗historischen Klasse ist folgende: So allgemein die Bedeutung des Gesetzes der Kausalität für alle Formen und Gebiete des menschlichen Erkennens heutzutage an— erkannt ist, soweit gehen die Ansichten doch immer noch darüber auscinander, auf welchem Wege sich die in jenem Gesetz ausgesprochene Auffassung der Dinge ursprünglich gebildet bat; auf welche wissen⸗ schaftlicihen Gründe dieselbe sich stüßt; welches daber der eigentliche Sinn des Kausalitätegesetzes ist und wie weit selne Geltung sich er⸗ streckt. Als ein wesentliches Hülfemittel für die gründliche Beant. wortung dieser Fragen erscheint die geschichtliche Zusammen⸗ stellung und pbilesorbische Kritik der Antworten, welche auf dieselben in der für diese Untersuchung vorzugkweise in Betracht kommenden neueren Philosopbie gegeben worden sind. Um hierzu eine Anregung ju geben, wünscht die Akademie eine Darstellung und Prüfung der Theorien über den Ursprung, den Sinn und die Gel⸗ tung des Kausalitätegesetzes, welche auf die wissenschaftliche Entwicke⸗ lung der leßten drei Jahrbunderte Einfluß gewonnen baben. Die ausschließende Frist für die Einsendung der Beantwortung dieser Aufgabe. welche nach Wabl des Verfasserz in deutscher, latel⸗= nischer, französischer, englischer oder ltalienischer Sprache abgefaßt sein kann, ist der 31. Dejember 18381 Jede Preisschrift sst mit einem Motto zu verseben, welches auf einem beijufügenden versiegelten, den Namen und die Adresse des Verfasserg angebenden Zettel wiederholt ist, Die Ertbeilung des Preises von 0M. M geschleht in der öffent lichen Sitzung des Leibninschen Jabrestages 1865. Für die von Frau Charlotte Stiepel, geb. Freiin von Hopfgarten, errichtete Charlotten⸗Stistung für Philologie

stellt die von der philosophisch⸗historischen Kiasse erwählte

der Naumlurven mittelst svezieller Flächenschnitte, im zweiten eine

Kommission, welche die Aufgaben zu bestimmen hat, im Namen

Die Einrichtung der stadtrömischen Kolumbarien ist auf Grund der gedruckt vorliegenden Inschriften und Stiche daraufhin zu unter— suchen, daß die Vertheilung der Nischen auf die einzelnen Wände, die Zählung der Grabplätze und die darauf bezügliche Terminologie ihre Erläuterung finden. Es ist den Bewerbern überlassen, darüber hinaus die Entstehung der Kolumbarien und deren Chronelogie üvberhaupt, ferner die Rechtsfrage zu erörtern, auf welchen Momenten die Er— werbung des Grabrechts theils für Genossenschaften, theils für Individuen beruht.

Die Stiftung ist zur Förderung junger, dem deutschen Reiche angehöriger Philologen bestimmt, welche die Universitätsstudien voll⸗ endet und den philosophischen Doktorgrad erlangt oder die Prüfung für das höhere Schulamt bestanden haben, aber zur Zeit ihrer Be— werbung noch ohne feste Anstellung sind. Privatdozenten an Universi⸗ täten sind von der Bewerbung nicht ausgeschlossen.

Die Arbeiten der Bewerber sind bis zum 1. März 1883 an die Akademie einzusenden. Sie sind mit einem Denkspruch zu versehen; in einem versiegelten, mit demselben Spruche bezeichneten Um— schlage ist der Name des Verfassers anzugeben und der Nachweis zu

1. daß die statutenmäßigen Voraussetzungen bei dem Bewerber zutreffen.

In, der öffentlichen Sitzung am Leibniztage 1883 ertheilt die Akademie dem Verfasser der des Preises würdig erkannten Arbeit das Stipendium. Dasselbe besteht in dem Genusse der zur Zeit 430,

betragenden Jahreszinsen des Stiftungskapitals von 30 0560 M. auf die Dauer von vier Jahren.

Zu dem modifizirten russischen Zolltarif, den wir in Nr. 149 des „Reichs-Anzeigers“ nach der „St. Peters⸗ burger Zeitung“ veröffentlichten, theilt die Redaktion dieses Blattes nachfolgende Ergänzungen mit: Unter den im 8. 1 des Tariss aufgeführten zollfreien Artikeln sind auch Kartoffeln mit einbegriffen. Von den nach §. 2 mit 10 Kop. per Pud zu verzollenden Gemüsen sind daher Kartoffeln ausgenommen. Der Zollsatz von 2 Rbl. per Pfund echter und künstlicher Korallen (5. 9) wird für Korallen in unverarbeiteten und undurchbohrten Stücken erhoben. Das in Nr. 4 des 8. 85 aufgeführte Rauchwerk hat vom 1. Juli ab pro Pud einen Zoll von 5 Rbl. 50 Kop. zu zahlen. In Nr. 7 des Art. 219 ist endlich der Zollsatz für Frauen—⸗ kleider und Kleidungsstücke mit Bänder- u. s. w. Besatz um isz Rbl. zu niedrig angegeben worden; derselbe beträgt vom 1. Juli ab 3 Rbl. 50 Kop. per Pfund.

Zur Erleichterung des Bezuges von Büchern, Mu sikalien, Landkarten, Bildern u. s. w. ist be⸗ kanntlich vor einiger Zeit die Form der Bücherpostsen— dungen mit Postauftrag eingeführt worden. An solchen Sendungen sind bei den Reichs⸗Postanstalten während der Monate März, April und Mai im Ganzen 3091 behandelt worden. Aus dieser Zahl geht hervor, daß von der Gelegen— heit, sich gegen Zahlung der neben dem Drucksachenporto zur Erhebung gelangenden mäßigen Gebühr von 10 die Einkassirung der mitgeschickten Bücher⸗ꝛc. Rechnung in bequemster Form zu sichern, ungeachtet der Neuheit des Verfahrens, von den Buch⸗, Kunst- und Musikalienhandlungen schon verhältniß⸗ mäßig lebhast Gebrauch gemacht wird. Namentlich der süddeutsche Buchhandel bringt der Einrichtung Verständniß entgegen, wäh— rend die norddeutschen Hauptplätze in der Benutzung der ge— botenen Erleichterung einstweilen noch zurückstehen. Es wird sich aber auch hier die vielfach gemachte Erfahrung bewähren, daß Verkehrsvereinfachungen, deren späterhin Niemand mehr entrathen zu können vermeint, sich anfänglich nur langsam Eingang verschaffen, mit der Zeit aber, über alle Hindernisse hinweg, zur Geltung gelangen.

Der von hiesigen Zeitungen mitgetheilten Notiz, daß im Reichs-Postamt ein neues Reglement über die Annahme und Anstellung von Anwärtern im Post- und Telegraphendienste ausgearbeitet worden sei, liegt ledig— lich die Thatsache zum Grunde, daß die Einführung der vom Bundesrathe festgestellten anderweiten Grundsätze über die Versorgung von Militäranwärtern im Reichsdienste, welche am 1. Oktober d. J. in Kraft treten, eine Revision der bezüglichen Vorschriften bei der Post- und Telegraphen⸗ verwaltung nach sich gezogen haben. Die über die Annahme von Anwärtern für den Post⸗ und Telegraphendienst beste⸗ henden Grundsätze, welche sich in der Anwendung durchaus bewährt haben, erleiden eine Abänderung nicht.

Die Besörderung von Eisenbahnzügen auf einer über einen Fluß führenden Trajektanstalt, um diese Züge von einem Schienengeleise auf das andere zur sosortigen Weiterbeför⸗ derung überzuführen, ist, nach einem Urtheil des Reich s⸗ gerichts, II. Civilsenats, vom 16. Mai d. J., im Sinne des Reichshaftpflichtgesetzes als zum Eisenbahnbetriebe gehörig zu rechnen und ein dabei geschehener Unfall als Eisen— bahnunfall zu betrachten.

Der Disziplinarhof für nichtrichterliche Beamte trat heute zu einer Sitzung zusammen.

S. M. S. „Luise“, 8 Geschüͤtze, Kommandant Korvetten⸗Kapitän Stempel, ist am 17. Juni er. in Halifax eingetroffen.

Mecklenburg. Neustrelitz, 3. Juli. (Meckl. Anz.) Der Herzog und die Herzogin von Anhalt sind am 29. v. Mig. zum Vesuch am Erbgroßherzoglichen Hofe einge⸗ troffen. Die hohen Gäste wurden von dem Großherzog, der Großherzogin und dem Erbgroßherzog auf dem Bahnhofe empfangen. Die Herzogin von Anhalt hat sich heute nach Dessau zurückbegeben. Der Herzog sowohl als die Herzogin von Anhalt werden den Tauffeierlichkeiten, welche am 22. Juli hierselbst stattfinden, beiwohnen.

g, m . Wien, 4. Juli. Der Kaiser ist

am 1. d. M. um 3 Uhr früh im Bahnhose von Ischl ein⸗ getroffen. Die Kaiserin kam um 7 Uhr srüh in Ischl an. Die „Wien. Itg.“ veröffentlicht eine Verordnung des Statthalters im Erzherjogthume Oesterreich unter der Enns vom 1. d. M., betreffend die Bedingungen zur Veranstaltung theatralischer Vorstellungen in neuen Thea tergebäuden sowie die Bedingungen für Einrichtung und Betrieb der Theater überhaupt und die Ueberwachung der genauen Ein⸗ haltung derselben.

Großbritannien und Irland. London, 4. Juli. (W. T. B.) Das Oberhaus hat mit 138 gegen 62 Stim⸗ men den von dem Lord Argyll eingebrachten Gesetzentwurf, betreffend den Parlamentgeid, wonach es den Pairs, wie den Abgeordneten freistehen sollte, anstait der Eidesleistung eine Erklärung an Eidesstatt abzugeben, abgelehnt.

Das Unterhaus nahm heute für die irische Zwange⸗

der Akademie folgendes Thema:

bill mit 402 gegen 19 Stimmen die Dringiichteii an.

Konferenz begünstigt.

submarinen Kabel auf den 16. August d. J. anzuberaumen.

Die Parnelliten verlasen hierauf einen von ihnen gefaßten Beschluß, wonach sie an der ferneren Debatte über die Zwangs⸗ bill nicht mehr theilnehmen wollen, und verließen mit Aus⸗ nahme von 4 Mitgliedern der Partei, nämlich Bigger, Callan, Metge und Richard Power, das Haus. Im Fortgange der Sitzung wurde sodann die Einzelberathung der Zwangsbill igt. . 5. Juli. (W. T. B.) Nach einer Meldung der „Daily News“ aus Alexandrien hätte der en glische Admiral Seymour den dortigen Gouverneur aufgefordert, die Armirung der Forts einzusteilen, und wäre zu energischen Schritten entschlosen, falls dieser Aufforderung nicht Folge geleistet würde. Weiter meldet das Blatt auch seinerseits; die zur Herstellung der Ordnung in Egypten von Lord Dufferin gemachten Vorschläge würden von der

Frankreich. Paris, 4. Juli. (W. T. B) Die Regierung hat den Mächten vorgeschlagen, den Zusammen⸗ tritt der internationalen Konferenz zum Schutze der

Die vom Senat zur Berathung des Gesetzentwurfs, be⸗ treffend die Eh escheidung, eingesetzte Kommission ist zu zwei Drittel ihrer Mitglieder gegen den Gesetzentwurf.

Die Zeitungen bezeichnen eine Aushebung von Matrosen als bevorstehend, für den Fall, daß die Konferenz eine sogenannte gemischte Intervention in Egypten beschließen ollte. .

Nach einer Meldung von den Hyerischen Inseln ist das Mittel meergeschwader gestern in der Richtung nach Tunis

gegangen.

. . „Corr. Havas“ vom 3. d. meldet: Der Bot⸗ schafter beim päpstlichen Stuhle, Desprez, wartet nur das heute in Rom gehaltene Konsistorium ab, um nach Frankreich zurückzukehren. Seinen Anstrengungen ist es gelungen, den Papst zu einer gemäßigten Sprache bezüglich der Beziehungen der französischen Re⸗ gierung mit der Geistlichkeit zu bestimmen. Desprez wird nicht mehr nach Rom zurückkehren; er selbst wünscht es nicht. Fürs Erste dürfte die Botschaft beim päpstlichen Stuhl durch einen Geschäftaträger verwaltet werden. Auch die Rück⸗ kehr des Nuntius Czacki, dessen Gesundheit sehr angegriffen, nach Rom ist beschlofsen. Als sein Nachfolger in Paris wird der Bischof von Montefiascone, Msgr. Rotelli, einer der Schü⸗ ler des Papstes, bezeichnet.

Serbien. Belgrad, 4. Juli. W. T. B.) Die Skupschting nahm die vom Finanz⸗Minister gestern ein⸗ gebrachte Vorlage, betreffend das Salzmo nopol, mit Akkla— mation an. . .

Heute Nachmittag wurde die Session der Skupsch⸗ tina'durch den König mit einer Thronrede geschlossen. Dieselbe betont die freundschaftlichen Beziehungen Serbiens zu allen Mächten, gedenkt sodann der abgeschlossenen Handels⸗ verträge und spricht schließlich die Hoffnung aus, daß die neuen Gesetze, besonders diejenigen zur Lösung der Agrar⸗ frage, dem Lande zum Wohle gereichen werden.

Bulgarien. Sofia, 3. Juli. (Wien. Itg) Durch Fürstliches Dekret ist der Zehent durch eine Grundsteuer ersetzt worden. Dieses Gesetz tritt im Laufe dieses Jahres in Wirksamkeit.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 4. Juli, (W. T. B. Das Gutachten des Reichs raths, wonach die russische Sprache künftig die Geschäftssprache der baltischen Rekrutirungskommissionen bilden soll, ist vom Kaiser bestätigt worden. Ausgenommen bleiben vorläufig diejenigen Landestheile, in denen die Einführung der obigen Bestimmung gegenwärtig absolut unmöglich ist.

5. Juli. (W. T. B.) Der Gouverneur von Podolien, Miloradowitsch, ist auf sein Ansuchen seines Postens enthoben worden.

Dänemark. Kopenhagen, 4. Juli. (W. T. B.) Dem Vernehmen nach wird sich der König auf den Rath der Aerzte zum Gebrauch der Badekur nach Wiesbaden begeben und dort mit dem König von Griechenland zusammen⸗ treffen. Der König von Griechenland und seine Gemahlin werden in der nächsten Zeit hier erwartet.

Amerika. Washington, 1. Juli. (Allg. Corr.) Der amerikanische Minister⸗Resident in der Türkei ist zum Range eines außerordentlichen Gesandten erhohen, und die Vertreter der Vereinigten Staaten in Spanien, Por⸗ tugal, Danemark und der Schweiz sind zu Minister⸗-Residenten ernannt worden. Der Text des zwischen den Vereinigten Staaten und Corea geschlossenen Freu noschaftsvertra⸗ ges ist von San Francisco hierher telegraphirt worden. Der Vertrag erklärt das Königreich Corea für unabhängig von China, was die Vereinigten Staaten anerkennen, verfügt die Herstellung diplomatischer und kommerzieller Beziehungen, ge⸗ statiet Coreanern die freie Ansiedelung in den Vereinigten Staaten und Amerikanern in Corea, verbürßt den Schutz von Leben und Eigenthum und untersagt den Opiumhandel.

Seitungèastimmen.

Im „Reichs boten“ lesen wir über die Nothwendigkeit einer Steuerreform in Preußen: . Vor uns liegen drei Berichte über den Stand und die Verwal- tung der Gemeindeangelegenheiten der Stadt Gelsenlirchen aus den Jahren 1879, 80 und 81. Gelsenkirchen ist eine Stadt von 15122 eelen und der ganze Steuerbezirk zäblt 6 090 Seelen. In diesem Steuerbezirk kamen im Jahre 1879 bezüglich der Staate, Klassen⸗ und Gin kommensteuer 51 697 Mabnungen und ald Pfändungen vor; da von fielen auf Gelsenkirchen selbst 22 6109 Mahnungen und 18 123 Pfändungen. Der Bericht nimmt an, daß ein schließlich der Kommunal Kirchen und Schulsteuern die Jabl der Mahnungen für die Stadt Gelsenkirchen allein sich auf 48oöls und die der Pfändungen auf 18123 beläuft. Pie Kosten einer Mahnung iu 19 3 und die Grekutionen zu 31 gerechnei, ergiebt das einen Unkostenbetrag von jusammen 14 d . 15 3. Von diefen Mahnungen und Pfändungen fielen 155i auf die steuerpslichtigen Bergwerke. u. a. Arbeiter. Im Jahre 1880 kamen in demselben Bezirke 48 421 Mahnungen und 23 960 Pfän⸗˖ dungen vor, wovon auf die Stadt Gelsenirchen 15906 Mahnungen und 55M Pfändungen entfallen. Die Unkosten bierfür betrugen ziäs M 31 N oder den dreizenten Theil des Gesammtsolleinkom. ment der Klassen und flassifiölrten Einkommenstener. Well aber, wie der Bericht bemerkt, ; der Mabnungen, und Pfändungen auf die beiden ersten Stusen entfallen, so belaufen sich die don sbnen ju jablenden derartigen Gebühren auf ibter Steuer, welcher

Leute auch mit der Kommunal⸗, Kirchen⸗ und Schulsteuer im Rück⸗ stande bleiben und dort ähnliche Gebühren zahlen müssen, wozu aber noch eine weitere Steigerung durch die Mahn und Pfandgebühr für Schulgeld, Polizeistrafen u. s. w. kommt. Im Jahre 1881 betrug die Zahl der Mahnungen im ganzen Bezirk 20 706 und der Pfän⸗ dungen 4559 und für die Stadt 5356 Mahnungen und 2843 Pfän— dungen. Ueber die schlimmen Wirkungen dieser Steuerexekutionen auf die davon betroffenen sagt der Verwaltungsbericht: .

Aber mit den Mahnungen und Pfändungen ist es allein nicht ge—⸗ schehen, das Bild muß noch vervollständigt werden. Ehe der Exekutor ins Haus kommt, ist schon die ganze Familie in Aufregung. Was wird er wohl nehmen? Wird er es wohl nur aufschreiben und stehen lassen etwa bis zur Löhnung oder zum Abschlag, wo man Geld er— hält, um Zahlung leisten und so vielleicht die letzte ordentliche Bett · stelle oder eine Kommode oder einen Küchenschrank, Gegenstände,

und deren Glück mit ausmachen, retten zu können der

wird er gleich das Pfand abziehen? Der Sicherheit wegen

nimmt er das Pfand mit, das letzte Stück der Aussteuer wandert

ins Pfandhaus; die letzten Gegenstände, welche die kahlen Wände der

beschränkten Wohnung zu einem trauten Heim machten und den

Mann bei der Familie hielten, sind dahin. Bestimmungsgemäß wird

der Ueberschuß von Zwangsverkäufen den Eigenthümern der Sachen

zurückgegeben. Wie oft ist das hier wohl passirt, Ich habe dies in

den drei Jahren hier erst fünf Mal erlebt. Die Sachen werden

verkauft, häufig verschleudert, denn wer will kaufen, wenn Niemand

Geld hat, und wer Geld hat, behält es lieber, und Haus—

haltsgegenstände werden für ein Fünftel ihres Werthes vergeben.

Die Steuer für einige Monate und die Exekutionsgebühr ist durch eine solche Prozedur wohl gerettet, aber ist es ein Vortheil in moralischer und materleller Hinsicht? Nein, die Familie, welche vorgeschilderte Zustände durchlebt, und sie sind doch wahrlich nicht, selten, ist fast derloren. Die Frau, welche früher die enge Stube zin Stand hielt“ die neben der Pflege der Kinder mit Freuden Sopha, Schrank, Kommode scheuerte und putzte, ihren Mann nach schwerer Arbeit mit frohem Gesichte und freudigem Herzen empfing, sie hat alle Lust verloren, ja sie verliert zu leicht das Ehrgefühl; der Mann aber, was soll er in dem öden Raume? Er bleibt lieher im Wirthshaus und wird Proletarier, der nun nicht nur keine Steuer mehr zahlt, nein auch bald Unterstützung verlangt . ;

Der Bericht rechnet aus, daß eine Arbeiterfamilie, bestehend aus Mann, Frau und 3 Kindern, pro Jahr zur Bestreitung der noth— wendigsten Bedürfnisse mindestens 1000 c bedarf. Der Mann verdient aber nur 900 6. Das Fehlende müsse. durch schlechtere Nahrung oder Hunger, ersetzt werden. Und, dabei ist noch regelmäßige Arbeitsfähigkeit und Arbeitsgelegenheit vor⸗ ausgesetzt und Verhinderung wegen Krankheit nicht in Betracht gezogen. Von diesen Leuten werden noch Steuern gefordert!“ Kein Wunder, wenn sie dieselben nicht zahlen können, da sie selten so viel bagres Geld zusammen haben, als dazu nöthig ist; kein Wunder aber auch, wenn in diesen Kreisen die Unzufriedenheit mit den bestehenden Zuftänden epidemisch wird und die sozialdemokratischen Umsturzgedan⸗ ken bei ihnen einen fruchtbaren Boden finden. Aus alledem aber ergiebt sich die Nothwendigkeit der von der Regierung angestrebten gänzlichen Aufhebung der unteren Klassensteuerstufen.

Es ergiebt sich aus diesem Verwaltungs berichte aber auch ferner die wohlthätige Wirkung der neuen Wirthschaftspolitik, welche seit 1880 sichtbar geworden ist und die allein es auch der Regierung er⸗ möglichte, aus den Zolleinkünften im Jahre 1881 drei Monatsraten der Klassensteuer zu erlassen. Schon in diesem Jahre hatte die Zahl der Mahnungen und Pfändungen erheblich abgenommen; im Jahre 1881 aber war dieselbe auf 20 706 bez. 4559 gegen 48 424 bez. 25 990 zurückgegangen. Außerdem aber führt der Bericht für 188 als Beweis für die Besserung der wirthschaftlichen Verhältnisse und Beweis für die segensreichen Wirkungen der neuen Wirthschaftspolitik des Reichskanzlers die erfreuliche Thatsache an, daß die Einlagen bei der Sparkasse in Gelsenkirchen sich im letzten Jahre um 300600 und speziell die der Berg. und Fabrikarbeiker um mehr als 20 0090 1 gegen das Jahr 1886 vermehrt haben. Es ergiebt sich aber auch weiter daraus, wie falsch es ist, wenn die Liberalen die große Zahl der Steuerpfändungen hauptsäͤchlich auf den Leichtsinn und die Nachlässigkeit der Leute zu⸗ rückführen, und wie sehr unser Volk alle Ursache hat, die jetzige soziale Reformpolitik der Regierung und der konservativen Partei zu unterstützen gegenüber dem Liberalismus!

Statistische Nachrichten.

Summarische Uebersicht der Zahl der Studiren— den auf der Königlichen Friedrich Wilhelms ⸗-Univer⸗ sität zu Berlin im Sommer-⸗Semester 1882. A. Im Win⸗ ter⸗Semester 1881382 sind immatrikulirt gewesen 4421, davon sind abgegangen 1512, es sind demnach geblieben 2909. Dazu sind in die⸗ sem Semester gekommen 991. Die Gesammtzahl der immatriku⸗ lirten Studirenden beträgt daher 3909. Die theologische Fakultät zählt Preußen 343. Nichtvreußen 42, zusammen 385. Die suristische Fakultät zählt Preußen 7, Nichtpreußen 156 zusammen 1063. Die medhzinische Fakultät zählt Preußen 558, Nichtpreußen 9, jzusammen 553. Die philosophische Fakultät zählt: a. Preußen mit dem Zeugniß der Reife 1268, 1. Preußen ohne Zeugniß der Reife 209, in Summa 1477, e. Nichtvreußen 322, zusammen 1799. Gesammt⸗ summe der immatrikulirten Studirenden 3909. B. Außer diesen im⸗ matrikulirten Studirenden hören die Universitãts Vorlesungen: 1) Nicht immatrikulationsfäbige Preußen und Nichtpreußen, welche von dem Rektor zum Hören der Vorlesungen zugelassen worden sind. 99, 2) Studirende der militärärztlichen Bildungsanstalten 27. in Summa 336 Hörer, zusammen 4226. C. Zum Hören der Vor= lesungen sind außerdem berechtigt: 1) Studirende der Technis chen Hochschule 635, 2) Studirende der Berg Akademie 63. 3) Studirende der landwirthschaftlichen Hochschule, welche im Vesitz des Berech. figungsscheins zum einjährigen Militärdienst sind, 28, 4) Studirende der Akademie der Künste 43, zusammen 769 Hörer. Die Gesammt zahl der Berechtigten ist mithin 4995.

(Schwäb. M Eine vergleichende Zusammenstellung, des Besuchds der Universitäten im Deut schen Reiche während der Sommerhalbjahre 1872 und 1882 ergiebt folgende Zahlen: Immatrifulirte Studenten Junahme in Proz. J. J. 1872 i. J. 1882 1d:

1999 2315

Berlin Leipzig München Bret lau Tübingen Halle Würzburg Göttingen Bonn Heidelberg Nönigeberg . Straßburg Marburg reiburg Greifswald. Erlangen Jena Gießen Kiel Münster Rostock

Summe

3 Abnabme 14 7 Junabme 38 58 9

J

15 Ii Gewerbe und Sandel.

wieder *) denjenigen Stãdten “*) beige zählt, woselbst die Einfuhr von Rindvieh, Thieren, sowie Pferden auf dem Seewege nach Schweden gestattet ist.

Schafen, Ziegen und anderen wiederkäuenden

In Rußland sind folgende Bestimmungen, betreffend das Ver—⸗

bot der Einfuhr von alten Kleidern, Lumpen ze. nach Rußland, erlassen worden.

Allerhöchst am 18. Mai 1879 bestätigtes Gutachten

des Minister⸗Comiteés, anläßlich des Verbots der Einfuhr von alten Kleidern, Wäsche, 86 und Lumpen, mitgetheilt dem Senat am 31. Mai durch den

ehülfen des Finanz⸗Ministers. Se. Majestät der Kaiser hat nach Anhören des Gutachtens des

Minister⸗Comités am 18. Mai d. Js. Allerhöchst zu befehlen geruht: Auf der gesammten europäischen Reichsgrenze ist die Einfuhr von alten Kleidern, Wäsche, Hadern und Lumpen in der Eigenschaft von welche in guten Tagen angeschafft, fozusagen zur Familie mit gehören Handelsartikeln zu verbieten, mit der Maßgabe, daß

I alle dergleichen Gegenstände, welche sich zur Zeit bereits in

den Zollämtern befinden, sobald sie nicht wieder ins Ausland zurück tranéportirt werden, bei Auslieferung aus dem Zollamte der Desin⸗ fektion unter polizeilicher Aufsicht zu unterziehen sind, und

2) daß sich dieses Einfuhrverbot nicht auf Kleider und Wäsche,

welche aus dem Auslande anreisende Privatpersonen als Bagage mit sich führen, sowie auch nicht auf Kleidungsstücke, welche dem aus dem Auslande zurückfahrenden Militär oder der Gesellschaft des rothen Kreuzes gehören, erstreckt, indem in Bezug auf diese bereits von den zuständigen Behörden Vorsichtsmaßregeln angeordnet sind.

Allerhöchst bestätigtes Gutachten des Minister⸗ Comités in Betreff der Gestattung der Einfuhr von alten Klei⸗ dern und Lumpen über die europäische Reichsgrenze.

Se. Majestät der Kaiser hat, auf Grund des Gutach⸗ tens des Minister⸗Comités am 8. Mai 1881 Allerhöchst zu befeh—⸗

len geruht: Das gemäß Allerhöchsten Befehles vom 18. Mai

1879 erlassene Verbot der Einfuhr von alten Kleidern und Lumpen aus dem Auslande ist insofern aufzuheben, als es dem Finanz⸗Minister anheimgestellt wird, die Einfuhr der bezeichneten Handelsartikel über diejenigen Zollämter zu gestatten, an welchen Seitens der Adressaten die erforderlichen Desinfektionsräumlichkeiten hergerichtet worden, wobei die Auslieferung der alten Kleider und Wumpen an die Eigenthümer nur nach erfolgter Desinfektion, welche in Gegenwart eines Arztes oder Feldscherers und gemäß Anordnung der örklichen Polizeibehörde zu geschehen hat, stattfinden kann.

Reskript an das Wirballener Zollamt vom 17. Juni 1881. Se. Majestät der Kaiser hat gemäß dem Gutachten des Minister⸗Comitéèz vom 8. Mai Allerhöchst zu befehlen geruht: (Folgt Erlaß sub Litt. F.) . Vorstehenden Allerhöchsten Befehl zur Kenntniß bringend, verordnet der Chef des Wirballener Zollbezirks im Cirkular vom 10. Juni er. 3102, daß den Händlern mit ausländischen alten Kleidern und Lumpen die Bedingungen, unter welchen die Einfuhr dieser Handelsartikel gestattet wird, mitgetheilt werden, und daß seiner Zeit darüber berichtet werde, ob von denselben Räum⸗ lichkeiten mit den zur , nn, Vorkehrungen am Lirballener Zollamt hergerichtet worden. ö ö . wird hinzugefügt, daß nach dem Gutachten der Medizinal⸗ Rathes die Desinfektion durch anhaltende Erwärmung der Gegenstände bei einer Temperatur von über 1000 Celsius zu erfolgen hat und daß der Medizinal⸗Rath nur unter der Bedingung gehöriger Desinfektion der alten Kleider und Lumpen noch vor Auslieferung derselben an die Eigen⸗ thüͤmer, die Einfuhr für nicht gefährlich in Bezug auf den allge⸗ meinen Gesundheitszustand des Volkes hält, während die Auslieferung der bezeichneten Handelsartikel an die Eigenthümer unter Benach. richtigung der Polizeibehörde hiervon, wie solches in früherer Zeit angeordnet war, zu unzureichender Erfüllung der nothwendigen Sperationen und somit zu schädlichen Folgen Veranlassung geben kann. In Hinsicht hierauf sind in. allen den Fällen, in welchen Seitens des Finanz⸗Ministers die Einfuhr von alten Kleidern und Lumpen gestattet 24 die Auslieferungsscheine nicht vor vollendeter esinfektion zu ertheilen. . . Hern ih Obiges zur Kenntniß des Zollamtes bringe, verordne ich die erfolgte Kenntnißnahme durch Unterschrift auf dem Driginal zu bescheinigen. 2 z Dirigirender: Palschau.

Vom Berliner Pfandbrief⸗-Institut sind bis Ende Juni 1882 3533 000 M 4 oloige ä. 41323 800 6 41/2 oso ige ünd 9181 500 6 50/ cige, zusammen 67 038 399 6 Pfandbriefe aus. gegeben, wovon noch 13 410000 6 4 0ige, 37 385 19 S. 41ꝭ20sNige und 7 366 500 M So cige, zusammen 58 162 200 06 Pfandbriefe ver⸗ zinslich sind. Es sind zugesichert, aher noch nicht abgehoben 1220 700 , im Laufe des Monats Juni 1882 angemeldet Grund⸗ stücke mit einem Feuerversicherungswerth von 435 825

i. Pr., 5. Jull. (WB. T. B. Die Be⸗ triebseinnahme der Ostpreußischen Südbahn— pro Juni 1887 betrug nach vorläufiger Feststellung: im er, e,. gi Ti , im Güterverkehr 293 26 , an Extraordinarien 12 65 66, zusammen 398 637 ; im Monat Juni 1881 definitiv 251 719 M, mithin mehr gegen den entsprechenden Monat des Ver. jahres 116918 ; vom 1. Januar bis ult. Juni. 1882 im Ganzen 2340149 6 gegen 1462112 M im Jahre 1831, mithin mehr gegen den entsprechenden Zeitraum des Vorjabres 878 037

Dortmund, 3. Juli. (Gss. Ita) Die Vesserung im Cis en: geschäft schreitet stetig fort. In Gießerei= und. Puddelreheisen hat fich der Bedarf dermaßen gesteigert, daß die Hochöfen ihre Produktion pro 111. Quartal fast gänzlich verkauft haben. Zu weitergehenden Abschlüäßen sind sie aber zur Zeit nicht besonders geneigt, da sie auf fernere Preissteigerungen rechnen. Für Bessemer . und Sxiegeleisen eint sich ebenfalls eine regere Nachfrage und sind dementsprechend auch die Preise fester. Luxemburger Robeisen ist Seitens der Kon. vention um 1 Fres. pro Tonne erhöbt und auf 87 Fres, pre . normirt worden. In der Waljwerkbranche baben sich die Ve. stellungen in den leßten Wochen wesentlich vermehrt und, er. karren? die Nottrungen daber in steigender Tendenz. Stabeisen ist bei den größeren Werken und überhaupt allen Gtablissements. die der Stabeisenkonvention beigetreten sind, nicht unter 149 6 pro Tonne zu haben, während kleinere dem Kartell nicht beigetretene Wal jwerke einige Mark billiger abgeben. In Blechen, und jwar in Feinblechen sowobl als auch in Grobblechen macht sich eine zu. nehmende Nachfrage bemerkbar und ist daher wobl ein weiterer Preisaufschlag zu erwarten. Wal draht ist gegenwärtig in so starker Nachfrage und die betreffenden Werle sind vielfach o ehr mit Aufträgen überfüllt, daß sie neue. Ordres bis auf Wei teres abiebnen. Die Stahlwerke sind. fortdauernd befriy. digend beschäftigt, auch gehen neue BVestellungen wieder mit größerer Regelmäßigkeit ein und iendieren in Folge dessen Ste ß cbienen und sonftlges Eisenbahnmaterial aus Stab! sester. Bei der am 1. Jull in Elberfeld abgebaltenen Submission der Bergisch Mar. fischen Babn auf Lieferung von S0) t lußeisernen Duerschwellen bat der Boumer Verein den Zuschlag erbalten. In den Kleineisenzeug. fabriken, Gießereien, Gesselschmieden und Maschinenfabrilen berrscht andauernd eine rege Thätigkeit und nicht minder in den Waggon · und Lokomellvfabriken. Entsprechend der lebhaften Beschäftigung der Gisenwerke dauert auch ein für die gegenwärtige Jabres zeit ganz un⸗ gewöbnlich starker Absatz in Koblen und Koks an. Fast jämmt⸗ ich. Kokereien und Zechen haben ibre Produktion vro III. Quartal verschlossen und bei neuen Abschläßsen werden böbere Preise gefordert. Man rechnet daber auf ein gutes Herbstgeschäft.

Glatzgow, 4. Juli. (WB. T. R Die Verschisfungen von Robeisen wäbrend der letzten Woche betrugen 15 321 gegen jz 595 Tong in derselben Woche des vorigen Jabreg.

Kön ĩ 98 be rg

Zufolge einer Bekanntmachung des, schwedischen Rommer⸗

Betrag sich aber auf das Dreifache erböbt, wenn man bedenkt, daß die

Kollegiums vom 25. v. Mig. wird die

Stadt Helsingborg

*) efr. R. A. Nr. 113 de 1882. ) cr. RW. Rr. i3 de 1852.