1882 / 177 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 31 Jul 1882 18:00:01 GMT) scan diff

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Frankreich. Paris, 29. Juli. (W. T. B.) In der utigen Sitzung der Deputirtenkammer erklärte bei der alhung der für die egyptische E . n, , . Kredite der Conseils⸗Präsident de Freycinet: Die An⸗ 6 er der Politik des Friedens könnten die beantragten redite ohne Besorgniß und ohne Bedauern bewilligen. Die Regierung wolle keine eigentliche Intervention: eine solche würde eine militärische Operation sein, welche beträchtliche Mittel er⸗ heischen uud zahlreiche heikle Fragen aufwerfen würde. Er, der Minister, würde eine Intervention nur mit dem Mandat Europas angenommen haben. Dhne ein solches Mandat würde eine Intervention weder weise noch klug sein. Der Schutz des Suezkanals werfe keine und keine

Schwierigkeiten auf. Die Gefahr eines Konflikts mit Europa schwinde, da alle Mächte das gleiche Interesse an dem Kanal haben. Der Schutz des Kanals sei ein rein materieller Akt und könne nicht in einen politischen Akt ausarten. Niemand könne Frankreich zwingen, in Egypten zu interveniren, wenn es nicht wolle. Frankreich habe nur Angriffe unter⸗ eordneter Stämme zu befürchten und werde zwei unkte des Kanals mit ca. 4000 Mann besetzen. „Dies ist in Wirklichkeit die Ausdehnung der Okkupation, welche im Einvernehmen zwischen der englischen und franzöfischen Ad⸗ miralität in dieser Weise festgestellt worden ist. Ein Vortheil dieser Okkupation besteht darin, daß wir dem Wunsche Eng—⸗ lands entsprechen, welches uns um unsere moralische Unter⸗ stützung zum Schutze des Suezkanals anging. Wir werden auf diese Weise England zeigen, daß es die freundschaftlichen Sympathien Frankreichs besitzt. Wenn die Kredite nicht be⸗ willigt werden, können wir auch nicht einen Mann ans Land setzen, um uns daselbst Achtung zu verschaffen. Der Moment zur Verweigerung der Kredite wäre schlecht gewählt, nachdem die Türkei ihrerseits eine Intervention in Aussicht stellt. Dies würde den französischen Interessen und unserem An⸗ sehen vor der muselmännischen Welt schädlich sein. Der Minister bemerkt weiter: Gegenwärtig kämen die Mächte auf die Idee der gemeinsamen zurück, und die Konserenz bespreche soeben diese neue Phase der Frage. Frankreich sei geneigt, sich an dieser gemeinsamen Frage zu betheiligen, England ebenso, aber in keinem Falle werde die Kreditforderung diejenige Grenze übersteigen, welche heute fest⸗ esetzt werden solle. Niemand habe ein Recht, an den Ver⸗ a, der Regierung zu zweifeln, welche bei allen Ver⸗ . den Kammern die Zustimmung vorbehalten habe. ie Regierung appellire direkt an das Vertrauen der Kammer, und das Kabinet stehe einmüthig in dieser Frage zusammen. Die Kammer lehnte nach Schluß der Debatte die Kreditforderung für die Expedition nach Egypten mit 450 gegen 75 Stimmen ab. In eh dieses Beschlusses der Kammer begaben sich die Minister in das Elysée, um ihre Entlassung einzureichen. Der Präsident Grevy bat dieselben, die Geschäfte bis zur Bildung eines neuen Kabinets fort uführen.

30. Juli. (W. T. B.) In Folge des gestrigen Kammer⸗

votums sind alle Bewegungen bei der Armee wie bei der lotte sistirt worden. Admiral Conrad erhielt den Be⸗ ehl, bei etwaigen Vorgängen in Egypten strikte Neutralität zu beobachten.

30. Juli, Nachmittags. (W. T. B.) Der Präsi⸗ dent Grevy wird heute mit den Mitgliedern des Präsidiums der Kammer und des Senats konferiren; alle anderweitigen Versionen über die muthmaßliche Lösung der Minister— krisis sind als verfrüht anzusehen. Allem An—⸗ schein nach ist eine Lösung derselben erst in einigen Tagen zu erwarten. Die Journale konstatiren, daß die Lage eine verwickelte und schwierige sei, er⸗ blicken aber in dem gestrigen Votum der Kammer, weil dabei Anhänger und Gegner der egyptischen Intervention in gleichem Maße gegen das Kabinet gestimmt hätten, vielmehr das Ergebniß einer Koalition der dem Ministerium feindlich gesinnten Parteien als einen bestimmten Ausspruch über die von der Regierung befolgte auswärtige Po⸗ litik. Auch bemerken mehrere Journale, daß der Prä⸗ sident Grevy, da das gestrige Kammervotum in Folge der von Marcère und Clémenceau gehaltenen Reden erfolgt sei, nach rein parlamentarischen Grundsätzen Marcere und Clemenceau, als die Vertreter der die Opposition bildenden Parteien, zu sich berufen müßte. Mehrere Blätter sprechen die Ansicht aus, daß eine Auflösung der Deputirten kammer im nächsten Jahre ganz unvermeidlich sei.

Italien. Rom, 30. Juli. (W. T. B.) Die „Agenzia Stefani“ veröffentlicht folgende Mittheilung: England hatte Italien eingeladen, unabhängig von der Suezkanalsrage sich der militärischen Intervention Englands zum Zweck der Herstellung der Ordnung in Egypten anzuschließen. Der Minister des Auswärtigen, Mancini, hat darauf unter Abstattung seines Dankes für diesen neuen Veweis des Vertrauens und der Freundschaft Englands Italien gegenüber, erwidert, daß, nachdem die Pforte nunmehr der Einladung aller Großmächte zur militärischen Intervention in Egypten Folge gegeben und die in der identischen Note vom 15. d. enthaltenen Vor⸗ schläge rollständig und ohne Bedingungen angenommen habe, Italien nicht glaube, außerhalb der Konferenz und ohne sich mit dem augenblicklichen Stand der Dinge in Widerspruch zu setzen, in Veihandlungen über eine anderweite Intervention eintreten zu können.

Türkei. Konstantinopel, 29 Juli. (W. T. B) Ein vom Minister des Auswärtigen am 26. d. M. an die diplomatischen Vertreter der Türkei bei den Mächten gerichtetes Rundschreiben lautet: Im Verfolg meiner Mit⸗ theilung vom 24. d. M. beeile ich mich, Sie zu benachrich⸗ tigen, daß die Pforte, entschlossen von ihren unanfechtbaren Souveränetätsrechten in Egypten wirksamen Gebrauch J machen und dadurch ohne allen Verzug die

iederherstellung der Ruhe daselbst zu sichern, be⸗ Hossen hat, sofort eine genügende Truppenmacht an

rt und Stelle zu senden. Die hierzu nothwendigen Maßnahmen sind bereits getroffen und steht diese militärische Altion im Begriffe, ins Werk gesetzt zu werden. Ich ersuche Sie, den dortigen Minister des Auswärtigen hiervon sofort in Kenntniß zu setzen. .

Achmed Mukhtar Pascha hat die erforderlichen Dis⸗ r getroffen, um in einzelnen auf einander folgenden

btheilungen ein etwa 20006 Mann starkes Expedi⸗ tions corps nach Egypten senden zu können.

30. Juli. . T. B.) Der Sekretär der englischen BVotschaft, Sandison, begab sich aufs Neue nach MYildi Kiosk und wiederholte das Ersuchen Lord Duffering, da

der Sultan eine Proklamation erlassen möchte, die Arabi Pascha zum Rebellen erkläre und die Rechte des Khedive Tewfik aufrecht erhalte. ele gab Sandison die Ver⸗ sicherung, daß England ein Protektorat über Egypten nicht im Auge habe und eine freundschaftliche Kooperation mit der Türkei wolle.

(W. T. B.) Die türkischen Bevollmächtigten bei der Konferenz haben den Botschaftern der Mächte eine schriftliche Erklärung übermittelt, in welcher es heißt: Die Pforte sei im Begriffe, auf den in der letzten Sitzung der Konferenz erläuterten, von ihr zur Kenntniß ge⸗ nommenen Grundlagen der Note der Dot aft vom 15. Juli c. Truppen nach Egypten zu entsenden. Im Vertrauen auf die Billigkeit der Mächte und deren wohlwollenden Entschluß, die souveränen Rechte des Sultans zu achten, hoffe die Pforte, daß die Alexandrien okkupirenden Truppen Egypten ver⸗ lassen werden, sobald türkische Truppen daselbst eingetroffen seien. In einem dieser Erklärung beigefügten Anhange wird gesagt; Da die Frage der Militärreform mit den Maßnahmen zur Wiederherstellung des normalen Status quo in Egypten zusammenhänge, so werde dieselbe nur durch das Einvernehmen des Khedive mit der Pforte geregelt werden können. Der Oberbefehl über das nach Egypten zu entsendende türkische Expeditionscorps wird voraussichtlich Derwisch Pascha übertragen werden.

(W. T. B.) Die Pforte soll von Lord Duffe⸗ rin Auskunst über die große Strenge erheten haben, mit welcher die englischen Behörden in Egypten zu Werke gingen, sogar aus dem Gefolge des Khedive seien zwei Personen erschossen worden. Lord Dufferin habe in Folge dessen von Lord Granville Erklärungen verlangt, durch welche die Pforte zufriedengestellt werden könne.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 20. Juli. (W. T. B.) Das „Journal de St. Pétersbourg“ meint: die englische Regierung stelle das Mandat, welches sie sich selbst ertheilt habe, über das, welches der Pforte durch die Konferenz ertheilt sei. Es sei nicht wahrscheinlich, daß die Pforte diese Lage der Dinge acceptiren werde. Die Pforte werde Truppen entweder schicken kraft des euro— päischen Mandates oder als suzeräne Macht, oder sie werde auf die Intervention verzichten. Im Falle einer türki⸗ schen Expedition würden also zwei Armeen auf dasselbe Ziel hinarbeiten, sich aber ihre gegenseitige Berechtigung bestreiten, und das auf einem Gebiet, wo auch die Interessen der übrigen Mächte in Frage kämen. Die hieraus sich ergebende schwie⸗— rige Situation erheische die Fortdauer der Verhandlungen zwischen den Mächten im Interesse der Aufrechterhaltung des Friedens im Orient.

Der Präsident des Minister⸗Comités, von Reutern, hat einen zweimonatlichen Urlaub nach dem Auslande erhalten. Derselbe wird während seiner Abwesenheit durch den Grafen Baranoff vertreten.

Schweden und Norwegen. Christiania, 29. Juli. (W. T. B.) Der König und die beiden jüngsten Söhne des⸗ selben sind gestern, die Königin ist heute hier angekommen. Die Majestäten wurden von der Bevölkerung mit großem Enthusiasmus empfangen.

Dänemark. Kopenhagen, 26. Juli. (Hamb. Corr.) Im kommenden September finden die Wahlen zur halb⸗ schichtigen Erneuerung des Landthings, der ersten Kammer unseres Reichstages, statt. Das Landthing zählt 66 Mitglieder, von denen der König 12 ernennt, während die übrigen 54 aus Klassenwahlen hervorgehen und auf 8 Jahre gewählt werden, und zwar in der Weise, daß nach 4 Jahren immer die ö (27) ausscheidet. Da bei den Landthingswahlen die höchstbesteuerten Klassen der Bevölkerung den Ausschlag geben und diese meistens Gegner der Linken sind, hat die letztere wenig Aussicht, Kandidaten ihrer Partei durchzubringen; die oppo⸗ sitionelle Linke verfügt denn auch im Landthing nur über etwa ein Dutzend Stimmen. Es wäre indessen immerhin möglich, daß die Linke durch die bevorstehenden Wahlen einen Stimmenzuwachs im Landthing erhält, von Bedeutung wird dieser indessen sicher nicht sein, und unter allen Umständen hat die Linke keine Aussicht, die Majorität in der ersten Kammer zu erlangen.

Amerika. Washington, 27. Juli. (Allg. Corr.) Der Marinesekretär Chandler erklärt: er habe aus den ihm ze 'eg en gend; Mittheilungen die Ueberzeugung gewonnen, daß Admiral Nicholson in Alexandrien in vollkommen diskreter und gehöriger Weise gehandelt habe. Die Beamten von Castle Garden wiesen gestern 400 jüdische Flücht⸗ linge aus Rußland aus, die dort gewohnt hatten, aber nicht arbeiten wollten, selbst wenn ihnen He fh e. angeboten wurde. Die Frauen und Kinder wurden nach der Wardeinsel geschickt, wo sie verpflegt werden, aber für die Männer ist in keiner Weise gesorgt.

New⸗York, 22. Juli. ng Corr.) Der Präsident von Guatemala, General Rufino Barrios, er⸗ klärte heute im Laufe einer Unterredung: er sei nach den Vereinigten Staaten gekommen, um den Präsidenten zu er⸗ suchen, als Schiedsrichter zwischen Guatemala und Mexiko zu fungiren. Er fügte hinzu, seine Mission sei in gewissem Grade von Erfolg gekrönt worden, und Präsident Arthur werde das Schiedrichteramt übernehmen, sobald es die Um⸗ stände gestatten. Die Idee, daß er (Präsident Barrios) Ge⸗ bietstheile Guatemalas an irgend eine Macht abtreten wolle, wäre 6 An der atlantischen Küste herrscht un⸗ geheure Hitze.

Süd⸗ Amerika. Montevideo, 30. Juni. (Allg. Corr.) Die Insurrektion in Uruguay gewinnt an Ausdehnung. Ein Regierungsbeamter, Namens Tajab, wurde während der Ruhestörungen schwer verwundet. In Colonia ist ein anderer Nebellenchef aufgetaucht, und viele Estandieros fliehen ohne ihr Vieh nach Enbrekos. Die Regierungsbehörden haben ein . gebot im ganzen Lande angeordnet. Mehrere be⸗ waffnete Männer verließen gestern Tigre, um sich dem In⸗ surgentenführer Perez anzuschließen. .

Buenos⸗Ayres, 30. Juni. (Allg. Corr) Die Frie⸗ densunterhandlungen zwischen Chili und. Bo— livien schweben noch immer. Die argentinische Regierung hat zwei Kanonenboote nach Uruguay gesandt.

Afrika. Egypten. Alexandrien, 29. Juli. (W. T. B.) Ali Mubarek 36 und die Häupter der Ulemas ver⸗ langen die Rückkehr der Minister nach Kairo, weil sie sich in Alexandrien in der Gewalt der Engländer befänden. Ali Mubarek soll Arabi Pascha aufgefordert haben, sich selbst mit dem Khedive in Verbindung zu setzen. Arabi Pascha hätte

aber auf dieses Verlangen ausweichend geantwortet mit dem Hinweise, daß ihm nur die Bekämpfung der englischen In— vasion obliege. Gleichzeitig hätte Arabi Pascha Ali Mubarek den Rath ertheilt, nach Kairo zurückzukehren. In . und am Kanal herrscht Ruhe. Osman Rufki Pascha und die 26 cirkassischen Offiziere, welche wegen eines angeb— lichen Komplotts gegen Arabi Pascha aus Egypten aug gewiesen waren, sind heute aus Konstantinopel hier ein getroffen. Dieselben waren vom eirkassischen Adjutanten des Sultans begleitet und wurden feierlich empfangen. Zur Wiederherstellung der Eisenbahn bei Millaha,

welche von Arabern zerstört worden war, sind heute Abend

zwei Abtheilungen unter militärischer Bedeckung abgegangen. Zum Leiter der Polizei ist Major Gordon ernannt worden an Stelle Beresfords, welcher bisher damit betraut war. Chexif Pascha ist hier eingetroffen. Heute ver— nichteten die Engländer Kanonen und Pulvervorräthe der eroberten egyptischen Forts, was starke Detonationen verursachte.

30. Juli,. (W. T. B.) Admiral Seymour begab sich heute an Bord des „Helikon“ zur Vornahme einer Rekognoszirung vor Abukir, er fand die Forts gut gerüstet und die Besatzung in großer Thätigkeit. Die gestern zur Wiederherstellung der zerstörten Eisenbahn nach Millaha abgegangene Expedition wurde von Arabi's Truppen nicht angegriffen und hatte besten Erfolg In mehreren Häusern in der Nähe eines vorgeschobenen Postens der Engländer kamen gestern abermals Plünde— rungen vor, ein Plünderer wurde auf frischer That be— troffen und alsbald niedergeschossen, zwei andere wurden ver— haftet. Gerüchtweise rerlautet, von Arabi Pascha würden größere Streitkräfte in der Nähe des Suezkanals zusammen— gezogen.

Port Said, 30. Juli. (W. T. B.) Die französi— schen Schiffe haben Befehl erhalten, das Durchfahren des Suezkanals einzustellen und in Port Said Station zu nehmen.

30. Juli. (W. T. B.) Vor Port Said liegen nunmehr 7 französische Panzerschiffe. Die Egypker werfen daselbst Befestigungs werke auf, und hat sich der . von Port Said auf ein englisches Kriegsschiff egeben.

Der „Agence Havas“ wird aus Kairo vom 30. ge— meldet: Eine gestern daselbst abgehaltene, gegen 360 Per— sonen zählende, aus Ulemas, Kadis, geistlichen Würdenträgern, Beamten und Notabeln bestehende Versammlung habe einstimmig Arabi Pascha als Ver— theidiger des Landes bis zur Herstellung eines zufrieden— stellenden Friedens oder bis zur Vernichtung des Landes pro— klamirt und den Khedive als außerhalb des muselmännischen Gesetzes und außerhalb der Firmans stehend erklärt.

Aus Paris, 31. Juli, berichtet, W. T. B.“: Wie der „Agence Havas“ aus Ismailia gemeldet wird, seien die englischen Berichte über die Haltung Lesseps' unrichtig. Lesseps sei lediglich zu dem Zwecke mit Arabi in Beziehung getreten, um für 120 griechische Auswanderer und einen Transport von Kairo nach JIsmailia, be— stehend aus 35 Kranken, 11 barmherzigen Schwestern, 1 Arzt und 4 Krankenwärtern, Schutz zu erwirken und die Aufrechterhaltung der Ordnung in der Provinz Zagazig sicherzustellen. Lesseps glaube noch immer, daß die Neutralität des Suezkanals von den Egyptern nicht verletzt werden würde, wenn dieselbe nicht europäischerseits angetastet würde. Er habe gegen einen Akt der englischen Marine protestirt, welcher im Widerspruch stehe mit den Reglements der Kanalgesellschaft.

gBeitungsstimmen.

In der „Berliner Börsen-Zeitung“ lesen wir:

Aus dem montanindustriellen Gebiete hat unseres Wissens keine Handelskammer gegen den Erlaß des Handels⸗Ministeriums vom 30. November 1881, wonach die Einsendung des Jahresberichts an dasselbe zur Durchsicht vor der Publikation ersolgen soll, irgend welche Einwendungen erhoben. Nichts natürlicher. Die betreffenden Kam— mern wissen das Rettungswerk dankbar zu schätzen, welches der Reichs⸗ kanzler in dem Damm gegen die Ueberfluthung der freihändlerischen Doktrinen aufgerichtet hat, die in wenigen Jahren die Montan— industrie Deutschlands dem Untergange überliefert hätten. Sie wissen, daß diese scheinbaren Eingriffe in die Selbst— ständigkeit der Handelskammern zum Theil nicht unmoti⸗ virt sind durch die Haltung verschiedener Handelskammern, die nicht wissen, ob sie kalt oder warm sich äußern sollen, ja nicht selten in demselben Schriftstücke für und gegen die handelspolitischen Neue— rungen sich aussprechen, einfach, weil die betr. Artikel verschiedene Verfasser haben, während doch ein solcher Bericht ein ganzes leben⸗ diges Bild über die Gesammtinteressen der Handel⸗ und Gewerbe— treibenden, nicht Parteischattirungen bringen soll, insbesondere, wie es in dem Gesetz vom 24. Februar 1870 heißt, zu dem Zwecke, die Be⸗ hörden in der Förderung des Handels und der Gewerbe durch that⸗ sächliche Mittheilungen, Anträge und Erstattung von Gutachten zu unterstützen

Das „Deutsche Tageblatt“ schreibt:

Die Getreidepreise waren im Jahrzehnt 1870 —- 80 im Durch— schnitt böber, als in dem vorhergehenden Jahrzehnt 1860 70, und das hat seinen natürlichen Grund darin, daß Deutschland im Jahre 1879 anfing, regelmäßig Getreide einzuführen, während es bis dahin regelmäßig ausgeführt hatte. Die Viehpreise sind in noch stärkerem Maße ot; als das Getreide, und standen wohl 20 30) höher, und ebenso ist es mit den Molkereiprodukten gegangen. Das einzige land⸗ wirthschaftliche Erjeugniß, welches an Werth eingebüßt hat, ist die Wolle, aber bei den höheren Erträgen des Getzeidebaues und der Molkerei und Viehmastung ist die Wolle ein Nebenartikel in der Wirthschaft geworden und die Schäferei hat ihre Bedeutung großen— theils verloren. Wenn nun in dem Jahrzehnt mit den unvortheil⸗ haften Preisen, den schlechten Jahren 1865 und 1867 und den Kriegen die Subhastationen ländlicher Besitzungen zu den Seltenheiten gehörten, während sie in dem folgenden günstigeren Jahrzehnt lawinenartig an⸗ wuchsen, so muß der Grund wohl nicht in den Verhältnissen der Landwirthschaft, sondern in denen des en he fer gesucht werden und er liegt hier nicht verborgen. Es ist ganz falsch, daß die einge⸗ i, Erhtheile und Restkaufgelder einen Mitbesitz der Erben und früheren Besitzer ausdrücken. Ein Mitbesitzer hat an den Erträgen und auch an den Verlusten theiljzunehmen, und er kann von den ersteren nicht mehr verlangen, als sich auf seine Quote ergiebt, und muß sich ebenso die letzteren gefallen lassen. Der Hypothekengläubiger dagegen fordert in jedem Falle seine Zinsen in der vor * Höhe. Reicht der Ertrag dazu nicht aus, so muß der 8 neue Schulden machen, und ez gehört nur wenig Unglück oder eine geringe Ueberschätzung der Sache bei ihrer Uebernahme dazu, daß die Verpflichtung ihm über den Kopf wachse. ;

Die Krisis aus der ea . des Grundbesitzes wäre schon viel früher eingetreten, wenn nicht die len, sischen Kriege im Anfang dieses Jahrhunderts den erth des Grund- eigenthums fast vollständig vernichtet gehabt hätten, so daß

mit dem Jahre 1815 eigentlich eine neue Rechnung anfängt. Seit⸗ dem ist durch die neuen Agrargesetze, Ablösungen und Separationen, ferner in Folge der wachsenden Bevölkerung, der besseren Industrie und des sinkenden Geldwerthes eine fortwährende Werthssteigerung eingetreten, welche schneller war, als die wachsende Verschuldung. Acker, welcher jetzt hundert Thaler und mehr pro Morgen ailt, wurde noch, vor fünfzig Jahren für fünf Thaler und weniger gekauft. Seitdem aber haben die verbesserten Kommunikationen die ganze Welt zu einem zusammen⸗ hängenden Produktionsfelde gemacht und die landwirthschaftlichen Er⸗ jeugnisse der entlegensten Welttheile erreichen jetzt Europa schneller und mit weniger Kosten, als sie früher zu der. Bewegung von einer rovinz in die andere brauchten. Das Getreide aus Südrußland, . und Australien konkurrirt jetzt auf den deutschen Märkten mit unserm einheimischen, und der Werth des Ackers am Mississippi bestimmt endlich den Preis des Bodens an der Weichsel und Elbe. Eine weitere Steigerung unseres Bodenwerthes kann daher nur in Verbindung mit der Steigerung desselben in der ganzen Welt vor sich gehen, und deshalb wird die Verschuldung nun Sie⸗ gerin im Wettlauf und die Katastrophen werden in immer kürzeren Zwischenräumen folgen. Wir halten es für vernünftiger, ihren Ver- Feerungen vorzubeugen, als sich mit den alleinseligmachenden liberalen“ Prinzipien darüber zu trösten. Das ist das konservative Interesse.

Statistische Machrichten.

Nach den statistischen Ermittelungen des Vereins deutscher Eisen⸗ und Stahlindustrieller belief sich die Roheisen produktion des Deutschen Reichs (einschließlich Luxemburgs) im Juni 1882 auf 246 735 t, darunter 150 084 t Puddelroheisen, 15 725t Spiegeleisen, 56 978 t Bessemer- und 20148 t Gießerei⸗-Roheisen. Die Produktion im Juni 1881 betrug 215 4857 t. Vom 1. Januar bis 30. Juni 1882 wurden produzirt 1365018 t gegen 1 333720 t im Vorjahre.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Johann Faust. Ein allegorisches Drama, gedruckt 1775 ohne Angabe des Verfassers, und ein Nürnberger Textbuch desselben Drama's, gedruckt 1777. Herausgegeben von Karl Engel. Zweite Auflage. Aldenburg, Schulzesche Hofbuchhandlung und Hof— Fuchdruckerei (C. Berndt und A. Schwartz). Im Herbst 1875 tauchte in einer Wiener Theaterzeitung die Nachricht auf: man habe wahrscheinlich die Spur von dem seit 1775 verloren gegangenen „Faust“ Lessings entdeckt, und zwar in einem alten, in Gotha erschienenen Theaterkalender auf das Jahr 1779. Darin sei nämlich ein bisher unbekanntes allegorisches Drama, Johann Faust, mit dem Verlagsort München und dem Jahre 1775 verzeichnet, welche Notiz vielleicht berufene literarische Kräfte zu einer weiteren Forschung nach dem verschollenen Werke veranlassen könnte. Diese Mittheilung bestimmte den Herausgeber, der im Besitze eines Exemplars der erwähnten Münchener Ausgabe war, das Überaus selten gewordene Buch der Oeffentlichkeit wieder zugänglich zu machen. Er ließ dasselbe 1877 in der Schulzeschen Hofbuchhandlung zu Olden⸗ burg erscheinen, um jener schon von anderer Seite gegebenen Anregung zu entsprechen und durch die Herausgabe etwaigen weiteren Unter— suchungen zu Hülfe zu kommen. Inzwischen hat sich nun freilich die Vermuthung eines Zusammenhangs zwischen diesem allegorischen Faust⸗ drama und dem vielberufenen verlorenen Faust Lessings als unbegründet herausgestellt. Auch das läßt sich zur Zeit, mit Sicherheit wenigstens nicht feststellen, wer der eigentliche Verfasser dieses allegorischen Dramas ist, da verschiedene Ausgaben eines solchen, aber sämmtlich ohne Angabe des Autors, vorhanden sind. Zwar führt Goedeke in seinem „Grundriß zur Geschichte der deutschen Dichtung“ die 1775 erschienene Prager Ausgabe eines gleichnamigen Dramas von Paul Weidmann (neben 40 weiteren Stücken dieses 1746 in Wien geborenen Schauspielers) an, jedoch ist nicht angegeben, worauf sich die Gewißheit dieser Autorschaft bei dem ebenfalls anonym erschienenen Drama gründet. Ferner werden (außer einer noch zu erwähnenden Mannheimer Aus⸗ gabe des Jahres 1775) von Plümicke in seinem „Entwurf einer Theatergeschichte von Berlin“ (1781) verschiedene Stücke von Johann Friedrich Schink verzeichnet, darunter als Manuskript: Dr. Faust, ein allegorisches Schauspiel mit Gesang. Letzteres gewinnt durch ein neuerdings aufgefundenes, in Nürnberg 1777 erschienenes Textbuch ein besonderes Interesse. Dasselbe hat den Titel: ‚„Arien aus dem allegorischen Drama Johann Faust, von der Moserischen Gesellschaft abgesungen“ und enthält auf 7 Seiten 8 Nummern (5Arien und 3 Chöre), wovon nur die beiden ersten Nummern, welche Wagner singt, und der Chor Nr. 3 schon in der Münchener Ausgabe vorhanden sind. Dieses Textbuch, welches der vorliegenden zweiten Auflage des Faust⸗— dramas angehängt ist, könnte wohl zu jenem Schinkschen Faust in Beziehung zu setzen sein, um so mehr, als Schink notorisch die Faust⸗ sage verschiedentlich dramatisch bearbeitet und auch einen Operntext „Faust“ angefangen hat, von dem der ältere Methfessel einige Nummern in Musik setzte. Möglich erscheint es auch, daß das allegorische Drama dem Operntert zur Grundlage gedient und die Mosersche Gesellschaft ver⸗ schiedene Nummern daraus bei ihren Aufführungen des Dramas als Einlagen benutzt hat. Wie die erste Auflage des literargeschichtlich merkwürdigen Dramas in weiten Kreisen Interesse erregt bat, so dürfte auch die vorliegende zweite, durch jenes Textbuch vermehrte der will⸗ kommenen Aufnahme bei allen denen gewiß sein, die sich für die dra— matischen Versuche interessiren, welche vor dem Erscheinen des groß⸗ artigen Götheschen Meisterwerks mit dem Stoffe des Faust angestellt worden sind.

Das 34. und 35. Heft der Europäischen Wanderbilder (Preis 1 M, Verlag von Orell, Füßli u. Co. in Zürich) enthält eine Beschreibung von Dr. Brenners Heilanstalt in Görbersdorf in Schlesien, von Reinhard Ortmann. Der sachverständige Verfasser schildert nicht nur die großartige Heilanstalt und deren herrliche Umgegend (Fürstenstein, Adersbach u. s. w.) eingehend, sondern nimmt auch die therapeutischen Gesichtspunkte wahr, die bei Görbersdorf besonders wichtig sind. Das Heft ist mit 26 trefflichen Illustrationen geschmückt, auch mit einer Karte ausgestattet.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Von der Elbe. 27. Juli, wird dem Hamb. Corr.“ über die Ernte geschrieben: Die Oelfrüchte, wie Rübsen und Rapssat, sind, letztere bis auf einige wenige Reste, eingebracht und gedroschen. Die Erträge sind je nach der Gegend und Bodenbeschaffenheit verschiedent⸗ lich ausgefallen und variiren zwischen 11 —2 Tonnen per Scheffel von 40 Quadrat Ruthen. In der Umgegend von Marne und in den Kögen haben Rübsen ausnahmsweise mit gegen 37 Tonnen ver Morgen in einzelnen Fällen die Rapssaat überflügelt.

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So gut an und für sich die Qualität sonst auch ist, so läßt ö doch, wie so oft, kin ss n der Trockenheit zu wünschen übrig. Die Preise sind trotzdem sehr gut, und ist der Handel ein lebhafter, bejahlt wurden an den igen Markttagen in Heide und Marne für Rapssaat M vr. 200 Pfd., für Rübsen 26 . Wahrend in frühe⸗ ren Jahren die Schoten der gedroschenen Oelsrüchte auf den Dünger geworfen worden, hat man e in den letzten futterarmen Jahren als ein vortreffliches Viehfutter kennen schätzen und bewahrt sie deshalb in dazu geeigneten Räumlichkeiten sorgfältig für den Winter auf. Mit dem Schnitt des Roggens ist in diesen Tagen der Anfang gemacht. Es ist eine Freude zu sehen, wie sie in den „Krügen“ Hocke an Hocke zu einer dichten Zeile reibt, ja, in einer Reihe nicht einmal der reiche Segen Raum finden kann, 2 noch in Nebenreihen aufgestellt werden muß. Wenn, was sehr zu wünschen, der Roggen rasch und trocken unter Dach gebracht werden kann, werden die Erträge wohl mit M —40 t per Morgen zu notiren sein, also über ein Mittel hinausgehen, auch die Frträge im Stroh werden die Vorjahre welt hinter sich lassen. Der Wel zen hat sich infolge der. Regengusse stark elceft: solllen da⸗ durch die Erträge nicht allerirt werden, dann hat die Marsch seit Menschengedenken wohl kein Weijenjahr gehabt, das dem heurigen

gleichkommt. Ganz ausgezeichnet ist auch der Hafer gerathen, dessen Länge im Stroh seit meinem letzten Berichte noch zugenommen hat. In den Kögen, namentlich im neuen Christianskooge, dürften in ein⸗ zelnen Fällen die Erträge die Höhe von 75 t per Morgen erreichen. Die Feldbohnen weisen nicht nur einen dichten Stand auf, sondern sind auch lang im Stroh und haben reichlich Schoten gesetzt. Der Stand der Sommergerste, die übrigens in der Marsch nur wenig angebaut wird, ist ebenfalls ein guter. Den Rübenfeldern bei Marne und in den Kögen hat der reichlich gefallene Regen und die warme Witterung ersichtlich wohlgethan, sie prangen in großer Ueppigkeit. Nur auf eine einigermaßen ergiebige Kartoffelernte muß die Marsch in diesem Jahre verzichten. Die Fäule greift in rapi⸗ der Weise nicht nur im Kraut weiter um sich, sondern auch die Knollen sind hereits von derselben ergriffen.

Auf der Geest gewinnt natürlich die Fäule nie die Ausdehnung wie in der Marsch, durch Zufuhr von dort sind denn auch die Preise von 10 auf 6 . ver Hektoliter heruntergegangen. Der Graswuchs ist, namentlich in Eiderstedt, noch immer ein beispiellos üppiper, und die Gräser machen erfreulicher Weise in diesem Jahre brillante Ge⸗ schäfte. Die Preise für Magervieh sind seit meinem letzten Be⸗ richte ganz erheblich gestiegen und auch das Fettvieh geht zu guten Preisen ab. Die Ferkel sind um 5.—=-6 M im Preise herunter gegangen und jetzt für 10— 14 6 zu haben. Während im vorigen Jahre Heu kaum für Geld zu haben war und per Fuder mit 79 bis 80 S bezahlt wurde, ist ein solches jetzt für 10 —- 20 M käuflich.

Gewerbe und Handel.

Die Semestralbilanz der Preußischen Bodenkredit— Aktien⸗Bank ergiebt einen Reingewinn von 1325979 4A gegen 1179 983 6 im ersten Semester 1880 und 1288 831 * im ersten Semester 1881.

Antwerpen, 29. Juli. (W. T. B.) Wollauktion. Ange⸗ boten 2439 B; Laplata⸗-Wollen, verkauft 875 B. Montevideo⸗Lamm⸗ wollen hauptsächlich zurückgezogen; Preise 5 10 niedriger.

Glasgow, 29. Juli. (W. T. B.). Die Vorräthe von Roheisen in den Stores belaufen sich auf 533 509 Tons gegen 572 900 Tons im vorigen Jahre. Zahl der im Betriebe befindlichen Hochöfen 199 gegen 1195 im vorigen Jahre.

Berlin, 31. Juli 1882.

Bekanntmachung.

Auf Grund des §. 2 des Gesetzes über die Schonzeit des Wildes vom 26. Februar 1870, in Verbindung mit 5§. 94 des Zuständigkeitsgesetzes vom 26. Juli 1876, wird für den Re— gierungsbezirk Potsdam als Tag der Eröffnung der dies— jährigen Jagd

auf Rebhühner, Freitag, der 18. Augusi, auf Hasen, Auer⸗, Birk⸗ und Fasanenhennen, Haselwild und Wachteln Donnerstag, der 14. September hierdurch festgesetzt.

Potsdam, den 21. Juli 1882.

Der Vorsitzende des Bezirksraths, Regierungs⸗Präsident von Neefe.

Im langen Saale des Akademiegebäudes findet in der Zeit vom 3. bis 10. August eine Ausstellung von Stu⸗ dienarbeiten der Eleven der Königlichen Akade⸗ 6. der bildenden Künste aus dem Lehrjahre 1881/82 tatt.

Berliner Rennbahn zu Hoppegarten 1882. Der Verein für , hatte für den gestrigen Sonntag auf der Rennbahn zu Hoppegarten ein Extra⸗Meeting veranstaltet, welches wegen der ungünstigen Witterung nur spärlich besucht war.

Dem Rennen ging eine Auktion von Vollblutpferden voran, bei wel⸗ cher aus dem Rennstall der HH. Oelschläger und v. Tepper ⸗Lasky der hellbr. 3jähr. W. „Glaucus‘ für 1500 M in den Besitz des Major v. Below, die jähr. br. St. v. Ethus 4. d. Odine für 100 M in den Besitz des Hrn. Pitzschke und aus dem Rennstall des Prinzen Fr. Hatzfeldt der br. H. „Halifax für 1250 M und der schwbr. H. „Poor David“ für 1000 M in den Besitz des Hrn. Pitzschke und der schwbr. H. „Fortunatus“ für 10650 S in den Besitz des Lieut. v. Tepper⸗ Laski 11. überging. Die übrigen zur Auktion gelangenden Pferde blieben unverkauft. Die Rennen begannen um 3 Uhr mit:

J. Hürden⸗Rennen. Preis 750 6 Handicap. Für 3 jähr. und ältere Pferde. 50 M Eins. 30 M Reugeld. Distanz 2109 m. Das Rennen hatte nur 2 Unterschriften und da Hr. C. Pitzschke's br. St. „Unverhofft“ am Start nicht erschien, so ging des Majors von Below 3 jähr. hbr. W. „Glaucus“ von Albert Victor a. d. Bonny Blue Eye über die Bahn und erhielt, da nach den allgemeinen Bestimmungen mindestens 3 Pferde starten müssen, nur den halben Preis in Höhe von 455 4 Diesem Rennen folgte um 37 Uhr:

II. Offizier⸗Jagdrennen. Preis 800 6 Handicap für Pferde im Besitz von aktiven Offizieren der deutschen Armee und von solchen in Uniform zu reiten. 30 (6 Einsatz 10 66 Reugeld. Distanz 1400) m. Dem zweiten Pferde 69 00 der Einsätze und Reugelder. Der Rest wird zwischen dem ersten und dritten Pferde getheilt. Von den 13 Pferden, welche zu diesem Rennen gemeldet waren, zahlten 9 Reugeld und 4 erschienen am Pfosten. Es siegte nach einem schönen Rennen sicher mit 2 Längen des Lieutenant v. Schmidt Pauli (1. Garde ⸗Ulanen) 4jähr. br. St. „Profitrole“ v. Mortimer a. d. Julia Peel 67 kg (Rittmstr. v. Tresckow vom 1. Garde ⸗Ulanen⸗Regt.) gegen des Lieut. v. Marschall (12. Hus.) jähr. 2 Bulgare“ unter seinem 566 Eine Lopflänge hinter diesem fraf Lieut. v. Heyden⸗Linden (3. Hus.) 6jähr. F. H. „Neckar“ (Reiter Besitzer) ein und des Rittmstr. Graf Bismarck Cjähr. br. H. The Rook“ unter Lieut v. Kramsta wurde letzter. Die Siegerin erhielt 842 M, Bulgare“ 126 M und „Neckar 42 M Dem Rennen schloß sich um 4 Uhr an:

III. Dahl witzer Jagdrennen. Verkaufsrennen. Preis 750 . . zjährige und ältere Set. 50 S Eins. 30 M Reugeld. Distanz 3500 m. 8 Pferde waren genannt, 4 erschienen am Pfosten. Es siegte leicht mit 3 Längen des Rittmstr. v. Ziegler 5jähr. schwbr. HS. . Bromleyn v. General Peel a. d. Hope Blossom (71 kg) (Sayers) gegen des Trainer G. Johnson 6jähr. br. H. „Dalnaspidal 11.4, 40 Längen hinter diesem traf Lieut. Graf v. d. Goltzs jähr. br. W. . Belleu“ als Dritter ein; des Hrn. C. Pitzschke a. ö St. Vis counteß! passirte gar nicht mehr das Ziel. Der Sieger erhielt 1430 Æ Er wurde nicht gefordert. Um 4 Uhr solgte diesem Rennen:

IV. Adlersflug⸗Hürden⸗Rennen. Preis 750 M Herren⸗ reiten. Jlähr. und ältere Pferde. 30 6 Eins. 15 6 Reugeld. Distanz 2400 m. Von den 8 zu diesem Rennen genannten Pferden erschienen nur 3 am Ablauf. Es siegte nach Gefallen mit 3 Längen des Hrn. v. Mutzenbecher 4jähr. br. St. „Hermione“ v. Henry a. d. Ladꝰ Mary unter ihrem Besitzer gegen des Hrn. K. v. Eichels 4 jähr. schwbr. St. . Fiammella“ unter Lieut. v. Malt⸗ zahn. 10 Längen hinter dieser traf Major v. Below a4. F. W. GEaston! unter Rittmstr. Graf Dohna als letzter ein. Die Sie⸗ gerin erhielt 7133 , Fiammella“ 99 und „GEaston“ 33 ½ Die Siegerin wurde in der Auktion für 3750 M zurückgekauft, so daß der Hindernißrennverein den ae e, Preis wieder zurückerhielt. Den Schluß des 3 bildete um 5 Uhr:

V. Guratrir- Jagdrennen. Preis 9909 4 Herrenreiten. 6 4 jähr. und ältere Pferde 40 M Einsatz, 20 M Reugeld. istan; 4509) m. Von den zu 23 Rennen angemeldeten 11 Pferden erschienen nur 4 am Ablauf, von denen nach einem

interessanten 8 des Rittmeisters Grf. Bismarck (1. Garde Dragoner) a. br. St. . Edda. (Halbblut) unter Lieut. von Kramsta mit einer guten Länge gegen Hrn. J. Bandelows a. br. St. Mary of Scotland‘ unter ihrem Besitzer siegte. Lieut. v. Schmidt ⸗Pauli's jähr. F. St. „Rega! unter Rittmeister v. Tresckow wurde 6 Längen dahinter dritte, und einen Kopf hinter dieser landete Lieut. v. Skop⸗ nicks jähr. br. O. Terxes“ als letzter. Die Siegerin erhielt 960 S, Mary of Scotland“ 180 4M und „Rega“ 60 M0

Die diesjährige Versammlung der deutschen Natur⸗ forscher und Aerzte wird in Eisenach vom 18. bis 21. September stattfinden.

Die Tagesordnung lautet:

Sonntag, den 17. September, Abends 7 Uhr: Zusammenkunft im „Tivoli“ (Schmelzerstraße Nr. 16).

Montag, den 18. September, Vorm. 9 Uhr: Erste allgemeine Versammlung im Theater. 1) Eröffnung der Versammlung durch den ersten Geschäftsführer Dr. Matthes. 2) Begrüßung von Seiten der Behörden. 3) Wahl des Ortes für die 56. Versammlung. 4 Geh. Hofrath Haeckel⸗Jena: „Ueber die Naturanschauung“ von Darwin, Goethe und Lamarck. 5) Sanitäts-⸗Rath Dr. Barnim- Wilhelmi⸗Swinemünde: „Ueber den Eisenacher Arzt Christian Franz Paullini. Nachm; Konstituirung der einzelnen Sektionen in ihren Lokalitäten. Wahl der Vorsitzenden ze.

Dienstag, den 19. September, Vorm. 9 Uhr: Sektionssitzungen. Nachm. 3 Uhr: desgl.

Mittwoch, den 20. September, Vorm. 9 Uhr: Sektionssitzun⸗ gen. Nachm. 3 Uhr: desgl.

Donnerstag, den 21. September, Vormittags 9 Uhr: Allgemeine Versammlung. 1) Prof. Rehmke: „Physiologie und Kantianis⸗ mus.“ 2) Prof. von Bergmann ⸗Würzburg: „Ueber die gegenwärtigen Verbandmethoden und ihre Stellung zur Antiseptik?“ 3) Direktor der Wetterwarte Dr. Aßmann⸗Magdeburg (Thema vorbehalten). Nachmittags 3 Uhr: Sektionssitzungen.

Freitag, den 22 September: Fahrt nach Kifsingen. Begrüßung am Bahnhof und festlicher Empfang im Konversationssgal. Kaltes Gabelfrühstück mit Wein. Besichtigung der Trinkquellen. Sool⸗ sprudel im Bade⸗Etablissement. 4 Uhr Nachmittags: Diner. Abends: Beleuchtung des Kurgartens, Reunion im Casino des Aktien⸗ bades mit kaltem Souper ꝛc., Ball.

Wiederholt ist in letzter Zeit von bemerkenswerthen Ankäufen für das Antiquarium der Königlichen Museen zu melden gewesen. Bei den wichtigsten derselben aber handelte es sich meist um Reste der ältesten Perioden antiker Kunst, die, kunstgeschichtlich von unschätzbarer Bedeutung, doch naturgemäß ein überwiegend wissenschaftliches Interesse darbieten und weitere Kreise des gebildeten Publikums nur wenig zu fesseln vermögen. Um so allgemeinere Beachtung verdient eine der neuesten Erwerbungen, ein Prachtstück ersten Ranges, dessen Kunstweise dem modernen Empfinden so nahe steht wie nur überhaupt irgend ein Werk antiken Ursprungs. Es ist die angeblich in der Nähe von Pompeji gefundene bronzene Doppel herme eines Satyrs und eines Satyrmädchens, die mit dem zugehörigen vierseitigen Pfeiler aus gleichem Material etwa. 1 m hoch sein mag und ihren Platz im ersten Saal des Anti Juariums in einem besonderen, ringsum verglasten Schrank erhalten hat, Ganz mit grüner Patina bedeckt und dabei völlig unversehrt, zählt sie in jeder Hinsicht zu den werthvollsten und schönsten der uns erhaltenen anmuthigen Schöpfungen jener späteren Zeit der antiken Kunst, die als eine lange und reiche Nachblüthe den klassischen Perio—⸗ den folgte. Auf der einen Seite der Herme steht der Beschauer dem vergnügt lachenden, fast noch kindlichen Gesicht eines eben erst frisch und voll erblühenden Mädchens gegenüber, von deren Hinter haupt. beiderseits eine lange Ringellocke auf die Schultern herabfällt, während unter dem Epheukranz mit üppigen Blüthentrauben das in der Mitte getheilte glattsträhnige Haar sich auf die vorsprin⸗ gende Stirn schiebt. Der Kopf mit dem breitgezogenen offenen Munde und den in die Wangen sich eindrückenden Grübchen ist von dem Ebenmaß des griechischen Profils weit entfernt; die rundlichen Formen und die spitzen Ohren verrathen deutlich die Abstammung aus dem Satyrgeschlecht. Auf der anderen Seite ist es ein ebenfalls bekränzter junger Bursch gleicher Art, der, womöglich noch vergnüg—⸗ ter grinsend, den Blick ein wenig seitwärts und nach unten hin un— verwandt auf einen nicht allzu weit entfernten Gegenstand oder Vorgang richtet, dessen Beobachtung ihn höchlichst ergötzt. Das volle lachende Behagen als Effekt des Komischen kann nicht naturwahrer und zugleich in künstlerisch feinerer Abwägung geschildert werden, als es in diesem geistreich erfundenen, von schalkhafter Grazie erfüllten Werk geschieht, das dabei in der Charakteristik beider Köpfe wieder die naiv fröhliche Lust des Mädchens und die 8 des Burschen in einen unübertreffli b durchgeführten Kontrast stellt. Um der Darstellung selber willen ebenso interessant wie als Probe eines außerordentlich weitgehenden Naturalismus der Auffassung, ist die Arbeit außerdem in der Mo⸗ dellirung der beiden Büsten, über deren gemeinsame Schulter beider⸗ seits ein Gewandstück in leichter Fältelung herabfällt und den Ueber⸗ gang zu dem glatten Pfeiler vermittelt, so vollendet meisterhaft, daß man sie ohne Frage als ein Originalwerk von der Hand eines griechischen Künstlers betrachten darf.

Breslau, 31. Juli. (W. T. B.) Die Generalversamm⸗ lung des Vereins deutscher Eisenbahnverwaltungen wurde heute im Concerthause unter dem Vorsitz des Geh. Regierungs⸗ Raths Simon (Berlin⸗Hamburger Eisenbahn) eröffnet Die meisten Vereinsverwaltungen sind durch mehrere Delegirte vertreten. Ober⸗ Präsident von Seydewitz begrüßte die Versammlung Namens der Königlichen Staatsregierung und sprach den Bestrebungen des Vereins Namens der Staatsregierung seine Anerkennung aus.

Das Gastspiel der Gesellschaft des Friedrich⸗Wilhelm⸗ städtischen Theaters in Nürnberg schließt, nachdem Direktor Fri b dasselbe schon einmal auf Wunsch verlängert batte, mit dem jeutigen Tage ab. Es ist durchweg äußerst glänzend verlaufen: es wurde nur vor gut besetztem Hause gespielt; die Berliner Darsteller ernteten Ovationen aller Art, und in der gesammten Nürnberger Presse einstimmig die schmeichelhafteste Anerkennung. Die Mit glieder treffen in diesen Tagen nach vierwöchentlicher Abwesenheit wieder in Berlin ein. Die Aufführungen der Operette „Der lustige Krieg“ nehmen mittlerweile bier ihren Fortgang: am Sonnabend und Sonntag war, obgleich bereits die zweihundertste Wiederholung be , . das Friedrich ⸗Wilhelmstädtische Theater wiederum aus- verkauft.

Krolls Theater. Da Tie letzte Aufführung der Lustigen Weiber von Windsor“ mit Fr. Marie Basta als Gast am Sonntag trotz des ungünstigen Wetters ein vollbesetztes Haus und wiederum den rauschendsten Beifall fand, wird die Oper während des Gast⸗ spiels der Münchener Hofopernsängerin noch einmal am Mittwoch wiederholt werden; ebenso wird Hr. Max Alpary noch zwei Mal in Mehuls . Joseph in Egvpten' auftreten. Morgen (Dienstag) singt Fr. Basta die Leonore im Troubadour“.

Bayreuth,. 30. Juli. (W. T. B.). Bei der heutigen ersten offentlichen . des Bübnenfestspiels Par- sifal‘ war die Besetzung der Rollen dieselbe wie bei der ersten Patronatevorstellung. Das Haus war sehr besucht, aber nicht aus verkauft, die . kenloge unbesetzt. Das Publikum war sehr animirt; der Blumenmaͤdchenchor erntete rauschenden Beifall. Die vorzüglichen Leistungen des Orchesters fanden allgemeinste Anerkennung. Richard Wagner wurde wiederbolt lebhaft gerufen, erschien aber nicht vor dem Publikum.

Auf vielseitigen Wunsch wird im Flora Etablissement zu Charlottenburg am Sonnabend, den 5. August, ein drittes, in dieser Saison letztes Sommernachtsfest stattfinden.