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Nichtamtliches. Deuntsches Reich. Preusfen. Berlin, 30. September. An dem heutigen
Allerhöchsten Geburtstage Ihrer Majestät der Kaiserin
und Königin haben die Palais, die öffentlichen und viele Privatgebäude der Hauptstadt geflag t. Die Vorstellungen in den Theatern werden durch Festprologe eingeleitet.
Wie „W. T. B.“ aus Baden⸗Baden meldet, fand heute Vormittag 101, Uhr daselbst eine große Gratulationscour statt, welche Ihre Majestät im Sessel sitzend abhielt.
An dem um 5 Uhr stattfindenden Galadiner wird auch Se. Königliche Hoheit der Großherzog von Sachsen, welcher um Besuch Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin in
aden⸗Baden eingetroffen ist, Theil nehmen. .
Abends werden die Allerhöchsten Herrschaften mit den ge⸗ ladenen Gästen zum Thee bei Ihrer Majestät der Kaiserin versammelt sein. 3 ö
Das Wetter, welches Ihrer Majestät der Kaiserin gestern keine Ausfahrt gestattet hatte, ist günstiger geworden.
— Die Schlußsteinlegung, zur Eröffnung des oberen Netzekanals hat ihren würdigen Ab⸗ schluß gefunden. Die Staats-Minister Maybach, von Boet⸗ ticher und Dr. Lucius, welche ihr Erscheinen zugesagt, hatten, wie die „N. A. Htg.“ berichtet, in letzter Stunde ihr Nicht⸗ erscheinen mitgetheilt, doch war im Allerhöchsten Auftrage Sr Majestät des Kaisers und Königs der Vize⸗ Präsident des Staats⸗Ministeriums, Minister des Innern von Puttkamer in Bromberg erschienen. Fünf Dampfer waren bestimmt, die Festtheilnehmer, deren Zahl sich auf 70 be⸗ lief, durch den mit Flaggenstangen und Wimpeln geschmückten An der Eichhorster chleuse war auf der östlichen Seite, wo⸗ selbst die Schlußsteinlegung erfolgen sollte, eine mit frischem Grün gezierte Tribüne errichtet; auf dem zu versenkenden Schlußsteine war eine mit einer Blumenguirlande umrahmte
eiserne Platte befestigt, welche folgende Inschrist enthielt:
Unter der ruhmvollen Regierung Sr. Majestät Wilhelm . ist diese Schiffahrtsstraße durch die Netze, die Montwy und den Govlo⸗ See bis zur Landesgrenze erbaut und im Jahre 1882 dem Verkehr übergeben worden.“ ;
Unterhalb der Platte wurde eine Marmorkassette versenkt, nachdem in dieselbe je ein Exemplar des „Reichs⸗Anzeigers“, des „Bromberger Tageblatt“, der „Ostdeuischen Presse“ und der „Bromberger Zeitung“ vom Tage vorher, sowie die nach— stehende Urkunde eingeschlossen waren:
Nachdem unter der Regierung Sr. Majestät Friedrichs II., Königs von Preußen, die erste künstliche Wasserstraße in der Provinz Vosen geschaffen war, wurde, 8 Jahre nach der Feier des hundert? jährigen Bestehens derselben, unker der Regierung Sr. Majestät Wilhelms J., Deutschen Kaisers und Königs von Preußen, dieser zweite Kanal erbaut. Kanzler des Deutschen Reichs, , . des Staats ⸗Ministeriums, Minister der Auswärtigen Angelegenheiten und ö. andel und Gewerbe war zur Zeit Fürst von Bismarck, Vize⸗
rästdent des Staats ⸗Ministeriums ung Minister des Innern,
von Puttkamer, Minister der . , Maybach, Mini⸗ ster für Landmirthschaft, Domänen und Farsten Pr Lucius, Staats- ., des Innern Staats ⸗Minister von Boetticher, Finanz⸗
inister Scholz. Ober⸗Präsident der Provinz Pofen von Günther, Regierungs Mhräsident zu Bromberg Tiedemann, Ober · Regierungs⸗ Rath und Dirigent der Regierungsabtheilung des Innern daselbst
ahn, Regierungs⸗ und Departements -Rath für Wasserbauten von
ruben, Regierung und Baurath für Wasserbauten Michaelis. Der erste Entwurf zum Kanal wurde gefertigt im Jahre 1675 von Garhe, damaligem Kanal. und Wasserbau⸗Inspektor zu Bromberg, die . sowie der Bau sind unter Leitung seines Nachfolgers, des Wasserbau ⸗Inspektors Schwartz, in den Jahren 1578 bis 1852 aus- geführt worden. Bei der Vollendung des Werkes wurde in die untere
ECichhorster Schleuse ein Schlußstein eingefügt und unter denselben diese Urkunde gelegt.
Eichhorst, den 26. September 1882.
Die Urkunde trägt folgende Namensunterschriften: von Puttkamer, Vize⸗-Präsibent des Staate⸗Ministeriums, Minister des Innern. Tiedemann, Regierungs⸗Präsident. Hahn, Ober⸗ Regierunge⸗-Rath und Dirigent der Regierungsabtheilung des Innern. von Gruben, NRegierungs Rath. Michaelis, Negie⸗ rungs- und Baurath. Garbe, Königlicher Baurath und Pro⸗ fessor. Schwartz, Wasserbau⸗Inspektor.
Der Wasserbau⸗Inspektor Schwartz hielt, an den Hrn. Regierungs- Präsiden ten gewendet, eine Ansprache, in wescher er auf die Wichtigkeit der kanalisirten oberen Netze, die in der Richtung von. Süd nach Nord denselben Distritt durchschneide und somit dem fruchtbaren Kujawien eine neue Ver— lehrsstraße eröffne, aufmerksam machte und auf die Arbeiten hinwies, die zur Aussührung des Unternehmens nothwendig gewesen seien. — Darauf vollführte als Erster der Staats⸗Minister von Puttkamer die drei Hammerschläge. Eg Hehn sich dann die anderen Herren an. — Darauf ergriff er Regierungs⸗Präsident Tiedemann das Wort. Er betonte, daß der neue Kanal dem Bromberger Kanal zwar an wirth⸗ schaftlicher Bedeutung nicht gleichkomme, daß man aber in einer Hinsicht doch den neuen Netzekanal neben jenem alten ehrwürdigen hundertjährigen nennen dürfe: Beide seien ber— selben Auffassung von den Pflichten und Aufgaben des Staates entsprungen; beide zeigten gleichmäßig, von welchem Geiste die preußische Verwaltung beseeli sei. Die— selbe Fürsorge für die materiellen Interessen der Bevölkerung, dieselbe unablässige Arbeit im Dienste des öffentlichen Wohls lennzeichneten die Verwaltung unter der glorreichen Regierung Kaiser Wilhelms J. nicht minder wie damals, als Friedrich der Große das Szepter führte. Jedem wirthschaftlichen Interesse entgegenzukommen, jedes wirthschaftliche Streben zu stützen und zu mn mit den Mitteln des Staates, — dag sei die Art, wie Preußen jetzt wie damals germanisirte. Daz Werk, welches man heute einweihe, liefere hierfür einen neuen Beweis. Die 6 gelte durchweg für ein armes, von der Natur stiefmütterlich behandeltes Land. Mit Ünrecht! Hin⸗ ichtlich der Fruchtbarkeit und Entwicklungefahigkeit des Landes önne sich Kujawien, könnten sich weite Strecken det Schubiner Kreises mit den reichsten Gegenden aller an— deren Provinzen messen. Aber schwer ruhe auf der Land— erfth ba der Druck der direkten Steuern und Hypotheken, e ebenso schwer der Druck der Trangportkosten. Der Boden
rge reiche Schätze; sie könnten nur nicht gehoben werden, weil die Verfehrgmittel sehlten. Hier sördernd einzugreifen, habe sich die Regierung unseres erhabenen Kassers und ö sur Aufgabe gestellt, und der neue Kanal zeige aller Welt, n wie großartiger Weise sie diese Aufgabe * löͤsen wisse. Schon hrend des Baues hätten sich die Wiriungen der neuen Wasserstraße gezeigt. An ihren Üsern sesen großartige Anlagen zur b, . der Zuderrübe entstanden, und
wenige Wochen würden vergehen, so würden schwerbeladene Kähne die Produkte der Landwirthschaft den Fabriken, die Er⸗ zeugnisse der Fabriken den Konsumenten des In⸗ und Auslandes zuführen. Ein neues Leben werde aus dieser Verbindung der Land⸗ wirthschaft und Industrie erblühen, ein neuer Schritt vor— wärts gethan sein in der wirthschastlichen Entwickelung des ö Redner bat den Minister, den Dank der Bevöl⸗ kerung für dieses Werk, diese neue Hohenzollernsche That, dem Kaiserlichen Herrn in — zu Füßen zu legen. — Der Vize⸗ Präsident des Staats⸗Ministeriums von Puttkamer trat sodann aus der Reihe der Festtheilnehmer vor und überbrachte zu⸗ nächst der Provinz Posen den Gruß seines Allergnädigsten Herrn und gab dem Wunsche Ausdruck, daß die an die Er⸗ öffnung dieser neuen Wasserstraße geknüpften Hoff— nungen sich verwirklichen möchten. Das Haus der Hohenzollern, welches sich wie kein anderes Herrscher⸗ haus sowohl durch seine Werke des Krieges wie ganz beson⸗ ders durch diejenigen des Friedens auszeichne, habe hier wiederum seine Fürsorge für die Ostmarken des Reichs be⸗ wiesen, und gerade an, dieser Stätte sei Seiner zu gedenken in dem Rufe; Se. Majestät der Kaiser lebe hoch! hoch! hoch! Im Anschluß an das Hoch, in welches die Versammelten be— geistert einstimmten, sangen dieselben die Nationalhymne. Damit endete dieser denkwürdige Akt, welcher mit dem Choral: „Allein Gott in der Höh' sei Ehr'“ eingeleitet worden war. Zum Empfange der Festgesellschaft in Labischin hatten die Häuser der Posener⸗ und der Brombergerstraße und des ß Marktes reichen Laub⸗ und Flaggenschmuck an⸗ gelegt.
Gegen 6 Uhr landeten die Gäste. Bürgermeister Weinert begrüßte sie und hieß sie Namens der Stadt Labischin will⸗ kommen. Der Staats⸗Minister von Puttkamer dankte für den freundlichen Empfang und gab der eg nn Ausdruck, daß die neu eingerichtete Wasserstraße zur Förderung der Wohl- fahrt der Stadt Labischin und des durch sie berührten Land— strichs gereichen würden. Hierauf stiegen die Gäste ans Land und begaben sich in das Fridrichsche Hotel, um hier das Diner einzunehmen. Von den zahlreichen Toasten, welche ausge⸗ bracht wurden, heben wir denjenigen des Staats Ministers von Puttkamer auf Se. Majestät den Kaiser hervor.
Meine Herren — so ungefähr sagte Redner — es ist ein altes Wort, daß Preußen ein . des Schwertes und der Staatskunst seines Herrscherhauses ist. Die letzten glorreichen Erfolge liefern den besten Beleg dafür, daß das Schwert dazu beigetragen hat, die hohen nationalen Ziele zur Erreichung zu bringen. Das zweite Wort ist, daß die Staaten und Völker nur gedeihen durch die friedliche Anstrengung ihrer Kräfte. Gerade in den östlichen Provinzen können wir die wirthschaftliche Thätigkeit der Reglerung verfolgen, so namentlich in Ostpreußen diejenige Friedrich Wühelms F. Der Erbe allen Tugenden Neses Herrschers, der Friegerifchen wie der friedlilhenz Kaiser Wilhelm sucht das Werk weiterzuführen, welches Jener bdgonnen, und ohne byzantinisch zu werden, darf ich daher wohl sagen, daß nie einem Herrscher die Herzen Aller so warm entgegenschlugen wil Ihm. Keiner aber auch war desfen so werth wie Er. Wir müssen Es als ein großes Glück betrachten, einen Herrscher zu besitzen, der sichl die Wohlfahrt des Volkes zur höchsten Aufgabe . Der Jünegling im Silberhaar, der Greis mit dem Kinder⸗ erzen, auf dessen Stirn der Lorber thront, nicht der Lorber der wömischen Imperg;loren. sondern derjenige der Solidarität und des , Mrujestãt un ergnädigster Kaiser, lebe hoch! ol! hoch!“ ⸗ ; .
Äm ander sen Morgen Sit Uhr wurde die Fahrt von Laͤ— bischn aus for tgesetzi. Die Gäste wurden von den Ori behöden feierlich empfangen. Bei der Ankunft am Goplosee verlie die Gesckllschaft die Flotille, um die nahegelegene Zucker⸗ fabrik in Augsenschein zu nehmen. In bereitstehenden Equi⸗ Pagen heggéod man sich bei regnerischem Wetter sodann nach 53 woselbst die Ankunst gegen Abend erfolgte. Von
n , aus kehrten die Gäste per Bahn nach der Heimat zurück.
— Unter Anreizung eines Soldaten zum Un— gehorsam gegen den, Befehl“ seines Oberen“ welche im s. 112 des Strafgesetzbuchs unter Strafe gestellt ist, ist nach einem Urtheil des Reichsgerichts, ill. Strafsenats, vom 24. Juni d. J, nicht die Anreizung zu der Uebertretung eines militärischen allgemeinen Gebots oder Verbots, welches ein für alle Mal das militärische Verhalten des Soldaten zu regeln bestimmt ist, zu verstehen, sondern die Aufforderung zum Un⸗ een gegen den Befehl eines Vorgesetzten zu einer konkret
estimmten Handlung oder Unterlassung.
— Der hiesige Geschäftsträger der Vereinigen Staaten von Columbien, Lorenzo Marroquin hat Berlin auf einige Zeit verlassen. Während dessen Abwefenheit wird der Minister⸗Resident der Argentinischen Republik hr. Miguel
Cansé die Geschäfte der columbischen Vertretung wahr⸗ nehmen.
— Der General⸗Lieutenant von Flatow, Direktor der
Kriegsakademie, ist von Urlaub aus der Schweiz hierher zurüdgekehrt.
— Der Archip⸗Sekretär Dr. phil, Max Posner in Ber— lin und der Archiv⸗Assistent Dr. jur. Hans von Schir⸗ meister in Coblenz sind gestorben.
Württemberg. Stuttgart, 26. September. (Allg. 3.) Deute Vormittag fand hier die feierliche Einweihung der neu erbauten „Olga⸗Heilanstalt“ statt. Es ist dies ein Musterspital für Kinder, dessen Einrichtung allen Anforderun⸗ gen der bygienischen Wissenschaft entspricht und zu dessen Bau die Königin Olga aus ihrer Privatkasse 300 000 ge⸗ spendet hat, während die Stadt das erforderliche Areal un— entgeltlich zur Verfügung stellte. Der Einweihung dieses Werkes echt Königlicher Munifizenz und Fürsorge wohnten Veide Majestäten bei.
— 27. September. Dem am 7. und 8. k. Mis. in Darmstadt tagenden Armenpflegerkongreß wird, wie der „Schwäb. Merk.“ berichtet, ein hiesiger städtischer Delegirter 6 — Zur Berathung stehen insbesondere 69 von Dr. Rudolf Ebers zu Wernigerode aufgestellte
en über den Unterstützungswohnsitz und das Land— armenwesen mit Rüdsicht auf die vagabundirende Bettelei. Es ist darin namentlich die belegen des Landarmenwesens ins Auge gefaßt und zu diesem Behufe eine Abänderung des Unterstũ i e n gehe. in der Richtung vorgeschlagen, daß ein Unterstützung wo i nicht verloren gehen könne, so lange kein anderer erworben fei
Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 30. Seplember. (B. T. B.) Kronprinz Rudolf ist zum Kommandanten der 9. Infan⸗ teriedivision ernannt worden. ö
Preßburg, 29. September. (W. T. B.) In Folge der gestern Abend in einzelnen von Juden bewohnten Gaffen vorgekommenen Excesse, denen durch das Einschreiten von Militärpatrouillen Einhalt gethan wurde, sind 46 Personen verhaftet worden. Der Magistrat hat sich in Permanenz er— klärt und einen Beruhigungsaufruf erlassen. Das Militär ist in den Kasernen konsignirt. Der auf den 2. Oktober an⸗ beraumt gewesene Jahrmarkt findet nicht statt.
— 30. September. Heute Nacht wiederholten sich die Excesse gegen die Juden. Das Militär schritt ein, mehrere Personen wurden verhaftet. Wie verlautet, stände die Publi- zirung des Standrechts bevor.
Pest, 27. September. (Pest. S.) Was das gemeinsame Budget pro 1883 betrifft, so werden für die Okkupations⸗ Truppen in Bosnien und der Herzegowina beiläufig drei Millionen mehr präliminirt als zur Zeit vor dem Aufstande, da die Truppen noch nicht ganz bis zu der damals minimalen Ziffer herabgemindert werden können. Das ist aber auch die einzige Erhöhung in dem gesammten ge— meinsamen Budget gegen jenes pro 1882, wie es ursprünglich vorgelegt wurde, und werden sonach, wenn die vorstehen— den Mittheilungen richtig sind, für die okkupirten Länder im Jahre 1883 um 25 Millionen weniger ersorderlich sein, als im Jahre 1882 verausgabt wurde. Trotzdem der jüngste außerordentliche Kredit, welchen die ungarische Delegation noch um 2 Millionen reduzirte, nur für den Bedarf bis Ende Oktober berechnet war, wird der Kriegs-Minister für November und Dezember dieses Jahres nichts weiter beanspruchen, sondern mit den bewilligten Summen bis zum Jahresschlusse das Auskommen finden.
Niederlande. Haag, 29. September. (W. T. B.) Die Zweite Kammer nahm die Beantwortungsadresse der Thronrede mit 73 gegen 2 Stimmen an. Von Seiten der Regierung wurde erklärt: sie werde bereits in der nächsten Woche den ersten Entwurf, betreffend eine Revision des Wahl⸗ rechts einbringen, und die Revision der Verfassung, welche eine allgemeine und nicht blos eine partielle sein müffe, mit Ernst in Angriff nehmen. Die Kammer lehnte den Antrag van Houtens, welcher die Publikation der auf die Ministerkrisis bezüglichen Schriftstücke verlangt, mit 49 gegen 24 Stimmen ab.
Großbritannien und Irland. London, 28. Sep⸗ tember. (Allg. Corr.) Außer der Pairswürde ist dem Sieger von Telelkebir auch noch der Rang eines Generals der Armee zugedacht. Bis jetzt ist Sir Garnet Wolseley nur General— Lieutenant.
Aus der Capstadt wird unterm 5. 8s. geschrieben: Das Goldfieber in Transvaal zeigt kein Symptom der Abnahme, trotz der ungünstigen Berschte vieler enttäuscht zurückgekehrten Goldgräber. Täglich strömen neue Massen von Menschen nach De Kaap, um dort ihr Glück zu machen, was aber nur den Wenigsten beschieden ist, denn die meisten Goldgräber sind nach kurzer Zeit froh, wenn sie ohne Geldver— gütung nur gegen, die bloße Kost Beschäftigung finden köennen. — Der „Times“ wird gemeldet, daß Ket schwayo bei seiner Landung in der Capstadt am 25. sehr kühl empfangen worden sei. Die Pockenepidemie richtet unter den Ein e⸗ borenen in Caystadt gräßliche Verheerungen an. Von 2000 Erkrankungen haben S0o einen tödtlichen Ausgang genommen.
Die Krankheit greist jetzt auch unter der weißen Bevölkerung und dem Militär um sich.
Frankreich. Paris, 28. September. (Fr. Corr.) Der König von Griechenland empfing gestern den Besuch des Minister-Präsidenten, Herrn Duc lere, mit dem er eine längere Unterredung hatte. Heute begab sich der König seiner⸗ seits in das Auswärtige Amt. In Folge erhaltener Depeschen reisen die griechischen Majestäten bereits heute Abend nach Stuitgart ab.
Das Kontingent, welches im Jahre 1883 der fran— zösischen Armee einverleibt werden soll, beträgt 167 4758 Mann: 129 150, welche fünf Jahre und 38 928, welche nur ein 3 dienen sollen. Die 167 478 Mann vertheilen sich wie folgt auf die verschiedenen Waffengattungen: 167 032 für die Infanterie, 20 019 für Kavallerie, 27 880 für die Artillerie, 3372 für das Genie, 3082 für das Fuhrwesen und 6093 für das Verpflegungscorps. Das dies sihrige Kontingent über— steigt das des Jahres 1882 um 5287 Mann, von denen 2218 der Infanterie zugetheilt werden.
— 28. September. (Köln. Itg.) Der Präsident Grévy trifft erst am nächsten Sonntag im Elisse ein; die Ueberreichung des Baretts an mig. Czacki wurde auf nächsten Dienstag vertagt. — Der Deputirte Granet soll zum Unter-Staatssekretär der Kolonien ernannt werden. Diese gehören jetzt zum Marine⸗Ministerium, sollen aber wieder dem Handels⸗Ministerium zugetheilt werden.
Gestern Nachmittag um 5 Uhr wurden die Schwestern vom h iligen Vincenz von Paula aus der Elementarschule der ue de la Lune zu Paris von der Polizei ausgetrieben, weil sie ihre Schule nicht an Laienlehrerinnen abgeben wolten und sich darauf stützten, daß 1693 eine Wittwe Louvet dem Orden das Haus vermacht habe, es daher ihr Eigenthum sei. Die kleri⸗ kalen Blätter klagen heute, daß die „Schwestern“ ihres Eigen⸗ thums beraubt seien. Eine Note der „Agence Hava s stellt jedoch die juristische Seite der Sache nichtig. Hier⸗ nach ist das Schulgrundstück den Schwestern von St. Vincent de Paule bereits in der Revolutionszeit von 1792 entzogen worden und in das Eigenthum der AÄssistance publique ge⸗ fallen. Allerdings wurde der Nießbrauch des Grundstücks den Schwestern im Jahre 1797 wieder eingeräumt, doch schon unter Louis Philippe wurde die Schule bereits einmal ver— weltlicht, von 1837 — 39, und überdies hat die Stadt Paris stets der Assistance publique cine Mieihe von 10 600 Frs. für das in Rede stehende Grundstück gezahst. — 29. September. (W. T. B.) Die Herzogin Maria een Parma ist heute in Biarritz an den Folgen der Entbindung von einem todten Kinde gestorben.
Rußland und Polen. St. Petersburg, 29. Sep⸗ tember. (W. T. B.) In dem bereits signalisirten Arfitel des „Journal de St. Pétersbourg“ heißt es: Man habe gehofft, daß diese hantasmagorien zu Ende gewesen wären nach den zwischen Lord Clarendon und Fürst Gortscha— koff auegetauschten sreundschaftlichen Explikationen und nach den hierauf erfolgten Arrangements zwischen den beiden Regierungen, sowie nach dem von Gladsione inaugurirten Programme einer gesunden, rationellen und verständigen Politik. Leider habe England eine Schule von Politikern
und Staatsmännern, denen die Sicherheit Indiens ein be⸗ liebtes Steckenpferd sei, welche diesem letzteren ihre Stellung, ihren Einfluß und ihre Karriere verdankten und welche dasselbe nicht gern verlassen möchten. Leider sänden diese Herren auch in einer höheren und angesehenen Sphäre der englischen Gesellschaft ein geeignetes Terrain, um traditionell gewordene Passionen wieder zu erwecken, unterstützt von dem Parteigeist. Solche Bestrebungen könnten die praktische Annäherung nur erschweren, welche sich zwischen den beiden Regierungen und ihren Ländern durch ruhige und rationelle Würdigung ihrer egenseitigen * zu entwickeln strebte. Das Journal ährt sodann fort: Wir wollen die Chimären jener Partei und der „Morning⸗Post“ nicht refutiren und nicht bekämpfen. Alles, was wir zu sagen haben, ist, daß die „Morning-⸗-Post“ einen Schein von Grund haben könnte, wenn es ihr gelänge, zu zeigen, Rußland habe irgend ein Interesse, die englische Herrschaft in Indien zu stören. Die Russophoben fallen in sunderbare Widersprüche; bald stellen sie Rußland als ein ver⸗ faultes, absterbendes, der Unordnung verfallenes, für ernsten
ortschritt unfähiges Land dar, als einen Koloß mit thönernen 3a drohend, unter der eigenen Masse zu unterliegen, bald machen sie aus Rußland einen Popanz, einen unerfättlichen Riesen, welcher die ganze Welt zu verschlingen bereit ist, um seinen unmäßigen Appetit zu befriedigen. Rußland glaubt weder die eine noch die andere Insinuation zu verdienen. Man soll nur Rußland ganz einfach, wie jede andere Macht für fähig halten, seine Interessen zu begreifen, und für ent⸗ schlossen, diese zu entwickeln und zu vertheidigen wie jede an—⸗ dere Nation. Stellt sich die ‚„Morning⸗-Post“ auf diesen Bo⸗ den, so muß sie zugeben: Rußland kann absolut Nichts ge— winnen, wenn Indien der aufgeklärten englischen Herrschaft entzogen würde, um in hindo⸗muselmännische Barbarei und Anarchie zurückzufallen. Das hieße offenbar nicht nur Eng⸗ lands eivilisatorisches Werk in Asien vernichten, sondern auch dasjenige total aufs Spiel setzen, welches Rußland im nörd— lichen Theil dieses großen Kontinents zufällt, und um zu diesem, seinen eigenen Interessen direkt entgegen⸗ laufenden Resultate zu gelangen, müßte Rußland sich den Gefahren und den Opfern eines über alle Länder und Meere der Erdkugel sich hinziehenden Krieges mit einer der größten Mächte der Welt aussetzen. Wir sind überzeugt, die „Morning⸗Post“ selbst würde, wenn sie eine russische Zeitung wäre, eine solche Politik für vollkommen sinnlos halten. Ebenso unbegründet sind ihre kommerziellen Jeremiaden, wie der gesunde Sinn ohne Voreingenommenheit von selbst begreist. Das Journal zählt hierfür einfache schlagende Gründe auf und schließt: Es ist peinlich, solche elementare Wahrheiten wiederholen zu müssen. Sie werden freilich die „Morning⸗-Post“ nicht überzeugen; so bleibt uns nur übrig, an den guten und praktischen Sinn des englischen Volkes zu appelliren, um solche gehässige Absurditäten abzu⸗ urtheilen.
Süd⸗ Amerika. Buenos Ayres, 29. August. (Allg. Corr.) Der argentinische Kongreß hält fortdauernd ge— heime Sitzungen. — Nach Berichten aus Rio de Janeiro
at die Kaiserlich brasilignische Regierung den Vor— . des argentinischen Ministers der Auswärtigen Angele— genheiten, die Missiones-Grenzfrage einem Schieds⸗ gerichte zu unterbreiten, abgelehnt. — Aus Peru wird ge— meldet, daß General Garcia die chilenischen Truppen in Lima zusammenzieht. — Die Session der bolivianischen Kam⸗ mer ist von dem Vize-Präsidenten eröffnet worden, der bei dieser Gelegenheit eine Rede zu Gunsten der Aufrechterhaltung des Friedens hielt.
Afrika. Egypten. Das „Reutersche Bureau“ meldet aus Kairo unter dem 29. d. M.: Der Annahme, daß die Explofsion das Werk von Brandstistern sei, wird im eng— lischen Hauptquartier nicht zugestimmt, man glaubt vielmehr, daß der Zrand durch das Explodiren eines Zünders entstand, der zufällig in einer egyptischen Granate stecken geblieben war. Die Eisenbahn ist gegenwärtig zwar wieder für den Verkehr freigemacht, ein Theil der Eisenbahnschienen ist aber durch die Gewalt der Explosion gekrümmt und verbogen und wird durch neue Schienen ersetzt werden müssen. Von Sol—⸗ daten wurde nur ein Mann getödtet.
— Demselben Bureau wird aus Kairo unterm 27. d. M. gemeldet: ᷣ
Gestern Abend übermittelte Zir Edward Malet dem Khedive die warmen Glückwünsche Ihrer Majestät Regierung zu seiner Rück— kehr nach seiner Hauptstadt, und heute Morgen stattete Se. Hoheit dem hritischen Generalkensul einen Besuch ab, um ihm seinen Dank für diese Botschaft abzustatten. Von der britischen Regierung ist noch keine amtliche Mittheilung betreffs der Anzahl der in Eqvpten zu bleibenden Truppen eingegangen, allein Sir Garnet Wolseley und Sir Edward Malet stimmen in der Meinung überein, daß 1009090 Mann genügen werden, um bis zur iederherstellung nor maler Zustände die Ordnung aufrecht zu erhalten. Diese An-= zahl wird demgemäß wahrscheinlich in Egvpten zurückbleiben. Der Khedive stattete heute Nachmittag dem General Wolseley im Abdin⸗ palast und dem her og von Connaught im Kasr · en Nes khapalast Besuche ab. Der Ministerrath trat heute zusammen und verständigte
sich über den Wortlaut von drei Dekreten, die , . vom Khedive
unterzeichnet werden sollen. Der erste Erlaß setzt einen Sonderaus· schuß ein, welcher in Kairo jusammentreten und alle militärischen oder bürgerlichen Personen, welche sich rebellischer Dandlungen chuldig gemacht haben, in Anklagezustand versetzen wird.
ieser aus neun Mitgliedern bestehenden Kommission wird Ismail Bey präsidiren. Der zwelte Erlaß ordnet die Ab— haltung eines Kriegsgerichtes in Kairo an, welches in allen demselben von der obengenannten Kemmission unterbreiteten Fällen sein Urtheil in Gemäßbest des Militärgesetzeg abgeben wird. Gegen diese Urtbeile wird eine Berufung nicht zulässig 896 Mohamed Reuf a wird der Präsident dieses * ü sein, der aus 8ð Mitgliedern estehen wird. Das dritte Dekret setzt ein weiteres Kriegégericht ein, welches sich in Alexandrien versammeln wird, um über alle ihm von den vor einigen Tagen ernannten Kommissionen in Alexandrien und Tantah unterbreiteten Fälle Recht zu sprechen. Die Verhand⸗ lungen beider Kriegegerichte werden öffentlich sein, und den Angeschul· digten wird eg gestattet sein, sich mit Anwalten für ihre Vertheidi- gung zu versehen. Der Khedive wird in Kurzem ein Dekret erlassen, welches allen Offizieren vom Beermann abwärtg eine Amnestie gewährt, von der nur solche Offiziere ausgeschlossen sein werden, die an den Ruhbestörungen direkt betheiligt waren oder seit dem Be inne des Feldzuges in die Armee eingetreten sind. Das Manchester⸗Regi⸗ ment, das 3. Bataillon des Derbvshire Regiments und ein Detache— ment Genietruppen haben Befehl erhalten, sich für die Einschiffung nach Indien bereit zu halten. .
— Der „Times“ Correspondent in Kairo schreibt unterm 26. d.:
Das Militärtribunal, welches allen an der Rebel lion betheiligt gewesenen Personen den Prozeß machen soll, wird morgen ernannt werden. Der Khedive Sherif Pascha und. Riaz Pascha besteben alle energisch auf
der absoluten Nothwendigkett der Vollstreckung der Todesstrafe gegen die Hauptverbrecher, eine Meinung, von welcher nur wenige, wenn überhaupt welche, ablbeichen. Sherif, dessen sanfter Charagtter wohl bekannt ist, 1 sich mir gegenüber heute wie folgt vernehmen: „Ich bin dieser Ansicht, nicht weil ich einen Groll gegen irgend einen der Rebellenführer empfinde, sondern weil es durchaus nothwendig ist für die Sicherheit Aller, die in dem Lande ju wohnen wünschen. Eine englische Expedition ist etwas Vortreffliches, aber weder Sie noch ich wollen dieselbe alle 12 Monate wieder⸗ belt sehen. — Sir Garnet Wolsely leidet an einer Er— kältung und an Diarrhoe. — Der Volksdichter Nedim ist noch immer auf freiem Fuße. Unter den Personen, welche der Khedive heute nicht empfangen wollte, befanden sich u. A Raghib Pascha, der Expremier, Ali Sadyk, der Finanz⸗Minister, Marachli, ehemali- ger Kriegs⸗Minister, und Daud Pascha, Gouverneur von Esneh. Letztgenannter ist derselbe, der, wie man sich erinnern wird, im Juni in der Gegenwart des Khedive den Wunsch ausdrückte, daß alle Christen getödtet werden sollten. Er ist der Vater von Suleiman Pascha Sami, dem Hauptbrandstifter von Alexandrien, der, wie ver⸗ lautet, nach Fayum geflüchtet ist und auf dessen Ergreifung eine Be— lohnung ausgesetzt werden wird.
Seitungsstimmen.
„Der Metallarbeiter“ beginnt seine industrielle Rundschau mit folgenden Worten:
Die Rundreise des Staats⸗Ministers von Boetticher durch die Industriebezirke Rheinland⸗Westphalens ist von der Mehrzahl der Bevölkerung mit großer Sympathie aufgenommen worden, was wohl am Besten beweist, daß man mit der wirthschaftlichen Politik der Regierung zufrieden und einverstanden ist.
— Die „Deutsche Finanz⸗Correspondenz“ bezeich⸗ net als Grund des zur Zeit herrschen den finanziellen Pessi⸗ mismus u. A. die mehrjährige zollpolitische Mißwirthschaft:
Milliarden waren an das Ausland verloren worden, deren Feh— len man erst gewahrte, als der Luxus der ehedem Reichen sich ber= minderte, der Konsum sich verringerte, der ir J stockte und die Industrie zu Falle kam, weil der heimische Markt der frem— den Industrie schutzlos überliefert worden war. Die Arbeiter feier⸗ ten, die Löhne sanken unter das Niveau der Kosten der nothwendig⸗ sten täglichen Lebensbedürfnisse und die Entmuthigung nahm derart zu, daß die doch sonst so starke, kernige, fleißige deutsche Nation fast den Glauben an sich selbst verlor.
Leider mischte sich auch ein Theil der Presse in der unverständig sten Weise in den Jammerchorus ein. . .
Der hierauf sich einstellende traurige allgemeine Zustand war daher ein mehr gemachter, daher kein rein natürlicher. Man wird sich erinnern, daß immer und immer wieder Perioden eintraten, in welchen eine allgemeine Besserung der geschäftlichen Lage zum Durch⸗ bruch gelangen wollte; es fehlte jedoch an dem Alles belebenden Hauche des Vertrauens. Der Geist des Pessimismus schwebte über den Gewässern und sobald intelligente patriotische Männer die thatfächlich gebesserte Zeitlage dazu benutzen wollten, eine gute Idee auszuführen, um gediegene, neue, gesunde Unternehmungen zu schaffen, die beschäf⸗ tigungslosen Händen Arbeit verschafft, die Geldzirkulgtion wieder in Fluß gebracht, oder schon bestehenden und erhaltemswerthen temporär eidenden Unternehmungen wirklich Hülfe gebracht hätten. schrie man, das sei eine Gründung‘, und mit dem Namer „Gründer- verknüpfte man in thörichtester Verkennung der Thagtsachen einen beschimpfenden Begriff, sodaß man damit den tüchtigsten und besten Männern vor den Kopf schlug und schließlich die Binge gehen lassen mußte wie sie gingen. 0 . .
Wenn sich Jene, welche heutzutage, noch den Pessimis mus nähren und schüren, mit Vorliebe auf obige Gründe des allgemeinen Ver— falls berufen, so ist einzuwenden, daß solche zum großen Theile nicht mehr existiren. Die Nachwehen der Gründer- und resp. Milliarden⸗ zeit sind durchwegs ausgeheilt. An die Stelle, der verfehlten Zoll⸗ politik ist eine heilsame Reform getreten, deren Wirkungen sich auf den meisten Gebieten der Industrie und der Gewerbe in erfreulicher Weise manifestiren
— In einer Berliner Correspondenz des „Düssel— dorfer Anzeiger“ lesen wir:
Ich habe immerfort darüber , , gab Isaak Newton dem Könige Georg J. von England zur Antwort, als diefer ihn fragte, wie ihm ein so kolossaler Gedanke wie derjenige des Gesetzes der Schwere aufgegangen sei. An diesen Ausspruch des großen englischen Naturforschers sind wir bei der Lektüre des vom Wirklichen Geheimen Ober⸗Regierungs⸗Rath Dr. Ludwig Hahn neuerdings herausgegebenen Buches Zwanzig Jahre 1862 — 1882. wieder holt erinnert worden. Das Geheimniß der großen Erfolge unseres Reichskanzlers ist von dem Verfasser dadurch errathen worden, daß derselbe nachzuweisen gewußt hat, wie Fürst Bismarck dem nämlichen auf die Größe Deutschlands und Preußens gerichteten Gedanken während seiner gesammten staatsmännischen Thätigkeit unver—⸗ wandt nachgegangen ist Der Gedanke, daß es zur erer e mn des Reichbaues eigner Reichseinnahmen bedürfe, daß diese Einnahmen aus den indirekten Steuern zu schöpfen seien, und daß Deutschland — dem Beispiel anderer Groß staaten folgend — das Haupttheil seines Staat aufwandes nicht aus direkten, sondern aus indirekten Steuern beschaffen müsse, ist von dem Reichskanzler bereits bei Begründung der Verfassung des Norddeut⸗· schen. Bundes ausgesprochen, unmittelbar nachdem sich die Nothwen⸗ digkeit einer umfassenden Steuerreform praktisch herausgestellt hatte, wieder aufgenommen und seitdem konseguent weiter verfolgt worden. Während die große Zahl. Derjenigen, welche, die Reichs- grundsteinlegung enthusiastisch begrüßt hatten „im Laufe der Jahre von dem einen 7 Gedanken, der um jeden Preis zu be⸗ werkstelligenden Reichsbefestigung wieder abgezogen und Nebengedanken der verschiedensten Art zugewendet wurde, hat der Kanzler immerfort darüber nachgedacht?“. Nein augenblicklicher Erfolg, kein Beifallsruf der Massen vermochte ibn in der Ueberjeugung zu beirren, daß wohl Großes gethan worden, daß aber noch Vieles und Großes zu thun übrig geblieben sei, wenn der Gedanke seines Lebens zu Ende gedacht und seinem vollen Umfange nach verwirklicht werden sollte. Wir stehen am Vorabende einer Entscheidung, welche binsichtlich des Zeit ⸗
unkts für die Verwirklichung des Grundgedanken der Bie marclschen inanz und Steuerpolitik von entscheidender Bedeutung sein wird. ür den Zeitpunkt; — denn an dem schließlichen Siege der Sache elbst wird dieses Mal ebensowenig zu zweifeln sein, wie während der übrigen Zeitabschnitte scheinbarer Vorherrschaft der oypositionellen Strömung. Nie hat der englische Geschäftsgrundsatz, daß Zeit Geld ist! sich bandgrelflicher anwenden lassen, wie gegenwärtig, wo jeder Zeitverlust neue Schwierigkeiten unserer finanziellen Lage im Gefolge baben würde, und Alles darauf ankommt, rasch ju einem Abschluß zu gelangen. Helfen wir dem Manne, der einen Gedanken sein Leben lang verfolgt und durch die Unermüdlichkeit seiner auf einen Punkt serichteten Geistesarbeit das Höchste erreicht hat, auf einem der wich · 1igsten einer Arbeitsgebiete obne ferneren Zestoerlust an das Ziel zu gelangen!
— Ueber die Bildung von Innungen sagen die „Meck⸗ lenburgischen Landes nachrichten“:
Es liegt im eigensten Interesse der Handwerker, auch Derer, welche in letzter Linie Zwangzinnungen an n, von dem 1881 er Gesetz ausgiebigsten Gebrauch zu machen. Erst wenn das geschieht, wird man in der Lage sein, diesenigen Erfahrungen zu gewinnen, die erforderlich sind, um die Frage: obiigatorische und' fakultative In. nungen? desinitio zu beantworten. Man darf gerade auf diesem Gebiete nicht große Kreuz und Quersprünge machen, wenn nicht eine stete Be- — — hervorgerufen werden soll, die am Ende dem Handwerk noch mehr schaden kann, als die gegenwärtige —— der An ˖ gebörigen der verschiedenen Berufarten des dwerkz. Wollte man
heute, ohne die erforderlichen Erfahrun ammelt zu ha zn Zwangsinnungen übergehen, etwa — 6 man 6 . des alten Zunstwesens acceytirte, so würde sich bald genug die Noth⸗· wendigkeit von Reformen ergeben und man würde lange Zeit hindurch aus dem Erperimentiren nicht herauskommen.
Btatiftische Nachrichten.
Auf den unter Aufsicht der preußischen Bergbehõrde stehenden Bergwerks⸗ und Aufhereitungsanstasten waren, dem neuesten Heft der Zeitschrift für Berg⸗ Hütten- und Salinenwesen zufolge, im Jahre 1881 im Ganzen 260 779 Arbeiter beschäftigt, die höchste Zahl, welche bisher überhaupt erreicht wurde. Im Jahre 1867 betrug die Zahl 181 503; diefelbe stieg bis zum Jahre 1873 auf 247 594, ging bis 1877 wieder auf 25j1 17 zurück, üm von da ab wieder in die Höhe zu gehen, und zwar 1878 auf 232 O64, 1879 auf 235 617, 18530 auf 259 294 und 1881 auf 266 779. Von diesen waren 182 951 beim Steinkoblenbergbau, 19 955 eim Braunkohlenbergbau, 69 984 beim Erzbergbau' und 7885 bei anderen Mineralgewinnungen beschäftigt. Es verunglückten mit tödt⸗ lichem Ausgange im Jahre 1881 680 Arbeiter, also 2.568 auf Tausend, gegen 25597 auf Tausend im Vorjahre. Die meisten Verunglückungen mit tödtlichem Ausgange kamen beim Steinkohlenbergbau vor, näm⸗ lich 3111 pro Tausend, die wenigsten beim Erzbergbau, nämlich 1,529 pro Tausend, Mit Ausnahme des Steinkohlenbergbaues stehen die Verunglücksziff ern der verschiedenen Betriebe im Jahre 1881 ungün⸗ stiger als die des Jahres 1880. Es erlitten ferner durch Unfall bei der Werksarheit Beschädigungen, welche eine Arbeitsunfähig-⸗ keit von mindestens einem Monat zur Folge hatten, im Ganzen 2548 Mann, d. i. 9771 Mann auf je 1000 Arbeiter. Von diesen sind 2363 nur vorübergehend, auf die Dauer von 1 bis 6 Mo⸗ naten, arbeitzunfähig gewesen, dagegen 186 dauernd in ihrem Berufe erwerbsunfähig geworden. Im Jahre 1880 wurden von 2428 Ver⸗ letzten 2217 nur vorübergehend und 211 dauernd erwerbtzun fähig. Beim Stein koblenberghau belief sich die Zahl der Verletzten mit vorübergehender Arheitsunfähigkeit auf 1758 Mann, diejenige der dauernd Erwerbsunfähigen auf 157, zusammen 1955 Mann. Beim Braunkohlenbergbau wurden überhaupt 125 Mann beschädigt, und zwar 111 vorübergehend arbeittunfähig und 14 dauernd erwerbsunfähig. Beim Erzbergbau sind 4238 Mann vor⸗ übergehend arbeitsunfähig und 12 Mann dauernd erwerbsunfähig ge⸗ worden, zusammen also 440 Mann. Bei der Gewinnung sonstiger Mineralien endlich erhielten Verletzungen mit vorübergehender Ar= beitsunfähigkeit 25 Arbeiter, mit dauernder Erwerbsunfähigkeit 3 Ar⸗ beiter, zusammen 28 Mann. Auch hinsichtlich der Verunglückungen ohne tödtlichen Ausgang weist der Stein kohlenbergbau die ungünstigste Ziffer auf, nämlich 11,997 von Tausend, wogegen der Braunkohlen⸗ bergbau nur 6,263, der Erjbergbau 6,287 und die Gewinnung son⸗ stiger Mineralien 3,551 von Tausend.
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Im Verlage von E. S. Mittler u. Sohn, Königliche Hofbuch⸗ handlung hierselbst, sind erschienen: R. de l Homme de Courbisre, (Geh. Kriegsrath) Grundzüge der Deutschen Militär⸗ verwaltung. gr. 80. 27 Bogen 8 M. — Es fehlte bisher an einem Werke, welches das große und mächtige Gefüge der modernen Heeres⸗ verwaltung in kurzen und verständlichen Zügen Laien klarlegte. Ein solches Handbuch, in dem Sinne etwa, wie der Vortrag guf der Königlichen Kriegs-Akademie die militärische Disziplinen behandelt, bietet der in der Intendantur durch lange Dienstzeit erfahrene Ver⸗ fasser. Er bezeichnet und charakterisirt alle einzelnen Zweige der Deeres verwaltung (die Verpflegung, Besoldung, Bewaffnung und Aug⸗ rüstung des Heeres, seine Unterkunft, das Justiz- und Sanitãtswesen. Tran port. und Remontewesen); er betont je nach deren Jweck und Jiei die Grundsätze, nach denen die erforderlichen Einrichtungen getroffen sind und die entsprechende Geschäftsbehandlung stattfindet; ja, er weist äberall darauf hin, welche . Entwickelung diese Institutionen durchlaufen haben, und welche Wandlung des Stand— , die fortschreitende Gestaltung der modernen Heere sn der
uffassung nach sich gezogen hat. Es ist offenbar daß ein solches. Werk nicht nur den Dffizier über eine Menge ihm nächstliegender Interessen unterrichtet, ja, ihm für eine Reibe von Arbeiten und Aufträgen ein umfaffenderes Verständniß, ein sichereres Eingreifen, ein besseres Wissen und Können verschafft, sondern daß ein so wichtiger Theil der Staatsverwaltung, in allgemein verständlicher und die Grundsätze allenthalben bervor— hebender Behandlung dargestellt, ebensowohl auch in der wissen« schaftlichen Welt und bei dem ganzen für das öffentliche Leben inter⸗ essirten Publikum näher beachtet und gewürdigt werden wird.
Berlin, Moskau, St. Petersburg. 1619 bis 17653 Ein Beitrag zur Geschichte der freundschaftlichen n , , zwischen Brandenburg ⸗ Preußen und Rußland von Dr. phis. Freiherrn B. v. Köhne. Berlin 1882. Preis 3 M — Dieg ist der Titel des so⸗ eben herausgegebenen XX. Heftes der sog. Oktav Schriften des ‚Ver= eins für die Geschichte der Stadt Berlin“‘, welches dem Leser inter essante Einzelheiten über die Umstände und die Art und Weise, wie die guten Beziehungen zwischen den Monarchen beider Reiche im Laufe von 114 Jahren gepflegt worden, darbietet. Der Verfasser, Chef der Heraldik -⸗AUbtheilung des dirig. Senats in St. Petersburg, hat in den Archiven von Berlin, St. Petersburg und Moskau Allez gesammelt, was irgend für die Beziehungen beider Herrscherhäufer von Bedeutung ist. Bon großem Interesse sind die vortrefflichen Volzschnitte, so ein Bild Peter des Großen nach dem Original im Berliner Schlosse, über dessen Ursprung noch immer sede 6 Vachricht fehlt. Ein ausführliches Sachregifter erleichtert dag Studium des Buches.
Roedlich, E. F. (Oberst Lieut. a. D., Das Leben des Generals Hieronymus Roedlich (i767 — 18335. Mit Porträt. gr. 3. 3, 60 4 — Ein buntbewegtes und ehrenreiches Soldatenleben aug der en,, Kriegszeit schildert dieses Buch; es bringt durch die nahen Beziehungen des Generals zu berühmten und leitenden Männern manchen Beitrag zur allgemeinen —— 3 und manchen rr ri für Geschichteforscher. Roedlich kämpfte in österreichischen
iensten gegen die Türken und gegen Bonaparte (1788 17905, dann in neagpolitanischen Diensten gegen die Franzosen und unter Erzherzog Karl in Deutschland und Italien. Er folgte 1855 der Anerbietung, in preußische Dienste zu treten, und nahm nun thätigen Antheil an der ereignißreichen kriegerischen und diplomatischen Attion Preußenz bis zum Pariser Frieden.
Bernays, Guillaume, Schicksale des Großherzog⸗ tbums Frankfurt und einer Tru 1. Eine kultur- historische und militärische Studie aus der Jeit des Rheinbundeg. Mit einer Karte von Spanien. gr. S5. 6 10 —. Der zu Ant⸗ werpen am 7. Januar d. J. ruchlos ermordete Advokat avs hatte in lebhafter Vorliebe für die neuere Geschichte unseres Vater landeg und dessen militärische Institutionen sich 6 Studien über die Rbeinbundszeit 6 Er hatte zeigen wollen schmählich unter der . sischen Fremdberrschaft das deutsche Wesen daniederlag und krankte; wie elend und ohne Dank damals che Truppen für ftemden Ruhm in fernen Landen Blut und Leben mußten. Er wollte durch das Gegenbild dieser noch nicht lange ver=
angenen Zeit unseren Stol; auf die Errungenschaft des neuen deut⸗ 46 Reiches und unsere Kraft aufrufen, diese theueren Besitztbümer die Grundzüge von Deutschlands Ruhm und Größe, nicht wieder aug r er ist nicht geeigneter, unsern m als die Erinnerung an die . des Rheinbun te und 21 sie ist ie, e , ee , m m,, assers n verhindert, en Plan ganzen ange fübren, und auch nur der Treue und den eigenen Bemü eines Freundes, des Rittmeisters Frhrn. von Ardenne, ist es zu daß