1882 / 281 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 29 Nov 1882 18:00:01 GMT) scan diff

6) Se n,

Die veranlagte Steuer ist in dierteljabrlichen Raten in den ersten

214 eines jeden Quartals im Voraus an die von der Steuer⸗ rde zu bezeichnende Empfangsstelle abzuführen.

Es steht den Steuerpflichtigen frei, die ihnen auferlegte Steuer 2 . Quartale bis zum ganzen Jahresbetrage im Voraus zu ezahlen.

§. 30. Die bezüglich der Steuererhebung und Beitreibung weiter er⸗ forderlichen Vorschriften erläßt der Finanz-⸗Minister. 7) re,, gen.

Die Steuerhinterziehung wird mit dem vier- bis zehnfachen Be— trage derjenigen Jahressteuer bestraft, deren Hinterziehung unter⸗

nommen wurde. Neben der erkannten Strafe ist die vorenthaltene Steuer zu entrichten.

68. .

Wer es unterläßt, eine nag Vorschrift des 5. 8 ihm obliegende . rechtzeitig zu bewirken, oder die nach 8. 19 von der Ver—⸗ anlagungskommission erforderte Auskunft innerhalb der vorgeschrie⸗ benen Frist zu geben, verfällt

a. wenn dabei eine Hinterziehung von Steuern stattgefunden hat. der Bestrafung nach Vorschrift des 8. 31,

b. andernfalls einer Strafe ö zu 30 M.

§. 33.

Wer bei der Anmeldung (8. 8) oder der Ertheilung einer von zuständiger Stelle erforderten Auskunft (8. 19 und §. 23) wissent⸗ lich unrichtige oder unvollständige Angaben macht, welche ge⸗ eignet sind, zu einer Verkürzung der Steuer zu führen, unterliegt der im 5. 31 angedrohten Strafe.

8) J

Hinsichtlich der Verjährung finden die Vorschriften des Gesetzes vom 18. Juni 1849, hinsichtlich der Umwandlung der Geldstrafen in Haft und hinsichtlich des Strafverfahrens die §§. 26 bis einschließ⸗ lich 28 des Gesetzes vom 3. Juli 1876 entsprechende Anwendung.

9) Kosten der ö und Erhebung.

Die Kosten der Steuerveranlagung und Erhebung fallen der Staatskasse zur Last. Jedoch sind diejenigen Kosten, welche durch die einer erhobenen Berufung erfolgenden Ermittelungen ent- tehen, von dem betreffenden Steuerpflichtigen zu tragen, wenn sich dessen Angaben in wesentlichen Punkten als unrichtig erweisen.

Die Mitglieder der , . erhalten Reise⸗ . nach Maßgabe der Verordnung vom 20. Dezember

Den Gemeinden wird als Vergütung für die bei Veranlagung und Erhebung der Steuer ihnen übertragenen Geschäfte 40e der ein⸗ gegangenen Steuer gewährt.

In denjenigen Landestheilen, wo denselben die Steuererhebung

nicht übertragen ist, erhalten dieselben nur ein Prozent der Ist—

einnahme

10 Aufhebung der Gewerbesteuer vom Kleinhandel mit geistigen , II).

„Die nach 5. 15, Absatz 2 des Gesetzes vom 19. Juli 1861 vom Kleinhandel mit geistigen Getränken zu erhebende Steuer (Klasse B. II.) wird von dem im 5. 1 bestimmten Zeitpunkte ab aufgehoben.

Im Uebrigen ist die bestehende Gewerbesteuer neben und unab⸗

hängig von der nach diesem Gesetze zu erhebenden Steuer fort zu entrichten.

. §. 37. Die zur Ausführung dieses Gesetzes erforderlichen Anweisungen erläßt der Finanz⸗Minister. Urkundlich ꝛ(.

In dem Etat der Bauverwaltung einschließlich der Central Verwaltung des Ministeriums der öffentlichen Arbeiten sind die Einnahmen (Kap. 28: 1064 285 16) um 169 374 geringer angesetzt, als im laufenden Etat. Die Miethen und ö. erhöhen sich um 17271 die Einnahme aus der Ruhrschiffahrtsverwaltung ermäßigen sich, nur in Folge an derer Berechnung der Betriebskosten, um 260 090 6, die sonstigen Einnahmen um 30 169 46, die Prü⸗ fungsgebühren um 485 M Neuhinzugetreten sind 104 000 M Wittwen⸗ und Waisengeldbeiträge.

In den dauernden Ausgaben (17452 823 M6) ist eine Er⸗ höhung von 883211 eingetreten. In Kap. 64, Ministerium, 06 720 4 sind Tit. 2. 2000 Funktionszulage für die beiden mit ständiger Korrevision der bautechnischen Sachen beauftragten Ober—⸗ Baudireltoren hinzugekommen, Tit. 5 350 Æ für einen sacverstän= digen Heizer bei der Centralhelzung Wilhelmstraße 809. Die Prü— fungskosten, Tit. 11, ermäßigen sich den Einnahmen entsprechend um 320 , so daß das Kapitel mit einem Mehr von 3030 4 abschließt. Kap. G65, Bauverwaltung, 16573 483 M erhöht sich im Ganzen um 71 181 4 Von diesem Mehr vertheilen sich auf die persönlichen Ausgaben 18725 , auf die sächlichen 89 960 M Unter den letz⸗ teren sind 592 993 M6 hervorzuheben, die mit der Unterhaltung zweier Mastkrähne bei Erkner von der Eisenbabn⸗ auf die Bauverwaltung übergegangen sind; ferner 88 000 6, die zur Unterhaltung der kanalisirten oberen Netze in Zugang gestellt sind; ferner 262 000 , die für die Unterhaltung der Wege und Brücken mehr angesetzt sind In Folge der oben erwähnten anderweitigen Buchung sind hier bei den materlellen Kosten der Ruhrschiffahrts. Verwaltung 250 484 M in Abgang gebracht worden. Die vermischten Ausgaben (Kap. 66: 172 620 MM) baben sich durch die Wittwen⸗, und Waisen⸗ gelder um 9000 ½ erhöht.

Zu einmaligen und außerordentlichen Ausgaben sind Kap. 6) 14918 625 6 bestimmt, und jwar 804 025 M zur Regu—⸗ lirung der Wasserstraßen, 85 Posttionen, darunter 4 412 625 zur Regqulirung der Weichsel im Regierungebestrk Marienwerder und 2159 40) 4 zur Regulirung der Memel, Ruß und Athmath u. s. w. 3171 900 M zu Bauten zur Förderung der Binnenschiffabrt, 12 Po⸗ aeg 144122 zu Seehäfen und Seeschiffahrte verbindungen,

ositlonen; 1 371 500 4 zum Bau von Straßen, Brücken, Dienst⸗ gebäuden, 13 Positionen.

Statistische Nachrichten.

MUebersicht üer die Zahl der Studirenden an der Königlichen

bereinigten Friedrichs ⸗Univerßtät Halle⸗Wittenberg im Wintersemester 1588283 Im Semmerfemesser 1887 sind im . matrikulirt gewesen 1377, nach Ausstellung der betreffenden Nachwelse wurden noch immatrikulirt 5, zusammen 1352, davon 13 e. 413, eg sind demnach geblieben 969. 239 Ind in diesem Semester gekommen 497. Die Gesammt⸗ labl der immatrifulirten Studicenden beträgt daber 11186. Die evangellsch⸗ theologische Fa lultät jäblt Preußen 392, Nichtpreußen 55, zusammen 447. Die juristische Fakultät ablt Preußen 114. Nicht- keußen 6, jusammen 120. Die medininische Fakultät zählt ö, Nichtnreußen 26, usammen 219. Die vhilosephische Fakultät äblt: a. Preußen mit dem Jeugniß der Reise BY, v. Preußen obne Jeugn 1 Meise, auf Grund deg 5. 3 der Vorschriffen vom 1. Dkiober 1579 132, susammen 491, e. Nichwrenßen 139. zusammen 83). Im r 1416. Außer diesen immatrikulirten Siudirenden besuchen die Unlversität als Hospitanten 36, eg nebmen mitbin an den Vorlesungen überbaupt Tbeil 1452.

Die HGemelnde ˖ Jeitung für Glsaß ˖ Lotbringen* macht in einer besonderen Bellage Mitmbeilungen uber die d ssentiihen Schalen err r eng nach den Jabrer berichten, welche die Dirck toren solcher Anstalten am Schlusse des letzten Schul jabtes ausgegeben haben. Diese Mitkeilungen erstreken sich auch auf dag Protestan- kische Gremnastum ju Straßburg. Die 9 Föberen Schulen Glfaß.

6 seten zusammen aug 11 Gomnassen (darunter] Golmar, Meß und Straßburg), 3 Progvmmasten, Z Real-

teußen

gymnasien, 4 Realprogymnasien, 1 Gewerbeschule (in Mülhausen) und 8 Realschulen. Mehrere von diesen Anstalten ver⸗ i Klassen verschiedener Art in sich, so daß sie in Wirk⸗ lichkeit mehr als 29 Schulen bilden. Mit 3 Anstalten, dem Lyceum u Metz, der Gewerbeschule zu Mülhausen und dem Lyceum zu Straß urg sind Internate verbunden. An 21 höheren Schulanstalten sind Vorschulklassen vorhanden. Sämmtliche höbere Schulen, mit Aus⸗ nahme des noch in der Entwickelung begriffenen Pro * zu Qberehnheim, sind im Besitze der Berechtigung zur Ausstellung von eugnissen über die wissenschaftliche Befähigung für den einjährig- reiwilligen Militärdienst. Die Gesammtzahl der Schüler belief ch im Schuljahre 1881/82 auf 7242 (gegen 1880/81 mehr 521 Schüler). Von den 71242 (188081 6721) Schülern besuchten Gymnasialklassen 2673 (1880181 2502) Schüler, Realgymnasialklassen 704 966 703), Realklassen 16981 (1880/81 1791). Vorschulklassen 2174 (1880/81 1725) Schüler. Nach dem Religionsbekenntnisse befanden sich dar⸗ unter 2632 (1880/81 2439) Katholiken, 3791 (1880,81 3507) Pro⸗ testanten, 819 1880/81 775 Israeliten. Es waren ferner von den⸗ selben Elsaß⸗Lothringer durch Geburt 4486 (1880/81 4609), Elsaß⸗ Lothringer durch Einwanderung 2489 (1880/81 1891), Auswärtige 267 (1880/81 221). Auf den Bezirk Unter⸗Elsaß entfallen 3748 (1880/81 3403) Schüler, und zwar 1050 Katholiken, 2271 Pro⸗ testanten und 427 Israeliten; auf den Bezirk Ober⸗Elsaß iss34 (1880 81 1843) Schüler, und zwar 7221 Katholiken, 829 Protestanten und 284 Israeliten; auf den Bezirk Lothringen 1660 (1880ñ 81 1475) Schüler, und zwar 861 Katholiken, 691 Protestanten und 108 Is— raeliten. Die drei erwähnten Internate zu Metz, Mül⸗ hausen und Straßburg waren im Schuljahre 1881/82 von 171 Voll⸗ und 16 Halbpensionären besucht. Im Schuljahre 1880/81 bestanden noch 5. Internate, die von 2065 Voll⸗ und 37 Halbpensionären besucht waren. Der Gesundheitszustand der Schüler war im Ganzen befriedigend; 290 Schüler sind im Laufe des Schuljahres gestorben. Abiturientenprüfungen fanden an 14 Anstalten statt; zu diesen Prüfungen waren angemeldet 103 Prüflinge, von welchen 94 be⸗ standen; unter den 9 Prüflingen, welche nicht bestanden, befanden sich 5 Externe; von den 9g4 Abiturienten, welche die Prüfung bestanden, waren 24 katholisch, 68 protestantisch, 2 israelitisch. Im Sommer 1881 betrug die Zahl der Abiturienten 68, davon 57 an den Gymnasien, 16 an den Realgymnasien und 1 an den Realschulen. Als Lehrer unterrichteten im Schuljahre 1881/82 an den 28 öffentlichen höheren Schulen außer den 28 Di⸗ rektoren. 111 Oberlehrer, 119 ordentliche Lehrer, 20 wissenschaftliche Hülfslehrer, 77 Elementar⸗ und technische Lehrer, 5 Hülfslehrer für Turnen, Gesang, 1 Hülfslehrer für Buchhaltung und 2 Werkmeister. Am protestantischen Gymnasium waren thätig neben dem Conrektor, 10 Oberlehrer, 6 ordentliche Lehrer, 5. wissenschaftliche Hülfslehrer, 6 Elementarlehrer und je 1 Gesang⸗, Turn⸗ und Zeichenlehrer. Von diesen Lehrkräften entfallen außer den Direktoren auf die 11 Gym⸗ nasien 82 Oberlehrer, 51 ordentliche Lehrer, 14 wissenschaftliche Hülfslehrer und 43 Elementarlehrer; auf die 3 Progymnasien 3 Ober⸗ lehrer, 11 ordentliche, 1 wissenschaftlicher Hülfs⸗ und 6 Elementar⸗ lehrer; auf die 2 Realgymnasien 8 Oberlehrer, 8 ordentliche, 2 wissen⸗ schaftliche Hülfs⸗- und 4 Elementarlehrer; auf die 4 Realprogymna—⸗ sien 7 Oberlehrer, 66 ordentliche und 8 Elementarlehrer; auf die 3 Realschulen (incl. Gewerbeschule Mülhausen) 21 Oberlehrer, 39 ordentliche, 8 wissenschaftliche Hülfs. und 27 Elementarlehrer. Der Religionzunterricht wurde fast an allen Anstalten von den Orts geistlichen ertheilt, und zwar von 36 katholischen, 29 protestantischen Geistlichen und 25 isrgelitischen Religionsdienern. Von dem Lehr⸗ personal an den 28 öffentlichen höheren Schulen starb 1 Elementar— lehrer, in den Ruhestand traten 1 Direktor, 1 Oberlehrer, 2 ordent⸗ liche und 1 Elementarlehrer; es schieden aus 1 Direktor, 3 ordent⸗ liche Lehrer, 5 wissenschaftliche Hülfs⸗ und 5 EGlementarlehrer; neu berufen wurden 1 Oberlehrer, 1 ordentlicher, 5 wissenschaftliche Hülfs. und 7 Elementarlehrer. Am protestantischen Gymnasium trat 1 Lehrer in den Ruhestand, 1 Oberlehrer schied aus; berufen wurden 1 Oberlehrer, 2 wissenschaftliche Hülfs und 1 Elementarlehrer. Kunst, Wissenschaft und Literatur. Die Verlagshandlung von Heinrich Schmidt und Carl Günther in Leipzig kündigt ein neues Prachtwerk an: Die deutzsche Kaiser⸗ stadt Berlin und ihre Umgebung, von Ring. Der Verfasser wird das alte und neue Berlin, die Reliquien der Ver— gangenheit und die monumentalen Prachtbauten, die Museen und Theater, das öffentliche und private Leben, die Größen des Tages, die Notabilitäten der Kunst und Wissenschaft, die AÄristokratie und die Börse, aber auch den Handwerker und den Arbeiter in einer Reihe lebendiger und frischer Skizzen vorführen. Zugleich sollen mehrere hundert größere und kleinere Illustrationen von Künstlerhänden den Text fortlaufend begleiten, für deren Trefflichkeit die dem Prospekt beigegebenen Proben bürgen. Das Werk wird in 30 halbmonatlichen degree. zu je 1 erscheinen und in 11 Jahren vollendet sein. Da noch kein ähnliches Werk existirt, so dürfte das angekündigte in weiten Kreisen willkommen geheißen werden.

Wie das „Deutsche Tgbl.“ meldet, sind in der St. Maxienkirche in Lönigsberg i. N. unter dem blaßrothen Kalkbewurf, womit Wände und Gewölbe gleichförmig übertüncht sind, hochinteressante Spuren alter Wandmalereien entdeckt worden. Man fand namentlich an den Bogenpfeilern und in den Nischen des Altars Portraits, Inschriften und farbenprächtige Orna⸗ mente, welche sich unter der Kal decke seit gewiß vier Jahrhunderten ziemlich frisch erhalten haben.

. Von der im Verlage von Sigmund Bensinger in Wien, Leipzig und Prag erscheinenden Prachtausgabe von Lessings Werken, welche Heinrich Laube berausgiebt, liegen uns sechs weitere Lieferungen (39 bis 45, Preis der Lieferung 50 ) vor. Dieselben enthalten den Schluß des . Nathan, die Fortsetzungen der Drama turgie und des Laokoon und vermischte Schriften. Auch diese Hefte sind mit vielen Holischnitten, künstlerisch auggefsihrten Initialen und Schlußstücken illusttirt. Von der in jeder Beziehung elegant ausge⸗ statteten Publikation sind nun bereits 2 Bände 2 sũr welche die Verlagsbandlung auch künstlerisch ausgestattete Einband⸗

decken besorgt bat. Gewerbe nnd Handel.

Wien, 28. November. (W. T. B) Die Generalversammlung der Prag ⸗Durer Bahn genehmigte einstimmig den Verwaltunge⸗ bericht über die wegen Durchfübrung des Sanirungsprojekts mit der Regierung getroffenen Vereinbarungen und ertheilte die hierdurch notbwendigen bekannten Statutenänderungen.

London, 28. November. (W. T. B.) Bei der gestrigen Wollauktion waren Preise unverändert.

Glasgow, 28. November. (W. T. B) Die Verschiffungen von Robeisen betrugen in der vorigen Woche 11751 gegen 7131 Tons in derselben Woche des vorigen Jabret.

Davre, 23. November. (W. T. B. Wollauktion. An⸗ gebolen 444 B., verkauft 1145 B. Markt flau. Montevideo⸗ Wollen fest, Buenotayres ˖ Wollen flau.

Rew⸗ York, 272 November. (WB. T. B.) Weijenverschif⸗ fungen der letzten Woche von den atlantischen Häfen der Ver⸗ einigten Staaten nach Großbritannien 109 009, do. nach Frank reich 26 900, do. nach anderen Häfen des Kontinents 24 099, do. von Ralifornien und Dregon nach Großbritannien 75 009, do,. do. nach

rankreich —, do. do. nach anderen Häfen des Kontinent

oo) Qrtrg. Ver kebra⸗Anstalten.

Plymouth, 28. November. (W. T. B) Der Hamburger Postdampfer. Cimbria“ ist bier angekommen.

Ne w⸗ York, 28. November. (B. T. 7 Der Dampfer Garypt* von der Natienal ⸗Dampfschiffs⸗ Compagnie (G. Messingsche Linie) ist bier angekommen.

Sanitatswesen und Quarantanewesen.

Zufolge amtlichen Nachrichten aus Tokio ist die Cholera in

Japan“) nunmehr alt erloschen ju betrachten. Die Jabl der in der

) consf. R. A* Nr. 172 de 1882

Zeit vom 26. April bis 2. Oktober d. J. in an n vo ? menen Erkrankungen wird Seitens des gi n ern 2 auf 47 689 angegeben, worunter sich 27 757 Fälle mit tödtlichem Aus.

ange befinden. In Tokio selbst erkrankten an Cholera 6499 Per 6 von denen 503 starben.

Berlin, 29. November 1882.

Stettin, 28. November. 6 T. B.) Nach eingehender Besichti⸗ gung der 3 auf der Werft des Vulkan liegenden chinesischen Torpedoboote fand anläßlich der Taufe der chinesischen Panzerkorvette im Hotel de Prusse“ ein großes Festmahl statt, bei welchem der chine— sische Gesandte den Toast auf Se. Majestät den Kaiser Wilhelm ausbrachte und der Geh. Kommerzien⸗Rath Brumm auf den Kaifer von China toastete.

Frankfurt a. M., 28. November. (W. T. B.) Der Bahn⸗ betrieb und Postbetrieb ist auf beiden Seiten des Mainz gestört; der Vorstand des hiesigen Bürgerkollegs hat einen Aufruf zur Sammlung von Unterstützungen der durch die Wassersnoth Be— troffenen erlassen. Nach Meldung hiesiger Blätter herrscht in Neustadt a. d. Haardt große Wassersnoth in Folge des Aus—⸗ tretens des stark angeschwollenen Speyerbach s. In der ganzen alten Stadt und der Vorstadt steht das Wasser 1 bis 2 m hoch; mehrere Häuser sind geborsten. In Folge des Fehlens von Lebenz⸗ mitteln herrscht große Noth; es ist Hülfe von Frankenthal und Lud⸗ wigshafen requirirt. Späteren Nachrichten zufolge fällt das Wasser langsam, doch ist das Elend groß; der Mangel an Brod und h dauert fort; die Mittel der Stadt sind vollkommen unzu—⸗ reichend.

Frankfurt a. M., 28. November, Nachm. (W. T. B.) Der Main hat in Folge heftiger Regengüsse bei Lobr aufs Neue zu steigen begonnen.

Biebrich, 28. November. (W. T. B.) Das Wasser des Rheins hat heute den höchsten Stand von 660 em erreicht, ist aber seitdem um H em gefallen; bei Hochheim sind die Maindämme durchbrochen. Es ist wiederum Regenwetter eingetreten.

Cöln, 28. November, Abends 6 Uhr 40 Min. (W. T. B.) Der Pegel zeigt 945 em. Das Steigen des Wassers hat auf⸗ gehört; einige Joche der Coblenzer Schiffbrücke sind oberhalb des Pegels gelandet. Das Barometer steigt weiter, das Wetter ist klar, und die größte Gefahr scheint vorüber zu sein.

Bonn, 28. November, Nachmittags. (W. T. . Der Wasserstand des Rheins hat denjenigen des Jahres 1876 überschritten und den hohen Stand vom Jahre 1845 nahezu erreicht. Die benachbarten Ort—⸗ schaften sind üͤberschwemmt, desgleichen der untere Theil der Stadt Bonn, wo der Verkehr nur noch per Nachen in die oberen Etagen der ( vermittelt wird. Das Wasser steht nur noch 4 Zoll unter der Feuerung der Dampfpumpe des städtischen Wasserwerks. Da das Wasser fortdauernd steigt, so wird das Wasserwerk heute Abend seine Funktionen einstellen müͤssen. Unter Vorsitz des Landraths und des Ober ⸗Bürgermeisters hat sich ein Hülfscomits gebildet, um dem sehr großen Elend abzuhelfen.

Mannheim, 28. November, Nachmittags. (W. T. B.) Die Neckar ist heute früh hier auf 835 em gefallen. Der Wasserstand des Rheins, welcher langsam fällt, beträgt hier 808 em; be— Maxagau und Kehl steigt der Rhein noch und beträgt der Wasserr stand 664 resp. 481 em. Bei Walds hut fällt das Wasser; der gegenwärtige Stand ist 408 em.

rankfurt g. M., 29. November, Vormittags. (W. T. B.) Der ain fällt sehr langsam; der gegenwärtige Stand ist 543 em, gegen den höchsten Stand also um 92 em zurückgegangen. Außer der alten Brücke, welche in Folge bedenklicher Beschäͤdigungen abgesperrt ist, zeigt auch, die neue, sogenannte Qberinsbrücke an dem ersten diesseitigen Pfeiler einige Risse. Auf der Strecke Frankfurt— Mainz ist der Bahndamm unterhalb Bischofsheim zweimal durck— brochen. Nach hier eingetroffenen Meldungen ist der Rhein— dam m zwischen Nackenbeim und Bodenheim durchbrochen.

Düssel dorf, 29. November, Vormittags. (W. T. B.) Das Wasser des Rheins ist noch gestiegen; die halbe Stadt steht unter Wasser, da auch die Düssel ausgetreten ist. In vielen Straßen steht das Wasser 6 Fuß hoch und die Noth ist groß. Ein Neubau ist in Folge Unterspülung eingestürzt.

Cöln, 29. November, Vormittags. (W. T. B.). Das Wasser des Rheins hat heute früh 5 Uhr mit 9,52 m den höchsten Stand erreicht und ist seitdem um 1 em zurückgegangen. Das Wetter ist ziemlich hell und kälter. Bei dem Dorse Niehl, eine Stunde unterhalb Cöln, hat ein Dammbruch stattgefunden; viele Ort— schaften sind dadurch in große Noth gerathen. Auch aus Duisburg wird ein Dammbruch gemeldet.

Würzburg, 29. November, Vormittags 10 Uhr 25 Minuten. (W.. T. B.) Nachdem der Main gestern Abend unter fortwährendem Steigen den Stand von 569 em erreicht hat, fällt derselbe heute langsam und beträgt die Wasserhöhe gegenwärtig 469 em.

Mainz, 29. November. Vormittags 10 Uhr 25 Minuten. (W. T B.) . Die Ueberschwemmungsfluth ist abermals im Steigen begriffen. J Pionierabtheilungen wurden nach den hülfesuchenden ee, . Laubenheim, Bodenheim und Nackenheim ab— gesandt.

Dregden, 29. November, Vormittags. (W. T. B. Die Elbe ist hier wieder im Fallen.

Bonn, 23. November, Nachmittags. (W. T. B.) Der Rhein ist seit gestern Abend um 20 em gefallen, das Wetter ist auftlärend. Aus den rechtsrheinischen Dörfern gegenüber Bonn ging gestern Abend dem hiesigen Landrath die telegraphische Meldung zu, daß dort 490 Wohnhäuser im Wasser stehen, und daß die Vor⸗ räthe sür Menschen und Vieh fast ganz vernichtet seien. Heute früb begaben sich Mitglieder des Hülfecomitég mittelst Schraubendampferg dorthin und brachten Lebensmittel aller Art sowie Wein und wollene Decken in die Häuser.

Wiegba den, 29. November. (W. T. 2 Bei Rüũ des heim ist der Rhein während der Nacht bis heute, Vormittag 10 Ubr, rasch gefallen; der Babnverkebr am Bahnhof Rüdegbeim e unter brochen; die Passagiere müssen die überschwemmte Stelle umgehen.

Der blinde Orgelspieler Hr. Franz Tiebach giebt morgen Abend UI Uhr in der atthäi⸗Kirche zum Besten würdiger bedürf⸗ tiger Blinden ein Aonjert unter Mitwirkung seines Lehrerg, dez Wöniglichen Musikdirektors Otto Dienel, der Konjertsängerin Frau Natalie Schröder, des Tenoristen Orn. Jul. Sturm und des Königl. Kammermusilers Jacobowsky. In den Musikalienbandlungen von Bote u. Bock sind Billetz ju 1 Æ i baben.

Fräulein Jenny Meyer und ihre Gesangeklasse im Stern⸗ schen Konservatorlum veranstalten am Dlenstag, den 5. Dejember d. J. Abends 71 Ubr, im Arnimschen Saale, Unter den Linden 44, unter Mitwirkung des Hrn. Adolph Papendick ein Woblthätig⸗ keits⸗- Konzert, dessen Direktion der Königl. Hof ⸗Kapellmeister Robert Radecke übernommen hat. Dag e Programm jäblt 1 Nummern. Billetg zu 2 Æ, reservirter Platz 3 M, obne der Woblthaͤtigkeit Schranken zu 86 sind bei Jenny Mever, Wilkelm⸗ eh Iz, und in der Mustlbandlung dez Hrn. Weinbolj, Koch- traße 62, zu baben. An der Abendkasse kostet das Billet J resp. 4.

Nedacteur: Riedel. Verlag der Gryeditlon (esseh Druck W. Glaner Vier Beilagen (elnschlleßlich Börsen · Beilage)

Berlin

neu eingestellten Erhöhungen.

Srste Beilage zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

Mn 284.

Berlin, Mittwoch, den 29. November

ISS2Z.

Aichtamtliches.

Preußen. Berlin, 29. November. Im weiteren Verlaufe der gestrigen (9) Sitzung des Hauses der Abgeordneten setzte das Haus die zweite Berathung des Entwurfs des Staatshaushalts⸗-Etats für 1883/84 möst der Diskussion des Etats des Ministeriums des Innern (Kap. S6 Verwaltungsgerichte) fort. Ohne Debatte purde Kap. 86 genehmigt, sowie Kap. 87 Standesämter 389 661 M6, Kap. 88 Regierungsamtsblätter 308 447 (M6, Kap. 89 Landdrosteien 5651 338 6, Kap. 90 landräthliche Be⸗ hörden und Aemter 7 175181 4

Bei Kap. 91 (Polizeiverwaltung in Berlin 6644812 6) bat der Abg. Goldschmidt, dafür Sorge tragen zu wollen, daß die Behörden nicht allzu voreilige Urtheile über Industrie⸗ produkte fällten, welche ganze Industriezweige schädigten. Im

rühjahre sei der Generalbericht des Sanitätswesens in Ber⸗ ö 1879 80 erschienen, welcher vom Geh. Rath Dr. Skrzecka erstattet worden sei. Derselbe enthalte auch eine „wissen⸗ schaftlich“ Untersuchung der Berliner Biere; aber die Urtheile lauteten: „es scheine ꝛc., muthmaßlich ꝛc. sei Stärke statt Malz verwendet worden“. Eine Behörde sollte doch nur positive Urtheile veröffentlichen; sie hätte sich bei der Steuerbehörde erkundigen können, ob Surrogate zum Brauen benutzt worden seien. In Folge von Protesten hätten neue Untersuchungen stattgefunden, bei welchen die Brauereien, die das erste Mal schlecht weggekommen gewesen seien, außer⸗ ordentlich gut weggekommen seien, allerdings werde dabei auch eine Brauerei angeführt, die seit drei Jahren eingegangen sei. Die ausländische Konkurrenz habe sich dieser Urtheile bemäch⸗ tigt; so segensreich auch eine Kontrole der Lebensmittel und Genußgegenstände sei, so habe doch eine Publikation solcher muthmaßenden Urtheile vieles Bedenkliche.

Der Vizepräsident von Heereman erklärte, es habe sich Niemand weiter zum Wort gemeldet. (Hört! links.)

Der Staats⸗Minister von Puttkamer erwiderte, der eben gehörte Zwischenruf veranlasse ihn zum Sprechen, damit nicht die Meinung ins Land gehe, daß von dieser Stelle nichts zu sagen wäre. Bei den Untersuchungen sei mit der größten Vorsicht und Wissenschastlichkeit ver⸗ fahren worden; der Verfasser des Berichtes habe einen hervorragenden Ruf in der wissenschaftlichen Welt. Sollte ein Irrthum untergelaufen sein, so werde derselbe nicht wieder vorkommen.

Der Abg. Goldschmidt konstatirte, daß der Bericht vom Dr. Skrzecka erstattet sei, daß aber die Untersuchungen von Dr. Bischof herrührten. .

Das Kapitel wurde genehmigt. . ;

Beim Kap. 92: „Polizeiverwaltungen in den Provinzen“ bemängelte der Abg. von Eynern, daß 21 Städten von Staats wegen bedeutende Zuschüsse zu ihren Polizeikosten ge⸗ währt würden, während die übrigen Städte die Kosten der Polizei selbst tragen müßten. Das Ministerium sollte dieser Sache sich annehmen und ferner dafür sorgen, daß den Städten und Gemeinden nicht weitere Lasten für Staats— arbeiten aufgebürdet würden. Das Kapitel wurde ge⸗ nehmigt. ) 1

Bei Kap. 93 (Polizei-Distriktskommissarien in der Provinz Posen) bemängelte der Abg. von Jazdzewski die Auch dies Kapitel wurde be⸗ willigt.

Bei Kap. 94 (Landgensd'armerie) brachte der Abg. Dr. Graf von Posadewsky die zunehmende Vagabondage zur Sprache, diese Quelle des Verbrechens. Die Land⸗ streicher würden jetzt außerordentlich milde behandelt; sie bestellten sich bereits, wie viel Grad Wärme sie in ihrer Zelle zu haben wünschten. Der Vagabund komme aus dem Gesängniß oder der Korrektionganstalt heraus ohne Arbeit, ohne Mittel und vagabondire eben weiter. Auf dem platten Lande trete das Uebel mit solcher Frechheit auf, daß der Bauer ost nur aus Furcht Almosen gebe und ein Anschlag, daß hier nichts gegeben werde, gewähre keinen Schutz. Die Vereine leisteten auf diesem Gebiet wenig, sie fingen mit Feuereifer an, aber erlahmten bald an den Schwierigkeiten. Er wolle keine Vorschläge machen, aber die Regierung zu solchen anregen. 6

Hierauf ergriff der Vizepräsident des Staats⸗Ministeriums von Putt kamer das Wort:

Meine Herren! Der Herr Vorredner bat, wie ich glaube, in dan⸗ lengwertber Weise die Hand in eine Wunde gelegt, die an unserem Volkgleben und an unsertem Volkglörper vorhanden ist. eine Wunde, die ganz notorisch ist. Ich glaube allerdings, obne bier untersuchen zu wollen, aus welchen Quellen das Heranwachsen derjenigen Bevöl- kerungeschicht stammt, welche er mit dem Kollektivnamen Vagabonden ˖ thum“ bezeichnet bat, welche ich aber wirthschaftlich näher pränsiren möchte alg das Heranwachsen derjenigen Bevölkerungeschichten, die unter dem Vorwande, Arbeit zu suchen, arbeitsscheu und arbeitslos im Lande umherstreifen, daß dieser Zustand als ernste Kalamität sich lennzeicohnek, und daß daz stetige Anwachsen desselben selt einem Jabtiehnt Besorgniß erregt. Es ist dabel caralteristisch,

F die verschiedenen Prorinzen in verschiedenem Maße beimqgesucht werden, und daß das Kontiggent, welches sich in den einzelnen Pro- vinjen an selchen vagirenden Personen in den von den Provinzial * unterhaltenen Norrektlonganstalten befindet, äußerst ver- hene sist je nach der Heimathksangebörigkeit oder Nichtangebörigkeit n der beiresfenden Problnz. Ich glaube konstatiren zu sollen, daß, sewelt wenigsteng meine Beobachtungen reichen, diejenigen Provinzen der . welche erst durch unsere neue ä der Frei zügigkeit erschlossen worden sind, am meisten ju leiden haben.

Ich babe in der Prorinz Schleswig ⸗Holstein unter Anderem in diesem Sommer die Anstalt in Glückstadt besucht, die ja doch eine Bevölkerung von elwa 90) Korrigenden enthält, und da babe ich ju meinem Grstaunen ersehen, 2. wie ich mir die ** tungsbuücher vorlegen —=— 85 a0 Immtlicher Korrigenden ich, laube mich nicht ia der Jiffer ju irren der Prorin. Schlegwig-⸗ 6 nicht angebörten. All ich mich nach den Gründen dieser

batsachen erkunde, wurde mir von dem Dberbeamten gesagt:

dag kommt daber, weil die Gutmütbigkelt unserer erung äber sich noch nicht bat entschierea önnen, durch cine Ürt von vassivem oder meinetwegen auch altirem Widerstand dem Andringen dieser Keutelustigen Volks flassen wirksam entgegentreten, und wenn wir erst durch (ine längere Erfahrung gelernt werden, welche Kalamität nir ung damit aufgebürdet so wird wabt · scheinlich auch der schlegwig wolsteinsche Bauer davon kberzeugen,

daß auf seine Gutmüthigkeit spekulirt wird, und er wird den Beuteĩ nicht so freigebig aufmachen. Die allgemeine Volksstimme in dieser Provinz geht allerdings dahin, daß letztere sich in hohem Maße bedroht glaubt durch den nicht sehr erwünschten n en; aus anderen Provinzen. Ich habe nur noch den von dem Herrn Vorredner, wie ich glaube nicht einmal für erforderlich erachteten Nachweis zu fähren, daß die Regierung ihrerseits sich mit dieser Frage beschäftigt. Diese bereits erörterten und andere Erfahrungen haben die Staatsregierung seit mehreren Monaten veranlaßt, in ernste Erwägung zu ziehen, welche Abhülfsmittel auf dem Wege der Gesetzgebung oder, viel⸗ leicht lauch bei diesem Titel, durch Vermehrung der Exekutivkräfte zu finden wären. Es ist an sämmtliche Herren Ober⸗-Präsidenten das Ersuchen gerichtet worden, sich ausführlich zu äußern erstens darüber, ob nach ihren Beobachtungen daz Vagabondenthum eine erhebliche Vermehrung erfahren habe, zweitens, ob und welche gesetzliche oder

administrative Abhülfsmittel sie dagegen vorzuschlagen hätfen. Diese

Berichte sind jetzt so viel ich weiß vollzählig eingegangen, und sie werden einer näheren Erwägung und Bearbeitung unterzogen. Aber, meine Herren, ich glaube, das werden Sie mir erlassen, heute schon irgend eine positive Aeußerung darüber zu thun, auf welchem Wege sei es auf legislativem oder auf admini⸗ strativem hier Abhülfe dieser Volksklage zu suchen sein wird. Der Herr Vorredner hat ja mit vollem Recht betont, daß die Frage selbst schon seit längerer Zeit die weitesten Kreise in An⸗ spruch nimmt, und ich darf anführen, daß auch der Armenpflege⸗ kongreß, der so sehr viel schätzbares Material über diese und andere Fragen beigebracht hat, sich eindringlich mit der Angelegenheit beschäftigt hat. Aber es sind auch dabei die aufgestellten Thesen einer so schwankenden Beurtheilung unterworfen worden, daß, wenn ich mich nicht sehr irre, der Referent der Kommission die wichtigsten seiner Thesen selbst verwarf, nicht weil er sich von ihrer Unrichtig⸗ keit überzeugt hätte, sondern weil er sie noch nicht für beschlußreif und diskussionsreif erachtet hat. Also was die Gesetzgebung zu thun hat zum Theil würde sie ja der Hülfe der Reichsregierung nicht entbehren können darüber mich zu äußern, bin ich heute nicht in der Lage. Ich glaube, ich würde sehr kühn sein, wenn ich auch nur andeutungsweise von den Schritten spräche, mit denen möglicher⸗ weise die Königliche Staatsregierung an die Landesvertretung heran⸗ treten könnte. Aber eins glaube ich wenigstens von meinem Stand⸗ punkt aus schon heute bejahen zu können und deshalb ist von dem Herrn Vorredner diese Frage mit Recht an diesen Titel geknüpft daß nämlich das Exekutivpersonal, welches damit betraut ist, die öffentliche Sicherheit auf dem Lande und in den kleinen Städten auf⸗ recht zu erhalten, meines Erachtens zu gering bemessen ist.

Ich glaube, ich werde es meinem Kollegen, dem Herrn Minister, nicht ersparen können, zu erwägen, ob nicht mit Zustim mung Sr. Majestät in dem nächsten Etat der Posten sür die Gensd'armerie zu erhöhen sei. Denn damit stimmen fast alle mir vorliegenden Berichte überein, daß, ich will nicht sagen in allen, aber doch in sehr vielen Theilen des Landes die zur Verfügung stehende Exe— kutivgewalt nicht genüge. Meinerseits würde ich diese Frage nicht angeregt haben, weil sie in der That für das öffentliche Bewußtsein nicht sehr viel Beruhigendes hat. Aber, da sie im Hause hier einmal angeregt worden ist, so glaubte ich, mich der Versäumniß schuldig gemacht zu haben, wenn ich nicht diejenige Antwort sogleich ertheilt hätte, welche nach Lage der Sache von mir ertheilt werden konnte. Verjeihen Sie nun, wenn ich auf den Gegenstand noch einmal zurückkomme, den der Hr. Abg. Bachem angeregt hat, und der in meiner sofortigen Erwiderung berührt worden ist. Ich habe dem hoben Hause in Aussicht gestellt, diejenigen Nachrichten, welche mir über das Weiterschreiten der Wasserkalamität in der Rheinprovinz zugehen würden, sofort mitzutheilen. Ich bin soeben durch Se. Majestaͤt den Kaiser in den Vesitz einer allerdings recht betrübend lautenden Nachricht ge⸗ langt. Aus der Thatsache, daß Se. Majestät der Kaiser die Gnade gehabt, mir die betreffende Nachricht hierher in das Haus zu schicken, wo er wußte, daß ich anwesend bin, entnehme ich die Allerhöchste Ermächtigung, sie dem hohen Hause mittheilen zu können. Es ist ein Telegramm Ihrer Majestät der Kaiserin, die sich jetzt in Coblenz aufhält, an Ihren Hohen Gemahl und lautet folgendermaßen:

An Se. Masjestät den Kaiser. Der Rhein ist seit gestern Abend noch über 2 Fuß gestiegen und von oben wird gemeldet, daß in der Maingegend ein Wolkenbruch stattgefunden habe. Das Wasser steht in der Trinkhalle bis über die Kacheln.

Die Herren, die Coblenz kennen, werden daraus entnehmen, welchen Grad der Kalamität das schon andeutet

Im Schloßgarten dringt es jetzt von allen Seiten ein im Schloßgarten, der, wenn ich nicht irre, mindestens 12 Fuß über dem gewöhnlichen Sommerwasserstand steht.

die Schiffsbrücke ist zur Hälfte fortgerissen, in der Kastorgasse

soll es ganz schrecklich aussehen, unsere Orangerie im General⸗ kommando steht unter Wasser. es ist kein Ende abzusehen und der Verkehr kommt immer mehr ins Stocken.

Meine Herren, danach ist allerdings die Situation ernst, ich werde mich für verpflichtet halten, sofort nach Schluß der Sitzung Se. Majestät zu kitten, mir eine Audienz zu gewähren, um die näheren Befehle ron Ibm entgegenzunehmen, und sollte es nothwendig sein, daß hiernach die Reise eines Ministers, sei eg die meinige oder eines anderen nach dem Rheine stattfinde, und sollte auf mich der Befebl Sr. Majestat fallen, so hoffe ich, daß das hobe Haus die Welterkerathung des Etats des Ministeriums des Innern aussetzen wird, bis ich zurück sein werde. Ich boffe noch immer, daß im Laufe dieses Tageg die Situation sich weniger ernst gestalten wird; aber daß sie nach diesem Telegramm Ihrer Majestät der Kaiserin sebr ernst ist, wird sich Niemand verbehlen.

Der Abg. Dr. Windthorst erklärte, alle Mitglieder dieses Hauses seien dem Minister für seine Bereitwilligkeit, der Ueber⸗ schwemmunga gefahr energisch entgegenzutreten, sehr dankbar. Die Zahl der Vagabonden habe erschreckend zugenommen, namentlich auch in Hannover. Eine Vermehrung des Exełutiv⸗ versonals könne zweckmaßig sein, wichtiger sei es, daß man sich über die Quellen des Uebels klar werde. Eine solche sei die Uebervölkerung vieler Gegenden, hervorgerufen durch die leichte Art der Cheschließung: 20 jährige Burschen heiratheten 16sährige Mädchen. Die absolute Freizügigkeit, das Gesetz über den Unterstützungswohnsitz, ja die ganze 3 Gewer ordnung wirke hierauf ein; das Vagabondenwesen sei ein trau⸗ riges Jeugniß für die Legialative auf diesem Gebiete. Endlich

nge das Uebel zusammen mit der durch den Kirchenstreit 6 erufenen ** Neligion. e Zunahme der derung und der Verbrechen hänge 6 der

inanz⸗

Abnahme der kirchlichen Autorität und der Dag sei die Folge der sauberen Gesetzgebung. unter man in Preußen heute lebe. In der Schule sei die Autorität vollstandig geb und die Kinder würden nicht mehr in der Neligion te und, wa die Hauptsache sei, erzogen. Das habe die allsche Gesetzgebung beseitigt. Er hätte gewünscht, der Minister tte die Berichte der Dber⸗Präsidenten, die ja seht auch Dder⸗ ischöfe seien, mit getheilt. Gewiß enthielten vieleg van dem, was er aun geführt habe, und sie müßten eg enthalten, wenn die Herren ihr Metier verständen.

ustim⸗

Demnächst nahm der Vize⸗Präsident des Staats-Mini⸗ steriums von Puttkamer, wie folgt, das Wort:

Meine Ferne wenn der Herr Vorredner seine Ausführungen damit schloß, daß er vermuthet, die Berichte der Herren Ober⸗ Präsfidenten, deren ich am Eingang meiner Bemerkungen über diese Angelegenheit erwähnte, wohl auch unter den Gründen des zu⸗ nehmenden Vagabondenthums vor allen Dingen diejenigen Mängel würde haben bezeichnen müffen, welche er mit als die Wurzel der auch von ihm anerkannten traurigen Zustände anf diesem Gebiete be⸗ zeichnete und wenn er daran die Bemerkung knüpfte, daß, falls in diesen Berichten dergleichen Anführungen nicht enthalten wären, dann die betreffenden Beamten wohl solche sein müßten, die ihr Metier nicht verstünden, so werde ich mir darüber die Bemerkung erlauben, daß ich in diesem Augenblicke, und ich glaube, mein Gedächtniß ist ziemlich gut in dieser Beziehung mich nicht erinnern kann, die⸗ jenigen Gesichtspunkte, deren der Herr Vorredner erwähnte, ich will nur sagen im Vordergrunde der Erwägungen und Vorschläge der Provinzialbeamten gefunden zu haben. Damit will ich aber meiner⸗ seits in keiner Weise anerkennen, daß Mangel an Sachkunde oder Mangel an Gründlichkeit diesen Berichten, deren Inhalt ja im Wesentlichen künftig wird mitgetheilt werden können, Schuld gegeben werden kann. Meine Herren, ich habe mich in meinen Ausführungen mit gutem Bedacht nicht soweit avaneirt, ein Urtheil mit voller Autorität und vollem Gewicht über die Quellen der heute beklagten Nothstände auf diesem Gebiete in Anspruch zu nehmen, und ich möchte bei aller Werthschätzung der gewichtigen Stimme des Herrn Abgeordneten, der vor mir sprach, doch meinen, daß behauptet werden kann, er habe seinerseits diese Quelle doch wohl zu einseitig an einem Orte aufgesucht. Ich, meine Herren, stehe meiner⸗ seits nicht auf dem Standpunkt ich muß das ja hier, provozirt, aussprechen daß ich die Abnahme der Religiosität und die Ab⸗ nahme einer christlichen Kinderzucht, wenn sie in dem Maße anerkannt werden müßte, wie der Herr Abgeordnete das behauptet, daß ich diese nicht als eine Quelle der einreißenden größeren Zerfahrenheit und Unsicherheit unserer wirthschaftlichen und sozialen 5 tände aner⸗ kennen würde. Aber, meine Herren, namentlich das eine Gebiet, welches er berührt hat, und welches aus meiner früheren Stellung her mich in besonderem Maße mit Interesse erfüllt, von diesem Gebiet möchte ich behaupten, daß der Herr Vorredner er möge mir den Ausdruck verzeihen in übertriebener Weise gesprochen hat. Meine Herren, heute zu sagen und behaupten zu wollen, daß in Preußen in den Schulen keine Autorität mehr walte, daß der Religionsunterricht und die damit zusammenhängenden Wohlthaten nicht mehr in vollem Maße der Jugend zu Theil würden, das bin ich berechtigt, für eine Uebertreibung zu erklären. (Zustimmuna rechts und links. Nein! im Zentrum.) Sie sagen Nein; ich behaupte das Recht zu haben, Ja zu sagen. Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter und bitte mir das nicht zu verübeln, wenn ich das mit vollem Bewußtsein aus⸗ spreche. Von meiner eigenen Amtsführung als Kultus- Minister will und darf ich hier nicht reden, sie liegt vor aller Augen und ich kann mir wenigstens vor meinem Bewußtsein das Zeugniß geben, daß ich bemüht gewesen bin, die christlichen Grundlagen unserer Volks—⸗ erziehung und unserer Schule zu erhalten. Aber, meine Herren, was ich verpflichtet bin auszusprechen, und zwar mit vollem Bewußt⸗ sein und voller Ueberzeugung, ist das, daß auch unter der Amtsfüh⸗ rung meines damaligen Herrn Amtsvorgängers nichts geschehen ist, was die christlichen Grundlagen unsezer Vylksschule hätte erschüttern können. (Lebhafte Zustimmung links. Widerspruch im 2 Ja, meine Herren, ich habe vorausgesehen, daß ich dabei au lebhaften Widerspruch stoßen würde. Ich will bier nur auftreten als klassischer Zeuge und dieses Zeugniß muß ich abgeben auf die Provokation des Hrn. Abg. Windthorst hin sowie meine Ueberzeugung und meine Erfahrung mir gebietet.

Meine erg welches sind denn diejenigen Beobachtungen, welche der Hr. Abg. Windthorst auf diesem Gebiete unter dem Ministerium des Ministers Falk hat machen können? Doch wohl im Wesentlichen nur die Ersetzung der Regulative durch die sogenannten allgemeinen Bestimmungen , denn in diesen ist gleichzeitig das Wesent- liche über den Religiongunterricht, der damals wie heute die Grundlage unseres Volkeschulwesens bildete, enthalten. Ich bin auf diesem Gebiet einigermaßen Sachkenner und ich ene, auch ein unbefangener Be- urtheiler und wenn auch meine Anschauungen in mehrfacher Hin sicht von den Anschauungen des Hrn. Ministers Falk auf dem Gebiet der Vollsschule abweichen daß die Cinfübrung der allzemeinen Be⸗ stimmungen dazu gedient bätte, die Möglichkeit der fuilich ⸗religiösen Velkzerziehung abjuschneiden, das, meine Herren, ist eine —— 2 Bebauptung. Die allgemeinen Bestimmungen? haben Manches in den Plan der Volksschule Ain est t. wa mir nicht sympatbisch ge- wesen ist, aber daß sie irgend wie zu der begründeten sorgniß Anlaß geben, sie a ja noch heute in unbestrittener Geltung —, daß die notbwendige religisse Basig des Volke⸗ unterrichts unter ihnen zum Wanken gebracht wäre oder werde. dag kann ich nicht jugeben. Wäre des richtig, meine Derren, so würde sowobl der , Herr KRultut-⸗Miagister wie ich nichts Gillgeres und. Ernsteres jn bun gefaabt baben, alg sosort an die Abänderung dieser Bestimmungen ju gehen. In der Tharsache daß das weder unter meinem Ministerinn noch unter dem des jetzigen Herrn Kultue.Ministers der Fall gewesen ist, glaube ich, meine Derren, können Sie auf allen Seiten des Hauseg die vertrauengvolle Ueberjengung schöpfen, daß eg mit der —— Glementar- schulweseng und dag bat der Da. Ilbg. Dr. Windtborst doch wobl wesentlich im Sinne gehabt mit so schliam bestellt ist, wie er das bier vorfübren ju müsse n Giaubte.

Meine Derren, ich bedauere, daß ich eg bin, der dies bat sagen müssen; ich batte lebhaft 9 emünscht, daß mein Kollege vom Kultug⸗Ministerium, der leider ber te von Berlin dienstlich abwesend ist, an meiner Stelle dies gelagt dätte; er würde eg mit größerer Autorität und größerem Na baben thun können, alt ich. ber ich alaube, es entsrrict sowobl meiner früberen, als meiner jetzigen Stellung., bei einem so slarken Angriff auf die bestebenden Instim-⸗ flonen deg Landeg, wie ika der Hr. Abg. Windi eben machen

u müssen glaubte, daven Jeugn abzulegen, daß die Staatgregierung * Standvunkt ia dieser 3 e in keiner Weise ibeilt.

Der E. Frhr. von Schorlemer⸗Alst erklärte, die 6

auñ der Linken seie n etwas in gehalten gewesen, daß der indt⸗

rst den Kulturkampf ir, die Sache gezogen babe, er (Redner)

önne noch eine andere Selte desselben berühren: Mit welcher

Sorgfalt babe die Regi erung nicht mit Gengo'armen die barm-

2 western üterwacht, viel sorgfaltiger als die Vaga⸗

nden! Der Minister habe auf die Gründe der Vagabondage

nicht n n , si und der Sache nicht au den

die annektirten Prodi seien be⸗

seiner Bro-

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