1882 / 286 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 05 Dec 1882 18:00:01 GMT) scan diff

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en n bedient man sich gewöhnlich der Postdampfer, wo die Moschuskisten gewöhnlich in der für Petriosen und baar Geld reservirten Schatzkammer untergebracht werden. Diese Voꝛsid tsmaßregeln sind sowohl durch die Kostbarkeit der der Waare als durch ihre Ausdünstung geboten, es ist be⸗ kannt, daß die Schiffe der alten East India Kompany über⸗ haupt keinen Moschus . . 3683 durften. usfuhr.

Die mittlere Jahresaussuhr von Moschus aus ganz China während der drei letzten fünfjährigen Perioden ist aus fol⸗ gender Zusammenstellung ersichtlich:

mittlere Quantitãten Jahresausfuhr Kätties g 1867 bis 1871 1099 659

1872 1876 1620 972 142 500 Sõ5h 000

1877 1881 2465 1497 193 379 1160274 Die Totalausfuhr der letzten fünfzehn Jahre in das Aus⸗ land stellte sich auf 25 664 Katties oder 15 398 kg, valuirt zu 1966129 Haikuantaels oder 11 736 774 S6 An der direkten Aussuhr partizipirten als Verschiffungshäfen nur Tientsin sehr vereinzelt und in verschwindend kleinen Beträgen Shanghai und Kanton, letzteres, ebenso wie es bei Rhabarber ö wurde, in immer abnehmender Skala. Die Ausfuhr

etrug

Werth in

Haikuantaels Mt 54 747 328 482

1845 1881 aus Shanghai Kätties. . 67 1849 „Kanton . 144 11

In dem inländischen Verkehr soll die Waare um den Lekinkaxen zu entgehen, vielfach geschmuggelt werden, was bei dem kleinen Raum, den sie einnimmt, ja auch leicht ausführbar erscheint. In Shanghai, das seinen Bedarf aus den HYangtsehäfen Ichang und Hankow und aus Tientsin erhält, sind Spuren davon bis jetzt nicht bemerkt worden, vielleicht weil der ausländische Zoll mit 0,9 Tael per Kätty oder noch nicht 1 Proz. des Werthes zu gering ist, um der Gefahr der Konfiskation gegenübergestellt zu werden. Es ist daher anzunehmen, daß die wirkliche Ausfuhr durch die zoll⸗ amtlichen Exportziffern ziemlich genau repräsentirt wird.

Bestimmungsländer.

Die Bestimmungsländer der Moschusausfuhr zeigt die nachstehende Zusammenstellung. Da Shanghai jetzt fast der einzige in Betracht kommende Verschiffungshafen ist, so macht es, wenigstens für die späteren Jahre des darin zu— sammengefaßten Zeitraums wenig aus, daß die Exportziffern der beiden anderen Häfen darin nicht mitenthalten sind.

Ausfuhr von Moschus aus Shangai nach Europãischer Kontinent

Transit Indien

Frank⸗ Vereinigte

Groß⸗ britannien Hongkong als Staaten von Nordamerika

reich

Andere Länder

1867 256 1868 474 1869 439 1870 15512 1871 1701 1872 417 1873 3337/16 1874 859 1875 672 1876 10051 15 30 1877 9061/1 1878 118716 180 g n e

448 664 1092 11681 / S341 /a 103812 13975116 19* / i 193612 is 44 130212 1590216 16911216 233511 / i 33697 / 1

* 2 6 de

1 11

295/ is 58io /ig 962 /i 775*/ ig 475/18 2175/18 78 I45 /i6 30910 /ig 1880 7701/1 1662/1 575si6 49015 / 1g 269110 / 1g 1881 3621/1 2lI 8s /sis SI ns 533 184910 /i

Für die direkte Ausfuhr nach Deutschland gilt hinsichtlich dieser Tabelle dasselbe, was bei Rhabarber gesagt wurde. Dieselbe ist nur annäherungsweise durch die Angaben der betreffenden Exportfirmen festzustellen und betrug hiernach aus Shanghai:

im Jahre 1859 18890 1ss1 1682 bis 1. Juli

Kätties 50 100 50 25

Ursprung und Sorten. Chinesische Galläpfel

sind die durch den Stich des Insekts Aphis Chinensis auf einer Spezies des Färberbaums (Sümach) Rhus semi-alata Murray (Anacardiacege) erzeugten Auswüchse. Sie unterscheiden sich von den übrigen Gallen äußerlich durch 4 Gestalt, welche siets Zacken und Hörner aufweist. Nach ihren r arten in den Provinzen Honan und Szechuen werden sie im 1 in 2 Sorten gesondert, die zwar nicht verschiedenen

pezies angehören, aber in der Qualität, d. i. dem Tannin⸗ ehalt, differiren. Honan⸗Gallen sind meist von dunklerer

arbe, ost bräunlich; die Bruchfläche erscheint dunkel, sogar chwarz. Ihre hornartige Schale ist dünner, als diejenige der Szechuen· Gallen, die 6 selbst ist größer. Szechuen⸗Gallen * n bei guten Parthien eine blaßgraue Farbe, erheblich

Üer, als die der vorigen Sorte; als besonders wünscheng⸗ werthes Zeichen wird es angesehen, wenn sie beim Bruch einen rosenrothen Schimmer zeigen. Sie sind mehr gepackt und kleiner, aber dicker von le und enthalten weniger Staub in dem inneren hohlen Raum der Nuß. Die Qualität der Szechuen⸗Gallen ist die bessere.

Diesen unter dem chinesischen Namen Wumpei⸗lse zu⸗ ammengefaßten, im Handel spezifisch Chinesische Gallen“

annten Sorten stehen alg getrennte Spejzles die Mu⸗shi⸗tse genüber, die von einer Eichenart (quereus sp. mentaceae) stammen sollen und auf hiesigem Markt gewöhn⸗ lich einsach große Gallnüsse“ genannt werden. Von Farbe gleichsalle dunkelbraun, hat ihre Gestalt nicht die spitzen Jacken und Hörner deg Produlig der Rhns semialata auszuweisen, ondern ist rund oder länglich rund und hat eine glatte berfläche. Haäusig haben sie die Form einer kleinen Vanane oder Pflaume (Flum hape) und gleichen dann einer Sorte levantinischer Gallnüsse. Die Chinesen schägen sie höher als die 1 ** 7 verlangen auch höhere Preise dafür. aber Versuche in Europa diesen Gallen einen geringeren Tannin⸗ 83 alg sich in den anderen Sorten sindet, nachgewiesen so können sie nicht zum selbständigen Export gelangen

und bleiden * chinesischen Konsum beschränki. 8 verdienen sie jedoch, well den Honan⸗ und Szechue en lleine en davon beigemischt sind. Auf ver⸗ anderen arten Chinag (querens dentata und

aliena)] lommen nach be von Botanikern gleichfalls Gallen vor aber weder bier zu industriellen Iweden 39 dienen noch big jetzt ervortirt werden. Die Kelche der

In von e chinensis sollen in China in derselben

se wie en bei ung Verwendung sinden.

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Zufuhr und Preise.

Die Saison für Gallen beginnt Anfang November, selten schon Ende Oktober. Vorher ist die Waare zur Verschiffun nicht trocken genug und würde zu großen Gewichtsverlust na sich ziehen. Die Einsammlung geschieht, nachdem das Insekt ausgeschluüpst ist, daher die bei der türkischen Waare zwischen grünen oder blauen Gallen in denen sich das Insekt noch befindet und weißen Gallen wo es ausgeschlüpft ist gemachten Preisunterschiede hier weggefallen. Am meisten Gewicht legt der Exportmarkt darauf, daß die Waare gut aus⸗ gelesen, und nicht, wie dies mehr und mehr vorkömmt, mit Baumabfällen, zerbrochenen und unreifen, ganz kleinen Nüssen gemischt ist. Namentlich die letzteren haben einen entwerthen⸗ den Einfluß, weil sie industriell unbrauchbar sind. Der Wider⸗ wille gegen Bruch rührt wohl nur daher, daß ganze Nüsse sich besser präsentiren, denn an sich liegt kein Grund vor, warum gute ausgewachsene Nüsse in zerbrochenem Zustande weniger werth sein sollten. Bei schlechter Verpackung ist allerdings der Gewichtsverlust bei zerstückelten Nüssen größer als bei unver⸗ sehrten, dafür liegt aber auch bei den letzteren des Volumens wegen die Fracht theuerer. Völlig unzerbrochen kommen übrigens die Nüsse nie hierher. Die Preise sind seit dem Jahre 1874 von Saison zu Saison in fast ununter⸗ brochener Skala von 6,60 Taels per Pikul bis 10 Taels vom Jahre 1880 gestiegen. Eine Erklärung dafür läßt sich nur in schlechten Ernten in der Levante und im gänz— lichen Aufhören der Ausfuhr aus Japan, welches Land sogar mehrere Jahre hindurch sehr bedeutend hier gekauft hat, finden. Im Jahre 1881 scheint die Ernte auch in Ching total verfehlt gewesen zu sein, und hat die ,, nach Europa, nachdem ri von 13,50 Taels anfangend bis auf 17,590 Taels gestiegen sind, fast ganz aufgehört. Seit dem 1. November 1881 lassen sich nur 666 Pikul nach England und 600 Pikul nach Marseille traciren, nach Hamburg nichts; der Gesammtexport der Saison 1881/82 wird kaum 2000 Pikul erreichen gegen 24 000 Pikul in der Saison 1880/81. Gegenwärtige (September 1882) Preise sind in der Voraus sicht auf eine gute Ernte etwas niedriger; sie stehen auf ca.

14 Taels per Pikul. (Fortsetzung folgt.)

Im unteren Saale des Architektenhauses sind soeben die Arbeiten zur Ausstellung gelangt, die zu der diesjährigen kunstge⸗ werblichen Konkurrenz um die von dem Ministerium für Handel und Gewerbe ausgesetzten Ehrenpreise eingesandt wurden. Wie in den früheren Jahren, so hegegnet man auch diesmal unter ihnen einer Reihe in Erfindung und Ausführung vortrefflicher Leistungen, obschon von den sechs Aufgaben des Programms die beiden, die einen frei⸗ tragenden Baldachin für ein Hausportal und eine silberne Abend⸗ mahlskanne für protestantischen Gottesdienst forderten, ohne Bewerber blieben und an der Lösung einer dritten, die ein Paar Altarleuchter in vergoldeter Bronze verlangte, sich nur das Institut für kirchliche Kunst von P. G. Heinersdorff in Berlin betheiligte. Die von ihm ausgestellten, von dem Architekten Stöckhardt entwor⸗ fenen Leuchter zeigen auf dreiseitigem Fuß einen zwei⸗ geschossigen Aufbau romanischer Säulenbündel, zwischen denen der mittlere Knauf durch knieende Figuren betender Engel gebildet wird, und erzielen bei kräftiger Gliederung eine stattliche dekorative Wirkung. Drei Bewerber fand die Aufgabe, die eine mar⸗ morne Stutzuhr mit ,,,, forderte. Die in zwei Exemplaren von verschiedenartigem schlesischen Marmor von G. Becker in Freiburg gelieferte Arbeit geht indeß weder in der Erfindung noch in der Ausführung des bronzenen Zierraths über das Durch- schnittsmaß der gewohnten Produktion hinaus. Weitaus k ist eise von dem Architekten M. Schottey in Breslau eingesandte, von dem Steinmetzmeister Niggzl und dem Goldschmied Zeutter gearbeitete Uhr aus schwarzem und feintönigem dunkelgefleckten Marmor, von dem sich bronzene Handgriffe, reiche durch⸗ brochene Beschläge aus gleichem Material und das eben⸗ falls sehr reich ornamentirte metallene Zifferblatt abheben. Die nach unten bin abgeschrägte Gestalt des Gehäuses, das lebhaft an die be— kannten, ähnlichen Postamente in Boulearbeit erinnert und auch einen ähnlichen farbigen Effekt erzielt, läßt die Uhr als mehr oder weniger willkürlich eingefügt erscheinen; durch ihre originellen Details erreicht die Komposition jedoch eine jedenfalls pikante Wirkung in der Art moderner französischer Arbeiten. Dem Charakter der Stutzuhr ent⸗ spricht daneben weit mehr das von F. L. Löbner in Berlin ausgestellte, von Sputh in knappem Barockstyl entworfene Gehäuse aus schwarzem und röthlichem Marmor, für das Hartzer die beiden das Zifferblatt einfassend en zierlichen Karvatiden und Canisius den ornamentalen Bronzeschmuck modellirten. Die gedrungene ist gleich der Farbengebung nicht obne eigenartigen Reiz, die armor · ausführung von M. L. Schleißer ebenso dortrefflich wie der von dem ehemals Spinn schen Etablissement gelieferte Bronzeguß. In Spu th begegnen wir demselben ersindenden Meister bei dem einen der beiden konkurrirenden Pianinogehäuse, das J. Pfaffe in Berlin in Nußbaumholz ausführte. Mit geschicht abgetönten Einlagen aus dunklerem und hellerem Holj und vorzüglich behandeltem, bei allem Reichthum sich doch keineswegs breit vordrängendem Schnitzwerk ge⸗ 33 verbindet es stattliche Pracht mit wohlthuender Solidität der

rs 4b Von der wohl etwas zu schweren oberen Bekrönung ab⸗

esehen, zelgt es dabei in der Vorderansicht wie im Seitenprofil die⸗

46 klare und wirkungsvolle Gliederung. Es übertrifft in dieser Hinsicht das in den wechselseitigen Verhältnissen der einzelnen Theile wieder 21 ausgeglichene Pianino von Sauermann in Flensburg, das im Uebrigen in Kgeschnißtem und auggegrün⸗ detem Ornament die hervorragende Meisterschaft dieseg Künstler von Neuem bestätigt, in der reizvollen, von originell gestalteten Leuch-⸗ tern flankirten mittleren Füllung des oberen Aufsatzes eine Holz- schnitzerei von großer Anmuth und unübertrefflicher Technik ausweist und dor Allem den anerkennengwerthen Versuch macht, Gestalt und Drnamentirung aut der inneren Einrichtung des Instrumentz zu ent⸗ wickeln. Lebbaftere Betheiligung fand endlich die sechste Aufgabe, die einen Tafelaufsatz für Blumen und Früchte in glasirter, farbig delo⸗ rirter Thonwaare forderte; doch tragen die beiden von Hrn. Lonitz in Neubaldens leben eingesandten Stücke mit buntem figürlichen und ornamentalen Schmucke so sehr das Gepräge der au Markt berechneten Produktion, daß sie Betracht kommen, wie der von Mesch X Go. in Magdeburg berruübrende violettgrau glassirte =* nach dem Entwurf deg Vaumeisterg . dessen schwerfälllge, gequälte Komposition dem Charakter des für die Tafel bestimmten rãtbe direkt widerspricht. Ein von Schönewald in Linden bei Hannover in der bekannten Weise dieser Fabrik mit eingeriktem, farb fülltem Ornament gefälllg ornamentirter Aufsaßz, dessen shlanker Scaft übereinander jwel flache Schalen und al oberen Abschluß eine kelchförmige Vase trägt, ist seiner Bestimmung durchaus richtig angepaßt. Bel bescheldenstem Uufwand ornamentaler Mittel und etwag nüchterner Erfindung vermag er indeß nicht entfernt eine äbnlicͤch prächtige Wirkung n erzielen wie das reiche, von dem Bijdbauer Ri sbaber modelilti. Schaustic der Mandeburaer Thonwaagrenfabrif,. vormalg Durvlgnean u. Go, die wie beren Jabren auch diegmal eine künstlerisch an-

8 de und technisch vollendete Leistung bester Art darbietet.

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sammengeschlossen werden. Reiches und theilweise außerordentlich äerliches plastisches Ornament verbindet sich 1 mit mannig⸗ 6 nüancirter, warm und kräftig getönter Färbung in tadellos ge= lungenen Glasuren, deren Effekt durch sparsam angewendete Ver⸗ goldung noch gesteigert wird.

Göttingen 24. November. Verhandlungen der Ge— sellschaft für Kirchenrechtswissenschaft. In den Sitzun⸗ gen vom 17. Juli und 31. Oktober 1882.) In der am 17. Juli stattgehabten Sitzung der Gesellschaft für Kirchenrechts⸗ wissenschaft widmete der Vorsitzende, Geheime Justiz⸗Rath Professor Dr. Dove zunächst dem verstorbenen Professor Dr. R. Pauli,

Mitglied der Gesellschaft, sowie auch ihres Vorstandes, warm

empfundene Worte der Erinnerung. In den Vorstand der Gesell⸗ schaft ist Professor Dr. Weiland eingetreten. Demnächst berührte Superintendent Schuster (jetzt Konsistorial⸗Rath in Hannover) in einem Vortrage zur Verfassungsgeschichte des Klosters Loccum dessen Entstehung im Jahre 1163 aus einer dem Cistereienserorden darge⸗ brachten Schenkung des Grafen Wilbrand von Hallermund und die päpstlichen und Kaiserlichen Privilegien der Stiftung. .

In der Sitzung vom 31. Oktober theilte Dr. Bernheim Artikel gegen Eingriffe des Papstes Paschalis 11. in die Cölner Metropo—⸗ litanrechte mit, welche bisher nur unvollständig und daher in ihrer Bedeutung nicht erkennbar in der Tübinger theologischen Quartal⸗ schrift (1837) edirt waren. Diese mit annähernder Sicher⸗ heit in die Jahre 1106— 1109 zu setzenden Artikel bilden ein bedeutsames Dokument autonomer. Regungen im Episkopat jener Zeit. Dieselben werden im Bd. I. 9. 3 der Westdeutschen Zeitschrift für Geschichte u. s. w. Publizirt.

rofessor Weiland knüpfte Bemerkungen über die in den Artikeln be⸗ nutzten kanonischen Rechtssammlungen an. Professor Dr. Frenz⸗ dorff sprach über den Hannoverschen Klosterfonds. Von den drei Epochen, welche an der Bildung des Klosterfonds,! gearbeitet haben, schilderte der Vortragende besonders ausführlich das Reformationszeitalter und benutzte dabei einerseits besonders die Schrift, welche die Herzogin Elisabeth für ihren Sohn Erich II. von Calenberg⸗Göttingen im Jahre 1545 als Unterricht und Ordnung“ aufgesetzt hat. . die Gutachten, welche die Furisten Hieronymus Schürff, Modestinus Pistoris und Math. . sowie der Reformator des lüneburgischen Landes, Urbanus Rhegius über die Zulässigkeit der Einziehung von Klöstern erstattet haben. Das Resultat war in den verschiedenen Landestheilen nicht eine Säkularisation, sondern eine Reformation der Klöster. Auf dieser Bahn ging denn auch Herzog Julius von Braunschweig vor⸗ wärts, dessen Regierungszeit, wie überhaupt die Zeit (1584 1634), in der Braunschweig⸗Wolfenbüttel und Calenberg - Göttingen in einer Hand vereinigt waren, am folgenreichsten für die Ver— waltungsorganisation geworden sind, welche, sich an die Reformation der Klöster anschloß. In diese Zeit fällt die Ent— stehung des Klosterfonds, der mit der 15976 eröffneten Universität Helmstädt im nächsten Zusammenhange stand. Erst. 1745 wurde diese Verbindung gelöst; an die Stelle trat eine Beisteuer der han— noverschen Klosterkammer für Göttingen, die im Laufe des 18. Jahr hunderts von 4000 auf 40009 Thaler stieg, gegenwärtig etwa 600 0090 ½ beträgt. Das Anwachsen dieser einen Ausgabe des Kloster— fonds steht nicht i. Verhältniß zu der Steigerung seiner Einnahmen, welche in Folge der Erwerbung von Osnabrück und Hildesheim zu Anfang unseres Jahrhunderts und der Aufhebung der noch bestehenden Manns—⸗ stifter durch die Gesetze von 1850 eingetreten ist. Mit der Dar⸗ legung dieser beiden neueren Abschnitte in der Bildungsgeschichte des Klosterfonds verband sich eine Beleuchtung der Verfassungsnormen, der Erklärungen der einander folgenden Landesherrschaften, der Ver⸗ handlungen der früheren Ständeversammlung wie der jetzigen Pro—⸗ vinzialstände, welche Üübereinstimmend das Klostermögen als ein selbst⸗ ständiges, von dem übrigen öffentlichen Gut getrenntes Vermögen be⸗ handeln, das seinen Zweck in der Gewährung von Zuschüssen für die Landesuniversität, Kirchen, Schulen und andere milde Zwecke hat, mit anderen Worten eine Stiftung ist, welche durch die Klosterkammer verwaltet und vertreten wird. In einer sich an den Vortrag anschließenden Besprechung, an welcher sich vorzugsweise die juristischen Mitglieder betheiligten, wurde der rechtliche Charakter des Klosterfonds näher erörtert und die Bedeutung dieses juristischen Charakters des Fonds als einer mit selbstän diger juristischer Persön—⸗ lichkeit versehenen Stiftung für die Sicherung der alleinigen Ver⸗ wendung der Einkünfte zu den stiftungsmäßigen Zwecken betont. Eine von Dr. jur. R. Wagner in Leipzig eingesandte Pfarrordnung der Landschaft Davos aus vorreformatorischer Zeit ist besonders dadurch von Interesse, daß sie die Anstellung des Pfarrers an die Bedingung, jährlich aufs Neue um sein Amt bei der Landschaft anzuhalten, band; die betreffende Uebereinkunft zwischen Pfarrer und Landesgemeinde vollzog sich in Form einer sich jährlich erneuernden feierlichen Be⸗ theuerung des fortdauernden gegenseitigen Vertrauens. Die Publi- kation erfolgt durch das Gesellschaftsorgan.

Von diesem (der Zeitschrift für Kirchenrecht“) lagen Band XVII. (Neue Folge II.) Heft 2 4, desgleichen die eingegangenen zahlreichen literarischen Geschenke (Nr. 374 400, Nr. 401-435) in den Sitzun⸗ gen vor.

Der Frauenverein zur Unterstützung verschämter Armen bat beute im zweiten Stock des Hauses Französischestraße 33 E. einen überaus reich ausgestatteten Bazar eröffnet. Auch zum Besten des Vereins für die 7 Goßnerschen Kleinkinder bewahranstalten ist im Erdgeschoß des Hauses Schellingstraße 12 ein 3 * angekündigt, der gleichfallg beute eröffnet worden ist.

Die 7 Goßnerschen Kleinkinder⸗Bewahranstalten feierten gestern in der Betblehemg kirche ibr 48. Jahres fest. Die Fest⸗ predigt hatte Prediger Nebmig übernommen, den Bericht erstaltete der Pastor Knal. Der Besuch der 7 Anstalten bat sich auf früberer gehalten; 600 Finder haben in den 7 Schulen Aufnahme ge⸗ unden, so daß nunmehr schon ca. 39 909 Kinder durch die Anstalien gegangen sind und mit ibnen ein reicher Segenestrom in das Volk gedrungen ist. Gine Vermehrung der Ginnabmen ist dadurch ein getreten, daß nach vielen Jahren deg Warteng der Centralfonds für die KRleln finderbewabranstalten slüssig geworden und dadurch auch der Verein in den Besitz von 1200 Æ gekommen ist. Den vermehrten Ginnabmen haben freilich auch wieder erböhte Ausgaben gegenüber ge standen, doch hat der Verein auch in diesem Jabre allen den an ibn berantretenden, oft schweren Forderungen, gerecht werden können.

Im Victoria Theater findet am Donnerstag. den 7. De⸗ mber, zum Besten der Weibnachtabescheerung armer Kinder n dem 141. 131. und 133 Stadtbenrk eine Webltbätigkeitg⸗

Vorstellung statt. Zur Aufführung bestimmt ist, Goldsand“, das an diesem Tage jum leßten Male in Seene gebt.

Für die überschwemm ten Nothleidenden der Rbein⸗ lande finden am Donnerstag, ä eg und Sonnabend im National- Theater obltbätigkelt⸗ Vorstel lungen statt. Die Direktion wird Alleg aufbleten, um die Vorstellungen, in welchen nur aug gewäblte D ur Auffübrung gelangen 66 so großartig alg mönlich iu alten. In Rücksicht auf den edlen Jweck und den bekannten Woblt = mm! unserer Mibürger wird ein gunstiger Erfolg nicht aueblel

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Redacteur: Riedel. Verlag der Gryedltlen (Sesseh Druck . Glianer. Vier Beilagen (ela schlleßllch Garsen · Bella)

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Käniglich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

M 28G.

Berlin, Dienstag, den 5. Dezember

1882.

3

Aichtamtlich es.

Preußen. Berlin, 5. Dezember. Im weiteren Ver⸗ laufe der gestrigen (13.) Sitzung des Hauses der Ab⸗ geordneten setzte das Haus die zweite Berathung des Staatshaushalt s-Etats pro 1883/84 mit der Dis— kussion über den Etat des Ministeriums des Innern (Kap. 94 dauernde Ausgaben) fort. Der Abg. Dr. Windt⸗ horst erklärte das Vagabondenthum für eins der bedenklichsten Symptome der Jetztzeit, die Debatten über dasselbe hier im Hause würden gewiß zu heilsamen Untersuchungen über die ganzen wirthschaftlichen Verhältnisse führen. Wenn man auch nicht augenblicklich zu einem Resultate komme, so werde man doch dabei erkennen lernen, daß das jetzt Existirende nichts tauge. Wenn man auf der Linken leugne, daß die Gesetz⸗ gebung die Schuld trage, so sei das nicht zu verwundern, da diese Gesetze gerade auf jener Seite gemacht worden seien. Die individuelle Freiheit sei zu wenig beschränkt, so wenig, daß es mit dem allgemeinen Wohlbefinden nicht mehr verein⸗ bar sei. Man habe in Deutschland die Lehren der Väter zu schnell vergessen, in einem wirthschaftlichen Aufschwunge habe man die Dämme beseitigt, so daß den Deutschen jetzt das Wasser bis an den Hals stehe. Nach dem, was man hier vom Minister über die Berichte der Ober-Präsidenten gehört habe, seien die

bestehenden Einrichtungen nicht geeignet, dem Uebel Einhalt

zu thun. Wie man dieses Uebel lediglich mit einer Vermeh⸗ rung der Gensd'armen bekämpfen wolle, begreife er nicht. Man gebe zu viel auf die äußere mechanische Gewalt, und be— rücksichtige zu wenig die ethischen Momente im deutschen Volks⸗ leben, es herrsche eine zu bureaukratische Anschauung. Das Volksleben müsse auf religiös⸗sittlicher Basis beruhen, sonst könne man mit der ganzen Staatsweisheit zu Hause bleiben. Daß lediglich Kirche und Schule in ihrer Vernach— lässigung als Quellen des Uebels angesehen werden sollten, habe er nicht gesagt. Der Minister habe ihn ja auch nur einer Uebertreibung beschuldigt, also doch gewissermaßen den Kern anerkannt. Wenn man sehe, daß die Seelsorger fehlten, daß man das Ansehen der Lehrer und Träger religiöser An⸗ schauung herabsetze, und die Bischöfe in den Kerker werfe, so könne man sich nicht wundern, wenn der religiöse Sinn ab⸗ nehme und das Volk verwildere. Nun sollten die Katholiken gerade die Schuld haben, daß die Autorität des Gesetzes nicht mehr respektirt werde. Allerdings gebe er zu, daß der durch Gewissenspflicht gebotene passive Widerstand die Autorität des Gesetzes nicht gerade gefördert habe. Die Schuld trügen doch aber die, welche durch plumpe Majorität solche Ge⸗ setze gemacht hätten. Der Wegfall des Respektes vor den Gesetzen habe bedenklich rasche Fortschritte gemacht nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen Ländern. Er könne sagen, daß es ihm manchmal unheimlich werde, wenn er sehe, was Alles der Wind von jenseits der Vogesen in Deutschland hineinblase. Die Herrschaft des Libe⸗ ralismus und des Freimaurerthums in Belgien und Frank⸗ reich hätten bedenkliche Früchte getragen, vor denen er Deutsch⸗ land bewahrt sehen möchte. Tem Abg. von Eynern hätte er gewünscht, daß derselbe in seiner (des Abg. von Eynern) Heimath geblieben wäre, wo alle die modernen Institutionen ihre schönsten Blüthen ge⸗ trieben hätten. Wenn er früher mit vollem Behagen durch Barmen und Elberfeld gegangen sei, so ergreife ihn doch jetzt manchmal ein unheimliches Grauen. Die Linke habe Beifall geklatscht, als man die katholischen Ordenshäuser geschlossen, die barmherzigen Brüder und Schwestern übers Meer gejagt habe. Er komme jetzt auf das Schulwesen. Der Tag der Ver derbniß desselben datire vom Erlaß des Schulaussichts⸗ gesetzes im Jahre 1872. So lange man dies nicht wieder beseitige, werde man eine Besserung nicht erreichen. Er be⸗ dauere, daß der Minister am 28. November gesagt habe, die christlichen Grundlagen der Volksschule wären unter der Amtsführung des Ministers Falk nicht beseitigt worden. Man habe jetzt die Früchte der Saat von 1672 in den vielen jugendlichen Gefangenen, mit denen die Zuchthäuser angefüllt seien. Es sei ja chevaleresk, seinen Amtsvorgänger in Schutz zu nehmen, aber man müsse doch die Dinge immer so darstellen, wie sie wirklich seien. Der Minister habe sich als klassischen Zeugen bezeichnet. Der Mmister sei aber nicht wie ein solcher sachlich unbetheiligt; derselbe hätte vielleicht, während er Kultug⸗Minister gewesen sei, energischer austreten können. Ein klassischer Zeuge dürfe sich auch nicht widersprechen, und doch habe der Minister von Puttlamer am 11. Februar 18890 ander gesprochen, als am 28. November 1882. Der Minister habe sich damals auf Grund der durch das Vorgehen des leider zu früh verstorbenen Negierungs⸗Prasidenten von Quadt zu Oppeln veranlaßten Berichte der Provinzial⸗ behörden über das Schulwesen ausgelassen, und derselbe habe damals wesentlich anders gesprochen, als er neulich gesprochen habe. Der Minister habe damals in einer seiner schönsten Reden einen Charaktermuth gezeigt, welchen nicht alle Minister heute zeigten. Denn in solcher Weise, wie der Minister es damals gethan habe, der öffentlichen Meinung entgegenzutreten, dazu gehöre Muth. Er bedaure aber, dag, wag der Minister am 28. November d. J. Über die Schulen gesagt habe, nicht glauben zu können, und er werde seine Mei⸗ nung darüber jetzt sagen: auch dazu gehöre Muth. Er sage also, seit 1872 sei die religiöse Lehre in den Schulen wesentlich zurückgedrängt worden; die Schulaussicht sei den Geistlichen in weit größerem Umfang. entzogen worden, alg es ursprünglich in Aussicht genommen gewesen sei, und gerade in Bezug hierauf habe der Minister im Februar 1639 gesagt, die natürliche Autorität der Geistlichkeit müsse in die Volksschule zurückgeführt werden. Leider habe der Minister dies nicht völlig durchführen können, weil der⸗ selbe bedauerlicherweise in ein anderes Amt gegangen sei. Es hätten serner vor 18672 nur 60 Simultanschulen in Preußen bestanden, am Schlusse der Falkschen Amt zsührung aber 472; er brauche bier wohl kauni an des Minislers ausgezeichnete Darlegung bei der Debatte über bie Elbinger Simultanschule zu erinnern. Er wiederhole, daß neben den wirthschastlichen und sozialen Uebelständen auch die Zustände auf kirchlichem Gebiet, und die Korrumpirung der Volleschule dag Vaga⸗

bundenthum herbeigeführt hätten. Es sei nicht angenehm, solche Dinge hier anzuregen; aber wenn man sich in zu großes Behagen einwiege, so könne das Erwachen eines Tages er⸗ schreckend sein.

Der Abg. Dr. Kropatscheck bemerkte, der Abg. Hansen habe in seiner vortrefflichen Rede geäußert, seine (des Abg. Hansen) Ausführungen hätten zwar nicht liberal ge⸗ klungen, seien aber praktisch. Aehnlich habe sich 1869 einmal Herr von Blankenburg im Norddeutschen Reichstage ausge⸗ sprochen: Es sei doch merkwürdig, wenn die Liberalen von einer Sache Etwas verständen, sprächen sie fast immer konservativ. An der Hand der Ausführungen des Abg. Hansen lasse sich konstatiren, daß fast im ganzen Hause, mit einzi⸗ ger Ausnahme des Abg. von Eynern, Ueberein⸗ stimmung in der Beurtheilung der Vagabundenfrage herrsche. Nur ein geringer Prozentsatz der Vagabonden ge⸗ höre der Provinz an, in welcher sie sich befänden. Im Jahre 1878 gehörten von den 2430 Vagabonden in Schleswig— Holstein nur 463 der Provinz an; ähnlich sei es in Mecklen— burg. Das Bettelwesen habe ganz enorm zugenommen. In Berlin seien 1880 27 262 Personen wegen Bettelns auf⸗ gegriffen. Da müßten Staat und Gesellschaft auf Mittel der Abhülfe sinnen. Er gebe dem Abg. Windthorst zu, daß für die katholischen Kreise die Hemmung der Seelsorge auch für die sittliche Erziehung von bösen Folgen gewesen sein müsse, und vom Ministertisch sei das 1880 bei Vorlegung des kirchenpolitischen Gesetzes ausdrücklich anerkannt. Auch in der Schule wäre vielleicht noch Manches zu bessern, aber man überschätze wohl ihren Einfluß. Darüber, daß das Haus sittlich anziehend auf das Kind einwirken müsse, sei kein Streit. Aber nur das Pharisäerthum werde auf solche Familienväter einen Stein werfen, welche den Tag über in der Fabrik beschäftigt seien, auch Sonntags, und des⸗ halb ihre Kinder nicht ordentlich in Zucht und Sitte hätten er⸗ ziehen können. Es müsse vor Allem die Arbeitszeit gesetzlich be⸗ schränkt und die Sonntagsarbeit verboten werden. Freiwillige Innungen, in die diese Leute wie in einen Taubenschlag ein⸗ und ausflögen, würden nichts helfen. Eine wesentliche Abhülfe verspreche er sich von der Kolonisation nach außen und auch im Vaterlande, von der Unfallversicherung, der Altersversorgung, der Krankenversicherung. Nur durch sittlich⸗ religiöse, wirthschaftliche und soziale Mittel werde dem Uebel dauernd entgegengetreten werden können. Staat und Gesell— schaft würden sich in diese Aufgabe theilen müssen; mit der Privatthätigkeit allein sei es nicht gethan.

Der Abg. Weis (Hirschberg) erklärte sich im Wesentlichen mit einer Hebung des Volkslebens in religiöser, sozialer und wirthschaftlicher Beziehung einverstanden, er müsse aber die Angriffe des Abg. Windthorst zurückweisen, wenigstens so⸗ weit sie evangelische Schulen beträfen! Die Verwahrlosung der Kinder resultire meist aus der häuslichen Erziehung, die Gesetzgebung habe die religiöse Bildung nicht beschränkt, sie habe nur den Memorirstoff im Religionsunterricht vermindert. Es habe Verbrecher und Mörder gegeben, welche den ganzen Memorirstoff auswendig gewußt hätten. Es möge unter den Lehrern hier und da auch schlechte Elemente geben, aber im Allgemeinen dürfe man sich freuen, so treue und hingebende Lehrer zu besitzen. Niemand beklage schmerzlicher, daß treue Arbeit bei vielen jungen Seelen vergeblich sei, als die Lehrer⸗ schaft selbst. Die Lehrer seien die Kampfgenossen in dem höchsten idealsten Kulturkampse, den es gebe, in dem Kampfe des Glaubens, der Sittlichkeit und Erziehung und Volksbildung gegenüber den Mächten des Unglaubens, der Verwilderung, Entsittlichung und des Aberglaubens. Er hitte das Haus, die Lehrer als solche treue Kampfgenossen in diesem heiligen Streit zu betrachten. Komme das Haus ihnen entgegen mit Achtung und Ehrerbietung, ge⸗ währe man ihnen geistige und materielle Selbständigkeit und Vertrauen, und die Lehrer alle ohne Ausnahme würden dem Hause danken durch Hingebung in ihrem Amt mit Selbst⸗ verleugnung und Selbstentsagung in schweren Drangsalen treu bis in den Tod!

Die Debatte wurde geschlossen.

Persönlich bemerkte der Abg. Hansen, der Abg. Dirichlet habe ihn in ähnlicher Weise angegriffen, wie es in den letzten Tagen in der Presse in kaum qualisizirbarer Weise geschehen sei. Der „Vörsencourier“ ...

Der Vize⸗Präsident von Heereman bemerkte, der Abg. Hansen könne sich hier vertheidigen gegen den Abg. Dirichlet, aber nicht gegen eine Zeitung.

Der Abg. Hansen sortfahrend: die Notiz sei ungefähr identisch mit dem, was der Abg. Dirichlet * habe. Es heiße dort: einen traurigeren Eindruck babe es freilich ge⸗ macht, daß der nationalliberale Abg. Hansen mit dem Wunsche nach dem Polizeistock geschlossen babe, der, wie derselbe glaube, in seiner Partei einen großen Widerhall gefunden habe. Er (Redner) habe konstatiren wollen, daß diese Frage auch auf der linken Seite des Hauses regem Interesse und großer Sympathie begegne. Dag nenne die Presse des Abg. Dirichlet Sympathie mit dem Wunsche nach dem Polizeistock?! Er habe angedeutet auch die „Vossische Zeitung“ babe es ausge⸗ sprochen seine (des Nednera) Partei wolle ihn heraug⸗ degavouiren. Seine Partei sei nach den Wahlen schwächer wurückgekehrt, aber nicht so schwach, um die Nathschlage des Abg. Dirichlet anzunehmen.

Der Abg. Strosser erklärte, der Abg. von Eynern werde selbst nicht glauben, mit einem billigen Scherz die tief ge⸗

nde Prinzipiensrage zu erledigen, durch welche Mittel die eziplin im Gesängnisse aufrecht zu erhalten sei.

Der Abg. Freiherr von Schorlemer⸗Alst bemerkte, gegen den Abg. Dirichlet verzichte er, in persönlicher Bemerkung zu antworten, weil er (Nedner) nicht gehört babe 2 was der Abg. Dirichlet gesagt habe, und seine (des Redner) Freunde ihm ge⸗ g etre er habe nichtg dadei versaumt. Der Arg. von Eynern habe ihm vorgeworfen, er hatte unter den Hülfgmitteln gegen die Vagabondage vor Allem auf die Prügelstrafe alg auf die beste hingewiesen, in der Art, daß er Jeden, ob schuldig oder unschuldig, 3 prügeln lassen wollen.

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sadowsky, der davon gesprochen habe, daß die Vaga⸗ bunden bei ihrer Aufnahme in die Gefängnisse gereinigt, ge⸗ speist würden, und auch gute Heizung bekämen, gesagt, ihm scheine es vor allem nöthig, daß die Vagabonden, die arretirt seien, auch zum Willkomm eine Tracht Prügel bekämen. Das sei ganz etwas anderes. Der bg. von Eynern habe ihm wohl nicht absichtlich eine solche Aeußerung unterschieben wollen, er rechne es dem zu, was der Abg. von Eynern selber mit dem Wort „intellektuell“ bezeichnet habe.

Der Abg. von Eynern bemerkte, er habe gleich in seiner Rede erklärt, er wolle dem Abg. von Schorlemer Gelegenheit geben, seinen mißzuverstehenden Ausdruck zu erklären, damit nicht auf den Abg. von Schorlemer der Vorwurf falle, als wenn ee (der Abg. von Schorlemer) prügeln lassen wolle, dem Abg. Windhorst bemerke er, daß er gar nicht zu denen gehören könnte, welche der Beschränkung der Ordenskranken⸗ pflege Beifall geklascht haben, weil er damals gar nicht Mit⸗ glied des Hauses gewesen sei. Dagegen habe er wesentlich für das Gesetz von 1880 gestimmt, weil in demselben die Thätig⸗ keit der Krankenpflegeorden eine Erweiterung erfahren habe.

Der Abg. Dirichlet erklärte, er stehe mit dem „Börsen⸗ Courier“ absolut in keinem Zusammenhange. Er habe den⸗ selben seit Jahr und Tag nicht gelesen, und als er denselben gelesen habe, sei derselbe ihm ein sehr unangenehmes Blatt gewesen. Leider habe der Abg. Hansen vergessen, das richtig zu stellen, was er selbst gesagt habe. Er (Redner) sei weit entfernt, der nationalliberalen Partei einen Rath ertheilen zu wollen, wie dieselbe sich zu benehmen habe. Wenn er einen Wunsch habe, so sei es allerdings der, daß einige von den Nationalliberalen wenigstens nicht Grundsätze verträten, welche auf dem rechten Flügel dieses Hauses allenfalls eine Vertretung gefunden hätten. Der Abg. von Schorlemer habe allerdings viel wich⸗ tigere Dinge zu thun, als einer Debatte zu folgen, die der⸗ selbe felbst mit angeregt habe. Der Abg. Windthorst habe seinen (des Redners) Ausführungen dennoch einige Aufmerk⸗ samkeit geschenkt.

Der Abg. Frhr. von Schorlemer⸗Alst bemerkte, das ganze Haus werde ihm attestiren, daß er sich an den Verhandlungen des Hauses mit Fleiß betheilige. Wenn er einmal im Saale nicht anwesend sei und Abg. Dirichlet nicht hören könne, so sei das sehr schmerzlich, er müsse es aber ertragen. Dem Abg. von Eynern erwidere er, er sei nirgend mißverstanden worden, auch nicht in der liberalen Presse.

Unter Ablehnung der Anträge Dirichlet (Verweisung des Kapitels an die Budgetkommission, event. auf Absetzung der Mehrforderungen) wurde Kap. 94 Tit. 1 unverändert bewilligt.

Bei Titel 2 (Wachtmeister und Gensd'armen, im Ganzen 4515 210 6) kam der Abg. Senyffardt (Crefeld) nochmals auf die Kalamität der Vagabondage zurück und konstatirte mit Befriedigung, daß alle Parteien erklärt hätten, an der Beseitigung derselben mitarbeiten zu wo Zu seinem Be⸗ dauern habe das Centrum sich nicht geäußert, ob es nach der Richtung mit den übrigen Parteien zusammengehen wolle, um so mehr, als auch im Kulturkampfsbezirke die Ultra⸗ montanen mit den Liberalen sich der schönen Aufgabe ge⸗ widmet hätten, durch die individualisirende Armenpflege nach Elberfelder System auf diesem Gebiete zu helfen. Die schönste Blüthe dieser Thätigkeit sei die Gründung des deutschen Vereins für die Armenpflege und Wohlthätigkeit. (Rufe: Zur Sache! Der Vize⸗Präsident von Heereman unter⸗ brach den Redner mit dem Hinweis, daß ein Zurückgreifen auf die Generaldebatte jetzt nicht mehr zuläassig sei. Einen Hauptgrund der Vagabondage erblicke auch er in der mangel⸗ hasten Gestaltung der Armenverbände und der Armenpflege.

Der Abg. Frhr. von Schorlemer⸗Alst erklärte, das Centrum habe seine Beihülfe nicht versagt; seine Partei habe im All⸗ gemeinen gesprochen und ausgedrückt, daß Alle zusammen⸗ wirken sollten, die Uebelstände zu beseitigen. Das Centrum gerade bedauere, daß von Seiten des Abg. von Eynern die konfessionelle Seite in die Debatte geworfen sei. Nicht Kon⸗ fession gegen Konsession, sondern christlich konservativ gegen liberal, das sei die Unterscheidung.

Der Abg. von Eynern bemerkte, er habe schon Manches erlebt, aber daß er nun angefangen haben solle, sei ihm neu. Der Abg. Windthorst sei es gewesen.

Der Abg. Dr. Windthorst erklärte, er habe konfessionelle Fragen gar nicht vorgebracht, sondern nur dargelegt, wie die Lockerung auf kirchlichem Gebiet und in der Schule nachtheilig wirle zu Gunsten der Vagabondage. Das habe der Abg. von Eynern zu widerlegen gesucht mit konfessionellen Angriffen. Er wünsche, der Abg. von Eynern sehe ein, wie unglücklich es sei, daß der Abg. von Eynern immer konfessionelle Dinge in die Debatte ziehe.

Der Abg. von Eynern erklärte, daß der Abg. Windthorst 3 er möchte nicht mehr gegen denselben reden, konne er begreifen.

Der Abg. Dr. Windthorst bemerkte, das sei ein sehr un⸗ glücklicher Gedanke gewesen.

Der Rest des Kapitels wurde genehmigt, leichen Kay. 95 „Allgemeine Ausgaben im Interesse der Polizei 1421 333 6 Neber Tit. J Ddieses Kapitels „Ju geheimen Ausgaben im Interesse der Polizei 120 009 g wurde auf den Antrag des Abg. Dr. etrennt abgestimmt, 269 Mehrheit des Hauses sich für die Bewilligung entschied.

Der Abg. Jungck knüpfte an den Posten Zuschüsse an die Azommunalverbande zu den Kosten der Unt i . wahrloster Kinder 300 C die Bitte, die vrojektirte Errich⸗ tung von Besserungganslalten für jugendliche Uebelthater daldigst zur Aue führung zu bringen.

Der Regierungakommissar Iling erwiderte, es hätten deren * sich zu solchen gefunden, aber u keinem Nesultate werde daher auf die Neubegründung solcher An nebmen müͤssen. Die Aussadrung Planes könne aber

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